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ID0401324200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 13. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1962 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Meyer 335 A Die Abg. Glombig und Busch treten in den Bundestag ein 350 B Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im dritten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1961 (Drucksache IV/140) . . . . . . . . 350 C Fragestunde (Drucksache IV/148) Frage des Abg. Dr. Mommer: Anstellungsverhältnis der Pressereferenten des Auswärtigen Dienstes Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 335 D, 336 A, B, C Dr. Mommer (SPD) 336 A Ritzel (SPD) 336 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Kommission betr. Fragen der politischen Bildung Höcherl, Bundesminister 336 C, D, 337 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 336 C, D Dr. Schäfer (SPD) 336 D Dr. Frede (SPD) . . . . . . . 337 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes Höcherl, Bundesminister . . . 337 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 337 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Jubiläumszuwendungen an Beamte Höcherl, Bundesminister 337 C, D, 338 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 337 C, D Brück (CDU/CSU) 337 D Ritzel (SPD) . . . . . . . . 338 A Fragen des Abg. Dr. Dollinger: Steuerliche Selbstveranlagung Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 338 B, D, 339 A Dr. Besold (CDU/CSU) . . . . . 338 C Dr. Koch (SPD) 338 D Fragen des Abg. Dr. Stecker: Kursmünzen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 339 A, B Gewandt (CDU/CSU) 339 B Frage des Abg. Dröscher: Grundsteuervergünstigung für Wohnungen von Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 339 C, D, 340 A, B, C, D, 341 A Dröscher (SPD) 339 D Wittrock (SPD) . . . . . . . 340 A Dr. Brecht (SPD) 340 B, C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . 340 D, 341 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 Frage des Abg. Dr. Mommer: Entschädigung für in den Vereinigten Staaten beschlagnahmtes deutsches Privatvermögen Dr. Hettlage, Staatssekretär 341 A, B, C, D, 342 C Dr. Mommer (SPD) 341 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 341 C Dr. Kohut (FDP) . . . . 341 D, 342 A Dr. Carstens, Staatssekretär . . 342 A, B Dr. Schäfer (SPD) 342 B Jahn (SPD) 342 C Frage des Abg. Dröscher: Randgemeinden der Truppenübungsplätze Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 342 D, 343 A, B Dröscher (SPD) 343 A, B Frage des Abg. Blumenfeld: Indonesische Staatsgesellschaften und deutscher Außenhandel Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 343 C, 344 A Blumenfeld (CDU/CSU) 343 D, 344 A Fragen des Abg. Murr: Vereinbarungen in Brüssel über Tabak und Hopfen Schwarz, Bundesminister . . . . . 344 B Murr (FDP) . . . . . . . . 344 C Frage des Abg. Sander: Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche Schwarz, Bundesminister . 344 D: 345 A Sander (FDP) . . . . . . . . . 344 D Frage des Abg. Müller (Worms): Angestelltenrente des Rentners Hirsch aus Osthofen Dr. Claussen, Staatssekretär . . 345 B, C Matthöfer (SPD) 345 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Stellenangebote deutscher Firmen in österreichischen Zeitungen Dr. Claussen, Staatssekretär . . 345 D, 346 A, B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 346 A Dr. Kohut (FDP) 346 B Frage des Abg. Ritzel: Schutz für Taxifahrer Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 346 B, C, D Ritzel (SPD) . . . . . . . . 346 C, D Memmel (CDU/CSU) 346 D Frage des Abg. Felder: Bau der Großschiffahrtsstraße RheinMain—Donau Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 347 A, B, C Felder (SPD) . . . . . . . . 347 B Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 347 C Frage des Abg. Felder: Kanalbau Nürnberg-Regensburg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 347 D Frage des Abg. Felder: Autobahn Frankfurt—Nürnberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 348 A, B Felder (SPD) . . . . . . . . . 348 B Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Überbreite landwirtschaftliche Maschinen im Straßenverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 348 B, C, D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 348 C, D Fragen des Abg. Dr. Kohut: Gepäckabfertigung und Fahrkartenverkauf am Bahnhof Langen (Hessen) Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 348 D, 349 A Frage des Abg. Ritzel: Fernsprechanschlüsse in den Rasthäusern an den Bundesautobahnen Stücklen, Bundesminister . . . . 349 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 349 C, D Frage des Abg. Ritzel: Depots mit Blutplasma in Autobahnraststätten Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister .......... 349 D Frage des Abg. Gewandt: Verkauf von Arzneimitteln im freien Verkehr Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . . . . 