Rede:
ID0401017800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 74
    1. den: 8
    2. der: 7
    3. an: 4
    4. Ausschuß: 3
    5. für: 3
    6. so: 2
    7. Abgeordnete: 2
    8. Gesetzentwurf: 2
    9. Drucksache: 2
    10. und: 2
    11. des: 2
    12. zur: 2
    13. Ist: 1
    14. das: 1
    15. Haus: 1
    16. damit: 1
    17. einverstanden,: 1
    18. daß: 1
    19. verfahren: 1
    20. wird,: 1
    21. wie: 1
    22. Herr: 1
    23. Arndgen: 1
    24. soeben: 1
    25. vorgeschlagen: 1
    26. hat,: 1
    27. nämlich: 1
    28. IV/54: 1
    29. Kriegsopfer-: 1
    30. Heimkehrerfragen,: 1
    31. IV/55: 1
    32. Lastenausgleich: 1
    33. Antrag: 1
    34. IV/82: 1
    35. Wiedergutmachung: 1
    36. sowie: 1
    37. alle: 1
    38. drei: 1
    39. gemäß: 1
    40. §: 1
    41. 96: 1
    42. Geschäftsordnung: 1
    43. Haus-\n: 1
    44. Vizepräsident: 1
    45. Dr.: 1
    46. Dehlerhaltsausschuß: 1
    47. zu: 1
    48. überweisen?: 1
    49. —: 1
    50. Es: 1
    51. ist: 1
    52. beschlossen.Ich: 1
    53. rufe: 1
    54. auf: 1
    55. Punkt: 1
    56. 7: 1
    57. Tagesordnung:Erste: 1
    58. Beratung: 1
    59. von: 1
    60. Fraktion: 1
    61. CDU/CSU: 1
    62. eingebrachten: 1
    63. Entwurfs: 1
    64. eines: 1
    65. Gesetzes: 1
    66. Neuregelung: 1
    67. Rechts: 1
    68. gesetzlichen: 1
    69. Unfallversicherung: 1
    70. Das: 1
    71. Wort: 1
    72. Begründung: 1
    73. hat: 1
    74. Stingl.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 10. Sitzung Bonn, den 18. Januar 1962 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen IV/123, IV/125) Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Tätigkeit der Schiedskommission und des Schiedsgerichtshofs gemäß dem Londoner Schuldenabkommen Dr. Carstens, Staatssekretär . . 215 C, 216 A, B Dr. Atzenroth (FDP) . . 215 D, 216 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Veröffentlichung des sowjetischen Memorandums Dr. Carstens, Staatssekretär . 216 B, C, D, 217 A Dr. Kohut (FDP) 216 C, D Wehner (SPD) . . . . 216 D, 217 A Frage des Abg. Ertl: Ermittlungen wegen der Sprengstoffanschläge in Südtirol Höcherl, Bundesminister . . . . . 217 B Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 217 C Frage des Abg. Dr. Rutschke: Unterschiedlicher Ortszuschlag bei Bediensteten in der Stadt Walldürn . . 217 C Frage des Abg. Jahn: Auslandsstipendium für den Schriftsteller Uwe Johnson Höcherl, Bundesminister . . . . 217 D Frage des Abg. Sänger: Aufenthaltsgenehmigung für Touristen aus Jugoslawien Höcherl, Bundesminister . . . . 218 A, B Sänger (SPD) . . . . . . . . . 218 B Frage des Abg. Dr. Schäfer: Besetzung hoher Ministerialbeamtenstellen Höcherl, Bundesminister . . . . 218 C, D, 219 A, B Dr. Schäfer (SPD) . . . 218 C, 219 A Jahn (SPD) 219 B Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Sonderurlaub anläßlich des Geburtstages des Präsidenten des Bundeskartellamtes Höcherl, Bundesminister . . . . 219 C, D Dr. Atzenroth (FDP) 219 C, D Frage des Abg. Felder: Unterbringungsverhältnisse im BundesAusländerlager Zirndorf Höcherl, Bundesminister . . . 220 A, B, C Felder (SPD) 220 A, B Frage des Abg. Felder: Asylrechts-Verordnung Höcherl, Bundesminister 220 C Frage des Abg. Felder: Entschädigungsverfahren für Dokumentationskosten der Stadt Zirndorf Höcherl, Bundesminister 220 D Frage des Abg. Dr. Bucher: Unterschiedliche Besoldung von Beamten desselben Aufgabengebiets im Bundes- und Landesbereich Höcherl, Bundesminister . 220 D, 221 A Dr. Bucher (FDP) 221 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Januar 1962 Fragen der Abg. Hermsdorf und Hansing: Lage der Seefischerei Dr. Starke, Bundesminister . . . 221 B, D, 222 A, B Hermsdorf (SPD) . . . 221 D, 222 A Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 222 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Zurückstellung von öffentlichen Bauvorhaben Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 222 C, 223 A Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . . 223 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Preisgestaltung auf dem Baumarkt Dr. Westrick, Staatssekretär . 223 B, C, D, 224 A, B, C Dr. Brecht (SPD) . . . . . . . 223 B, C Dr. Atzenroth (FDP) 223 D Büttner (SPD) . . . . . 223 D, 224 A Hamacher (SPD) . . . . . . . 224 A, B Dr. Koch (SPD) . . . . . . . . 224 B Frage des Abg. Memmel: Sammelverfahren gegen Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte 224 C Frage des Abg. Dr. Imle: Vertikale Integration der Landwirt-schaf t Schwarz, Bundesminister 224 D Frage des Abg: Dr. Imle: Mittel für die vertikale Integration der Landwirtschaft Schwarz, Bundesminister . . . . 225 A, B Dr. Imle (FDP) 225 B Frage des Abg. Logemann: Leiter der Forschungsstelle für bäuerliche Familienwirtschaft Schwarz, Bundesminister 225 C, D, . 226 A Logemann (FDP) . . . . . . . 225 C, D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 226 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Besetzung der Staatssekretärsstelle im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schwarz, Bundesminister . . . . . 226 A Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 226 B Frage des Abg. Dr. Mommer: Einberufung des Dr. med. Blunck zu einer Wehrübung Hopf, Staatssekretär . . . . . 226 C, D Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 226 D Frage des Abg. Rehs: Rentenaufbesserung des Vierten Rentenanpassungsgesetzes Mischnick, Bundesminister . . . 227 A Frage des Abg. Rehs: Unterhaltshilfe des Lastenausgleichs Mischnick, Bundesminister . . . . 227 A Frage des Abg. Börner: Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Unfallversicherung Dr. Claussen, Staatssekretär . 227 C, D, 228 A Börner (SPD) 227 C, D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 228 A Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/81); Schriftlicher Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses (Drucksache IV/98) —Zweite und dritte Beratung — . . . . 228 B Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der Kriegsopferversorgung (SPD) (Drucksache IV/54) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung einer einmaligen Zuwendung an Bezieher von Unterhaltshilfe (Kriegsschadenrente) nach dem Lastenausgleichsgesetz (SPD) (Drucksache IV/55) — Erste Beratung —; und dem Antrag betr. Zahlung eines Weihnachtsgeldes an Empfänger von Renten nach dem BEG (SPD) (Drucksache IV/82) Bazille (SPD) 228 C Rehs (SPD) . . .. . . . . . 230 D Arndgen (CDU/CSU) . . . . . 232 A Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz — UVNG —) (CDU/CSU) (Drucksache IV/120) — Erste Beratung — Stingl (CDU/CSU) . . . . . . 233 A Börner (SPD) 240 B Ollesch (FDP) . . . . . . . . 245 C Frau Kalinke (CDU/CSU) . . . 248 A Dr. Schellenberg (SPD) . 253 C, 257 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . . 256 D Berichtigung zur Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt (Drucksache IV/118) (9. Sitzung) . 258 A Nächste Sitzung 258 C Anlage 259 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 18. Januar 1962 215 10. Sitzung Bonn, den 18. Januar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
  • folderAnlagen
    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach* 19. 1. Altmaier 1. 2. Dr. Arndt 19. 1. Baier (Mosbach) 31. 1. Bauer (Würzburg) * 19. 1. Dr. Bechert 20. 1. Berkhan * 19. 1. Fürst von Bismarck * 19. 1. Blachstein * 19. 1. Dr. Bucerius 19. 1. Dr. Deist 21. 1. Dr. Dichgans 28. 1. Even ,(Köln) 18. 1. Frau Dr. Flitz * 19.. 1. Fritsch 18. 1. Dr. Furler * 19. 1. Gedat 15. 2. Genns * 19. 1. Harnischfeger 19. 1. Hilbert 21. 1. Höfler * 19. 1. Frau Dr. Hubert * 19. 1. Hufnagel 18. 1. Jacobs * 19. 1. Jaksch 20. 1. Frau Keilhack 19. 1. Dr. Kempfler 19. 1. Frau Kettig 19. 1. Killat 19. 1. Dr. Klein 14. 2. Dr. Kliesing (Honnef) 4. 2. Dr. Kopf * 19. 1. Frau Korspeter 19. 1. Frau Krappe 20. 1. Kriedemann 18. 1. Krüger 27. 1. Kühn (Bonn) 19. 1. Lenz (Bremerhaven) 20. 1. Lenz (Brühl) 18. 1. Lenze (Attendorn) * 19. 1. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Lücker (München) 19. 1. Maier (Mannheim) 14. 2. Mauk 19. 1. Frau Dr. Maxsein * 19. 1. Dr. Meyer (Frankfurt) * 19. 1. Meyer (Oppertshofen) 19. 1. Müller (Worms) 27. 1. Murr 18. 1. Paul * 19. 1. Peters (Norden) 19. 1. Pöhler 18. 1. Rademacher 19. 1. Frau Dr. Rehling * 19. 1. Reitzner 31. 1. Frau Renger * 19. 1. Ritzel 19. 1. Dr. Rutschke 26. 1. Scheuren 21. 1. Dr. Schmid (Frankfurt) * 19. 1. Schmidt (Braunschweig) 2. 2. Schmidt (Hamburg) 31. 1. Schütz (München) 19. 1. Seidel (Fürth) 19. 1. Seidl (München) * 19. 1. Dr. Serres * 19. 1. Dr. Siemer 19. 1. Storch 18. 1. Striebeck 9. 2. Dr. Süsterhenn * 19. 1. Frau Vietje 19. 1. Dr. Wahl * 19. 1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 19. 1. Weinzierl 19. 1. Werner 15. 2. Wienand * 19. 1. Winkelheide 19. 1. Dr. Zimmer * 19. 1. b) Urlaubsanträge van Delden 1. 2. * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Arndgen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    — Ich glaube, meine Kollegen von der SPD, daß
    nicht nur Sie, sondern auch wir und andere Fraktionen darüber in diesem Hause schon öfter gesprochen haben.

