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ID0314604900

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    Deutscher Bundestag 146. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1961 Inhalt Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (FDP) (Drucksache 2412) 8237 A Fragestunde (Drucksachen 2497, 2537) Fragen des Abg. Ritzel: Zweites Fernsehprogramm von Eckardt, Staatssekretär 8237 C, 8238 A Ritzel (SPD) 8238 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Erhöhtes Angebot von Fleisch tuberkulosekranker Rinder Schwarz, Bundesminister . . . . 8238 B, D Dr. Bechert (SPD) 8238 B, C Frage des Abg. Vogt: Jordanisches Verbot der Einfuhr von Konsumgütern Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 8239 A, B Vogt (CDU/CSU) 8239 B Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400); in Verbindung mit dem Entwurf einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 (Grüner Plan 1961) (Drucksache 2300) — Fortsetzung der ersten Beratung — Bauknecht (CDU/CSU) 8239 C Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 8243 B Frau Strobel (SPD) 8247 B Walter (FDP) 8252 B Dr. Pflaumbaum (CDU/CSU) . . 8253 D Bading (SPD) 8256 D Sander (FDP) 8261 A Logemann (DP) 8266 A Engelbrecht-Greve (CDU/CSU) . 8268 D Frehsee (SPD) 827,1 B Mauk (FDP) . . . . . 8274 D, 8282 D Dr. Siemer (CDU/CSU) . . . . . 8277 C Lücker (München) (CDU/CSU) . . . 8280 B Schwarz, Bundesminister . . . . . 8281 D Nächste Sitzung 8283 C Anlagen 8285 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 146. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1961 8237 146. Sitzung Bonn, den 24. Februar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Atzenroth 24. 2. Bazille 15. 3. Bettgenhäuser 4. 3. Dr. Birrenbach 6. 3. Fürst von Bismarck 24. 2. Blachstein 24. 2. Börner 24. 2. Dr. Bucerius 24. 2. Caspers 1. 4. Dr. Deist 2. 3. Demmelmeier 18. 3. Deringer 24. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 24. 2. Dowidat 24. 2. Eberhard 7. 3. Ehren 28. 2. Eisenmann 24. 2. Erik 24. 2. Erler 24. 2. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 24. 2. Dr. Furler 24. 2. Geiger (München) 28. 2. Dr. Götz 24. 2. Dr. Gradl 24. 2. Freiherr zu Guttenberg 24. 2. Haage 24. 2. Hahn 24. 2. Dr. Dr. Heinemann 24. 2. Höfler 24. 2. Hörauf 10. 3. Illerhaus 24. 2. Jacobi 24. 2. Dr. Jordan 25. 2. Frau Kalinke 24. 2. Keuning 24. 2. Dr. Kopf 6. 3. Dr. Kreyssig 24. 2. Kühn (Bonn) 28. 2. Kühn (Köln) 18. 3. Leber 24. 2. Lenz (Brühl) 24. 2. Lohmar 24. 2. Dr. Martin 6. 3. Dr. Mende 4. 3. Mensing 24. 2. Dr. Menzel 28. 2. Metzger 24. 2. Dr. Meyer (Frankfurt) 24. 2. Freiherr von Mühlen 24. 2. Neubauer 10. 3. Neuburger 24. 2. Nieberg 24. 2. Peters 24. 2. Frau Dr. Probst 24. 2. Probst (Freiburg) 24. 2. Rimmelspacher 24. 2. Dr. Ripken 24. 2. Rollmann 24. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Rüdel (Kiel) 3. 3. Ruhnke 25. 3. Scharnberg 24. 2. Scheel 24. 2. Dr. Schild 24. 2. Dr. Schmid (Frankfurt) 24. 2. Schmidt (Hamburg) 24. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 24. 2. Schröder (Osterode) 24. 2. Schultz 18. 3. Schüttler 24. 2. Dr. Seffrin 1. 3. Seuffert 24. 2. Dr. Stecker 24. 2. Frau Dr. Steinbiß 4. 3. Stenger 28. 2. Stingl 2. 3. Storch 25. 2. Dr. Tamblé 24. 2. Theil (Bremen) 24. 2. Vehar 25. 2. Dr. Vogel 24. 2. Wacher 24. 2. Wagner 24. 2. Wehner 24. 2. Weinkamm 24. 2. Welke 25. 2. Wendelborn 26. 2. Werner 25. 2. Wittrock 24. 2. Dr. Zimmer 27. 2. Anlage 2 Umdruck 769 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis spätestens zum 1. Mai 1961 dem Bundestag zu berichten, welche Maßnahmen sie zur Durchführung des § 1 des Landwirtschaftsgesetzes für das laufende Wirtschaftsjahr getroffen- hat oder zu treffen beabsichtigt unter Berücksichtigung a) der Steigerung des Lohnniveaus und der ständig steigenden Kostenbelastung der deutschen Landwirtschaft, b) der Notwendigkeit, der deutschen Landwirtschaft die Möglichkeit zu geben, sich auf den gesteigerten Wettbewerb im Gemeinsamen Markt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vorzubereiten, insbesondere inwieweit sie bereit ist, a) die in den Artikeln 44 und 46 des EWG-Vertrages gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten zur Anwendung von Mindestpreisen und Abschöpfungen unverzüglich voll auszuschöpfen und 8286 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 146. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1961 b) die Nahrungsmittelimporte auf den tatsächlichen Inlandsbedarf abzustellen. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 3 Umdruck 770 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Selbsthilfe bei der Rationalisierung der Betriebe mit folgenden Investitionserleichterungen zu unterstützen: 1. Gewährung von Zinsverbilligungen für alle Kredite, die zur Finanzierung von Rationalisierungsmaßnahmen benötigt werden, und zwar in einem Umfang, der den Bedingungen im sozialen Wohnungsbau gleichkommt, 2. Konsolidierung der zur Finanzierung von Rationalisierungsmaßnahmen bereits aufgenommenen kurz- und mittelfristigen Kredite mit einem Zinssatz von höchstens 2 v. H., 3. Anwendung der unter 1. und 2. genannten Maßnahmen auf Um- und Neubauten (Wirtschafts- und Wohngebäude); Anschaffung von Schleppern, Maschinen, Geräten, Trocknungsanlagen usw. sowie andere Einrichtungen für die betriebs- und hauswirtschaftliche Rationalisierung; überbetrieblichen Maschineneinsatz; Althofsanierung; Aussiedlung und Aufstockung; Meliorationen und wasserwirtschaftliche Maßnahmen; Trinkwasserversorgung; Elektrifizierung; Flurbereinigungslasten; alle Selbsthilfemaßnahmen zur Qualitätsverbesserung und zur Absatzverbesserung, besonders Schaffung der Einrichtungen zur Zusammenfassung des Warenangebots in den Betrieben selbst, in den Genossenschaften und im Landhandel. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 771 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, denjenigen landwirtschaftlichen Betrieben, bei denen eine Deckung des Vergleichsaufwands durch den Betriebsertrag nach dem Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft nicht erreicht wurde, die Vermögensabgabe gemäß dem Gesetz zum Lastenausgleich bis auf weiteres zu stunden. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 5 Umdruck 772 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400) Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Bundesregierung wird ersucht, zu prüfen, ob als sofortiger Beitrag zur Senkung der Betriebskosten der Landwirtschaft die Belastungen bei der Einfuhr von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, Düngemitteln und Schädlingsbekämpfungsmitteln gesenkt werden können. 2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, hierüber dem Deutschen Bundestag bis zum 30. April 1961 zu berichten. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 6 Umdruck 773 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, angesichts der im Grünen Bericht 1961 nachgewiesenen weiteren Verschlechterungen der Einkommenssituation der Landwirtschaft gegenüber den im Landwirtschaftsgesetz gesetzten Zielen den Grünen Plan 1961 um folgende Maßnahmen zu ergänzen: 1. Wiederherstellung der Qualitätsprämie für Milch in mindestens der ursprünglichen Höhe (4 Pf je kg), 2. Verbilligung der Schädlingsbekämpfungsmittel um 20 v. H. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 146. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1961 8287 Anlage 7 Umdruck 774 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, den vorgelegten Bericht über die Lage der Landwirtschaft — Drucksache 2400 — durch folgende Punkte zu ergänzen und diese Ergänzung spätestens bis zum 1. Mai 1961 dem Bundestag vorzulegen: 1. Eine Berechnung des Vergleichslohns auf der Grundlage des tatsächlichen Stundenarbeitsverdienstes gemäß dem Beschluß des Bundestages vom 1. Juli 1960, unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden einschließlich der Überstunden und Feiertagszuschläge sowie des bezahlten Urlaubs und der Bezüge im Krankheitsfalle. 2. Aufgliederung der im Bericht angegebenen bereinigten Zahl der Vollarbeitskräfte nach a) Nebenerwerbsbetrieben, b) Sonderkulturen, c) landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben. 3. Darlegung der Gründe, warum die bereinigte Zahl der Vollarbeitskräfte im Bericht und die Angaben ,des Statistischen Bundesamtes über die Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Erwerbspersonen so erheblich voneinander abweichen. 4. Angabe der sich aus der Vergleichsrechnung ergebenden Gesamtdisparitätssumme, unter Berücksichtigung des § 4 Buchstaben a, b und c des Landwirtschaftsgesetzes. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 8 Umdruck 775 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. im Grünen Plan nur diejenigen finanziellen Leistungen des Bundes aufzuführen, die unmittelbar und kurzfristig zur Verbesserung der Einkommenslage der Landwirtschaft beitragen; 2. aus dem Grünen Plan alle die finanziellen Leistungen auszugliedern, die a) im wesentlichen die Verbrauchssphäre oder die Allgemeinheit betreffen, b) Stadt und Land gleichermaßen dienen, c) schon immer allgemeine Staatsaufgaben sind z. B. besondere Regionalprogramme wie Küstenplan und dergleichen sowie langfristige Strukturmaßnahmen zur Vorbereitung der Landwirtschaft auf die EWG, Meliorationen usw. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 9 Umdruck 776 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird erneut aufgefordert, spätestens bis zum 1. Mai 1961 zu untersuchen und dem Deutschen Bundestag zu berichten, wie sich unter Berücksichtigung der Lage und der Struktur der 'deutschen Landwirtschaft sowie der durch den EWG-Vertrag übernommenen Verpflichtungen der deutschen Landwirtschaft die Übernahme einer Agrarpolitik auswirken würde, wie sie z. B. in England (System garantierter Mindestpreis) durchgeführt wird. Bonn, den 22. Februar 1961 Mauk Walter Sander Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 10 Umdruck 777 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß den §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag nimmt die Erklärung der Bundesregierung sowie ihren Bericht über die Lage der Landwirtschaft gemäß den §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis. Er erkennt an, daß die Bundesregierung trotz der durch die Umstellung des Haushaltsjahres bedingten Schwierigkeiten die gemäß § 6 des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehenen Maßnahmen frühzei- 8288 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 146. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1961 tig in Form einer Ergänzungsvorlage zum Haushaltsplan 1961 vorbereitet hat, so daß eine Verzögerung in der Fortführung der Maßnahmen der Grünen Pläne infolge der Vorverlegung des Beginns des Haushaltsjahres vermieden wurde. Er begrüßt es, daß der Ergänzungshaushalt Grüner Plan 1961 der Entschließung des Bundestages vom 11. März 1960 zum Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft durch besondere Maßnahmen zugunsten der von Natur aus benachteiligten Gebiete entsprochen hat. 'Der Bundestag stimmt den im Grünen Plan 1961 vorgeschlagenen Maßnahmen, ebenso den zur Verbesserung der Lage der bäuerlichen Familienbetriebe vorgesehenen Maßnahmen mit einem Aufwand von 300 Mio DM im Grundsatz zu mit der Maßgabe, daß von den haushaltsrechtlichen Möglichkeiten der Austauschbarkeit innerhalb der einzelnen Positionen ein den fachlichen Bedürfnissen entsprechender Gebrauch gemacht wird. Er erwartet, daß die Richtlinien zur Durchführung der vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere für das 300 Mio DM umfassende Sonderprogramm im Benehmen mit den Ländern umgehend erlassen werden. Von den Ausführungen des Bundesernährungsministers für die künftig beabsichtigten Maßnahmen zur Verwirklichung des Landwirtschaftsgesetzes nimmt der Bundestag im Grundsatz zustimmend Kenntnis. Er ist der Auffassung, daß die günstige, nicht zu entbehrende Wirkung der Maßnahmen der bisherigen Grünen Pläne durch die allgemeine Wirtschaftspolitik, insbesondere durch die Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik gemäß § 1 des Landwirtschaftsgesetzes wirksamer unterstützt werden sollte. Bonn, den 23. Februar 1961 Dr. Krone und Fraktion Anlage 11 Umdruck 778 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 2400, zu 2400) Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft zur Kenntnis genommen und festgestellt, daß im Wirtschaftsjahr 1959/60 eine Verschlechterung des Wirtschaftsergebnisses der landwirtschaftlichen Betriebe eingetreten ist. Für die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe sind die im Landwirtschaftsgesetz festgelegten Ziele noch nicht erreicht. Der Bundestag stimmt daher dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Grünen Plan 1961 im Grundsatz mit der Maßgabe zu, daß die Mittel innerhalb der einzelnen Positionen austauschbar sind. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, verstärkte Anstrengungen zur Erfüllung des im § 1 des Landwirtschaftsgesetzes erteilten Auftrages zu unternehmen. Bonn, den 23. Februar 1961 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Harri Bading


