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ID0401322700

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    Deutscher Bundestag 13. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1962 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Meyer 335 A Die Abg. Glombig und Busch treten in den Bundestag ein 350 B Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im dritten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1961 (Drucksache IV/140) . . . . . . . . 350 C Fragestunde (Drucksache IV/148) Frage des Abg. Dr. Mommer: Anstellungsverhältnis der Pressereferenten des Auswärtigen Dienstes Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 335 D, 336 A, B, C Dr. Mommer (SPD) 336 A Ritzel (SPD) 336 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Kommission betr. Fragen der politischen Bildung Höcherl, Bundesminister 336 C, D, 337 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 336 C, D Dr. Schäfer (SPD) 336 D Dr. Frede (SPD) . . . . . . . 337 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes Höcherl, Bundesminister . . . 337 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 337 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Jubiläumszuwendungen an Beamte Höcherl, Bundesminister 337 C, D, 338 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 337 C, D Brück (CDU/CSU) 337 D Ritzel (SPD) . . . . . . . . 338 A Fragen des Abg. Dr. Dollinger: Steuerliche Selbstveranlagung Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 338 B, D, 339 A Dr. Besold (CDU/CSU) . . . . . 338 C Dr. Koch (SPD) 338 D Fragen des Abg. Dr. Stecker: Kursmünzen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 339 A, B Gewandt (CDU/CSU) 339 B Frage des Abg. Dröscher: Grundsteuervergünstigung für Wohnungen von Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 339 C, D, 340 A, B, C, D, 341 A Dröscher (SPD) 339 D Wittrock (SPD) . . . . . . . 340 A Dr. Brecht (SPD) 340 B, C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . 340 D, 341 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 Frage des Abg. Dr. Mommer: Entschädigung für in den Vereinigten Staaten beschlagnahmtes deutsches Privatvermögen Dr. Hettlage, Staatssekretär 341 A, B, C, D, 342 C Dr. Mommer (SPD) 341 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 341 C Dr. Kohut (FDP) . . . . 341 D, 342 A Dr. Carstens, Staatssekretär . . 342 A, B Dr. Schäfer (SPD) 342 B Jahn (SPD) 342 C Frage des Abg. Dröscher: Randgemeinden der Truppenübungsplätze Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 342 D, 343 A, B Dröscher (SPD) 343 A, B Frage des Abg. Blumenfeld: Indonesische Staatsgesellschaften und deutscher Außenhandel Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 343 C, 344 A Blumenfeld (CDU/CSU) 343 D, 344 A Fragen des Abg. Murr: Vereinbarungen in Brüssel über Tabak und Hopfen Schwarz, Bundesminister . . . . . 344 B Murr (FDP) . . . . . . . . 344 C Frage des Abg. Sander: Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche Schwarz, Bundesminister . 344 D: 345 A Sander (FDP) . . . . . . . . . 344 D Frage des Abg. Müller (Worms): Angestelltenrente des Rentners Hirsch aus Osthofen Dr. Claussen, Staatssekretär . . 345 B, C Matthöfer (SPD) 345 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Stellenangebote deutscher Firmen in österreichischen Zeitungen Dr. Claussen, Staatssekretär . . 345 D, 346 A, B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 346 A Dr. Kohut (FDP) 346 B Frage des Abg. Ritzel: Schutz für Taxifahrer Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 346 B, C, D Ritzel (SPD) . . . . . . . . 346 C, D Memmel (CDU/CSU) 346 D Frage des Abg. Felder: Bau der Großschiffahrtsstraße RheinMain—Donau Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 347 A, B, C Felder (SPD) . . . . . . . . 347 B Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 347 C Frage des Abg. Felder: Kanalbau Nürnberg-Regensburg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 347 D Frage des Abg. Felder: Autobahn Frankfurt—Nürnberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 348 A, B Felder (SPD) . . . . . . . . . 348 B Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Überbreite landwirtschaftliche Maschinen im Straßenverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 348 B, C, D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 348 C, D Fragen des Abg. Dr. Kohut: Gepäckabfertigung und Fahrkartenverkauf am Bahnhof Langen (Hessen) Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 348 D, 349 A Frage des Abg. Ritzel: Fernsprechanschlüsse in den Rasthäusern an den Bundesautobahnen Stücklen, Bundesminister . . . . 349 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 349 C, D Frage des Abg. Ritzel: Depots mit Blutplasma in Autobahnraststätten Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister .......... 349 D Frage des Abg. Gewandt: Verkauf von Arzneimitteln im freien Verkehr Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . . . . 350 A, B Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 350 B Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 III Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 350 C Birkelbach (SPD) 354 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 360 D Struve (CDU/CSU) 366 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 371 C Ertl (FDP) 376 C Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 381 C Frau Strobel (SPD) 384 C Mauk (FDP) . . . . . . . . 391 B Lücker (München) (CDU/CSU) . . 394 A Schwarz, Bundesminister 399 C Antrag betr. Vorlage eines Berichtes wegen Belastung mit lohnbezogenen Abgaben (CDU/CSU, FDP), (Drucksache IV/134) Dr. Dahlgrün (FDP) 402 B Burgemeister (CDU/CSU) . . . 403 A Lange (Essen) (SPD) 403 C Nächste Sitzung 404 C Anlagen 405 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 335 13. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 31. 1. Altmaier 1. 2. Dr. Atzenroth 31. 1 Dr. Birrenbach 3. 2. Fürst vom Bismarck 3. 2. Dr. Bucerius 3. 2. Dr. Burgbacher 31. 1. van Delden 1.2. Dr. Dittrich 31. 1. Dr. Dollinger 31. 1. Ehnes 1. 2. Eichelbaum 6. 2. Eisenmann 31. 1. Erler 31. 1. Dr. Franz 31. 1. Gaßmann 2. 2. Frau Geisendörfer 3. 2. Gedat 15. 2. Hellenbrock 3. 2. Hesemann 31. 1. Höfler 31. 1. Illerhaus 31. 1. Jacobs 1. 2. Frau Kettig 1. 2. Dr. Klein (Berlin) 14. 2. Dr. Kliesing (Honnef) 4. 2. Frau Krappe 1. 2. Kraus 1. 2. Leber 31. 1. Dr. Löbe 2. 2. Lohmar 1. 2. Dr. Mälzig 31. 1. Maier (Mannheim) 14. 2. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 31. 1. Merten 31. 1. Michels 2. 2. Müller (Worms) 4. 2. Neumann (Berlin) 31. 1. Rademacher 31. 1. Rasier 1. 2. Reitzner 31. 1. Dr. Schellenberg 31. 1. Scheuren 34. 1. Schmidt (Braunschweig) 2. 2. Dr. Schneider 31. 1. Schütz 31. 1. Schulhoff 3.2. SühLer 31. 1. Striebeck 18. 2. Wagner 31. 1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 31. 1. Wehner 31. 1. Werner 15. 2. Wieninger 1. 2. b) Urlaubsanträge Frau Dr. Elsner 10.2. Horn 18.2. Oetzel 16.2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 20 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP zur Erklärung der Bundesregierung vom 24. Januar 1962 betr. EWG Der Bundestag wolle beischließen: Der Bundestag hat die Erklärung der Bundesregierung vom 24. Januar 1962 über die Beschlüsse des Ministerrats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 13./14. Januar 1962 zur Kenntnis genommen. Er spricht der deutschen Verhandlungsdelegation, unter Führung von Bundesminister Schwarz, Dank und Anerkennung für ihren unermüdlichen Einsatz in den überaus schwierigen Verhandlungen aus. Der Bundestag ist sich bewußt, daß die deutsche Landwirtschaft vor großen Aufgaben und Schwierigkeiten steht. Er erwartet, daß ihm die Bundesregierung möglichst bald die Gesetzentwürfe vorlegt, die für eine termingerechte Anpassung der in der Bundesrepublik geltenden Gesetze und Verordnungen an die Brüsseler Beschlüsse notwendig sind. In diesen Gesetzentwürfen sund alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die berechtigten Interessen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft und der Verbraucher zu berücksichtigen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bäuerlichen Familienbetriebe und die marktfernen Gebiete. Der Bundestag erwartet, daß die Bundesregierung ihm außerdem Vorschläge für die im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes notwendigen Ausgleichsmaßnahmen für Einkommensminderungen vorlegt, die sich aus. der Durchführung der Brüsseler Beschlüsse ergeben. Der Bundestag ist der Auffassung, daß die Brüsseler Beschlüsse nunmehr dazu zwingen, gemeinsam eine agrarpolitische Konzeption zu entwickeln, die die Lebensfähigkeit der deutschen Landwirtschaft auch im gemeinsamen europäischen Markt gewährleistet, mit den in Brüssel gefaßten Beschlüssen vereinbar ist, die Interessen der Verbraucher wahrt und zugleich finanzpolitisch tragbar ist. Für dieses Vorhaben ist Eile geboten. Die deutsche Landwirtschaft kann erwarten, daß spätestens bei der Diskussion über den neuen Grünen Bericht und den Grünen Plan die Umrisse dieser agrarpolitischen Konzeption sichtbar werden. Der Bundestag erwartet, daß die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die ihr übertragenen Zuständigkeiten in echter gemeinschaftlicher Solidarität handhabt. Diese Verantwortung wiegt um so schwerer, solange das Europäische Parlament noch kenne den nationalen Parlamenten entsprechenden legislativen Funktionen ausübt, während die nationalen Parlamente ihre Zuständigkeiten schrittweise verlieren. Bonn, den 31. Januar 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Bucher und Fraktion
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    Rede von Josef Ertl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)




