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ID0314101500

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    Deutscher Bundestag 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Inhalt Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Drucksache 2390) — Erste Beratung — Blank, Bundesminister . . . . . 7999 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 8000 D Katzer (CDU/CSU) . . . . . . 8002 D Junghans (SPD) . . . . . . . . 8007 A Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 8011 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 8019 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 8025 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 8031 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 8033 C Berichtigung zur 138. Sitzung . . . . 8033 B Anlagen 8035 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 7999 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 138. Sitzung Seite 7881 D Zeile 20 und 21 statt „— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; angenommen.": Ich rufe auf Art. 2, — 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bading 27. 1. Bauknecht 27. 1. Bazille 31. 1. Dr. Bechert 27. 1. Behrisch 28. 1. Dr. Besold 27. 1. Birkelbach' 28. 1. Dr. Birrenbach 27. 1. Fürst von Bismarck 27. 1. Blachstein 27. 1. von Bodelschwingh 27. 1. Brese 16. 2. Dr. Bucerius 27. 1. Caspers 31. 1. Dr. Dahlgrün 27. 1. Demmelmeier 27. 1. Dr. Dittrich 27. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Drachsler 27. 1. Dr. Eckhardt 28. 1. Eilers (Oldenburg) 27. 1. Eisenmann 11. 2. Engelbrecht-Greve 27. 1. Etzenbach 27. 1. Even (Köln) 27. 1. Folger 27. 1. Frehsee 27. 1. Dr. Frey 27. 1. Fuchs 27. 1. Funk 27. 1. Dr. Furler* 28. 1. Gehring 27. 1. Geiger (München) 28. 2. Glüsing 27. 1. Dr. Gradl 27. 1. Dr. Greve 27. 1. Haage 2. 2. Heye 28. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Holla 27. 1. Frau Dr. Hubert 27. 1. Illerhaus 27. 1. für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 27. 1. Jungherz 27. 1. Jürgensen 2. 2. Kalbitzer' 28. 1. Frau Klemmert 27. 1. Knobloch 27. 1. Dr. Kohut 27. 1. Dr. Kopf* 28. 1. Frau Krappe 27. 1. Kriedemann 27. 1. Dr. Krone 28. 1. Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 27. 1. von Lindeiner-Wildau 27. 1. Mattick 27. 1. Mauk 27. 1. Frau Dr. Maxsein 27. 1. Menke 31. 1. Mensing 27. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger* 28. 1. Müller (Worms) 27. 1. Murr 27. 1. Neubauer 10. 3. Neuburger 27. 1. Neumann 27. 1. 011enhauer 27. 1. Pietscher 27. 1. Pöhler 27. 1. Frau Dr. Probst 27. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 27. 1. Dr. Reinhard 27. 1. Riedel (Frankfurt) 27. 1. Rimmelspacher 27. 1. Ruland 27. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scharnberg 27. 1. Scheel 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 18. 2. Schneider (Hamburg) 4. 2. Schoettle 4. 2. Schüttler 27. 1. Dr. Seffrin 27. 1. Seuffert 27. 1. Dr. Seume 27. 1. Dr. Siemer 27. 1. Stahl 27. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Stauch 27. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Steinmetz 27. 1. Stenger 28. 2. Struve 27. 1. Walter 27. 1. Wegener 27. 1. Welslau 27. 1. Wendelborn 26. 2. Werner 25. 2. Dr. Will 27. 1. Dr. Winter 27. 1. Wittmann 27. 1. Wittmer-Eigenbrodt 27. 1. Frau Wolff 27. 1. Wullenhaupt 27. 1. Dr. Zimmer 27. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Weber (Koblenz) 18. 2. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Stücklen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Paul (Fragestunde der 140. Sitzung vom 25. Januar 1961, Drucksache 2432): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß in der Stadt Eßlingen am Neckar im Stadtteil Lerchenacker zahlreiche Geschäftsleute und im öffentlichen Leben stehende Personen seit mehr als einem Jahr auf einen Telefonanschluß warten? Bei dem Stadtteil Lerchenacker handelt es sich um eine Stadtrandsiedlung, mit deren Aufbau Mitte 1959 begonnen worden ist. Die Siedlung umfaßt zur Zeit etwa 300 Wohneinheiten. Von den für diese Siedlung vorliegenden Anträgen auf Neueinrichtung oder Verlegung eines Hauptanschlusses können im Frühjahr dieses Jahres über 40 v. H. berücksichtigt werden. Der weitere Ausbau wird im Rahmen des Möglichen beschleunigt weitergeführt, Er wird jedoch dadurch behindert, daß die Straßen und Wege in der Siedlung nur teilweise fertiggestellt sind.
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    Rede von Dr. Fritz Burgbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die erfreuliche Aussprache an diesem Vormittag hat, soweit man bis jetzt erkennen kann, Gemeinsames durch alle drei Fraktionen gezeigt. Das eine ist das Bekenntnis zum personengebundenen Eigentum, worüber wir besonders glücklich sind, da das nicht immer selbstverständlich in diesem Hause war. Das andere ist die heftig ausgebrochene Liebe der Fraktionen zum Mittelstand. Auch darüber sind wir sehr glücklich; denn auch das war nicht immer so. Ich glaube, daß alle Fraktionen Gelegenheit haben, möglicherweise noch während der Beratung des heute anstehenden Gesetzes, durch entsprechende Abstimmungen über Vorschläge zu mittelstandsfördernden Maßnahmen die heute deklarierte Liebe tatkräftig zum Ausdruck zu bringen.