350 A, B Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 350 B Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 III Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 350 C Birkelbach (SPD) 354 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 360 D Struve (CDU/CSU) 366 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 371 C Ertl (FDP) 376 C Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 381 C Frau Strobel (SPD) 384 C Mauk (FDP) . . . . . . . . 391 B Lücker (München) (CDU/CSU) . . 394 A Schwarz, Bundesminister 399 C Antrag betr. Vorlage eines Berichtes wegen Belastung mit lohnbezogenen Abgaben (CDU/CSU, FDP), (Drucksache IV/134) Dr. Dahlgrün (FDP) 402 B Burgemeister (CDU/CSU) . . . 403 A Lange (Essen) (SPD) 403 C Nächste Sitzung 404 C Anlagen 405 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 335 13. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 31. 1. Altmaier 1. 2. Dr. Atzenroth 31. 1 Dr. Birrenbach 3. 2. Fürst vom Bismarck 3. 2. Dr. Bucerius 3. 2. Dr. Burgbacher 31. 1. van Delden 1.2. Dr. Dittrich 31. 1. Dr. Dollinger 31. 1. Ehnes 1. 2. Eichelbaum 6. 2. Eisenmann 31. 1. Erler 31. 1. Dr. Franz 31. 1. Gaßmann 2. 2. Frau Geisendörfer 3. 2. Gedat 15. 2. Hellenbrock 3. 2. Hesemann 31. 1. Höfler 31. 1. Illerhaus 31. 1. Jacobs 1. 2. Frau Kettig 1. 2. Dr. Klein (Berlin) 14. 2. Dr. Kliesing (Honnef) 4. 2. Frau Krappe 1. 2. Kraus 1. 2. Leber 31. 1. Dr. Löbe 2. 2. Lohmar 1. 2. Dr. Mälzig 31. 1. Maier (Mannheim) 14. 2. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 31. 1. Merten 31. 1. Michels 2. 2. Müller (Worms) 4. 2. Neumann (Berlin) 31. 1. Rademacher 31. 1. Rasier 1. 2. Reitzner 31. 1. Dr. Schellenberg 31. 1. Scheuren 34. 1. Schmidt (Braunschweig) 2. 2. Dr. Schneider 31. 1. Schütz 31. 1. Schulhoff 3.2. SühLer 31. 1. Striebeck 18. 2. Wagner 31. 1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 31. 1. Wehner 31. 1. Werner 15. 2. Wieninger 1. 2. b) Urlaubsanträge Frau Dr. Elsner 10.2. Horn 18.2. Oetzel 16.2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 20 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP zur Erklärung der Bundesregierung vom 24. Januar 1962 betr. EWG Der Bundestag wolle beischließen: Der Bundestag hat die Erklärung der Bundesregierung vom 24. Januar 1962 über die Beschlüsse des Ministerrats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 13./14. Januar 1962 zur Kenntnis genommen. Er spricht der deutschen Verhandlungsdelegation, unter Führung von Bundesminister Schwarz, Dank und Anerkennung für ihren unermüdlichen Einsatz in den überaus schwierigen Verhandlungen aus. Der Bundestag ist sich bewußt, daß die deutsche Landwirtschaft vor großen Aufgaben und Schwierigkeiten steht. Er erwartet, daß ihm die Bundesregierung möglichst bald die Gesetzentwürfe vorlegt, die für eine termingerechte Anpassung der in der Bundesrepublik geltenden Gesetze und Verordnungen an die Brüsseler Beschlüsse notwendig sind. In diesen Gesetzentwürfen sund alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die berechtigten Interessen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft und der Verbraucher zu berücksichtigen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bäuerlichen Familienbetriebe und die marktfernen Gebiete. Der Bundestag erwartet, daß die Bundesregierung ihm außerdem Vorschläge für die im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes notwendigen Ausgleichsmaßnahmen für Einkommensminderungen vorlegt, die sich aus. der Durchführung der Brüsseler Beschlüsse ergeben. Der Bundestag ist der Auffassung, daß die Brüsseler Beschlüsse nunmehr dazu zwingen, gemeinsam eine agrarpolitische Konzeption zu entwickeln, die die Lebensfähigkeit der deutschen Landwirtschaft auch im gemeinsamen europäischen Markt gewährleistet, mit den in Brüssel gefaßten Beschlüssen vereinbar ist, die Interessen der Verbraucher wahrt und zugleich finanzpolitisch tragbar ist. Für dieses Vorhaben ist Eile geboten. Die deutsche Landwirtschaft kann erwarten, daß spätestens bei der Diskussion über den neuen Grünen Bericht und den Grünen Plan die Umrisse dieser agrarpolitischen Konzeption sichtbar werden. Der Bundestag erwartet, daß die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die ihr übertragenen Zuständigkeiten in echter gemeinschaftlicher Solidarität handhabt. Diese Verantwortung wiegt um so schwerer, solange das Europäische Parlament noch kenne den nationalen Parlamenten entsprechenden legislativen Funktionen ausübt, während die nationalen Parlamente ihre Zuständigkeiten schrittweise verlieren. Bonn, den 31. Januar 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Bucher und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Adolf Mauk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Debatte ist jetzt auch so viel über Dinge gesprochen worden, die noch einmal in zwei, drei Wochen, wenn wir den Grünen Bericht und den Grünen Plan zu besprechen haben, besprochen werden müssen. Ich will deshalb zu dieser vorgerückten Stunde auf einige Dinge nicht eingehen, obwohl es notwendig wäre, auch unseren Standpunkt dazu darzulegen.