    (Zurufe von der SPD.)

    Es ist von allen Fraktionen dieses Hohen Hauses wiederholt der Wunsch nach einer Abstimmung der sozialen Leistungen in der Fortführung der Sozialreform und der Weiterentwicklung des bestehenden sozialen Leistungsrechts geäußert worden. Gerade die Opposition hat darauf hingewiesen, daß das Fehlen einer solchen Gesamtschau zu Präjudizierungen führen würde, die geeignet sind, eine gerechte Abstimmung der Leistungen aufeinander zu erschweren, wenn nicht zu verhindern .
    Die genannten Vorlagen sind Finanzvorlagen im Sinne des § 96 der Geschäftsordnung. Sie sind in erheblichem Umfang geeignet, auf die öffentlichen Finanzen einzuwirken. Da sich haushaltsmäßig Auswirkungen ergeben, bedarf es ohne Zweifel eines Deckungsvorschlages. Die Vorlagen müssen daher gemäß der Geschäftsordnung dieses Hauses auf ihre Vereinbarkeit mit dem Haushaltsplan und der Haushaltslage geprüft werden.
    Der Haushaltsplan liegt zur Zeit dem Kabinett zur Beratung vor und wird dem Hohen Hause voraussichtlich Ende Februar zugehen. Der Beschluß des Kabinetts vom 1. Januar 1962, wonach alle gesetzlichen Maßnahmen, die noch nicht im ordentlichen Haushalt ihren Niederschlag gefunden haben, im Rahmen eines koordinierenden Finanzplans zu prüfen sind, kommt dem Willen der Fraktionen entgegen, die künftigen sozialen Leistungen unter Berücksichtigung des sozialen und finanziellen Gesamtgefüges zu beraten und zu beschließen.
    Die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP stellen daher den Antrag, den Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der Kriegsopferversorgung Drucksache IV/54 dem zuständigen Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen, den Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung einer einmaligen Zuwendung an Bezieher von Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz Drucksache IV/55 dem zuständigen Ausschuß für den Lastenausgleich, den Antrag betreffend Zahlung eines Weihnachtsgeldes an Empfänger von Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz Drucksache IV/82 dem zuständigen Ausschuß für Wiedergutmachung und darüber hinaus gemäß § 96 der Geschäftsordnung alle drei Vorlagen dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP behalten sich vor, in den Ausschüssen entsprechende Anträge zu stellen, die den oben genannten Voraussetzungen entsprechen.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ist das Haus damit einverstanden, daß so verfahren wird, wie der Herr Abgeordnete Arndgen soeben vorgeschlagen hat, nämlich den Gesetzentwurf Drucksache IV/54 an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen, den Gesetzentwurf IV/55 an den Ausschuß für den Lastenausgleich und den Antrag Drucksache IV/82 an den Ausschuß für Wiedergutmachung sowie alle drei gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haus-



Vizepräsident Dr. Dehler
haltsausschuß zu überweisen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz — UVNG —) (Drucksache IV/120).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Stingl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Stingl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion legt dem Hohen Hause mit der Drucksache IV/120 den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung vor. Meine Fraktion ergreift die Initiative, weil es uns sehr wichtig erscheint, daß die Beratung dieser Materie möglichst schnell in Gang gebracht wird. Niemanden kann es verwundern, daß die christlich-demokratische/christlich-soziale Fraktion sich dabei auf die Vorarbeiten stützt, die bereits im 2. und 3. Bundestag geleistet worden sind und die ihren Niederschlag in Regierungsvorlagen gefunden haben, deren Beratung in den Ausschüssen und in zweiter und dritter Lesung im Plenum nicht mehr zustande gekommen ist.
    Unser Entwurf, so wie er Ihnen jetzt vorliegt, folgt im wesentlichen dem Regierungsentwurf der 3. Legislaturperiode. Jedoch haben wir die sich aus der Diskussion in der Zwischenzeit ergebenden schwerwiegenden Probleme noch einmal überdacht und in einigen Punkten eine Abweichung von der damaligen Regierungsvorlage für richtig gehalten.
    Ich will schon an dieser Stelle betonen, meine Damen und Herren: Uns als den Einbringern dieser Gesetzesvorlage kommt es nicht darauf an, zu sagen, daß die Bestimmungen des Entwurfs, wie er Ihnen vorliegt, in allen Einzelheiten unter allen Umständen so bleiben müssen. Wie ich am Anfang betonte, geht es uns vielmehr darum, die Beratungen sehr schnell in Gang zu bringen. Daß wir den Entwurf so vorgelegt haben, soll nicht bedeuten, daß wir nicht für eine Diskussion aufgeschlossen wären. Das sind wir immer, sehr geehrter Herr Kollege Schellenberg, auch wenn Sie im 2. Deutschen Bundestag jeweils etwas anderes behauptet haben.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Das wollen wir sehen! Hoffentlich!)

