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ID0315007200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 150. Sitzung Bonn, den 14. März 1961 Inhalt Änderung der Tagesordnung . . . . 8517 A Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen (Drucksachen 884, 1114, 2563, zu 2563) 8517 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplanes für das Rechnungsjahr 1961 (Haushaltsgesetz 1961) (Drucksachen 2050, 2300); Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 11, Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2510, zu 2510) Dr. Götz (CDU/CSU) . 8518 A, 8539 D Wittrock (SPD) 8518 B Dr. Schellenberg (SPD) 8518 D, 8533 D Blank, Bundesminister 8523 B, 8534 A Mischnick (FDP) . . . . . . . 8531 D Horn (CDU/CSU) 8534 B Rohde (SPD) 8535 B Weber (Georgenau) (FDP) . 8539 B Frehsee (SPD) . . . . . . . 8540 A Verweisung des Abg. Wittrock aus dem Saal 8529 D, 8531 C Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 2511, zu 2511) Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 8540 C Dr. Bleiß (SPD) . . . . 8541 B, 8565 D Müller-Hermann (CDU/CSU) . . • 8546 C Eisenmann (FDP) 8549 C Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8555 D Faller (SPD) . . . . . . . . 8568 A Dr. Conring (CDU/CSU) . . . . 8568 B Margulies (FDP) . . . . . . . 8568 C Einzelplan 13, Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 2512) Cramer (SPD) 8569 A Stücklen, Bundesminister . . . 8572 B Blachstein (SPD) 8573 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes (FDP) (Drucksache 1520) 8574 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 8574 D Anlagen 8575 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. März 1961 8517 150. Sitzung Bonn, den 14. März 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 15 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 18.3. Graf Adelmann 14. 3. Altmeier 18.3. Bazille 15. 3. Blachstein 14. 3. Caspers 1. 4. Demmelmeier 18. 3. Dowidat 18. 3. Eilers (Oldenburg) 18. 3. Dr. Elbrächter 17. 3. Erik 31.3. Dr. Frede 15. 3. Funk 18. 3. Gehring 14. 3. Geiger (Aalen) 14. 3. Dr. Gleissner 17. 3. Goldhagen 11.4. Dr. Gossel 14. 3. Dr. Greve 14. 3. Freiherr zu Guttenberg 24. 3. Häussler 14. 3. Dr. Dr. Heinemann 17. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 17. 3. Hörauf 7. 4. Hufnagel 17. 3. Dr. Huys 17. 3. Dr. Imle 15. 3. Dr. Jordan 17. 3. Frau Kalinke 17. 3. Katzer 17. 3. Koenen (Lippstadt) 20. 3. Dr. Königswarter 17. 3. Frau Korspeter 17. 3. Krammig 15. 3. Kriedemann 14. 3. Freiherr von Kühlmann-Stumm 18. 3. Lücker (München) 15. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 18.3. Mensing 17. 3. Dr. Menzel 21.4. Odenthal 18. 3. Prennel 17. 3. Rademacher 18.3. Ramms 18. 3. Rohde 14.3. Rollmann 14. 3. Dr. Rüdel (Kiel) 14. 3. Ruhnke 25. 3. Sander 18. 3. Scheppmann 18. 3. Schneider (Bremerhaven) 18. 3. Schultz 18. 3. Schüttler 14. 3. Dr. Seffrin 12. 4. Seidl (Dorien) 18. 3. Spitzmüller 18. 3. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Stoltenberg 14. 3. Wehking 14. 3. Welke 17. 3. Dr. Werber 14. 3. Winkelheide 14. 3. Frau Wolff . 14. 3. Worms 14. 3, b) Urlaubsanträge Fürst von Bismarck 15. 4. Engelbrecht-Greve 25. 3. Lulay 8. 4. Anlage 2 Umdruck 782 Änderungsantrag der Abgeordneten Hoogen, Dr. Arndt, Dr. Bucher und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 05 - Bundesarbeitsgericht in Kassel - In Tit. 202 - Bücherei - (Drucksache 2050 Anlage S. 45) ist der Ansatz von 30 000 DM auf 40 000 DM zu erhöhen. Bonn, den 7. März 1961 Hoogen Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Arndt Frau Dr. Kuchtner Dr. Bucher Dr. Weber (Koblenz) Metzger Dr. Winter Anlage 3 Umdruck 783 Änderungsantrag der Abgeordneten Hoogen, Dr. Arndt, Dr. Bucher und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 07 - Bundessozialgericht in Kassel - 1. In Tit 101 - Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen für Richter und planmäßige Beamte (einschließlich der in Planstellen angestellten Beamten auf Probe) - (Drucksache 2050 Anlage S. 58) sind unter Planstellen bei Bes.-Gr. B 5 statt „29" Bundesrichter „31" Bundesrichter auszubringen. Die Ansätze sind entsprechend zu ändern. 