    b) auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten.
    „Durch Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens", so wurde es in Art. 39 des EWG-Vertrages festgelegt. Das ist eine Forderung, der sich alle Vertragspartner verpflichtet haben und die — das wurde in der Debatte schon betont — weitgehend mit der Zielsetzung des Landwirtschaftsgesetzes übereinstimmt.
    Mit aller Deutlichkeit muß hier ausgesprochen werden: wir erwarten, daß die EWG-Kommission in Brüssel keine Maßnahmen beschließt, die uns in der Bundesrepublik und unserer Landwirtschaft Belastungen zumuten, die im Gegensatz zu dem Art. 39 stehen, die nicht dazu beitragen, das Pro-Kopf-Einkommen zu erhöhen.
    Wir haben mit Freude vernommen, daß erst im letzten Jahr bei der Sozialtagung der EWG in Rom erneut ein Bekenntnis zum bäuerlichen Familienbetrieb abgelegt worden ist und daß erneut betont worden ist, daß bei der fortschreitenden Entwicklung in Europa auch der bäuerliche Familienbetrieb seinen Platz im freiheitlichen Staat haben müsse und daß es darum gehe, den Lebensstandard der in der bäuerlichen Familie tätigen Menschen dem der übrigen Bevölkerung anzupassen. Das sind hohe Ziele, die man sich in Rom gesetzt hat. Wir dürfen diese hohen Ziele nicht aus politischen Gründen verwässern. Hier besteht nach wie vor eine wichtige Verpflichtung.
    Wir müssen bedenken, daß durch den Eintritt in die zweite Phase unsere bisherige Agrarpolitik an einem gewissen Endpunkt angelangt ist. Wir werden uns sehr bald darüber zu unterhalten haben, welche Auswirkungen auf den Agrarrechtssektor auf uns zukommen. Wir haben bereits von Herrn Bundesminister Schwarz gehört, daß es sehr bald notwendig sein werde, unsere bisherigen Marktordnungsgesetze der neuen Situation und den Beschlüssen von Brüssel anzupassen. Damit nehmen wir Abschied von einer fruchtbaren Phase der Agrarpolitik.
    Wenn man die vorläufigen Entwürfe für die Marktordnungen liest, dann wünscht man sich nur, daß sie eine ähnliche Funktion ausüben und eine ähnlich fruchtbare Wirkung haben werden, wie es z. B. das Marktordnungsgesetz für Getreide und für Zucker bei seiner bisherigen Anwendung in der Bundesrepublik gehabt hat. Es war eine konstruktive Phase in der deutschen Bundesrepublik, als diese Marktordnungsgesetze geschaffen worden sind. Wir können nur hoffen, daß die konstruktive Arbeit — zum Wohle von Erzeugern und von Verbrauchern — in der EWG fortgesetzt wird.
    Aber wenn man diese Vielfalt und diese großen Möglichkeiten für die Festsetzung von Preisen sieht, die bei den Marktordnungen gegeben sind, dann — das muß ich Ihnen offen und ehrlich gestehen — möchte einem oft angst werden vor der Phantasie, die bei der Abfassung dieser Verordnungen mitgewirkt hat. Eine einfachere Form würde vielleicht mehr Möglichkeiten für die praktische Handhabung bieten. Hier wäre eine gewisse Reduzierung auf das normal Notwendige erforderlich.
    Wir werden uns sehr bald darüber zu unterhalten haben, wieweit die Gesetze auf dem Getreidesektor — Getreidegesetz und Getreidepreisgesetz — außer Kraft gesetzt bzw. variiert werden müssen. Die Brüsseler Beschlüsse sind für uns bindend. Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere gesamte agrarpolitische Lage diesen Beschlüssen anpassen können.
    Lassen Sie mich hier einen Blick in die Vergangenheit werfen, in die Jahre 1948, 1949, 1950. Schon einmal mußte die deutsche Landwirtschaft Tribut für eine bestimmte Ordnung bei uns — nämlich für den Schritt in die freie Marktwirtschaft — zahlen. In einer Zeit, zu der alle übrigen Wirtschaftspartner freie Preise bekamen, hat man ihr zugemutet, noch. zwei Jahre mit Zwangspreisen zu wirtschaften; das stellte die Starthilfe für unser vielbesungenes Wirtschaftswunder dar. Es wäre kein guter Start in dieses neue Europa, wenn wir wiederum die Starthilfe zahlen müßten. Denn diese würde langsam an die Substanz unserer bäuerlichen Betriebe gehen. Das wollen wir im Interesse der Gesunderhaltung unseres Volkes und einer gesunden Gesellschaftsstruktur vermeiden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die Beschlüsse von Brüssel sind vorwiegend politischer Art. Sie sind zunächst nicht so sehr aus der Sicht des Bäuerlichen oder des Wirtschaftlichen gefaßt worden. Man will über die Wirtschaft zur politischen Lösung kommen. Es wird einmal für die Historiker eine Preisfrage werden, ob es klug ist, wirtschaftliche Lösungen unter politischen Aspekten zu suchen, oder ob es nicht besser wäre, über die wirtschaftlichen Lösungen zu einer gesunden und vernünftigen Politik zu kommen. Aber wir können heute darüber nicht urteilen. Wenn wir heute die politische Lösung schon akzeptieren müssen, dann müssen wir dafür sorgen, daß nicht einer allein die Zeche zu zahlen hat, sondern daß sich die Folgen für alle Partner gleichermaßen auswirken.

