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ID0315002700

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    Deutscher Bundestag 150. Sitzung Bonn, den 14. März 1961 Inhalt Änderung der Tagesordnung . . . . 8517 A Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen (Drucksachen 884, 1114, 2563, zu 2563) 8517 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplanes für das Rechnungsjahr 1961 (Haushaltsgesetz 1961) (Drucksachen 2050, 2300); Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 11, Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2510, zu 2510) Dr. Götz (CDU/CSU) . 8518 A, 8539 D Wittrock (SPD) 8518 B Dr. Schellenberg (SPD) 8518 D, 8533 D Blank, Bundesminister 8523 B, 8534 A Mischnick (FDP) . . . . . . . 8531 D Horn (CDU/CSU) 8534 B Rohde (SPD) 8535 B Weber (Georgenau) (FDP) . 8539 B Frehsee (SPD) . . . . . . . 8540 A Verweisung des Abg. Wittrock aus dem Saal 8529 D, 8531 C Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 2511, zu 2511) Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 8540 C Dr. Bleiß (SPD) . . . . 8541 B, 8565 D Müller-Hermann (CDU/CSU) . . • 8546 C Eisenmann (FDP) 8549 C Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 8555 D Faller (SPD) . . . . . . . . 8568 A Dr. Conring (CDU/CSU) . . . . 8568 B Margulies (FDP) . . . . . . . 8568 C Einzelplan 13, Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 2512) Cramer (SPD) 8569 A Stücklen, Bundesminister . . . 8572 B Blachstein (SPD) 8573 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes (FDP) (Drucksache 1520) 8574 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 8574 D Anlagen 8575 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. März 1961 8517 150. Sitzung Bonn, den 14. März 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 15 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 18.3. Graf Adelmann 14. 3. Altmeier 18.3. Bazille 15. 3. Blachstein 14. 3. Caspers 1. 4. Demmelmeier 18. 3. Dowidat 18. 3. Eilers (Oldenburg) 18. 3. Dr. Elbrächter 17. 3. Erik 31.3. Dr. Frede 15. 3. Funk 18. 3. Gehring 14. 3. Geiger (Aalen) 14. 3. Dr. Gleissner 17. 3. Goldhagen 11.4. Dr. Gossel 14. 3. Dr. Greve 14. 3. Freiherr zu Guttenberg 24. 3. Häussler 14. 3. Dr. Dr. Heinemann 17. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 17. 3. Hörauf 7. 4. Hufnagel 17. 3. Dr. Huys 17. 3. Dr. Imle 15. 3. Dr. Jordan 17. 3. Frau Kalinke 17. 3. Katzer 17. 3. Koenen (Lippstadt) 20. 3. Dr. Königswarter 17. 3. Frau Korspeter 17. 3. Krammig 15. 3. Kriedemann 14. 3. Freiherr von Kühlmann-Stumm 18. 3. Lücker (München) 15. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 18.3. Mensing 17. 3. Dr. Menzel 21.4. Odenthal 18. 3. Prennel 17. 3. Rademacher 18.3. Ramms 18. 3. Rohde 14.3. Rollmann 14. 3. Dr. Rüdel (Kiel) 14. 3. Ruhnke 25. 3. Sander 18. 3. Scheppmann 18. 3. Schneider (Bremerhaven) 18. 3. Schultz 18. 3. Schüttler 14. 3. Dr. Seffrin 12. 4. Seidl (Dorien) 18. 3. Spitzmüller 18. 3. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Stoltenberg 14. 3. Wehking 14. 3. Welke 17. 3. Dr. Werber 14. 3. Winkelheide 14. 3. Frau Wolff . 14. 3. Worms 14. 3, b) Urlaubsanträge Fürst von Bismarck 15. 4. Engelbrecht-Greve 25. 3. Lulay 8. 4. Anlage 2 Umdruck 782 Änderungsantrag der Abgeordneten Hoogen, Dr. Arndt, Dr. Bucher und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 05 - Bundesarbeitsgericht in Kassel - In Tit. 202 - Bücherei - (Drucksache 2050 Anlage S. 45) ist der Ansatz von 30 000 DM auf 40 000 DM zu erhöhen. Bonn, den 7. März 1961 Hoogen Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Arndt Frau Dr. Kuchtner Dr. Bucher Dr. Weber (Koblenz) Metzger Dr. Winter Anlage 3 Umdruck 783 Änderungsantrag der Abgeordneten Hoogen, Dr. Arndt, Dr. Bucher und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 07 - Bundessozialgericht in Kassel - 1. In Tit 101 - Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen für Richter und planmäßige Beamte (einschließlich der in Planstellen angestellten Beamten auf Probe) - (Drucksache 2050 Anlage S. 58) sind unter Planstellen bei Bes.