8576 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. März 1961 2. In Tit. 202 (Drucksache 2050 Anlage S. 61) ist der Ansatz von 40 000 DM auf 50 000 DM zu erhöhen. Bonn, den 7. März 1961 Hoogen Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Arndt Frau Dr. Kuchtner Dr. Bucher Dr. Winter Metzger Dr. Weber (Koblenz) Anlage 4 Umdruck 792 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 2050 Anlage, 2511). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 1202 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 601 — Förderung des Reiseverkehrs in Deutschland — (Drucksache 2050 Anlage S. 24) wird der Ansatz von 5 270 000 DM um 730 000 DM auf 6 000 000 DM erhöht. Bonn, den 7. März 1961 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 814 Änderungsantrag der Abgeordneten Pohle, Maucher, Dr. Rutschke zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050, Anlage 2510). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 10 — Kriegsopferversorgung und gleichartige Leistungen —In der Zweckbestimmung zu Tit. 652 — Zuschüsse zur fachlichen Fortbildung der Beamten und Angestellten einschließlich Reisekosten —(Drucksache 2510 S. 4) werden hinter dem Wort „einschließlich" die Worte „Schrifttum und" eingefügt. 16. In der Zweckbestimmung zu Tit. 653 — Zuschüsse zur fachlichen Fortbildung der im Versorgungswesen tätigen Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und des ärztlichen Hilfspersonals einschließlich Reisekosten — (Drucksache 2510 S. 4) werden hinter dem Wort „einschließlich" die Worte „Schrifttum und" eingefügt. Bonn, den 9. März 1961 Pohle Maucher Dr. Rutschke Anlage 6 Umdruck 817 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510). Zu Kap. 11 13 — Sozialversicherung — Folgender neuer Tit. 601 wird eingefügt: „Tit. 601 — Zuschuß an die landwirtschaftlichen Alterskassen 70 000 000 DM" Der Titel erhält folgende Erläuterungen: „Zu Tit. 601 Die Mittel sind bestimmt zur Deckung des Fehlbetrages bei den landwirtschaftlichen Alterskassen auf der Grundlage des Beitrags von 12 DM monatlich." Bonn, den 9. März 1961 Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 7 Umdruck 829 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 01 — Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung — In Tit. 101 — Amtsbezüge des Ministers und Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen für planmäßige Beamte (einschließlich der in Planstellen angestellten Beamten auf Probe) — (Drucksache 2510 S. 2) wird der Ansatz von 5 388 200 DM um das Amtsgehalt des Ministers für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1961 in Höhe von 54 750 DM auf 5 333 450 DM gekürzt. Bonn, den 14. März 1961 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Müller-Hermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich an die letzte Bemerkung des Kollegen Dr. Bleiß anknüpfen, in der er von der unzulänglichen Ausstattung des Einzelplans 12 sprach. Wenn man sich einen Überblick über die Zuweisung von Mitteln aus dem Gesamtetat an den Verkehrshaushalt im Laufe der letzten zehn Jahre verschafft, kann man nur den Schluß ziehen, daß nicht nur der Bundesverkehrsminister im Kabinett und auch gegenüber dem Bundesfinanzminister sehr gut abgeschnitten hat, sondern daß auch das Verkehrswesen zu seinem Recht gekommen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Gesamtausgaben des Bundes über den Verkehrshaushalt haben im Jahre 1952 614 Millionen DM betragen. Im Haushalt des Jahres 1961 sind für diesen Sektor insgesamt 3,6 Milliarden DM an Ausgaben vorgesehen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Bereits 1954 hatten wir einen Betrag von 1,1 Milliarden DM an Ausgaben erreicht, 1957 ist die 2-Milliarden-Grenze überschritten worden, und, Herr Kollege Dr. Bleiß, im Haushaltsjahr 1960 ist der Verkehrshaushalt um 857 Millionen DM angewachsen. Ich glaube, das sind Zahlen, die für sich sprechen. Dadurch erübrigt es sich wohl für mich, weiter auf den von Ihnen vorgebrachten Vorwurf der angeblich unzulänglichen Ausstattung des Verkehrshaushaltes einzugehen.