    (Abg. Ruf: Das wollen wir hoffen!)

    Dieses Gesetz ist ein kleiner Teil einer Gesamtkonzeption, Teil einer Politik, die wir seit Jahren betreiben und die wir, solange das Vertrauen des deutschen Volkes es uns erlaubt, in kommenden Jahren konsequent weiter zu verfolgen beabsich-



    Dr. Burgbacher
    tigen. Es ist die Politik, den jedes Jahr entstehenden volkswirtschaftlichen Vermögenszuwachs in einer anderen Form als in der Vergangenheit zu streuen, nicht verstärkt auf Bildung von öffentlichem Eigentum und nicht verstärkt auf Bildung von Unternehmenseigentum gerichtet, sondern auf personenbezogenes Eigentum. Wenn wir dabei erklären, daß das rechtmäßig erworbene Eigentum geschützt ist, müssen wir ebenso ernsthaft und klar herausstellen, daß unsere Politik auf die Förderung der Eigentumsbildung in Personenhand durch die Streuung des volkswirtschaftlichen Vermögenszuwachses gerichtet ist. Daß Eigentum sich nicht durch Zwang bilden kann, wissen wir alle. Es zu bilden oder nicht, steht der freien Entscheidung des einzelnen zu. Aber diese Entscheidung anzuregen und zu fördern ist eine politische Aufgabe. Auf diesem Gebiet stehen wir, wie wir gerne zugeben, in der ersten und nicht in der letzten Etappe.
    Es ist wiederholt von Sparwilligkeit und Sparfähigkeit gesprochen worden. Die Sparwilligkeit ist von uns in dieser Politik der letzten Jahre angeregt worden durch die Sonderbestimmungen des Einkommensteuerrechtes, durch das Bausparprämiengesetz, durch das Sparprämiengesetz, durch die Sozialkurse bei der Preußag-Privatisierung und durch die sozialen Rabatte bei der VW-Privatisierung.
    Der Stärkung der Sparfähigkeit dienten letztlich alle Reformen des Einkommensteuerrechtes, insbesondere ,des Lohnsteuerrechts, besonders auch die Einführung des sogenannten Splittings, schließlich die Gewerbesteuerreform. Ich darf hier bemerken, daß durch die Freistellung von 11 Millionen Arbeitnehmern in der Bundesrepublik von jeder direkten Steuer deren Sparfähigkeit zweifellos verbessert worden ist.
    Das Ziel unserer Politik muß selbstverständlich sein, daß wir in systematischer Ordnung — aber nicht alles auf einmal — allen Ständen dieses Volkes zu der Möglichkeit verhelfen, aus eigenem Entschluß und gefördert durch staatliche Maßnahmen zu Eigentum zu kommen. Ich spreche dabei — das liegt in der Natur der Sache — alle Arbeitnehmer und den Mittelstand als die Stände an, denen unsere besondere Aufmerksamkeit auf diesem Gebiet zu gelten hat.
    Ich möchte aber klarstellen, daß Eigentumspolitik nicht etwa heißt, es könne ihretwegen auf die möglichen Maßnahmen zur Sicherung der Altersversorgung verzichtet werden. Einem Volk in einem hochindustrialisierten Staate ist es nicht mehr möglich, aus Erspartem, aus Zinsen, die aus dem Eigentum fließen, das Alter zu sichern. Die Produktivität, die in früheren Jahrhunderten sehr stark bei den Kapitalkräften aller Art lag, hat sich in hohem Maße — unter Überrundung also ,der Produktivität des Kapitals — verlagert auf die Produktivität der technischen Kräfte, die dem Menschen zur Verfügung stehen und von ihm genutzt werden nach der These „Macht euch die Erde untertan". Aus diesem Grunde ist Eigentumspolitik und Altersvorsorgepolitik kein Widerspruch, sondern eines die notwendige Ergänzung des anderen. Das eine zu pflegen erlaubt nicht, auf das andere zu verzichten.
