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ID0401322200

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    Deutscher Bundestag 13. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1962 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Meyer 335 A Die Abg. Glombig und Busch treten in den Bundestag ein 350 B Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im dritten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1961 (Drucksache IV/140) . . . . . . . . 350 C Fragestunde (Drucksache IV/148) Frage des Abg. Dr. Mommer: Anstellungsverhältnis der Pressereferenten des Auswärtigen Dienstes Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 335 D, 336 A, B, C Dr. Mommer (SPD) 336 A Ritzel (SPD) 336 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Kommission betr. Fragen der politischen Bildung Höcherl, Bundesminister 336 C, D, 337 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 336 C, D Dr. Schäfer (SPD) 336 D Dr. Frede (SPD) . . . . . . . 337 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes Höcherl, Bundesminister . . . 337 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 337 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Jubiläumszuwendungen an Beamte Höcherl, Bundesminister 337 C, D, 338 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 337 C, D Brück (CDU/CSU) 337 D Ritzel (SPD) . . . . . . . . 338 A Fragen des Abg. Dr. Dollinger: Steuerliche Selbstveranlagung Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 338 B, D, 339 A Dr. Besold (CDU/CSU) . . . . . 338 C Dr. Koch (SPD) 338 D Fragen des Abg. Dr. Stecker: Kursmünzen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 339 A, B Gewandt (CDU/CSU) 339 B Frage des Abg. Dröscher: Grundsteuervergünstigung für Wohnungen von Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 339 C, D, 340 A, B, C, D, 341 A Dröscher (SPD) 339 D Wittrock (SPD) . . . . . . . 340 A Dr. Brecht (SPD) 340 B, C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . 340 D, 341 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 Frage des Abg. Dr. Mommer: Entschädigung für in den Vereinigten Staaten beschlagnahmtes deutsches Privatvermögen Dr. Hettlage, Staatssekretär 341 A, B, C, D, 342 C Dr. Mommer (SPD) 341 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 341 C Dr. Kohut (FDP) . . . . 341 D, 342 A Dr. Carstens, Staatssekretär . . 342 A, B Dr. Schäfer (SPD) 342 B Jahn (SPD) 342 C Frage des Abg. Dröscher: Randgemeinden der Truppenübungsplätze Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 342 D, 343 A, B Dröscher (SPD) 343 A, B Frage des Abg. Blumenfeld: Indonesische Staatsgesellschaften und deutscher Außenhandel Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 343 C, 344 A Blumenfeld (CDU/CSU) 343 D, 344 A Fragen des Abg. Murr: Vereinbarungen in Brüssel über Tabak und Hopfen Schwarz, Bundesminister . . . . . 344 B Murr (FDP) . . . . . . . . 344 C Frage des Abg. Sander: Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche Schwarz, Bundesminister . 344 D: 345 A Sander (FDP) . . . . . . . . . 344 D Frage des Abg. Müller (Worms): Angestelltenrente des Rentners Hirsch aus Osthofen Dr. Claussen, Staatssekretär . . 345 B, C Matthöfer (SPD) 345 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Stellenangebote deutscher Firmen in österreichischen Zeitungen Dr. Claussen, Staatssekretär . . 345 D, 346 A, B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 346 A Dr. Kohut (FDP) 346 B Frage des Abg. Ritzel: Schutz für Taxifahrer Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 346 B, C, D Ritzel (SPD) . . . . . . . . 346 C, D Memmel (CDU/CSU) 346 D Frage des Abg. Felder: Bau der Großschiffahrtsstraße RheinMain—Donau Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 347 A, B, C Felder (SPD) . . . . . . . . 347 B Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 347 C Frage des Abg. Felder: Kanalbau Nürnberg-Regensburg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 347 D Frage des Abg. Felder: Autobahn Frankfurt—Nürnberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 348 A, B Felder (SPD) . . . . . . . . . 348 B Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Überbreite landwirtschaftliche Maschinen im Straßenverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 348 B, C, D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 348 C, D Fragen des Abg. Dr. Kohut: Gepäckabfertigung und Fahrkartenverkauf am Bahnhof Langen (Hessen) Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 348 D, 349 A Frage des Abg. Ritzel: Fernsprechanschlüsse in den Rasthäusern an den Bundesautobahnen Stücklen, Bundesminister . . . . 349 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 349 C, D Frage des Abg. Ritzel: Depots mit Blutplasma in Autobahnraststätten Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister .......... 349 D Frage des Abg. Gewandt: Verkauf von Arzneimitteln im freien Verkehr Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . . . . 350 A, B Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 350 B Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 III Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 350 C Birkelbach (SPD) 354 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 360 D Struve (CDU/CSU) 366 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 371 C Ertl (FDP) 376 C Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 381 C Frau Strobel (SPD) 384 C Mauk (FDP) . . . . . . . . 