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ID0315903200

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    Vokabeln: 7
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    7. Wischnewski.: 1
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    Deutscher Bundestag 159. Sitzung Bonn, den 5. Mai 1961 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 9201 A Begrüßung der in den Kontaktausschuß delegierten Vertreter des Europäischen Parlaments und der Parlamente afrikanischer Republiken 9228 D Fragestunde (Drucksache 2712) Fragen 'des Abg. Dr. Fritz (Ludwigshafen) : Verhaftung des ehemaligen Fremdenlegionärs Karl Gilberg . . . . . . 9201 B Frage des Abg. Kreitmeyer: Maßnahmen gegen eine Bedrohung Berlins Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 9201 C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 9201 C Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache 2608); in Verbindung mit dem Antrag betr. berufliche und soziale Sicherung Deutscher in Entwicklungsländern (SPD) (Drucksache 2607) ; dem Entwurf eines Gesetzes über die Finanzierungshilfe für Entwicklungsländer aus Mitteln des ERP-Sondervermögens (Entwicklungshilfegesetz) (Drucksache 2288) ; Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 2658) — Zweite und dritte Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1961 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1961) (Drucksache 2380); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 2669, zu 2669) — Zweite und dritte Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes zum Übereinkommen vom 14. Dezember 1960 über die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (Drucksache 2670) — Erste Beratung — Kalbitzer (SPD) 9202 B Kühn (Köln) (SPD) . . . . . . 9212 A Dr. von Brentano, Bundesminister 9217 A Dr. Westrick, Staatssekretär . . 9225 C Scheel (FDP) . . . . . . . . 9232 A Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 9236 C Wischnewski (SPD) 9240 D Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Siebenten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1961 (Senkung von Außen-Zollsätzen aus Anlaß der DM-Aufwertung) (Drucksachen 2682, 2722) . . . 9242 D Nächste Sitzung 9243 C Anlagen 9245 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Mai 1961 9201 159. Sitzung Bonn, den 5. Mai 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht 1 Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschl. Dr. Arndt 5. 5. Dr. Atzenroth 5. 5. Dr. Baade 5. 5. Baier (Mosbach) 31. 5. Dr. Bärsch 5. 5. Bauer (Wasserburg) 5. 5. Bazille 5. 5. Frau Berger-Heise 6. 5. Berlin 5. 5. Frau Blohm 5. 5. Dr. Böhm 6. 5. Dr. Brecht 5. 5. Frau Dr. Brökelschen 31. 5. Dr. Burgbacher 5. 5. Caspers 5. 5. Dr. Dahlgrün 5. 5. Deringer 5. 5. Diekmann 5. 5. Dr. Dittrich 5. 5. Frau Döhring (Stuttgart) 5. 5. Dowidat 5. 5. Drachsler 5. 5. Dürr 5. 5. Eisenmann 5. 5. Faller 5. 5. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 5. 5. Dr. Furler 5. 5. Geiger (München) 5. 5. Dr. Görgen 1. 7. Dr. Götz 31. 5. Dr. Gradl 6. . Dr. Greve 5. 5. Dr. von Haniel-Niethammer 5. 5. Hauffe 1. 7. Dr. Heck (Rottweil) 1. 6. Hermsdorf 5. 5. Dr. Hesberg 5. 5. Hübner 5. 5. Hufnagel 5. 5. Dr. Jordan 5. 5. Dr. Kempfler 5. 5. Killat (Unterbach) 5. 5. Frau Kipp-Kaule 5. 5. Frau Klemmert 1. 7. Dr. Königswarter 5. 5. Frau Krappe 5. 5. Lenz (Trossingen) 5. 5. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 1. 7. Mattick 5. 5. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschl. Dr. Menzel 31. 5. Frau Nadig 5. 5. Neuburger 5. 5. Neumann 5. 5. Niederalt 3. 6. Dr. Dr. Oberländer 5. 5. 011enhauer 27. 5. Dr. h. c. Pferdmenges 5. 5. Frau Pitz-Savelsberg 31. 5. Pohle 5. 5. Pusch 5. 5. Rademacher 1. 7. Regling 5. 5. Dr. Reith 5. 5. Rhode 5. 5. Ruhnke 7. 5. Sander 4. 6. Frau Schanzenbach 27. 5. Dr. Schild 5. 5. Dr. Schmidt (Gellersen) 5. 5. Schoettle 5. 5. Schüttler 5. 5. Schütz (Berlin) 5. 5. Dr. Seffrin 15. 5. Seuffert 5. 5. Dr. Seume 5. 5. Stahl 5. 5. Dr. Starke 5. 5. Dr. Stecker 5. 5. Dr. Stoltenberg 5. 5. Sühler 5. 5. Unertl 6. 5. Dr. Vogel 10. 6. Wagner 5. 5: Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 5. 5. Frau Welter (Aachen) 5. 5. Frau Wolff 5. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Nahm auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Reitz (Fragestunde der 157. Sitzung vom 3. 3. 1961, Drucksache 2712, Frage XII) : ist es richtig und entspricht es den Absichten der Bundesregierung, daß die im Bundeshaushalt bereitgestellten Sondermittel für die Räumung der Wohnlager nur dazu verwendet werden, die Altvertriebenen aus den Wohnlagern zu bringen, und müssen die Mittel nicht auch dazu verwendet werden, um auch andere Lager und allgemeine Notunterkünfte zu beseitigen? Die Auflösung und Beseitigung der Wohnlager und Notunterkünfte ist eine Angelegenheit der Länder. Der Bund stellt ihnen hierzu alljährlich Kriegs- 9246 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Mai 1961 folgenhilfemittel sowie Mittel des allgemeinen sozialen Wohnungsbaues zur Verfügung. Ohne also verpflichtet zu sein, hat die Bundesregierung 1960 auf meinen Antrag ein zusätzliches Programm zur Auflösung von Wohnlagern aufgelegt, in denen sich seit 10 und mehr Jahren Kriegsgeschädigte befinden. Die Bundesregierung stellt in diesem Programm pro Kopf eines jeden Begünstigten 6,5 % der Mittel zur Verfügung, die im Landesdurchschnitt auf eine Wohnung des sozialen Wohnungsbaues entfallen. Ingesamt werden voraussichtlich, verteilt auf vier Haushaltsjahre, zweckgebunden schätzungsweise 225 bis 230 Mio DM Rückflußmittel nach § 20 Abs. 1 des II. WoBauG und pauschalierter Kriegsfolgenhilfemittel zur Durchführung dieses Programms von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden müssen. Hinzu treten rund 80 Mio DM Aufbaudarlehen. Durch gezielten Einsatz dieser Mittel sollen 100 000 Kriegsgeschädigte aus Wohnlagern, die überwiegend von ihnen bewohnt sind, mit angemessenem Wohnraum versorgt, die Lager für weitere wohnungsmäßige Nutzung unbrauchbar gemacht werden. Die Länder haben es übernommen, die nicht kriegsgeschädigten Insassen der zur Auflösung kommenden 2449 Lager gleichzeitig mit angemessenem Wohnraum zu versorgen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Fritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verzeihung, Herr Kollege Kalbitzer, ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, daß ich erklärte, die Leitsätze der SPD, die in Hannover aufgestellt worden seien, stimmten bis auf zwei Punkte, die ich erwähnt habe, mit dem überein, was die Regierung gesagt hat?

    (Zuruf von der SPD: Schimpfen Sie doch nicht so!)

    — Ich muß doch das bißchen, was uns bei der Entwicklungshilfe trennt, hier klar und deutlich darlegen. Das ist unsere politische Aufgabe.

    (Zuruf von der SPD: Aber nicht aus einem bißchen so viel machen!)

    — Ich bin damit schon am Ende.
