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    Deutscher Bundestag 16. Sitzung Bonn, den 22. Februar 1962 Inhalt: Sturmflutkatastrophe an der Nordseeküste Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 463 A Nachruf auf den Abg. Ludwig 464 A Abg. Ruland tritt in den Bundestag ein . 464 B Erweiterung der Tagesordnung 464 C Erklärung der Bundesregierung zur Sturmflutkatastrophe an der Nordsee Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers 464 D Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 466 D Fragestunde (Drucksachen IV/199, IV/202) Fragen der Abg. Sänger und Günther: Fernsehsendung über Kongo Dr. Carstens, Staatssekretär 467 A, B, C, D, 468 A Sänger (SPD) . . . . . . . . 467 B, C Kahn-Ackermann (SPD) 467 C Jahn (SPD) 467 C Günther (CDU/CSU) . . . 467 D, 468 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg):: Drohender Konkurs der Versicherungsgesellschaft BRANDARIS Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 468 B, D Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 468 C Frage des Abg. Lohmar: Besetzung von Lehrstühlen an Universitäten Höcherl, Bundesminister . 468 D, 469 A Lohmar (SPD) 468 D, 469 A Frage des Abg. Jahn: Bundesgesetzliche Regelung des Strafvollzuges Dr. Stammberger, Bundesminister 469 B, C Jahn (SPD) 469 B Memmel (CDU/CSU) 469 C Frage des Abg. Drachsler: Aufkommen an Mineralölsteuer und Kraftfahrzeugsteuer Dr. Hettlage, Staatssekretär 469 D, 470 A Drachsler (CDU/CSU) 469 D Fragen des Abg. Dr. Arndt (Berlin) : Telefongespräch des Bundesverteidigungsministers mit Oberstaatsanwalt Sauter Strauß, Bundesminister . . . . . 470 B Frage des Abg. Dr. Arndt (Berlin) : Parteivorsitzender — Mitglied der Bundesregierung Dr. Krone, Bundesminister . . . . 470 B II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 Frage des Abg. Hörmann (Freiburg) : Schiffahrtsschleuse Breisach Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 470 C Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 470 C Frage des Abg. Hörmann (Freiburg) : Eisenbahnverbindung mit Colmar Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 470 D, 471 B, C, D Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . 471 A, B Dr. Schäfer (SPD) .471 C, D Frage des Abg. Josten: Umgehungsstraße von Sinzig Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 471 D, 472 A Josten (CDU/CSU) 472 A Frage des Abg. Börner: Fährbetrieb bei Wilhelmshausen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 472 A, B Börner (SPD) 472 B Frage des Abg. Drachsler: Verteilung des Aufkommens aus dem Gemeindepfennig Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 472 C Frage des Abg. Drachsler: Richtlinien über die Verteilung der Mittel aus dem Gemeindepfennig Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 472 D, 473 A Drachsler (CDU/CSU) 473 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Richtlinien zur Erhaltung der Binnen- fischerei an den Bundeswasserstraßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 473 B, C, D Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . 473 B, D Frage des Abg. Vogt: Aufbau des Bahnhofsgebäudes Aschaffenburg-Süd Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 473 D, 474 A Vogt (CDU/CSU) . . . 473 D, 474 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Italienische Frachtsubventionen bei Obst und Gemüse Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 434 B, C, D, 475 A Bading (SPD) 474 C Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . . 474 D Frage des Abg. Dr. Arndt (Berlin) : Neubau des Postscheckamtes Berlin Stücklen, Bundesminister . . . 475 A, B, C Jahn (SPD) .........475 B, C Neumann (SPD) 475 C Frage des Abg. Atzenroth: Porto im Briefverkehr mit den EWG-Staaten Stücklen, Bundesminister 475 C Frage des Abg. Dr. Brecht: Wohnungsbau für Bundeswehrangehörige Lücke, Bundesminister 475 D, 476 A, B Dr. Brecht (SPD) 476 A, B Fragen des Abg. Leicht: Rechtsverordnung gemäß § 35 des Arzneimittelgesetzes Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 476 B, C Frage des Abg. Leicht: Verschreibungspflicht bei neu entwickelten Arzneistoffen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 476 C, D, 477 A, B, C Frau Dr. Hubert (SPD) . 476 D, 477 A Dr. Mommer (SPD) 477 A, B Vogt (CDU/CSU) .477 C Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Hybridenweine Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . . 477 C, 478 A, B, C Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 478 A Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 478 B, C Sammelübersicht 3 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache IV/187) 478 C Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 III Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Krankenversicherung, Lohnfortzahlung und Kindergeld (Drucksache IV/153) Dr. Mommer (SPD) (zur GO) . . 478 D Rohde (SPD) 479 A Erler (SPD) (zur GO) 483 D Blank, Bundesminister . . 483 D, 487 A Dr. Schellenberg (SPD) . . 484 A, 490 A Schütz (München) (CDU/CSU) . . 488 A Spitzmüller (FDP) 488 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksache IV/92) ; Berichte des Haushalts- und des Verteidigungsausschusses (Drucksachen IV/194, IV/193, zu IV/193) — Zweite und dritte Beratung — Merten (SPD) . 491 B, 497 B, D, 499 D Schultz (FDP) . . 491 D, 497 C, 512 A Dr. Seffrin (CDU/CSU) . . 493 B, 513 B Bausch (CDU/CSU) . . . . . . . 493 D Erler (SPD) . . 494 B, 507 A, 508 A Pöhler (SPD) . . . . . . . . . 495 A Benda (CDU/CSU) . . . . . . . 496 B Leicht (CDU/CSU) . . . . 498 D, 502 A Berkhan (SPD) . 500 A, 503 C, 509 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) 501 B, 514 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 502 D Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 503 A Schmücker (CDU/CSU) . . . . . 504 A Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) 505 A, 511 C Strauß, Bundesminister 507 A Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . 507 B Herold (SPD) 512 B Eschmann (SPD) 513 D Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180) Bauknecht (CDU/CSU) . . . . . 515 A Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 521 B Dr. Effertz (FDP) . . . . . . . . 527 A Wacher (CDU/CSU) . . . . . 534 A Frehsee (SPD) 539 C Logemann (FDP) 545 B Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . 548 C Bading (SPD) . . . . . . . . 552 A Walter (FDP) 553 D Frau Dr. Pannhoff (CDU/CSU) . . 555 B Dröscher (SPD) 555 D Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . 557 C Marquardt (SPD) 558 A Lücker (München) (CDU/CSU) . . 559 A Schwarz, Bundesminister . . . . 563 A Antrag betr. Bericht über die Lage der deutschen Hochseefischerei (Gewandt, Müller-Hermann, Blumenfeld, Rollmann, Dr. Conring, Kuntscher, Dr. Pflaumbaum, Dr. Siemer, Glüsing [Dithmarschen], Rasner, Dr. Stoltenberg, Struve und Fraktion. der CDU/CSU, Dr. Löbe, Dr. Mende und Fraktion der FDP) (Drucksache IV/133 [neu]) 565 A Nächste Sitzung 565 C Anlagen 567 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 463 16. Sitzung Bonn, den 22. Februar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    *) Siehe Anlage 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner* 23. 2. Altmaier 23. 2. Arendt (Wattenscheid)* 23.2. Dr. Aschoff* 23. 2. Bauer (Wasserburg) 22. 2. Bergmann* 23. 2. Berlin 23.2. Birkelbach* 23. 2. Frau Blohm 23.2. Dr. Bucerius 23. 2. Dr. Burgbacher* 23. 2. Cramer 23. 2. Dr. Dahlgrün B. 3. Dr. Deist* 23. 2. Deringer* 23. 2. Dr. Dichgans* 23. 2. Eisenmann 23. 2. Frau Dr. Elsner* 23. 2. Engelbnecht-Greve* 23. 2. Etzel 23. 2. Even (Köln) 22. 2. Faller* 23. 2. Dr. Dr. h. c. Friedensburg* 23. 2. Dr. Furler 23. 2. D. Dr. Gerstenmaier 28. 2. Goldhagen 23. 2. Dr. Gradl 23. 2. Hahn (Bielefeld)* 23. 2. Dr. Heck 22. 2. Dr. Hesberg 22. 2. Horn 23. 2. Dr. Hoven 22. 2. Illerhaus* 23. 2. Jaksch 23. 2. Kalbitzer* 23. 2. Frau Kalinke 23. 2. Dr. Kohut 23. 2. Dr. Kneyssig* 23. 2. Kriedemann* 23..2. Lenz (Brühl)* 23. 2. Lücker (München)* 23. 2. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 23. 2. Margulies* 23. 2. Mauk* 23. 2. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 23. 2. Metzger* 23. 2. Michels* 23. 2. Müller (Remscheid) 27. 2. Müller-Hermann* 23. 2. Oetzel 7. 4. 011enhauer 22. 2. Dr.-Ing. Philipp* 23.2. Frau Pitz-Savelsberg 22. 2. Frau Dr. Probst* 23. 2. Rademacher* 23. 2. Reitzner 28. 2. Richarts* 23. 2. Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Schoettle 23. 2. Seifriz* 23. 2. Soetebier 23. 2. Stein 23. 2. Storch* 23. 2. Striebeck 23. 2. Frau Strobel* 23. 2. Wehner 23. 2. Weinkamm* 23. 