391 B Lücker (München) (CDU/CSU) . . 394 A Schwarz, Bundesminister 399 C Antrag betr. Vorlage eines Berichtes wegen Belastung mit lohnbezogenen Abgaben (CDU/CSU, FDP), (Drucksache IV/134) Dr. Dahlgrün (FDP) 402 B Burgemeister (CDU/CSU) . . . 403 A Lange (Essen) (SPD) 403 C Nächste Sitzung 404 C Anlagen 405 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1962 335 13. Sitzung Bonn, den 31. Januar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 31. 1. Altmaier 1. 2. Dr. Atzenroth 31. 1 Dr. Birrenbach 3. 2. Fürst vom Bismarck 3. 2. Dr. Bucerius 3. 2. Dr. Burgbacher 31. 1. van Delden 1.2. Dr. Dittrich 31. 1. Dr. Dollinger 31. 1. Ehnes 1. 2. Eichelbaum 6. 2. Eisenmann 31. 1. Erler 31. 1. Dr. Franz 31. 1. Gaßmann 2. 2. Frau Geisendörfer 3. 2. Gedat 15. 2. Hellenbrock 3. 2. Hesemann 31. 1. Höfler 31. 1. Illerhaus 31. 1. Jacobs 1. 2. Frau Kettig 1. 2. Dr. Klein (Berlin) 14. 2. Dr. Kliesing (Honnef) 4. 2. Frau Krappe 1. 2. Kraus 1. 2. Leber 31. 1. Dr. Löbe 2. 2. Lohmar 1. 2. Dr. Mälzig 31. 1. Maier (Mannheim) 14. 2. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 31. 1. Merten 31. 1. Michels 2. 2. Müller (Worms) 4. 2. Neumann (Berlin) 31. 1. Rademacher 31. 1. Rasier 1. 2. Reitzner 31. 1. Dr. Schellenberg 31. 1. Scheuren 34. 1. Schmidt (Braunschweig) 2. 2. Dr. Schneider 31. 1. Schütz 31. 1. Schulhoff 3.2. SühLer 31. 1. Striebeck 18. 2. Wagner 31. 1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 31. 1. Wehner 31. 1. Werner 15. 2. Wieninger 1. 2. b) Urlaubsanträge Frau Dr. Elsner 10.2. Horn 18.2. Oetzel 16.2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 20 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP zur Erklärung der Bundesregierung vom 24. Januar 1962 betr. EWG Der Bundestag wolle beischließen: Der Bundestag hat die Erklärung der Bundesregierung vom 24. Januar 1962 über die Beschlüsse des Ministerrats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 13./14. Januar 1962 zur Kenntnis genommen. Er spricht der deutschen Verhandlungsdelegation, unter Führung von Bundesminister Schwarz, Dank und Anerkennung für ihren unermüdlichen Einsatz in den überaus schwierigen Verhandlungen aus. Der Bundestag ist sich bewußt, daß die deutsche Landwirtschaft vor großen Aufgaben und Schwierigkeiten steht. Er erwartet, daß ihm die Bundesregierung möglichst bald die Gesetzentwürfe vorlegt, die für eine termingerechte Anpassung der in der Bundesrepublik geltenden Gesetze und Verordnungen an die Brüsseler Beschlüsse notwendig sind. In diesen Gesetzentwürfen sund alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die berechtigten Interessen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft und der Verbraucher zu berücksichtigen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bäuerlichen Familienbetriebe und die marktfernen Gebiete. Der Bundestag erwartet, daß die Bundesregierung ihm außerdem Vorschläge für die im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes notwendigen Ausgleichsmaßnahmen für Einkommensminderungen vorlegt, die sich aus. der Durchführung der Brüsseler Beschlüsse ergeben. Der Bundestag ist der Auffassung, daß die Brüsseler Beschlüsse nunmehr dazu zwingen, gemeinsam eine agrarpolitische Konzeption zu entwickeln, die die Lebensfähigkeit der deutschen Landwirtschaft auch im gemeinsamen europäischen Markt gewährleistet, mit den in Brüssel gefaßten Beschlüssen vereinbar ist, die Interessen der Verbraucher wahrt und zugleich finanzpolitisch tragbar ist. Für dieses Vorhaben ist Eile geboten. Die deutsche Landwirtschaft kann erwarten, daß spätestens bei der Diskussion über den neuen Grünen Bericht und den Grünen Plan die Umrisse dieser agrarpolitischen Konzeption sichtbar werden. Der Bundestag erwartet, daß die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die ihr übertragenen Zuständigkeiten in echter gemeinschaftlicher Solidarität handhabt. Diese Verantwortung wiegt um so schwerer, solange das Europäische Parlament noch kenne den nationalen Parlamenten entsprechenden legislativen Funktionen ausübt, während die nationalen Parlamente ihre Zuständigkeiten schrittweise verlieren. Bonn, den 31. Januar 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Bucher und Fraktion
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    Rede von Detlef Struve


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte zeigt, wie stark auch die europäische Agrarpolitik unter dem Gebot der politischen Notwendigkeit steht.
    Der Herr Kollege von der SPD ist neben einer politischen Würdigung vor allen Dingen auch auf die vorbereitenden Arbeiten der Bundesregierung eingegangen. Ich erachte es nicht als meine Aufgabe, diese kritischen Bemerkungen zu widerlegen. Aber ich glaube, Herr Kollege, wir werden den Dingen doch wohl nur dann gerecht, wenn wir festhalten, daß die ganzen Arbeiten im Ministerrat zusätzlich auch dadurch belastet wurden, daß immer neue Probleme von seiten der Partnerländer auf den Tisch gelegt wurden und zum Teil neue Verordnungen in die Beratungen hineinkamen, so daß zeitweise durchaus der Eindruck entstand, daß die einzelnen Delegationen und insbesondere auch die deutschen Delegationen überfordert seien.