-Gr. B 5 statt „29" Bundesrichter „31" Bundesrichter auszubringen. Die Ansätze sind entsprechend zu ändern. 8576 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 150. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 14. März 1961 2. In Tit. 202 (Drucksache 2050 Anlage S. 61) ist der Ansatz von 40 000 DM auf 50 000 DM zu erhöhen. Bonn, den 7. März 1961 Hoogen Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Arndt Frau Dr. Kuchtner Dr. Bucher Dr. Winter Metzger Dr. Weber (Koblenz) Anlage 4 Umdruck 792 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 2050 Anlage, 2511). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 1202 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 601 — Förderung des Reiseverkehrs in Deutschland — (Drucksache 2050 Anlage S. 24) wird der Ansatz von 5 270 000 DM um 730 000 DM auf 6 000 000 DM erhöht. Bonn, den 7. März 1961 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 814 Änderungsantrag der Abgeordneten Pohle, Maucher, Dr. Rutschke zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050, Anlage 2510). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 10 — Kriegsopferversorgung und gleichartige Leistungen —In der Zweckbestimmung zu Tit. 652 — Zuschüsse zur fachlichen Fortbildung der Beamten und Angestellten einschließlich Reisekosten —(Drucksache 2510 S. 4) werden hinter dem Wort „einschließlich" die Worte „Schrifttum und" eingefügt. 16. In der Zweckbestimmung zu Tit. 653 — Zuschüsse zur fachlichen Fortbildung der im Versorgungswesen tätigen Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und des ärztlichen Hilfspersonals einschließlich Reisekosten — (Drucksache 2510 S. 4) werden hinter dem Wort „einschließlich" die Worte „Schrifttum und" eingefügt. Bonn, den 9. März 1961 Pohle Maucher Dr. Rutschke Anlage 6 Umdruck 817 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510). Zu Kap. 11 13 — Sozialversicherung — Folgender neuer Tit. 601 wird eingefügt: „Tit. 601 — Zuschuß an die landwirtschaftlichen Alterskassen 70 000 000 DM" Der Titel erhält folgende Erläuterungen: „Zu Tit. 601 Die Mittel sind bestimmt zur Deckung des Fehlbetrages bei den landwirtschaftlichen Alterskassen auf der Grundlage des Beitrags von 12 DM monatlich." Bonn, den 9. März 1961 Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 7 Umdruck 829 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1961, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 2050 Anlage, 2510). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 01 — Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung — In Tit. 101 — Amtsbezüge des Ministers und Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen für planmäßige Beamte (einschließlich der in Planstellen angestellten Beamten auf Probe) — (Drucksache 2510 S. 2) wird der Ansatz von 5 388 200 DM um das Amtsgehalt des Ministers für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1961 in Höhe von 54 750 DM auf 5 333 450 DM gekürzt. Bonn, den 14. März 1961 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Sozialdemokraten hat mich etwas überrascht, denn das Amtsgehalt des Ministers zu streichen, soll doch wohl eine Art Ersatz für ein Mißtrauensvotum gegenüber dem Bundesarbeitsminister sein, während wir doch immer davon ausgehen, daß die Richtlinien der Politik durch den Herrn Bundeskanzler bestimmt werden. Eine solche Einzelmaßnahme ist deshalb unserer Auffassung nach völlig falsch. Die Richtlinien der Politik sind auch für die Regierungsentwürfe maßgebend gewesen, die der Herr Arbeitsminister vertreten hat. Insofern glauben wir, daß dieser Schuß mit dem Antrag auf Streichung des Amtsgehalts fehlgegangen ist. Sollte wider Erwarten vielleicht der eine oder andere aus der CDU- Fraktion, der dem Herrn Bundesarbeitsminister ebenfalls nicht gewogen ist, den Antrag unterstützen, dann empfehlen wir, das Gehalt notfalls aus dem Tit. 300 zu bestreiten;