    Eine Bemerkung müssen Sie mir aber doch über das Zusammenspiel in Sachen „Entwicklungshilfe" im Bundestag erlauben. Da klappt es ja auch nicht immer. Obwohl der Unterausschuß „Wirtschaftsentwicklung fremder Völker" unter dem Vorsitz von Herrn Majonica bis jetzt eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, obwohl Sie, Herr Kollege Kalbitzer, in Ihrer Fraktion sich um eine Koordination bemühen und obwohl wir in der CDU-Fraktion einen Diskussionskreis haben, können wir doch feststellen, daß die Kluft in Fragen, die zur Abstimmung kommen, oft mitten durch die Fraktionen hindurchgeht und daß wir eher geneigt sind, geschlossen abzustimmen: hier Haushaltsausschuß, hier Wirtschaftsausschuß und hier Außenpolitischer Ausschuß. Ich möchte damit nur sagen, daß wir, allein vom Sachproblem her gesehen, auch hier unterschiedliche Meinungen vertreten. Wir können daher nicht ohne weiteres von der Regierung verlangen, sie müsse nun ein festgefügtes Konzept besitzen. Das ist kein Vorwurf; das Beispiel sollte eben nur zeigen, daß das Problem der Entwicklungshilfe bei uns nur allmählich gelöst werden kann.
    Das Organisationsproblem wird aber noch schwieriger, wenn wir die internationale Koordination beachten, wenn wir disse immer mehr herbeiführen müssen und wenn wir uns zur gemeinsamen westlichen Hilfe bekennen. Der DAG-Bericht aus London ist so gesehen als großartiger Fortschritt zu bezeichnen. Aber jeder internationale Fortschritt zwingt uns auf der anderen Seite, nationale Vorstellungen zu revidieren. Ich erinnere an die Kreditbedingungen, die Sie vorhin erwähnten, wo die Frage entsteht: sollen wir Programmfinanzierung oder Projektfinanzierungen durchführen? Ich erinnere an die internationale Schwerpunktbildung, an die Zurechnung der Leistungen, an die Leistungshöhe, an den äußeren organisatorischen Rahmen, an die abzustimmenden Planungsgrundsätze, an die Zusammenarbeit mit den Nehmerländern, auf die Kollege Scheel hingewiesen hat.
    Grenzen sind uns in der Zuständigkeit auch gegenüber den Ländern gesetzt. Auch das wurde vorhin betont. Wir können mit den Ländern nur mehr oder weniger freiwillige Absprachen herbeiführen. Kollege Dr. Vogel hat einmal den Vorschlag gemacht — ich weiß nicht, ob das realisierbar ist —, in Form von Verwaltungsabkommen mit den Län-



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    dern vielleicht auch Fragen der Entwicklungshilfe zu regeln. Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern — da sind wir uns wieder einmal alle einig — bedarf einer sehr engen Koordination. Es scheint aber natürlich sinnvoll zu sein, daß die Länder in erster Linie dort Entwicklungshilfe treiben, wo ihre Zuständigkeit, ihre Hoheit liegt. Vielleicht könnte man einige Leitsätze zur Frage der Entwicklungshilfe in Zusammenarbeit mit den Ländern aufstellen. Wir sollten die Bundesregierung auffordern, eine ständige Unterrichtung der Länder zu gewährleisten; davon haben Sie heute ebenfalls gesprochen. Wir sollten die Länder bitten, die Bundesregierung ständig und ausreichend zu unterrichten. Wir sollten auch in unseren Fraktionen auf dem Gebiete der Entwicklungshilfe eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern anstreben. Wir sollten die Länderregierungen auffordern, untereinander eine Abstimmung zu erreichen, so wie sie gegenwärtig in einem kleinen Gremium der Ministerpräsidenten angestrebt wird. Die Länder sollten aber auch gemeinsam mit dem Bund einen Katalog für Gebiete aufstellen, auf denen sie, eingeordnet in die Entwicklungshilfe des Bundes, ihre Leistungen vollbringen können. Die einzelnen Themen dieses Katalogs möchte ich hier der kurzen Zeit wegen aussparen. Sie sind zum großen Teil in der Aussprache schon genannt worden.
    Herr Minister von Brentano sagte mit Recht, daß es notwendig sei, die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Ich bin darüber sehr erfreut. Wenn es nämlich einen Mangel in der Entwicklungshilfe gibt, 1 dann in erster Linie den, daß wir bisher nicht in der Lage waren, die Entwicklungshilfe in geeignetem Rahmen „darzubieten". Hier müssen wesentliche Verbesserungen erfolgen.