    (Abg. Dr. Conring: Sehr gut!)

    Aber einige weitere Fragen, die Sie berührt haben, möchte ich doch einmal aus einer anderen Sicht ansprechen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir nehmen es alle mit einer erstaunlich anmutenden Gelassenheit hin, daß wir in der Bundesrepublik im Jahr über 14 000 Verkehrstote haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider!)

    Ich meine, auch die Offentlichkeit nimmt diese Zahl mit einer etwas zu großen Gelassenheit hin.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir fragen, wie es dazu kommt, so wird darauf hingewiesen, daß der Straßenbau ungenügend sei. Sicherlich ist das mit ein Grund. Die noch immer unzureichenden Straßenverhältnisse tragen sicherlich nicht unwesentlich zu diesen Verkehrsunfallziffern bei.

    (Abg. Dr. Conring: Das ist aber nicht der Hauptgrund!)

    — Aber ich glaube, das ist nicht der alleinige und
    nicht der Hauptgrund. Wir müssen auch in diesem



    Müller-Hermann
    Hohen Hause einmal darauf hinweisen, daß wir
    es in der Bundesrepublik nötig haben, für eine
    bessere ritterlichere Verkehrsgesinnung zu sorgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe gerade in diesen Tagen in einer französischen Zeitung Angaben über die Zahl der Verkehrstoten und der durch Unfälle Verletzten in Frankreich gefunden. Danach betrug in Frankreich im Jahre 1960 die Zahl .der Verkehrstoten 5804, die der durch Unfälle Verletzten 96 889. Dabei möchte ich nicht nur auf die von mir erwähnte Zahl der Verkehrstoten bei uns in der Bundesrepublik hinweisen — 1960 über 14 000 —, sondern auch auf den Tatbestand, daß die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge in Frankreich nicht unerheblich über der Zahl in der Bundesrepublik liegt, und daß auf 1000 Personen in der Bundesrepublik 69 Kraftfahrzeuge, in Frankreich 113 Kraftfahrzeuge kommen. Nun weiß ich nicht, ob man die Unfallstatistiken ohne weiteres miteinander vergleichen kann. Ich glaube, die Bemessungsgrundlagen sind etwas unterschiedlich. Aber selbst wenn die nach unseren Maßstäben gemessenen Unfallziffern in Frankreich über der Zahl von 5804 liegen, ist immer noch ein eklatanter Unterschied deutlich, über den wir nachdenken sollten.
    Ich möchte nicht, daß wir uns sagen lassen müssen — meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, daß ich das einmal hier ausspreche —, diese Unfallziffern seien letzten Endes mit ein Ausdruck des deutschen Nationalcharakters. Wir müssen es uns zu einer Art nationaler Aufgabe machen, für eine 1) bessere, ritterlichere Verkehrsgesinnung in unserem Lande Sorge zu tragen. Ich möchte an dieser Stelle den Dank an die Automobilclubs, die Straßenverkehrswacht und auch an die Organisationen des Güternah- und Güterfernverkehrs aussprechen, die sich einer systematischen Verkehrserziehung in ihrem Bereich gewidmet haben.
    Aber all das genügt noch nicht. Ich möchte auch an Presse, Rundfunk und nicht zuletzt an das Fernsehen appellieren, sich dieser Aufgabe mehr als bisher zu widmen. Man muß meines Erachtens den Versuch machen, weniger über Reglementiererei und Schulmeisterei als durch einen verstärkten Appell an die Selbstverantwortung des einzelnen zu einem besseren Ergebnis zu kommen.
    Herr Kollege Dr. Bleiß hat natürlich — das gehört zu jeder Haushaltsdebatte über Verkehr — das Thema Straßenbau angesprochen. Er hat dabei von den „Unterlassungssünden" der Bundesregierung gesprochen. Auf der Verkehrskonferenz in Stuttgart ist das Wort gefallen, daß der Straßenbau durch die Bundesregierung „in unverantwortlicher Weise vernachlässigt" worden sei. Wir haben uns mit diesen Vorwürfen x-mal auseinandergesetzt, und sie werden nicht dadurch überzeugender, daß man sie wiederholt, Herr Kollege Dr. Bleiß. Wir wissen alle, daß wir auf diesem Gebiete noch große Anstrengungen zu machen haben. Aber wir wissen ebenso, daß wir in den ersten Jahren des Wiederaufbaus in der Bundesrepublik noch dringlichere Aufgaben als die Bewältigung des Straßenbaus vor uns hatten. Wenn man der Bundesregierung einen
    Vorwurf machen kann, dann ist es vielleicht der, daß sie durch ihre Politik zu einer Produktionsausweitung und zu einem Wohlstand beigetragen hat, der die Motorisierung in einer für uns alle ungeahnten Weise vorangetrieben hat.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich möchte nicht unterlassen, gerade auch auf die neuesten Statistiken hinzuweisen, die deutlich machen, wie stark der Anteil der Angestellten, der Beamten und vor allem der Arbeiter an dem Kraftfahrzeugbesitz geworden ist und wie sehr er wächst. Eine erfreuliche Entwicklung, wenn wir heute feststellen können, daß im Jahre 1960 44 % aller Personenkraftfahrzeuge im Besitz von Arbeitern gewesen sind!
    Ich glaube, wir können hier mit ruhigem Gewissen für die Regierungspartei und auch für die Bundesregierung davon ausgehen, daß der Bund durch die Gesetzgebung, die wir hier zum Teil mit Ihnen gemeinsam bewältigt haben, bis zum Ende des zweiten Vierjahresprogramms, also bis zum Jahre 1966, so weit sein wird, daß der Straßenbau die Motorisierung im wesentlichen eingeholt hat. Ich glaube, das ist eine erstaunliche Leistung, an der man nicht herumkritisieren, sondern die man anerkennen sollte.
    Wir wissen natürlich, daß mit der Lösung der Straßenbauprobleme beim Bund das Problem der Normalisierung der Straßenverkehrsverhältnisse noch nicht gelöst ist. Wir wissen, daß vor allem in den Gemeinden, und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern in ähnlichem Umfange auch in den kleineren und mittleren Gemeinden, noch außerordentliche Probleme zu bewältigen sind. Ich möchte nicht verhehlen, daß es mir nötig erscheint, hier immer wieder zunächst einmal an die Zuständigkeit der Länder zu appellieren,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    die hier eine ganz vordringliche Aufgabe haben, der sie sich — vor allem einige bestimmte Länder — vielleicht noch stärker, als es bisher geschehen ist, widmen sollten.
    Aber ich muß mich dagegen wenden, daß hier von seiten der Opposition der Eindruck erweckt wird, als hätte der Bund für die Gemeinden und Städte bisher nichts getan. Im Jahre 1961 sieht der Bundeshaushalt 462 Millionen DM Zuschüsse an fremde Baulastträger, für Ortsumgehungen, die nicht in der Baulast des Bundes stehen, und für Zwecke der Rufstufung vor. Im Bundesfernstraßengesetz ist auf unsere Initiative hin vorgesehen, daß die Ortsdurchfahrten bei Städten bis zu 50 000 Einwohnern in die Last des Bundes übernommen werden. Wir haben den Gemeindepfennig eingeführt. Wir haben im Bundesfernstraßengesetz vorgesehen, daß in Zukunft auch die Zubringerstraßen zu Bundesfernstraßen bezuschussungsfähig sind.
    Nun, Herr Kollege Dr. Bleiß, haben Sie diese schöne Entschließung angesprochen, die von meiner Fraktion am 8. März 1960 diesem Hohen Hause vorgelegt wurde. Es war gut, daß Sie das von sich aus getan haben; denn ich wäre ganz bestimmt darauf