    Ich möchte eingangs meiner Ausführungen zur europäischen Agrarpolitik feststellen, daß mit den Beschlüssen am 14. Januar ein Schritt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die gesamte Wirtschaft und für die Politik getan worden ist, ein Schritt auf die zukünftige Politik Europas hin, aus der es kein Zurück mehr gibt. Den Übergang zur zweiten Stufe, der gleichzeitig beschlossen worden ist, haben wir zur Kenntnis zu nehmen. Auf ihn haben wir uns in allen unseren Überlegungen einzurichten.
    In der von Herrn Bundesminister Schwarz vorgetragenen Regierungserklärung wird bei der Darstellung, wie es zu den Brüsseler Vereinbarungen kam, folgerichtig davon ausgegangen, daß das vom Bundestag verabschiedete Landwirtschaftsgesetz praktisch als Ausgangspunkt für die Entwicklung zu einer gemeinsamen EWG-Agrarpolitik zu bewerten ist. Diese Darstellung ist richtig. Mit dem Landwirtschaftsgesetz ist die Bundesregierung nämlich die Verpflichtung zur wirtschaftlichen Festigung der landwirtschaftlichen Betriebe und zur sozialen Gleichstellung der landwirtschaftlichen Bevölkerung mit vergleichbaren Berufsgruppen eingegangen, eine Verpflichtung, die unseres Erachtens auf die im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft zu entwickelnde Agrarpolitik zu übertragen ist.
    Bei der Unterzeichnung des Vertrages im Mai 1957 hatte man auch deutscherseits sehr wohl erkannt, daß die Übernahme der in unserem Landwirtschaftsgesetz festgelegten Ziele in die LandwirtschaftsSonderbestimmungen des EWG-Vertrages mit die wesentliche Voraussetzung dafür ist, die Landwirtschaft als einen integrierenden Bestandteil in den landwirtschaftlichen Zusammenschluß der sechs Länder einzubeziehen. Aus diesen Gründen deckt sich nicht nur der Wortlaut des Art. 39 des Römischen Vertrages nahezu mit dem des Landwirtschaftsgesetzes, vielmehr gibt auch Art. 42 des Vertrages die Gewähr dafür, daß der Grüne Plan als Folgemaßnahme unseres Landwirtschaftsgesetzes auch in Zukunft und im Rahmen einer gemeinsamen Agrarpolitik in irgendeiner Form fortgesetzt werden kann.
    Bei einer Betrachtung der historischen Entwicklung einer gemeinsamen Agrarpolitik muß .dieser Sachverhalt, wie er sich im Jahre 1957 bei Unterzeichnung des EWG-Vertrages abzeichnete, unterstrichen werden. Für unsere Landwirtschaft waren diese Zusicherungen überhaupt erste Voraussetzungen dafür, daß sie sich zu einer Einbeziehung der Agrarerzeugnisse in den wirtschaftlichen Integrationsprozeß bereiterklären konnte.
    Die zweite Etappe in der Entwicklung zu einer gemeinsamen Agrarpolitik war die auf Grund des Art. 43 des Vertrages in Stresa durchgeführte Konferenz der Landwirtschaftsminister. Es erscheint richtig, daß ich sowohl aus der Eröffnungsrede des Präsidenten Hallstein als auch aus der in Stresa gefaßten Schlußresolution einige bedeutsame Folgerungen zitiere. Sie werden nämlich, meine Damen und Herren, mit Erschrecken erkennen müssen, wie wenig von diesen für die gesamte Landwirtschaft der Gemeinschaft bedeutungsvollen Prinzipien in die im Januar vom Ministerrat der EWG gefaßten Beschlüsse übernommen wurden.



    Mauk
    Präsident Hallstein sagte damals — und diese Worte waren im Jahre 1958 von der gesamten deutschen Landwirtschaft gewissermaßen als ein verbindliches Versprechen empfunden worden — unter anderem, daß das Ziel einer langfristigen Wirtschaftspolitik sein muß, einen vernünftigen, wirtschaftlich und politisch sinnvollen Kompromiß zu finden zwischen dem Wunsch, die Preise für den Verbraucher niedrig zu halten, und der Notwendigkeit, die Arbeit der Bauern gerecht zu entlohnen; daß die gemeinsame Landwirtschaftspolitik nicht ein Produkt abstrakter nationalökonomischer Spekulationen sein kann, sondern vielmehr von der augenblicklichen Situation und den sich in ihr abzeichnenden Möglichkeiten und Gefahren ausgehen muß; daß der dynamischen Industrieentwicklung ein ähnlich dynamisches Vorwärtsschreiten auf dem Agrargebiet an die Seite zu stellen ist und daß sich die gemeinsame Agrarpolitik auch der Probleme der ökonomischen und sozialen Disparität zwischen Landwirtschaft und Industrie annehmen muß.
