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    Deutscher Bundestag 12. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1962 Inhalt: Mandatsniederlegung der Abg. Schmidt (Hamburg) und Frau Keilhack . 289 A Fragestunde (Drucksache IV/139) . . . . Frage des Abg. Dr. Kohut: Vollstreckung von sowjetzonalen Unterhaltsurteilen Dr. Strauß, Staatssekretär . . 289 B, C, D Dr. Kohut (FDP) 289 C, D Frage des Abg. Funk (Neuses am Sand) : Waldabtretung für den Exerzierplatz Brönnhof Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . . 289 D Frage des Abg. Dr. Böhm (Frankfurt) : Leistungen zugunsten von Nationalgeschädigten 290 A Fragen des Abg. Glüsing (Dithmarschen) : Dieselkraftstoff Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 290 B, D Glüsing (Dithmarschen) (CDU/CSU) . 290 D Frage des Abg. Matthöfer: Nichtanerkennung des Anspruchs der Witwe Marie Zilg auf Witwenrente Dr. Claussen, Staatssekretär . 291 A, C Matthöfer (SPD) 291 B, C Fragen des Abg. Funk (Neuses am Sand) : Beanspruchung von Wald in der Gemarkung Reupelsdorf für militärisches Übungsgelände Hopf, Staatssekretär . . 291 D, 292 B Funk (Neuses am Sand) (CDU/CSU) 292 A Frage des Abg. Ritzel: Deutscher Flugsicherungsdienst Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 292 B, C, D, 293 A, B, C, D Ritzel (SPD) 292 C, D Börner (SPD) 293 A Dr. Kohut (FDP) 293 B Brück (CDU/CSU) 293 D Braun (SPD) 293 D Frage des Abg. Hermsdorf: Cuxhaven als Seenot-Hafen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 294 A, B Hermsdorf (SPD) 294 B Frage des Abg. Müller-Hermann: Sachverständigenkommission betr. Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 294 C Frage des Abg. Freiherrn von KühlmannStumm: Empfang des zweiten Fernsehprogramms in Nordhessen Stücklen, Bundesminister . . . 294 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1962 Frage des Abg. Matthöfer: Verschleppung des Redakteurs Heinz Brandt nach Ostberlin Lemmer, Bundesminister . 295 A, B, C, D Matthöfer (SPD) 295 B Neumann (Berlin) (SPD) 295 C Dr. Zimmer (CDU/CSU) 295 D Frage des Abg. Dr. Kohut: Kosten einer Rom-Reise des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen Dr. Wuermeling, Bundesminister . . 295 D, 296 B, C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . 296 B, C Frage des Abg. Dr. Bechert: Sammelstelle für Atommüll Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . . 296 D, 297 A Dr. Bechert (SPD) 297 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Genehmigung zur Sicherstellung von Atommüll Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . 297 A, B, C Dr. Bechert (SPD) 297 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Eintragung von Blutgruppen in die Personalausweise Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . 297 C, 298 A, B Dr. Kohut (FDP) 298 A, B Frau Dr. Pannhoff (CDU/CSU) . . 298 B Frage des Abg. Dr. Bechert: Zulassung von Hexamethylentetramin als Konservierungsstoff Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . 298 C, . 299 A, B Dr. Bechert (SPD) . . 298 D, 299 A, B Große Anfrage betr. Schutz der Gesundheit gegen radioaktive Strahlung (SPD) (Drucksache IV/26); in Verbindung mit dem Antrag betr. Radioaktivität der Luft und des Regens (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/15) Frau Dr. Hubert (SPD) . . 299 C, ,314 A Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . 300 C, 314 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . . 303 A Dr. Bechert (SPD) . . . 305 C, 314 D Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . . 311 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Schwarz, Bundesminister . . . . . 