2. Wischnewski* 23. 2. Wullenhaupt 23. 2. Zoglmann 27. 2. b) Urlaubsanträge Brünen 5. 3. Glombig 14. 3. Dr. Menzel 31. 3. Dr. Rieger 10. 3. Dr. Schneider 10. 3. Theis 7. 3. Anlage 2 Schriftliche Ausführungen der Abgeordneten Frau Dr. Pannhoff zu dem Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Die bäuerlichen Familienbetriebe bilden in ganz Europa, soweit es seine Freiheit bewahrt hat, den Kern der Landwirtschaft. Bäuerliche Familienbetriebe zu erhalten, zu fördern - und zu schaffen -, ist Zielsetzung des Landwirtschaftsgesetzes und der Grünen Pläne. Der Grüne Bericht 1962 weist den Zug zum Familienbetrieb sehr einleuchtend auf. Aber der Grüne Bericht sagt auch, daß die Belastung der auf den bäuerlichen Betrieben zurückbleibenden Arbeitskräfte, vor allem die Belastung der Frauen, weiter angestiegen ist. Im Grünen Bericht 1962 heißt es auf Seite 26: Die statistische Erfassung der Arbeitszeiten . ergibt für die Bäuerinnen einschließlich ihrer Haushaltstätigkeit im Durchschnitt 67 bis 75 Stunden je Woche, während die mithelfenden weiblichen Arbeitskräfte eine durchschnittliche Arbeitszeit von 54 bis 59 Stunden erreichen. In der Gruppe der Familienarbeitskräfte arbeiten die Frauen länger als die Männer und die Betriebsleiterehepaare länger als die übrigen Familienangehörigen. Die Arbeitszeiten sind am höchsten in den Betrieben zwischen 10 bis 20 ha LN und nehmen mit steigender Betriebsgröße ab. In diesem Zusammenhang möchte ich eine Veröffentlichung des Bundesarbeitsministeriums von 1961 mit dem Titel: „Die Frauenerwerbsarbeit in * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments. 568 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 der Bundesrepublik" erwähnen. Sie wurde veröffentlicht von Frau Regierungsdirektorin Maria Tritz. In dieser sehr aufschlußreichen Untersuchung wird nachgewiesen, daß sich in der Bundesrepublik in den letzten vier Jahren die weiblichen Dienstleistungsberufe um 22,8 % = 155 000 verringert haben und im gleichen Zeitraum 980 000 Arbeitnehmerinnen in die übrigen Wirtschaftsabteilungen eingezogen sind. Die Landwirtschaft verlor in diesem Zeitraum 42 % = 138 000 weibliche Arbeitnehmerinnen. Diese Zahlen illustrierten die Not der Bäuerinnen, die keine Haushaltshilfen haben, die notwendiger noch als die Modernisierung ihres eigenen Arbeitsbereichs, des Haushalts, wären. Aber sie sind nicht — oder nur in ganz seltenen Fällen — zú haben. Darum muß ich an dieser Stelle wieder auf diesen echten Notstand der Bäuerinnen hinweisen und dafür plädieren, daß wir alle gemeinsam nach Wegen Ausschau halten, um den neuen sozialen Beruf der Dorfhelferin zu fördern. Obwohl die Bundesregierung nicht im Unrecht ist, wenn sie erklärt, daß sie nicht „zuständig" sei, bin ich nicht überzeugt davon, daß wir nicht bei ehrlichem gemeinsamem Wollen doch noch einen Weg der Hilfe auch in dieser Hinsicht finden werden. Die Bäuerinnen sind gesundheitlich überfordert! Wir brauchen den Beweis für die Diagnose der gesundheitlichen Überforderung hier nicht mehr zu erbringen. An anderen Stellen und auch in diesem Hohen Hause habe ich den Gesundheitszustand der Bäuerinnen ausführlich dargestellt. Wir sind bereits zur Therapie übergegangen: Um der gesundheitlichen Gefährdung der Bäuerinnen und ihrer Arbeitsüberlastung zu steuern, hat die Bundesregierung im Grünen Plan 1961 „Einmalige Sondermaßnahmen zur Verbesserung der Lage der bäuerlichen Familienbetriebe" vorgesehen. Unter diesen Sondermaßnahmen befanden sich 30 Millionen DM als Zuschüsse für die bäuerliche Hauswirtschaft. Diese wurden nach Richtlinien der Bundesregierung für zentrale Warmwasseranlagen und Beheizungsanlagen verwandt. Diese Sondermaßnahme der Regierung im Grünen Plan 1961 ist so gut angekommen, daß sie in den Grünen Plan des Jahres 1962 als feste Position eingebaut und um 20 Millionen DM erhöht wurde, also jetzt 50 Millionen DM beträgt. Für diese Berücksichtigung unserer deutschen Bäuerinnen möchte ich an dieser Stelle dem Herrn Bundeslandwirtschaftsminister von ganzem Herzen Dank sagen! Nun können mit den für 1962 zur Verfügung gestellten Mitteln weiteren bäuerlichen Familien spürbare Hilfen zur Selbsthilfe gebracht und viele Bäuerinnen von dem schweren Schleppen von Wasser und Heizmaterial befreit werden. Die Warmwasseranlagen im bäuerlichen Haushalt sind kein Luxus, sondern gehören zum täglichen Arbeitsbedarf und sind notwendige hygienische Einrichtungien, über die sich insgesamt an dieser Stelle in bezug auf unsere Dörfer vom ärztlichen Standpunkt vieles sagen ließe. Es wäre dringend notwendig, daß im Interesse unserer Bäuerinnen und der bäuerlichen Familien, aber auch all der vielen anderen Menschen, die in den Dörfern wohnen, mit der Strukturbereinigung der bäuerlichen Betriebe eine Dorfsanierung verbunden würde. Denn bekanntlich wohnen 40 % der Bevölkerung in unseren Dörfern, die nicht ganz zu Unrecht echte „Entwicklungsgebiete" der Bundesrepublik genannt werden. Wir stehen ja auch nicht mehr allein mit unserem Verlangen nach einer gutdurchdachten Dorfsanierung. Wir haben gute Bundesgenossen. In einer Presseverlautbarung des Herrn Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung vom 1. Dezember 1961 heißt es: „Eine Dorfsanierung ist dringend erforderlich, da sich viele Wohnungen in einem sehr schlechten Zustand befinden und vor allem moderner hygienischer Einrichtungen entbehren. Es bedarf besonders einer Auflockerung der beengten Dorflagen und einer Sanierung der oft überbauten Grundstücke sowie der Bereinigung der Verkehrsverhältnisse, insbesondere des Ausbaus der vielfach unzulänglichen Führung der Ortsdurchfahrten. Die Dorferneuerung wird durch die Aussiedlung von bäuerlichen Betrieben und ihre Seßhaftmachung in selbständigen Weilern im Interesse einer rationalen Bewirtschaftung der weitab von der Dorflage gelegenen Flurteile gefördert. Die durch die Aussiedlung freiwerdenden Flächen können für die Dorferneuerung, besonders für den Wohnungsbau und die Schaffung zusätzlicher gewerblicher Arbeitsplätze herangezogen werden. Da die ländlichen Gemeinden nur eine geringe Steuerkraft besitzen und auf dem Gebiete des Schul- und Bildungswesens, des Gesundheitsdienstes, der Verkehrseinrichtungen, des Feuer- und Polizeischutzes ihre kommunalen Aufgaben nur in bescheidenem Umfang erfüllen können, muß eine Stärkung der Finanzkraft der ländlichen Gemeinden auf dem Wege des Finanzausgleichs herbeigeführt werden. Eigentum an Haus und Haus und Boden ist und bleibt die ursprünglichste und beste Eigentumsform überhaupt!" Soweit der Herr Bundesminister für Wohnungswesen und Raumplanung. Wir sollten uns einschalten und mithelfen, die Dörfer attraktiv zu gestalten! Seit längerer Zeit sind Agrarexperten, Soziologen, Volkswirte und Verwaltungsfachleute mit vorbereitenden Arbeiten befaßt. Der Investitionsbedarf ist auf 100 Milliarden geschätzt worden. Es geht um die „soziale Aufrüstung des Dorfes", von der man schon lange spricht, die aber nun Wirklichkeit werden muß! Es handelt sich letztlich um eine kulturelle Aufgabe an einem großen Teil unseres deutschen Volkes. Wir sollten, nachdem schon gute Vorarbeit geleistet ist, gemeinsam ans Werk gehen! Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Gewandt zu dem Antrag der Abgeordneten Gewandt, Müller-Hermann, Blumenfeld, Rollmann, Dr. Conring, Kuntscher, Dr. Pflaumbaum, Dr. Siemer, Glüsing (Dithmarschen), Rasner, Dr. Stoltenberg, Struve und Fraktion der CDU/CSU, Dr. Löbe, Dr. Mende und Fraktion der FDP betreffend Bericht Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 569 über die Lage der deutschen Hochseefischerei (Drucksache IV/133 [neu]). Als meine Fraktion am 17. März letzten Jahres den Entschließungsantrag bezüglich der Lage der Seefischerei einbrachte, standen wir unter dem Eindruck, daß dieser Wirtschaftszweig einer schweren Krise entgegengehe. Diese unsere Sorge hat sich leider im weiteren Verlauf des letzten Jahres als voll begründet herausgestellt. Und nicht nur das, es steht vielmehr für uns jetzt fest, daß die Dinge in allen drei Sparten der Seefischerei einer wirtschaftlichen Katastrophe entgegentreiben, wenn nicht eingegriffen wird. Deswegen unser Antrag, die Bundesregierung möge den noch fehlenden Berichtsteil V mit den erforderlichen Vorschlägen über Hilfsmaßnahmen nunmehr unverzüglich vorlegen. Wenn man fragt, wie es bei der Seefischerei wirklich aussieht und ob die Fischer bzw. Fischereigesellschaften nicht vielleicht selber schuld haben, daß es ihnen so schlecht geht, so isst folgendes