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Pflaumbaum hat uns soeben ein Bild davon entwickelt, wie es in



    Bading
    anderen Ländern sehr viel besser gemacht wird als bei uns. Das war aber doch auch wieder eine sehr harte Kritik an der Politik der Bundesregierung, die von der Partei, der Herr Dr. Pflaumbaum angehört, getragen wird. Ich habe vermißt, daß Herr Dr. Pflaumbaum nur einmal sagte, wie man es nach seinen Vorstellungen im einzelnen besser machen kann.
    Der Grüne Bericht, über den wir uns heute auseinandersetzten, weist in diesem Jahre wiederum erfreuliche Verbesserungen aus. Von einem meiner Herren Vorredner ist gesagt worden, es handele sich lediglich um eine statistische Fleißarbeit. Wir sollten uns diesem harten Urteil nicht anschließen, sondern dankbar dafür sein, daß so viel Mühe und Arbeit aufgewandt werden, um uns ein Bild von den Vorgängen in der Landwirtschaft zu vermitteln. Es wird wohl niemand in diesem Hause widersprechen, wenn ich sage, daß wir allen, die an dem Grünen Bericht mitgearbeitet haben, Dank schulden, angefangen bei den Leitern der 8000 Testbetriebe, die sich zur Verfügung gestellt haben, über die Buchführungsinstitute usw. bis zu den Beamten im Bundesernährungsministerium, die dann dem Bericht den letzten Guß gegeben haben.
    Ich brauche hier nicht im einzelnen wiederum auf die Zahlen des Grünen Berichts einzugehen. Sie sind ja schon von meiner Fraktionskollegin Frau Käte Strobel erwähnt worden, und auch die anderen Redner haben sie im einzelnen erläutert.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Ich möchte aber doch auf einige Schlußfolgerungen aufmerksam machen. Wir haben gehört und im Grünen Bericht gelesen, daß die Bruttobodenproduktion der Landwirtschaft sehr stark angestiegen ist. Die Landwirtschaft hat damit eine große Leistung vollbracht. Die Leistungen in der Veredlungswirtschaft sind, prozentual gesehen, sogar noch größer. Auch das ist rühmend zu erwähnen. Infolgedessen kann man sagen, daß die Nahrungsmittelproduktion insgesamt der Landwirtschaft für sich und für die Gesamtbevölkerung, selbst wenn man sie nur in Getreideeinheiten rechnet und dadurch die ganze Preisentwicklung ausklammert, sehr stark gestiegen ist, man kann sagen: in den letzten zehn Jahren um beinahe 50 Prozent.
    Gleichzeitig hat die Landwirtschaft im selben Zeitraum etwa 1,4 Million Arbeitskräfte abgegeben. Das heißt also: Einer 50prozentigen Leistungssteigerung steht eine Abnahme der Arbeitskräfte von etwa 36 Prozent gegenüber. Daß ein solcher Prozeß mit ungeheuer viel Kummer und Sorgen verbunden ist, ist eine Selbstverständlichkeit. Der Anteil der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung ist durch diese Entwicklung von 20 Prozent auf 10 Prozent gesunken. Auch das ist eine sehr starke Abnahme, die natürlich wiederum eine bestimmte Folge hat.
    Durch die Verringerung des Arbeitskräftepotentials und gleichzeitig durch die Steigerung der Produktion ist die Wertschöpfung je Arbeitskraft in der Landwirtschaft gestiegen. Das sollten wir hier klar zum Ausdruck bringen. Wir sollten uns darüber klar sein, daß durch diese große Arbeitsanstrengung in der Landwirtschaft auch die Wertschöpfung je Vollarbeitskraft — man kann es errechnen; im Grünen Plan stehen diese Zahlen nicht, aber es ist nicht schwer, sie zu errechnen — von etwa 2400 auf 5700 DM gestiegen ist. Das ist ein außerordentlich erfreuliches Zeichen der Entwicklung.
    Wir wollen hier nicht immer nur alles schwarz in schwarz malen von seiten der Landwirtschaft, sondern stets sagen, daß mit diesem Entwicklungsprozeß auch Vorteile verbunden sind. Ich bin der Ansicht, die Landwirtschaft tut sich selber nicht den geringsten Dienst, wenn sie andauernd ihre Situation und ihre Lage als nur bejammernswürdig hinstellt. Weder gewinnt sie dadurch sehr viel Ansehen bei der anderen Bevölkerung, noch tut sie der Jugend in der Landwirtschaft damit einen Dienst. Infolgedessen sollte man auch hier alle Entwicklungsfolgerungn klar und deutlich sehen.
    Diese ungeheure Leistungssteigerung in der Landwirtschaft war natürlich nur durch eine Entwicklung der technischen Investitionen möglich, die eigentlich ohne Beispiel ist. Dadurch ist die Landwirtschaft in noch viel stärkerem Umfang mit der übrigen Wirtschaft verflochten. Man kann sagen, daß der Arbeiter bei Claas oder in irgendeinem Düngemittelwerk sozusagen auch mit zur Landwirtschaft gehört. Diese Trennung in Landwirtschaft und übrige Wirtschaft hört einfach auf, einen Sinn zu bekommen. Man sollte also auch hier von seiten der Produktion nicht immer allzustark auf den Gegensatz hinweisen, sondern mehr auf das Gemeinsame.
    Durch diese Investitionen hat natürlich das Fremdkapital eine starke Zunahme erfahren. Es ist von 1954 bis 1960 von 6,2 Milliarden auf 12 Milliarden gestiegen. Auch diese Zahl muß in ihrer Bedeutung richtig gesehen. werden. Wir können nicht allein darüber klagen, daß die Verschuldung der Landwirtschaft so gestiegen ist, sondern wir müssen die Zinsleistung, die für das Kapital aufzubringen ist, in Verbindung mit dem Umsatz der Landwirtschaft, d. h. mit den Verkaufserlösen, sehen. Eine absolute Zahl sagt uns gar nichts. Man kann nur in Prozentzahlen überhaupt irgend etwas erkennen. Da sehen wir also, daß sich in der Beziehung zwischen Zinsleistung und Umsatz in den letzten Jahren fast gar nichts geändert hat. Sie beträgt jetzt etwa 3,4 %, das heißt, die Zinsleistung nimmt 3,4% der Verkaufserlöse in Anspruch. Wenn wir die heutige Situation der Landwirtschaft mit der kurz vor dem Kriege vergleichen — manche Landwirte haben ja diese Zeit als besonders segensvoll fin Erinnerung behalten, obwohl ich der Meinung bin, daß es gar keine segensvolle Zeit war, auch nicht für die Landwirtschaft —, stellen wir fest, daß der Anteil der Zinsleistung damals 5,4 % betrug, also 2% mehr, als er heute bei der gegenwärtigen Höhe des Fremdkapitals beträgt. Nehmen wir die Zahl vor der großen Entschuldung der Landwirtschaft: Der Anteil betrug Anfang der dreißiger Jahre 14 %; das war natürlich viel zu hoch. Man kann aber keineswegs davon reden, daß ein Anteil der Zinsbelastung der Landwirtschaft an den Ver-