    — Herr Kollege Schellenberg, ich hatte Gelegenheit, diese Bemerkungen bei einer ebenso wichtigen, vielleicht noch wichtigeren Gesetzesmaterie zu machen. Sie waren damals der Meinung, ich redete nur so daher.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind — ich betone es noch einmal – für Verbesserungsvorschläge und für Vorschläge, die in das Gesamtgefüge unserer Sozialordnung besser passen, aufgeschlossen. Wir sind aber der Meinung, daß die Vorlage, wie wir sie eingebracht haben, den heutigen Bedingungen für eine gerechte Ordnung der Unfallversicherung entspricht. Wenn man Verbesserungen anbringen will, kann man sicher noch Symptome und Einzelheiten korrigieren, in der grundsätzlichen Überlegung aber wird man uns zustimmen müssen.
    Warum sind wir der Auffassung, daß es eine Neuregelung für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geben muß? Nicht deshalb, weil wir meinen, die seit 1885 in Deutschland eingeführte gesetzliche Unfallversicherung sei schlecht. Im Gegenteil, wir wissen, daß sich diese Unfallversicherung in den nahezu 80 Jahren ihres Bestehens ausgezeichnet bewährt hat, daß die Haftungsablösung durch den Träger der Unfallversicherung ihren Sinn gehabt hat. Aber wir sind der Meinung, daß die Fortentwicklung der gesellschaftlichen Gliederung in unserem Volke, daß die Fortentwicklung des Sozialrechts in unserem Volke, daß die Fortentwicklung der medizinischen Wissenschaft und daß die gerechte Abstimmung auf die anderen Versicherungsträger es notwendig machen, auch dieses Buch der Reichsversicherungsordnung zu überprüfen und neu zu fassen. Daß das auch aus rein systematischen Gründen erforderlich ist, ergibt sich allein daraus, daß unser Entwurf im Endergebnis eine Ersparnis an Paragraphen bringt, weil bisher einzelne Bestimmungen im ganzen Buch verstreut waren. Wir bemühen uns, eine Zusammenfassung zu erreichen, um dadurch das Recht insgesamt übersichtlicher zu machen.
    Ich habe soeben bemerkt, daß das Recht der Unfallversicherung sich bewährt hat. Das schließt aber nicht aus, daß nach unserer Meinung nicht nur die Systematisierung, nicht nur die Abstimmung notwendig ist, sondern daß auch gewisse aus der Gesellschaftsstruktur notwendige Verbesserungen eingeführt werden sollen. Niemand kann leugnen — es ist so offenkundig, daß man, wenn man es noch einmal sagt, Eulen nach Athen trägt —, daß das Lohnniveau in unserem Volke sich erfreulicherweise wesentlich zugunsten der Arbeitnehmer verschoben hat. Diese Verschiebung muß auch bei denen ihren Niederschlag finden, die durch einen Unfall nicht mehr in der Lage sind, an der Steigerung des Anteils am Sozialprodukt teilzunehmen. Man muß also davon ausgehen, daß der Unfallgeschädigte nicht nur einen aktuellen Schaden zu der Zeit des Unfalls hat, sondern daß er auch in den späteren Jahren eine Schädigung in seinem Einkommen hat, weil er ohne Unfallverletzung in den späteren Jahren an einem höheren Lohneinkommen teilgenommen hätte.
    Es zeigt sich weiter, daß die Unfallversicherung notwendigerweise eine Reihe neuer Tatbestände, die früher gar nicht bekannt waren, in. ihre Regelung einbeziehen muß. Ich kann mich dabei etwa auf die Frage der Berufskrankheiten, auf die Frage der Wegeunfälle, die beide heute doch wohl etwas anders beurteilt werden als früher, und auf einiges andere beziehen. Wir müssen dabei auch beachten, daß das heutige Recht teilweise noch Bestimmungen der Notverordnungen von vor 1933 oder von 1939 enthält und daß mit diesen Bestimmungen einige Ungereimtheiten noch heute durch die Zeit geschleppt werden, Ungereimtheiten, die im allgemei-



    Stingl
    nen Recht beseitigt sind, die aber hier die Betroffenen in ihrer Bewegungsfreiheit einengen. Last not least — ich darf es noch einmal sagen — ist eine Verbesserung der Systematik notwendig.
    Es gibt politische Gründe, es gibt sozialpolitische Gründe, es gibt soziologische Gründe, die Unfallversicherung neu zu fassen. Diese Gründe haben uns bewogen, .den Entwurf vorzulegen. Dabei wollen wir folgendes an Grundsätzlichem erreichen.
    Meine Damen und Herren, es kann niemand bestreiten, daß die Hauptfrage nicht ist: „Wie gebe ich jemandem, wenn er einen Unfall erlitten hat, irgendeine Entschädigung?", sondern den Primat bei der ganzen Überlegung muß die Frage haben: „Wie verhindere ich, daß überhaupt Arbeitsunfälle entstehen?" Darum ist in der Gesetzesfassung — so wie bisher auch die Unfallversicherungsträger auf diesem Gebiet viel getan haben — eindeutig besonders herausgestellt worden, daß die Aufgabe des Gesetzes zuerst und zuvörderst sein soll, Unfälle zu verhüten. Dann aber als Zweites: Wenn ein Unfall passiert ist, soll nicht zuerst darauf gesehen werden: „Welche Renten, welche Geldleistungen, welche Dauer-Leistungen gebe ich?", sondern dann soll darauf gesehen werden: „Wie kann ich dem Menschen in seiner Würde, in seiner Freiheit helfen, nämlich dadurch, daß ich ihn wieder in die Lage versetze, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen?", so daß also als Zweites, das wir in dieser Unfallversicherungsneuregelung wiederum deutlich hervorheben wollen, die Berufsfürsorge zu nennen ist. Erst wenn Berufsfürsorge, Heilbehandlung und all die Maßnahmen, die noch ergriffen werden können, uns nicht in die Lage versetzen, den Unfallgeschädigten, den Verletzten wieder für sich selber sorgen zu lassen, wenn seine Beschädigung trotz dieser Maßnahmen ein bestimmtes Maß überschreitet, sollen Geldleistungen für ihn von den Unfallversicherungsträgern gewährt werden.
    Dabei kann ich gleich hier einen zweiten wesentlichen Gesichtspunkt unseres Entwurfs herausstellen. Es ist die Aktualisierung der gewährten Rente. Meine Damen und Herren, ich wähle bewußt nicht das Wort „Dynamisierung", sondern ich spreche von einer Aktualisierung der Rentenleistungen, die an den Verletzten gewährt werden. „Aktualisierung" soll nämlich besagen, daß der Rentenempfänger, der Unfallverletzte also, der einen solchen Erwerbsminderungsgrad hat, daß er in der Tat weniger Einkommen hat, als er hätte, wenn er den Unfall nicht erlitten hätte, am aktuellen Lohn beteiligt werden soll.
    Dabei gleich eine Bemerkung: Die Rente aus der Unfallversicherung hat eine völlig andere Basis als die Rente aus der Rentenversicherung. Wir wissen das alle; aber es ist vielleicht notwendig, es noch einmal hervorzuheben. Die Rente aus der Unfallversicherung ergibt sich ja aus der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes; dieser Jahresarbeitsverdienst aber ist es, der auch den Schaden ausdrückt, wenn er in der Zukunft, in späteren Jahren gemessen werden soll. Dabei, meine Damen und Herren, kommt wiederum eine Neuerung hinein aus den Überlegungen in der Vergangenheit — auch im
    Regierungsentwurf der dritten und der zweiten Legislaturperiode war es schon darin —, aus der Überlegung, daß es nicht richtig ist, diesen Jahresarbeitsverdienst bei den heutigen Verhältnissen auf 9000 DM zu begrenzen. Wir schlagen eine Grenze von 18 000 DM Jahresarbeitsverdienst vor, wobei die Versicherungsträger frei sind, einen höheren Jahresarbeitsverdienst bei sich einzuführen. Neu ist die Bestimmung, die wir jetzt vorschlagen, daß auch für die Eigenunfallversicherung durch Rechtsverordnung der Bundesregierung erreicht werden kann, daß auch dort die Höchstrenten nicht an einer solchen Jahresarbeitsverdienstgrenze hängenzubleiben brauchen.
    Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat in der Vergangenheit mehrfach bekundet, daß ihr ein sehr wesentliches Anliegen die breite Streuung des Eigentums ist,