    Es würde zu weit führen, wenn ich auch noch auf die Schlußresolution einginge; ich glaube, die meisten von Ihnen haben sie noch in Erinnerung. Man sollte jedoch meinen, daß eine derart verbindliche Erklärung der sechs Regierungen in bezug auf die Landwirtschaftspolitik auch heute noch für die Kommission und den Ministerrat verbindlich sein sollte.
    Leider ist das Brüsseler Ergebnis dann, wenn man sich dieser in Stresa gefaßten Schlußresolution erinnert, entmutigend. Der deutschen Regierungsdelegation unter der Leitung von Bundesminister Schwarz kann nicht der Vorwurf einer mangelnden Vertretung der Belange und Interessen der deutschen Landwirtschaft gemacht werden. Im Gegenteil, jeder, der die rund acht Wochen dauernden Verhandlungen von November bis Mitte Januar verfolgte, muß den fast übermenschlichen Leistungen des Ministers und seiner Mitarbeiter Dank und Anerkennung zollen. Es ist mir ein Bedürfnis, dies namens meiner Fraktion vor dem Hohen Hause auszusprechen. Ich freue mich, darauf hinweisen zu können, daß auch meine Fraktion durch gewisse Beschlüsse Herrn Minister Schwarz dabei unterstützen konnte.
    Bezeichnend aber, meine Damen und Herren, für den Geist der Brüsseler Verhandlungen scheint der Satz in der Regierungserklärung zu sein, daß die besondere Situation der Bundesrepublik als größtes Importland für Agrarerzeugnisse der Gemeinschaft zur Folge hatte, daß die Wünsche der Partnerstaaten, die alle auf irgendeinem Gebiet Exportinteressen haben, sich sehr stark auf die Möglichkeit des Zugangs zum deutschen Markt ausrichteten. Diese Formulierung in der Regierungserklärung scheint mir sehr gemäßigt zu sein; denn man muß zu der Überzeugung kommen, daß die am deutschen Verbrauchermarkt interessierten Partnerländer unter Ausnutzung der politischen Konsequenzen eines Scheiterns der EWG-Agrarverhandlungen Zugeständnisse und Verzichte von der Bundesregierung gefordert haben, die nicht mit dem Sinn und den Bestimmungen des Römischen Vertrages vereinbar sind.
    Wenn sich die Bundesregierung trotzdem zu einem Verzicht auf bestimmte Vertragsrechte bereit erklärt hat oder bereit erklären mußte, dann muß sie letztlich auch die volle Verantwortung für einen solchen Verzicht übernehmen, d. h. sie muß im Rahmen der nationalen Landwirtschaftspolitik Maßnahmen ergreifen, die die der Landwirtschaft durch diesen Verzicht entstehenden Härten und Schwierigkeiten nicht nur mildern, sondern auch kompensieren. Vor allem möchte ich auf die Möglichkeiten des Art. 44 des EWG-Vertrages hinweisen. Wenn z. B. jetzt dem Obst- und Gemüsebau im Zuge der Verwirklichung der Gemeinsamen Markt-Organisation für Obst und Gemüse die Anwendung von Art. 44, also die Handhabung von Mindestpreisen — das einzige im Vertrag vorgesehene Instrument —, nicht mehr gestattet sein soll, dann ist ein solcher Beschluß des Ministerrates eine Vertragsänderung, für die auch die an die Stelle von Art. 44 gesetzte Schutzklausel nie ein auch nur annähernd gleichwertiger Ersatz sein wird.
    Ähnlich verhält es sich bei den sogenannten Schutzklauseln für die anderen Produkte, vielleicht mit Ausnahme von Wein.
    Man muß sich deshalb wirklich fragen, warum man eigentlich auf die Anwendung bewährter Systeme verzichtet hat, um so mehr, als die Bundesrepublik in den ersten vier Jahren alle Vertragsverpflichtungen auch auf dem Gebiet der Agrarpolitik voll erfüllt hat, dem Übergang zur zweiten Phase also nichts im Wege gestanden hätte.
    An Hand der Regierungserklärung ist es nicht leicht, zu den in Brüssel beschlossenen Verordnungen abschließend Stellung zu nehmen, zumal der endgültige Wortlaut noch nicht zu erhalten ist. Eines kann jedoch festgestellt werden: daß fast alle Verordnungen auf eine Erweiterung der Exportgeschäfte der Partnerländer zugeschnitten sind, da diese Verordnungen nahezu ausschließlich die Voraussetzungen für eine uneingeschränkte Belieferung der west- deutschen Märkte für Agrarerzeugnisse schaffen sollen. Ein solches Urteil wird durch die Tatsachen bestärkt, daß man bei der Formulierung der gemeinsamen Marktordnungen sehr wohl darum bemüht gewesen war, daß die Exporteure — wie es in einem Fall wörtlich heißt — „in Fällen einer eventuellen Anwendung von Schutzmaßnahmen keinen Schaden erleiden". Man vermißt jedoch irgendeinen Hinweis darüber, daß auch Sorge dafür getragen werden soll, daß den Erzeugern von Agrarprodukten besondere Härten erspart bleiben sollen.