    Zur Zeit haben wir in der Bundesrepublik — unter allem Vorbehalt, ob die Statistik zuverlässig ist — ein volkswirtschaftliches Vermögen von rund 1000 Milliarden DM. Wenn sich davon etwa 40 0/o in öffentlicher Hand befinden, bleiben noch 600 Milliarden DM Gegenstand einer weiter gehenden Betrachtung. Weiter wissen wir, daß wir 15 Millionen Haushalte haben. Somit ergibt sich — rein statistisch, rein theoretisch —, daß der Haushaltsanteil mit 40 000 DM anzusetzen wäre. Das ist ein Betrag, von dessen Zinsen keine Familie und kein Mann nach dem heutigen sozialen Standard leben kann. Eine solche Feststellung entlastet uns aber nicht davor, die Maßnahmen anzusteuern, die eine bessere Vermögensverteilung ermöglichen.
    Die Zeit ist vorgeschritten; es sind schon eine Menge Zahlen genannt worden. Ich will für heute auf den Vortrag der Zahlen, die ich mir aufgeschrieben habe, verzichten, damit die Kollegen, die sich noch zum Wort gemeldet haben, nicht vor völlig leerem Hause sprechen müssen.
    Wir müssen bei unserer Eigentumsbetrachtung auch den Vermögenswert einer Altersversorgung würdigen. Ich habe mir von einem Versicherungsmathematiker ausrechnen lassen, daß nach der bestehenden Regelung .der dynamischen Rente — wie ich sie einmal nennen will - der Barkapitalwert dieses Anspruches, der gesetzlich fundiert und deshalb ein Eigentumstitel ist, bei 40 Lebensjahren etwa 14 000 DM, bei 50 Lebensjahren etwa 25 000 DM und bei 60 Lebensjahren etwa 40 000 DM beträgt. Ich habe mir auch den Barkapitalwert einer Beamtenpension von monatlich 500 DM bei angenommener 15jähriger Zahlungszeit ausrechnen lassen; er beläuft sich — immer 5 % Zinsen gerechnet — auf 65 000 DM. Das dürfen wir nicht außer Betracht lassen, wenn wir über die Frage meditieren, wieweit eine Altersversorgung einen Teil der Bevölkerung und wieweit sie andere nicht erfaßt.
    Der vorliegende Gesetzentwurf ist — wer möchte etwas Kühneres behaupten — ein bescheidener Beitrag zur Lösung des Gesamtproblems, wie alle unsere Beiträge, aber auch richtungweisend. Ich sage das ausdrücklich, auch auf die Gefahr hin, daß es bei einigen Mitgliedern dieses Hohen Hauses bei dem Wort „richtungweisend" eine Art Gänsehaut gibt. Er ist richtungweisend insofern, als wir nicht nur die Eigentumsbildung, sondern auch Überlegungen anregen wollen. Es soll jeder überlegen, daß nicht nur das Einkommen für ihn erstrebenswert ist, das er sofort wieder verzehrt, sondern daß es erstrebenswert ist, auch unverzehrbares Einkommen zu haben, ja, daß in gewisser Beziehung sogar die Höhe des ihm möglicherweise zu zahlenden Arbeitseinkommens mit bestimmt wird durch seinen Entschluß, wieweit er nur Konsumlohn und wieweit er auch Sparlohn haben will.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Es würde aber zu weit führen, diese volkswirtschaftliche Betrachtung hier auszuspinnen. Die es angeht, haben sie ohnehin verstanden.



