Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch die Besetzung des Hauses nicht gerade ein übermäßiges Interesse an dieser Aussprache erkennen läßt — insbesondere in den Reihen der antragstellenden Partei, der Opposition —, so möchte ich doch einige Worte sagen und mit Zahlen dokumentieren, wie die Dinge eigentlich liegen.
Ich glaube, Kollege Schmücker hat völlig recht, wenn er darauf hingewiesen hat, daß sich die Wirtschaftspolitik nicht aufteilen läßt in eine Wirtschaftspolitik für soundsoviele Industriezweige, für soundsoviele Handwerkszweige, für Handel und dergleichen mehr, sondern daß die Wirtschaftspolitik immer nur vom Ganzen — also umfassend — gesehen und gehandhabt werden kann. Allerdings werden unter bestimmten Kriterien für die Aufrechterhaltung, ,den Schutz und das Gedeihen des Mittelstandes je nach der Situation — man muß da beweglich sein — da oder dort gewisse Maßnahmen erforderlich sein. So haben wir auch tatsächlich gehandelt. Das ist mannigfach zu beweisen. Die Gesetzgebung dieser ganzen Legislaturperiode ist eine fast lückenlose Beweiskette dafür, wie sehr wir uns nach dieser Richtung hin bemüht haben.
Was Mittelstand und Konzentration anlangt, so werden Sie nicht bestreiten können, daß der Bericht des Bundeskartellamtes in fast schonungsloser Offenheit auf alle Tatbestände hinweist, die möglicherweise zu einer Gesellschaftskritik Anlaß geben können. Die Bundesregierung hat von sich aus schon zu erkennen gegeben, daß sie willens ist, in der nächsten Legislaturperiode eine Novellierung vorzunehmen. Das Gesetz ist bekanntlich am 1. Januar 1958 in Kraft getreten, und bei einem Gesetz von solcher gesellschaftspolitischer Tragweite ist es einfach ein Gebot der Verantwortung, hinreichende Erfahrungen zu sammeln.
Aber, meine Damen und Herren! Ziehen wir einmal Bilanz über das Ergebnis der mittelständischen Politik — wenn ich das jetzt einmal herausgreifen oder isolieren und bechränken darf — am Beispiel etwa des Handwerks und des Einzelhandels.
Ich darf als Vergleichsmaß vorausnehmen, daß die deutsche Industrie in diesen vier Jahren — das heißt in dieser Legislaturperiode, die wir jetzt beenden — eine Steigerung ihrer Umsätze von 41,5 % zu verzeichnen hat — innerhalb von vier Jahren bestimmt ein stolzes Ergebnis. Nun der Einzelhandel: er hat seine Umsätze in den gleichen vier Jahren von 71 auf 91 Milliarden gesteigert. Das ist eine Zunahme um 34,5 %. Das Handwerk hat seine Umsätze von 60 auf 81 Milliarden gesteigert. Das ist eine Steigerung von 42 %. Wenn es eine Regierung mit ihrer Politik fertigbringt, innerhalb einer Legislaturperiode die Umsätze des Mittelstandes um rund. 40 0/o zu steigern, dann ist jedenfalls die Behauptung, daß am Ende der Legislaturperiode die Verhältnisse schwerer und bedrängender erscheinen als zu Beginn der Legislaturperiode, widerlegt. Im Gegenteil, es ist der Gegenbeweis geführt!