    Ohne hier auf den Inhalt der einzelnen Verordnungen weiter einzugehen, muß jedoch noch gesagt werden, daß es der deutschen Verhandlungsdelegation z. B. in der Frage der Annäherung des 'Getreidepreises gelungen ist — und ich freue mich darüber, Frau Kollegin Strobel, daß wir da noch etwas Zeit haben —; die Getreidepreise zunächst unverändert zu lassen. Dabei muß aber bedacht werden, daß mit dem Übergang zur zweiten Stufe die Europäische Kommission und ihre Organe insofern Stärkung erfuhren, als die Beschlüsse fortan nicht mehr in allen Fällen der Einstimmigkeit des Rates



    Mauk
    bedürfen, sondern mit qualifizierter Mehrheit gefaßt werden können. Darin liegt, wie unbestritten ist, eine gewisse Gefahr bezüglich der in der Zukunft noch zu fassenden Beschlüsse.
    Ebenso muß bei dem Vergleich der Brüsseler Beschlüsse mit den am 30. Juni 1960 — das ist also noch gar nicht so sehr lange her — von der Kommission vorgelegten Vorschlägen festgestellt werden, daß von dem Versuch, eine konstruktive und auch auf dein landwirtschaftlichen Einzelbetrieb ausgerichtete EWG-Agrarpolitik zu entwickeln, wenig übriggeblieben ist. Main vermißt in den vom Ministerrat beschlossenen Marktordnungen z. B. auch die vorgesehene Regelung über ein Mitspracherecht des Berufsstandes bzw. der beteiligten Wirtschaftsgruppen. Von der Bildung sogenannter „beratender Ausschüsse" ist in keiner der verabschiedeten Verordnungen, soweit ich feststellen konnte, mehr die Rede.
    Bei Betrachtung des Ergebnisses der Brüsseler Agrarverhandlungen zeigt sich auch deutlich, daß die Große Anfrage, welche meine Fraktion im vergangenen Juni eingebracht hat, ihre volle Berechtigung hatte, ja, eine zwingende Notwendigkeit war. Obwohl es reizvoll wäre, auf einige Einzelheiten der Antwort der damaligen Bundesregierung einzugehen, auch auf einige Ausführungen, die in diesem Hause während der Aussprache am 30. Juni, also am letzten Tag der vergangenen Legislaturperiode — wie Sie sich erinnern können —, gemacht wurden, werde ich mir dies heute angesichts der vorgerückten Stunde ersparen.
    Das Ergebnis der Brüsseler Agrarverhandlungen muß aber entscheidend für die Konsequenzen sein, die die Bundesregierung im Hinblick auf die nationale Landwirtschaftspolitik für die Zukunft zu ziehen hat. Da gebe ich Ihnen, Frau Strobel — und ich weiß nicht, wer von Ihnen es noch gesagt hat —, recht, daß der Zukunft sowohl in der Regierungserklärung als auch in der heutigen Diskussion bisher verhältnismäßig wenig Raum gewidmet worden ist. Die Bundesregierung wird dafür Sorge zu tragen haben, daß die landwirtschaftlichen Betriebe mit den sich verschärfenden Schwierigkeiten, die sich als Folge der Brüsseler Beschlüsse zwangsläufig einstellen werden — wir können das nicht hinwegdiskutieren —, fertig werden können. Mit der bisherigen Konzeption der bundesdeutschen Agrarpolitik — das ist die Auffassung der Freien Demokraten —, werden wir dieses Ziel nicht erreichen. Wir brauchen deshalb eine neue Konzeption für die künftige Landwirtschaftspolitik, die sich mit den Brüsseler Beschlüssen verträgt, die auf die Notwendigkeiten der wirtschaftlichen und sozialen Festigung unserer landwirtschaftlichen Betriebe und der landwirtschaftlichen Bevölkerung ausgerichtet ist, die die Interessen der Verbraucher wahrt und die die Belastungsmöglichkeiten der deutschen Steuerzahler berücksichtigt. Heute schon auf Einzelheiten einzugehen, würde den Rahmen dieser Aussprache sprengen. Wir haben ja noch im Februar die Aussprache zu dem Grünen Bericht und zu dem Grünen Plan. Dabei werden wir genügend Gelegenheit zu solchen Ausführungen haben.
    Nur zu einer Sache, die von vielen, selbst von Wissenschaftlern, als das Allheilmittel angesehen wird, möchte ich noch kurz Stellung nehmen, nämlich zur notwendigen Strukturverbesserung. Auch wir Freien Demokraten halten eine Strukturverbesserung für zwingend notwendig; wir sind der Auffassung, daß sie noch wesentlich rascher als bisher durchgeführt werden muß, ja, daß sie so durchgeführt werden sollte, daß sie bis -zum Ende der Übergangszeit, also bis zum 31. Dezember 1969, im wesentlichen abgeschlossen ist. Ich halte es jedoch für meine Pflicht, Neugierige darauf hinzuweisen, daß damit allein die Agrarprobleme nicht gelöst werden können. Wenn das nämlich so wäre, dann dürfte es z. B. in England, wo das Strukturproblem angeblich gelöst ist, oder gar in den Vereinigten Staaten, wo es im Vergleich zu uns längst gelöst ist, keine Agrarprobleme geben. Wir wissen, daß gerade in diesen beiden Industrieländern die größten Probleme aufgetreten sind und die höchsten Zuschüsse pro Kopf der Bevölkerung zur Erhaltung der Landwirtschaft gegeben werden müssen.