315 D Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit; in Verbindung mit der Sammelübersicht 2 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen und systematische Übersicht über die in der Zeit vom 17. Oktober 1961 bis 31. Dezember 1961 eingegangenen Petitionen (Drucksache IV/114) Frau Wessel (SPD) 323 A Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Flakkaserne Bremen-Lesum (Drucksache IV/126) 327 A Entwurf eines Gesetzes über Mindesturlaub für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) (SPD) (Drucksache IV/142) — Erste Beratung — 327 A Ubersicht 1 über Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/130) 327 A Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen. den Abg. Dr. Nissen (Drucksache IV/136) Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . . 327 B Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 328 C Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Antrag der Bayerischen Staatsregierung auf Feststellung der Nichtigkeit des Gesetzes zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen (WStrRG) vom 17. August 1960 (Drucksache IV/137) 328 D Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses betr. Antrag auf Normenkontrolle bei dem Bundesverfassungsgericht wegen des Sammlungsgesetzes (Drucksache IV/138) . 329 A Nachwahl eines Mitglieds des Rundfunkrats der gemeinnützigen Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutschlandfunk" . . 329 A Nächste Sitzung 329 C Anlagen 331 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1962 289 12. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner * 26. 1. Frau Albertz 24. 1. Altmaier 1. 2. Arendt (Wattenscheid) * 26. 1. Dr. Arndt (Berlin) 27. 1. Dr. Aschoff * 26. 1. Dr. Barzel 24. 1. Bergmann* 26. 1. Birkelbach* 26. 1. Fürst von Bismarck 24. 1. Dr. Bucerius 24. 1. Dr. Burgbacher * 26. 1. Dr. Deist * 26. 1. van Delden 1. 2. Deringer * 26. 1. Dr. Dichgans * 26. 1. Diekmann 26. 1. Eisenmann 24. 1. Frau Dr. Elsner * 26. 1. Engelbrecht-Greve* 26. 1. Faller * 26. 1. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 26. 1. Dr. Furler * 26. 1. Gedat 15. 2. Hahn (Bielefeld) * 26. 1. Hammersen 24. 1. Illerhaus * 26. 1. Kalbitzer * 26. 1. Frau Kettig 1. 2. Dr. Klein (Berlin) 14. 2. Dr. Kopf 26. 1. Dr. Kliesing (Honnef) 4. 2. Dr. Koch 24. 1. Frau Krappe 27. 1. Dr. Kreyssig* 26. 1. Kriedemann* 26. 1. Krüger 27. 1. Kühn (Hildèsheim) 24. 1. Leber 24. 1. Lenz (Brühl) * 26. 1. Dr. Löhr * 26. 1. Lücker (München) * 26. 1. Maier (Mannheim) 14. 2. Margulies * 26. 1. Mauk * 26. 1. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 24. 1. Metzger * 26. 1. Meyer (Oppertshofen) 24. 1. Michels* 26. 1. Müller (Worms) 27. 1. Müller-Hermann * 26. 1. Dr. Philipp * 26. 1. Frau Dr. Probst * 26. 1. * für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Rademacher* 26. 1. Rasner 1. 2. Reitzner 31. 1. Richarts * 26. 1. Rollmann 24. 1. Dr. Rutschke 26. 1. Scheuren 31. 1. Schmidt (Braunschweig) 2. 2. Dr. Schneider (Saabrücken) 26. 1. Schulhoff 24. 1. Seidel (Fürth) 26. 1. Seifriz* 26. 1. Storch* 26. 1. Striebeck 9. 2. Frau Strobel* 26. 1. Wacher 24. 1. Weinkamm* 26. 1. Weinzierl 24. 1. Werner 15. 2. Wilhelm 26. 1. Wischnewski* 26. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Löbe 2. 2. Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Behrendt zu .dem von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Mindesturlaub für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) (Drucksache IV/142). Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion brachte im 3. Deutschen Bundestag am 16. 3. 