    Müller-Hermann
    zu sprechen gekommen. Diese Entschließung empfahl der Bundesregierung, eine unabhängige Sachverständigenkommission, die in Fühlungnahme mit den Baulastträgern bis zum 31. März 1961 einen Bericht vorlegen sollte, in dem die noch ungelösten und ungeklärten Probleme eines umfassenden Straßenbaus analysiert werden und der Bundesregierung Empfehlungen für die Ausgestaltung und Abwicklung des Anschlußprogramms unterbreitet werden sollten. Unter Punkt 3 dieses Entschließungsantrages war insbesondere das Thema der Verkehrsprobleme in den Gemeinden und Städten angesprochen worden.
    Sehr verehrter Herr Kollege Dr. Bleiß, auf Ihren Wunsch hin wurde seinerzeit dieser Entschließungsantrag mit dieser Aufforderung an die Bundesregierung nicht im Plenum angenommen, sondern zur weiteren Beratung und zu einer nochmaligen Überprüfung dem Verkehrsausschuß überwiesen. Von meiner Seite wurden verschiedene Versuche unternommen, diesen Entschließungsantrag auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses zu bekommen. Aber leider liegt es in der Zuständigkeit des Ausschußvorsitzenden, was auf die Tagesordnung kommt, und erst zu Ende des Jahres 1960 haben Sie sich entschlossen, den Antrag auf die Tagesordnung zu setzen. Dann habe ich erklärt: Jetzt ist so viel Zeit verstrichen, daß wir die Materie am besten erst zusammen mit dem Bundesfernstraßengesetz behandeln. Ich glaube, wenn wir seinerzeit diesen Antrag im Bundestag angenommen hätten, wären wir heute, gerade was das Problem des Straßenbaus und der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden
    betrifft, ein wesentliches Stück weiter.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn wir hätten die Regierung dann veranlaßt, bis zum 31. März dieses Jahres einen Bericht vorzulegen, der uns in die Lage versetzen würde, vernünftige Beschlüsse zu fassen.
    Wir haben nun, wie Sie richtig gesagt haben, ein Enquete-Gesetz vorgelegt. Ich freue mich, aus Ihrem Munde zu hören, daß Sie den Grundgedanken dieser Enquete bejahen und unterstützen werden.. Wir sind uns darüber im klaren, daß die Verkehrsprobleme in den Städten und Gemeinden nicht nur mit dem Straßenbau zu lösen sind, sondern daß dazu auch die Frage gehört, wie der ruhende Verkehr bewältigt wird, wie die öffentlichen Verkehrsmittel in die Lage versetzt werden, preiswert, attraktiv und allen Erfordernissen entsprechend zu arbeiten, und wo sich Möglichkeiten ergeben, mit der Verlegung von Verkehrswegen in die zweite Ebene auch Maßnahmen des Bevölkerungsschutzes zu kombinieren. Aus diesem Grunde haben wir es für richtig gehalten, diesen Gesetzentwurf über eine Enquete einzubringen, Herr Dr. Bleiß, und nicht, um uns um Verantwortlichkeiten herumzudrücken. Es geschah in erster Linie, um den kommenden Bundestag in die Lage zu versetzen, daß er auf Grund einwandfreien und gut durchgearbeiteten Materials die nötigen Entscheidungen treffen kann. Wir lehnen es ab, jetzt irgendwelchen Anträgen, die nicht Hand und Fuß haben, zuzustimmen, nur weil auf diesem Gebiet „etwas getan werden muß". Wir können Entscheidungen nur treffen, wenn sie gut fundiert sind und wenn die getroffenen Maßnahmen mit Sicherheit auch die beabsichtigte Wirkung auslösen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Sie haben auch das Thema Bundesbahn angesprochen. Diesmal aber, Herr Dr. Bleiß, haben Sie etwas, was man eigentlich erwartete, nicht gesagt, daß nämlich von der Bundesregierung und der Mehrheit im Bundestag nichts für die Bundesbahn getan worden sei. Tatsächlich hat die Bundesbahn in den Jahren 1952 bis 1961 vom Bund 6,7 Milliarden DM an Zuschüssen und Darlehen erhalten..
    Wir sind ja alle Eisenbahn- und Bundesbahnbenutzer, und ich meine, es wäre einmal an der Zeit, von diesem Platze aus der Bundesbahnleitung und den Eisenbahnern den Dank für das auszusprechen, was sie in den letzten Jahren geleistet und zu den Verbesserungen beigetragen haben.