    Die Brüsseler Beschlüsse — darauf hat auch die Frau Kollegin Strobel hingewiesen — werden auch auf der jetzigen EWG-Ebene noch nicht die Bereinigung der Agrarprobleme bringen. Im Gegenteil; ich möchte fast sagen, daß wir hier auf der europäischen Ebene erst an einem Anfang stehen. Viele Verordnungen, Beschlüsse usw., die sich auf -das Gebiet der sechs EWG-Staaten beziehen, werden noch auf uns zukommen. Dann werden die überseeischen Besitzungen der Partnerstaaten dazukommen; die sich hier ergebenden Probleme müssen ebenfalls gelöst werden. England, Dänemark und andere Länder haben Anträge auf Aufnahme gestellt. Was da alles noch auf uns zukommt — ich denke z. B. auch an tropische Agrarerzeugnisse —, ist heute noch nicht zu übersehen.
    Man kann noch nicht endgültig sagen, welchen Weg wir zu gehen haben. Die Freien Demokraten sind der Auffassung, daß die Brüsseler Beschlüsse die Bundesregierung und den Bundestag dazu zwingen, gemeinsam den richtigen und notwendigen Weg zu suchen und zu gehen. Nachdem es möglich war, daß sich heute alle drei Fraktionen des Hohen Hauses auf einen gemeinsamen Text einer Entschließung geeinigt haben, in der auch einige der von mir angesprochenen Gesichtspunkte enthalten sind, und nach dem Verlauf der heutigen Debatte, die, wenn auch einige Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind, im allgemeinen sehr positiv gewesen ist, habe ich die große Hoffnung, daß wir bald gemeinsam eine neue agrarpolitische Konzeption entwickeln werden. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Ich möchte hier an die Worte des Kollegen Dr. Schmidt (Gellersen) anschließen: Es ist wirklich allerhöchste Zeit! Ziehen wir die Konsequenzen aus den Brüsseler Beschlüssen, und sorgen wir dafür, daß es trotzdem auch in Zukunft eine lebensfähige, gesunde deutsche Landwirtschaft gibt.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lücker.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans August Lücker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war natürlich heute außerordentlich reizvoll, einmal der Debatte zu folgen, aber es ist natürlich auch reizvoll, hier noch etwas zu sagen, und zwar deswegen reizvoll, weil man selbst, wenn auch nicht auf der Regierungsebene, aber als Mitglied dieses Hohen Hauses, im Europäischen Parlament zu denen gehört hat, die — um mit dem französischen Landwirtschaftsminister Pisani zu sprechen — dazu verurteilt waren, eine Verständigung zu erreichen und dem Bemühen um eine gemeinsame europäische Agrarpolitik einen Erfolg zu bescheren.
    In den letzten Tagen ist bei uns, aber auch in den anderen Ländern der Gemeinschaft im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Ministerrats von Brüssel sehr häufig die Vokabel gebraucht worden, daß das Ergebnis dieser Mammutkonferenz einen großen Sieg für Europa darstelle, daß es ein großer Erfolg sei. Ist das richtig? Auch heute ist in der Diskussion von fast allen Rednern, die darauf zu sprechen gekommen sind, zum Ausdruck gebracht worden, daß wir tatsächlich große Hoffnungen auf die weitere Zukunft Europas und damit auch unseres eigenen Landes und unseres eigenen Volkes setzten.
    Aber in diesem Zusammenhang wird häufig — so wie heute, und das wird vielleicht auch noch morgen so sein — die Frage angeschnitten: Ist dieser Sieg für Europa auf dem Rücken der Landwirtschaft, auf dem Rücken der Bauern, auch der deutschen Bauern erkämpft worden? Wir sollten heute in dieser europäischen Debatte auch auf diese Frage eine redliche Antwort geben. Denn wir alle wissen, daß insbesondere in den landwirtschaftlichen Bevölkerungskreisen auch in unserem Lande eine gewisse Unruhe herrscht, und wir wissen, daß eine der Quellen für diese Unruhe zweifellos in der Gefahr gesehen wird, die mit der Verwirklichung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf unsere Bauern zukommt. Es ist menschlich verständlich, daß diese Furcht im Einzelnen um so größer ist, je unbekannter das Ausmaß oder die Wirkung dessen ist, was mit den Brüsseler Beschlüssen verbunden ist. Diese Furcht scheint mir eine Quelle für die Unruhe unserer Bauern zu sein; ich werde in einem anderen Zusammenhang noch auf eine zweite zu sprechen kommen.