1960 ein Gesetz über Mindesturlaub für Arbeitnehmer ein. Das Gesetz wurde vom Bundestag nicht mehr verabschiedet, weil es nur zu einer Beratung im zuständigen Ausschuß für Arbeit kam. In dieser Sitzung des Ausschusses für Arbeit wurden am 15. 6. 1961 sieben Sachverständige gutachtlich zum vorgenannten Mindesturlaubsgesetz gehört. Die SPD wurde durch die Anhörung der Sachverständigen in ihren Vorstellungen bestärkt, die Forderungen sowohl in ihrem Regierungsprogramm als auch im seinerzeitigen Gesetzentwurf auf einen Mindesturlaub von drei Wochen für alle Arbeitnehmer berechtigt aufgestellt zu haben. Aus diesen Überlegungen bringt die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dem 4. Deutschen Bundestag gleich zu Beginn seiner Legislaturperiode erneut den Entwurf eines Gesetzes über Mindesturlaub für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) ein. Wir haben den Gesetzentwurf auf Grund der Sachverständigenanhörung in einigen Punkten geändert; entscheidende Veränderungen wurden jedoch nicht vorgenommen. Unverändert blieben daher die zwei Ziele: erstens auf dem Gebiete der materiellen Urlaubsbedingungen einen Mindesturlaub von 18 332 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1962 Werktagen für alle Arbeitnehmer festzulegen und zweitens eine einheitliche Regelung der grundsätzlichen Bestimmungen des Urlaubsrechts auf Bundesebene zu schaffen. Zur allgemeinen Begründung des Gesetzentwurfes ist anzuführen, daß ein längerer Urlaub als 12 Tage heute als notwendig betrachtet wird. Für die Arbeitsmediziner sind drei Wochen Urlaub sogar das Minimum dessen, was ohne Zweifel erwünscht ist. Die Verdichtung des Arbeitsprozesses mit seiner stärkeren arbeitsphysiologischen Belastung, die tägliche Arbeitszeit und die mit ihr gebundenen Zeiten der Wegstrecken — sie betragen nach Professor Dr. med. Graf insgesamt täglich zwischen 10 und 11 Stunden —, aber auch die erschreckenden Belastungen bei den berufstätigen Frauen lassen einen Mindesturlaub von 18 Werktagen für die Wiederherstellung und Erhaltung der Leistungsfähigkeit unserer Arbeitskraft nunmehr unbedingt notwendig werden. Der hohe Grad der Frühinvalidität ist ein nicht zu übersehendes Alarmzeichen und ein weiterer Beweis für die Berechtigung der Forderung auf einen Mindesturlaub von drei Wochen. Diese Forderung wird auch von denen nicht bestritten, die noch Bedenken hinsichtlich einzelner Wirtschafts- und Berufszweige vorbringen. Diese Bedenken und jene Einwände betreffend Kostenlage und Wettbewerbsmöglichkeiten können bei dem heutigen Stand unserer Erkenntnisse vom Gesundheitszustand unserer arbeitenden Bevölkerung nicht mehr als ernsthaft berücksichtigt werden. Wir sind an dem Punkt angelangt, an dem der Erhaltung der Arbeitskraft alle anderen Gesichtspunkte unterzuordnen sind. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß die Beratende Versammlung des Europarates in der Europäischen Sozialcharta einen dreiwöchigen Mindesturlaub festgelegt hat. Des weiteren erscheint es uns nur folgerichtig, daß wir nach der einmütigen Festlegung eines Urlaubs von vier Wochen in dem verabschiedeten Jugendarbeitsschutzgesetz gerade bei den jungen Menschen vom 18. Lebensjahr ab den Urlaub nicht wieder von vier auf zwei Wochen herabsetzen dürfen. Dieses Mindesturlaubsgesetz ist zugleich ein Schutzgesetz für mehr als drei Millionen Arbeitnehmer, für die es in der Bundesrepublik keine tarifvertraglichen Regelungen für den Urlaub gibt. Die tarifvertraglichen Regelungen bestehen deshalb nicht, weil ein Tarifpartner fehlt, und zwar in den weitaus meisten Fällen auf der Arbeitgeberseite. Um so dringender bedarf dieser Personenkreis einer vernünftigen und einwandfreien gesetzlichen Urlaubsregelung. Zum Abschluß .der allgemeinen