    Dr. Burgbacher
    Privilegiert sind die 312 DM nur bei der Sozialversicherung. Das Lohnsteuerpauschale von 10% kann man nicht als eine Privilegierung bezeichnen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das Durchschnittssteueraufkommen von der lohnsteuerpflichtigen Gesamtsumme beträgt nämlich 8 %, und es ist durchaus noch nicht klar, ob einige Freunde von uns sich in der Ausschußberatung mit den 10 % zufriedengeben werden.

    (Abg. Ruf: Das ist zu hoch!)

    Der Satz von 10 % ist, das muß ich der Korrektheit halber sagen, vom Bundesfinanzminister damit begründet worden, daß zwar der Durchschnittssatz 8 % betrage, daß aber dann, wenn zu dem Durchschnitt etwas hinzukomme, der dafür in Frage kommende Steuersatz natürlich über dem Durchschnittssatz liege. — Auch das ist eine an sich richtige Beweisführung.

    (Abg. Ruf: Herr Etzel soll aber kein „Geschäft" machen!)

    Zu dem hier angestellten Vergleich mit Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes kurz folgendes. Der Vergleich mit den Beamten ist überhaupt nicht möglich. Der Beamte hat eine vom Staat garantierte hohe Altersversorgung. Die haben die anderen nicht. Außerdem ist die Mentalität in der Besoldungsordnung und in der Besoldungsbegründung für die Beamten eine andere. Seine Altersversorgung ist schwer leistungsbezogen zu machen. Ich meine das nicht als „Pflaume", sondern ernst.
    Anders könnte es bei Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes sein, die soziologisch, der Struktur nach in der Tat zu den Arbeitnehmern gehören. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß es für diese Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes eine Sondereinrichtung gibt, nämlich die Zusatzversorgungsanstalt, von der sie eine gegenüber anderen Arbeitnehmern zusätzliche Altersversorgung erhalten. An diese Anstalt werden 7 % der Lohn- oder Gehaltssumme als Beitrag gezahlt; ungefähr 4,6% werden vom Arbeitgeber übernommen. Nimmt man an, daß das Durchschnittsjahreseinkommen von Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes zwischen 6000 und 7000 DM liegt, und rechnet man davon rund 4 1/2%, so ergibt sich — merkwürdigerweise und für uns erfreulicherweise —, daß mindestens der gleiche Betrag auf diesem Wege völlig lohnsteuerfrei, völlig sozialversicherungsfrei allen Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes zugute kommt.
    Wir haben in diesem Geestzentwurf auch vorgesehen, daß die mitarbeitenden Angehörigen in mittelständischen Betrieben hinsichtlich der 312 DM die gleichen Möglichkeiten haben sollen. Ich möchte noch einmal sagen: es handelt sich um 2,6 Millonen mitarbeitende Familienangehörige, in den meisten Fällen des Mittelstandes, die diese Vergünstigungen ebenfalls haben sollen.
    Nun ist viel darüber gesagt worden, ob es sich hier um Freiwilligkeit oder Zwang handle. Es handelt sich um Freiwilligkeit.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Freiwillig ist die Betriebsvereinbarung, frei ist der Mann in seinem Entschluß, ob er die 312 DM so haben will, wie nach dem Entwurf vorgesehen ist, oder ob er sie wie jedes andere Einkommen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig haben will. Ich möchte wissen, wie auf dieser Ebene überhaupt von einem Zwang gesprochen werden kann.
    Nun ist gesagt worden: Wer ein solches Gesetz macht, der kann zwar juristisch die Freiwilligkeit statuieren, de facto ist es trotzdem Zwang. Ich will nicht behaupten, daß diese Überlegung auszuschließen ist. Ich bestreite aber, daß das Gesetz zu dieser Überlegung führt. Wenn die Arbeitsmarktlage das souveräne Verhalten der Beteiligten bei der Ordnung ihrer Lohn- und Gehaltsbeziehungen erlaubt, dann ist die Freiwilligkeit nicht nur nach dem Gesetz, sondern auch in Wirklichkeit gegeben. Zwingt aber die Arbeitsmarktlage zur Anwendung des Gesetzes, dann müßte ohne dieses Gesetz unter anderem Titel auf Grund der Arbeitsmarktlage auch gezahlt werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Bei solcher Arbeitsmarktlage würde ein Zwang zur höheren Besoldung mit und ohne Gesetz bestehen.
    Es bleibt dann nur noch die Tatsache, daß ein Teil des Konsumlohns durch das Gesetz in vermögensbildenden Lohn umgewandelt wird. Das aber ist nicht nur sozialpolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch und konjunkturpolitisch richtig; es trägt zur Normalisierung des Kapitalmarktes bei. Hier sei die Feststellung erlaubt, daß nur das sozialpolitisch richtig ist, was auch wirtschaftspolitisch richtig ist, und umgekehrt.
    Sehen Sie es bitte als einen symbolhaften Vorgang an, daß der Gesetzentwurf heute vormittag zunächst von dem Herrn Minister für Arbeit und Sozialordnung und dann von dem Herrn Minister für Wirtschaft eingebracht und begründet worden ist. Wir beabsichtigen von dieser Einheit von Gesellschaftspolitik und Sozialpolitik nicht abzuweichen.

    (Abg. Katzer: Sehr gut!)

    Daß die Regelung nur betriebsindividuell sein kann, liegt in der Natur der Sache. Sie ist nicht nur betriebsindividuell wegen der Branchenverschiedenheit, sondern auch wegen der Betriebsgröße, und ist weiter davon abhängig, ob ein Unternehmen eine oder mehrere Betriebsstätten hat und diese vielleicht noch in verschiedenen Teilen des Landes. Man sollte daher nicht fordern, daß eine leistungsbezogene Maßnahme, wenn sie einigermaßen gerecht sein soll, anders als betriebsindividuell durchgeführt wird. Die Bemessungsgrundlagen sind sehr verschieden. Bemessungsgrundlage können der Umsatz, die Stückzahl, der Durchschnittserlös, die Menge, das Gewicht, der Bruttoertrag und vielleicht auch der Reinertrag sein. Aber der Kerngedanke, der darin steckt, daß die Teilnahme und das Interesse aller Belegschaftsmit-