festzustellen: Die Abschlußzahlen für 1961 liegen nunmehr vor. Danach sind die Anlandungen aller drei Fischereisparten, der Kutter-, Logger- und Hochseefischerei, in der Bundesrepublik von 1955 mit rund 750 000 auf fast 500 000 t im Jahre 1961 zurückgegangen! Die Verluste sind dementsprechend, sie gehen in die zig-Millionen, und die Verschuldung hat ein Ausmaß angenommen, das eine Wiederherstellung der Rentabilität als ausgeschlossen erscheinen läßt, wenn nicht Hilfsmaßnahmen besonderer Art getroffen werden. Es fist nicht etwa so, daß unsere Seefischerei versagt hätte und an dieser Entwicklung schuld hätte. Wir müssen ihr im Gegenteil attestieren, daß sie im Wege der Selbsthilfe, insbesondere durch Rationalisierungsmalinahmen, alles getan hat, um zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu kommen. Unsere Trawler-flotte gehört zu den modernsten Nordwesteuropas, und in der Produktivität isteht sie mit an der Spitze aller beteiligten europäischen Fischereinationen. Die Ursachen für die kritische Lage unserer Seefischerei liegen vielmehr außerhalb ihres Einflußbereichs. Sie sind im wesentlichen politischer Natur. Ich nenne nur die Erweiterung der Hoheitsgrenzen auf unseren historischen Fanggründen unter Island, Norwegen und anderswo, die einseitige Liberalisierung unserer Einfuhr, die Subventionierung der ausländischen Seefischerei und den Umstand, daß Seefische dm Wettbewerb gegen billige subventionierte Lebensmittel auf dem deutschen Markt naturgemäß nicht immer konkurrenzfähig sind. Nicht unerwähnt lassen darf ich in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die deutsche Hochseefischerei, die mehr als 80 °/o ihrer Tonnage im letzten Krieg verloren hatte, ebenso wie die Logger- und Kutterfischerei den Aufbau ihrer Flotte ohne wesentliche staatliche Hilfe aus eigener Kraft, d. h. unter weitgehender Verwendung privater Kredite, bewerkstelligen mußte. Hier liegt ein wesentlicher Teil der Ursachen für die hohe Verschuldung, die ihr heute so (schwer zu schaffen macht. Rückschauend betrachtet kann es nur als ein schwerer wirtschaftspolitischer Fehler bezeichnet werden, daß unsere Seefischerei nicht in das Schiffsbaufinanzierungsgesetz des Jahres 1950 aufgenommen wurde. Diesem Gesetz ist es zu danken, daß die deutsche Handelsschiffahrt nicht nur wiederaufgebaut wurde, sondern daß sie vor schweren Zusammenbrüchen ihrer Reedereien bewahrt wurde. Die Hochseefischerei hat demgegenüber seit dem genannten Jahr 1950 die Hälfte ihrer Reedereien verloren, und die Zahl der Kutter ist im gleichen Zeitraum etwa um den gleichen Prozentsatz zurückgegangen. Ist nun die Seefischerei unserer Bundesrepublik ein Wirtschaftszweig von solcher Bedeutung, daß man darum so viele Worte verlieren muß? Es wird Erstaunen hervorrufen, folgende Zahlen zu hören: In 20 000 Betrieben stehen rund 110 000 Arbeitnehmer unmittelbar im Dienst der Fischwirtschaft, abgesehen von der großen Zahl der mittelbar in Werften, Maschinenfabriken usw. Beschäftigten. Das investierte Kapital beträgt erheblich mehr als eine Milliarde, und der Umsatz aller Zweige der deutschen Fischwirtschaft beträgt alles in allem annähernd vier Milliarden. Das Land an der Küste, denken Sie auch an die vielen Fischerorte, ist weitgehend von der Seefischerei geprägt. Bei ihrem Charakter als Schlüsselgewerbe befruchtet die Seefischerei nicht nur den über die ganze Bundesrepublik verteilten Fischhandel und die Fischindustrie, sondern auch alle Nebenbetriebe, Hilfsindustrien und Lieferanten, wie die Schiffswerften, die Kisten-, Faß-, Dosen- und Korbfabriken, die Lieferanten von Bunkerkohlen und Bunkeröl, von Salz und Papier, die Hersteller von nautischen Apparaten, das Baugewerbe, die Schiffszimmereien, die Maschinenfabriken usw. Viele dieser Betriebe aber sitzen nicht an der Küste, sondern im Binnenland, in Rheinland-Westfalen, Bayern und anderswo, so daß die Seefischerei die ganze Volkswirtschaft unserer Bundesrepublik befruchtet. Man kann deshalb auf eine deutsche Seefischerei nicht verzichten, wenn nicht unsere ganze nationale Wirtschaft erheblichen Schaden erleiden soll. Schließlich noch 'ein Wort zu dem Einwand: Brauchen wir denn im Zeichen der europäischen Wirtschaftsintegration überhaupt eine eigene Seefischerei? Kann uns das Ausland, das zum Teil den Fangplätzen näher ist, nicht mit Seefischen und Fischwaren aller Art beliefern? Diese Frage kann ich nur mit einem runden Nein beantworten. Immerhin betrug unsere Produktion in den letzten Jahren zwischen 500 000 und 750 000 t. Wir waren die drittgrößte europäische Fischereination, und eine solche Menge von Seefischen List nicht von heute auf morgen und auch nicht in absehbarer Zeit aus dem Boden zu stampfen bzw. aus dem Meere zu schöpfen. Zudem würde eine regelmäßige Belieferung des deutschen Marktes, die der Verbraucher mit Recht verlangt, keineswegs garantiert sein, zumal die Fischerei großer Nationen, wie beispielsweise Norwegens, saisonbedingt eist. Auch die Frage der Fischarten und Fischsorten wäre vom Ausland schwer zu läsen, während sich die deutsche Seefischerei mit ihren verschiedenen Fahrzeugtypien und mit dem Fischfang auf den differenziertesten Fanggebieten naturgemäß auf die Bedürfnisse des deutschen Marktes und seiner Konsumenten eingestellt hat. Vor allem aber würde unsere Bevölkerung völlig 570 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 dem Preisdiktat des Auslandes ausgeliefert sein. Es fehlte das Preisregulativ der verhältnismäßig billig produzierenden deutschen Seefischerei. Alle diese Grande sprechen dafür, daß wir uns diesen Produktionszweig erhalten müssen, ganz abgesehen von der Notwendigkeit der Sicherstellung unserer Ernährung in Krisenzeiten. Man wird darin einig sein, daß ein Wirtschaftszweig von solcher Bedeutung nicht untergehen darf. Der Bundesernährungsminister hat auch auf dem „Tag des Hochseefischers" in Bremerhaven im Juni letzten Jahres eine entsprechende Erklärung abgegeben. Der uns etwa zur gleichen Zeit vom Bundesernährungsminister namens der Bundesregierung vorgelegte gedruckte Lagebericht (Tieiil I—IV) stützt ebenfalls meine Auffassung, daß die Seefischwirtschaft ein (integrierender Bestandteil unserer Volkswirtschaft ist. Deswegen liegt uns so viel daran, daß die Bundesregierung nun unverzüglich den Teil V ihres Berichts vorlegt. Wir erwarten dabei Vorschläge, die nicht nur die weitere Existenz unserer Seefischerei sicherstellen, die vielmehr darüber hinaus die Gewähr geben, daß das in den letzten Jahren verlorengegangene Terrain allmählich zurückgewonnen wird. Dieses Ziel würde bald erreicht sein, wenn man der deutschen Seefischerei neben den geplanten Abwrack- und Neubauhilfen Fangprämien zugesteht, die die wichtigsten Fischereinationen Europas ihrer Fischerei gewähren. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Löbe für die Fraktion der FDP zu dem Bericht über die Lage der deutschen Hochseefischerei (Drucksache IV/133 [neu]).*) Die deutsche Seefischerei zusammen mit der mit ihr eng verbundenen Fischindustrie und den Nebengewerken bildet einen wesentlichen Teil der Küstenwirtschaft. In Städten wie Bremerhaven und Cuxhaven ist dieser Wirtschaftszweig das Rückgrat der Wirtschaft schlechthin. Die deutsche Seefischerei hat die Schäden des Krieges und die Behinderungen der Nachkriegszeit allein überwunden. Jetzt aber bedarf sie die Hilfe, weil sie einem verfälschten Wettbewerb aller konkurrierenden Fischereiländer gegenübersteht, wo die Fischerei staatlich weitgehend gefördert wird. Es wird dankbar anerkannt, daß die Bundesrepublik auf dem Wege über Neubauhilfen, Abwrackprämien und andere Maßnahmen Hilfe leistet. Jetzt aber kann der erdrückende unechte Wettbewerb des Auslandes nur noch bestanden werden; wenn in Form einer Fangprämie eine vorübergehende Aufbesserung des Fangerlöses gewährt wird, wie es mehrere andere Länder längst tun. Es geht also nicht um die Subvention eines nicht mehr wettbewerbsfähigen Gewerbes, sondern es geht um die vorübergehende Starthilfe eines durchaus Gesunden, der sich möglichst bald selbst weiterhelfen möchte. Der Wettbewerb soll auch da- *) Siehe Seite 565. durch erhalten werden, daß diese Prämie nach der Qualität der angelandeten Fänge bemessen werden soll. Es geht um 1348 Kutter, 1661 Küstenfischer, 104 Logger und 194 Hochseefischereifahrzeuge; es geht weiter um 20 Unternehmungen der Hochseefischerei und um 5 Unternehmungen der Loggerfischerei. Es geht schließlich um 11 500 Seeleute und viele Tausend Beschäftigte der Fischindustrie und der Nebenbetrilebe. Es wird dringend darum gebeten, die Fangprämie noch in den Haushalt einzusetzen an Stelle der bestehenden Fußnote. Es wird weiter dringend darum gebeten, auf der Ebene der EWG dafür einzutreten, daß in Verhandlungen mit den übrigen Fischereiländern endlich wieder echte Wettbewerbsgleichheit herbeigeführt wird. Anlage 5 Umdruck 21 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: Artikel I § 2 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Bei den Wehrpflichtigen, die im Regelfalle bis zum 30. Juni 1962 nach Ableistung eines zwölf-oder sechsmonatigen Grundwehrdienstes entlassen werden müßten, verlängert sich der Grundwehrdienst nur um drei Monate." Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 22 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Artikel I § 1 Nr. vor 1, 2. in Artikel I § 1 Nr. 4 a, 3. in Artikel I § 1 Nr. 8 werden die Worte „sowie Waffen" gestrichen. Bonn, dein 21. Februar 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 571 achtzehnmonatigem Wehrdienst für den Grenadier 480 Deutsche Mark für den Gefreiten und Obergefreiten 540 Deutsche Mark für den Unteroffizier 600 Deutsche Mark." Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 25 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, dem Verteidigungsausschuß zu berichten, wie die Bundesregierung im Hinblick auf die Verlängerung des Grundwehrdienstes die staatsbürgerliche Unterrichtung der Soldaten und dabei die Mitwirkung derjenigen unseren Staat mittragenden, demokratischen Kräfte, die nicht der derzeitigen Regierungskoalition angehören, zu gestalten gedenkt. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 10 Umdruck 26 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, zu prüfen, ob der Verpflegungssatz von 2,75 DM täglich ,für die Wehrpflichtigen in den Ausbildungseinheiten der Grundausbildung ausreicht und auf welche Weise die in zahlreichen Einheiten der Bundeswehr bei Einkauf, Zubereitung und Ausgabe der Verpflegung gewonnenen guten Erfahrungen allen Truppenteilen zugänglich gemacht werden können, sowie hierüber dem Verteidigungsausschuß zu berichten. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 11 Umdruck 27 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Anlage 7 Umdruck 23 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel II § 1 wird folgende Nr. vor 1 eingefügt: ,vor 1. Die Anlage I (Wehrsoldtabelle) zu § 2 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Wehrsold Wehrsoldgruppe Wehrsold- Dienstgrad tagessatz DM 1 Grenadier 2,50 2 Gefreiter, Obergefreiter, Hauptgefreiter 3,10 3 Unteroffizier, Stabsunteroffizier 3,50 4 Feldwebel, Oberfeldwebel 3,75 5 Stabsfeldwebel, Leutnant 4,40 6 Oberstabsfeldwebel, Oberleutnant 5,- 7 Hauptmann 6,25 8 Major, Stabsarzt, Stabsingenieur 7,50 9 Oberstleutnant, Oberstabsarzt, Oberfeldarzt 8,75 10 Oberst, Oberstarzt 10,- 11 General 12,50" ' Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 8 Umdruck 24 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel II § 1 Nr. 3 erhält § 8 Abs. 2 und 3 folgende Fassung: „ (2) Das Entlassungsgeld beträgt nach sechsmonatigem Wehrdienst 45 Deutsche Mark zwölfmonatigem Wehrdienst 180 Deutsche Mark achtzehnmonatigem Wehrdienst für den Grenadier 360 Deutsche Mark für den Gefreiten und Obergefreiten 420 Deutsche Mark für den Unteroffizier 480 Deutsche Mark (3) Haben Familienangehörige des Soldaten allgemeine Leistungen nach § 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, beträgt das Entlassungsgeld nach sechsmonatigem Wehrdienst 75 Deutsche Mark zwölfmonatigem Wehrdienst 240 Deutsche Mark 572 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, zu prüfen, für welche Einheiten der Bundeswehr, insbesondere der territorialen Verteidigung, ein verkürzter Grundwehrdienst bis zu 12 Monaten zureichend und zweckmäßig ist, und hierüber dem Verteidigungsausschuß zu berichten. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 28 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag baldmöglichst einen Entwurf von Regelungen vorzulegen, die vorsehen, daß 1. Dienstleistungen im zivilen Bevölkerungsschutz, in der Polizei und im Bundesgrenzschutz so gestaltet werden können, daß sie der Erfüllung der Wehrpflicht gleichgestellt werden; 2. die Ausbildung für einen der in Nr. 1 genannten Zwecke nicht durch nachträgliche Heranziehung zu einer anderen Verteidigungsleistung überflüssig wird; 3. die Staatsbürger, die die in Nr. 1 genannten Dienstleistungen vollbringen, von der Wehrüberwachung ausgenommen werden; 4. diese Staatsbürger sozialrechtlich denjenigen Wehrpflichtigen gleichgestellt werden, die Grundwehrdienst leisten oder zu Wehrübungen herangezogen werden. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 29 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: A. Die im Grünen Plan 1962 — zu Drucksache IV/ 180 S. 24 — unter I. Verbesserung der Agrarstruktur und der landwirtschaftlichen Arbeits-und Lebensverhältnisse angeführten Nummern werden wie folgt geändert: 1. Die Mittel für die Flurbereinigung werden von 195 Mio DM um 30 Mio DM auf 225 Mio DM erhöht. 2. Die Mittel für die Aufstockung und Aussiedlung werden von 315 Mio DM um 105 Mio DM auf 240 Mio DM erhöht. 2a. Die Mittel für regionale Strukturmaßnahmen (besondere Maßnahmen in benachteiligten Gebieten) werden von 90 Mio DM um 20 Mio DM auf 110 Mio DM erhöht. 2b. Der Ansatz für die Altershilfe in Höhe von 100 Mio DM im Grünen Plan wird gestrichen; der Betrag ist im Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — zu veranschlagen. 4. Der Ansatz für Wirtschaftswege wird von 80 Mio DM um 20 Mio DM auf Mio DM erhöht. B. Die im Grünen Plan 1962 unter II. Verbesserung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Bevölkerung angeführten Nr. 1. b) und 1. e) werden wie folgt geändert: 1. b) Handelsdünger: Der Ansatz von 185 Mio DM wird gestrichen. 1. e) Gmeinschaftsmaschinen: Der Ansatz von 15 Mio wird um 10 Mio DM auf 25 Mio DM erhöht. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 30 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, im Grünen Plan 1962 für die Zinsverbilligung von Krediten 30 000 000 DM zur Teilumschuldung hoch verschuldeter, entwicklungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in besonders festzulegenden Schadens- und Notstandsgebieten bereitszustellen. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 15 Umdruck 31 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 573 Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. zur gezielten Verbesserung der Einkommenslage in den Betrieben mit ungünstigen Ertragsvoraussetzungen die für die Zahlung einer Qualitätsprämie für Milch bereitgestellten Mittel um 315 000 000 DM zu erhöhen. Aus diesen Mitteln sind zusätzlich zur bisherigen Qualitätsprämie zu zahlen: a) 3 Pf je kg für die ersten 24 000 kg aus anerkannten Futterbaubetrieben im Jahr abgelieferter Milch, b) 2 Pf je kg für die ersten 24 000 kg aus den übrigen Betrieben im Jahr abgelieferter Milch; 2. eine Gesetzesvorlage zur Änderung des Milch-und Fettgesetzes (§ 12 Ausgleich) vorzulegen, um die gesetzlich vorgeschriebene Annäherung der Trink- und Werksmilchverwertung baldmöglichst sicherzustellen. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 16 Umdruck 32 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Mittel zum Wirtschaftswegebau in der Form bereitzustellen, daß die bisher vernachlässigten finanzschwachen Gemeinden mehr als bisher berücksichtigt werden. Die Richtlinien sollen vorsehen, daß a) die ersten 2 km pro 100 ha Wirtschaftsfläche in einer Gemarkung bis zu 90 v. H. der Ausbaukosten, b) für die nächsten 2 km (also den 3. und 4. km) pro 100 ha bis zu 60 v. H. der Ausbaukosten, c) für weitere Ausbaustrecken bis zu 50 v. H. der Ausbaukosten als Bundes- und Landesbeihilfe gewährt werden können. Voraussetzung für Zuschüsse, die über 50 v. H. hinausgehen, soll die Ausschöpfung der gemeindlichen Steuerkraft nach den Normalsätzen des Landes und eine zumutbare Inanspruchnahme des vorhandenen Gemeindevermögens sein. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 17 Umdruck 33 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Grünen Bericht 1962 sowie die Erklärung der Bundesregierung über die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zur Kenntnis genommen. Wenngleich im Wirtschaftsjahr 1960/61 keine Verschlechterung des Wirtschaftsergebnisses der landwirtschaftlichen Betriebe eingetreten ist, so erweiterte sich jedoch wieder der Einkommensabstand zur gewerblichen Wirtschaft. Wegen der schlechten Ernteverhältnisse 1961 ist für das laufende Wirtschaftsjahr (1961/62) mit seiner weiteren Vergrößerung zu rechnen. Trotz der beachtlichen Steigerung der landwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität und von Jahr zu Jahr größeren Zuwendungen im Grünen Plan ist es der bisherigen Agrarpolitik nicht gelungen, der Erfüllung des Auftrages des Landwirtschaftsgesetzes näherzukommen. Angesichts der Brtisseler Beschlüsse über die Einbeziehung der Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt hält der Bundestag erhöhte Anstrengungen zur Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe der Bundesrepublik für erforderlich. Dabei soll sich die Bundesregierung neben agrarpolitischen und insbesondere agrarstrukturverbessernden Maßnahmen verstärkt wirtschafts- und kreditpolitischer Mittel mit dem Ziel der Kostensenkung, ferner sozialpolitischer und raumordnerischer Mittel bedienen. Direkte Förderungsmittel sind mehr als bisher gezielt zu gewähren. Der Bundestag stimmt mit der Bundesregierung darin überein, daß aufgrund des Grünen Berichts 1962 Maßnahmen gemäß § 5 des Landwirtschaftsgesetzes in der vorgeschlagenen Höhe lerforderlich. sind. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 18 Umdruck 34 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung hat im Grünen Plan 1962 und im Einzelplan 10 des Bundeshaushalts 1962 bestimmte Umgruppierungen bei der Mittelveranschlagung vorgenommen. Der Bundestag begrüßt diese Maßnahmen und empfiehlt der Bundesregierung 574 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 einen weiteren Ausbau in der eingeschlagenen Richtung. Der Normalhaushalt sollte die klassischen und der Allgemeinheit dienenden Einnahmen und Ausgaben, der Grüne Plan als ein besonderer Teil des Einzelplanes 10 die speziellen und nur der Landwirtschaft und den in ihr Tätigen dienenden Aufwendungen enthalten. Zu den letzteren gehören auch die spezifischen Mittel zur Verbesserung der Agrarstruktur, jedoch nicht Mittel für Trinkwasserversorgung und Elektrifizierung. Maßnahmen zum Ausgleich von Einkommenseinbußen infolge der Einleitung einer gemeinsamen Agrarpolitik in der EWG sind gesondert,. zweckmäßigerweise in einem 3. Teil des Einzelplanes 10, auszuweisen. Bonn, den 21. Februar 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 19 Umdruck 36 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV/193). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel I § 1 wird folgende Nr. 4 b eingefügt: ,4 b. Dem § 26 wird folgender Absatz 8 angefügt: „ (8) Zur unentgeltlichen Vertretung von Wehrpflichtigen vor den Prüfungsausschüssen und Kammern für Kriegsdienstverweigerer oder einem Verwaltungsgericht sind auch die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften, soweit sie Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, beauftragten Personen zugelassen."' Bonn, den 21. Februar 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Anlage 20 Umdruck 37 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksachen IV/92, IV 193). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. diejenigen Wehrpflichtigen, die bisher nicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes einberufen werden konnten, in größerer Zahl zum verkürzten Grundwehrdienst und zu Kurzübungen oder zur Ausbildung im Sanitätsdienst heranzuziehen und zu diesem Zweck die Ubungsorganisation der Bundeswehr auszubauen; 2. diejenigen Wehrpflichtigen, für die eine Verwendung bei der Bundeswehr nicht vorgesehen ist, im Rahmen einer zivilen Dienstpflicht für den Bedarf der zivilen Landesverteidigung her- anzuziehen und die dafür erforderlichen Gesetzentwürfe bis zum 1. Oktober 1962 dem Bundestag vorzulegen; 3. bei den von der Übergangsregelung der 2. Wehrpflichtnovelle betroffenen Wehrpflichtigen einen Verlust der Ausbildungszeit nach Möglichkeit .abzuwenden; 4. durch Fortführung der Verhandlungen mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister sicherzustellen, daß für diejenigen Wehrpflichtigen, die den verlängerten Grundwehrdienst ableisten, a) Maßnahmen getroffen werden, die eine unnötige Verzögerung des Studienbeginns verhindern, b) die Anrechnung von sachdienlichen Ausbildungen bei der Bundeswehr auf erforderliche Praktikantenzeiten erfolgt. Bonn, den 21. Februar 1962 Dr. Jaeger Dr. von Brentano und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Anlage 21 Umdruck 38 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, über die vorgesehenen drei Pfennig Qualiitätsprämie für Milch einen weiteren Pfennig je kg für die Milch, die zu Butter, Hartschnitt- und Weichkäse, Vollmilchpulver und Kondensmilch verarbeitet wird, bereitzustellen. Zur Deckung sollen die Mehreinnahmen und Minderausgaben aus dem Gesetz zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft, soweit sie durch die Verordnung des Ministerrates der EWG für einen gemeinsamen Agrarmarkt bedingt sind, herangezogen werden. Für einen darüber hinausgehenden Fehlbetrag sind zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Bonn, den 22. Februar 1962 Dr. Dollinger und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 16. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Februar 1962 575 Anlage 22 Umdruck 40 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die im Grünen Plan 1962 unter Nr. I Verbesserung der Agrarstruktur und der landwirtschaftlichen Arbeits-und Lebensverhältnisse (in Fußnote 1) vorgesehene Bindungsermächtigung für die Aufstockung und Aussiedlung um 100 Mio DM auf 150 Mio DM zu erhöhen. Bonn, den 22. Februar 1962 Struve und Fraktion Anlage 23 Umdruck 41 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Beratung dies Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beischließen: Die Bundesregierung wird ersucht, in die Richtlinien für die Gewährung von Zinsverbilligung für Hofkredite auch die Zinsverbilligung für bereits aufgenommene, noch nicht verbilligte Kredite für betriebsnotwendige Investitionen einzubeziehen. Dadurch soll die Liquidität ordnungsgemäß geführter Betriebe sichergestellt werden. Bonn, den 22. Februar 1962 Struve und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 24 Umdruck 42 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/180, zu IV/180). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag nimmt die Erklärung der Bundesregierung sowie ihren Bericht über die Lage der Landwirtschaft gemäß den §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis. Dem Grünen Bericht ist zu entnehmen, daß die Ertragslage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1960/61 eine gewisse Besserung zeigt. Indessen ist der Abstand zum Einkommen vergleichbarer Berufsgruppen kaum geringer geworden. Bereits heute ist erkennbar, daß im laufenden Wirtschaftsjahr die Ertragslage der Landwirtschaft eine wesentliche Verminderung infolge der schlechten Ernte 1961 und damit auch der Abstand zum Vergleichseinkommen eine Verschlechterung erfahren wird. Dieser Sachlage versucht der von der Bundesregierung aufgestellte Grüne Plan Rechnung zu tragen. Der Bundestag stimmt daher den vorgesehenen Maßnahmen im Grundsatz zu, jedoch mit der Maßgabe, daß neben anderen notwendigen Hilfen zu den vorgesehenen drei Pfennig Qualitätsprämie für Milch ein weiterer Pfennig je kg für Werkmilch bereitgestellt wird. Der Grüne Bericht läßt zwar die Anstrengung der Landwirtschaft auf dem Wege der Selbsthilfe klar erkennen, es werden sich aber far die Landwirtschaft in Auswirkung der Brüsseler-Ministerrats-Beschlüsse weitere zusätzliche Anforderungen ergeben. Der Bundestag erinnert in diesem Zusammenhang an den von allen Fraktionen am 31. Januar 1962 im Anschluß an die Regierungserklärung zu den Brüsseler Beschlüssen angenommenen Entschließungsantrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, eine agrarpolitische Konzeption zu entwickeln, die die Lebensfähigkeit der deutschen Landwirtschaft auch im gemeinsamen ¡europäischen Markt gewährleistet. Bonn, den 22. Februar 1962 Struve und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion
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    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie haben hier ein Problem der Erziehung angesprochen. Ich möchte darauf aus ganz bestimmten Gründen nicht näher eingehen. Es würde sonst auch einiges Mißliche gesagt werden müssen und einiges, was vielleicht auch Ihnen nicht gefällt, genauso wenig gefällt wie das, was ich eben zum Jugendarbeitsschutz gesagt habe. Das war die eine Bemerkung.