    Ich meine, daß die Leistung unserer deutschen Delegation — wie das auch hier schon von den Sprechern zum Ausdruck gebracht worden ist — anerkannt werden muß; ich glaube, sie hat unter der Führung unseres Bundesministers Schwarz den deutschen Standpunkt gut verteidigt und gut vertreten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Öffentlichkeit, weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, hat es miterlebt, wie Sie, Herr Bundesminister, sich Ihrer schwierigen Aufgabe entledigt haben. Ihr Name wird mit einem bedeutsamen Stück deutscher Geschichte verbunden sein — mit einem bedeutsamen Stück europäischer Geschichte dürfen wir hinzufügen. Ich darf Ihnen deshalb auch im Namen unserer politischen Freunde dafür Dank und Anerkennung sagen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Römischen Verträge, meine Damen und Herren, gingen von der Überzeugung aus, daß das soziale Gleichgewicht und die politische Stabilität sich nur erreichen und erhalten lassen, wenn in größerem Raum ausreichende Absatzmöglichkeiten für die wachsende Produktion zur Verfügung stehen. Diese Ziele sind umfassend. Ihre Verwirklichung darf keinen Wirtschaftszweig und keine Land-



    Struve
    schaft ausschließen, wenn nicht Unruheherde entstehen sollen, die das gemeinsame Werk dann gefährden würden.
    Es ist unsere Pflicht, mit diesem Maßstab sehr sorgfältig und sehr kritisch zu messen, was in Brüssel beschlossen worden ist. Dabei kann es allerdings weniger um den Inhalt als vielmehr um die Auswirkung dieser Beschlüsse gehen, sofern wir uns der Meinung des Herrn Ministers anschließen, das in Brüssel europäisches Recht gesetzt wurde; und ich glaube, diese Meinung gilt.
    Das aber bedeutet, daß wir uns heute nicht mehr über das Für und Wider des Abschöpfungssystems, über das System der Getreiderichtpreise oder auch darüber, ob die Schutzklausel besser anders ausgesehen hätte, zu unterhalten haben. Diese Themen sind im Grundsatz entschieden. Aber die Durchführungsbestimmungen und die praktische Handhabung stehen aus. Schon diese Tatsache gibt unserer heutigen Diskussion ihre besondere Bedeutung. Meine Herren Vorredner haben schon auf diesen Umstand hingewiesen. Ich glaube, wir alle müssen dazu beitragen, daß die Ausführung der Brüsseler Beschlüsse von Anfang an auf den guten Willen derjenigen Rücksicht nimmt, ohne die das Werk nicht gelingen kann; eine übersteigerte Theorie könnte viel Unheil anrichten.
    Die Kommission sollte die Auswirkungen der Verordnungen in den einzelnen Partnerländern sehr sorgfältig verfolgen. Natürlich kann man innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft verschiedener Meinung sein, z. B. ob die natürlichen Produktionsbedingungen und der günstige Standort allein die Erzeugung bestimmen.
    Ich war doch etwas überrascht, daß der Herr Kollege von der SPD in diesem Zusammenhang so selbstverständlich nur noch dem besseren Standort, dem besseren Klima, dem besseren Boden und in Verbindung damit dem besseren Wert die Chance gibt.
    Meine Damen und Herren, das ist ohne Zweifel ein Geist, der in den Verordnungen und auch in den Römischen Verträgen einen sehr starken Niederschlag gefunden hat. Aber ich darf doch auch darauf hinweisen, daß neben diesen wirtschaftlichen Zielen die Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebes ein erklärtes Ziel der europäischen Agrarpolitik ist. Meine politischen Freunde stehen zu dieser Ansicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Birkelbach: Da müßt Ihr aber eine andere Subventionspolitik treiben!)

    Sie sind der Auffassung, daß wir den Weg zu suchen haben, auf dem ihm seine Existenzgrundlage gesichert ist. Das schließt nicht aus — und in diesem Punkt sind wir uns einig —, daß auch innerhalb der Landwirtschaft bei gleichen Wettbewerbsvoraussetzungen am Ende die Leistung in Europa entscheiden wird und soll.
    Ich meine aber, wir sollten dieses Problem sehr ernst und bis zum Ende durchdenken. Täuschen wir uns nicht: wirtschaftliche Überlegungen allein führen zwangsläufig zur Farm, einer Entwicklung, die meine politischen Freunde nicht wollen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wir sind der Auffassung, daß man hier nicht allein nach ökonomischen Gesichtspunkten entscheiden kann und daß die Rechnung fehlerhaft sein muß, wenn man sie ohne den Menschen macht. Gerade die menschliche Seite sollte auch bei diesem Agrarproblem nicht zu kurz kommen, weil sonst die Folgen unübersehbar wären und nach meiner Überzeugung auch das ganze europäische Gebäude auf schwachen Füßen stünde.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich glaube, daß unser Bundesminister auch diese Problematik im Auge hatte, als er feststellte, daß am Ende der Übergangszeit auch .der Landwirtschaft Vorteile erwachsen werden. Das beinhaltet, daß wir während der Übergangszeit, also während der nächsten 7 1/2 Jahre, noch eine ungeheure Arbeit vor uns haben, daß vor allen Dingen die praktische Landwirtschaft noch einen schweren Weg vor sich hat. Wenn diese Wirtschaftsgemeinschaft einmal vollständig verwirklicht sein wird, dann muß doch als Resultat dieses Werkes der Freiheit — darüber dürfte auch in diesem Hohen Hause Einigkeit bestehen — eine breite Schicht selbständiger bäuerlicher Betriebe erhalten bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Weg bis dahin ist jedoch sehr schwer. Täuschen wir uns nicht: es kommen große Umstellungen auf uns zu. Der Herr Minister hat schon davon gesprochen. Ich glaube, daß die Umstellungen, die uns bevorstehen, noch schwieriger zu bewerkstelligen sein werden als die, die wir schon hinter uns haben.