    (Beifall bei der FDP.)




    Ertl
    Damit komme ich zu dem wichtigsten Punkt, der in dieser Debatte angesprochen worden ist, nämlich zu dem Problem der Preise. Es wurde bereits betont, daß von den elf Punkten des 27. November nicht alles verwirklicht werden konnte. Wir haben auch geglaubt, daß der Vertragstext — Art. 44 — erhalten bleibt, d. h. daß man sich auf der Basis von Mindestpreisen einigt. Das ist nun in der Tat nicht geschehen. Wir haben den Richtpreis bekommen. Der Herr Kollege Schmidt hat nicht zu Unrecht davor gewarnt, zu sagen: Es wird bei dem deutschen Getreidepreis bleiben. Ich glaube aber, wir, das Parlament, haben die Pflicht, dem Herrn Bundesminister zu sagen: wir wissen um die Funktion des Getreidepreises und um die Notwendigkeit, den deutschen Getreidepreis zu halten, und wir haben starke Hoffnung, daß er in diesem Punkte die Wünsche und die Notwendigkeiten berücksichtigt.
    Herr Kollege Schmidt hat in der Debatte erklärt, der Getreidepreis allein mache es nicht. Ohne Zweifel macht er es allein nicht. Aber unsere Veredelungswirtschaft baut nicht auf dem Hinzukauf von ausländischem Futtergetreide auf, sondern unsere Veredelungswirtschaft hat eine wirtschaftseigene Basis. Das heißt, von dem eigenen Futtergetreidepreis hängt wahrscheinlich letzten Endes auch der Preis der Veredelungsprodukte ab.
    In diesem Zusammenhang hat der Brotgetreidepreis wie der Futtergetreidepreis eine Schlüsselfunktion für die gesamte Agrarpolitik. Das muß man sehr klar sehen. Da bestehen echte Produktionsunterschiede zwischen den Verhältnissen in der Bundesrepublik und den Verhältnissen meinetwegen in Holland. Wir müssen auf unsere Veredelungswirtschaft, aber auch auf unsere Futtergetreideerzeugerbetriebe in schlechten Bodenlagen Rücksicht nehmen. So ist der Brotgetreidepreis wirklich ein Schlüsselpreis. Bei der Behandlung von Preismaßnahmen in der Landwirtschaft hat sich in der Vergangenheit immer wieder herausgestellt: es nutzen keine Preisinseln — wir erleben das immer wieder —, es gibt nur ein gleiches Niveau nach oben oder nach unten. Ich muß Ihnen ganz offen und ehrlich sagen: ich fürchte, wenn es zu einem Einbruch beim deutschen Brotgetreidepreis kommt, dann werden die anderen Preise nachziehen bis in die Veredelungswirtschaft. Ob das dann dem Verbraucher im Endeffekt zugute kommt, ist eine Frage für sich. Sie brauchen sich nur die Wirtschaftsstatistik anzuschauen: die Erzeugerpreise sind seit zehn Jahren stabil geblieben, aber die Verbraucherpreise nicht in diesem Umfang. Sie wissen, wie sich diese Dinge verändert haben. Das zur Frage des Brotgetreidepreises!
    Wir wären glücklicher gewesen, wenn es zu Mindestpreisen gekommen wäre. Aber diese Dinge sind nun einmal nicht mehr geschafft worden. Wir müssen es nun so versuchen, wenn es uns nicht gelingt, auf andere Weise den jetzigen Getreidepreis zu erhalten.
    Bei den jetzigen Beschlüssen im Rahmen der EWG steht von der Absatz- und Vermarktungsseite her ein gewisses Mißtrauen im Vordergrund. Die Bundesrepublik ist — der Herr Bundesminister hat schon in seiner Erklärung sehr deutlich darauf hingewiesen — das einzige Importland; die anderen sind Exportländer. Da gibt es natürlich Schwierigkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Drittländer, die sich auf Grund unserer Handelsbeziehungen ja auch an unserem Markt beteiligen wollen. Aus diesem Grunde sehen wir es als eine dringliche Aufgabe an — mein Vorredner Herr von Kühlmann-Stumm hat das bereits betont —, bald von dem Sechser-Europa zu einem größeren Europa unter Einbeziehung von England, Dänemark, Osterreich, der Schweiz usw. zu kommen, damit sich die Marktverhältnisse wiederum etwas erweitern. Mit einer gewissen Angst sehen wir auf eventuelle Bestrebungen nach einer Autarkie der nach Präferenzen. Sie zielen letzten Endes darauf ab, daß unser Markt alles aufnehmen und die übrigen Länder bei uns abladen sollen. Angesichts unserer Produktionsmöglichkeiten entstehen natürlich große Schwierigkeiten.
    Wir haben mit Freude vernommen — das fällt mir gerade noch ein —, daß Herr Professor Baade zum Getreidepreis erklärt hat, auf Grund seiner Studien müsse er heute die Meinung vertreten: es macht gar nichts, wenn die Produktion im europäischen Raum durch einen höheren Getreidepreis gesteigert wird; denn angesichts der Welternährungslage ist es ohnehin so, daß wir uns über kurz oder lang in einer sehr schwierigen Ernährungssituation befinden werden. Vielleicht ergeben sich gewisse Hoffnungen im Hinblick auf die Entwicklungshilfe. Vielleicht lassen sich dadurch gewisse Marktregulierungen einbauen.
    Alles in allem: das Funktionieren der EWG und der kommenden Verordnungen hängt nicht zuletzt davon ab, ob man es ehrlich untereinander meint. Dieses Ehrlich-untereinander-Meinen setzt eine echte europäische Solidarität voraus.
    Gestatten Sie mir, daß ich auch noch da manchen Zweifel anmelde. Ich lese z. B. in der „Neuen Zürcher Zeitung" von einem Presseinterview des französischen Ernährungsministers Pisani. Er hat ungefähr folgendes gesagt: Die gemeinsame Agrarpolitik bietet der französischen Landwirtschaft die Möglichkeit, ihre gesamte Erzeugung innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu den höheren französischen Inlandspreisen abzusetzen; daraus wird sich eine Hebung des landwirtschaftlichen Einkommens ergeben, ohne daß die französischen Konsumentenpreise steigen werden; gleichzeitig wird dadurch der französische Staatshaushalt enlastet. Das heißt doch, daß man in Zukunft gewisse französische Hilfsmaßnahmen mit unserer Hilfe mitfinanzieren will. Ob das nun von einem echten europäischen Geist zeugt, möchte ich bezweifeln. Vielleicht wird aber die Übung und das Zueinander manches bessern. Wir werden uns hoffentlich in manchen Dingen noch besser verstehen.
    Noch ein Wort zur Umstellung auf die Veredlungswirtschaft. Sie wird so als das Generalrezept im Zuge der EWG empfohlen. Ich komme aus einem Gebiet, wo man von Natur aus zur Veredlungswirtschaft gezwungen ist. Auf Grund des Klimas, der Bodenverhältnisse, der Hanglagen usw. können die Bauern in den bayerischen Bergen nur Veredlungswirtschaft treiben. Wir waren glücklich darüber, daß sich ein Teil unserer Hackfrucht- und Ge-



