Rede von
Edith
Krappe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte ein spezielles Problem ansprechen, nämlich den Studentenwohnheimbau. Ich will keinen Antrag auf Änderung der Ansätze stellen, weil 1961 eine Realisierung nicht mehr erfolgen könnte, sondern möchte den Grundsatz ansprechen. Ich möchte dabei gleichzeitig unseren Entschließungsantrag Umdruck 807 begründen, den wir zur dritten Lesung eingebracht haben und von dem ich hoffe, daß er morgen angenommen wird. Einen ähnlichen Entschließungsantrag haben wir im vorigen Jahr einstimmig angenommen. Daraufhin ist aber nichts geschehen. Der Antrag ist zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß überwiesen worden, aber nicht bis dorthin gelangt, also aus dem Fachausschuß nicht herausgekommen. Ich hoffe, daß das Problem in diesem Jahr ernsthaft aufgegriffen und in den nächsten Jahren eingehend behandelt wird.
Im Haushaltsplan 1961 sind wieder bei drei Ministerien Mittel für den genannten Zweck vorgesehen. Wir möchten, daß eine Einheitlichkeit erreicht wird.
Die Wohnungsnot der Studenten ist bekannt. Im November 1958 wurde vom Studentenwerk der sogenannte Düsseldorfer Plan aufgestellt, um das Problem überhaupt einmal anzusprechen und aufzuzeigen, welche Nöte hier vorherrschen. 1960 ist ein neuer Plan aufgestellt worden. Danach ist der Bedarf noch wesentlich größer. Die Zahl der Studierenden an den Hochschulen der Bundesrepublik beträgt zur Zeit rund 212 000. Für diese Studenten stehen lediglich 21 500 Wohnheimplätze zur Verfügung, also für rund 10 %. Die Zahl der Studenten wird in den nächsten Jahren noch ansteigen, man schätzt in Fachkreisen um zirka 50 000.
Hinzukommen die Probleme der ausländischen Studenten. Im Sommer 1960 studierten etwa 22 000 ausländische Studenten in der Bundesrepublik, davon 8500 aus den Entwicklungsländern. Von den ausländischen Studenten wohnten 13 % in Wohnheimen. Dieser Prozentsatz ist gerade für diese Studentengruppe zu niedrig. Den afro-asiatischen Studenten
sollte ganz besonders geholfen werden, denn für sie ist aus verständlichen Gründen die Zimmerbeschaffung besonders schwierig. Außerdem ist für sie das erste Jahr bei uns entscheidend für ihre Einstellung zu unserem Land. Darum sollten wir darauf achten, daß gerade ihnen gute Wohnmöglichkeiten geboten werden._
Die Fachkreise sind sich darin einig, daß man in Zukunft für rund 30 % aller Studierenden Wohnheimplätze brauchen wird. Wenn man die Zahl von 30 % zugrunde legt — zum Teil werden auch 50 % für wünschenswert gehalten, aber das ist vorläufig völig unerreichbar —, fehlen über 57 000 Plätze. Für einen Wohnheimplatz benötigt man rund 10 000 DM Baukosten. Es wären also 570 Millionen DM nötig, um das genannte Ziel zu erreichen.
Wir müssen davon ausgehen, daß auch in der Zukunft Wohnheimplätze ständig zur Verfügung stehen müssen. Das entspricht den heutigen Gewohnheiten. Soviel Zimmer wie früher stehen heute nicht mehr zur Verfügung. Die Zahl der zur Untermiete angebotenen Zimmer ist aus den verschiedensten Gründen zurückgegangen. Darum sind diese Wohnheimplätze dringend notwendig.
Wir sind auch der Ansicht, daß dieses Problem nicht mit kleinen sozialen Hilfsmaßnahmen gelöst werden kann, zudem in diversen Haushalten immer ein paar Mittel zur Verfügung gestellt werden, um der dringendsten Not zu steuern. Wir möchten vielmehr eine echte Planung und geben daher die Anregung, dieses ganze Kapitel in das Innenministerium zu verlegen, nämlich automatisch zur Hochschulplanung, damit es von dort aus in Angriff genommen wird. Dann kann mit den einzelnen Universitäten abgesprochen werden, was in dem Universitätsort und seiner Umgebung notwendig ist. Am besten würde diese Sache wahrscheinlich bei der Kulturplanung im Innenministerium bearbeitet werden.
Wir bringen daher in unserem Entschließungsantrag drei Anliegen vor. Erstens wünschen wir jetzt wirklich einen Fünfjahresplan, zweitens möchten wir vor der Beratung des Haushalts 1962 einen Bericht im Parlament, drittens möchten wir, daß jetzt endgültig zur Kostenbeteiligung Stellung genommen wird. Diese hatten wir schon im vorigen Jahr folgendermaßen vorgeschlagen: 20 % der Träger, 40 % der Bund, 40 % die Länder. Die Miete darf keinesfalls höher als 60 oder 65 DM sein, weil sonst wieder wegen der Hilfsmaßnahmen neue Probleme entstehen würden. Die Schlüsselung von 20 : 40 : 40 entspricht einer Empfehlung der Kultusministerkonferenz vom 29./30. September 1960. Wir bitten, unserem Entschließungsantrag Umdruck 807 morgen in der dritten Lesung die Zustimmung zu gehen.