    Seit 1950 sind aus der Landwirtschaft von 3,7 Millionen Menschen 1,2 Millionen ausgeschieden; das sind etwa 30 % der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung. In Gebieten mit günstiger Agrarstruktur liegt .der Prozentsatz noch höher; wegen des höheren Technisierungsgrades sind dort über 40 % der Arbeitskräfte freigesetzt worden. Zu gleicher Zeit ist die Produktion in der Landwirtschaft um über 40 % gestiegen; zu gleicher Zeit — diese Zahlen stammen von wissenschaftlichen Instituten und vom Bundeswirtschaftsministerium — ist die Produktivität in der Landwirtschaft um über 100 % gestiegen. Diese Ziffern müssen einmal herausgestellt werden, um zu zeigen, daß die Landwirtschaft nicht der Bremser bei den EWG-Verhandlungen war, daß die Landwirtschaft in der Bundesrepublik nicht rückständig ist, sondern daß sie sich, wie der Entwicklungsprozeß der letzten zehn Jahre zeigt, vollgültig neben alle anderen Wirtschaftszweige stellen kann.

    (Beifall bei der ,CDU/CSU.)

    Die Produktions-, Absatz- und Arbeitsverhältnisse haben sich also verändert; die Arbeitsverhältnisse werden sich noch weiter verändern. Das Vertragswerk wird noch einschneidendere Maßnahmen bringen. Die Landwirtschaft wird, man kann sagen, in eine noch schärfere Konkurrenz hineingeraten. Die



    Struve
    moderne industrielle Entwicklung, die wir in den letzten Jahrzehnten durchgemacht haben, wird an Tempo, aber auch an Intensität zunehmen. Wir würden uns gegenüber der arbeitenden bäuerlichen Bevölkerung ins Unrecht setzen, wenn wir heute diese Dinge nicht ganz klar herausstellten.
    In wenigen Wochen werden wir von der Bundesregierung wieder einen Grünen Bericht erstattet bekommen; wir werden über seine Aussagen diskutieren. Wir wissen jedoch heute schon: das seit Jahren bekannte Bild wird sich kaum stark verändert haben. Die Fähigkeit der Landwirtschaft zur Bildung von Eigenkapital ist nach wie vor zurückgeblieben. Die Mittel für unsere Institutionen aus Eigen- und Fremdkapital stehen in einem schlechten Verhältnis zu den Erfordernissen. Der europäische Markt — das müssen wir mit aller Deutlichkeit sagen — wird die Investitionsforderungen der deutschen Landwirtschaft noch erheblich steigern. Darum ist es mit eine der ersten Fragen, die uns in diesem Zusammenhang beschäftigen müssen, welche Auswirkungen die Brüsseler Beschlüsse auf die Finanzkraft unserer Landwirtschaft haben werden. Wird diese Finanzkraft stark beeinträchtigt, oder wird das nicht der Fall sein? Greifbare Tatsachen stehen uns eigentlich nur in einer Hinsicht zur Verfügung. Das mit dem 1. Juli dieses Jahres beginnende Getreidewirtschaftsjahr wird uns den Getreiderichtpreis bringen. Dieser bricht kraft Brüsseler Verordnung deutsches Recht, und wir werden unser Getreidepreisgesetz ohne Zweifel an diese Verordnung anpassen müssten.
    Bei allen übrigen Produkten sind wir vorläufig auf Vermutungen und auf Schätzungen angewiesen. Der Trend ist jedoch offensichtlich. Die Hartnäckigkeit der Brüsseler Verhandlungen ist nach meiner Überzeugung weitgehend mit dem Wunsch der Partner zu erklären, ihre von Jahr zu Jahr steigenden Überschüsse im agrarischen Bereich verstärkt auf dem deutschen Markt unterzubringen. Die hier schon ausgesprochene Sorge, ob die Schutzklauseln in dieser Beziehung ausreichen werden, ist auch unsere Sorge. Es wird nicht einfach sein, das nach meiner Überzeugung unbedingt erforderliche Aufrechterhalten des deutschen Erzeugerpreisniveaus erfolgreich zu verteidigen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen bangt die deutsche Landwirtschaft um eine europäische Entwicklung. Darum ist es nötig, daß wir ihr von Anfang an die Gewißheit geben, daß wir sie in dieser Lage nicht im Stich lassen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Schon anläßlich der neuen Getreidemarktregelung wird sich das Hohe Haus mit diesem besonderen Problem beschäftigen. Wir wissen, daß die neue Regelung einen entscheidenden Wechsel gegenüber der bisherigen Situation darstellt. Während sich die Preisbildung bisher auf der Grundlage des garantierten Erzeugermindestpreises vollzog, müssen die Getreidepreise bekanntlich vom 1. Juli dieses Jahres an im ganzen Bundesgebiet an den Preis, der sich im größten Verbrauchsgebiet, also praktisch im Ruhrgebiet, bildet, angepaßt werden. Das ist sehr viel mehr als nur ein Wechsel im äußeren System. Die Produktionsvoraussetzungen werden sich dadurch völlig ändern. Nach der neuen Preisregelung sinkt nämlich der Erzeugerpreis des Brotgetreides
    mit der Entfernung von dem preisbestimmenden Preiszentrum, dem sogenannten Paritätspunkt, und der Preis des Futtergetreides steigt mit der Entfernung von diesem preisbestimmenden Ort.