    (Beifall.)

    Die Modernisierung und die Rationalisierung sind offensichtlich ein erhebliches Stück vorangekommen, und ich bin bezüglich der weiteren geschäftsmäßigen Entwicklung der Bundesbahn außerordentlich optimistisch. Ich glaube, daß das nicht nur der guten Konjunktur, sondern auch der Mitarbeit aller Eisenbahner sowie einer guten und klugen kaufmännischen Geschäftsführung zu verdanken ist.
    Nun haben wir — ich wende mich jetzt sowohl an den Herrn Verkehrsminister als auch an den Herrn Finanzminister — bezüglich der Bundesbahn einige Wünsche für den Bundeshaushalt 1962. Wir wünschen, daß den Empfehlungen der BundesbahnPrüfungs-Kommission in einigen Punkten noch weitere Beachtung geschenkt wird. Ich bitte darum, vor allem das Problem einer eventuellen Kapitalaufstockung zu prüfen und eine umfassende und endgültige Regelung der Altpensionen ins Auge zu fassen, ferner auch im Bundeshaushaltsplan die Verantwortlichkeiten zwischen Bahn und Bund klarzustellen.
    Wir sind der Auffassung, daß die Bundesbahn grundsätzlich durch ihre eigenen Anstrengungen zu einem Ausgleich ihrer Ausgaben und ihrer Einnahmen kommen muß, daß aber auf der anderen Seite der Bundesbahn die sogenannten betriebsfremden Lasten vom Bund abgenommen werden müssen. Wo die Bundesbahn gemeinwirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen hat, d. h. wo Leistungen von ihr verlangt werden, die einer kaufmännischen Betriebsführung widersprechen, muß ihr ein Entgelt gewährt werden. Ich glaube, daß diese Handhabung auch im Haushalt Ausdruck finden müßte. Damit würde sich eine sehr viel bessere Klarstellung der Verantwortlichkeiten ergeben, als es die heutige Vermengung vieler Haushaltspositionen ermöglicht.
    Wir legen Wert darauf, meine Herren von der Opposition, hier deutlich zu machen, daß wir die Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn dort, wo es notwendig ist, durchaus erhalten wissen wollen. Aber wir verstehen unter Gemeinwirtschaftlichkeit nicht, daß man leere Eisenbahnwaggons dort spazieren fährt, wo durch eine Verlagerung des Eisen-



    Müller-Hermann
    bahnverkehrs auch die Straße — ohne daß der Bezirk, der davon betroffen wird, Schaden erleidet — der Verkehr ebenso bewältigt werden könnte wie durch einen Schienenbetrieb, der unrentabel arbeitet.
    Herr Kollege Dr. Bleiß hat auf die Grundsatzentscheidungen hingewiesen, die wir in der Verkehrspolitik treffen müssen. Ich möchte auf die zur Diskussion stehenden Themen nicht im einzelnen eingehen; aber Sie werden es mir nicht verübeln, Herr Kollege Dr. Bleiß, wenn ich die Gelegenheit benutze, an Sie persönlich zu appellieren, der Sie zusammen mit dem „neuen Verkehrsfachmann", dem sozialdemokratischen Bundeskanzlerkandidaten, in Stuttgart von einer dynamischen Verkehrspolitik gesprochen haben, die an die Stelle des bisherigen Verkehrswirrwarrs treten sollte. Herr Kollege Dr. Bleiß hat in seinen Ausführungen auf der Verkehrskonferenz in Stuttgart die „kleine Verkehrsreform der CDU" — wie es dort hieß — abgelehnt. Aber er hat nicht etwa die Thesen abgelehnt, die wir zu dieser Verkehrsreform aufgestellt haben, sondern er hat diese Thesen weitgehend übernommen. Wir sind froh und der Sozialdemokratie dankbar, wenn sie unsere Programmpunkte übernimmt und unterstützt und möglichst auch noch als ihre eigenen ausgibt.

    (Lachen in der Mitte.)