    Dr. Burgbacher
    glieder an Rationalisierung und Modernisierung geweckt werden, ist doch wahrhaftig gui. An der Verwirklichung dieses Gedankens sollten nicht nur die Großbetriebe, sondern auch und manchmal sogar vorab die Mittelbetriebe besonders interessiert sein.
    Wir haben in der Bundesrepublik im letzten Jahr eine Steigerung der Lohn- und Gehaltssumme von rund 13 Milliarden DM zu verzeichnen. Seien wir optimistisch und nehmen wir einmal an, daß im Laufe von einigen Jahren 5 Millionen Arbeitnehmer die Vergünstigungen nach dem neuen Gesetz auf der Grundlage von Betriebsvereinbarungen in Anspruch genommen haben werden. Das bedeutet dann 1 1/2 Milliarden DM an Lohn- und Gehaltssumme. Wir wissen alle, daß die Lohn- und Gehaltsbewegung auch in diesem Jahre nicht aufhören wird. Wir hoffen, daß die Produktivität weiter zunimmt. Es ist kein volkswirtschaftliches Problem, das Gesetz in der wirtschaftlichen Entwicklung so anzuwenden, daß es keinerlei störende, sondern nur fördernde Wirkungen hat.
    Ich komme nun zu einigen Ausführungen des Herrn Kollegen von der FDP. Sie haben das Gesetz kritisiert. In der Ablehnung jeglicher Umverteilung sind wir einig. Sie haben auch einige Anregungen gegeben, aber nicht in der konkreten Form der Vorschläge, die in dem Gesetz verwirklicht sind.
    Sie haben gesagt, beim Arbeitnehmer könne man nicht von einer eigenen Leistung sprechen; ich hoffe, daß ich richtig gehört habe. Nach dem Gesetz handelt es sich um einen Teil des Leistungslohns. Ich möchte Sie höflichst darauf aufmerksam machen, daß die Leistung des Arbeitnehmers in seiner Arbeit liegt und daß es hier ebensowenig einer besonderen auf den speziellen Zweck ausgerichteten Leistung bedarf wie z. B. bei den Wirtschaftsunternehmen. Für die Inanspruchnahme der Bestimmungen der 7erGruppe des Einkommensteuergesetzes haben diese keinerlei andere Leistungen nachzuweisen als ihre allgemein anerkannten betriebs- und volkswirtschaftlichen Leistungen; es wird keine auf die Bestimmung bezogene Sonderleistung von ihnen verlangt.
    Sie sagen, Herr Dr. Starke, das Gesetz müsse für alle gültig sein. Ich muß darauf anworten: Dann habe ich Ihre Parteigrundsätze bisher mißverstanden. Ich war bisher der Meinung, daß gerade Ihre Partei personenbezogenen Vorgängen besonders verbunden ist und daß sie individuelle Betrachtungen den kollektiven Betrachtungen eigentlich vorzieht. Wenn Sie sagen, daß ein sozialpolitsches Gesetz für alle gültig sein müsse, so muß ich Sie höflich darauf aufmerksam machen, daß Sie dann aber auch andere wirtschaftspolitische Grundsätze eines vollkommenen Liberalismus, den Sie vertreten, für alle gültig machen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben von der Politik der Vergangenheit nichts wegzunehmen. Wenn wir noch einmal so kapitalarm anfangen müßten, würden wir ungefähr dasselbe tun, was wir bisher getan haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Aber das Leben hört nicht auf zu fließen. Die Politik hört nicht auf in ihren Versuchen, eine Lösung herbeizuführen, die Gerechtigkeit mit Freiheit verbindet. Durch die richtigen Ansätze haben wir Vollbeschäftigung, hohe Produktivität und ein hohes soziales Standing erreicht. Was wir nicht erreicht haben, ist die Vermögensverteilung, die wir haben wollten und wollen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Nachdem die soeben genannten drei Ziele — wenn Sie mir diese Vereinfachung erlauben — erreicht sind, ist es unsere Pflicht, die Maßnahmen, die hinsichtlich Produktivität, Vollbeschäftigung und soziales Standing Erfolg gehabt haben, nunmehr mit der gleichen Entschlossenheit auch im Hinblick auf die Vermögensverteilung in Angriff zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Ruf: Aber im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung!)

    Dieses Gesetz ist nicht Leitbild für den Großbetrieb, es ist im Hinblick auf die Leistungsbezogenheit eines geringen Lohnanteils Leitbild für jeden Betrieb. Ich halte es nicht für glücklich, ich halte es sogar für verhängnisvoll, wenn man hier die These ausspricht: Großbetriebe sind leistungsfähig, und Mittelstandsbetriebe sind nicht leistungsfähig.