    Bading
    kaufserlösen in Höhe von 3,4% eine untragbare Belastung darstellt. Natürlich sind das Durchschnittszahlen; es gibt Betriebe, die mit einer höheren Zinsbelastung zu rechnen haben. Dafür gibt es auf der anderen Seite auch wieder Betriebe, die eine geringere Zinsleistung aufzubringen haben. Ich bedauere aber, ,daß diese Zahlen in keinem landwirtschaftlichen Fachblatt zu finden sind. Da wird immer nur auf die Steigerung der sogenannten Verschuldung hingewiesen. Wir wollen also auch hier beim Wahrheitsprinzip bleiben. Ich glaube, die Landwirtschaft fährt dabei besser.
    In diesem Zusammenhang muß ich aber auch noch meine Anerkennung für Mannesmut vor demokratischen Parlamentsentscheidungenn zum Ausdruck bringen, und zwar hier in diesem Fall des Bundesernährungsministeriums, das dem Beschluß des Bundestages nicht entsprochen hat, den Vergleichslohn auf der Grundlage des sogenannten tatsächlichen Stundenarbeitsverdienstes zu berechnen. Im Grünen Bericht — ich kann mich darauf beschränken, darauf hinzuweisen — finden Sie die Gründe angegeben, warum es das Ernährungsministerium abgelehnt hat, eine solche Berechnung aufzustellen. Sie würde einfach nicht der Realität entsprechen und auch nicht der Wahrhaftigkeit. Deswegen ist es gut, daß das nicht gemacht worden ist.
    Auch ich darf noch einmal sagen, daß das Jahr 1958/1959 ein außerordentlich schwieriges Jahr für die Landwirtschaft gewesen ist. Zum erstenmal ist die ständig ansteigende Linie der Differenzbeträge zwischen Einnahmen und Ausgaben unterbrochen worden. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben im Wirtschaftsjahr 1959/60 lag mit etwa 51/2 Milliarden DM unter der des Vorjahres, aber nicht etwa durch eine Unterbrechung der ständig steigenden Entwicklung der Verkaufserlöse. Die ebenfalls ständig steigende Kaufkraft machte es möglich, daß trotz der schlechteren Produktionsverhältnisse die Einnahmen der Landwirtschaft nicht gesunken sind. Aber die Ausgaben — insbesondere für Futtermittel — stiegen im Wirtschaftsjahr 1958/59 so stark an, daß der Einnahmenüberschuß zurückging.
    Herr Dr. Pflaumbaum hat erwähnt, daß das Jahr 1958/59 zumindest in seiner Heimat das schlechteste Jahr seit Menschengedenken gewesen ist. Ich glaube, wir sollten uns nicht immer auf dieses Jahr berufen, denn es war eben ein besonders schlechtes Jahr. Aber wir müssen daraus natürlich Konsequenzen ziehen. Wir halten somit die von der Bundesregierung gezogene Konsequenz, in diesem Jahr den Betrag zu erhöhen, für durchaus sinnvoll und zweckmäßig.
    Ich möchte noch auf eine Tatsache hinweisen, die ebenfalls aus dem Grünen Bericht hervorgeht, und zwar auf die erschreckende Differenzierung des Einkommens innerhalb der Landwirtschaft. Ich kann wirklich nicht verstehen, daß von einzelnen Kollegen der Regierungspartei oder der FDP diese Tatsache völlig nebensächlich behandelt wird. Es wird so getan, als ob es gar nicht notwendig sei, aus dieser Differenzierung des Einkommens innerhalb der Landwirtschaft die richtigen Schlüsse für unsere
    Agrarpolitik zu ziehen. Selbstverständlich können wir den Betrieben, die gegenüber der allgemeinen Entwicklung in der Landwirtschaft zurückgeblieben sind, nur helfen — das gilt gerade dann, wenn wir sie der Landwirtschaft erhalten wollen —, indem wir ihre betrieblichen Voraussetzungen verbessern oder ihnen die Möglichkeit geben, sie zu verbessern. Wir müssen also den Sinn des § 1 des Landwirtschaftsgesetzes erfüllen, nach dem die Landwirtschaft in den Stand gesetzt werden soll, ein den Einkommen in der übrigen Wirtschaft entsprechendes Einkommen selber zu erwerben.
    Dazu ist es notwendig — das hat meine Fraktion und Partei schon seit Jahren immer wieder gesagt —, daß wir von den Subventionen herunterkommen und die Maßnahmen zur Agrarstrukturverbesserung oder zur Rationalisierung der Familienbetriebe verbessern. Meine Damen und Herren, ich habe schon im vorigen Jahr oder im vorvergangenen Jahr, ich weiß es nicht genau — einige Worte zur Düngemittelsubvention gesagt, und ich erinnere mich, daß Herr Minister Schwarz mir damals insoweit recht gegeben hat. Ich zitiere aus dem Protokoll der Sitzung vom 11. März 1960, in der wir uns über den Grünen Plan 1960 unterhielten. Herr Minister Schwarz hat gesagt:
    Herr Kollege Bading, einigen wir uns auf die Formel: Wir hatten einmal eine Verbilligung von 20 %, haben im vergangenen Jahr 14 % gehabt und werden in diesem Jahr weiter herunterkommen, weil der Betrag festliegt und die Anwendung von Düngemitteln größer sein wird. Wir werden wieder einige Prozent herunterrutschen, und es kann kein Zweifel bestehen, daß die Dinge auslaufen werden.
    Im Grundsatz besteht also zwischen Herrn Minister Schwarz und uns kein Gegensatz. Wir sind uns nur über das Tempo des Aaslaufens uneinig. Nun ja, da kann ich natürlich verstehen, daß man im Wahljahr etwas vorsichtig ist. Herr Minister Schwarz hat zwar bestritten, daß z. B. die zusätzlichen 300 Millionen DM irgendwie als ein Wahlgeschenk aufzufassen seien. Aber er hat — ich muß ihn leider schon wieder zitieren — in der Begründung zum Grünen Plan am 10. Februar dieses Jahres gesagt:
    Wenn solche Maßnahmen . . . die Nebenwirkung auslösten, daß die Agrarpolitik der Regierung auch bei den Wählern günstig beurteilt wird, dann könnte ich allerdings darüber nicht traurig, sondern nur zufrieden sein,

    (Abg. Frehsee: Die Regierung hat das ja auch sehr nötig!)