    Ich glaube, daß der Herr Bundesminister vor allem an diese Widersprüche dachte, als er von den kommenden Schwierigkeiten insbesondere für die marktfernen Gebiete sprach. Ohne Zweifel werden diese beim Brotgetreide in Zukunft weniger erzielen als bisher, und die Kosten .der Veredelung werden höher sein, als es im Augenblick der Fall ist.
    Nun muß anerkannt werden, daß die Bundesregierung diese bedenklichen Folgen nicht nur angesprochen, sondern Frachtbeihilfen des Bundes in Aussicht gestellt hat, die den Ausfall mildern sollen. Aber ein Rest zu Lasten der Landwirtschaft wird unter allen Umständen bleiben. Dieser Rest kann unter dem Druck der hohen Kosten sehr leicht zu einer größeren Produktionsmenge führen. Schon dies allein bedeutet mit Sicherheit eine steigende Produktion in der ganzen Veredelungswirtschaft. Aber auch diese größere Menge wird den Ausgleich für den Erlösausfall im Getreidebereich nicht bringen, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt. Damit muß man leider rechnen, wenn unsere Partner in Zukunft auf Grund des Fortfalls der mengenmäßigen Beschränkung bei der Einfuhr allzu stark in den deutschen Markt eindringen. Wir wissen, daß Zölle und Einfuhrbeschränkungen fallen. Es ist wohl entscheidend, daß in diesem Zusammenhang die Dinge nicht allein aus der agrarischen Sicht und vom Agrarpreis her behandelt werden. Von unserem Herrn Fraktionsvorsitzenden wurde schon angedeutet, daß man überall, nicht nur in der Agrarpolitik, sondern auch in der Wirtschafts-, Verkehrs-, Finanz- und Steuerpolitik zu einer Harmonisierung kommen muß. Mit anderen Worten: man muß in einen wirklichen Wettbewerb eintreten. Diesen echten Wettbewerb wird auch die deutsche Landwirtschaft in ihre Rechnung einbeziehen.
    In diesem Zusammenhang darf ich mir ein Wort an die Verbraucher erlauben. Auch von ihren Interessen war heute schon die Rede. Wir wissen, daß sich der zuständige Minister nicht nur um die Fragen der Landwirtschaft, sondern auch um. die der Ernährung zu kümmern hat. Wir als große Fraktion innerhalb der CDU/CSU wissen aber auch, daß jede einseitige Betrachtung den Weg in ein geeintes Europa erschweren müßte. Wir sind deshalb nicht minder an einem gerechten Ausgleich interessiert. Im gewerblichen Sektor wird das vielseitige Angebot ohne Zweifel noch größer, noch vielfältiger und — davon sind wir überzeugt — in manchen Bereichen noch preisgünstiger ausfallen. Auch das Angebot an Nahrungsmitteln wird größer und vielfältiger sein. Die Qualitäten werden besser sein, die Sortierungen noch sorgfältiger. Man darf aber nicht vergessen, in welcher Lage wir uns befinden. Man darf deshalb nicht erwarten, daß in diesem Augenblick zusätzlich auch noch große Preissenkungen für die Verbraucher 'eintreten können.
    In diesem Zusammenhang war schon einmal vom Getreidepreis und seinen Auswirkungen die Rede. Ich darf auf diesen Punkt zurückkommen. Wir alle



    Struve
    miteinander sollten nicht vergessen, daß wir noch eine Übergangszeit von siebeneinhalb Jahren vor uns haben. In dieser Übergangszeit müssen wir vor allen Dingen die wirtschaftliche Produktionskraft unserer Landwirtschaft entwickeln. Diese Entwicklung — ich darf darauf zum Schluß zurückkommen — muß mit einer besonderen Intensität vorangetrieben werden. Am Ende der Übergangszeit aber — wir zweifeln nicht daran — werden sich gemäß den Vermutungen, die unser Bundesminister Schwarz zum Ausdruck brachte, für alle am Wirtschaftsprozeß interessierten Gruppen Vorteile ergeben. Wie ich schon andeutete, mag es feststehen, daß dieses Ziel in gewissen Zweigen der gewerblichen Wirtschaft schneller erreicht wird. Das hängt damit zusammen, daß der Umstellungsprozeß hier sehr viel schneller vor sich geht und eine gesteigerte Nachfrage infolgedessen sehr viel schneller befriedigt werden kann. Umgekehrt folgen bei einem gewissen Nachlassen der Nachfrage auch sehr schnell Produktionseinschränkungen. Die Landwirtschaft hat es hier sehr viel schwerer, und sie braucht dringend die ihr nunmehr bewilligte achtjährige Übergangszeit.
