Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, den Gesetzentwurf meiner Fraktion zu begründen, und will das wie folgt tun.
Dieser Gesetzentwurf soll eine Lücke in der Wohnraumversorgung unserer Bevölkerung schließen. Leider ist es so, daß die Wohnungsbaumittel in den letzten Jahren nur noch in Töpfchen zur Verfügung gestellt wurden. Wir haben uns vergeblich bemüht, von dieser Töpfchenwirtschaft wegzukommen. Unser Vorschlag war, die Mittel global zur Verfügung zu stellen, entsprechend der Wohnungsnot zu verteilen und es weitgehend den Gemeinden zu überlassen, wie und wo gebaut wird. Aber es ist nun leider einmal so, daß bei der Mehrheitspartei dieses Hauses ein ungeheures Mißtrauen gegen die Gemeinden besteht. Man bekommt den Eindruck, daß für Sie die Gemeinden die unzuverlässigsten Gebilde in unserem Staate sind,
und deswegen sind Sie bei der Töpfchenwirtschaft geblieben.
Nun müssen wir folgendes tun. Da unsere anderen Bemühungen leider hoffnungslos gescheitert sind, müssen wir eben versuchen, für die Personen, die jetzt nicht zum Zuge gekommen sind, ein neues Töpfchen zu schaffen.
So leid es uns tut: wir müssen diese Sammlung vergrößern.
Hinzu kommt folgendes. Es wurde immer als Ideal angesehen — so wie es eigentlich bei Investitionen sein sollte -, weitgehend mit Darlehen zu arbeiten und sie entsprechend zu verbilligen, um eine normale Belastung zu haben. Nun, auch das hat bei Ihnen in der letzten Zeit wenig Gegenliebe gefunden. Sie sind mehr und mehr zu den Zinssubventionen übergegangen. Uns ist es gleich, in welcher Form geholfen wird; die Hauptsache ist, es wird geholfen. Deswegen haben wir uns diesmal, in der Hoffnung, bei Ihnen recht viel Sympathie zu finden, zu dieser Methode der Zinssubvention entschlossen. Um so überraschter sind wir, daß jetzt von Ihnen ein Antrag vorliegt, nach dem etwas weniger gegeben werden soll, und zwar 30 statt 50 Millionen DM; diese sollen nicht in Form von Zinssubventionen, sondern plötzlich wieder als Darlehen gegeben werden. Aber trotzdem sind wir froh, Herr Mick, daß unsere Initiative Sie aus Ihrer Trägheit hervorgelockt hat und daß Sie wenigstens etwas zu tun bereit sind.
— Schön, wenn Sie auf Grund unserer Initiative ein bißchen schneller gelaufen sind und wenn von Ihnen noch ein paar mitgelaufen sind und das nun der Erfolg ist, dann wollen wir zufrieden sein.
Wir wollen nun nicht darüber streiten, wer zuerst da war. In der Öffentlichkeit waren wir zufällig eher da. Wenn Sie früher schneller gelaufen sind, dann haben Sie das versteckt getan.
Genauso ist es doch mit dem Anbieten von Bauland aus Bundesbesitz. Wir wollen doch auch hier nicht streiten, bei wem die erste Initiative lag. Ich bin zufrieden, wenn etwas geschieht. Ich habe diesbezüglich sogar noch eine weitere Hoffnung. Darauf werde ich im Verlaufe meiner Ausführungen noch zurückkommen.
Ich hoffe, daß das Bekanntwerden einer SPD-Initiative auf einem anderen Gebiet die CDU/CSU veranlassen wird, auch hier etwas schneller zu laufen. Hoffentlich sind Sie dann sogar soweit, daß Sie den Gesetzentwurf eher einbringen als wir. Ihnen steht ja in Form des Ministeriums der größere Apparat zur Vorbereitung zur Verfügung.
Nun einige Worte zu dem begünstigten Personenkreis! Wie schon gesagt, sind diejenigen, die wir bedenken wollen, die Normalverbraucher, die bisher in keine Kategorie gepaßt haben. Es ist doch so, daß wir bei der Wohnraumversorgung praktisch einen ähnlichen Zustand haben, wie er vor der Währungsreform bei der Lebensmittelkartenverteilung vorhanden war. Wir wollen jetzt den Leuten etwas bringen, die keinerlei Berechtigung haben, irgendwie als Angehörige einer besonderen Kategorie bevorzugt zu werden.
Zu diesem Personenkreis, der auf der Strecke geblieben ist, gehören insbesondere die jungen Familien. Die Aktion „Junge Familie", die von dem Herrn Minister gestartet wurde, ist unzureichend, weil sie sich nur auf das Eigenheim bezieht. Sie wissen, daß ich ein sehr großer Verfechter des Eigenheimes bin. Aber es ist einfach nicht zu bestreiten, daß es eine große Zahl von Menschen — besonders junge Familien — gibt, die sich beim besten Willen noch kein Eigenheim leisten können, einmal, weil das notwendige Eigenkapital nicht zur Verfügung steht, zum anderen, weil kein geeigneter Bauplatz vorhanden ist. Wenn ein solcher zu finden wäre, wäre vielleicht der Weg zum Arbeitsplatz zu weit. Andererseits können junge Menschen — das ist sehr häufig der Fall — aus beruflichen Gründen sich noch nicht endgültig binden und seßhaft werden. Deshalb sind sie vorerst einmal auf eine Mietwohnung angewiesen. Aber auch diese Menschen haben einen Anspruch auf eine anständige Wohnung. So entsteht nun leider der Zustand, daß die junge Familie in sehr vielen Fällen mit in der elterlichen Wohnung sitzt. Oft wohnen beide Eheleute aber auch getrennt jeweils bei ihren Eltern und können nicht zusammenkommen. In anderen Fällen hocken sie in unwürdigem Zustand als Untermieter. Oftmals sitzen neben den Eltern und Großeltern die jungen Familien mit Geschwistern zusammen in dem Einfamilienhaus und machen dieses Häuschen, das einmal ein Ideal war, zum Elendsquartier. Deshalb ist es notwendig, daß etwas für die jungen Familien geschieht.