    Man kann also wohl kaum sagen, daß bei diesen Überlegungen der Hinblick auf den September 1961 gefehlt hätte.
    Ich freue mich aber auch, feststellen zu können, daß die ablehnende Meinung gegenüber den Subventionen sich nicht allein auf die Sozialdemokratie oder einige Betriebswissenschaftler beschränkt, sondern daß auch innerhalb der Landwirtschaft die Bedenken, ob diese Form der Hilfe die einzig richtige ist, immer größer werden. Ich möchte hier auf die Stellungnahme der katholischen bayerischen Land-



    Bading
    jugend in ihrer Zeitschrift „Der Pflug" im Januar dieses Jahres verweisen, in der sie unter der Überschrift — ich kann sie nicht genau zitieren —: Müssen die Reichen immer reicher werden? denselben Standpunkt vertritt, den wir seit Jahren vertreten, den Standpunkt, daß die Verteilung der Subventionen nicht einfach nach dem Umsatz, sondern nach der Bedürftigkeit der Betriebe zu erfolgen hat. Nur dann ist eine Subvention moralisch und rechtlich zu rechtfertigen, wenn sie ,sich für Gerechte und Ungerechte gleichmäßig auswirkt; sie muß tatsächlich den Betrieben zugute kommen, denen es am schlechtesten geht und die die Subvention nötig haben.
    Auch innerhalb des Bundestages ist ja die Düngemittelsubvention bereits von Mitgliedern der Regierungsparteien angeknabbert worden. Wir haben gestern im Ausschuß erlebt, daß bei einzelnen Anträgen der Deckungsvorschlag gemacht wurde, die Düngemittelsubvention entsprechend zu kürzen. Wir können also feststellen, daß andere Formen der Förderung der Landwirtschaft für sinnvoller als diese Subvention gehalten werden. Ich will damit aber nicht gesagt haben, daß ich die Subventionen als solche grundsätzlich ablehne. Es ist eine Notwendigkeit, daß man so lange, bis sich die Agrarstrukturmaßnahmen auswirken können, auch Subventionen zahlt, aber, wie gesagt, nur den Betrieben, die sie nötig haben.
    Man könnte den Einwand machen, daß die Auswirkungen auf die Ertragslage es vielleicht doch zweckmäßig erscheinen lassen, solche auf den Umsatz eingestellte Subventionen weiterbestehen zu lassen. Ich möchte Sie auf die Seite 70 des Grünen Berichts verweisen, wo die Auswirkungen angegeben sind. Sie müssen diese Angaben aber nun nicht so lesen — ich habe den Grünen Bericht nicht hier, deswegen kann ich Sie nur so darauf hinweisen —, wie Sie sie dort finden, nämlich auf den Hektar bezogen, sondern auf die Arbeitskraft bezogen. Dann kommen Sie zu dem Ergebnis, daß sich diese Subventionen für die größeren Betriebe, die ja eine viel geringere Anzahl von Arbeitskräften, auf je 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bezogen, haben, ganz anders auswirken, und zwar für die größeren Betriebe etwa dreimal so günstig wie für die kleineren Betriebe.
    Nun muß ich noch ein Wort zu der Milchsubvention sagen. Sie ist ja anders zu beurteilen als die Düngemittelsubvention. Sie wissen, daß 27 % der Verkaufserlöse der Landwirtschaft durch den Absatz von Milch hereinkommen, und die Situation der Milchwirtschaft ist zweifelsohne nicht gerade die beste. In Hessen ist die Milchanlieferung im Jahre 1960 um 42 Millionen Liter größer gewesen als im Jahre 1959. Die Gesamtsumme der Auszahlung an die Landwirtschaft war aber geringer als im vorhergehenden Jahr. Das ist sehr bedauerlich, und wir müssen sehen, wie wir zu einer Besserung der Situation kommen können. Ich bin der Ansicht, daß eine ungezielte und ungestaffelte Milchsubvention nicht das richtige Mittel ist. Wir müssen sehen, daß wir — das ist eine Forderung, die auch von Herrn Minister Schwarz erhoben wird — der Milchsubvention den Anreiz nehmen, die Produktion in der bisherigen Weise zu erhöhen. Wir können dafür auch Wege finden, ohne die große Zahl der kleinbäuerlichen Betriebe, die am Milchverkauf außerordentlich stark interessiert sind, dadurch zu schädigen. Auch Herr Minister Schwarz hat bereits angekündigt, daß er die Milchsubvention 1962 überprüfen werde. Ich bedauere, daß er das nicht jetzt schon getan hat; denn ich glaube, wir sind schon an einem Entwicklungspunkt angelangt, an dem wir uns darüber unbedingt Gedanken machen müssen.
    Über die Treibstoffsubvention brauche ich hier kein Wort mehr zu verlieren. Sie ist bereits erwähnt worden. Um den Preis des Dieseltreibstoffs für den deutschen Bauern auf den Betrag zu senken, den der französische und der holländische Bauer bezahlen, etwa 17 bis 19 Pf, würden wir etwa 70 bis 80 Millionen DM benötigen. Meines Erachtens ist dieser Betrag in der Richtung besser angewandt, als er jetzt nach dem Grünen Plan Verwendung finden soll.
    Noch einige Worte zu den Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Erfreulicherweise können wir feststellen, daß unsere ständigen Hinweise die Bundesregierung veranlaßt haben, einige Erhöhungen vorzunehmen. Nur sind wir nicht der Ansicht, daß diese Erhöhungen schon genügen. Die Erhöhung des Ansatzes um 15 Millionen DM für die Flurbereinigung scheint mir in keiner Weise ein Ausgleich für die gestiegenen Kosten der Flurbereinigung zu sein. Es ist notwendig, die Flurbereinigung in stärkerem Umfang und in einem größeren Tempo durchzuführen. Ich brauche mich da nicht zu wiederholen. Doch sollte die Vorfinanzierung, die jetzt in Nordrhein-Westfalen und in Hessen erprobt worden ist und sich gut bewährt hat, auch in den übrigen Ländern eingeführt werden, und der Bund sollte sich an ihr beteiligen. Wir müssen deshalb für diese Vorfinanzierung im Grünen Plan Geld zur Verfügung stellen.
    Bei dem Ansatz für die Aussiedlung und Aufstokkung ist zu beanstanden, daß zwar nominell eine Erhöhung, praktisch aber eine Senkung des Betrages eintritt; denn aus diesen Mitteln sollen 70 Millionen DM als Zuschuß zur Alterskasse für Landwirte bezahlt werden. Das erscheint uns und vielen anderen als eine Zweckentfremdung. Wir werden deshalb fordern, diese 70 Millionen DM aus dem Einzelplan 10 herauszunehmen und in den Sozialetat, den Einzelplan 11, einzusetzen. Das bedeutet dann, daß 70 Millionen DM mehr für Aussiedlungs- und Aufstockungszwecke zur Verfügung stehen. Diese Mittel brauchen wir auch dringend. Die Baukosten sind gestiegen. Der Baukostenhöchstsatz von 25 000 DM reicht längst nicht mehr aus. Wir brauchen je Aussiedlung insgesamt etwa 20 000 DM an Baukrediten mehr. Wenn wir mit 3000 Aussiedlungen im Jahr rechnen — was durchaus erreichbar wäre und im Grunde genommen nur einen sehr bescheidenen Beitrag zur Verbesserung der Agrarstruktur darstellen würde —, so ergibt sich allein für diesen Zweck schon ein Mehrbedarf von 60 Millionen DM. Wir brauchen also unbedingt den für die Alterssicherung angesetzten Betrag von 70 Millionen DM