    (Abg. Ruf: Stimmt ja gar nicht!)

    Ich kenne sehr viele Mittelstandsbetriebe, die sich in ihrer Leistungsfähigkeit im modernen Wirtschaftsprozeß nicht nur behauptet haben, sondern sich, vor allem auf dem Gebiet der Zulieferindustrie, sogar mit hervorragendem Erfolg, entwickelt haben.

    (Abg. Ruf: Sehr richtig!)

    Es wäre ein tragischer Irrtum, zu glauben, der Mittelstand habe ein Interesse daran, sozusagen als Bremsbock für sozialpolitische Entwicklungen benutzt zu werden.

    (Abg. Katzer: Sehr richtig!)

    Ich bin ganz anderer Meinung. Ich meine, wir müssen dem Mittelstand helfen, aus den Wettbewerbsverzerrungen herauszukommen und Zugang zum Kapitalmarkt zu erlangen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Insbesondere müssen wir auf steuerlichem Gebiet tun, was zu tun möglich ist, und da ist es auch diesem Bundestag durchaus noch möglich, einiges zu tun. Wir dürfen den Mittelstand aber nicht unter eine sozialpolitische Käseglocke setzen, sondern müssen ihn gegenüber den Großen wettbewerbsfähig machen und müssen, wo hier ein Mangel besteht, diesen Mangel beseitigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf höflich darauf aufmerksam machen, daß dem Mittelstand infolge der Gewerbesteuerreform des Jahres 1956 ungefähr 460 Millionen DM an Gewerbesteuerersparnis zugute gekommen sind. Nach den uns vorliegenden Steueränderungsvorlagen werden es mindestens noch einmal 530 Millionen DM werden, denn ich bin nicht sicher, ob die vor-



    Dr. Burgbacher
    gesehenen Müglichkeiten bisher voll ausgeschöpft sind.
    Noch schärfere Kritik habe ich an der Vorlage zu üben, die uns für die Umsatzsteuer gemacht worden ist. Es soll anerkannt werden, daß das etwa 120 oder 150 Millionen DM zugunsten des Mittelstandes sind. Aber das ist nicht die Lösung des Problems, das für den Mittelstand im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer zu lösen ist.
    Ich habe mich noch bei der FDP dafür zu bedanken, daß der Pressebericht über die Ausführungen von heute bereits am Mittwoch nachmittag verteilt wurde, so daß ich ihn in Ruhe lesen konnte.

    (Heiterkeit. — Zuruf des Abg. Dr. Starke.)

    — Ich bin ja froh darüber! — In diesem Pressebericht steht, daß die FDP in diesem Gesetz die Gefahr einer erweiterten Mitbestimmung sieht. Ich muß da völlig klar sagen: Wenn die Interessierung der Belegschaftsmitglieder an Modernisierung, Rationalisierung und Leistungssteigerung die Gewährung des Rechtes einer Mitbestimmung ist, die die FDP erregt, so muß ich Ihnen erklären, daß dies eine Mitbestimmung ist, die die CDU/CSU erfreut.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Im übrigen setzen wir mit diesem Gesetz bewußt den Weg fort — der größte Teil ist schon zurückgelegt —, auf dem wir aus dem Klassenkampfdenken in das Partnerschaftsdenken hinüberführen wollen.
    Der Kritik von links und der Kritik von rechts war eines gemeinsam: nach dem Bekenntnis zum Eigentum eine mehr oder weniger heftige Kritik an der Vorlage. Nun, wir Freunde der Eigentumspolitik sind immer voller Mißtrauen, wenn jemand sagt, er sei „im Grundsatz" völlig für das Personeneigentum.

    (Heiterkeit. — Abg. Ruf: Dann ist er meistens dagegen!)