    (Abg. Dr. Schellenberg: Vermögensbildung durch Zwangsabfindung?)

    die Vermögensbildung in möglichst vielen Händen.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

    — Herr Kollege Schellenberg, wir beide verstehen uns doch so gut, daß Sie genau wissen, daß ich nicht alles auf einmal sagen kann. Wie Sie mich kennen, wissen Sie, daß ich ganz sicher noch auf diese Frage zu sprechen komme. Ich werde auch diese berühmte „Zwangsabfindung" noch behandeln.
    Aus der Überlegung heraus, daß es viel sinnvoller ist, jemanden in die Lage zu versetzen, Eigentum zu haben, als ihm eine laufende Rente zu gewähren, die möglicherweise dann — je nach dem, wie sein Lebensstandard ist— doch aufgezehrt wird, haben wir Ihnen vorgeschlagen, die Abfindung im Rahmen der Unfallversicherung weit mehr als bisher Platz greifen zu lassen. Lassen Sie mich nun gleich einiges zu den Formen der Abfindung sagen. Ich wollte das an anderer Stelle behandeln. Wenn ich aber schon herausgefordert werde, dann will ich das jetzt tun.
    Nach den Vorstellungen, die wir in diesem Gesetzentwurf entwickeln, kennen wir eine Dauerrente für Verletzte nur dann, wenn die Schädigung ein Fünftel der Erwerbsfähigkeit ausmacht. In dem Entwurf schlagen wir vor, daß der Versicherungsträger eine Abfindung dann vornehmen kann, wenn die Schädigung weniger als 30 % beträgt. In der Praxis werden das dann 20 oder 25 % sein; denn Schädigungen von 28 %, 27 % oder 29 % kennen wir hier nicht.
    In den Bestimmungen, die wir Ihnen vorschlagen, heißt es nun, daß die Abfindung durch den Versicherungsträger vorgenommen werden kann. Schon der zweite Absatz sagt — Herr Kollege Schellenberg, wenn Sie ihn mit Aufmerksamkeit gelesen hätten, hätten Sie das feststellen müssen —, daß ein berechtigtes Interesse des Verletzten dagegen geltend gemacht werden kann. Das berechtigte Interesse kann sich auf zweierlei erstrecken. Einmal können die wirtschaftlichen Tatbestände eine solche Abfindung nicht geraten erscheinen lassen; die Abfindung würde dann eine Schädigung für ihn be-



    Stingl
    deuten. Zweitens kann eine Abfindung dann nicht stattfinden, wenn nach dem ärztlichen Gutachten die Möglichkeit besteht, daß eine Verschlechterung des Leidens eintritt.
    Nun können Sie sagen, auch dann noch bedeute die in Abs. 1 vorgesehene Form eine Zwangsabfindung. Man kann darüber verschiedener Meinung sein. Ich bin nicht der Auffassung, daß es sich um eine Zwangsabfindung handelt. Das Ganze ist ja eine Kann-Bestimmung.
    Allerdings können Sie sagen, Herr Kollege Schellenberg, daß, wenn die Gründe des Abs. 2 nicht vorliegen und der Versicherungsträger von der Bestimmung Gebrauch machen will, unter Umständen für den Verletzten keine Einspruchsmöglichkeit besteht. Ich habe aber am Anfang betont, daß wir in all den Fragen, bei denen berechtigte Gegeninteressen vorgebracht werden können, mit uns reden lassen. Ich darf ausdrücklich bemerken, daß auch diese Frage einer gründlichen Diskussion durchaus offensteht.
    Lassen Sie mich jetzt hier für meine Person und nicht als Sprecher der Fraktion folgendes bemerken: Wenn wir unter Umständen doch noch zu einer Formulierung „im Einvernehmen mit dem Verletzten" kämen, könnten wir auch hier miteinander reden. Entscheidend kommt es aber hier auf die Initiative des Trägers an. Wenn Sie nämlich warten, bis Initiative von den Betroffenen entwickelt wird, dann kommen Sie kaum zu Abfindungen. Das ist der Grund, weshalb wir die Formulierung in der vorliegenden Fassung vorgeschlagen haben.
    Ich habe vorhin davon gesprochen, daß wir Christlichen Demokraten uns bemühen, Vermögen zu schaffen. Deshalb haben wir in den Bestimmungen unseres Gesetzentwurfes vorgesehen, daß auch bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 30 % die Möglichkeit der Abfindung gegeben sein soll, wenn dadurch eine Vermögensbildung — Hauskauf und ähnliches — gefördert wird. Bei Schwerstbeschädigungen, also bei Beschädigungen von über 50 %, soll auch die Existenzsicherung als Grundlage für die Gewährung einer Abfindung angesehen werden.
    Gewitzigt und gewarnt durch die Erfahrungen lassen wir es in unserem Entwurf aber nicht zu, daß die Rente vollkommen verschwindet. Ein bestimmter Teil der Rente bleibt immer noch bestehen, und nach einem gewissen Abstand setzt die Vollrente wieder ein. Allerdings kann sich zeitlich hintereinander eine mehrfache Abfindung ergeben.
    Der fünfte wichtige Punkt ist die Frage der Berufskrankheiten. Sie wissen, daß die Berufskrankheiten immer ein Streitpunkt in diesem Hause gewesen sind. Die Regelung, die wir Ihnen vorschlagen, ist ein Kompromiß. Es ist die Ermächtigung an die Bundesregierung, wie bisher eine Verordnung zu erlassen, die enumerativ die Berufskrankheiten nennt. Darüber hinaus aber soll bei den Berufsgenossenschaften die Möglichkeit gegeben werden, im Einzelfall eine nicht aufgezählte Krankheit, die sich aber nach den Umständen des Einzelfalles aus diesem Beruf ergeben hat, so zu behandeln wie eine im
    Katalog enthaltene Berufskrankheit. Ich halte das für eine gute Regelung. Denn durch eine enumerative Aufzählung lassen sich nicht alle Tatbestände so erfassen, daß sie wirklich gerechtgedeckt werden können. Es würden Streitfälle übrigbleiben, die sich am besten im Einzelfall klären lassen.
    Eine Verbesserung der bisherigen Leistungen ist auch bei einigen Leistungen vorgesehen, die gemeinhin nicht sofort ins Auge fallen. Sie betreffen das Sterbegeld, das erhöht wird, und insbesondere auch die Überführung von Fremdarbeitern.
    Verbesserungen schlagen wir auch bei den Leistungen an die Hinterbliebenen vor. Wir wollen die Witwenversorgung, genauso wie wir sie bei der Rentengesetzgebung verbessert haben, auch im Unfallversicherungs-Neuordnungsgesetz neu ordnen, so daß zwei Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes auch der Witwe zugute kommen, die noch ein waisenrentenberechtigtes Kind zu ernähren hat. Dabei wollen wir auch dafür sorgen, daß Waisen und Witwen, deren Ernährer, der Vater, nicht an den Unfallfolgen verstorben ist, aber unfallgeschädigt war, eine Witwen- und Waisenbeihilfe gewährt wird.
    Im Grundsätzlichen muß ich noch bemerken, daß wir an der Trägerschaft bei der Unfallversicherung nichts zu ändern gedenken, nicht zuletzt deshalb, weil die Unterschiedlichkeit des Risikos in der gewerblichen Wirtschaft, ferner die große Unterschiedlichkeit des Risikos zwischen der gewerblichen Wirtschaft und der Landwirtschaft und wiederum zwischen diesen beiden oder bei der Seeunfall-Berufsgenossenschaft diese Trennung weiterhin geboten erscheinen lassen.
    Auch bei der Aufbringung der Mittel entfernen wir uns nicht von dem bisherigen Weg, selbst wenn jemand den Einwand machte: Ihr habt die Mitgliedschaft der Versicherten vorgesehen, und das ist ein Fallstrick für die Zukunft. Ich kann verbindlich sagen, das ist keinseswegs die Begründung für die Hereinnahme der Mitgliedschaft der Versicherten selbst, sondern die Aufbringung der Mittel bleibt wie bisher bei den Unternehmen. Denn der Grundsatz der Unfallversicherung, die Haftungsablösung des Unternehmens, soll überhaupt nicht erschüttert werden. Wir selbst würden der Unfallversicherung den Boden entziehen, wenn wir dieses Prinzip verließen, und wir würden wie vor 1885 eine Fülle von Prozessen der Einzelhaftung bekommen. Das gilt auch, Herr Kollege Schellenberg und meine anderen Herren Kollegen von der SPD — —