    (Heiterkeit)

    aber wir glauben nicht, daß eine Mehrheit dafür zustande kommt.
    Meine Damen und Herren, die Ausführungen von Herrn Professor Schellenberg und die Antwort des Herrn Bundesarbeitsministers brachten nunmehr das, was wir von einer allgemeinen Aussprache er-



    Mischnick
    wartet hatten. Der Herr Arbeitsminister hat gerügt, daß nicht auf die Leistungen der letzten Jahre eingegangen wurde. Dafür habe ich Verständnis. Aber es ist ja nicht Aufgabe der Opposition, hier darzulegen, was alles gut war, sondern sie wird mehr darauf bedacht sein, deutlich zu machen, wo dies oder jenes nicht richtig gelaufen ist.
    Ich muß offen gestehen, die Reden, die Herr Minister Blank gehalten, und die Artikel, die er geschrieben, und auch die Begründungen, die er zu manchem Gesetzentwurf gegeben hat, enthielten viele Gesichtspunkte, die wir Freien Demokraten begrüßt haben. Leider war es meistens so, daß es dann an der Konsequenz fehlte, wenn es an die Verabschiedung des Gesetzentwurfes ging oder wenn seine Gedanken in Gesetzesparagraphen formuliert werden sollten. Aus diesem Grunde haben wir in vielen Punkten an den sozialpolitischen Maßnahmen Kritik üben müssen.
    Wir haben das Gefühl, daß Herr Minister Blank oftmals mit seinen Auffassungen weder bei seiner Fraktion noch im Kabinett durchkam. Ich denke etwa an die Begründung des Regierungsentwurfs zur Kriegsopferversorgung. Wenn ich mir vor Augen halte, wie es damals ging, werde ich an einen Skatspieler erinnert — ich weiß nicht, ob der Herr Minister Skat spielt —, der „ohne Vieren" reizt, das Spiel machen will, nicht an den Skat denkt, dann hineinschaut. Wer liegt drin? — Der „Alte" liegt drin, das Spiel ist überreizt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    I) Wir haben es ja oft bei Entwürfen erlebt, daß der Herr Bundeskanzler eine ganz andere Meinung als der Herr Arbeitsminister vertrat, zum Beispiel bei der Kriegsopferversorgung. Das ist eine gewisse Tragik, und sie wird besonders deutlich, wenn ich an den angekündigten Stilwandel der Sozialpolitik denke.
    Diese Legislaturperiode hat uns leider nur eine Reihe von Reformversuchen gebracht; die Reformen konnten aber nicht vollendet werden. Ich denke da an die Regierungserklärung, in der angekündigt wurde:
    Die Sozialreform wird fortgeführt werden. In erster Linie wird neben der Korrektur etwa zutage tretender Mängel in der bisherigen Gesetzgebung eine Neuordnung der Krankenversicherung und der Unfallversicherung in Frage kommen. Die Sozialreform wird sich jedoch nicht in einer Neuordnung der Rentenversicherung und im Ausbau solidarischer Sicherungseinrichtungen erschöpfen können.
    So sagte damals der Herr Bundeskanzler. Wir müssen jetzt am Ende dieser Legislaturperiode feststellen, daß weder die Krankenversicherungsreform noch die Unfallversicherungsreform durchgezogen werden konnten, daß eine neue Art von Gesetzesmacherei, nämlich Vorschaltgesetze zu beschließen, Einzug hält, daß damit praktisch nur Rosinen aus dem Kuchen herausgepickt wurden, wie Kollege Stammberger einmal sagte,, aber keine dieser Fragen zu Ende behandelt wurde. Wir bedauern, daß man nicht den Mut hatte, von vornherein zu sagen: lieber eine einzige Reform gründlich durchdacht und zu Ende geführt, als zwei oder drei Reformen angefangen und dann mit Vorschaltgesetzen nur das eine oder andere herausgenommen und damit praktisch die ganze Frage vertagt zu haben.
    Aber nicht nur bei der Kranken- und Unfallversicherung ist die Reform nicht durchgeführt worden, sondern auch auf einer Reihe anderer Gebiete. Ich denke zum Beispiel daran, daß der Herr Bundeskanzler davon sprach, die Wählerschaft habe sich gegen den Kollektivismus, gegen die Allmacht des Staates ausgesprochen. Er warnte davor, daß man alles und jedes durch den Staat regele. Wenn wir aber das Sozialhilfegesetz ansehen, das im Ausschuß zur Beratung liegt, so scheint uns gerade dieses Gesetz der Regierungserklärung zu widersprechen.

    (Beifall bei der FDP.)