    Wir haben uns allmählich angewöhnt, das als die höfliche Form einer Ablehnung anzusehen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Es erinnert uns heftig an die Rede, die nach Shakespeare Antonius auf der Treppe des Kapitols in Rom gehalten hat, als er Brutus stürzen wollte, in der er aber jeden Satz damit beendete, daß er sagte: Aber er ist doch ein ehrenwerter Mann.
    Also wir möchten herzlich bitten, daß von grundsätzlichen Bekenntnissen zum Eigentum von diesem Platze aus zwar nicht gerade abgesehen wird, daß diese grundsätzlichen Bekenntnisse aber nie ausgesprochen werden, ohne daß ganz konkrete Vorstellungen darüber dargelegt werden, wie man diesen schönen, heißgeliebten Grundsatz auf dieser Erde realisieren will.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bekenne mich zu dem Geleitzugbeispiel, Herr Dr. Starke, auch auf die Gefahr hin, daß Sie das mir oder meiner Partei im Wahlkampf gelegentlich um die Ohren schlagen. Dabei stelle ich fest, daß es eine Gipfelleistung — ich bitte um Entschuldigung, wenn ich so formuliere — intellektueller Akrobatik wäre, einmal die Grundsätze des vollkommenen Liberalismus zu vertreten und dann gleichzeitig das Geleitzugbeispiel für suspekt zu halten. Es ist doch völlig klar, daß man gesellschaftspolitische Entwicklungen nicht nach dem Schiff, das am schnellsten fährt — darin bin ich mit Ihnen einig —, noch viel weniger aber nach dem Schiff, das am langsamsten fährt, ausrichten kann. Wir hätten niemals die sozialpolitischen Fortschritte, die wir erreicht haben, wenn wir danach verfahren wären.
    Wir hätten sogar den früher vermeintlich zu schützenden Schwachen gar keinen Dienst damit erwiesen, weil nämlich dann alle schwach geblieben wären, und die Schwäche aller ist keineswegs die Stärkung der Schwächsten von damals.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ihre Kritik war eine seltsame Mischung von Ausführungen der Art, teilweise stünde zuviel im Gesetz, teilweise stünde zuwenig im Gesetz. „Wehret den Anfängen!": ein wundervoller Satz. Er gilt aber, glaube ich, nur dann, wenn man das Ziel dieser Anfänge für verwerflich hält. Da Sie sich aber zu dem Eigentumsprogramm bekannt haben, glaube ich, daß das Wort hier nicht gut am Platze ist.
    Zu diesem Thema noch etwas, auch an die Adresse der Freunde von der FDP: Sie haben davon gesprochen — ich habe Sie so verstanden —, die Kosten bestimmten den Preis. Darf ich Sie fragen, ob Sie damit von den Grundsätzen der Marktwirtschaft abzuweichen wünschen?

    (Abg. Dr. Starke: Das überlassen Sie unserer Beurteilung!)

    Nach den Grundsätzen der Marktwirtschaft bestimmen nicht primär die Kosten, sondern bestimmt der Markt die Preise.

    (Abg. Dr. Starke: Ein schweres Wort, das Sie sagen!)

    — Das ist ein absolut zutreffendes Wort. Laut Goethe sind alle einfachen Sachen wahr.

    (Heiterkeit.)

    Herr Kollege Junghans, natürlich haben wir zehn Jahre regiert und sind auch, soweit es unsere christliche Demut erlaubt, stolz darauf.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich habe schon gesagt, was wir in diesen Jahren erreicht haben. Ich gehe sogar so weit und bestreite Ihnen nicht, daß man vielleicht die Arbeit an den Gesetzen über eine aktive Eigentumsförderung auch zwei Jahre früher hätte beginnen können. Das streite ich absolut nicht ab. Aber wir unvollkommenen Menschen! Die Tatsache, daß wir jetzt beginnen, sollte Ihnen doch nicht Anlaß zur Kritik geben; gerade wenn Sie meinen, wir hätten so lange gebraucht, sollten Sie sich freuen, daß wir endlich da sind.

    (Heiterkeit. — Abg. Kurlbaum: Wir freuen uns, daß aus einem Saulus ein Paulus geworden ist!)




    Dr. Burgbacher
    Ich kann nicht dafür einstehen, daß alle Mitglieder der großen CDU/CSU jedes Wort und jede Bestimmung dieses Gesetzes gutheißen.

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir schon in der Presse gelesen!)

    Ich nehme an, daß Sie nach den Debatten, die Ihre Partei erlebt hat, für dieses Bekenntnis volles Verständnis haben.

    (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Hoffentlich bringt es Ihnen die Mehrheit!)

    Die Schrift des Arbeitsministers ist keine Schrift des Arbeitsministers selbst, sondern ist von zweien seiner qualifizierten Mitarbeiter herausgegeben worden. Er hat auch nicht das offizielle Vorwort geschrieben, sondern aus einer seiner Reden ist ein Abschnitt als Vorwort gedruckt worden. Damit will ich nur Tatsachen feststellen. Im übrigen erklären auch wir, daß wir diese Schrift für gut halten,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    auch wenn der eine oder andere falsche Zungenschlag darin enthalten ist. Es sind weniger falsche Zungenschläge darin, als meistens von diesem Platz her zu hören sind.

    (Heiterkeit.)

    Die beiden Verfasser sind auch nicht in der Wüste, sondern sind hier in der Bundesrepublik auf nahrhaftem Boden. Der eine Verfasser bleibt nach meiner Kenntnis auch im Ministerium und auf seinem Platz.

    (Zuruf von der SPD: Im Ministerium!)