    Ertl
    treidebaubetriebe infolge der Entwicklung und der Preissituation der letzten Jahre — ich denke insbesondere an die Zuckerrübenpreise, die Hackfruchtpreise, aber auch an die Getreidepreise — aus der Milchwirtschaft herausgezogen und mehr auf die Mastproduktion umgestellt hat. Sollte diese Entwicklung zurückgeschraubt werden, so würde das bedeuten, daß das innere Produktionsgefälle — ich möchte es einmal mit dem so beliebten Wort „Wettbewerbsverzerrung" aussprechen — innerhalb Deutschlands noch einmal verstärkt wird, und dann würden vielleicht gerade die von Natur aus benachteiligten Betriebe erst recht die europäische Rechnung bezahlen. Das muß für die Zukunft verhindert werden. Daher kommt wieder der ganze Komplex Getreidepreis — Veredelungswirtschaft. Es gibt hier keine Patentrezepte. Aber vielleicht werden wir hier Wege suchen und finden. Es bieten sich auch gewisse Möglichkeiten an. Wir hören von horizontaler Integration und von vertikaler Integration. Soweit solche Möglichkeiten dazu angetan sind, Qualität und Absatz zu verbessern, werden wir alle sie wohl vollauf unterstützen.
    Wir sind der Meinung, daß es vor allem das Recht der Bauern ist, durch Zusammenschlüsse bessere Produktions- und Absatzmöglichkeiten auszunutzen. Allerdings haben wir da ein Fragezeichen anzubringen, wenn die vertikale Integration — um sie geht es ganz besonders — letzten Endes nur dahin führen sollte, daß der Bauer nur noch ein Vertragsarbeiter für irgendein Unternehmen wird. Das wäre verkehrte Gesellschafts- und Sozialpolitik.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das gilt auch für die Konzentration, von der Sie gesprochen haben, Herr Kollege Schmidt. Wir haben in den übrigen wirtschaftlichen Bereichen schon genug Konzentration. Wir sind sehr froh und haben mit großer Freude vernommen, daß die Bundesregierung immer wieder erklärt, wie sehr es in der jetzt so gespannten Situation darum geht, möglichst viele Einzeleigentümer in unserem Volke zu erhalten. Wir wissen auch nicht, wie sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Dauer gestalten. Die vielschichtige Landwirtschaft ist immer noch ein Stabilisator in unserem ganzen Volkskörper, und das soll so bleiben.
    Es wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, daß es vielleicht in Zukunft notwendig ist, Preisziele zu nennen. Wir sind der Meinung, daß es sehr notwendig ist, einmal genau festzustellen, welche Erfordernisse für eine echte Kostendeckung nach der jetzigen Wirtschaftslage bestehen. Diese Frage muß einmal von der Wissenschaft angepackt werden.
    Ich darf diesbezüglich eines einmal sehr deutlich sagen. Wir haben auch in puncto Strukturwandel oft eine gewisse breite Auslegung. Im europäischen Vertrag und in den Brüsseler Beschlüssen wird immer wieder auf die Notwendigkeit des Strukturwandels hingewiesen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir wissen alle, daß unsere Landwirtschaft infolge von Erbteilungen und aus anderen Gründen oft sehr schwierige innere Wirtschaftsverhältnisse hat. Soweit diese inneren Wirtschaftsverhältnisse verbessert werden müssen, werden wir immer ja
    sagen, ein Ja zur Flurbereinigung, Arrondierung und Aufstockung. Wer aber glaubt, daß sich das wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen Landwirtschaft und der übrigen Wirtschaft allein auf dem Wege des Strukturwandels beseitigen läßt, der hat die letzte Entwicklung nicht scharf durchdacht.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das ist eine Erkenntnis, die aus dem letzten Grünen Bericht sehr deutlich hervorgeht. 6 % der Betriebe haben die Kostendeckung erreicht, 94 % haben trotz verschärfter Strukturmaßnahmen und trotz Flurbereinigung den Anschluß nicht erreicht. Warum? Weil man das Preis- und das wirtschaftliche Gefälle nicht dadurch beseitigen kann, daß man unbedingt sagt, die Betriebe müßten größer oder kleiner werden oder arrondiert oder flurbereinigt werden.
    Selbstverständlich steigt die innere Wirtschaftlichkeit. Wenn wir heute noch feststellen können, daß wir eine gut funktionierende Landwirtschaft haben, so gerade deshalb, weil sie jener Produktionszweig ist, der durch mehr Produktion, durch bessere Erzeugung und vielleicht auch durch Verbesserung der Qualität das Preisgefälle immer wieder zu überwinden versucht. Man darf auch nicht vergessen, daß die Familienbetriebe noch bereit sind, gewisse Opfer zur Erhaltung des bäuerlichen Besitzes zu bringen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Da wir aber schon bei dem Strukturwandel sind und zu den Folgender jetzigen Brüsseler Beschlüsse kommen, müssen wir unbedingt daran denken, daß nach wie vor eine große Rationalisierungslücke und Modernisierungslücke besteht. Wir haben also, Herr Kollege Struve hat es bereits angeführt, für die Zukunft einen erheblichen Bedarf an Kreditmitteln zur Rationalisierung und Modernisierung unserer landwirtschaftlichen Betriebe. Ich möchte daran erinnern, daß wir Freien Demokraten bereits im Jahre 1958 einen Antrag zur Investitionshilfe eingebracht haben. Wir werden uns vielleicht bald einmal im Ernährungsausschuß über dieses Problem unterhalten müssen; denn auch auf der Kreditbasis ist heute noch keine Konkurrenzfähigkeit gegeben.
    Es wird immer so sehr von der Preisangleichung, sehr wenig von der Kostenangleichung gesprochen. Dabei gibt es natürlich immer noch ein Kostengefälle. Ich möchte auf die Wettbewerbsverzerrung im einzelnen noch gar nicht eingehen. Denken Sie daran: als einziger Partner mußten die deutschen Landwirte Lastenausgleich zahlen; auch eine finanzielle Belastung! Das soll nicht heißen, daß wir gegen den Lastenausgleich sind. Aber er belastete die Produktion unserer landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere belastete er die Kapitalbildung.
    Alle unsere Partnerstaaten haben zur Zeit Agrarschutzmaßnahmen; es wurde bereits in der Debatte gesagt. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen von maßgeblichen Wirtschaftspartnern, mit denen wir, sei es im Zuge der EWG, sei es als Drittländern, einen Austausch haben. Die Vereinigten Staaten haben heute eine Subvention pro in der Landwirtschaft tätige Person von 2375 DM, Großbritannien, das