    Bading
    für Zwecke der Aussiedlung. Ich bin natürlich. nicht gegen die Alterssicherung für Landwirte; im Gegenteil, ich halte sie für notwendig. Nur müssen die Mittel für die Zuschüsse dort eingesetzt werden, wo sie hingehören.
    Mit der Umstellung von mehr arbeitsintensiven zu maschinenintensiven Betrieben in der Landwirtschaft kommt dem Wegenetz auf dem Lande eine besonders große Bedeutung zu. Die Wegebaumittel, die jetzt zur Verfügung gestellt sind, müssen ebenfalls erhöht werden, wenn wir der Landwirtschaft auf diesem Gebiet helfen wollen. Auch nehmen die Klagen der finanzschwachen Gemeinden über ungenügende Berücksichtigung bei der Verteilung der Mittel nicht ab. Ich richte an Sie, Herr Minister, die dringende Bitte, durch eine bessere Zusammenarbeit mit den Ländern auch auf diesem Gebiet zu besseren Richtlinien zu kommen, damit nicht nur die reichen Gemeinden mit hohem Gewerbesteueraufkommen oder mit Waldbesitz diese Mittel in Anspruch nehmen können, sondern auch die Gemeinden, die darauf besonders angewiesen sind.
    Nun noch ein Wort zur Althofsanierung. Damit möchte ich dann meine Betrachtung der Agrarstrukturmaßnahmen abschließen. Die große Bedeutung dieser Althofsanierung für die Rationalisierung und hier auch wieder für die Erleichterung der Arbeit der Bäuerin ist zwar allgemein anerkannt; praktisch getan wird dafür aber außerordentlich wenig. Es stehen hier zu wenig Mittel zur Verfügung. Ich spreche den Wunsch aus, daß die 100 Millionen DM für Investitionen, die in dem Zusatz von 300 Millionen DM enthalten sind, vornehmlich für die Althofsanierung verwandt werden.
    Hierbei noch ein Wort an Herrn Bauknecht! Er hat gesagt, daß diese 300 Millionen DM der Beginn einer langandauerndem Aktion sein sollten. Ich habe die Vorlage gerade nicht hier. Aber auf der ersten Seite steht, daß das eine einmalige Angelegenheit sei. Es wäre also interessant, einmal zu erfahren, wie das eigentlich gedacht ist. Ich persönlich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß diese 100 Millionen DM für Investitionen, die unbedingt notwendig sind, eine einmalige Angelegenheit bleiben können.
    Etwas anderes ist es natürlich wiederum mit den 120 Millionen DM, die für Nachzahlungen für den geringeren Milcherlös bestimmt sind. Das ist selbstverständlich eine einmalige Angelegenheit. Aber auch hierüber möchte ich- von der Regierung noch etwas Klarheit erhalten.
    Nun zur technischen Förderung der Landwirtschaft! Hier darf ich nur einen Posten herausgreifen, nämlich den überbetrieblichen Einsatz von Landmaschinen. Ich freue mich darüber, daß der Ansatz von 10 auf 20 Millionen DM erhöht worden ist. Aber auch diese Erhöhung sollte keine einmalige Angelegenheit, sondern zumindest vorläufig eine Dauereinrichtung sein. Auch auf diesem Gebiet könnte man wahrscheinlich noch bedeutend mehr tun.
    Es ist erfreulich, daß sich das Bundesernährungsministerium entschlossen hat, die Richtlinien in der
    Weise zu ändern, daß jetzt auch nichtjuristische Personenvereinigungen Zuschüsse erhalten können. Bedauerlich ist jedoch, daß ,die Mindestgröße dieser Personengemeinschaften immer noch auf sieben Personen festgesetzt ist. Ich kann mir vorstellen, daß aus betriebswirtschaftlichen Gründen auch durchaus einmal eine kleinere Anzahl von Personen eine solche Maschinengemeinschaft gründet.
    Wie groß die Bedeutung dieser freien Gemeinschaften ist, geht aus einer Aufstellung hervor, die ich aus Hessen bekommen habe. In Hessen gibt es jetztbereits 4200 überbetriebliche Maschinengemeinschaften. Davon sind Gemeinden, die die Aufgabe der Vollmechanisierung des Dorfes zu erfüllen haben, 43, Genossenschaften 374, Lohnunternehmungen 540 und Gemeinschaften 3256. Sie ersehen aus diesen Zahlen, welche Bedeutung diese Gemeinschaften für die so wichtige Aufgabe der Rationalisierung der Landwirtschaft und der Maschinenverwendung haben.
    Bedauern möchte ich, daß in dem Grünen Plan der Gartenbau so stiefmüttertlich behandelt worden ist. Wir alle wissen, daß im Laufe der vor uns liegenden Entwicklung auf den Gartenbau sehr viel zukommen wind. Der Gartenbau ist also baulich keineswegs so ausgestattet, daß er der Konkurrenz gewachsen sein wird. Ich halte es für dringend notwendig, daß wir die Bereitstellung von Mitteln, die für die Umwandlung von Niedrigglas- in Hochglashäuser oder, auf deutsch gesagt, von Glaskästen zu regelrechten Treibhäusern gebraucht werden, in viel stärkerem Umfang durch Kreditierung fördern sollten.
    Ich muß mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß sich auch im Ernährungsausschuß selbst keine Mehrheit für eine wirkliche Hilfe finden konnte. Die vorhandenen Mittel wurden nach dem Prinzip der Töpfchenwirtschaft verzettelt, was meines Erachtens geradezu unerträglich ist. Es geht nicht an, daß man jedem, der einem einen Brief schreibt, nun auch ein bißchen gibt. Dann ist überhaupt keine Konzeption mehr in unserer Politik zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Förderung der Rationalisierung, wir geben dann vielmehr immer nur den Bestrebungen der einzelnen Interessentengruppen nach. Ich will dabei keineswegs sagen, daß diese Interessentengruppen nur aus purem Übermut solche Forderungen stellen. Wenn aber hier geholfen werden soll, dann muß es im Rahmen der allgemeinen Bedingungen geschehen. Oder handelt es sich um Gruppen, deren Produktion überhaupt keinen allgemeinen ökonomischen Sinn hat, müssen wir eben zu einer sozialen Überleitungshilfe für solche Gruppen kommen.
    Ich komme zum Schluß. Zweifellos ist die Aufgabe, der Landwirtschaft in dem derzeitig laufenden Umstellungs- und Entwicklungsprozeß zu helfen, keineswegs einfach zu lösen. Sie muß gelöst werden. Sie kann aber wahrscheinlich nur dann gelöst werden, wenn wir in gemeinsamer Arbeit und in einer sehr nüchternen Erkenntnis der Situation, in der wir uns befinden — nüchtern, d. h., daß man sich keinen Illusionen hingeben sollte —, zu Wegen



    Bading
    zu kommen suchen und hierbei gleichzeitig ganz bewußt Möglichkeiten erschließen, mit deren Wahrnehmung tatsächlich dem größten Teil der deutschen Landwirtschaft, den Familienbetrieben, geholfen werden kann.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Sander.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Sander


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muß den enttäuschenden Grünen Bericht 1961 im Zusammenhang mit all seinen Vorgängern sehen und dementsprechend werten. Die klare Verlustbilanz für die Landwirtschaft ist zugleich der Beweis dafür, daß die Agrarpolitik, für die bekanntlich die CDU/CSU seit acht Jahren die alleinige Verantwortung trägt, völlig versagt hat. Im § 1 des Landwirtschaftsgesetzes hat das Hohe Haus als Ziel der Agrarpolitik festgelegt, daß „die Landwirtschaft mit den Mitteln der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik — insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik —" an die Wohlstandsentwicklung in der Gesamtwirtschaft herangeführt werden soll. Heute an dieser Stelle geht es darum, darüber zu berichten.
    Nur rund 6 % der Testbetriebe konnten im letzten Wirtschaftsjahr eine mäßige Rentabilität herauswirtschaften, in Niedersachsen waren es sogar nur 3,5 %. Diese Tatsache beweist doch, daß wir von dem Ziele des Landwirtschaftsgesetzes weiter denn je entfernt sind. In diesem Hohen Hause ist auch heute wieder viel von Protektionismus, von Dirigismus und von Subventionen gesprochen worden, von Dingen, die uns Freien Demokraten gar nicht sympathisch sind. Der Bauer will keine Subventionen, er will keine Almosen. Daß das im Augenblick nicht zu ändern ist, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich betone das ganz besonders, um nicht mißverstanden zu werden. Ich brauche Ihnen auch nicht zu sagen, wie es in anderen Ländern praktiziert wird. Wir Freien Demokraten fordern grundsätzlich die Eingliederung auch der Landwirtschaft als integrierenden Bestandteil der Gesamtwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft.
    Dabei sind wir uns alle darüber klar, daß das von der Natur bestimmte Wachsen und Gedeihen auf den Äckern in einem langsameren Rhythmus läuft als Räder und Fließbänder der Industrie. Man kann eben den Acker nicht aufs Fließband setzen. Dieser grundsätzliche Unterschied zwischen der Landwirtschaft und der gewerblichen Wirtschaft bedingt eine gewisse Sonderbehandlung der Landwirtschaft, wie es dieses Hohe Haus wiederholt anerkannt hat, z. B. auch bei der Zustimmung zu den landwirtschaftlichen Marktordnungsgesetzen und nicht zuletzt im Landwirtschaftsgesetz.
    Wir meinen aber, daß die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung auf diese Voraussetzungen wenig oder gar keine Rücksicht nimmt. Ich muß es angesichts des reichlich welken Grünen Berichts 1961 einmal klar aussprechen, daß es die Bundesregierung mit einer organischen Eingliederung der Landwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft, d. h. mit einer Wirtschafts- und Konjunkturpolitik aus einem Guß, gar nicht ernst nimmt. Wenn zwei Bereiche zusammenwachsen sollen, muß man auf beiden Seiten nachhelfen. Wie mein Kollege Walter bereits nachwies, hat es die Landwirtschaft nicht daran fehlen lassen, ein Höchstmaß an Selbsthilfe bei der Rationalisierung ihrer Betriebe zu entwickeln. Die Produktivität je Arbeitskraft stieg innerhalb der letzten zehn Jahre um rund 120 %; das ist eine im Bereich der gesamten westdeutschen Wirtschaft einmalige Leistung. Dies hat auch der Herr Bundeswirtschaftsminister wiederholt öffentlich anerkannt.
    Es soll durchaus und auch dankbar bestätigt werden, daß die Grünen Pläne seit 1956 der landwirtschaftlichen Selbsthilfe manche kräftige Förderung gegeben haben. Aber mit Selbsthilfe, Rationalisierung und insbesondere mit der hier im Hause so oft gepriesenen Wunderdroge „Strukturverbesserung" allein ist es meines Erachtens und nach Ansicht meine politischen Freunde nicht zu schaffen. Die eigentliche Ursache des mit dem Grünen Bericht 1961 eindeutig nachgewiesenen Mißerfolges der amtlichen Agrarpolitik sehen wir Freien Demokraten darin, daß die Bundesregierung leider mit zweierlei Maß mißt, daß Agrarpolitik und Wirtschaftspolitik nicht synchronisiert sind. Einordnung der Landwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft kann doch nur heißen, daß man den strukturell gesunden und ordnungsgemäß geführten bäuerlichen Betrieben das Recht auf einen solchen Preis zuerkennt, der Aufwand und Ertrag nach den Maßstäben des Landwirtschaftsgesetzes deckt. Denn dieser Grundsatz des kostendeckenden Preises wird in der gesamten übrigen Wirtschaft als selbstverständlich anerkannt. Wo sich der kostendeckende Preis im freien Wettbewerb nicht erreichen läßt, wird der Markt — geben wir es doch ehrlich zu! — teils von hoher Hand, teils auf Grund privater Vereinbarungen manipuliert, wobei die unsichtbaren und geräuschlosen Manipulationen manchmal viel stärker wirken als die der öffentlich eingetragenen Kartelle.
    Es ist eine unwiderlegbare Tatsache, daß auf diese Weise bei rund 80 % aller Umsätze in der gewerblichen Wirtschaft der Preis zum kostendeckenden Preis hin dirigiert wird. In der Landwirtschaft sind es bestenfalls 25 % der Umsätze, bei denen die Preise durch Marktordnungsgesetze fixiert sind. Reichlich drei Viertel der landwirtschaftlichen Umsätze vollziehen sich im Wettbewerb mit einer scharfen Auslandskonkurrenz, die bekanntlich zumeist auch noch mit Dumpingpreisen arbeitet. Also, meine Damen und Herren: 80 % aller gewerblichen Umsätze mit garantiert kostendeckenden Preisen, nur vielleicht ein Viertel aller landwirtschaftlichen Umsätze mit durch die Marktordnung gebundenen Preisen! Das ist die erste Disparität zwischen Agrarpolitik und Wirtschaftspolitik, die der Landwirtschaft den Anschluß an die allgemeine Wohlstandsentwicklung erschwert.
    Die Bundesregierung hätte wirklich einen besseren Bericht vorlegen können, wenn das Kanzlerversprechen in der Regierungserklärung vom September 1949 und in der Rhöndorfer Erklärung von 1951