    Ich glaube, wir sollten uns in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß dieses ganze Werk der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft doch kein Produkt einseitiger Tagespolitik ist und — hier darf ich sinngemäß auf die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers zurückkommen — daß es in erster Linie eine politische Tat erster Ordnung zunächst für die sechs Mitgliedsländer ist. Wir alle wissen aber, daß mit dieser Einigung im Herzen Europas das europäische Werk nicht vollendet ist. Ich unterstreiche nachdrücklichst die Ausführungen meines Fraktionskollegen von Brentano, daß diese Gemeinschaft größer werden muß. Wir wissen auch, daß diese Einigung uns und allen mit uns verbündeten Völkern die Freiheit erhält. Diese Tatsache sollte nach meinem Dafürhalten jede überspitzte und einseitige Betrachtungsweise irgendeiner Gruppe, irgendeines Standes — auch der Landwirtschaft — ausschließen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich möchte hinzufügen, daß eine gewisse Unsicherheit in der Landwirtschaft nun nicht etwa einer negativen Einstellung zu diesem sich vereinenden Europa gleichzusetzen ist. Gewiß spielen auch rein persönliche Sorgen eine Rolle. Diese Sorgen gelten etwa dem, was am Jahresschluß unter dem Strich steht, vielmehr gelten sie der bangen Frage, ob in diesem größeren Raum nicht allzu einseitig die standortbegünstigte Konkurrenz oder das günstige Klima einen Vorsprung erhält. Auch gewisse kapitalistische Zusammenballungen schon innerhalb der Erzeugungsstufe in der Landwirtschaft lassen uns aufhorchen und bergen eine Gefahr für die Existenz des bäuerlichen Familienbetriebes in sich.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Endgültig beantworten kann diese Frage bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge wohl kaum jemand. Wir müssen diese Frage aber ernst nehmen. Sie muß uns Veranlassung geben, die jetzt begonnene Entwicklung behutsam und sorgfältig, wie das auch in der Regierungserklärung zum Ausdruck kommt,
    weiter voranzubringen. Auf alle Fälle ergibt sich daraus eine besonders große Verantwortung für die Kommission. Bei ihr liegt die Entscheidung darüber, was praktisch in der Zukunft geschehen soll. Wir brauchen nur an den Mechanismus der hier schon besprochenen Schutzklausel zu denken; er erfordert lebensnahe, unmittelbare Kenntnisse des praktischen Geschehens, wenn Ungerechtigkeiten und Fehlentscheidungen vermieden werden sollen. Daher scheint der Wunsch berechtigt, daß die Kommission sich nicht isolieren möge. Übertriebene Bürokratie müßte unheilvolle Wirkungen haben.
    Ohne auf Einzelheiten einzugehen, möchte ich die berechtigten Belange der großen Zahl intensiver Obst- und Gemüseanbauer ansprechen. Die einsetzende Neuordnung muß praxisnah erfolgen. Trotz weitgehend günstiger Boden- und guter Klimaverhältnisse sind Umstellungen hier kaum möglich, weil auf kleinen Flächen intensiver Ackerbau — für viele Familien möchte man sogar sagen: regelrechter gärtnerischer Anbau — betrieben wird. Diese Bauern müssen wir schützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Weiterhin erscheint es mir notwendig zu sein, die Frage des zukünftigen europäischen Getreidepreises noch einmal sehr gründlich zu durchdenken, nachdem die grundsätzlichen Entscheidungen getroffen sind. Eine übersteigerte Eile dürfte nun nicht mehr angebracht sein. Statt dessen ist es wichtiger, erst einmal Erfahrungen zu sammeln, die den Streit um den Getreidepreis von dem Beigeschmack des allzu Theoretischen befreien.
    Ich treffe diese Feststellung nicht in der Furcht davor, daß die Bundesregierung ihren erfreulich klaren Standpunkt in dieser Frage aufgeben könnte. Sie wird — so sind wir überzeugt — das niemals im Ernst erwägen. Meine politischen Freunde stehen in diesem Fragenkomplex jedenfalls eindeutig zu den Äußerungen unserer politischen Freunde im Europäischen Parlament, und wir sind der Überzeugung, daß auch unsere Partner alle diese Dinge auf Grund der jetzt getroffenen Entscheidungen noch einmal durchdenken müssen; denn — auch das wurde hier schon angeführt — die Meinungen, die in der Bundesrepublik eigentlich sehr eindeutig in eine andere Richtung liefen, werden in zunehmendem Maße revidiert. Das gilt nicht nur im Bereich der einzelnen großen wirtschaftlichen Organisationen, es gilt auch im Bereich der Wissenschaft und auch, wie es scheint, in zunehmendem Maße bei den Parteien, die in dieser Frage in der Vergangenheit etwas anderer oder gar entgegengesetzter Auffassung waren. Es scheint, daß auch bei den anderen Parteien neue Überlegungen in dieser Frage angestellt werden.