    Ertl
    vielleicht in Zukunft einmal unser Partner wird, gibt
    gar pro Person 2980 DM aus, Holland — das so viel
    gepriesene Holland — 1320 DM, Deutschland 760 DM.
    Es ist nun nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß nur die Landwirtschaft in Deutschland in einem „Subventionsglashaus" sitzt. Auf diesem Sektor ist zur Angleichung bzw. zum Ausgleich .einzelstaatlicher Maßnahmen noch sehr viel zu tun. Herr Kollege Schmidt hat schon darauf hingewiesen, mit welcher Schläue verschiedene Partner ihre einzelstaatlichen Hilfsmaßnahmen verschleiern. Hier ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir wünschen Ihnen, Herr Minister, sehr viel Spione bei der Erstellung des Katalogs, damit wir endlich einmal die Karten auf dem Tisch liegen haben. Wir erwarten von unseren Partnern, wenn sie es ehrlich meinen, daß sie auch ihre Karten auf den Tisch legen. Wir haben es auch getan.
    Es wurde in diesem Zusammenhang betont, daß nur die Exportsubventionen in Zukunft wegfallen. Wir müssen auf lange Sicht die Kosten insgesamt angleichen.
    Ich darf noch auf die Treibstoffbeihilfen bzw. die Treibstoffkosten hinweisen. Der deutsche Landwirt zahlt 27 Pfennig, der holländische meines Wissens 18, der italienische gar nur 15 Pfennig.
    Ich will nicht im einzelnen darlegen, welche Belastungen die deutsche Landwirtschaft für Anschaffungen von Maschinen, von Gebäuden zu tragen hat. Auch diese Lasten, die sich oft sehr erheblich auswirken — Sie kennen die Zahlen aus dem Grünen Plan und dem Grünen Bericht —, sind ein Kostenfaktor unserer landwirtschaftlichen Produktion. Sie sind aber auch, das darf ich hier einma ganz allgemein sagen, ein Beitrag für die gesamte deutsche Volkswirtschaft. Bedenken Sie, was passieren würde, wenn unsere Landwirtschaft als Käufer aus dem Binnenmarkt ausschiede. Das würde für sehr viele Industrie- und Gewerbezweige zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Auch daran muß man in Zukunft denken.
    Um so wichtiger ist wiederum, daß wir in Zukunft durch eine Investitionshilfe dafür Sorge tragen, daß die Landwirtschaft die Möglichkeit hat, mit entsprechenden Krediten baldmöglichst ihre Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen.
    Auch die Frachten sind ein Kostenfaktor; und leider Gottes sind auch die Frachten in der Bundesrepublik am höchsten. Wir kommen also nicht darum herum, die Frachttarife für Getreide zu senken. Wir werden gerade diese Maßnahmen sehr genau im Auge behalten müssen, wenn nicht wieder die marktfernen Gebiete, die ja sowieso von Natur aus benachteiligt sind, besonders in Mitleidenschaft gezogen werden sollen.
    Ein Wort zu den Regionalprogrammen. Auch wir Freien Demokraten sind der Meinung, daß gerade in Zukunft Regionalprogramme besonders wichtig sind. Ich brauche es Ihnen nicht zu sagen: gerade wir in Bayern haben diesbezüglich natürlich ganz besondere Wünsche, weil ein Großteil der marktfernen Gebiete bei uns liegt. Es ist deshalb sehr notwendig, daß wir in Zukunft Regionalprogramme
    besonders unterstützen. Das ist im übrigen bereits in Artikel 42 des EWG-Vertrags berücksichtigt. Wir brauchen vielleicht Mittel zur Förderung der Veredlungswirtschaft, wenn es sich darum handelt, meinetwegen Schweinemastringe oder ähnliches zu schaffen, und wir werden nicht darum herumkommen, wenn wir einen schnellen Fortschritt unserer Landwirtschaft wünschen, die Beratungen für diese Schwerpunkte zu intensivieren. Übrigens haben andere Partnerstaaten etwas Ähnliches gemacht.
    Gestatten Sie mir noch ein Wort zum Grenzertrag. Es wurde immer wieder betont — meines Wissens war Präsident Mansholt der erste, der vor Jahren darauf hingewiesen hat —, daß sich hier eben gewisse Notwendigkeiten ergeben. Sie wissen, daß es noch immer das Problem der Abwanderung von 1 Million Arbeitskräften und der Herausstellung des größeren Betriebs gibt. Professor Hofstee sprach in Bad Tölz auf der agrarsozialen Tagung vom 30-ha-Betrieb. Außerdem kommt immer wieder die Frage der Aufforstung von sogenannten Grenzertragsböden auf. Es wäre wünschenswert, einmal genau zu erfahren, was alles Grenzertragsböden sind. Denken wir doch daran, daß die Landwirtschaft letzten Endes etwas organisch Ganzes ist, das in die Landschaft hineinpaßt.
    Weil ich gerade aus einem Gebiet komme, in dem noch Bergbauern leben, muß ich Sie alle fragen, die Sie doch so gerne in den bayerischen Bergen Ihren Urlaub verbringen: Könnten Sie sich dieses bayerische Bergland ohne unsere Dörfer, ohne unsere Bauern, ja ohne die Kühe in Oberammergau vorstellen?

    (Heiterkeit.)

    Ich glaube, das wäre für uns alle bitter.

    (Anhaltende Heiterkeit.)

    Sie wollen das für Ihren Urlaub genießen; wir wollen, daß die Menschen anständig leben können.

    (Abg. Dr. Schmidt — Herr Schmidt, hier begegnen wir einander auf der sozialen Ebene; wir sehen das zum beiderseitigen Nutzen aus sozialpolitischer Sicht. Man sollte sich daher mit Vorsicht mit solchen Problemen befassen. — Er kennt es. Ich nehme an, daß er von seinem Berg auch des öfteren auf eine Kuh herunterschaut. Notfalls werde ich es ihm einmal zeigen. Ich bin nämlich in seiner Nachbarschaft. Wir werden für dieses Gebiet sicherlich eine besondere Beratung brauchen. Lassen Sie mich sagen: wir sollten es nicht so leicht nehmen. Ich darf zurückkehren zu dem großen Problem, in das diese Frage gehört, nämlich zu der Auseinandersetzung um den freiheitlichbäuerlichen Betrieb mit dem Schwerpunkt als Familienbetrieb und der Tendenz zur Farm und — als Alternative — die Kolchose. Wir müssen dabei immer wieder bedenken, daß der bäuerliche Betrieb ein gesellschaftspolitischer Faktor ist, den wir auf die Dauer erhalErtl ten wollen, und zwar in einer Breitenschichtung und nicht als ganz spezialisierten Betriebstyp. — Ich sage nur, gnädige Frau, daß gewisse Tendenzen dazu da sind. Ich habe Professor Hofstee zitiert. Sie hätten nach Bad Tölz fahren müssen. Es wurde in der Debatte noch vom Milchpreis gesprochen. Wir wissensselbstverständlich, Herr Struve, daß der Erzeugerpreis in keiner Weise dem jetzigen Preisund Lohnniveau in der übrigen Wirtschaft angepaßt ist. Es geht vorwiegend darum, den Erzeugerpreis zu heben, in ein richtiges Verhältnis zu derzeitigen wirtschaftlichen Belastungen zu bringen und alle Maßnahmen auf den Erzeugerpreis abzustimmen. — Sie müssen unsere Anträge und unsere Erklärungen lesen, Herr Schmidt, dann werden Sie das sehr genau daraus ersehen können. Wenn wir aber dem Verbraucher da oder dort ein Opfer zumuten, dann müssen wir auch alles für eine Qualitätsverbesserung tun. Wir unterstützen daher alle Maßnahmen für eine Qualitätsverbesserung. Gerade auf dem Milchsektor scheint es notwendig, zu Qualitätsverbesserungen zu kommen. Dann werden wir sicherlich auch das Verständnis der Verbraucher finden. Dazu eine ganz allgemeine Bemerkung. Wir sollten uns hüten, Erzeuger und Verbraucher ständig gegeneinander auszuspielen, sondern wir sollten beiden Teilen Gerechtigkeit angedeihen lassen. Ich komme zum Schluß. Wenn sich die EWG und die Brüsseler Beschlüsse als ein guter Anfang herausstellen sollten, und wenn es gelingt, gewisse Tendenzen, die vielleicht einmal vorhanden waren, zu beseitigen, dann können wir aus der jetzigen Situation heraus eine glückliche Zukunft für unsere Landwirtschaft erreichen. Wir sollten uns aber hüten, nur aus einer fortschreitenden Industrialisierung eine Art Fortschrittsgläubigkeit zu entwickeln. Ich darf zum Schluß zitieren, was Friedrich Naumann vor ungefähr 30 Jahren einmal zu dem Verhältnis zwischen Landwirtschaft und fortschreitender Industrialisierung am Beispiel Englands gesagt hat: Ein siegreicher Industrialismus wird aus wirtschaftlichen und nationalen Gründen Bauernschutzpolitik treiben müssen, wenn er unser Volk nicht in die höchst bedenkliche Lage bringen will, in der jetzt England ist, wo einer industriellen und finanziellen Hochkonjunktur der Bauernuntergrund fehlt. Wenn es sich um Bauernschutz handelt, müßte selbst eine industrielle Demokratie in weitsichtigem Interesse Opfer bringen. Das, glaube ich, müßten wir bei der Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft berücksichtigen. Wenn das genügend berücksichtigt wird, werden wir sicherlich in Zukunft eine gute Agrarpolitik treiben können. Es wurde bereits betont, daß die Bundesregierung um eine Ermächtigung nachgesucht hat, weil es sich hier um eine sehr schwierige Materie handle. Auch wir glauben, daß es unmöglich ist, die kommenden Beschlüsse ohne das Parlament zu fassen. Wir bitten deshalb darum, daß wir in Zukunft über alle diese Auswirkungen mit aller Klarheit informiert werden und daß das letzte Wort in einer Materie von so weittragender Wirkung beim Parlament bleibt. Lassen Sie mich noch einmal betonen: Wir sagen ja zu Europa. Wir hoffen, daß es eingrößeres Europa wird; nicht das Europa der Sechs, sondern ein Europa aller freiheitlichen Staaten. Wir sagen um so lieber ja zu Europa, wenn es nicht auf einer dezimierten deutschen Landwirtschaft aufgebaut wird. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)