    Dabei scheint es notwendig zu sein, unter dem sogenannten Darbieten der Entwicklungshilfe nicht nur das Darbieten der staatlichen Entwicklungshilfe zu verstehen, sondern auch das der privatwirtschaftlichen Entwicklungshilfe. Entwicklungshilfe ist für mich als Begriff eben die Mithilfe zur Verbesserung der Struktur eines Landes — gleichgültig, woher die Mittel nun fließen —, die Mithilfe, um den Hunger zu beseitigen und um die Freiheit des Menschen zu fördern. In gewissem Sinne gehören auch privatwirtschaftliche Investitionen zur Entwicklungshilfe. Dann muß aber auch die privatwirtschafliche Investition in das Darbieten der Entwicklungshilfe durch die Bundesregierung oder den Bund mit hineingebaut werden.
    Vielleicht wird hier eine Kritik sichtbar, wenn ich sage, daß der Staat dann eben auch in stärkerem Maße die Verpflichtung hätte, diese privatwirtschaftliche Leistung als Politikum anzuerkennen. Wenn in einem Staate X von privatwirtschaftlicher Seite ein Düngemittelwerk erstellt wird, dann ist diese Investition schon der Größenordnung wegen eine hochpolitische Angelegenheit. Sie kann zeitweise sogar den Mittelpunkt der Erörterung in jenem Lande über das gesamte deutsche Leistungsvermögen darstellen, der Erörterung über die deutsche Hilfe oder über die Leistung des eigenen
    Staates, nämlich den Aufbau im jungen Staat durchzuführen.
    Wenn ich unsere oft sehr mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit betrachte, dann weiß ich, daß wir es heute vielfach versäumen, deutsche Leistungen insgesamt als politische Leistungen richtig darzubieten. Beim Osten ist es in dieser Beziehung einfacher. Dort gibt es die Trennung zwischen Privatwirtschaft und Staat nicht. Ein östliches Stahlwerk gilt eben als Staatshilfe, ein westliches leider nur als private Leistung, von uns, nämlich von der Darbietung her gesehen. Wir müssen hier offenbar umdenken, und ich kann in diesem Falle positiv Herbert Wehner zitieren, der kürzlich von der „politischen Präsenz in den Entwicklungsländern" sprach, ebenfalls auf dem Parteitag in Hannover. Ich finde dieses Wort „politische Präsenz in den Entwicklungsländern" sehr gut. Ich hoffe allerdings, daß Sie unter diesem Begriff auch die privatwirtschafliche Hilfe in den Entwicklungsländern mitverstehen.
    Das richtige Darbieten ist ja, das wurde vorhin gesagt, ein Problem der gesamten westlichen Welt. Und deshalb ist es zu begrüßen, ,daß bei der nächsten Tagung der DAG dieses Thema gemeinsam von den Geberländern behandelt werden soll.
    Dem Darbieten aber der Entwicklungshilfe nach außen steht auf der anderen Seite die Erziehung nach innen gegenüber. Auch diese Frage wurde vorhin von allen Seiten gestreift. Ich darf eine ganz einfache Formel vielleicht noch einmal bringen, aber ich bitte den Berufsstand, den ich jetzt nenne, sich nicht als diskriminiert zu fühlen: Was nützen Millionen für materielle Investitionen, wenn beispielsweise ein deutscher Monteur im Ausland alle Landessitten mißachtend dort, stellvertretend in seinem Benehmen für Deutschland gesehen, sich gewissermaßen wie ein Fremdenlegionär fühlt? Ich will damit sagen: Hinter jeder materieller Leistung muß eine geistige Grundhaltung sichtbar sein, die Anerkennung, Achtung des anderen erheischt. Das gilt nicht nur für den Deutschen draußen, sondern auch für den Deutschen bei uns hier. Überlegen wir uns, daß Deutschland heute zum Gastland für viele Menschen aus den Entwicklungsländern wird. Ich brauche nur den Fall der Zimmerwirtin zu erwähnen — er ist ja bekannt —, die, schon wenn sie einen andersfarbigen Untermieter sieht, entweder die Tür zuschlägt oder einen sogenannten Farbigenzuschlag zu der Miete verlangt, um die Unterscheidung zu dokumentieren. Die geistige Mißachtung des anderen bei vielen Angehörigen unseres Volkes steht im Widerspruch zu dem, was wir als Zielsetzung der Entwicklungshilfe verkünden. Wenn wir nicht unwahrhaftig draußen wirken wollen, müssen wir unser Volk in manchem Punkt umerziehen. Ich glaube, da besteht auch gar keine Differenz in unseren Anschauungen.