    Sander
    gehalten woden wäre. Ich darf daraus, Herr Präsident, mit ihrer Genehmigung einige Sätze zitieren. Am 27. Februar 1951 hat der Herr Bundeskanzler in Rhöndorf unter anderem folgende Erklärung abgegeben:
    Das landwirtschaftliche Preisniveau, welches weitgehend durch innerwirtschaftliche und handelspolitische Maßnahmen beeinflußt werden kann, muß meiner Überzeugung nach in eine Parität zu den Preisen der übrigen Wirtschaft gebracht werden. Die Bundesregierung
    — so versprach der Bundeskanzler damals —
    wird alle geeigneten Maßnahmen treffen, um eine Preisentwicklung zu sichern, die den tatsächlichen Erzeugungskosten entspricht.
    Also . zweimal sicherte der Herr Bundeskanzler der Landwirtschaft den kostendeckenden Preis zu.
    Wenige Jahre später sagten allerdings die Landwirtschaftsminister — es soll kein Angriff gegen Sie sein, Herr Minister Schwarz —, dies sei eine Utopie. Leider verbietet es mir die Zeit, auf diese Dinge gründlich einzugehen; aber es ist wohl selbstverständlich, daß in vielen Ländern, nicht nur Europas, sondern auch außerhalb Europas der kostendeckende Preis erreicht wird. Ich bin gern bereit, zur Erörterung dieses Problems einmal einen kleinen Beitrag zu leisten.

    (Zuruf von der Mitte: Warten Sie doch, bis Sie Minister sind!)

    — Herr Bauknecht, entschuldigen Sie, kam das von Ihnen?

    (Abg. Bauknecht: Nein! — Zuruf von der Mitte: Der ist ganz unschuldig! — Heiterkeit. — Zuruf des Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach.)

    — Ich bedaure außerordentlich, daß Sie als der große Volkswirtschaftler sich nicht etwas weiter nach vorne setzen; aber ich hoffe, daß wir uns in einer gewissen Gemeinsamkeit der Auffassungen befinden, zumeist, was die Fragen der mittelständischen Wirtschaft betrifft.

    (Abg. Pelster: Wenn er Minister ist, kommt er vorne hin!)

    — Das glaube ich auch.
    Meine Damen und Herren, heute muß die Bundesregierung bekennen, daß die Agrardisparität noch größer geworden ist. Nach den Berechnungen der amtlichen Experten liegt das landwirtschaftliche Einkommen um etwa rund 27 % unter dem vergleichbarer Berufe. Wir sind der Meinung, daß die Disparität in Wirklichkeit noch größer ist, und können dies auch nachweisen. Mein Kollege Mauk wird das im einzelnen noch begründen.
    Meine Damen und Herren, es ist Ihnen bekannt, daß wir Freien Demokraten seinerzeit ein Landwirtschaftsgesetz mit zwingenderen Vorschriften vorgeschlagen hatten. Ich brauche nur das Wort „Preisindexvergleich" zu nennen. Wir stimmten dann diesem Kompromiß zu, weil wir damals wie wohl alle in diesem Hohen Hause glaubten, daß die Bundesregierung dieses Gesetz nach Treu und Glauben handhaben würde. Das geschah aber nicht. Das ist heute bewiesen und führte zu der jetzt vollauf berechtigten Unruhe in der Landwirtschaft, die man mit kleinen Geschenken des sogenannten einmaligen Zusatzprogramms aus diesem Grünen Plan nicht beseitigen kann.
    Die Entschließung des Deutschen Bauernverbandes vom Januar, welche feststellte, daß das Landwirtschaftsgesetz von der Bundesregierung bewußt nicht erfüllt wurde, entspricht leider voll und ganz den Tatsachen. Ich sagte Ihnen, daß wir Freien Demokraten hier in absoluter Übereinstimmung mit den maßgeblichen Sprechern des landwirtschaftlichen Berufsstandes und nicht zuletzt mit dem Herrn Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Rehwinkel, den Agrarsektor in die soziale Marktwirtschaft organisch eingebaut haben wollen. Meine Damen und Herren, hier ist nicht das Wirtschaftssystem, sondern die Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung schlecht gewesen.

    (Abg. Pelster: Nicht so wüst! — Heiterkeit.)

    Daß die Bundesregierung überhaupt ein gesamtwirtschaftliches Konzept hat, wage ich heute auf Grund dieser Tatsachen zu bestreiten, und ich glaube hier keinen besseren Kronzeugen als den Herrn Bundesbankpräsidenten Dr. Blessing anführen zu können.
    Die Bundesregierung duldet Auswüchse der Marktwirtschaft, die das verpflichtende Beiwort „sozial" entwerten. Ein Musterbeispiel dafür ist doch die Konjunkturentwicklung der letzten Jahre. Das Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik konnte bis Ende 1960 auf rund 276 Milliarden DM gesteigert werden. Das bedeutet eine Verdreifachung der Wertschöpfung der westdeutschen Wutschaft innerhalb von 11 Jahren, eine Mengenkonjunktur von einem Ausmaß, wie sie damals, ich glaube, kaum einer in diesem Hohen Hause beim Start zum Wiederaufbau mit einer neuen Währung für möglich hielt. Sicherlich hat die Landwirtschaft auch hieraus einen gewissen Nutzen gehabt; denn mit steigendem Masseneinkommen wuchs die Aufnahmefähigkeit des Konsums, besonders für Veredelungsprodukte.
    Der weitaus größte Vorteil jedoch floß durch die Handelspolitik der Bundesregierung dem Ausland zu. Mit steigenden Importen über den echten Bedarf hinaus wurde die konjunkturell mögliche Annäherung an kostendeckende Preise, d. h. die Erfüllung des zweimaligen Kanzlerversprechens, vernachlässigt. „Handelspolitische Sündenfälle" sagte dazu vor einiger Zeit mit dankenswerter Offenheit der Staatssekretär Dr. Sonnemann aus dem Bundesernährungsministerium.
    Ich erinnere an dieser Stelle an den importierten Butterberg. Ich glaube, daß Sie, Herr Minister Schwarz — ich sage es ganz offen —, im vorigen Jahr über die Dinge genau Bescheid wußten. Es ist aber eine Tatsache, daß dann — hier muß ich es ganz offen sagen, von seiten der SPD gefordert — Buttermengen importiert wurden, die der Landwirtschaft im letzten Jahr einen ungeheuren Schaden zugefügt haben.

    (Zustimmung in der Mitte.)




    Sander
    Durch diese verkehrte Importpolitik hat die Landwirtschaft im Jahre 1960 mindestens 400 Millionen DM Einnahmeverluste gehabt. Es ist bekannt, daß der Butterpreis auf den Stand von 1950 und 1952 abgesunken ist.
    Ich erinnere weiter daran, daß der Zuckerüberschuß, den wir heute haben, unnötigerweise importiert worden ist. Ich bedauere außerordentlich, daß man diese Probleme nicht früh genug erkannt hat, obwohl darauf frühzeitig hingewiesen worden ist. Es ist bedauerlich, daß der Zuckerrübenanbau in Deutschland eingeschränkt werden muß. Ich bin der Ansicht, man sollte hier im Augenblick mit Mitteln des Staates dafür sorgen, daß keine Einschränkung des Zuckerrübenanbaus eintritt. Denn wir wissen noch nicht, wie die Ernten in den kommenden Jahren aussehen werden.
    Ich will hier nicht auf den importierten Weizenüberschuß und auf all die Dinge eingehen. Wir werden in einer Europadebatte und bei der Beratung des Haushaltsplans besser als heute Gelegenheit haben, über diese Dinge zu diskutieren. Ich bedaure sehr, daß diese Debatte wiederum an einem Freitag stattfindet — man hat es ja bewußt so eingerichtet —, also an einem Tag, an dem das Haus nicht so besetzt ist, wie es im Interesse der Landwirtschaft wünschenswert wäre. Aber ich nehme an, daß die Besetzung bei der Europadebatte wesentlich besser sein wird.
    Ich sprach soeben von den überspitzten Importen, den um einige Prozent zu hohen Importen, die man vorgenommen hat. Andererseits begünstigte die Bundesregierung, besonders in der Großindustrie und im Export mit nachweisbar Dutzenden von Milliarden an sogenannten Förderungshilfen, die man in diesem Hause doch endlich einmal offen als Subventionen bezeichnen sollte, die Bildung von Konjunkturgewinnen in einem gesamtwirtschaftlich unerwünschten, ja schädlichen Übermaß. Auch hier kann als Kronzeuge der Herr Bundesbankpräsident genannt werden.
    Mengenkonjunktur und Rationalisierung hätten der Industrie durchaus einen Konjunkturbonus für ihre Abnehmer, d. h. eine Preissenkung erlaubt. Es wäre besser gewesen, wenn man seinerzeit ein Drittel für Investitionen, ein Drittel für Lohnerhöhungen und ein Drittel für Preissenkungen verwandt hätte.