    (Zuruf von der SPD: Ich empfehle, das Manuskript Herrn Erhard zu schicken!)





    (Zuruf der Abg. Frau Strobel.)


    (Zuruf des Abg. Dr. Schmidt [Gellersen].)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Bauer (Wasserburg).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Bauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich im Anschluß an das, was mein Kollege Struve heute vormittag in einer wirtschaftlichen und besonders landwirtschaftlichen Gesamtschau in bezug auf die Beschlüsse des 14. Januar gesagt hat, in der zweiten Runde über ein paarspezielle Gesichtspunkte spreche, die einige Bundesländer und Gebiete ganz besonders berühren werden, deren bisherige Ausgangsposition schon im Rahmen unserer nationalen Agrarpolitik stets schwieriger war als für den Durchschnitt unserer deutschen Landwirtschaft. Sie alle kennen aus früheren Debatten und Beschlüssen dieses Hohen Hauses den Begriff des Zonenrandgebietes und seit zwei Jahren aus dem Grünen Plan nunmehr auch den Begriff der von Natur aus besonders benachteiligten Gebiete. Das sind Räume, die auf Grund ihrer Grenzlage entlang des Eisernen Vorhangs oder, wie ich schon sagte, auf Grund standortbedingter Verhältnisse von Natur aus besonders benachteiligt sind. Die Gesamtbevölkerung— ich betone ausdrücklich: die Gesamtbevölkerung in diesen Gebieten, nicht nur die Menschen in der Landwirtschaft — hat sich bisher auf Grund der erfreulicherweise meist einstimmigen Beschlüsse dieses Hauses einer 'besonderen Vorsorge und Unterstützung erfreuen dürfen.
    In diesen Gebieten kommt zu den grenzpolitischen bzw. standortbedingten Nachteilen, soweit das bisher schon auf Grund der jetzt erkennbaren EWG-Agrarmarktordnung zu ersehen ist, eine dritte, neue Sorge, nämlich eine zusätzliche Marktferne. Sie verstärkt die Wettbewerbsnachteile in diesen Zonenrand- und von Natur aus benachteiligten Gebieten. Die Marktferne vergrößert den bisher hierunter verstandenen Bereich.
    Während die sich nun abzeichnende — ich gebrauche einmal dieses Wort — Wirtschaftsachse Ruhr-Rhein-Rhone mindestens für einen Teil des südwest- und westdeutschen Raumes durch eine größere Marktnähe sicherlich neue Chancen schaffen wird, bleibt z. B. für den südostbayerischen Raum, aus dem ich komme, das oberitalienische Industriegebiet etwa des Raumes Mailand-Turin genauso weit entfernt, wie für diese Bereiche bisher etwa das Ruhrgebiet entfernt lag.



    Bauer (Wasserburg)

    Für .die hier angesprochenen marktfernen Wirtschaftsgebiete, die weitgehend mit den Zonenrand- und Förderungsgebieten identisch sind, entstehen ab 1. Juli mit Inkrafttreten der jetzt vor uns liegenden Verordnungen dieses Jahres zusätzliche unmittelbare Wirkungen, die es auszugleichen gilt. Herr Kollege Schmidt, Sie sprachen zwar davon, daß es schon immer, auch vor dem ersten Weltkrieg, tote Winkel gegeben habe. Ich möchte aber doch hinzufügen: zwar gab es vor dem ersten Weltkrieg auch schon tote Winkel, die Zonenrandgebiete kennen wir aber erst als Folge des zweiten Weltkrieges, und infolge dieser neuen Entwicklung — einer erfreulichen Entwicklung; ich betone das ausdrücklich — werden diese Bereiche gegen den Osten zu im Rahmen der sechs Länder nun einmal wirtschaftliche Randgebiete. Hier werden Sie mir sicher zustimmen.
    Die auf diese Gebiete akut zukommenden besonderen Nachteile bestehen zunächst einmal in dem Getreiderichtpreissystem. Ich spreche mich gar nicht gegen dieses Getreiderichtpreissystem aus. In seiner wirtschaftlichen Funktion wird es zweifellos richtig sein. Sie wissen, es soll bekanntlich für ein Gebiet etwa im Raume Straubing-Passau einen Preisabschlag von 5 bis 6 DM je Doppelzentner bringen. Herr Minister, ich .darf hier ausdrücklich sagen, wir sind Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie bei Ihren Verhandlungen diese unmittelbaren Wirkungen mindestens zunächst für die Übergangszeit erheblich vermindern konnten, indem Sie zusätzliche Paritätspunkte herausholten, indem Sie die Möglichkeit eines zusätzlichen Frachtausgleichs und vielleicht auch für die Übergangszeit noch gewisser zusätzlicher Zahlungen schufen.
    Ich möchte aber gleich hinzufügen: über die Übergangszeit hinaus bleibt von diesen Hilfen effektiv wahrscheinlich nur die Frachtangleichung bestehen. Deshalb halten wir die hier von der Bundesbahn zur Zeit angebotene Frachtermäßigung von 25 % einfach für unzureichend. Wir sind der Meinung, daß die Bundesbahn auf diesem Sektor ebenso wie kürzlich auf einem ganz anderen Gebiet — ich will es der Konkurrenz halber hier gar nicht ansprechen — durchaus mindestens 50 % gewähren könnte. Auf jeden Fall, Herr Minister, sollten wir bei der Angleichung der Frachten wenigstens so weit gehen, wie wir uns im Rahmen der Harmonisierung der künftigen EWG-Frachttarife bewegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich beschränke mich hinsichtlich der unmittelbaren Wirkungen jetzt bewußt auf diesen zunächst klar erkennbaren Teilbereich, obwohl sich hier auch andere Entwicklungen ebenso deutlich abzeichnen. Ich brauche nur darauf zu verweisen, daß in den gleichen Gebieten, in denen wir vermutlich die niedrigsten Erzeugerpreise für Brotgetreide haben werden, gleichzeitig die höchsten Preise für das zugekaufte Futtergetreide gezahlt werden müssen. Wie sich das letztlich auswirken wird, weiß niemand. Ich stelle das zunächst nur einmal fest.
    Die Menschen, die in diesen Räumen wirtschaften und leben, können von sich aus weder die Grenzen
    am Eisernen Vorhang noch die natürlichen Standortnachteile, geschweige denn die Marktferne durch noch so große eigene Anstrengungen beseitigen. Das ist der Kern meines Anliegens, dessentwegen ich mich hier zu Wort gemeldet habe. Soweit es sich also um die Überwindung unverschuldeter Nachteile handelt, haben wir den Betroffenen doch bisher schon geholfen. Ich meine, wir werden es in der Zukunft vermehrt tun müssen.