    (Abg. Dr. Schellenberg: Das müssen Sie Herrn Dr. Atzenroth sagen!)

    — Nein, Herr Kollege Schellenberg, ich glaube, die Eingabe des DGB ist Ihnen mehr verwandt als der FDP; ich habe dieses dumpfe Gefühl. Herr Kollege Schellenberg, in dieser Eingabe heißt es nämlich, daß in einem Einzelfall eventuell der Beitrag des betroffenen Unternehmens um einen Zuschlag für den Einzelfall erhöht werden soll. Hier, meine Damen und Herren, würde eine gefährliche Schleuse aufgemacht, wiederum auf Einzelhaftung überzugehen und diese Einzelhaftung in unendlichen Prozessen zu ersticken. Eine andere Sache ist es, wenn im gleichen Betrieb Unfallhäufigkeit auftritt; dann ist die



    Stingl
    Frage, ob man den Beitragssatz erhöht. Das ist jetzt schon geltendes Recht und soll nicht geändert werden. Eine Beitragserhöhung im Einzelfall wäre aus der gesamten Interessenlage nicht zu verantworten.
    Dabei darf ich auch eine Bemerkung darüber machen, daß in der gesetzlichen Unfallversicherung die Leistungssumme eine erhebliche Steigerung erfahren hat, eine Steigerung, die man sich kaum vorgestellt hat, nicht allein deshalb und gar nicht deshalb, weil die Zahl der Unfälle gestiegen ist, sondern weil eine Ausweitung des Kreises der Unfälle, also dessen, was als Arbeitsunfall gilt, erfolgt ist. Bei den Berufskrankheiten, bei den Wegeunfällen und einer Fülle von Dingen ist das Steigen der Leistungen der Unfallversicherung — ich wiederhole es — nicht nur darauf zurückzuführen, daß die Geldleistungen in den meisten Fällen gestiegen sind, sondern auch darauf, daß die Zahl der gedeckten Risiken größer geworden ist.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, nachdem ich einen allgemeinen Überblick gegeben habe, noch einige einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs behandeln.
    Ich sage es noch einmal, weil es mir so wichtig erscheint: Die Aufgabe dieser Versicherung ist, so wie es auch in diesem Gesetzestext steht, primär die Verhütung der Unfälle, sekundär die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, tertiär die Gewährung von Renten.
    Die Gliederung — ich wiederhole auch dies — ist deshalb auf die besonderen Belange der verschiedenen Unfallversicherungsträger ausgerichtet. Wir werfen nicht das unterschiedliche Risiko in einen Topf. Wir sind nach wie vor der Überzeugung, daß Gleichheit vor dem Gesetz immer nur heißt, daß Gleiches gleich, Verschiedenes aber verschieden zu behandeln ist. Deshalb wird auch die Gliederung in der Trägerschaft so, wie sie bisher ist, beibehalten.
    Bei dem Kreis der versicherten Personen sind keine entscheidenden Ausweitungen gegenüber dem bisherigen Recht festzustellen. Ich darf aber nicht versäumen, doch auf einige Punkte hinzuweisen.
    Es liegt mir daran, darauf aufmerksam zu machen, daß die Gefangenenfürsorge, also die Fürsorge bei Unfällen von Personen, die einen Freiheitsentzug kraft richterlichen Urteilsspruchs erleiden, die bisher zugegebenermaßen an vielen Stellen sehr unzulänglich war, in die Unfallversicherung übernommen wird.
    Es ist sicherlich nicht unwichtig, dabei auch zu bemerken, daß in den Ziffern 7 bis 13 des entsprechenden Paragraphen die ehrenamtliche Tätigkeit jetzt auch unter den Unfallschutz gestellt wird. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bin nicht ganz sicher, inwieweit dieser Unfallschutz auch jeweils für uns, die Mitglieder dieses Hauses, gilt, wenn wir ehrenamtlich für Bund oder Länder tätig sind; sicherlich nicht unmittelbar bei der Tätigkeit hier. Man könnte jedoch im Zweifel
    darüber sein, ob nicht gewisse Tätigkeiten auch der Bundestagsabgeordneten darunter fallen.

    (Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Schellenberg: Unfallschutz für Umfall, also Umfallschutz!)

    — Herr Kollege Schellenberg, ich nehme an, Sie steigen nachher noch auf die Tribüne. Ich bitte Sie, dann das Wort zu wiederholen; ich möchte es nicht übernehmen.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, mir ist das selbst erst bei einem nochmaligen genaueren Studium aufgegangen. Das ist aber nicht das Wichtigste. Die Bestimmung ist hineingekommen, um die Stadtverordneten, die Sachverständigen, Zeugen und ähnliche ehrenamtlich Tätige zu schützen, wenn sie im öffentlichen Interesse eine solche Tätigkeit ausüben. Sie sind bisher nicht geschützt. Darüber, daß man sie schützen sollte, gibt es sicherlich keinen Streit.
    Ein Kreis von Personen ist trotz der Wünsche, die gelegentlich an uns herangetragen werden, nicht eingeschlossen: der Haushaltungsvorstand und die Hausfrau. Meine Damen und Herren, ich will mich mit dem Problem nicht eingehend beschäftigen; aber lassen Sie mich doch einen Aspekt aufdecken. Wenn die Hausfrau in ihrer hausfraulichen Tätigkeit versichert ist, ist sie dann sicher auch bei ihrer Tätigkeit des Einkaufens versichert. Was aber ist dann versichert, wenn sie zum Kaffeekränzchen geht und dabei auch etwa den Senf für die Familie einkauft? Und sie hat es dann ganz sicher getan, wenn sie einen Unfall erlitten hat.
    Meine Damen und Herren, ich will damit das Problem nicht verkleinern. Wir werden uns sicherlich auch darüber unterhalten müssen. Sehen Sie aber auch einmal diesen Aspekt des ganzen Gesetzes!
    Wir kennen aber wie bisher nicht nur die Versicherung kraft Gesetzes, wir kennen auch die Versicherung kraft Satzung. Die Satzung der Berufsgenossenschaften kann die Unternehmer weitgehend miteinbeziehen und kann vor allem die Organmitglieder hineinnehmen.
    Bei der freiwilligen Versicherung wiederum haben wir die Tore dafür aufgemacht, daß auch Unternehmer in die Versicherung hineinkommen können, die sonst nicht erfaßt sind. Wir haben dabei auch daran gedacht, daß man Seeleute schützen muß, die auf ausländischen Schiffen sind, wenn es ihr freier Wille ist. Aber das sind Einzelheiten, die wir im Ausschuß sicherlich noch eingehend behandeln werden.
    Dann käme der § 547. Ich habe bisher keine Paragraphen genannt. Den § 547 nenne ich, weil seine Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Der § 547 sagt wiederum, daß Verhütung und ärztliche Hilfe als erstes die Leistung der Versicherung umfaßt, wobei die näheren Bestimmungen an anderer Stelle gegeben werden.
    Der § 548 und die folgenden Paragraphen sprechen von den Leistungen, die nach dem Eintritt eines Unfalls von der Berufsgenossenschaft zu ge-