    Herr Kollege Wacher, jene Behauptung, daß die Haltung der Industriearbeiter und ihrer Gewerkschaften an allem Elend im allgemeinen und am Elend der Landwirtschaft im speziellen schuld sei, ist so oft aufgestellt worden! Es wurde gesagt, daß die Löhne die Preise trieben, und letztens, im Jahre 1961 wurde gesagt, daß wegen der Lohn- und Gehaltssteigerungen die Arbeitseinkommen über die Arbeitsproduktivität hinaus gestiegen seien. Das ist schon so oft hier vorgetragen worden, und dem ist so oft widersprochen worden! Wenn Sie es heute noch einmal behauptet haben, wird es dadurch nicht wahrer.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir Sozialdemokraten sind auch in dieser Beziehung anderer Meinung. Die Gewerkschaften sind nicht unbedingt an sich ständig füllenden Lohntüten und an ständig mehr Geld interessiert,

    (Zurufe von der Mitte)

    sondern sie sind daran interessiert — und das ist heute so richtig, wie es immer war —, daß sich die Arbeitnehmer für den Inhalt der Lohntüten mehr kaufen können, daß sie teilhaben dürfen am wachsenden Lebensstandard. Mit anderen Worten: sie sind interessiert an Reallohnerhöhungen und nicht an Nominallohnerhöhungen. Hier sollten Sie, die Vertreter der Landwirtschaft und alle, die sich der Landwirtschaft verbunden fühlen und für die Landwirtschaft sprechen, das gleiche Interesse haben. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen, meine Damen und Herren.
    Ich glaube, mit den hier vorgeschlagenen Mitteln und mit den Methoden, von denen hier bisher gesprochen worden ist, werden wir die Probleme, die wieder in ihrer ganzen Breite vor uns liegen, nicht lösen können. Ich glaube, daß die ständigen Preiserhöhungen, die niemand will, aber doch eine Folge der Wirtschaftspolitik sind, die Sie, die Regierungsmehrheit in diesem Hause, zu verantworten haben,

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der Mitte: Ihr Freund Brenner! — Weitere Zurufe von der Mitte)

    der Landwirtschaft genausoviel schaden, wie sie allgemein unerwünscht sind. Wenn Sie mich fragen, warum diese ständigen Preissteigerungen zu verzeichnen sind, dann sage ich Ihnen als unsere sozialdemokratische Auffassung — —

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Aber meine Damen und Herren, wundern Sie sich nicht, daß ich jetzt so reagiere! Ich reagiere nur auf die Art und Weise der Darstellung durch Herrn Kollegen Wacher. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. — Es ist die Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses, daß die Preiserhöhungen von der Bundesregierung und von der Mehrheit des Bundestages zu verantworten sind, weil Bundesregierung und Bundestagsmehrheit sich nicht zu einer aktiven Außenwirtschaftspolitik aufraffen können, die die ständig steigenden Ausfuhrüberschüsse durch Erhöhung der Einfuhren auf ein angemessenes Ausmaß zurückführt, weil sie nicht den Mut haben, in Zeiten eines Investitionsbooms wie 1960 durch eine schärfere Gewinnbesteuerung zu einer Dämpfung der Konjunktur beizutragen und dadurch dem Preisanstieg entgegenzutreten. Das sind alles Dinge, die hier wiederholt vorgetragen worden sind, speziell von meinem Freunde Deist. Die Bundesregierung und die Mehrheit dieses Hauses hatten bisher auch nicht die Kraft, durch eine wirksame Kartell- und Preispolitik zu erzwingen, daß Kostensenkungen der Großwirt-



    Frehsee
    Schaft rechtzeitig in Form von Preissenkungen an den Verbraucher weitergegeben werden, und zwar auch an den Verbraucher landwirtschaftlicher Maschinen, der Handelsdünger, Pflanzenschutzmittel und all der anderen landwirtschaftlichen Betriebsmittel. Da liegt der Hase begraben! Wenn die Gewerkschaften sich angesichts dieser Politik ihrer Haut wehren und mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, den Anschluß zu halten versuchen, dann liegt das in diesem System begründet.
    Aber es bleibt nach wie vor jener Tatbestand bestehen — und niemand wird mir da widersprechen —, daß die Gewerkschaften nicht an nominalen Lohnerhöhungen interessiert sind, sondern nur an Reallohnerhöhungen, und die kann man über eine solche Wirtschaftspolitik erreichen, wie ich sie anzudeuten versucht habe.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie sagten zum Schluß, Herr Kollege Wacher, unsere Wirtschafts- und Sozialpolitik müsse mit Blickpunkt auf die Landwirtschaft und ihre Probleme betrieben werden. Das ist genau das, was ich soeben ausgeführt habe, und die Kritik, die ich hier übe, ist eben, daß die Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht mit dem Blickpunkt auf die Landwirtschaft betrieben wurde. Soll ich Kronzeugen anrufen, z. B. den Präsidenten des Bauernverbandes? Seine Hauptdevise war, daß man der Landwirtschaft auf der Kostenseite helfen müsse: Weitergabe der Rationalisierungsgewinne im Preis, also in Form von Preissenkungen. Sie können mir doch nicht widersprechen, daß das eines seiner Hauptargumente war
    Aber nun zu dem, was ich mir vorgenommen habe. Nachdem ich die heutige siebente grüne Debatte angehört habe und auch in der Lage war, die sechs vergangenen grünen Debatten mitzuerleben, muß ich sagen, daß eine gewisse Akzentverschiebung auf dieser Seite des Hauses festzustellen ist. In den Reden der Sprecher dieser Seite des Hauses klang heute doch auch ein recht beachtliches Unbehagen mit ob der Machtlosigkeit, zu der wir in der Agrarpolitik verurteilt sind, ob der Resignation, die in weiten Bereichen der Landwirtschaft festzustellen ist, ob eben der Erfolglosigkeit dieser Politik, wie wir das auch in unserem Entschließungsantrag zum Ausdruck bringen. Es sind sehr gemischte Gefühle angeklungen, und es hat gar keinen Sinn, wenn wir es mit der Lösung der Probleme der Landwirtschaft ernst meinen, hier in Schönfärberei zu tun oder über die Probleme hinwegzugehen. Wir können der Sache der in der Landwirtschaft Tätigen nur dienen, wenn wir dieses Problem schonungslos anpacken und wenn wir uns nicht genieren, auch den Finger in die Wunde zu legen. Und es gibt wahrhaftig eine ganze Anzahl von Wunden.
    Es ist hier gerühmt worden, daß der erzielte Lohn — das ist das Arbeitseinkommen nach Abzug von Betriebsleiterzuschlag und Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung — auf genau 4009 DM gestiegen sei. Der Vergleichslohn liegt bei 5441 DM. Diese Differenz von 1432 DM ist es, die hier so vielfach beklagt wird. Es ist begrüßt und hier positiv beurteilt worden, daß der erzielte Lohn in den sieben
    Jahren, seitdem wir Grüne Pläne haben, um 73 % gleich 1691 DM angestiegen sei, aber auf der anderen Seite beklagt worden, daß der Vergleichslohn zwar nur um 55 %, aber um 1941 DM, also erheblich stärker, anstieg. Von diesem Betrag von 4009 DM sind 669 DM aus diesem Grünen Plan, aus den sogenannten Soforthilfen; sie haben im ersten Jahr 1954/ 55 10 DM pro Vollarbeitskraft betragen. Jetzt sind sie auf 669 DM pro Vollarbeitskraft gestiegen. In Wirklichkeit, ohne diese Förderungsmittel des Grünen Planes, beträgt also der sogenannte erzielte Lohn je volle Arbeitskraft nur 3340 DM gegenüber 2308 DM im Jahre 1954/55. So ist auch das erfreuliche Moment darin enthalten, daß also das Einkommen pro Kopf der in der Landwirtschaft tätigen Vollarbeitskräfte um rund 1000 DM in diesen rund sieben bzw. reichlich sechs Jahren angestiegen ist. Um 1000 DM und um etwa 45 % ist es angestiegen, und die 4000 DM kommen erst zustande, wenn man die 669 DM aus den sogenannten Soforthilfen des Grünen Planes in diese Rechnung einbezieht.
    Meine Damen und Herren, ich habe hier die Beträge der einzelnen Jahre von 1954/55 bis 1960/61 aufgeschrieben. Aber Sie, die Sie mit diesen Dingen zu tun haben, kennen sie aus dem Grünen Bericht. Es muß einen mit Unbehagen erfüllen, daß bei all diesen Anstrengungen, ständig steigenden Zuwendungen aus dem Grünen Plan und angesichts der wirklich beachtlichen Steigerung der Arbeitsproduktivität, die um 132 % seit 1950/51 angestiegen ist, also bei gewaltigen Leistungen der Landwirtschaft auf der einen Seite, die nicht bestritten werden können, und ganz erheblichen Anstrengungen des Staates und dei Allgemeinheit, der Steuerzahler, auf der anderen Seite das Ergebnis so unbefriedigend ist.
    Meine Damen und Herren, der Rückgang an Vollarbeitskräften hat 1,5 Millionen betragen. Gegenüber 1954 — damals waren es 28 — haben wir jetzt auf 100 ha nur 18,4 Vollarbeitskräfte. Der Gesamtbestand der Lohn-Arbeitskräfte hat sogar um 68 % abgenommen. Es gibt nur 309 000 Landarbeiter gegenüber fast I. Million im Jahre 1950/51. Und trotzdem dieses Ergebnis dieser mit 26 % bezifferten Differenz zwischen den Einkommen der Vollarbeitskräfte, also nicht aller vorhandenen, sondern der Vollarbeitskräfte! — die Gesamtzahl der in der Landwirtschaft vorhandenen Arbeitskräfte wird auf volle Arbeitskräfte umgerechnet — diese erhebliche Differenz von 1234 DM.