Begründung sei auch noch. die Frage der Tarifautonomie angesprochen. Seit der Entstehung des modernen Arbeitsrechts sind auch solche zum Bereich der Arbeitsbedingungen gehörenden Gebiete gesetzlich geregelt worden, die zur eigentlichen Zuständigkeit der Sozialpartner gehören. Gesetzliche Regelungen bestimmen also lediglich das Mindestniveau, und an dieser untersten Grenze beginnt das Wirken der Tarifpartner. Ein solches Recht zur Schaffung von Mindestnormen ist dem Gesetzgeber bisher nie ernsthaft bestritten worden. Folglich haben die einzelnen Länder der Bundesrepublik nach 1945 Urlaubsgesetze verabschiedet. Die Länder haben damit die Tarifautonomie der Sozialpartner dort ergänzt, wo das Schutzerfordernis von den Tarifpartnern nicht wahrgenommen werden konnte. Dabei darf weiter nicht übersehen werden, daß nicht alle Arbeitnehmer an Tarife gebunden sind und auch nicht alle durch Tarifbestimmungen erfaßt werden können. Und für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen ist neben bestimmten zu erfüllenden Bedingungen vor allem ein Tarifvertrag Voraussetzung. Das ist aber, wie bereits erwähnt, für mehr als drei Millionen Arbeitnehmer nicht möglich. Durch Gebots- und Verbotsgesetze ist weitgehend in die Gestaltung der Arbeitsbedingungen eingegriffen worden. Hier sei nur an die vielen gesetzlichen Arbeitszeitschutzbestimmungen erinnert. Noch nie wurde bisher geltend gemacht, daß dadurch die Tarifautonomie eingeschränkt wird. So wurden auch bisher von seiten der Arbeitgeberverbände keine Einwendungen gegen die Regelung eines Mindesturlaubs von 12 Tagen in den Ländergesetzen erhoben. Wer also von einem Eingriff in die Tarifautonomie spricht, will keine bundeseinheitliche Regelung von 18 Werktagen Mindesturlaub für alle Arbeitnehmer. Eine gesetzliche Mindestregelung auf Teilgebieten der Arbeitsbedingungen schaltet die Wirksamkeit der Tarifautonomie nicht aus. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf, durch den ein Mindesturlaub von drei Wochen erstrebt wird, ist die Tarifautonomie der Tarifpartner in der Urlaubsfrage unangetastet; denn weiterer und ausreichender Spielraum ist vorhanden, zusätzliche Urlaubsvereinbarungen und -vergünstigungen zu gewähren. Zum Gesetz selbst ist zu sagen, daß es von einem unabdingbaren Anspruch auf einen bezahlten jährlichen Erholungsurlaub von mindestens 18 Werktagen für alle Arbeitnehmer ausgeht. Durch die Bezeichnung Werktage ist klargestellt, daß der Samstag als Urlaubstag anzurechnen ist. Durch das Gesetz werden alle Arbeitnehmer erfaßt, also auch diejenigen in Heimarbeit und diejenigen, die in einem arbeitnehmerähnlichen Abhängigkeitsverhältnis beschäftigt sind. Für den letztgenannten Personenkreis ergibt sich lein besonderes Schutzbedürfnis. Einen Zusatzurlaub von 6 Werktagen sollen diejenigen Arbeinehmer erhalten, die untererheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit arbeiten. Insbesondere ist hier gedacht an die Arbeitnehmer im Bergbau sowie an solche, die in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Kälte, Lärm, Hitze, Nässe, Druckluft, giftigen Stoffen, Staub, Röntgenstrahlen, radioaktiven Strahlen oder Infektionserregern ausgesetzt sind. Die Festlegung eines derartigen Zusatzurlaubs soll nach Anhören der Tarifpartner durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung erfolgen. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 12. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 24. Januar 1962 333 Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Grundsätzlich soll der Urlaub im Urlaubsjahr gewährt und genommen werden. Nur aus zwingenden betrieblichen oder zwingenden in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen ist eine Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Jahres gestattet. Urlaubsanspruch entsteht erstmalig sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Derjenige, der kein volles Jahr beschäftigt war, soll für jeden vollen Monat der Beschäftigung ein Zwölftel des ihm zustehenden Urlaubs erhalten, wobei eine Beschäftigung von mindestens 12 Tagen als voller Monat zu zählen ist. Erhaltener Urlaub kann beim Wechsel des Arbeitsverhältnisses nicht noch einmal geltend gemacht werden. Die Festlegung des Urlaubs soll vom Arbeitgeber und Betriebsrat nach § 56 Abs. 1 c BVG unter Berücksichtigung ,der Wünsche des Arbeitnehmers erfolgen. Der Urlaub soll zusammenhängend gewährt werden, und seine Abgeltung ist nur statthaft, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr als Freizeit gewährt werden kann. Urlaubsentgelt soll nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate berechnet werden. Mögliche Ausfallzeiten durch Freistellung, Krankheit, Arbeitsmangel oder andere Umstände sind bei der Berechnung des Arbeitsverdienstes so zu behandeln, als hätte der betreffende Arbeitnehmer in dieser Zeit voll gearbeitet. Urlaubsentgelt ist vor Urlaubsantritt auszuzahlen. Im Falle der Krankheit dürfen die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Neu aufgenommen wurde in den Gesetzentwurf, — aber in der Praxis zumeist schon so wie vorgesehen behandelt —, daß Zeiten einer Kur oder eines Heilverfahrens, die von den Trägern der Rentenversicherung oder nach gleichen Maßstäben von anderen Stellen gewährt werden, auf den Urlaub nicht angerechnet werden dürfen. Der Zweck des Urlaubs ist die Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft. Kuren und Heilverfahren sind auf die Erhaltung, Wiederherstellung oder Besserung der durch Krankheit oder Gebrechen beeinträchtigten Erwerbsfähigkeit gerichtet. Es ist dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten, auf diese Kur oder ein Heilverfahren zu verzichten, zumal es ein Fall nicht zu vertretender Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist. Eine Anrechnung auf den Jahresurlaub wird auch dadurch ausgeschlossen, daß für solche Zeiten eines Kur- oder Heilverfahrens seitens des Arbeitnehmers kein Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts besteht. Selbstverständlich sollen bestehende und zukünftige günstigere Regelungen diesem Gesetz vorgehen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legt entscheidenden Wert darauf, daß das Gesetz mit Wirkung vom 1. Januar 1962 in Kraft tritt. Eine vordringliche Behandlung durch den Ausschuß für Arbeit ist daher erforderlich. Die ständige Zunahme der Arbeitsintensität bei gleichzeitiger Steigerung der physischen oder nervlichen Beanspruchung der Arbeitnehmer macht das Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfes zum 1. Januar 1962 besonders notwendig. Die deutsche Arbeitnehmerschaft erwartet, nicht zuletzt durch maßgebliche Äußerungen von Vertretern der Bundesregierung bestärkt, die baldige Verabschiedung eines Mindesturlaubsgesetzes.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Elisabeth Schwarzhaupt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu einer sehr speziellen Frage das Wort nehmen, weil ich meine, daß einige Äußerungen aus dem Diskussionsbeitrag des Kollegen Bechert nicht unerwidert bleiben sollten. Er hat sehr ausführlich über die Information der Öffentlichkeit gesprochen und der Presse dien Vorwurf gemacht, daß sie ihre Leser nicht hinreichend über die Gefahren informiere, die hier bestehen. Ich glaube, daß diese Vorwürfe nicht gerechtfertigt sind.