    Stingl
    währen sind. Sie sind dort aufgezählt; sie umfassen die Heilbehandlung, die Gewährung eines Verletztengeldes, besondere Unterstützungsmaßnahmen, die Wiederherstellung oder Erneuerung von Körperersatzstücken, die Berufsfürsorge, die Verletztenrente, das Sterbegeld und die Hinterbliebenenrenten.
    Dabei wird in den Bestimmungen auch genau definiert, was ein Arbeitsunfall ist. Der normale Arbeitsunfall braucht nicht näher umschrieben zu werden. Es obliegt mir nur, darauf hinzuweisen, daß wir wie bisher den Wegeunfall einschließen, wobei sich hier sicherlich auf Grund der Bestimmungen gewisse Zweifel nicht ohne weiteres beseitigen lassen; aber eine Fortentwicklung des Rechts ist doch erkennbar. Dabei darf ich mich jetzt bezüglich der Ausweitung des Begriffes Unfall besonders auf das beziehen, was ich vorhin zu den Berufskrankheiten gesagt habe. Es scheint mir eine gute Lösung zu sein, im Einzelfall auch dann eingreifen zu können, wenn die enumerative Aufzählung das an sich nicht zuläßt. Ich weiß, daß man gegen diese Generalklausel — das ist sie ja — wohlbegründete Bedenken haben kann und daß diese vorgebracht werden. Auch diese wohlbegründeten Bedenken wollen wir uns überlegen. Sollte uns die Gewichtigkeit der Argumente überzeugen, sind wir durchaus bereit, auch dafür noch einmal eine neue Lösung zu suchen.
    Ich brauche sicherlich über die Heilbehandlung nichts Näheres auszuführen. Daß dabei die modernsten Erkenntnisse der Wissenschaft, die modernsten Mittel der medizinischen Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden, versteht sich von selbst. Allerdings darf ich mir die Bemerkung gestatten, daß in diesem Zusammenhang einmal das Problem der freien Arztwahl für den Verletzten überprüft werden muß.
    Ich habe vorhin bei der Aufzählung gesagt, daß eine Leistung nach Eintritt des Unfalls das Verletztengeld sei. Dieses tritt an die Stelle des bisherigen Krankengeldes und des bisherigen Familiengeldes. Es kann auch neben einer Rente gewährt werden. Das heißt: hat jemand eine Erwerbsminderung erlitten, ist er aber noch arbeiten gegangen und erleidet er nun einen neuen Unfall, dann soll das Verletztengeld gewährt werden, also neben einer laufenden Rente auf Grund eines früheren Unfalls. Hier sehen Sie den typischen Fall der Harmonisierung der Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung. Wir versuchen nämlich mit unserem Entwurf, die Bestimmungen über das Verletztengeld an die Bestimmungen über die Neuregelung des Krankengeldes bei der Krankenversicherung anzupassen.
    Auch zur Berufsfürsorge brauche ich nichts Näheres zu sagen. Eines möchte ich dabei aber bemerken. Die Berufsfürsorge, die Wiedereingliederung in den Beruf, ist keine Angelegenheit, die nur die Unfallversicherungsträger angeht. Hier müssen wir zu einem besseren Zusammenwirken aller Sozialversicherungsträger kommen. Hier müssen wir eine bessere Harmonisierung — ich will das Wort hier verwenden — auch mit der Kriegsopferversorgung und mit der Rentenversicherung erreichen.
    Allerdings stehe ich nicht an, hier auch einmal auszusprechen — sicherlich spreche ich im Namen des ganzen Hauses —, daß die Organe der Unfallversicherung gerade auf diesem Gebiet bisher führend und vorbildlich gewesen sind. Wir sagen dafür unseren besten Dank.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich habe vorhin gesagt, daß neben diesen Leistungen, die unmittelbar mit der Schädigung zusammenhängen, auch noch Renten und sonstige Geldleistungen maßgebend sind. Renten in der gesetzlichen Unfallversicherung — ich habe es schon bei der generellen Einleitung gesagt — richten sich nicht nach der allgemeinen Bemessungsgrundlage, einer besonderen Bemessungsgrundlage oder ähnlichen Werten, wie sie in der Rentenversicherung bekannt sind. Die Leistungen aus der Unfallversicherung richteten sich vielmehr bisher und sollen sich in Zukunft nach dem Jahresarbeitsverdienst des Verletzten richten, d. h. der Verletzte bekommt eine Rente, die sich nach dem Entgelt bemißt, das er in dem letzten Jahr vor dem Unfall bekommen hat, und zwar nicht im letzten Kalenderjahr, sondern das Jahr wird von dem Tage des Unfalls an gerechnet. Dabei darf ich auf die besonderen Bestimmungen hinweisen, nach denen ein Jugendlicher unter 21 Jahren, der einen Unfall erleidet, bei Vollendung des 21. Lebensjahres die Leistungen neu berechnet erhält. In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung wird in Zukunft unter allen Umständen mindestens das Dreihundertfache des Ortslohnes als Grundlage genommen. Ich darf weiterhin daran erinnern, daß die Höchstgrenze von bisher 9000 DM, die allerdings bei der überwiegenden Zahl von Berufsgenossenschaften kraft Satzung sowieso heraufgesetzt war, jetzt auf 18 000 DM erhöht wird.
    Die Rente selbst soll bei einer hundertprozentigen Schädigung des Verletzten zwei Drittel seines Jahresarbeitsverdienstes betragen. Sie werden sicherlich fragen, warum wir diesen Prozentsatz nicht höher gesetzt haben. Das läßt sich daraus erklären, daß ein Verletzter, wenn er nicht mehr arbeiten geht, nicht mehr so hohe Aufwendungen hat und daß außerdem alle Leistungen wegfallen, die er selber aus seinem normalen Bruttoeinkommen zu erbringen hat, nämlich Sozialversicherungsbeiträge und Steuern.
    Allerdings muß ich bemerken, daß eine fortlaufende Rente nur gewährt werden kann, wenn die Schädigung wenigstens ein Fünftel beträgt, wenn also die Erwerbsfähigkeit um 20 % eingeschränkt ist.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort an die Verwaltung der Berufsgenossenschaften, an die Sozialgerichte und an die Ärzte richten. Es kann einfach dem Grundsatz einer modernen Unfallversicherung nicht angemessen sein, wenn man eine sogenannte „Knochentaxe" verwendet. Den einen braucht ,der Verlust eines Fingers in seiner Erwerbsfähigkeit gar nicht zu schädigen, bei einem anderen kann das aber den Verlust der gesamten Existenz bedeuten. Das kann der Gesetzgeber nicht in Paragraphen fassen. Wir möchten den Appell



