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ID0316701700

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    Deutscher Bundestag 167. Sitzung Bonn, den 18. August 1961 Inhalt: Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung zur politischen Lage und Beratung über die Lage Berlins Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 9769 B Brandt, Regierender Bürgermeister von Berlin . . . . . 9773 C Dr. Krone (CDU/CSU) 9777 A Ollenhauer (SPD) 9779 D Dr. Mende (FDP) 9781 A Schneider (Bremerhaven) (fraktionslos) 9783 C Behrisch (fraktionslos) 9786 A Neubauer (SPD) 9788 A D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 9788 C Anlage 9791 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. August 1961 9769 167. Sitzung Bonn, den 18. August 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 11.04 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste ber beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Bärsch 18. 8. Bettgenhäuser 22. 8. Caspers 22. 8. Dewald 22. 8. Dr. Frey 22. 8. Dr. Greve 22. 8. Hauffe 22. 8. Jaksch 18. 8. Frau Klemmert 22. 8. Dr. Königswarter 22. 8. Kuntscher 18. 8. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Lena (Trossingen) 22. 8. Meitmann 22. 8. Dr. Menzel 18. 8. Neuburger 22. 8. Pelster 22. 8. Dr. Pferdmenges 22. 8. Pohle 22. 8. Reitzner 22. 8. Scharnowski 22. 8. Schoettle 18. 8. Struve 22. 8. Strauß 18. 8. Dr. Tamblé 22. 8. Frau Welter (Aachen) 22. 8.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Noch eine Wortmeldung? — Bitte, Herr Abgeordneter Neubauer.


Rede von Kurt Neubauer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Abgeordneter dieses Hauses, der bis zum Beginn der zurückliegenden Ereignisse unmittelbarer Vertreter der Ostberliner Bevölkerung in diesem Hause war, möchte ich mit ein paar Sätzen auf die Ausführungen, die mein Vorredner gemacht hat, antworten.
Er hat vorgegeben, erschüttert zu sein. Aber er hat vergessen, während seiner Ansprache auch nur einen einzigen Satz 'darüber auszusagen, ob er bereit ist, vor diesem Haus und vor der Welt diejenigen anzuklagen, die vor einigen Tagen brutal auf die Ostberliner Bevölkerung eingeschlagen haben.

(Lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses.)

Wer sich in dieser Zeit bemüht, auch noch Entschuldigungen für diese Handlungsweise zu finden, identifiziert sich mit dieser Handlungsweise.

(Erneuter lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses. — Abg. Wacher: Herr Neubauer, das hat Herr Behrisch schon beim Ungarnaufstand getan, und da wurde nichts gesagt!)

Wer sich aber mit dieser Handlungsweise identifiziert, muß sich auch gefallen lassen, so behandelt zu werden, wie diejenigen behandelt werden müssen, die für diese Ereignisse verantwortlich sind.
Er hat hier eine Rede gehalten, der man nicht entnehmen konnte, was er eigentlich will.

(Zurufe: Sehr gut!)

Wenn man das wissen will, muß man seine Reden im Lande kennen. Er hat ganz offenbar die Funktion übernommen, die die Kommunisten oftmals anderen zugedacht haben: demokratische Parteien zu diffamieren, in demokratische Parteien einzudringen, damit die Demokratie zu zerstören.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er schon jahrelang getan!)

Meine Damen und Herren! Es wäre notwendig gewesen, daß Herr Behrisch für unsere demokratischen Freunde in Ostberlin wenigstens jenes Maß an Freiheit gefordert hätte, das er für sich als Abgeordneter dieses Hauses in Anspruch nimmt.

(Beifall auf allen Seiten des Hauses.)

Ich darf daher mit aller Entschiedenheit im Namen der Frauen und Männer, die jetzt seit Tagen im Gefängnis sitzen, 'dagegen protestieren, daß ein Abgeordneter dieses Hauses die Schuld bei allen, nur nicht bei den Tätern der letzten Tage sucht.

(Anhaltender lebhafter Beifall auf allen Seiten des Hauses.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Keine weiteren Wortmeldungen? — Dann, meine Damen und Herren, lassen Sie mich in dieser ernsten Stunde in wenigen Sätzen das zusammenfassen, in dem, wie ich glaube, dieses Haus, mit einer Ausnahme, ,einig ist.
    Ich glaube, daß der Deutsche Bundestag als oberste gesetzgebende Körperschaft und als Sprecher des ganzen deutschen Volkes in diesem Augenblick einig ist in dem Willen zum Widerstand, zum besonnenen, aber ganz entschlossenen Widerstand gegen den Terror und die Unmenschlichkeit, die in der sowjetisch beisetzten Zone Deutschlands, gewiß nicht nur und nicht erst seit dem 12. August 1961, sondern schon seit Jahr und Tag, brutal geübt werden. Gegen diesen Terror befinden wir uns im Widerstand. Wir sind aber auch im Widerstand gegen .den von den Warschauer-Pakt-Staaten vertretenen oder mindestens gebilligten Bruch von Verträgen, von internationalen, von völkerrechtlichen Abmachungen.
    Wir sind zweitens auch in dieser Stunde einig, wie wir es in diesen Jahren immer gewesen sind, in der Solidarität mit den Unterdrückten und mit den Terrorisierten, mit denen, die seit Jahr und Tag hinter den Zonen- und Sektorengrenzen erniedrigt und beleidigt werden. In ,dieser Solidarität erweist sich die Kraft der Deutschen, auch im geteilten Deutschland eine Nation zu sein und hoffentlich auch eine Nation zu bleiben. Und wir sind bei aller Vielfalt der Töne, die wir hier ,gehört haben, einig in der Solidarität mit der freien Welt und ihren Schutzorganisationen, deren Wertes und deren Bedeutung wir uns, wiederum nicht erst in dieser Stunde, aber in dieser Stunde in ganz besonderem Maße, wohl bewußt sind.

    (Beifall.)

    Und drittens: Dieser Bundestag ist hoffentlich ebenso wie der kommende völlig einig in der Treue zur Freiheit, und das heißt heute: einig mit dem ganzen deutschen Volke in dem Willen, das Selbstbestimmungsrecht für ganz Deutschland und alle, die darin wohnen, zu verwirklichen.
    Ich nehme den Ton noch einmal auf, der kein billiges Wort sein soll, den Ton des Trostes und des Mutes an die, die hinter den Sektoren- und hinter den Zonengrenzen leiden. Ich glaube, es gibt reale Tatsachen, auf Grund deren wir ihnen zurufen
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. August 1961 9789
    Präsident D. Dr. Gerstenmaier
    können: In der Tat, laßt den Mut und laßt die Hoffnung nicht sinken!
    Der Bundestag bekennt sich erneut und feierlich zur Charta der Vereinten Nationen und den in ihr proklamierten Menschenrechten

    (starker Beifall auf allen Seiten des Hauses)

    — sie sind für uns kein leeres Wort —, einschließlich ihres Artikels 1 mit dem Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht der Völker. Der Bundestag hat damit auch in dieser Stunde entsprechend dem Sinn und Geist des Grundgesetzes gehandelt, das ihm auferlegt, für alle Deutschen das Wort zu führen. Wir stehen treu und gehorsam heute und morgen zu der Forderung des Grundgesetzes im Schluß-Satz seiner Präambel: „Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden." Dafür dienen wir, daran glauben wir!
    Ich danke Ihnen.
    Die Sitzung ist geschlossen.

    (Beifall.)