    Ein anderes Problem sei noch kurz angeschnitten, auf das Herr Kollege Kalbitzer und sehr ausführlich Herr Kollege Scheel eingegangen sind, nämlich das Problem des Standes der Ausfuhr der Entwicklungsländer, der Rohstoffländer, das Problem der Einfuhren von uns her gesehen, das Problem der Währungsreserven und der Investitionen in Ent-



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    wicklungsländern. Ich möchte nur eine Zahl nennen über die Privatinvestitionen in den Entwicklungsländern, aus der Sie erkennen, welch verheerender Trend augenblicklich sichtbar ist. Die privaten Kapitalinvestitionen in Indien gingen von 18,5 Millionen Pfund im Jahre 1956 auf 12,6 Millionen Pfund im Jahre 1957 und auf 7,5 Millionen Pfund im Jahre 1958 zurück. Wir sehen an diesen Zahlen, welche Bedeutung die europäische Kapitalinvestition für die Entwicklungsländer hat, und ich kann eigentlich zunächst einmal nur begrüßen, daß wir im Steueränderungsgesetz 1961 nun eine Erleichterung für die private Kapitalinvestition geschaffen haben. Ich hoffe, daß wir uns nach der Erfahrung dieses ersten Jahres entschließen werden, diese Erleichterung im Steueränderungsgesetz 1962 noch auszudehnen.
    Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten, Privatinvestitionen zu fördern, Möglichkeiten, die die Regierung allein nützen könnte. Wenn ich an § 85 des AKG denke — wo offenbar vom Finanzministerium so viele Schwierigkeiten in der praktischen Durchführung gemacht werden —, komme ich zum Ergebnis, daß eine wirkungsvolle Entwicklungshilfe trotz der gesetzgeberischen Möglichkeit gegenwärtig nicht erfolgt. Wir haben im ERP-Wirtschaftsplan versucht, eine Hilfeleistung für die Privatinvestitionen zu geben. Neben den 10 Millionen DM für Kredite an Firmen, die in die Entwicklungsländer hinaus wollen, sind nunmehr — das haben wir im Wirtschaftsausschuß beschlossen, und ich hoffe, daß das Plenum unseren Beschlüssen folgt — Beteiligungskredite in Höhe von 10 Millionen DM vorgesehen, nämlich der Berlin-Hilfe im Rahmen des ERP-Vermögens, gewissermaßen als Modellfall. In einem Jahr werden wir sehen, ob wir auf diesem Wege weiterkommen, den Entwicklungsländern bei Privatinvestitionen wirksam zu helfen.
    In der Welt — auch das wurde vorhin ganz deutlich gesagt — sterben jährlich so viele Menschen an den Folgen des offenen Hungers, wie unser Nachbarland Frankreich Einwohner besitzt. Wir aber haben hier in der Bundesrepublik Nahrungsmittelberge. Wir leiden an einer Überproduktion. Trotz aller wirtschaftssystematischen Bedenken sollten wir deshalb umgehend darangehen, Nahrungsmittel im Rahmen der Entwicklungshilfe nach draußen zu geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Vereinten Nationen haben einen derartigen Aufruf erlassen, und auch wir in der Bundesrepublik haben Mittel bereitgestellt. Aber wollen wir uns vielleicht hinter Verfahrensvorschriften der FAO verschanzen, um solche Hilfen hinauszuzögern, obwohl mit überschüssigen Nahrungsmitteln im Werte von 20 bis 50 Millionen DM Tausende heute sofort vor dem Hungertod bewahrt werden können? Hier hört meiner Ansicht nach das wirtschaftliche Denken auf. Hier sollten wir alles unternehmen, um schnell, unbürokratisch, undogmatisch wirksame Hilfe für Katastrophenfälle zu leisten.