    Meine Damen und Herren, wie soll es weitergehen? Nach der landwirtschaftlichen Betriebszählung 1960 haben wir nur noch in jedem sechsten Betrieb von 10 bis 20 ha einen Landarbeiter. In den Betrieben von 20 bis 50 ha ist nach der LBZ 1960 nur in zweien von drei noch ein Landarbeiter.
    Wie soll das weitergehen? frage ich. In den Zeitschriften wird die rhetorische Frage gestellt, ob denn nun nicht die Grenze des Erträglichen erreicht sei, ob nicht das Ausmaß der Abwanderung der Arbeitskräfte aus den bäuerlichen Mittel- und den Großbetrieben die Grenze des Tragbaren erreicht habe. Diese Frage müssen wir jetzt beantworten; ob heute oder im weiteren Verlauf der Diskussion, die heute begonnen wurde, das mag dahingestellt sein;



    Frehsee
    aber wir müssen sie beantworten, sonst werden demnächst nie wieder zu \\schließende Lücken entstehen, es sei denn, daß es mit der gewerblichen Wirtschaft eines schönen Tages bergab ginge. Dann kämen sie alle wieder zurück; darüber besteht gar kein Zweifel. Aber das wollen wir nicht. Wir wollen gemeinsam alles nur mögliche tun, um das zu verhindern. Unter der Voraussetzung also, daß es so weitergeht wie bisher und daß nichts Durchgreifendes geschieht, wird es zu einer gefährlichen Entwicklung, zu einer völligen Entblößung der Landwirtschaft von Lohnarbeitskräften kommen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß es für die Landarbeiter und insbesondere für die gewerkschaftlich organisierten Landarbeiter nur zwei Möglichkeiten gibt. Die eine ist, zu bleiben, und zwar unter der Bedingung, daß ihre Löhne und ihre Arbeitsverhältnisse an die der gewerblichen Wirtschaft angeglichen werden, oder die andere, aus der Landwirtschaft wegzugehen. Wer wollte es ihnen verargen? Die gewerbliche Wirtschaft, die Industrie, die Dienstleistungsbetriebe bieten ja heute Möglichkeiten in Hülle und Fülle. Für die Landarbeiter gibt es also nur diese zwei Möglichkeiten. In dem Berichtsjahr 1960/61 sind 50 000 ständige Landarbeiter abgewandert, und 60 000 unständig beschäftigte Arbeitskräfte kommen nicht mehr zu den landwirtschaftlichen Betrieben. Wenn sich diese Entwicklung nun 1961/62 — in dem jetzigen Wirtschaftsjahr — fortsetzt und wenn sie sich auch in Zukunft weiter fortsetzt, dann können sich alle ausrechnen, wie lange das noch gehen wird, bis es aus ist. Es muß also etwas geschehen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der soziale Strukturwandel muß ins Auge gefaßt werden. Er muß durch Maßnahmen einer konstruktiven Landarbeiterpolitik, wie ich sie in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert habe, unterstützt werden; sonst bleiben nur diese zwei Möglichkeiten.
    Die Sozialpartner der Landwirtschaft waren vor wenigen Tagen beim Herrn Minister und haben ihm diese Dinge vorgetragen, und zwar Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Vertreter der Spitzenorgane der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft. Nun, es ist nichts dabei herausgekommen, aber es muß eine Lösung gefunden werden; welcher Art, darüber will ich mich jetzt nicht auslassen. Aber schnelle Hilfe tut not. Man soll jetzt keine Grundsatzdiskussionen mehr führen; dazu hatten wir in der Vergangenheit genügend Zeit. Man soll in diesem Zusammenhang beispielsweise auch nicht eine Grundsatzdiskussion darüber führen, ob die Tarifautonomie durch ein solches Mittel, wie es etwa die Anwendung der Bergmannsprämie in der Landwirtschaft bedeuten würde, dadurch gefährdet oder beeinträchtigt würde. Aber man muß etwas tun. Es ist gefährlich für alle, für diesen Beruf und für diesen Wirtschaftszweig, wenn nichts geschieht.
    Herr Kollege Bauknecht war so freundlich, den gegenwärtigen Stand der Landarbeiterlöhne darzustellen. Der Tariflohn betrug im Juni 1961 — und das ist auch der gegenwärtige Stand — 1,82 DM, der Bruttostundenverdienst im September 1961 — das steht im Grünen Bericht — 1,95 DM, der durchschnittliche Stundenverdienst der Landarbeiter in der Leistungsgruppe II im Jahre 1960/61, also im Berichtsjahr, 1,75 DM. Der Vergleichslohn betrug im Durchschnitt dieses Wirtschaftsjahres 2,67 DM. Er lag um 53 % über dem durchschnittlichen Landarbeiter-Stundenverdienst, wenn man die Pendelzeiten nicht berücksichtigt, und um 35 % über dem Landarbeiter-Stundenverdienst, wenn man die Pendelzeiten berücksichtigt. Der Unterschied ist ohne Pendelzeiten von 54 auf 61 Pf und mit Pendelzeiten von 83 auf 92 Pf gestiegen. Der Abstand zwischen den Landarbeiterlöhnen und den Löhnen der gewerblichen Arbeiter, die auf dem Lande Haus an Haus mit dem Landarbeiter wohnen, hat sich erheblich erhöht.
    Es ist davon gesprochen worden, daß eine Lohnerhöhung von 28 % gefordert werde. Das ist richtig. Diese Lohnerhöhung, meine Damen und Herren, würde nichts anderes bewerkstelligen, als lediglich den Anschluß wiederherstellen und eine Vergrößerung des Abstandes verhindern. Herr Bauknecht hat vorgetragen, daß diese Lohnerhöhung 488 Millionen DM kosten würde. Auch das ist wie in all den vergangenen Jahren, Herr Kollege Bauknecht, eine ziemlich theoretische Zahl; denn es findet auch zur Zeit eine erhebliche Abwanderung statt, und schon aus diesem Grunde wird die Summe niedriger sein. Außerdem ist die Summe deshalb rein theoretisch, weil das Lohnkonto der Landwirtschaft wegen der Fehler in der Feststellung des Arbeitskräftebestandes in der Vergangenheit in allen Grünen Berichten bis zu dem jetzt vorliegenden falsch, nämlich zu hoch, angegeben war. Im Jahre 1959/60 war es um 567 Millionen DM zu hoch angegeben. Selbst wenn Sie mit Ihrer Zahl recht hätten, würde das also noch in diesem Betrag aufgehen, der schon in der Landwirtschaft steckt.
    Sie haben sicherlich die Ubersicht über die Betriebsausgaben studiert und selber festgestellt, daß das Lohnkonto und das Konto Sozialversicherungsabgaben bis 1954/55 rückwärts um rund 600 Millionen DM im Jahr revidiert werden mußten. Ich habe in den vergangenen Debatten immer wieder darauf hingewiesen, daß die Rechnungsunterlagen für das Lohnkonto nach meiner Auffassung unrichtig sind, und es ist dann und wann schon zwischendurch eine Korrektur erfolgt und nun auf Grund der Arbeitskräfteerhebung von 1961 eine sehr gründliche.
    Diese 567 Millionen DM, die also statistisch und rechnerisch und was den Grünen Bericht betrifft schon ausgegeben waren, meine Damen und Herren, würden bei weitem ausreichen, um die Lohnforderung der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft, also die Forderung einer Lohnerhöhung um 28 %, zu erfüllen.
    Die Lohnquote betrug 1950/51 noch 21 %. 1954/55 sank sie auf 18,6 und 1960/61 auf 12 %. Auch wenn es in diesem Jahr nur eine Lohnerhöhung im Ausmaß der vorjährigen geben sollte, wird der Anteil der Lohnausgaben an den Betriebsausgaben insgesamt im jetzt laufenden Wirtschaftsjahr 1961/62 nur



    Frehsee
    etwa 101/2 %, genau die Hälfte dessen betragen, was relativ, an den Betriebsausgaben gemessen, insgesamt im Jahre 1950/51 für Landarbeiterlöhne von der Landwirtschaft des Bundesgebietes ausgegeben worden ist.
    Ich habe vorhin an den Staat appelliert, einiges im Sinne einer konstruktiven Landarbeiterpolitik zu tun. Ich möchte auch von dieser Stelle aus den Appell an die Landwirtschaft selber richten, wirklich das, was in ihren Kräften steht, im Interesse der Abwendung der Gefahr zu tun, von der ich gesprochen habe.
    In Norddeutschland ist der erzielte Lohn je Vollarbeitskraft im Wirtschaftsjahr 1960/61 ausweislich des Grünen Berichts um 674 DM gestiegen. Der Lohn der Lohnarbeitskräfte ist in dem gleichen Zeitraum im Durchschnitt um 375 gestiegen. Die Ein-. kommen der Vollarbeitskräfte in der Landwirtschaft haben sich im Durchschnitt also stärker erhöht als die Einkommen der Landarbeiter. Das sollte für Sie, die Sie die Arbeitgeberseite der Landwirtschaft vertreten, ein Grund mehr sein, jetzt einiges nicht nur im Interesse der Landarbeiter, sondern auch für die Aufrechterhaltung einer vernünftigen landwirtschaftlichen Arbeitskräftestruktur und die Erhaltung des notwendigen landwirtschaftlichen Arbeitskräftepotentials zu tun.