    In der Regierungserklärung wurde auch gesagt: Ohne größere Spartätigkeit sind beide Ziele
    -- gemeint sind ,der Wohlstand und die Vollbeschäftigung —
    nicht zu erreichen. Nur Arbeit und Sparen schafft Kapital und begründet und vermehrt den Besitz. Sparen ist in gleicher Weise wirtschaftlich und ethisch notwendig. Wir wollen aber nicht zu einem Feldzug für das Sparen aufrufen, wir wollen das Sparen durch gesetzgeberische Maßnahmen auch lohnend machen.
    Wir haben das Sparprämiengesetz erhalten. Das Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer steht genau im Gegensatz zu dieser eben genannten Parole. Es wird nur eine Belohnung durch den Betrieb vorgesehen; eine eigene besondere Leistung wird nicht vorausgesetzt. Also auch hier besteht ein Bruch zwischen dem, was uns in der Regierungserklärung angekündigt wurde, und dem, was schließlich geschehen ist.
    An einer anderen Stelle der Regierungserklärung hat der Herr Bundeskanzler damals gesagt:
    Lohnerhöhungen, Arbeitszeitverkürzungen und Erhöhung des Sozialprodukts müssen miteinander verbunden bleiben, wenn nicht alle, auch Unternehmer und Arbeitnehmer, Schaden leiden sollen. Auf diese Zusammenhänge hinzuweisen, auf ihre Beachtung hinzuwirken, ist eine ernste Aufgabe der Bundesregierung. Arbeitszeitverkürzung und gleichzeitige Lohnerhöhung können eine untragbare Verminderung des Sozialprodukts bedeuten.
    Setzen wir einmal diese Stelle der Regierungserklärung in Vergleich zu der vorgesehenen Rechtsverordnung zur Regelung der Sonntagsarbeit, die eine Arbeitszeitverkürzung, Produktionsausfall und Lohnausfall oder Lohnausgleich zur Folge haben wird! Das steht doch dann genau wieder in Widerspruch zu dem, was in der Regierungserklärung gesagt wurde.
    Das alles muß uns zu der bedauerlichen Feststellung bringen, daß die Hoffnung, die wir hegten, in der Sozialpolitik werde ein Stilwandel eintreten und alle Maßnahmen würden aufeinander abge-



    Mischnick
    stimmt, nicht erfüllt wurde. Wir wissen, es ist nicht leicht, in der CDU/CSU-Fraktion alle diese Dinge unter einen Hut zu bringen, und bei dieser Spannweite ist es auch verständlich, daß manche Entwürfe nicht die entsprechende Mehrheit finden. Auf der anderen Seite müssen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU/CSU, dann aber auch den Mut haben, klipp und klar zu sagen: Wir gehen den oder wir gehen jenen Weg. Es hat keinen Sinn, z. B. draußen durch die Sozialausschüsse eine Tendenz zu vertreten, die hier im Bundestag bei offiziellen Erklärungen immer wieder abgestritten wird. Wir erleben, daß Gesetzentwürfe eingebracht werden, die in Widerspruch zu den Forderungen stehen, die z. B. der Herr Bundeswirtschaftsminister von diesem Podium aus verkündet hat; ich denke etwa an den Gesetzentwurf zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer und an gewisse Passagen des Lohnfortzahlungsgesetzes. Hier kann man nur sagen: aus diesen Gesetzentwürfen schaut der blanke Katzer heraus.

    (Beifall bei der FDP.)

    Der Herr Arbeitsminister betont immer wieder -mit Recht, die Vorsorge des einzelnen müsse unterstützt werden. Das muß aber dadurch geschehen, daß derjenige, der selber Vorsorge treibt, steuerlich genauso gestellt wird wie derjenige, der sich auf die „staatliche" Versicherung verläßt. Wir müssen hier leider feststellen, daß die entsprechende Steuergesetzgebung nicht in der Weise bereinigt worden ist, wie wir Freien Demokraten in Unterstützung der Forderung des Herrn Arbeitsministers das immer wieder verlangt haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang anführen, daß die Altlebensversicherungsbesitzer heute noch auf die Aufwertung warten. Das ist auch ein Teil der Vorsorgeunterstützung. Wir dürfen denjenigen, der früher diese Selbstvorsorge getroffen hat, nicht schlechter stellen als denjenigen, der sich auf die „staatliche" Versicherung verlassen hat.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das ist auch eine Forderung, die man hätte erfüllen müssen, die aber bis zur Stunde noch nicht erfüllt worden ist.
    Ein letztes Kapitel! In diesem Haushaltsplan werden — durch den Nachtrag des Ausschusses — erstmals Mittel für die Kindergeldkassen bereitgestellt. Ich gestehe offen, daß es etwas schwierig ist, dazu Stellung zu nehmen. Wir begrüßen es, daß das Kindergeld im Haushaltsplan endlich mit einem eigenen Titel erscheint. Wir waren schon immer der Meinung: Es ist falsch, die Mittel für das Kindergeld durch eine Sondersteuer aufzubringen. Wir haben immer gefordert — der entsprechende Gesetzentwurf liegt im Sozialpolitischen Ausschuß —, daß das Kindergeld aus Steuermitteln gezahlt wird. Auf der anderen Seite halten wir es aber nicht für richtig, daß nunmehr mit der Einsetzung eines Teil- betrages zwar ein weiterer Schritt zur Kindergeldauszahlung getan werden soll, aber nicht gleichzeitig die Gesamtbereinigung des Aufbringungssystems erfolgen soll.