    Das sind wir nicht nur auf dem Gebiet der Verkehrspolitik gewohnt.
    Sehr verehrter Herr Kollege Dr. Bleiß, über einen Punkt werden wir uns noch unterhalten müssen, und darauf bereiten Sie sich bitte einmal vor. In dieser Frage wird es offensichtlich doch noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten geben. Es geht hier nämlich um das Problem, wie im Verkehr eine Aufgabenteilung durch einen geordneten Leistungswettbewerb, den auch Sie fordern, erreicht werden kann. Nach unserer Auffassung sollen die Beförderungsentgelte in Zukunft genehmigungspflichtig bleiben, um einen unbilligen Wettbewerb zu verhindern. Die Bundesregierung soll Richtlinien herausgeben, die klarstellen, welche Grundsätze bei der Bildung der Beförderungsentgelte zu beachten sind. Die Verkehrsträger sollen die Beförderungsentgelte jedoch aus eigener Verantwortung vorschlagen bzw. bestimmen. Angebot und Nachfrage sollen die Preisregulierung mit beeinflussen.
    Nach Ihrer Auffassung — und da liegt wohl ein eklatanter Unterschied — soll zunächst eine Art Kostenermittlung durch den Staat stattfinden. Dann soll der Staat auf Grund dieser statistisch ermittelten Kosten eine Aufgabenteilung vornehmen, indem er die Tarife festsetzt und den Verkehrsträgern aufgibt: die einen sollen diese Transporte bewältigen und die anderen jene.

    (Zuruf von der Mitte: Planung!) Hier werden sich die Geister scheiden.

    Wenn das Ihre Auffassung sein sollte, Herr Kollege Dr. Bleiß, dann würde ich darin nicht eine dynamische Verkehrspolitik sehen, sondern eine — entschuldigen Sie den harten Ausdruck — reaktionäre und dirigistische Verkehrspolitik.
    Wir sind uns darüber im klaren, daß in diesen Grundsatzfragen Neuland beschritten wird. Wir wollen vorsichtig vorgehen, auch wenn die Probleme nur im Rahmen einer „kleinen Verkehrsreform" angegangen werden. Wir legen jedoch Wert darauf, daß die ersten Schritte in dieses Neuland unbedingt noch in dieser Legislaturperiode getan werden. Der Druck von seiten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zwingt uns nämlich dazu, die Umstellung in der Verkehrswirtschaft unbedingt so bald wie möglich in ,die Wege zu leiten. Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren von ,der Opposition und insbesondere sehr verehrter Herr Vorsitzender des Verkehrsausschusses, haben Sie die Möglichkeit, dafür Sorge zu tragen, daß die Zeit, die uns noch zur Verfügung steht, genutzt wird und daß die Verkehrsänderungsgesetze mit den Änderungsanträgen unserer Fraktion durchgezogen werden. Hier können Sie beweisen, daß Taten nützlicher sind als schöne Worte.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Otto Eisenmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Herr Kollege MüllerHermann, Sie haben mit dem Spruch geendet, daß Taten schöner seien als Worte.

    (Zuruf von der Mitte: Halten Sie sich daran! — Heiterkeit.)

    -- Wenn wir uns alle, vor allem Sie, verehrter Herr Zwischenrufer, in den letzten Jahren bei der Behandlung der Fragen der Verkehrspolitik an diese These gehalten hätten, dann wären wir vermutlich ein schönes Stück weiter, als wir es heute sind. Durch diese schöne Bemerkung reizen Sie mich geradezu dazu, einmal einen Rückblick zu tun. Wenn man einmal nach rückwärts blickt, dann muß man folgendes feststellen.

    (Zuruf von der Mitte: Im Verkehr muß man immer vorwärts blicken!)

    — Es ist auch nötig, daß man im Verkehr hier und da einmal rückwärts fährt.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Wenn man die Dinge einmal rückschauend betrachtet, muß man feststellen, daß man nicht immer die richtige Konzeption, die richtige Vorausschau und die richtige Zusammenschau der Dinge gehabt zu haben scheint. Man darf sagen: Wenn sich die dynamische Auffassung der Verkehrspolitiker in diesem Hause, die eine fortschrittliche Verkehrswirtschaft wollen, früher durchgesetzt hätte, könnten und müßten wir eigentlich bereits ein größeres Stück weiter sein. Eigentlich konnte gar nichts passieren; denn Sie hatten die gleiche Regierung, den gleichen Herrn Verkehrsminister, und Sie hatten die Mehrheit in diesem Hohen Hause. Eigentlich konnte also gar nichts passieren hinsichtlich



    Eisenmann
    dessen, was Sie heute 4, 5 Monate vor Abschluß der 3. Legislaturperiode hier nun immerhin sehr nett in den Raum gestellt haben.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist doch eine Phrase! — Abg. Dr. Conring: Es kann nur eins nach dem anderen geschehen! — Weiterer Zuruf von der Mitte: Es kann also nur an der Opposition gelegen haben!)