    An die Bundesregierung habe ich aber zum Schluß noch eine besondere Bitte. Sie sollte jährlich durch einen umfassenden schriftlichen Bericht die Bevölkerung unterrichten: erstens über den Stand der internationalen Entwicklungshilfe und zweitens über die Leistung der Bundesrepublik einschließlich der Länder und vielleicht sogar der wirtschaftlichen und der freien Organisationen, soweit sie im Rahmen einer deutschen Entwicklungspolitik wirksam sind. Das Bundesschatzministerium gibt einen solchen Bericht über das Bundeserwerbsvermögen jährlich heraus. Auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gibt in ähnlicher Form den Grünen Bericht heraus. Seit das Bundesschatzministerium seinen Bericht herausgibt, ist die Kritik über mangelnde Publizität auf diesem Gebiet der staatlichen Unternehmen fast völlig verstummt. Ein anschaulich gegebener ausführlicher Bericht über die Entwicklungshilfe hätte eine noch viel weitergehende Wirkung. Ein Entwicklungsbericht, der auch Probleme aufzeigt und Mängel aufzeigt, würde im Ausland, vor allem in den Entwicklungsländern, Beachtung finden und die Kritik an deutschen Leistungen wesentlich dämpfen. Dieser Bericht müßte eventuell in mehreren Sprachen erscheinen.
    Zum Schluß darf ich folgendes betonen. Die Regierung ist in ihrer Entwicklungspolitik vom Vertrauen unserer Fraktion getragen. Wir fühlen uns verpflichtet, entsprechend der Zusage der Bundesregierung eine ständige langfristige größere Leistung für die Notstandgebiete der Welt zu erbringen. Wir wissen, daß von der Lösung dieser uns in der zweiten Hälfte ,des 20. Jahrhunderts gestellten gewaltigen Aufgabe die Gestaltung unserer eigenen Zukunft abhängt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wischnewski.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Wischnewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur noch einige ganz wenige abschließende Bemerkungen! Herr Kollege Dr. Fritz, ich bitte vielmals urn Entschuldigung: ich habe gar nicht recht verstehen können, warum Sie uns in zwei Punkten so besonders attackieren wollten. Der Herr Bundesaußenminister hat zum Ausdruck gebracht, daß er zu 80 bis 90 % mit der Meinung meines Kollegen Kalbitzer übereinstimme. Ich möchte von mir aus sagen: Nach Ihren Ausführungen fühle ich mich fast veranlaßt, die Bundesregierung vor Ihren Parteifreunden in Schutz zu nehmen. Ich darf wörtlich zitieren:
    In den zuständigen Bundesstellen sei in den Fragen der Entwicklungspolitik so gut wie nichts geklärt. Das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt stünden in diesen Fragen hart gegeneinander. — Dies erklärte Kultusminister Schütz, der zugleich Referent für die Entwicklungshilfe in der Kultusministerkonferenz ist, vor etwa hundert Teilnehmern des evangelisch-katholischen Publizistentreffens in Bensberg bei Köln.
    Herr Kultusminister Schütz gehört ja zu Ihren Parteifreunden. Ich muß ehrlich sagen, ich hatte nicht
    den Eindruck, daß mein Kollege Kalbitzer bei sei-



    Wischnewski
    nen kritischen Bemerkungen zur Haltung der Bundesregierung in Entwicklungsfragen so weit gegangen ist wie Ihr Parteifreund Schütz.
    Vielleicht darf ich ein grundsätzliches Wort dazu sagen. Wir sollten alle darum bemüht sein, in dieser so wichtigen Frage, bei diesem entscheidenden Faktor der Weltpolitik kleinen Parteienstreit weitestgehend herauszulassen. Wir sollten uns bemühen, eine möglichst breite Basis für die Entwicklungspolitik zu finden. Der heutige Tag hat eigentlich den Beweis dafür erbracht, daß in den wesentlichen Grundsätzen sehr viel Übereinstimmung besteht. Ich glaube, den weitaus größten Teil der hier genannten politischen Grundsätze können wir durchaus unterschreiben.