    Stingl
    an alle richten, sich bei der Feststellung der Erwerbsminderung in Zukunft doch nach der tatsächlichen Erwerbsminderung und nicht nach Prozentsätzen für den Verlust eines Fingers usw. zu richten.
    Zu den Rentenleistungen gehören weiterhin Kinderzulagen. Außerdem ist das Problem der Kumulierung von Renten gelöst. Es ist jetzt auch, wie ich vorhin schon sagte, die Auszahlung des Sterbegeldes und der Überführungskosten geregelt.
    Zu den Rentenleistungen gehören außerdem die Leistungen an die Witwen. Ich darf darauf verweisen, daß jetzt eine Witwenrente bei Tod durch Unfall ein Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes des Versicherten betragen soll, wenn die Witwe weniger als 45 Jahre alt ist und keine waisenrentenberechtigten Kinder zu erziehen hat, dagegen zwei Fünftel, wenn ein waisenrentenberechtigtes Kind in der Familie lebt oder wenn die Witwe über 45 Jahre alt ist. Die Vollwaisenrente O soll drei Zehntel des Jahresarbeitsverdienstes betragen, die Halbwaisenrente ein Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes des Ernährers. Dabei darf ich noch zusätzlich bemerken, daß das Zusammenfallen von Witwen- und Vollwaisenrente insoweit gestoppt wird, als 85 % des Jahresarbeitsverdienstes des Versicherten überschritten würden.
    Wir kennen im Unfallversicherungsrecht unter gewissen Voraussetzungen auch Eltern- und Großelternrenten. Sie werden dann gewährt, wenn der beim Unfall Verstorbene der Ernährer und Unterhalter der Eltern oder Großeltern war.
    In ,der Systematik des Gesetzes kommen jetzt die Abfindungen. Da aber Herr Kollege Schellenberg mich vorhin schon auf die Abfindungen hingewiesen hat, kann ich jetzt wohl darüber hinweggehen.

    (Lachen bei der SPD. — .Abg. Börner: So leicht kommen Sie nicht davon!)

    — Lieber Herr Kollege Börner, soll ich das noch einmal wiederholen? Wenn Sie es noch einmal haben wollen, empfehle ich Ihnen: lesen Sie später das Protokoll an dieser Stelle zweimal, dann haben Sie es leichter.
    Es scheint mir von Bedeutung, daß sich die §§ 633 ff. nicht darauf beschränken, den Unternehmer selbst von einer Haftpflicht gegenüber dem Geschädigten zu befreien, vielmehr wird auch der Kollege, durch dessen fahrlässiges Verhalten am Arbeitsplatz der Unfall verursacht wurde, von der Haftung befreit. Ich halte das für eine begrüßenswerte Neuerung. Soweit ich mich erinnere, hat auch der Deutsche Gewerkschaftsbund darauf Bezug genommen. Wenn er trotzdem diese Forderung stellt, trägt er also Eulen nach Athen; das ist in unserem Gesetzentwurf schon enthalten.
    Bezüglich der Träger der Unfallversicherung kann ich mich auf den Hinweis beschränken, daß nach dem Gesetzentwurf, auch der Versicherte Mitglied wird. Diese Frage ist umstritten; aber eine Behauptung weise ich mit Nachdruck zurück, daß nämlich die Erklärung der Mitgliedschaft der Versicherten, die ja in den Selbstverwaltungsorganen mitwirken, etwa zu bedeuten habe, daß Zukunft auch noch
    der Versicherte selber Beiträge bezahlen soll. Ich wiederhole: man würde damit das Fundament der Unfallversicherung verlassen.
    An dieser Stelle eine kleine Einschaltung. Nach den neuen Überlegungen bezüglich der Entwicklungshilfe ist es den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung möglich, auch für diesen Fall Unfallschutz nach ihren Bedürfnissen zu gewähren, so daß auch der, der sich bereit erklärt, in den Entwicklungsländern tätig zu werden, einen Unfallschutz genießt, was bisher nicht ausreichend gewährleistet war.
    Meine Damen und Herren, über Unfallverhütung habe ich vorhin so nachdrücklich gesprochen, daß mir nur noch übrig bleibt, darauf hinzuweisen, daß § 708 und die folgenden Paragraphen sich nicht nur mit allgemeinen Erörterungen über Unfallverhütung beschäftigen, sondern auch davon ausgehen, daß der Überwachung der Unfallverhütung eine große Bedeutung zukommt.
    Der Fünfte Abschnitt unseres Gesetzentwurfs beschäftigt sich mit der Aufbringung der Mittel. Ich darf darauf verweisen, daß die Lohnsumme Grundlage für die Mittel ist, die die Unternehmen den Unfallberufsgenossenschaften zur Verfügung zu stellen haben. Allerdings soll diese Lohnsumme nicht schematisch mit einem Prozentsatz für Unfallversicherung versehen werden, sondern es kommt darauf an, die Gefährlichkeit der Arbeit in den einzelnen Betriebsarten dabei zu berücksichtigen, so daß also auch ein Gefahrentarif gegeben ist und eine Umlage immer dazu herangezogen werden muß, den Bedarf zu decken. Das heißt, die Unfallversicherung beruht nicht auf einem durch den Gesetzgeber festgesetzten Beitrag, auch nicht auf einem willkürlich von der Satzung festgelegten oder von den Selbstverwaltungsorganen beschlossenen Beitrag, sondern der Beitrag in der Unfallversicherung hat sich danach zu richten, wie groß der Leistungsumfang der Unfallberufsgenossenschaft ist. Dabei haben wir eine gesetzliche Bestimmung aufgenommen, daß die Betriebsmittel, die bei dem Unfallversicherungsträger angesammelt werden, nicht allzuhoch werden. Die Grenze von einem Zweieinhalbfachen des letzten Jahresaufwands, gegebenenfalls eines Dreifachen mit besonderer Genehmigung, scheint uns ausreichend zu sein, um zu verhindern, daß dort nicht auch wieder vielleicht „Juliustürme" entstehen. Die Beiträge müssen gesenkt werden, wenn die Betriebsmittel allzugroß werden.
    Ein kurzes Wort zur Eigenunfallversicherung. Sie soll wie bisher gewährt werden, soll aber eine Ausweitung insoweit erfahren, als auch in der Eigenunfallversicherung bei Bund, Ländern und Gemeinden die Möglichkeit besteht, höhere Entschädigungsrenten zu zahlen, als sie einem Jahresarbeitsverdienst von 9000 DM entsprechen. Die gesetzliche Grenze liegt auch hier bei 18 000 DM. Die Bundesregierung ist ermächtigt, diese Höchstgrenze noch zu überschreiten.
    In der Landwirtschaft haben wir andere Verhältnisse, danach auch ein anderes Beitragseinzugsver-