    — Es kann wohl keinen Zweifel darüber geben, daß der Verkehrspolitik bisher die Gesamtschau, die Vorausschau, die Konzeption unter Beachtung der technisch-ökonomischen, tarifwirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Umstände etwas gefehlt hat. In dieser Auffassung werden Sie mir, Herr Kollege Müller-Hermann, vermutlich nicht widersprechen; denn Sie haben selbst in etwa gesagt: Warum ist man nicht früher zu einer Gesamtschau, zu einer Vorausschau, auch auf tarifarischem Gebiet gekommen? Sie haben es vor kurzem bei der Behandlung der vier Verkehrsgesetze mit ausgesprochen: Mehr Leistungswettbewerb, behutsame Überleitung aus den staatsdirigistischen Vorstellungen in die mehr marktwirtschaftlichen Vorstellungen. Diese Frage muß man sich stellen. Man muß sich ferner fragen: Warum hat denn eigentlich die Bundesregierung diese vier Verkehrsgesetze erst knapp vor Abschluß der 3. Legislaturperiode hier vorgelegt? Wäre nicht Zeit und Gelegenheit gewesen, die Entwürfe etwas früher vorzulegen, damit man sich wirklich intensiv mit den Fragen einer Neuordnung des Verkehrs und einer Neuorientierung
    der Verkehrspolitik in genügender Zeit hätte beschäftigen können? Vor dieser Frage stehen wir.
    Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben seinerzeit in der Verkehrsdebatte Ihre Rede etwa mit den Worten beendet: Der Verkehrshaushalt 1950 schaffte gute Voraussetzungen zur Neuordnung in den Fragen der Verkehrspolitik. Leider sind wir in diesem Jahr nicht so weit gekommen, wie Sie es damals in Ihrem Optimismus gern gesehen hätten. Ich möchte sogar so weit gehen, daß ich sage: Der Begriff der Gemeinwirtschaftlichkeit — er ist heute auch schon von den Herren Vorrednern erwähnt worden — ist nach Auffassung der Fraktion der Freien Demokratischen Partei in den letzten Jahren in diesem Hohen Hause leider zu sehr und zu oft als Deckname für staatsdirigistische Maßnahmen benutzt worden, aber durchaus nicht zum Nutzen der Verkehrsbraucher, der verladenden Wirtschaft oder gar der privaten Verkehrsträgerschaft. Über diese Dinge wird man bei der Behandlung der Verkehrsgesetze sehr aufmerksam nachdenken müssen, damit dieser Begriff nicht zu sehr zur Diktion der Leitvorstellung derer wird, die hier Verkehrspolitik mit machen.
    Ein Weiteres. Der Herr Vorredner der CDU-Fraktion hat vorhin gesagt, daß der Verkehrshaushalt in diesem Jahre sehr beachtlich dotiert worden sei. Er weise sogar 741 Millionen DM mehr auf als der letztjährige Haushalt. Man wird dem nicht widersprechen können. Der Verkehrshaushalt ist offensichtlich gut dotiert hinsichtlich des Ausbaus der Autobahnen, weniger gut dotiert hinsichtlich des Ausbaus der Bundesstraßen. Wenn man aber weiß, daß der Bund nur bei 7,5 % des gesamten Straßenverkehrsraumes die Unterhaltungspflicht hat und rund 64 % der Verkehrsabgaben einnimmt, so muß man sich fragen: Wer trägt bei zur Deckung der Baulasten, die die Gemeinden, die Kreise und die Städte für einen Straßenverkehrsraum von rund 220 000 km tragen müssen? Hat der Bund da nicht auch eine Funktion im Sinne der Zuweisung von Mitteln an die unteren, schwächsten und mit am schlechtesten ausgestatteten Baulastträger zu erfüllen? Das ist eine Frage, die ohne Zweifel in diesem Hause bei der Behandlung des Bundesfernstraßengesetzes sicher noch eingehend mit behandelt werden müßte.

    (Abg. Dr. Conring: In erster Linie aber die Länder!)

    — Herr Kollege Conring, darin gebe ich Ihnen recht: Man wird sich über diese Dinge auch sehr ernsthaft mit den Ministerpräsidenten und den Verkehrsministern der Länder unterhalten müssen, insbesondere darüber, daß die vollen zweckgebundenen Mittel mindestens in der gleichen Höhe, wie die Kraftfahrzeugsteuer den Ländern zufließt, für den Ausbau der Straßen ausgegeben werden. Ich weiß, daß einige Länder in Deutschland vorbildlich sind. Andere sind noch nicht so weit. Auch darüber wird man sich unterhalten müssen, um zu einem zusammenhängend, leistungsfähig ausgebauten Straßennetz zu kommen.
    Wenn man sich allerdings die Investitionspolitik des Bundes vor Augen hält, so muß man sagen, daß die öffentliche Hand bei ihren Investitionen — die Gemeinden, die Städte und die Kreise nehme ich hierbei aus; die Länder nehme ich hinzu — in den letzten Jahren die Verkehrspolitik insgesamt im Rahmen der dort bestehenden Leistungsfähigkeit vernachlässigt hat. Das möchte ich ganz deutlich sagen.
    Vom Bund aus betrachtet kann man doch heute eines feststellen: Wir haben eine unrentable Bundesbahn -- warum, ist bereits durch die Herren Vorredner ausgeführt worden —, wir haben eine defizitäre Lufthansa, und wir haben darüber hinaus ein desolates Straßennetz, auf dem zum Teil an den Schwerpunkten alles ander als verkehrsgemäße Zustände herrschen. Ich nehme an, daß der Herr Bundesverkehrsminister zu diesen Fragen auch noch einmal Stellung nehmen wird.
    Noch ein Wort zu dem Gesetzgebungswerk! In wenigen Wochen ist die dritte Legislaturperiode dieses Parlaments beendet. Ich weiß nicht, Herr Kollege Müller-Hermann, wie wir die Gesetzentwürfe, die vorgelegt worden sind, in Verbindung mit den Vorstellungen, die vor wenigen Wochen bei der Behandlung dieser Gesetze aus Ihrer Mitte sowie von der SPD- und der FDP-Fraktion vorgetragen worden sind, in den wenigen für diese Fragen im Ausschuß noch zur Verfügung stehenden Tagen zu einer Synthese im Sinne einer fortschrittlichen Verkehrspolitik bringen sollen.
    Ich glaube, daß wir gut beraten sind, Herr Kollege Bleiß und meine Herren in der Mitte dieses Hauses, wenn wir uns über diese Frage in aller