    Wenn wir dazu Stellung nehmen wollen, ist folgendes zu sagen. Man kann schon an der Härte und an der Dauer der Verhandlungen in Brüssel ablesen, daß von allen Beteiligten ein Höchstmaß an Verantwortung gezeigt worden ist. Schon aus dieser Sicht verbietet es sich, zu sagen, es sei leichtfertig etwa auf dem Rücken der Bauern oder irgendeines Volkes oder eines Berufsstandes eine Lösung angestrebt worden. Wir wissen von den Verhandlungen, daß sie bis zur physischen Erschöpfung einiger ihrer Teilnehmer geführt haben. Ich glaube, daß es in diesem Zusammenhang auch angebracht ist, unserem Minister Schwarz — wie es auch in der Entschließung aller Fraktionen dieses Hauses heute glücklicherweise zum Ausdruck gekommen ist — für diese Leistung den Dank zu sagen, und Herr Minister Schwarz wird sicherlich Verständnis dafür haben, wenn wir diesen Dank auch auf seine Delegationsmitglieder, insbesondere auf die Herren Staatssekretäre Müller-Armack und Lahr, ausdehnen wollen, aber auch auf seine anderen Mitarbeiter.

    (Allseitiger Beifall.)

    Wenn wir schon von jener Unruhe in der Landwirtschaft sprechen, so möchte ich noch einmal auf eine ganz konkrete Tatsache hinweisen, nicht als ob das heute nicht schon das eine oder andere Mal geschehen wäre, sondern weil mir das besonders wichtig erscheint. Ich bin Herrn Minister Schwarz für die Feststellung in der Regierungserklärung außerordentlich dankbar, mit der er in ganz eindeutiger, unmißverständlicher Form zum Ausdruck gebracht hat, daß der Geist und die Zielsetzung des deutschen Landwirtschaftsgesetzes auch in die agrarpolitische Konzeption der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in vollem Umfang Eingang gefunden haben.
    Das hört sich heute vielleicht selbstverständlich, vielleicht etwas zu selbstverständlich an. Aber alle Beteiligten wissen, daß es nach dem Abschluß des Vertrages von Rom und schon bei seiner Vorbereitung sehr großer geistiger und politischer Anstrengungen bedurft hat, um diesen Geist und diese Zielsetzung auch für die gemeinsame europäische Agrarpolitik verbindlich zu machen. Wenn wir heute in der agrarpolitischen Diskussion in unserem Lande immer wieder das Landwirtschaftsgesetz als die Basis und die Zielsetzung unserer Agrarpolitik zitieren, wenn wir uns darauf immer wieder, ich möchte einmal sagen, wie auf einen Zufluchtsort zurückziehen und wenn dieser Geist und diese Zielsetzung des deutschen Landwirtschaftsgesetzes in die EWG Eingang gefunden haben, so kann man wohl sagen: es ist um die Konzeption der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik nicht so schlecht bestellt, wie das mitunter draußen im Lande dargestellt wird.
    Das ist kein Zufall. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern dahinter steckt natürlich auch ein gewaltiges Stück Anstrengung und Arbeit. Diese Arbeit war notwendig, und wir sind überzeugt, daß sie außer der deutschen Landwirtschaft auch der gesamten europäischen Landwirtschaft in der Zukunft zugute kommen wird.
    Aber eines wissen wir: Mit diesen Entschlüssen von Brüssel ist der Rubikon überschritten worden, jenseits dessen es auf dem Wege in den gemeinsamen europäischen Markt kein Zurück mehr gibt. Ich möchte hier — nicht als Beruhigung, sondern als eine schlichte Feststellung — doch sagen, daß das Ergebnis von Brüssel ein Kompromiß ist, bei dem alle Partner von ihren Ausgangspositionen aus gewisse Zugeständnisse gemacht haben, wie das gar nicht anders erwartet werden konnte, aber es ist ein Kompromiß, das, wenn wir alles Für und Gegen redlich abwägen, eine neue Konzeption für eine gemeinsame Agrarpolitik unserer Gemeinschaft darstellt, die von allen akzeptiert werden konnte — oder soll ich sagen: die noch von allen akzeptiert werden konnte? Es ist wohl das Beste an den Brüsseler Entscheidungen, daß es weder Besiegte noch Sieger gibt, sondern das im Gesamtzusammenhang der politischen und wirtschaftlichen Probleme ein Kompromiß, ein Ergebnis gefunden werden konnte, das sich sicherlich noch nicht in allen Einzelheiten,



    Lücker (München)

    in Heller und Pfennig für die Zukunft darstellen läßt, aber von dem wir auch hoffen dürfen, daß es geeignet ist, einen wirklich guten gemeinsamen Weg in eine gemeinsame europäische Zukunft zu finden. Das war nicht einfach, das war eine erhebliche Aufgabe und Anstrengung.