    Meine Damen und Herren, ich habe heute abend schon zweimal die rhetorische Frage gestellt: Was soll werden? So wie es bis jetzt gegangen ist, kann es nicht weitergehen. Die bisherige Agrarpolitik und alle bisherigen Bemühungen haben zur Lösung der Probleme nicht geführt.
    Ich möchte Ihnen fünf Stichworte für das nennen, was nach meiner Auffassung in Zukunft zu geschehen hat, um eine durchgreifende Änderung der Verhältnisse zu bewerkstelligen.
    Über den ersten Punkt will ich nicht viel sagen, weil er schon angesprochen wurde und weil mein Kollege Bading sich dazu noch im einzelnen auslassen wird. Es handelt sich um die Frage der Strukturverbesserung. Ich möchte Sie sehr bitten, über dieses Kapitel nicht so mit einem Achselzucken hinwegzugehen, wie das von einem oder von zweien der Redner heute abend geschehen ist. Denn wenn ohne die Hilfen aus dem Grünen Plan das Arbeitseinkommen in den vergangenen sechs Jahren von 2308 auf 3340 DM je Vollarbeitskraft gestiegen ist, so ist das natürlich auf den Strukturwandel zurückzuführen. Ich bin wirklich der Überzeugung, daß es hier eine Wechselwirkung gibt. Der Rückgang der Zahl der Arbeitskräfte zwingt natürlich zu einer stärkeren Mechanisierung. Umgekehrt muß aber alles in einem wohlausgewogenen Verhältnis bleiben. Nach meiner Auffassung ist nicht ausgewogen das Verhältnis der Ausgaben für landwirtschaftliche Maschinen — diese Summe beträgt ja 2,8 Milliarden DM im abgelaufenen Wirtschaftsjahr — und den Ausgaben für die landwirtschaftlichen Löhne. Ich habe auch auf diesen Punkt in den vergangenen landwirtschaftlichen Debatten immer wieder hingewiesen.
    Der zweite Punkt ist folgender. Wir sind nach wie vor der Überzeugung, daß die Direkthilfen eine größere Wirkung hätten, wenn sie gezielt gegeben würden und nicht pauschal und global, wie Sie das hier immer beschließen. Wir sind der Meinung, daß ein großer Teil dieser Maßnahmen verpufft, weil sie nicht gezielt durchgeführt werden.
    Das dritte, dem wir uns in Zukunft verstärkt zuwenden müssen, ist eine umfangreiche Investitionshilfe. Das ist hier schon angeklungen, und Ansätze sind sicherlich auch vorhanden; das soll anerkannt werden, und dieses Bemühen soll auch nicht verkleinert werden. Wir sind der Auffassung — lassen Sie mich das kurz sagen —, daß über ein sehr umfassendes und umfangreiches Investitionshilfeprogramm den landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit gegeben werden muß, sich zu modernisieren und zu rationalisieren, eine Möglichkeit, die die gewerblichen und industriellen Betriebe durch die Selbstfinanzierung über den Preis der von ihnen produzierten Waren gehabt haben. Diese Möglichkeit haben die landwirtschaftlichen Betriebe nicht gehabt. Die Investitionshilfe soll die Selbstfinanzierung über den Preis ersetzen. Es wird darüber zu reden sein, um welche Beträge es sich handeln muß, wenn das eine durchgreifende Hilfe werden soll. Es wird auch darüber zu reden sein, ob der Zinssatz von 3 % der endgültige, richtige und ausreichende ist.
    Viertens müssen wir uns in Zukunft mit mehr Entschlossenheit und größerem Ernst als bisher sozialpolitischen Mitteln zuwenden. Denen, die im Europäischen Parlament oder im Wirtschafts- und Sozialausschuß der EWG mit den Vertretern der anderen Mitgliedstaaten der EWG und den Landwirtschaftsvertretern dieser Staaten zusammengekommen sind, ist bekanntgeworden, welch ein ausgebautes System des Kindergeldes und der Familienbeihilfe, der Alters-, Hinterbliebenen- und Krankenunterstützung es in Frankreich für die dort in der Landwirtschaft Tätigen gibt. Wir sollten diese Dinge studieren und einiges von dem, was die anderen haben, übernehmen, natürlich auf unsere Verhältnisse zugeschnitten.
    Wir sollten die Altershilfe, die zweifellos den Strukturwandel unterstützt hat, ausweiten. Ich meine damit nicht nur die längst überfällige Erhöhung des Altersgeldes.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie wurde schon in der vergangenen Legislaturperiode im Sozialpolitischen Ausschuß beschlossen, ist dann aber von [der Mehrheit dieses Hauses im Plenum niedergestimmt worden. Ich meine also nicht nur die Erhöhung des Altersgeldes, sondern den Ausbau einer Regelung der Altershilfe vielleicht in der Richtung, daß man jenen hilft, die ihre Betriebe trotz der Altershilfe nicht abgeben, weil sie sie eben doch noch als Existenzgrundlage behalten wollen. Das sind jene, die vielleicht keine Angehörigen haben. Es gibt solche Fälle in großer Zahl. Man könnte das freiwerdende Land zur Strukturwandlung, zur Strukturverbesserung, zur Aufstokkung bestehenbleibender Betriebe benutzen. Viele alte Landwirte geben aber ihre Betriebe nicht ab,



    Frehsee
    weil sie keine Alterssicherung haben. Sollten wir nicht einmal ernsthaft überlegen, ob wir nicht solchen Landwirten, die willens wären — wir wollen niemanden zwingen —, ihren landwirtschaftlichen Betrieb aufzugeben, in bezug auf die Alterssicherung eine Stütze, eine Hilfe geben sollten, vielleicht durch Einkauf in die Rentenversicherung der Arbeiter mit Mitteln aus ,dem Grünen Plan. Das wäre eine Maßnahme. Natürlichgibt es viele solcher Maßnahmen, deren wir uns annehmen müssen.
    Wir müssen auch an die Förderung der beruflichen Umstrukturierung denken, die jetzt in zunehmendem Maße diskutiert wird. Wir müssen überlegen, ob wir nicht Hilfen beispielsweise für die Einrichtung eines Fremdenverkehrsgewerbebetriebes geben können. Ich drücke mich kompliziert und fachlich-technisch aus, aber Sie wissen, was ich meine. Das gilt insbesondere für jene Gebiete, die im Bayerischen Wald, in der Rhön oder in der Eifel in landschaftlich sehr reizvollen Gegenden wegen der Bodenverhältnisse dringend einen Zuerwerb benötigen, den man ihnen vielleicht auf einem solchen Wege und unter Umständen durch raumordnerische Maßnahmen verschaffen kann. Wir haben deswegen die raumordnerischen Mittel auch in der Entschließung aufgeführt, die wir Ihnen vorlegen.
    An fünfter Stelle möchte ich das anführen, was ich eingangs schon in Erwiderung auf die Ausführungen des Kollegen Wacher erwähnt habe. Ich halte es einfach 'für eine Utopie — meine Damen und Herren, wenn Sie ehrlich sind, geben Sie mir das alle zu —, ich halte es für eine Illusion, anzunehmen, daß man die Differenz zwischen dem Vergleichslohn und dem erzielten Lohn durch Preiserhöhungen ausgleichen könne. Dabei habe ich nicht allein etwa die deutschen Verbraucher und ihre Einstellung im Auge, sondern ich habe beispielsweise das europäische Preisniveau im Auge. Auf diesem Wege wird es nicht gelingen. Wir müssen das einsehen und nach anderen Wegen Ausschau halten. Vielleicht geht es auf der anderen, auf der Kostenseite. Wir müßten uns gemeinsam anstrengen, dort zu Ergebnissen zu kommen.
    Damit ist natürlich die allgemeine Wirtschaftspolitik angesprochen. Ich hatte gerade in dieser Beziehung heute morgen kein gutes Gefühl, als der Wirtschaftsminister die Regierungserklärung abgab und von der notwendigen Hilfe für die gewerblichen und industriellen Mittel- und auch Großbetriebe sprach und nicht ein Wort über die notwendige Hilfe für die landwirtschaftlichen Betriebe in den Überschwemmungsgebieten sagte.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich wollte das eigentlich nicht im Sinne eines Vorwurfs anbringen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ja! Ja!)

    Das ist aber typisch für die Einstellung der Regierung zu diesen wirtschaftspolitischen Fragen.

    (Unruhe bei der CDU/CSU.)

    Die Landwirtschaft kommt unter „ferner liefen". Da
    gibt man hier einmal die eine Subvention und dort
    die andere Hilfe. Der entscheidende Punkt einer
    Hilfe für die Landwirtschaft liegt aber bei der Wirtschaftspolitik und bei der Frage der Kostensenkung. Sie sind sicherlich alle meiner Meinung, auch wenn Sie es nicht zugeben wollen oder nicht zugeben können.

    (Abg. Memmel: Kein Vorwurf!)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Memmel?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja, bitte!