    (Abg. Struve: Sehr richtig!)

    In diesen Räumen ist das übrigens nicht nur eine Angelegenheit etwa ausschließlich der Landwirtschaft und der darin arbeitenden Menschen, sondern — ich sage es noch einmal — es handelt sich um die Entwicklung und Bewahrung der Gesamtwirtschaft und um die Gesamtbevölkerung in diesem Bereich. Diese Gebiete werden im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft noch mehr zu sogenannten wirtschaftlichen Randgebieten werden. Es liegt deshalb im wohlverstandenen Interesse des Gesamtvolkes der sechs EWG-Länder, wenn alles geschieht, um einen Abwanderungssog von diesen Räumen fernzuhalten. Die Bundesregierung hat zusammen mit den Ländern bisher schon sehr viel auf diesem Gebiet getan. Ich darf nur an das ganze Programm für die Zonenrandgebiete erinnern. Ich darf nur an den letzten Grünen Plan erinnern, in dem wir die benachteiligten Gebiete günstiger gestellt haben. So wird es uns wohl auch gelingen, die hier vielleicht zusätzlich auf uns zukommenden Nachteile auszugleichen. Lassen Sie es mich einmal auch von dieser Tribüne aus deutlich sagen: es geht dabei nicht darum, Räume oder etwa vorsintflutliche Wirtschaftsformen, wie man so sagt, zu konservieren. Es ist nicht so, als ob jetzt erst einmal ein frischer Wind in diese Gebiete käme oder man gar eine rückständige Bevölkerung in musealen Zuständen erhalten wollte. Den so denkenden Mitbürgern empfehle ich doch einmal, zu uns zu kommen und in diesen Gebieten ihren Urlaub zu verbringen. Sie sind uns sicherlich willkommene Gäste. Ich bin der Überzeugung, sie kehren als unsere Bundesgenossen für die Durchsetzung dieses Anliegens wieder in ihre Heimat zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Da heute hauptsächlich von agrarpolitischen Fragen gesprochen werden soll, lassen Sie mich noch ein paar Gedanken vortragen, die uns angesichts der vor uns stehenden Situation ganz besonders bewegen. Herr Minister, wird es gelingen, die zweifellos notwendig werdende Aufgabenteilung innerhalb der europäischen Landwirtschaft so zu beeinflussen, daß sie eine sinnvolle Entwicklung nimmt? Das ist die erste Frage, die ich stellen möchte. Zweitens. Wird es gelingen, den Mehrheitsbeschluß zu verwirklichen, den das Europäische Parlament erfreulicherweise gefaßt hat — ich möchte unseren europäischen Freunden ganz besonders herzlich dafür danken —, daß nämlich das deutsche Getreidepreisniveau, also das Getreidepreisniveau jenes Landes, in das bisher die Haupteinfuhren gegangen sind, auch künftig in der Europäischen Gemeinschaft Grundlage der Verhandlung und Basis für eine künftige Preisregelung sein wird? Das ist



    Bauer (Wasserburg)

    eine Zentralfrage. Ich sehe den Baron Kühlmann im Moment nicht. Ich muß gestehen, ich war doch etwas erschrocken, als er heute davon sprach, daß er hoffe, es würde im Zusammenhang mit dem künftigen europäischen Getreidepreis zu einer tragbaren Lösung kommen. Wir sollten uns hier doch auf den Standpunkt stellen, daß wir nicht etwa hinter unsere Kollegen von Straßburg zurücktreten, sondern sie nur in ihrem Bestreben bestärken können, daß es möglichst auch bei den künftigen Beratungen bei diesem Beschluß bleibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der FDP.)

    Herr Minister, die Antworten auf diese Fragen sind für die gesamte Landwirtschaft von lebenswichtiger Bedeutung, weil sie nach unserer Meinung die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung des Verhältnisses zwischen der Boden- und der Veredelungsproduktion sind. Ich hätte eigentlich auch noch etwas nach der linken Seite sagen müssen. Herr Kollege Schmidt, ich weiß nicht, wohin wir uns endgültig bewegen werden, etwa auf der Linie zwischen Kühlmannn-Stumm bis hin zu Professor Baade, oder ob Sie sich nicht vielleicht doch früher oder später in irgendeiner Form dem Mehrheitsbeschluß im Europäischen Parlament anschließen werden.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Vielleicht kommen Sie auch in meine Nähe!)