    Stingl
    fahren. Es ist wichtig, zu bemerken, daß der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft nach den Vorstellungen, die wir hier entwickeln, dem Arbeitnehmer in der gewerblichen Wirtschaft gleichgestellt werden soll. Das heißt, Ausgangsbasis ist nicht mehr ein fiktiver Ortslohn oder ein fiktiver Lohn, der in den Gremien festgesetzt wird, sondern der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft wird eben wie ein gewerblicher Arbeitnehmer entschädigt. Dabei lassen wir allerdings sehr viel Freiheit, soweit es sich um die Unternehmer und um die Familienangehörigen handelt. Allerdings lassen wir nicht die Freiheit, daß in der Landwirtschaft die geschädigten Familienmitglieder oder Unternehmer bei Erleiden eines Unfalls unter das Existenzniveau absinken. Der dreihundertfache Ortslohn muß die Mindestbasis dabei sein. Natürlich ist in der Landwirtschaft die Beitragsberechnung nach anderen Grundsätzen als in der gewerblichen Wirtschaft vorzunehmen. Ob es dabei der Arbeitsbedarf oder ob es der Einheitswert ist, der zugrunde gelegt wird, sei den Berufsgenossenschaften selber überlassen. Sie können auch noch andere Gesichtspunkte berücksichtigen.
    In Art. 2, meine Damen und Herren, beschäftigen wir uns mit einigen parallellaufenden Gesetzen. Es ist mir ein Anliegen, dazu noch ein Wort zu sagen, daß die Renten in der Unfallversicherung aktualisiert werden sollen. Es ist ja eine der Grundlagen dieses Gesetzes, daß wir wie in der Rentenversicherung eine Aktualisierung des Einkommens des Geschädigten, nämlich der Rente, erreichen. Haben wir in der gesetzlichen Rentenversicherung als Basis für den Auftrag an den Gesetzgeber, jährlich zu überprüfen, ob eine Verbesserung der Renten zu erfolgen hat, die Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage, die Veränderung des Volkseinkommens je Erwerbstätigen, die Finanzlage der Versicherungsträger, so müssen wir bei der Unfallversicherung eine andere Basis nehmen. Ich beziehe mich darauf, daß ich vorhin sagte, die Rente in der Unfallversicherung ist errechnet aus dem Jahresarbeitsverdienst. So muß man sich selbstverständlich bei der Anpassung danach richten, wie sich die Jahresarbeitsverdienste entwickelt haben. Allerdings sollte man das im Bundestag nicht einfach beschließen, wenn einem danach ist.
    Für die Aktualisierung der Renten der Unfallversicherung wird der Sozialbeirat, der schon in den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen vorgesehen ist, eingesetzt. Selbstverständlich wird er dabei um die Personen erweitert, die von den Unfallversicherungsträgern benannt sind.
    Der Sozialbeirat wird zunächst der Bundesregierung, dann aber auch uns, dem Hohen Hause, Vorschläge unterbreiten, über die wir selber zu entscheiden haben werden. Daß diese Entscheidung im Bundestag alljährlich getroffen werden muß, mag der eine oder andere bedauern. Aber, meine Damen und Herren, wir haben bei all diesen Entwicklungen auch noch darauf zu sehen, daß die Anhebung der Renten im Gesamtrahmen des volkswirtschaftlichen Vermögens bleibt. Ich sage noch einmal: dabei kann man, muß man sogar davon ausgehen, daß Renten der allgemeinen Rentenversicherung und
    Renten aus der Unfallversicherung zwei verschiedene Dinge sind.
    Ich wiederhole: Wer an dieser Unfallversicherung etwa kritisiert, daß sie nicht allzu umfassend sei, möge bedenken, daß diesem Gesetz schon zwei Teilreformen voraufgegangen sind. Wir haben im Jahre 1957 und im Jahre 1961 die Rentenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aktualisiert und einige Unebenheiten sowieso schon bereinigt.
    Im Zuge der Harmonisierung der Leistungen liegt auch die Abgrenzung der Unfallversicherung von der Krankenversicherung in Art. 2. Niemanden wird verwundern, wenn dazu im Gesetzentwurf eine neue Bestimmung getroffen ist. Die heutige geltende Regelung, daß bis zum 45. Tag der Träger der Krankenversicherung alle Aufwendungen, die entstehen, übernimmt, daß der Unfallversicherungsträger, wenn er in dieser Zeit etwa eine Arztleistung erbringt, eine Entschädigung vom Krankenversicherungsträger erhält, zeigt, daß das eine heute nicht mehr vertretbare Abgrenzung ist.
    Nun darf man allerdings nicht davon ausgehen, meine Damen und Herren, daß die Übernahme der Leistungen wegen eines Unfalls durch die Unfallversicherung vom ersten Tag an der einzig gerechte Weg sei. Es läßt sich prima vista sehr viel dafür sagen. Aber ist es wirklich richtig, bei jedem kleinen Unfall schon eine bürokratische Maschinerie in Gang zu setzen, um den Fall überhaupt zu erfassen? Das ist das eine Bedenken.
    Das andere Bedenken ist dieses: Ist es wirklich so, daß alles, was in der Unfallversicherung an Leistungen anfällt, die Haftung des Unternehmens ablöst? Die Wegeunfälle sind sicherlich nicht vom Unternehmen her entstanden.
    Ein dritter Gesichtspunkt: Es wird immer wieder angeführt, daß der Umfang der Leistungen in der Krankenversicherung durch die zunehmende Zahl der Unfälle ständig steige. — Auf die zunehmende Zahl der Unfälle komme ich später noch. — Aber es ist genau umgekehrt. Eine ganze Reihe von Leistungen, die früher die Krankenversicherung allein gedeckt hat, sind inzwischen längst in die Unfallversicherung hinübergenommen worden. Trotzdem sind wir der Meinung, daß der 45. Tag keineswegs richtig ist. Dem Hohen Hause ist sicher bekannt, daß vor einigen Jahren zwischen den Versicherungsträgern nahezu eine Vereinbarung dahin erzielt war, daß 18 Tage die richtige Begrenzung seien.
    Ohne uns darauf festlegen zu wollen, daß diese 18 Tage auch bei näherer Prüfung die Grenze bleiben sollen, haben wir uns für diese Regelung in dem Gesetzentwurf entschieden. Wir gehen von dieser Regelung aus. Immerhin werden die Träger der Versicherung nicht ohne Grund auf 18 Tage gekommen seien, und sei der Grund nur der, daß sich dann die Leistungen je zur Hälfte auf die beiden Trägerarten verteilen.
    Ob man ein Pauschalsystem für frühere Leistungen finden kann, ist eine Frage, die sehr der Erörterung bedarf, schon allein deshalb, weil die Krankenversicherungsträger unter sich bei der Ver-



    Stingl
    teilung einer Pauschalsumme sicherlich nicht so leicht eine Einigkeit erzielen könnten.
    Meine Damen und Herren, .in den Übergangs-
    und Schlußbestimmungen ist noch von Bedeutung, daß wir einige Notverordnungen außer Kraft setzen, unter anderem die, daß bei einer Schädigung von 20% in. den Jahren der Geltung dieser Notverordnung keine Renten gezahlt wurden und bis heute nicht gezahlt werden. Es wird die Unebenheit beseitigt werden, daß bei fahrlässigem Verschulden nur halbe Renten gezahlt werden.
    Wir wollen, daß dieses Gesetz möglichst schnell in Kraft tritt, und wir haben die begründete Hoffnung, die Beratungen können so beschleunigt werden, daß dieses neue Recht am 1. Januar 1963 in Kraft tritt, selbstverständlich — als Berliner brauchte ich das eigentlich nicht besonders zu erwähnen, aber die Bestimmung ist nun einmal im .Gesetzentwurf enthalten — auch im Lande Berlin.
    Eine Bemerkung noch zu der Behauptung, daß die Zahl der Unfälle gestiegen sei. Die Zahl der nachgewiesenen Unfälle ist in der Tat gestiegen, nicht aber die Zahl der Unfälle. Es hat sich gezeigt, daß nach der Einführung der verbesserten Lohnfortzahlungs-Regelung auch Unfälle gemeldet werden, die früher nicht in den Statistiken .erschienen.
    Ich habe versucht, dem Gesetzentwurf, den wir Ihnen vorlegen, nicht nur einige Lichter aufzusetzen; sondern habe mich bemüht, auch darauf hinzuweisen, welcher Art die Gesamtregelung. in der Unfallversicherung ist. Ich hoffe, es ist mir gelungen. Ich darf noch einmal sagen: Die christlichdemokratische/christlich-soziale Fraktion dieses Hohen Hauses hat den bestmöglichen Schutz der Versicherten im Auge. Sie richtet sich dabei nach den sozialpolitischen Gegebenheiten einer neuen Zeit, nach den gesellschaftspolitischen Notwendigkeiten und nach den volkswirtschaftlichen Erfordernissen. Das beste wird allerdings sein, wenn es uns gelingt, die Zahl der Unfälle so niedrig wie irgend möglich zu machen. In den Fällen aber, wo ein Unfall eingetreten ist, ist es nach unserer Auffassung im Interesse des Versicherten das beste, alles dafür zu tun, daß der Verletzte wieder in die Lage versetzt wird, für sich selbst zu sorgen. Erst dann soll die Gemeinschaft der Unternehmer dafür sorgen, daß auch eine zusätzliche Rentenleistung gewährt wird. Wir halten unseren Gesetzentwurf für eine durchdachte, modernen Erfordernissen entsprechende Neuregelung des Unfallrechts. Wir bitten Sie, ihn dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)