Rede von
Dr.
Wolfgang
Rutschke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Kuntscher, das ist nicht einmal anderthalb Jahre her. Ich bin wirklich der Meinung, es geht nicht an, daß innerhalb von anderthalb Jahren auf der einen Seite die Regierung behaupten kann, es sei kein Geld da, und auf der anderen Seite anderthalb Jahre später festgestellt wird, es sind 8 Milliarden DM da. Das macht die Regierung eben unglaubwürdig, wenn sie mit ihren Schätzungen kommt.
Nun wurde uns der Vorwurf gemacht, wir hätten uns nur aus wahlpropagandistischen Gründen besonders für den Lastenausgleich oder die Kriegsopferversorgung eingesetzt. Wir haben damals einen sehr „teueren Gesetzentwurf" eingebracht. Das war im Jahre 1958 nach der Wahl. Damals hat die Regierung behauptet, sie habe kein Geld. Jetzt hat sie kurz vor der Wahl selbst einen sehr massiven Gesetzentwurf eingebracht, — worüber ich mich trotzdem freue für die Geschädigten.
— Sie sagen, das sei die Hauptsache; da werden wir uns immer einig sein, Herr Czaja. Aber es ist immerhin bedauerlich, daß man die Menschen, die ein hartes Schicksal erleiden und tragen müssen, in den Wahlkampf hineinzieht; zumindest drängt sich die Vermutung hierzu auf.
Warum setzen wir Freien Demokraten uns besonders für diesen Personenkreis ein? Es handelt sich nicht nur um Ausgaben, die nicht mehr steigen werden, vielmehr werden sie natürlicherweise niedriger werden müssen. Wir als liberale Partei haben uns von jeher gegen eine entschädigungslose Enteignung gewehrt; Das war schon vor hundert Jahren so. Man muß bedenken, daß der Bürger nicht durch eigenes Verschulden, sondern durch Verschulden des vorangegangenen Staates in diese Notlage gekommen ist. Wenn man auf der einen Seite das Eigentum bejaht — wie Freien Demokraten tun das —, muß man dem Bürger, der sein Eigentum, wie gesagt, nicht durch eigenes Verschulden, sondern durch Verschulden des Staates verloren hat, gerechterweise eine Entschädigung gewähren, um ihn aus seiner Notlage herauszubringen. Das ist unsere Auffassung, und dazu stehen wir.
Ich möchte Sie deshalb herzlichst bitten, in Zukunft, insbesondere in den kommenden Monaten, draußen nicht die Mär zu verbreiten, die Freien Demokraten seien sozusagen nur die Vorausabteilung des Bundes der Steuerzahler oder verweigerten grundsätzlich einer Regierung die Mittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauche.
Wir treten mit allen Konsequenzen für die Menschen ein, die einen gerechtfertigten Anspruch auf Entschädigung an den Staat haben auch dann, wenn es viel Geld kostet.
— Sehr richtig, Herr Kollege! Man kann nämlich dann, wenn man ein ständig höheres Steueraufkommen hat, beides tun. Aber das Mehraufkommen wird ja bei uns dann in anderer Form „verbraten", wenn ich mal diesen Ausdruck gebrauchen darf, und weniger an die gegeben, die zunächst einen Anspruch darauf hätten.
Wir sprechen heute über den Etat des Vertriebenenministeriums. Da geziemt es sich, soweit es angebracht ist, einen Dank an die Herren auszusprechen, die die Verantwortung für dieses Ministerium haben. Im Bereich dieses Ministeriums haben wir tatsächlich Anlaß, Dank auszusprechen; denn Staatssekretär Dr. Nahm hat sich immer Mühe gegeben, zu helfen. Sicherlich wurde er vom Finanzminister nicht immer so unterstützt, wie er es sich wünschte. Wir verdanken es auch seinen Bemühungen, daß im Ausschuß für Lastenausgleich ein gutes Klima herrschte, was ja auch Sie, Herr Kollege Kuntscher, bereits sagten.
Herr Minister Dr. von Merkatz steht diesem Ministerium erst seit kurzer Zeit vor; aber ich glaube, daß wir bei ihm in den Angelegenheiten der Vertriebenen und der Kriegssachgeschädigten ebenfalls Unterstützung finden werden. Aus diesem Grunde stimmt die Fraktion der Freien Demokratischen Partei dem Haushalt dieses Ministeriums zu.