    — Vielleicht. Ich lese das Protokoll noch ganz genau nach, Herr Dr. Schmidt. Sie kennen ja meine Schwächen und Sympathien für Sie.
    Ich möchte gerade auf Grund der um den Jahreswechsel, in den letzten Dezember- und ersten Januarwochen gemachten Erfahrungen noch einmal nachhaltig — das sage ich bewußt in die Richtung der Regierungsbank — zum Ausdruck bringen, daß die von uns hier vertretene Auffassung in den nächsten Monaten von der Sache her weiter entscheidend untermauert werden muß und daß in vorbereitenden Gesprächen, die nach meiner Ansicht schon jetzt zu beginnen haben, dafür gesorgt werden muß, daß für dieses Zentralproblem unserer Agrarpolitik ein gutes Verhandlungsklima geschaffen wird, was sicherlich eine gute Voraussetzung für die späteren Verhandlungen sein wird.
    Nun ein zweites. Ich glaube, wir brauchen die volle Übergangszeit von 71/2 bzw. 8 Jahren, und ich bin sehr dankbar, daß mir das von allen Seiten bestätigt wurde. Herr Minister, von den „goldenen Äpfeln", die Sie uns von Brüssel mit nach Hause gebracht haben, halte ich einen für den schönsten. Ich meine die Tatsache, daß Sie in dieser Frage hart geblieben sind, und die deutsche Landwirtschaft wird Ihnen dies zu danken wissen. Im übrigen hat sich ja erfreulicherweise die Bundesregierung in der Zwischenzeit auch in der Regierungserklärung für eine behutsame Überführung der deutschen Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt ausgesprochen. Wenn das so geschehen soll, sind die 71/2 bzw. 8 Jahre einfach eine Minimalforderung.
    Die behutsame und, wie ich hoffe, glückliche Eingliederung unserer Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt wird, wie schon von meinen Herren Vorrednern verschiedentlich gesagt worden ist, nur möglich sein, wenn wir die Strukturmaßnahmen jeder Art entsprechend beschleunigen. Ich weiß, daß dieser Satz leichter ausgesprochen als in die Tat umgesetzt ist. Wir müssen auf der andern Seite durch gezielte Maßnahmen dafür sorgen, daß die Disparität innerhalb unserer Landwirtschaft im Laufe dieser Jahre geringer wird. Denn wenn wir den Abbau von Wettbewerbsverzerrungen bei den anderen verlangen, tun wir gut daran, meine ich, wenn wir im eigenen Hause ebenso gründlich dafür sorgen, daß uns nicht der gleiche Vorwurf gemacht werden kann.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich über ihren Beifall. Erinnern Sie sich bitte an die letzten Debatten über die Grünen Pläne, Frau Kollegin Strobel, wo wir bereits das gleiche ausgesprochen haben. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir bei den kommenden Debatten über den Grünen Plan auch Ihre Unterstützung fänden.
    Ich sprach von den Wettbewerbsverzerrungen —
    beinahe hätte ich gesagt: von der Disparität — innerhalb unseres Marktes und innerhalb unserer Wirtschaft. Herr Minister, ich kann gar nicht genug unterstreichen, was uns in Brüssel widerfahren ist. Sie haben den seinerzeit von Ihnen so kräftig geltend gemachten Widerstand gegen die Beschleunigung aufgegeben und haben die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen als Aufhänger benutzt. Nun hat man uns dafür das Abschöpfungssystem beschert. Dagegen habe ich im Prinzip —Herr Kollege Lücker lacht mich an — gar nichts einzuwenden. Ich setze nur voraus, daß es wirklich von allen Seiten ganz ehrlich und ernst gemeint ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich setze weiter voraus, daß der Abbau der Abschöpfung auf der einen Seite und die allmähliche Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen auf der anderen Seite etwa gleichzeitig vor sich gehen. Das wird vielleicht die schwierigste Aufgabe sein. Dabei dürfen wir die Regierung und die Minister nicht allein lassen. Vor allen Dingen ist auch unsere Wirtschaft aufgerufen, hier zu helfen. Diesen Appell möchte ich von dieser Stelle ausdrücklich ausgesprochen haben.
    Die von Ihnen, Herr Minister, schon erreichten guten Anfänge, z. B. das Verbot der Exportsubventionen, geben uns die Hoffnung, daß wir auch mit diesem Problem fertig werden können.
    Meine Damen und Herren, wir begrüßen alle Hilfen, die den bäuerlichen Familienbetrieb in irgendeiner Form stärken, und wir sind besonders froh darüber — ich glaube, das ist heute auch schon angesprochen worden —, daß das Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebes, wie es im Landwirtschaftsgesetz seinen Niederschlag gefunden hat, stich auch, Herr Schmidt, in gewisser Weise im Vertrag von Rom wiederfindet. Vielleicht ist es für Sie zu wenig deutlich erkennbar; aber ich würde Ihnen



    Bauer (Wasserburg)

    ganz gerne bei Gelegenheit die geradezu übereinstimmenden Zielsetzungen zwischen den beiden — —

    (Abg. Frau Strobel: Diese Betonung des Familienbetriebs steht in den sozialdemokratischen Agrarrichtlinien!)

    — Wunderbar, sehen Sie, wir kommen uns immer näher. Das ist prachtvoll.

    (Heiterkeit.)

    Ich bin also wirklich glücklich, wenn ich noch ein drittes hinzufügen darf: Wenn dieses Leitbild vom bäuerlichen Familienbetrieb nun auch noch in den sozialdemokratischen Leitlinien zur Landwirtschaftspolitik steht, dann kann uns ja gar nichts mehr passieren.

    (Heiterkeit. — Beifall bei der CDU/CSU.)

    Besonders dankbar erkennen wir an, daß in den beiden letzten Grünen Plänen der Weg zur Gerechtigkeit innerhalb der Landwirtschaft deutlich beschritten worden ist. Wir möchten Sie bitten, Herr Minister, dafür zu sorgen, daß der kommende Grüne Plan diesen Trend verstärkt aufweist und daß der in dem kommenden Grünen Plan erscheinende Bereich der benachteiligten Gebiete um den Bereich der marktfernen Gebiete erweitert wird und daß die Begünstigungen, die bisher innerhalb des Grünen Plans den benachteiligten Gebieten gewährt worden sind, sich möglichst noch wirkungsvoller abheben werden, als es bisher der Fall war.
    Ob die paar hier im Augenblick angesprochenen agrarpolitischen Maßnahmen als Ausgleich für diese
    Gebiete ausreichen, vermag wohl im Augenblick kaum jemand zu sagen. Notwendig wird aber sein, bald zu klären, welche EWG-konformen Förderungsmaßnahmen — konformen, sage ich ausdrücklich — für unsere Land- und Ernährungswirtschaft während der Übergangszeit und auch nach dieser Zeit überhaupt noch möglich sind.
    Ich weiß, daß solche Forderungen, wie ich sie hier aufgestellt habe, zunächst den Anschein einer vielleicht zu einseitigen Bevorzugung und Stützung der Landwirtschaft in diesen Gebieten hervorrufen könnten. Aber die Erhaltung der Landwirtschaft in diesen Gebieten und damit ganz allgemein gesprochen eine gut gestreute landwirtschaftliche Produktion ist nach meiner Ansicht ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung der Ernährung der Gesamtbevölkerung und kommt auf diese Weise allen irgendwie zugute.
    Ein zweites: Die Entwicklung einer rationellen landwirtschaftlichen Produktion kommt letzten Endes in irgendeiner Form der Gesamtwirtschaft und damit allen Menschen in der Bundesrepublik zugute.
    Und ein letztes: Wenn sich verbunden mit diesen Überlegungen noch der Qualitätsgedanke soweit wie möglich in die Förderungskriterien einbauen läßt, dann tun wir ganz bestimmt auch den Verbrauchern einen besonderen Dienst. Frau Strobel, das sage ich nachdrücklich an Ihre Adresse.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine Schlußfeststellung treffen. Ich hoffe, daß ich die mir zugemessene Zeit nicht allzusehr überschritten habe;
    aber einige eindeutige Feststellungen möchte ich doch zum Schluß treffen.
    Die Bevölkerung in den meisten hier angesprochenen Gebieten lebt in Grenzbezirken, der größte Teil dieser Menschen seit 1945 an der Zonengrenze. Diese Menschen haben in den letzten 16 Jahren deutlicher, als man eis weiter westlich oft feststellen kann, zu spüren bekommen, wie grauenvoll der Abgrund menschlichen Leides innerhalb des kommunistischen Machtbereichs ist. Sie wissen um die Notwendigkeit der gemeinsamen Anstrengung, Europa zur wirtschaftlichen und politischen Kraft zu entwickeln, um uns allen Frieden und Freiheit zu erhalten. Sie möchten ein Bestandteil, ein Teil dieser Kraft sein. Sie erwarten lediglich, daß die Gesamtheit unseres Volkes das Ausmaß ihres zwangsläufig vielleicht größeren Beitrags zu Europa anerkennt und die wachsende wirtschaftliche Kraft Europas stark genug sein möge, ihnen unverschuldete Nach-toile ausgleichen zu helfen, um sie ihren angestammten Lebensräumen wettbewerbs- und lebensfähig zu erhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP.)