    (Beifall bei der FDP.) Diese Gesamtbereinigung haben wir gewünscht, und wir werden diesen Wunsch auch weiterhin verfolgen.

    Es kommt noch ein Weiteres hinzu. Wir bedauern sehr, daß man, wenn man schon daran denkt, eine Umstellung vorzunehmen, auch hier wieder nicht so konsequent ist, das Gesamtsystem zu ändern, nämlich, wie wir sagen, die Finanzamtlösung zu wählen, sondern eine Zweiteilung vornehmen will: einmal die Familienausgleichskassen und zum anderen die Kindergeldkassen, die bei den Arbeitsämtern neu eingerichtet werden sollen. Wir haben das Gefühl, daß hier den Arbeitsämtern eine Art Lebensspritze verpaßt worden ist, damit sie entsprechend Beschäftigung haben, während die Offentlichkeit der Meinung ist: Wir sollten hier endlich einmal eine Behörde weiter abbauen, weil sie in diesem Umfang einfach nicht mehr notwendig ist.
    Wir Freien Demokraten sind der Überzeugung, daß ein Stilwandel unserer Sozialpolitik, der natürlich in vielen Bereichen einer gründlichen Vorbereitung bedarf, von dem Gedanken ausgehen muß, daß nicht derjenige Staat der sozialste ist, der den höchsten Sozialhaushalt hat, sondern derjenige Staat, der mit dem niedrigsten auskommen kann, weil er seinen Staatsbürgern die entsprechenden Möglichkeiten geschaffen hat, sich selbst zu helfen. Darauf sollten wir uns besinnen. Wir sollten das, was wir anpakken, gründlich anpacken, richtig lösen, aber Teillösungen, Vorschaltlösungen, wie sie bisher versucht worden sind, ablehnen, damit wir uns nicht eines Tages in dem Sozialgestrüpp, das wir aufgebaut haben, selbst verfangen und uns selbst ein Bein stellen.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schellenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Schellenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor mein Kollege Rohde im einzelnen zur Sache antworten wird, will ich nur zwei Bemerkungen machen, um Gerüchte, die der Herr Bundesarbeitsminister hier vorgetragen hat, richtigzustellen. Wenn ich den Herrn Bundesarbeitsminister recht verstanden habe, so hat er bemerkt, daß in dem Gespräch des Kanzlerkandidaten Willy Brandt mit den Ärzten davon gesprochen worden sei, daß Ärzte und Patienten in betrügerischer Absicht zusammenwirken könnten. Ich möchte nur mitteilen, daß eine solche Bemerkung in der Besprechung, die Herr Brandt geführt hat, nicht gefallen ist. Ich habe an dieser Besprechung teilgenommen.

    (Abg. Dr. Stammberger: Wenn er's gesagt hätte, wär's richtig gewesen! — Heiterkeit.)

    Eine zweite Bemerkung ist über meine Einstellung zur Beteiligung an den Kosten der ärztlichen Behandlung gemacht worden. Tatsächlich habe ich gesagt: Falls die CDU mit ihrer Mehrheit eine Kostenbeteiligung beschließen wolle, so sei es in sich logischer, nach dem Regierungsentwurf vorzugehen, nämlich die Kostenbeteiligung durch Gesetz zu regeln und nicht ihre Festsetzung auf die Selbstver-



    Dr. Schellenberg
    waltung abzuschieben, wie das in einem der CDU Pläne vorgesehen war. Das habe ich erklärt. Ich habe niemals, in keinem Gespräch, eine Beteiligung an den Kosten der ärztlichen Behandlung, gleich in welcher Form, als diskutabel bezeichnet.
    Im übrigen möchte ich bezweifeln, ob einige Formulierungen persönlicher Art, die der Herr Bundesarbeitsminister hier gebraucht hat, der Sache dienen, für die er hier steht.

    (Beifall bei der SPD.)