    Lassen Sie mich zusammenfassen. Der europäische Weg ist beschritten, und er muß mit aller Konsequenz, um unserer freien Existenz willen, weitergegangen werden. Diese unerschütterliche Überzeugung schließt nicht aus, daß dort geholfen werden muß, wo sich auf diesem Wege nicht vertretbare Schäden ergeben. Ich glaube, wenn auch die deutschen Bauern in ihren berufsständischen Organisa-



    Struve
    tionen so geschlossen zu diesem geeinten und kommenden Europa stehen, dann tun sie das einmal, weil sie wissen, daß die Freiheit nicht teilbar ist. Sie werden aber auch in ihre Überlegungen einbeziehen, daß die Übergangszeit der Landwirtschaft in der Bundesrepublik Ertragseinbußen bringt. Ja, ich glaube, wir können festhalten: Die deutsche Landwirtschaft wird auch dann Ertragseinbußen erleiden, wenn wir unsere Partner davon überzeugen, daß der derzeitige Getreidepreis in Deutschland auch europäischer Getreidepreis wird.
    In diesem Zusammenhang müssen wir noch einmal auf die großen und sich steigernden Investitionen zu sprechen kommen, die uns einmal in der Landwirtschaft, also in der Erzeugerstufe, begegnen. Sie werden aber nicht minder in der Be- und Verarbeitungsstufe, sie werden in dem ganzen Fragenkomplex der Vermarktung auf uns zukommen. Ich glaube, der sich schon zeigende Wandel wird auch hier durch die europäische Entwicklung in ein schnelleres Tempo hineinkommen. Vor allen Dingen in den marktfernen Gebieten werden sich große zusätzliche finanzielle Anforderungen stellen.
    In dieser Gegensätzlichkeit liegt ohne Zweifel eine gewisse Gefahr für die Erhaltung der selbständigen Betriebe, weil hier unter Umständen eine finanzielle Belastung entsteht, die einfach .den tragbaren Rahmen sprengt. Niemand aber in diesem Hohen Hause wird den auf Eigentum begründeten Berufsständen die Hilfe versagen.
    Ich glaube vor allen Dingen, daß sich die zukünftige Agrarpolitik der Bundesregierung in der Übergangszeit ganz besonders der Probleme des Ausgleichs annehmen muß. Dazu gehört auch, der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Drittländern vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist nicht denkbar, daß sich die gewohnten Warenströme in der neuen Situation weiterhin auf der bisherigen Höhe halten. Einschränkungen dort, wo sie möglich und vertretbar sind, müssen uns helfen, die agrarpolitische Aufgabe zu meistern.
    Das Schwergewicht der zukünftigen Agrarpolitik ist nach Ansicht meiner politischen Freunde besonders bei anderen Maßnahmen zu sehen. Dabei dürfte es im Hinblick auf die zu erwartende Marktsituation vor allem darauf ankommen, das Kostengefüge in der Landwirtschaft zu verbessern. Diese Aufgabenstellung ist für uns nicht neu.
    Wir haben im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes, zu dessen Gültigkeit auch für ,die Zukunft sich der Herr Bundesernährungsminister in der Regierungserklärung erfreulicherweise erneut ausdrücklich bekannt hat, der Aufwandsseite in der landwirtschaftlichen Betriebsrechnung schon seit langem unsere besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Strukturmaßnahmen standen dabei an erster Stelle. Auf diesem Wege ist zweifelsohne auch schon Bedeutsames erreicht. Aber die neue Situation erfordert gebieterisch ein größeres Tempo. Die gesetzliche Förderung der Strukturverbesserung muß wesentlich erweitert werden. Darüber hinaus müssen die Zins- und die Tilgungsbedingungen für den großen
    Kapitalaufwand, der dem einzelnen trotzdem verbleibt, günstiger gestaltet werden. Das landwirtschaftliche Strukturprogramm muß von einem den ganzen ländlichen Raum erfassenden Investitionsprogramm ergänzt werden.
    In der Regierungserklärung sind beim Zusammentritt des Hohen Hauses in diesem Zusammenhang wertvolle Hinweise gegeben worden, in denen von dem ländlichen Wohnungsbau die Rede war, ebenso in bezug auf die Frage der Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Die Landgemeinden, vor allen Dingen die sogenannten Haufendörfer, werden sich völlig verändern. Die Dorfsanierung oder, sagen wir: die Dorferneuerung muß vorangetrieben werden. Dabei wollen wir nicht vergessen, daß zu der Landwirtschaft das ganze mittelständische Gewerbe, besonders das Ernährungshandwerk, die Ernährungsindustrie, gehört. Gerade diese Zweige werden durch den Wandel in der Vermarktung landwirtschaftlicher Veredelungsprodukte besonders stark in eine Umstellung hineingezwungen. Es gilt hier, das Eigentum von Bauern und Mittelständlern zu verteidigen. Wir wollen im Dorf aber auch neues Eigentum für unsere Arbeiter und Angestellten begründen. Wir sind daher der Auffassung, daß diese Dinge verstärkt im ganzen Bereich zum Durchbruch kommen müssen.
