Rede von
Dr.
Heinrich
Deist
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Struve, mir ist bekannt, daß ein solcher interfraktioneller Ausschuß besteht. Mir ist bekannt, daß er Erörterungen anstellt. Mir ist bekannt, daß Initiativen interfraktionell ergriffen werden sollen, daß heißt Entschließungsanträge, Gesetzentwürfe und dergleichen mehr interfraktionell eingebracht werden sollen. Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, zumal wenn man es in einer solch sachlichen Form macht, wie ich das hier getan habe, — —
— Ich bin allerdings der Auffassung, meine Damen und Herren, daß 'der Herr Bundesfinanzminister zu diesem Problem ein klein wenig mehr hätte sagen müssen.
Ich bin auch der Auffassung, auch das sollte unsere gemeinsame Sorge sein, daß eine etwaige Vereinbarung im ,geschlossenen Kämmerlein, nichts zu unternehmen nach außen, außerordentliche Gefahren in sich birgt, wenn sie zur Folge hat, daß man draußen nicht weiß, was praktisch geschehen soll. Meine Damen und Herren, ich kann Sie nicht hindern, meine Darlegungen anders zu interpretieren, als ich sie gemeint habe. Aber Sie waren gemeint als ein sachlicher und ernster Beitrag zu einem Problem, dessen Gefahren schneller über uns hereinbrechen können, als sich das mancher hier träumen läßt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß einige wenige Worte zum Berlin-Problem sagen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat berichtet, wie die zusätzliche Bundeshilfe von 500 Millionen DM aufgebracht wird. Wir wissen, daß ein Berlin-Plan vorbereitet wird. Wir wissen, daß in diesen Tagen ernsthafte Beratungen in Berlin stattfinden. Ich bin weit davon entfernt, durch Äußerungen von dieser Tribüne aus diese Unterhaltungen stören zu wollen; im 'Gegenteil, wir haben nach allem, was )darüber bisher in die Öffentlichkeit gedrungen ist, die Hoffnung, daß ein gutes Ergebnis erzielt werden wird. Trotzdem meine ich, daß man einige allgemeine Bemerkungen machen sollte, zumal die Dinge in der Öffentlichkeit leider weit mehr erörtert werden, als das von offizieller Seite vielleicht möglich ist, was ich gern konzediere.
Bei idem Versuch, Berlin wirtschaftlich abzuschnüren und auszuhöhlen, handelt es sich um eines der wichtigsten Mittel der sowjetischen Zonenpolitik. Ich will das unterstreichen, weil ich meine, daß in der Öffentlichkeit die Bedeutung der wirtschaftlichen Aspekte des Berlin-Problems nicht genügend erkannt wird. Bis heute sind die Hoffnungen, die sich ,der Osten in dieser Beziehung gemacht hat, enttäuscht worden; von einer Ausdörrung Berlins ist keine Rede. Aber es ist unsere Aufgabe, den wirtschaftlichen Aufschwung Berlins zu sichern und dafür zu sorgen, daß Berlin ein wirtschaftliches und geistiges Zentrum der westlichen Welt wird.
Es sind Vorschläge vorbereitet worden, die, glaube ich, der heutigen Situation insofern besonders gerecht werden, als sie strukturelle Maßnahmen zum Gegenstand haben, die der Wirtschaft und dem sozialen Leben Berlins neue Antriebskräfte verleihen, so daß sich die Berliner Wirtschaft aus eigener Kraft entwickeln kann. Wenn ich hierzu das Wort ergreife, dann deshalb, weil es sich um ein wichtiges Problem handelt. Wir wissen, daß die Vorschläge und die Überlegungen, die gemeinsam angestellt werden, von Fachsystematikern der verschiedenen Sparten, sei es des Steuerrechts oder des Sozialrechts oder anderer ehrenwerter Fachsparten, immer wieder gehemmt werden. Lassen Sie mich hinzufügen: diese Fachsystematiker sitzen auf allen Seiten; niemand hat ein Privileg auf sie. Ich meine, wir sollten zum Ausdruck bringen, daß hier Mut zur Entscheidung vordringlich ist, daß wir über diese allgemeinen Bedenken und Hemmungen fachsystematischer Art hinwegkommen müssen. Es geht um eine politische 'Entscheidung, die der Bedeutung und der Größe des Berlin-Problems gerecht werden muß.