    Ich glaube, es ist gut, auch in diesem Hause einmal auszusprechen, daß es bisher in der internationalen Geschichte nicht einen einzigen Fall gibt, in dem es gelungen wäre, die Agrarpolitiken mehrerer Länder durch einen freiheitlich zustandegekommenen Beschluß auf eine gemeinsame Agrarpolitik zu vereinen. Wir haben sogar in den letzten Jahren genügend Beispiele dafür. Ich brauche nur an den Abschluß des Vertrages der EFTA-Länder zu erinnern, die wegen dieser Schwierigkeiten die Landwirtschaft aus ihrer Konzeption ausgeklammert hatten. Ich darf nur als Modell daran erinnern, daß sogar die Benelux-Länder in ihrem Vertrag nach dem zweiten Weltkrieg das Landwirtschaftsproblem ebenfalls nicht im Sinne einer gemeinsamen Konzeption lösen konnten. Ich treffe diese Feststellungen nur, um deutlich zu machen, um welches Anliegen es sich hier gehandelt hat und daß allein die Tatsache der Bewältigung dieses Anliegens uns in diesem Sinne eine Hoffnung für die Zukunft sein kann.
    Was resultiert daraus? Es wurde heute schon verschiedentlich angedeutet, und ich möchte es von mir aus noch einmal unterstreichen: Mit diesem Entschluß ist zweifellos eine große politische und wirtschaftliche Dynamik für Europa, für unsere Wirtschaftsgemeinschaft ausgelöst worden. Ich will mich nicht allzusehr damit beschäftigen. Aber der Hinweis darauf, daß Großbritannien und einige andere EFTA-Länder ihren Beitritt angemeldet haben, und die jüngste Botschaft des amerikanischen Präsidenten an den Kongreß insbesondere auch über die Notwendigkeit einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der neuentstehenden Großmacht Europa, wie er sich ausdrückte, demonstrieren, welcher Dynamismus von diesem europäischen Einigungswerk ausgeht und welche Aufgaben damit weit über Europa hinaus in der gesamten Welt gegeben sind. Der amerikanische Präsident sprach sicherlich in einem sehr positiven Sinne das Wort von der Herausforderung, die diese Europäische Wirtschaftsgemeinschaft auch für die große Wirtschaftskraft und -macht der USA darstellen werde.
    Ich glaube, wir dürfen ganz allgemein hoffen, daß mit diesem Beschluß in Brüssel, der ja nicht als etwas Isoliertes angesehen werden darf, sondern nur als eine sehr wichtige Etappe auf dem Wege zu diesem europäischen Gebilde, das viele heute schon als die Vereinigten Staaten von Europa von morgen ansprechen, ein Dynamismus wirtschaftlicher Art im Innern ausgelöst wird.
    Ich will mich hier nicht an Zahlen begeistern, die heute von Leuten, die zweifellos sehr viel davon verstehen, angeboten werden, Zahlen über die wahrscheinlichen Zuwachsraten des Sozialprodukts innerhalb der Gemeinschaft. Man braucht sich aber nur einmal die Entwicklung der letzten Jahre zu vergegenwärtigen und dann zu versuchen, ohne
    irgendwie in illusionäre Visionen abgleiten zu wollen, sich an durchaus gegebenen konkreten Entwicklungsmöglichkeiten zu orientieren. Dann wird man zu dem Ergebnis kommen, daß mit diesem Dynamismus auch im Innnern der Gemeinschaft eine große wirtschaftliche Expansion einhergehen wird.
    Von dieser Feststellung aus möchte ich wieder auf die Probleme der Landwirtschaft zu sprechen kommen, um die es in dieser Debatte ja in erster Linie geht. Wenn diese Prognosen in ihrer Tendenz stimmen — und ich glaube, wir haben keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß sie in der Tendenz richtig sind, wenn man auch über das zahlenmäßige Ausmaß streiten mag —, dann werden wir zugestehen müssen, daß in dieser wirtschaftlichen Gesamtexpansion auch noch Raum und Platz für einen wachsenden Absatz landwirtschaftlicher Produkte sein wird, wobei selbstverständlich nach aller Erfahrung ein Übergang, ein teilweiser Wechsel vom Verzehr von Bodenprodukten zu einem wachsenden Verzehr von Veredelungsprodukten stattfinden wird.
    Das scheint mir eine der wichtigsten Schicksalsfragen für die Zukunft auch unserer Landwirtschaft zu sein: Welche Landwirtschaft wird diesen wachsenden Marktanteil für sich gewinnen können? Wer ist es, der sich insbesondere im Hinblick auf diese Möglichkeiten der Zukunft stärker am Markt einschalten kann?
    Natürlich spielen in diesem Zusammenhang die Fragen des Wettbewerbs eine ungeheure Rolle. Es ist zweifellos das Verdienst unserer deutschen Verhandlungsdelegation, daß in Brüssel eindeutig entschieden wurde, daß für die Veredelungsprodukte bereits vom 1. Juli dieses Jahres an, an dem die ersten Verordnungen in Kraft treten sollen, die wettbewerbsverzerrenden Ausfuhrsubventionen verboten sind.