Dasselbe gilt für die Bevölkerungskreise mit geringem Einkommen, die sich kein Eigenheim bauen
Hauffe
können. Der Herr Minister bestreitet zwar seit Jahr und Tag und weist auf die Statistik hin, daß es noch genügend Antragsteller mit geringen Einkommen gäbe, die sich ein Eingenheim bauen wollten.
Aber ich verlange genauso lange von dem Herrn Minister und dem Ministerium, daß diese Statistik getrennt werden möge in bauwillige Personen, die tatsächlich ein geringes Einkommen haben, und solche, die ,diesem Personenkreis auf Grund des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gleichgestellt sind. Der Herr Minister hat uns bisher immer verwehrt, hierüber Genaues zu erfahren. Ich habe die Befürchtung, er weiß warum. Aber der Herr Staatssekretär hat uns in einer der letzten Fragestunden Hoffnung gemacht, daß das Ministerium bereit sei, diese Statistik einmal zu trennen. Hoffen wir, daß wir die getrennten Zahlen bald bekommen, damit wir wirklich wissen, wieviel Personen aus den Bevölkerungskreisen mit geringem Einkommen in der Lage sind, sich ein Eigenheim zu bauen.
Ferner ist es notwendig, daß wir etwas tun, weil im kommenden Jahre ein Zustand eintritt, der unsere gesamte Wohnungsbaufinanzierung bedrohlich gefährdet. Im nächsten Jahre ist es nämlich so weit, daß der Betrag von 700 Millionen DM durch die Degression so weit gekürzt ist, daß die verbleibenden Mittel wahrscheinlich gar nicht mehr ganz ausreichen, um die Bausparprämien zu decken.
— Ich habe es gehört und komme darauf zurück, Herr Baier. Aber vom Hörensagen allein bin ich noch nicht befriedigt; denn eigentlich müßte der Gesetzentwurf jetzt schon da sein, wenn das Gesetz im nächsten Jahr praktiziert werden soll. Stellen Sie sich einmal den Ablauf des Terminkalenders vor!
Ich habe immerhin die Hoffnung, daß etwas geschieht; denn die Töpfchen mit den Sonderprogrammen bleiben uns sonst als einzige Finanzierungsmöglichkeit. Zusätzlich sind Mittel aus den Rückflüssen vorhanden, aber sie fließen auch wieder in die Töpfchen, so daß die Normalverbraucher auf der Strecke bleiben.
Sie werden etwas über die Finanzierungsmöglichkeit für die in unserem Gesetzentwurf beanspruchten 50 Millionen DM wissen wollen. Wir können Ihnen sagen: in diesem Jahre wäre es leicht, durch Umgruppierung einiger Positionen im Haushalt diesen Betrag zu beschaffen. Die Vorschläge werden wir im Ausschuß bei der Beratung machen. Ich nehme nicht an, daß Sie gewillt sind, die Ausschußberatungen heute bereits bei der ersten Lesung im Plenum vorzunehmen. Wenn der Herr Minister sein angekündigtes Versprechen hält, daß die Bausparprämien in Zukunft gesondert finanziert werden sollen, bleibt uns aus den Wohnungsbaumitteln für das nächste Jahr eine beträchtliche Anzahl von Millionen zur Verfügung. Dann könnten wir mit den von uns gewünschten Zinszuschüssen und mit den dann zur Verfügung stehenden Mitteln auf Grund
des Zweiten Wohnungsbaugesetzes sehr schöne Mischfinanzierungen durchführen, die einen vollen Erfolg gerade für den Personenkreis möglich machen würden, der bisher zu kurz gekommen ist.
Sie werden mich fragen: Ihr Gesetzentwurf hat eine Laufzeit von sieben Jahren; was soll nach diesen sieben Jahren geschehen? Nun, wir hoffen, bis dahin ist — ganz egal wie — der endgültige Gesetzentwurf über Miet- und Lastenbeihilfen verabschiedet.
Dafür gilt das, was ich vorhin angedeutet habe. Sie haben ja durch eine Presseverlautbarung gehört, daß die SPD bereits initiativ ist, etwas vorzuschlagen. Ich nehme an, daß der Pressedienst, in dem das steht, im Ministerium bestimmt gelesen wurde. Ich habe die Hoffnung, daß dann das geschieht, was wir heute bereits zweimal erlebt haben. Die Bauland-Interpellation der SPD hat das Wollen des Ministeriums — wie der Herr Minister es ausgedrückt hat; er sagte, daß es sein Wollen war — derart beschleunigt, daß es sichtbar geworden ist, nämlich bereits acht Tage vor der Debatte im Bundestag., Ferner haben wir erreicht, daß unser Gesetzentwurf Ihnen einen eigenen Gesetzentwurf, wenn auch bloß mit 30 Millionen, für junge Familien, entlockt hat.
Wir hoffen, daß unsere Initiative die in Ihrem stillen Kämmerlein schlummernden Vorschläge für die endgültige Regelung der Miet- und Lastenbeihilfen auch bald an das Tageslicht bringen wird.