    Für die Landwirtschaft sind Grundsteuer und Lastenausgleich große Belastungen, die auf der Kostenseite ein bedeutendes Gewicht haben. In diesen Zusammenhang gehört auch die Neufestsetzung der Einheitswerte. Wenn sie kommt, so darf sie unter gar keinen Umständen zusätzliche steuerliche Belastungen für die Landwirtschaft zur Folge haben. Die Bundesregierung, aber auch das Hohe Haus werden darüber hinaus bei der Gesetzgebung nicht zuletzt auch im sozialen Bereich prüfen müssen, ob weitere Belastungen der Landwirtschaft vertretbar sind.
    Wir von der CDU/CSU unterstreichen die Kostenseite so stark, weil zur Zeit über den Preis, von jahreszeitlich bedingten Schwankungen abgesehen, mit Ausnahme der Trinkmilch keine wesentlichen Mehreinnahmen zu erzielen sind. Unsere Fraktion befürwortet eine Erhöhung des Trinkmilchpreises um 6 Pf einschließlich der Handelsspanne. Bekanntlich sind seit 1956 die Erzeugungskosten und die Kosten in der Molkereistufe um über 31/2 Pf je Kilogramm gestiegen. Die Handelsspanne wird in Zusammenhang mit einer Trinkmilchpreiserhöhung mit angehoben werden müssen. Den dann für den Erzeuger verbleibenden Mehrpreis sollte das Hohe Haus eigentlich geschlossen befürworten. Der Landwirtschaft sind nämlich große Kosten durch die Sanierung der Tierbestände entstanden. Die Qualität der Milch wurde und wird laufend verbessert. Durch amtliche und berufsständische Kontrollen bei Milchvieh, aber auch in der Molkereistufe ist sichergestellt, daß der Verbraucher stets ein hochwertiges Nahrungsmittel bester Qualität geliefert bekommt. Wenn ich mir dann noch den Hinweis erlauben darf, daß innerhalb der EWG der deutsche Trinkmilchpreis am niedrigsten ist, so glaube ich ausreichend begründet zu haben, daß der Mehrerlös,



    Struve
    den die deutsche Landwirtschaft durch eine solche Trinkmilchpreiserhöhung erzielen würde und der auf 140 Milionen DM jährlich zu veranschlagen ist, durchaus zu vertreten ist.
    Die Ertrags- und die Aufwandsseite der Landwirtschaft sind uns durch das Landwirtschaftsgesetz geläufig. Die Grundgedanken dieses Gesetzes finden wir auch im Vertrag von Rom. Ich darf darauf hinweisen, daß in allen Ländern der westlichen Welt erhebliche zusätzliche Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft geleistet werden. Weder im EWG-Raum noch im größeren Raum des geeinten Europa wird auf diese Ausgleichszahlungen verzichtet werden können. Über die Form müssen wir unter uns, aber auch mit unseren Partnern sprechen. Meine politischen Freunde glauben, daß diese Hilfen nach Möglichkeit keinen produktionsfördernden Charakter haben sollten.
    Ich komme auf meine einleitenden Bemerkungen zurück, daß die Ziele der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft keinen Wirtschaftszweig und keine Landschaft ausschließen dürfen, wenn das große Werk gelingen soll. Bedenken wir doch, daß hinter der EWG die gebieterische Notwendigkeit steht, die Widerstandskraft gegen den angreifenden Osten so stark wie möglich zu machen. Die Bereiche unseres gequälten Vaterlandes, in denen Freiheit und Unfreiheit am unmittelbarsten aufeinanderstoßen, sind vorwiegend agrarisch genutzte Gebiete, von der Flensburger Förde bis zu den Alpen. Hier müssen die Kräfte des Widerstandes am stärksten und am überzeugendsten sein, wenn die europäischen Erwartungen sich voll und ganz erfüllen sollen. Gesunde Familien müssen auf eigenem Grund und Boden in würdigen wirtschaftlichen Verhältnissen ihre Kraft entfalten und über die Mauer hinweg Vertrauen und Hoffnung ausstrahlen. Sie müssen lebendiges Zeugnis ablegen für die innere Ordnung und die soziale Ausgeglichenheit im freien Teil unseres Vaterlandes.
    Darum darf es auch in den schwierigen Übergangsjahren bis 1970 keine wirtschaftlichen Schwächeerscheinungen geben, die sich vermeiden lassen. Die eigene unmittelbare Verantwortung für die Anpassung an die sich verändernden Verhältnisse kann und darf auch in der Landwirtschaft niemandem abgenommen werden. Aber ich füge hinzu: die Landwirtschaft wird es in diesem Umstellungsprozeß am schwersten haben. Darum kann sie bei der vor ihr liegenden großen Aufgabe die helfende Hand des Staates nicht entbehren. Jeder einzelne von uns sollte daran mitwirken, oder wir belasten das lebensnotwendige Werk der europäischen Vereinigung mit unübersehbaren Schwierigkeiten, bevor das Werk überhaupt seine Wirkung getan hat. Meine politischen Freunde sind entschlossen, die besonders aus dem Vertragswerk entstehenden Probleme anzupacken und zu lösen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Nach der
Pause spricht als erster Redner der Abgeordnete Dr. Schmidt (Gellersen).
Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.03 Uhr bis 15.01 Uhr.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Erwin Schoettle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Die Sitzung ist wieder eröffnet.
    Wir fahren fort in der Aussprache rüber die Regierungserklärung. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt (Gellersen).