    Das ganze Ziel dieser Debatte und auch der Erklärung, die ich für die Regierung abgegeben habe, war, Information, und zwar sachgerechte Information, zu geben. Daß dies bisher in dem Maße, wie eis vielleicht viele von uns gewünscht hätten, nicht möglich war, liegt meiner Meinung nach nicht an der Presse und nicht an einem Fehlen der Bereitschaft, hier die Wahrheit zu sagen. Die Schwierigkeiten liegen durchaus in der Sache. Das Gespräch zwischen Herrn Bechert und Herrn Minister Balke hat Ihnen gezeigt, um wie komplizierte, diffizile wissenschaftliche Begriffe es sich dabei handelt und wie schwer es ist, diese Dinge, denen wir selbst in manchen Punkten — das wollen wir doch offen sagen — nicht ganz folgen konnten, in die Sprache des Laien und des Lesers unserer Tagespresse zu übersetzen. Darin liegen die Schwierigkeiten. Was ist denn dem Leser unserer Tagespresse damit gedient, wenn er da etwas von 100 oder von 52 000 Picocurie liest? Es ist erforderlich, diese Begriffe ausführlich in die Sprache des Laien und dies Lesers zu übersetzen.
    Ich habe von den ersten Tagen der Errichtung des Bundesgesundheitsministeriums an mit meinen Mitarbeitern über die Frage gesprochen, wie wir durch eine sachgerechte, redliche Information dem Volk hier das geben können, was es verlangen kann. Wie können wir einer vielleicht untergründigen, vielleicht vielfach verdrängten Furcht begegnen, indem wir klare Tatsachen mitteilen? Ich bin nämlich der Meinung, daß im Nebel Gefahren größer erscheinen und daß man durch redliche Information beruhigen kann und daß man das tun sollte. Ich habe in dier Erklärung, die ich verlesen habe, in Aussicht gestellt, daß wir von Zeit zu Zeit der Presse dm Rahmen des Übersetzbaren eingehende Informationen geben und auf diesem Gebiet mehr tun wollen. Insofern bin ich den beiden Fraktionen, die diese Debatte angeregt haben, und auch der Opposition, die damit ein legitimes Recht ausgeübt hat, dankbar, daß wir über diese Dinge in der Öffentlichkeit sprechen konnten.

    (Abg. Dr. Dittrich: Alle Fraktionen haben das getan!)

    — Ja, den Fraktionen, die das getan haben.
    Wir werden in dieser Beziehung in der nächsten Zeit wahrscheinlich noch mehr tun. Aber ein Vorwurf, Herr Kollege Bechert, wäre doch nur berechtigt, wenn wir die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die physikalischen Feststellungen, die hier zu treffen waren, der Wissenschaft vorenthalten hätten. Das aber haben wir nicht getan. Das Atomministerium hat laufend Veröffentlichungen herausgegeben, die den Wissenschaftlern zugänglich waren und die sie verwerten konnten. Daß die Tagespresse diese komplizierten und für den Laien auch leicht mißdeutbaren Mitteilungen nicht gebracht hat, ist ihr wirklich nicht zum Vorwurf zu machen.
    Ich möchte wünschen, daß diese Debatte aller Fraktionen ein Ausgangspunkt dafür ist, daß die Öffentlichkeit über diese Fragen in Zukunft eingehender und in einer für den Laien verständlichen Weise unterrichtet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Bechert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Bechert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf das, was Frau Bundesministerin soeben gesagt hat, kurz antworten. Ich habe der Bundesregierung folgendes vorgehalten. Der Herr Bundesverkehrsminister hat das Bundeswetteramt angewiesen — angewiesen! —, nur die Radioaktivität der Luft in den Wetterberichten be-



    Dr. Bechert
    kanntzugeben, also nicht, füge ich hinzu, die Radioaktivität der Niederschläge. So wie Sie die Radioaktivität der Luft bekanntgegeben haben, hätten Sie auch die Radioaktivität der Niederschlge bekanntgeben müssen. Das ist der eine Vorwurf. Und weiter!

    (Abg. Dr. Dittrich: Bestreiten Sie das? Eine Frage, bitte!)

    — Einen Augenblick, bitte! Wenn Sie die Öffentlichkeit wahrheitsgemäß unterrichten wollten, warum haben Sie dann nur das berichtet, was bei der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken mußte, die Sache sei harmlos? Diesen Eindruck hat man auch wirklich erweckt, wie ich durch Anruf beim Westdeutschen Rundfunk weiß, der mir gesagt hat: Das ist alles so minimal, das brauchen wir nicht zu veröffentlichen.