    (Abg. Sckmücker: Zu welcher Partei gehört der eigentlich? — Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    — Herr Schmücker, vielleicht stellen Sie Fragen! Ich stehe Ihnen gerne zur Verfügung.

    (Abg. Schmücker: Ich bin sehr erstaunt, daß Sie so etwas in Übereinstimmung mit den Wirtschaftspolitikern der FDP sagen!)

    — Ich spreche hier als Politiker der FDP. Sie wissen ganz genau, daß Sie auch in Ihren Reihen Politiker mit dieser und jener Auffassung haben. Gott sei Dank haben wir noch keine Uniformierung der Ansichten.
    Ich sprach von dem Konjunkturbonus der Großindustrie. Ich gebe zu, daß in manchen Branchen eine Preissenkung stattgefunden hat. Aber diese Bereiche — hören Sie gut zu, Herr Schmücker — unterliegen auch einem scharfen Wettbewerb, und es ist bezeichnend, daß es sich wiederum vorwiegend um Bereiche handelt, in denen die mittelständische Wirtschaft beheimatet ist. Die Großindustrie hat sich bis zum heutigen Tag mit Erfolg dagegen gewehrt, ihre überhöhten Konjunktur- und Rationalisierungsgewinne über Preissenkungen an die Verbraucher weiterzugeben und damit zur Stabilisierung der Kaufkraft unserer Währung beizutragen. Die gefährliche Kehrseite dieser Konjunkturpolitik des Laisser faire, laisser aller ist doch, daß die Kaufkraft der D-Mark allein in den letzten sechs Jahren rund 16 % verloren hat. Daran konnten auch die Seelenmassagen des Herrn Bundeswirtschaftsministers nichts ändern. Dieser Kaufkraftverlust und das besorgniserregende Übermaß der Konjunktur in den entscheidenden Branchen sind nicht zuletzt die Folgen einer Exportförderung um jeden Preis und einer großzügigen Steuererleichterung sowie der Abschreibungsmöglichkeiten speziell in der Großindustrie. Selbstverständlich war das für uns in den Startjahren nach 1950 zweckmäßig, aber es wurde doch über die Zeit hinaus beibehalten und erlaubt heute den Sonnenkindern der Konjunktur übermäßige Gewinne auf Kosten der Gesamtwirtschaft. Die Steuerpolitik der Bundesregierung schafft einen künstlichen Zwang zu Investitionen, trägt daher entscheidend dazu bei, die Lohn-Preis-Spirale in Bewegung zu halten.
    In die Landwirtschaft aber schlägt diese Entwicklung hinein mit alljährlich steigenden Preisen für Betriebsmittel. Das Preisniveau für landwirtschaftliche Betriebsmittel stieg z. B. seit 1950 bis Ende 1960 um 38 %, während die Erzeugerpreise nur um 23 % nachziehen durften. Im Jahr der Überkonjunktur, von Dezember 1959 bis Dezember 1960, hatten wir sogar eine Verminderung um 11 %.
    Herr Präsident, ich darf nun wohl auch mit Ihrer Zustimmung ein kleines Zitat aus dem Tätigkeitsbericht der Bundesbank auszugsweise vorlesen. Die Deutsche Bundesbank geht in ihrem Jahresbericht erstmals ausführlich auf die Entwicklung unserer Landwirtschaft ein und würdigt deren hohe Produktions- und Produktivitätsleistung. Die Grundlage dieser Leistung der Landwirtschaft — so schreibt das Institut —
    bildet eine überraschend erfolgreiche Rationalisierung mit Hilfe der fortschreitenden Mechanisierung und anderer Verbesserungen- des Produktionsprozesses.
    In den letzten fünf Jahren habe sich die Produktion der Landwirtschaft um 16 % erhöht. Gleichzeitig sei jedoch die Zahl der Erwerbstätigen um 16 % zurückgegangen, was zu einer Steigerung der Produktion je Arbeitskraft um 38% geführt habe. Der Bericht sagt weiter:
    Der Produktivitätszuwachs in der Landwirtschaft war damit erheblich höher als in der übrigen Wirtschaft.



    Sander
    Meine Damen und Herren, ich glaube, diesen Bericht der Bundesbank in diesem Hohen Hause einmal gebührend herauszustellen, ist wohl für uns alle, die wir uns um die Zukunft nicht allein der Landwirtschaft, sondern der Gesamtwirtschaft große Sorgen machen, wichtig.
    Mir scheint aber ein fast eisener Grundsatz der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu sein, das Agrarpreisniveau künstlich niedrig zu halten, damit die Landwirtschaft den Billigmacher für den Preis- und Lohnauftrieb in der gewerblichen Wirtschaft spielt. Mit Recht ist die Landwirtschaft darüber empört, daß, wie es in den amtlichen Konjunkturberichten mit größter Selbstverständlichkeit heißt, bei den Lebenshaltungskosten die Verteuerung der Konsumgüter und Dienstleistungen durch niedrigere Agrarpreise ausgeglichen wurde. Meine Damen und Herren, das alles können wir doch überall nachlesen. Wir haben doch die Berichte aus dem Wirtschaftsministerium bekommen. Daß das die Bauern nicht als selbstverständlich hinnehmen, ist klar. Man kann die Landwirtschaft nicht, wie es heute geschieht, als die Feuerwehr für die konjunkturellen Überspitzungen in der gesamten gewerblichen Wirtschaft ansehen.
    Man wird unsere Kritik an der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung nicht mit dem üblichen Schlagwort „Klagelied der Bauern" abtun können. Es ist heute schon soviel darüber gesprochen worden, und es wurde auch nach der und der Seite gesagt, daß viele Fehler gemacht worden seien. Es wird gut sein, wenn wir das auch zugeben. Überall sind doch in der Beurteilung der Landwirtschaft grundsätzliche Fehler begangen worden, und wenn es uns gelingt, auf Grund der — ich wage es hier offen auszusprechen — wirklich katastrophalen Lage in der Landwirtschaft eine Änderung herbeizuführen, können wir uns, glaube ich, alle im Interesse der Gesamtheit beglückwünschen. Es ist doch so, daß die Warnungen und Ermahnungen des Herrn Präsidenten Rehwinkel, den ich vorhin schon einmal erwähnt habe, aus dem gesamten Bereich der mittelständischen Wirtschaft bis hinein in die breite Zone der mittelständischen Industrie, heute volles Verständnis finden.
    Es ist nicht von ungefähr, daß vor einigen Wochen in einer führenden Zeitschrift, der „Deutschen Kreditwirtschaft", behauptet wurde, die deutsche Landwirtschaft verhindere eine Erhöhung der Einfuhren und erschwere damit den Abbau des Zahlungsbilanzüberflusses. Jeder, der lesen kann, wird sich an Hand der amtlichen Außenhandelsstatistik überzeugen können, daß die Agrarimporte Jahr für Jahr großzügig gesteigert wurden und praktisch weit über den echten Bedarf hinausgehen. Trotzdem geht der seltsame Kritiker in der genannten Zeitschrift sogar so weit, der Agrarpolitik eine Gefährdung der Währung vorzuwerfen. Er verstieg sich so ungefähr zu der Behauptung, die Landwirtschaft sei ja bekanntlich chronisch krank und könne nur noch mit künstlichen Subventionsspritzen am Leben gehalten werden. Sie drohe die ganze Wirtschaft, insbesondere die Währung, ebenfalls krank zu machen.
    Das ist wirklich eine Rekordleistung an Unkenntnis, um noch bei einem parlamentsfähigen Ausdruck zu bleiben. Aber solche Empfehlungen, die darauf hinauslaufen, einen möglichst großen Teil der deutschen Landwirtschaft aufzuforsten und den Rest in recht großen Betriebseinheiten weiterzuführen, hört man leider heute sehr oft in vielen Kreisen, und, wie ich einmal feststellen muß, man hört leider solche Empfehlungen sehr oft von den Kreisen, die noch niemals einen Einblick in die Praxis der Landwirtschaft hatten. Auch sind in der letzten Zeit Ausführungen einiger Professoren an unsere Ohren gedrungen, die ich für sehr gefährlich halte. Ich kann mir denken, daß auch ein Herr Professor Niehaus inzwischen gemerkt haben wird, daß man so keine Politik auf weite Sicht durchziehen kann, ohne der Gesamtpolitik in Europa zu schaden.
    Meine Damen und Herren, ich sprach soeben von einem sogenannten bekannten Nationalökonomen, der diese Worte schrieb. Es ist bedauerlich, daß man aus diesen Kreisen, denen man gemeinhin eine große Wirtschafts- und Finanzweisheit zuschreiben müßte, solche Sätze hört. Eine solche Eisenbartkur würde doch bedeuten, daß wir einem mehr oder minder großen Teil des Bauernstandes, der von der Bundesregierung 1949 und auch später noch als sehr notwendiger Stabilisator und als sehr notwendiger Starthelfer für die Gesamtwirtschaft anerkannt wurde, jetzt, nachdem man ihn bewußt hat krank werden lassen, gewissermaßen den Gnadenstoß geben. Sollte dies auch die Meinung des Herrn Bundeskanzlers und einiger Mitglieder des Wirtschaftskabinetts sein, so würde ich wegen der Zukunft unserer Politik größte Sorgen und Bedenken haben. Ich muß hier feststellen, daß wir schon einen gefährlichen Weg in Richtung auf eine Auszehrung der Ernährungskraft unseres Volkes gegangen sind. Die Abgabe von 1,3 Million Vollarbeitskräften seit 1950 an die gewerbliche Wirtschaft hat zur Folge gehabt, daß in vielen Betrieben das technisch und menschlich verantwortliche Maß schon unterschritten worden ist. Das hat auch der Herr Bundeslandwirtschaftsminister in seinem mündlichen Bericht zugeben müssen; ich bin ihm dafür sehr dankbar.
    Da ich selber kleiner Bauer bin, muß ich mich hier ganz energisch gegen etwas verwahren, was Sie, Frau Strobel, gesagt haben. Die größeren Betriebe — ich weiß nicht, was für Sie groß und klein ist; das ist bekanntlich relativ — haben ihren Landarbeitern ohne weiteres den Lohn gegeben, der ihnen zustand. Seien Sie überzeugt, daß sie dazu auch nach wie vor bereit sind. Wir alle, auch wir, die wir ein oder zwei Arbeitskräfte beschäftigen, wollen den Arbeitskräften gern den Lohn zahlen, der ihnen zusteht und den sie in der Industrie erhalten würden. Man sollte der deutschen Landwirtschaft aber endlich auch die Möglichkeit geben, über einen kostendeckenden Preis diese Löhne bezahlen zu können.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Gestatten Sie mir, um dies noch einmal deutlicher zu machen, einige Daten aus meiner niedersächsischen Heimat anzuführen. Was heute im deutschen Blätterwald immer noch von dem sogenannten