    Eisenmann
    Kürze im Verkehrsausschuß noch einmal zusammensetzen, um zu prüfen, in welcher Reihenfolge wir die Vorlagen noch behandeln können, um das Bestmögliche für eine zukünftige Weichenstellung der Verkehrspolitik einzuleiten. Jedenfalls ist die FDP- Fraktion — das sage ich ausdrücklich — zu einer solchen Weichenstellung für die zukünftige Verkehrspolitik durchaus bereit.
    Ich möchte damit die allgemeinen Ausführungen beenden und mich detaillierter der Bundesbahn zuwenden. Es hat immerhin neun Jahre gedauert, bis man sich endlich durch die Initiative dieses Hohen Hauses veranlaßt sah, eine solche Kommission einzusetzen, geleitet durch den Herrn Präsidenten Brand, um eine Analyse darüber zu erarbeiten, welche speziellen Maßnahmen notwendig sind, um zu einer besseren Gesundung der Bundesbahn kommen zu können.

    (Abg. Dr. Conring: Es gab vorher schon mehrere!)

    — Herr Kollege Conring, das ist richtig, aber Sie werden mir recht geben, wenn ich sage, daß es gerade die Brand-Kommission war, die doch immerhin beachtliches, detailliertes Material erarbeitet hat, das nicht abzuleugnen ist und das zu analysieren unsere Aufgabe sein könnte. Dieses Werk umfaßt über 700 Seiten, und es ist wirklich eine Fundgrube für jeden, der sich mit diesen Dingen beschäftigt.
    Allerdings ist nun ,die Frage: warum hat sich die Regierung die Erkenntnisse, die die Brand-Kommission erarbeitet hat, bei der Vorlage der entsprechenden Verkehrsgesetze nicht zunutze gemacht, die vor kurzem in diesem Hause vorgelegt wurden? Diese Frage wollte ich an den Herrn Verkehrsminister richten. Warum hat die Bundesregierung sich nicht das Prinzip, das die Brand-Kommission erarbeitet hat, zur Grundlage gemacht? Warum will man nicht von dem gemeinwirtschaftlichen Denken zum eigenwirtschaftlichen Denken bei der Bundesbahn kommen? Warum will man nicht die Weichen so stellen, daß aus der Verwaltungsbahn eine Kaufmannsbahn gemacht wird? Diese Chance liegt doch darin! Wenn ich an das denke, was Herr Kollege Müller-Hermann gesagt hat — daß ihr alle betriebsfremden Lasten abgenommen werden —, sehe ich darin die Chance für eine Eigenwirtschaftlichkeit bei der Bun-bahn.
    Darüber hinaus könnte man eine zweite Frage stellen. Warum ist man nicht bereit, die Bundesbahnorganisation an der Spitze so zu ändern, daß man von einem Kollegialsystem zu einem Präsidialsystem kommt, bei dem der Erste Präsident der Bundesbahn mehr Befugnisse hat.
    Die nächste Frage ist von dem Herrn Kollegen Bleiß und vielleicht auch von Ihnen, Herr Kollege Müller-Hermann, angedeutet worden. Warum kommt man nicht zu einer besseren Kapitalausstattung der Bundesbahn? Man weiß doch, daß zur Zeit jährlich ein Kapitaldienst von 340 Millionen DM von der Bundesbahn für die Fremdfinanzierung geleistet werden muß. Daß auf diese Weise die
    Bundesbahn nicht gesunden kann, kann sich jeder Kaufmann und Betriebswirt ausrechnen.

    (Abg. Dr. Conring: Woher soll das Geld kommen?)

    — Herr Kollege Conring, das ist eine ernste Frage, aber im Augenblick sind Sie in einer schlechten Ausgangsstellung, wenn Sie fragen, woher das Geld kommen solle. Sie wissen, wie schnell nicht nur Millionen, sondern sogar Milliarden bei Besuchsreisen aus dem Ärmel geschüttelt werden — ich möchte nicht deutlicher werden —, daß man sich nur wundert. Darüber hinaus wissen Sie als Mitglieder des Haushaltsausschusses, daß erhebliche Ausgabereste vorhanden sind.

    (Abg. Dr. Conring: Wo?)

    — In verschiedenen Haushalten. Das wissen Sie so gut wie ich.