    Sander
    Überschuß an Arbeitskräften in der Landwirtschaft behauptet wird, beruht entweder auf Unkenntnis oder stellt eine bewußte Verhöhung dar. So müssen es jedenfalls die Bauern empfinden. Nach den vorläufigen Ergebnissen der landwirtschaftlichen Betriebszählung 1960 ist die Zahl der in der niedersächsischen Landwirtschaft vollbeschäftigten Personen gegenüber der letzten Zählung 1949 um 36 % d. h. von 955 000 auf 612 000 Personen zurückgegangen. Und nun kommt das Bedenkliche unserer Wirtschaftspolitik der letzten zwei Jahre. Aus einer Repräsentativerhebung geht hervor, daß die Abwanderung der Arbeitskräfte aus der niedersächsischen Landwirtschaft in den letzten Jahren besonders stark war. Die Zahl der ständig beschäftigten Arbeitskräfte ging allein in der Zeit von 1958 bis 1960 weiter um annähernd ein Drittel zurück. Interessant ist dabei — verehrte Frau Strobel, entschuldigen Sie, wenn ich Sie ansprechen muß —, daß besonders die Familienbetriebe, d. h. die bäuerlichen Betriebe, die wir nicht nur in Deutschland, sondern auch innerhalb der EWG fördern wollen, mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 80 bis 200 Morgen stark betroffen sind. Sie haben doppelt soviel Arbeitskräfte verloren wie die — nach Ihrer Meinung so zu bezeichnenden — Großbetriebe über 50 Hektar.
    Wegen der hohen Industrielöhne müssen uns die Arbeitskräfte abwandern. Wir können auf sie aber nicht verzichten. Bedenklich ist auch, daß schon heute unsere bestens ausgebildeten Söhne und Töchter — Sie, Herr Dr. Pflaumenbaum kennen ja die Verhältnisse in Uelzen und den umliegenden Kreisen sehr genau — bei dieser bewußten Unterbewertung der Bauernarbeit nicht mehr gewillt sind, den Hof anzunehmen bzw. das schwere Los einer Bäuerin auf sich zu nehmen.
    Die durch den Verlust der Arbeitskräfte den Betrieben aufgezwungene Mechanisierung hat die Schuldenlast sprunghaft steigen lassen. In meiner niedersächsischen Heimat war am Stichtag 30. Juni 1960 eine durchschnittliche Verschuldung von 1140 DM je Hektar festzustellen. Und nun, meine Damen und Herren, ist es wieder sehr interessant, daß die Hackfruchtbetriebe, die hier in diesem Hohen Hause so oft als sich besonders gut rentierend bezeichnet werden, bei uns in Niedersachsen mit 1500 DM je Hektar verschuldet sind. In den Mitteilungen des niedersächsischen Ministeriums gibt Herr Minister Kubel ja auch mit Recht zu, daß die Verschuldung jetzt allmählich in vielen Betrieben den Einheitswert erreicht, ja weit überschritten habe. Er erklärt ganz offen: Im letzten Jahr betrug die Neuverschuldung 14%. Hier, Herr Minister Schwarz, kann ich nun allerdings Ihren Optimismus, daß die Einnahmen für das laufende Wirtschaftsjahr, d. h. das Jahr vom 1. Juli 1960 bis 30. Juni 1961, sich verbessern würden, nicht teilen, zumindest was die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen betrifft. Ich bin fest davon überzeugt, daß infolge der schlechten Kartoffelpreise, der verspäteten Bezahlung der Zuckerrüben, der Witterungsschäden bei der letzten Getreideernte eine weitere Verschuldung unabwendbar ist. Die Verschuldung ist deshalb so bedenklich, weil es sich meist um kurz- und mittelfristige Kredite mit relativ hohen Zinssätzen handelt. Es ist auch nicht so — ich wollte, es wäre so! —, verehrter Herr Kollege Bauknecht, daß wir sie der Landwirtschaft schon mit 5 und 5 1/2 % geben könnten.

    (Abg. Bauknecht: Ich meinte die verbilligten!)

    — Herzlichen Dank, Herr Bauknecht. Wir alle, die wir in der Wirtschaft stehen, wissen, daß diese starke Verschuldung und diese hohen Zinssätze mit die Hauptbelastungen in der Landwirtschaft sind.
    Ich muß die 'bittere Feststellung treffen, 'daß der Investitionsantrag der FDP - die vor Jahren schon einen billigen Zinssatz gefordert hat — noch heute in der Schublade liegt. Ich will hoffen, daß sich dies ändert und man recht bald analog der Zinsverbilligung in anderen europäischen Ländern und auch in Amerika hier einen Zinssatz von 2 bis 2 1/2% für die gesamte Landwirtschaft ermöglicht.
    Das ist nun leider — ich betone: leider — das wahre Bild von der Lage -der Landwirtschaft und von der Disparität der Agrar- und der Wirtschaftspolitik.
    Daß jetzt selbst aus jenen bäuerlichen Kreisen — meine Damen mid Herren, nehmen Sie es nicht zu hart -, die, wie man bisher in der Regierung wähnte, unbedingt fest zur Parteifahne der Bundesregierung stehen 'würden, scharfe Proteste und eine berechtigte verbitterte Kritik an der amtlichen Politik laut werden, ist doch jedem verständlich, der um die Dinge weiß. Es ist doch nicht so, wie man sich immer noch innerhalb der Regierungskreise beruhigend zusichert. Daß diese Treuesten der Treuen — und das waren doch die Landwirte; sie sind es doch zu allen Zeiten mit all den mittelständischen Berufen und Arbeitern gewesen — sich jetzt betrogen fühlen, weil der Kanzler seine Zusagen im Verlauf einer nach unserer Ansicht nicht konsequent durchgeführten Wirtschaftspolitik im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft nicht gehalten hat, ist doch selbstverständlich.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Vielleicht haben Sie nachher Gelegenheit, bessere Gedanken dazu 'beizutragen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber kürzer, Herr Kollege!)

    Meine Fraktion fordert das gleiche Recht für alle Bereiche und insbesondere eine paritätische Wirtschaftspolitik zur Gesundung und Erhaltung der bäuerlichen Familienwirtschaft. Es muß endlich aufhören, daß die schwächeren Mitglieder unserer Wirtschaft und ganz besonders der Bauernstand weiterhin von einer Politik nach dem Gesetz der Ellbogenfreiheit und des Rechts des Stärkeren übervorteilt werden.

    (Beifall bei der FDP.)