    Der andere Verfasser könnte auch bleiben, wenn er nicht von einem bedeutsamen Verband des Kreditwesens ein beachtliches Angebot bekommen hätte, das nach den auch Ihnen heiligen Regeln der Freizügigkeit möglicherweise von ihm angenommen wird.

    (Heiterkeit.)

    Ich habe schon gesagt, daß wir nur betriebsindividuell vorgehen können und daß in der Natur der Sache dieses Betriebsindividuelle liegen muß. Es ist keiner großen IG, die meistens über mehrere Branchen geht, vor allem aber mehrere Betriebsgrößen umfaßt, möglich, einen Katalog der unzähligen betriebsindividuellen Möglichkeiten auszuarbeiten.
    Im übrigen, meine ich, sollten alle Mitglieder des Hohen Hauses und eigentlich auch die Kollegen von der SPD besonders glücklich darüber sein, wenn sich auf dem Gebiete des betrieblichen Zusammenlebens zwischen Unternehmer und Belegschaftsmitgliedern ein weiteres Teilgebiet einer echten, koordinierten und integrierten Zusammenarbeit, souverän von Menschen getragen, entwickeln kann und soll.
    Ich kann deshalb nicht erkennen, daß ein Wirrwarr auf dem Gebiete des Leistungslohns besteht. Der „Wirrwarr", den Sie anscheinend meinen, muß bestehen. Es ist gar nicht möglich, einen leistungsbezogenen Lohn für die Vielfalt der Branchen, Betriebsgrößen und regionalen Gegebenheiten auszuarbeiten. Das ist eine Utopie und wird im besten
    Fall ein intellektuelles Sandkastenspiel ohne Realitat.
    Es ist auch durchaus möglich, daß zwischen Belegschaft und Unternehmen eine Vereinbarung getroffen wird, daß einige vorhandene Sozialleistungen in diese Sache eingebaut werden. Das ist eine Frage, deren Entscheidung dem freien Spiel der Partner überlassen bleiben muß. Jeder von uns weiß, daß sich in den Betrieben im Laufe der Jahre einiges entwickelt hat, was jeweils Gruppen zugute kommt. Wenn man die nun bei der Gelegenheit mit Teilbeträgen einpackt, dann weiß ich nicht, warum man es hindern soll, überholte Methoden betrieblicher Sozialpolitik in moderne Methoden betrieblicher Sozialpolitik umzuwandeln.
    Zudem propagieren wir nicht die Belegschaftsaktie besonders. Wir sind sogar mit Ihnen einig, daß eine Akkumulierung des Vermögensrisikos und des Arbeitsplatzrisikos als unerwünscht anzusehen ist. Die Belegschaftsaktie ist ein Teil der vielfältigen Möglichkeiten. Aber was ich ablehne, ist, daß Belegschaftsaktie identisch sei mit Bindung an den Betrieb. Lieber Herr Junghans, glauben Sie, daß ein Arbeiter der BASF sich deshalb an die BASF gebunden fühlen würde, weil er eine Belegschaftsaktie der BASF hat? Fällt ihm im Traum nicht ein.

    (Abg. Dr. Deist: Das ist eine Frage der Größenordnung!)

    — Aber wir können uns einigen. Wir sind in dem Prinzip mit Ihnen einig, daß wir alles ablehnen auf dem Gebiete der Eigentumspolitik, was so wirken könnte, daß es die Freizügigkeit in eine Bindung an den Betrieb umwandelt.
    Ich komme nun zu den Schlußbemerkungen. Ich wiederhole, diese eigentumspolitische Evolution, die keine Revolution sein darf und sein soll, ist ein Teilstück einer einige Jahre dauernden und einer noch Jahre weiterdauernden — man kann keine Zahl nennen, ich will einmal zehn Jahre sagen — Politik. Wir haben die Absicht, in diesem Bundestag auch noch andere eigentumsfördernde Maßnahmen für den Mittelstand durch Entfernung von Wettbewerbsverzerrungen, durch Entlastungen bei öffentlichen Abgaben zu treffen. Übrigens ist die Heraufsetzung der Vermögensteuergrenze im Steueränderungsgesetz ein Teilstück dieser Politik. Die VW-Privatisierung, die vor uns steht und die auf ein erfreuliches Interesse der Öffentlichkeit in den Vormerkungen und Zeichnungen stößt, ist ein weiteres Teilstück. Wahrscheinlich kommt auch noch eine Aufstockung bei der Preußag durch die Einbeziehung der VTG als weiteres Teilstück. Alles das sind Teilstücke. Etwa anzunehmen, wir wollten die Eigentumsfrage mit der VW-Privatisierung oder diesem Gesetz lösen, ist eine schreckliche Simplifizierung, gegen die wir uns auch bei unseren eigenen Freunden wehren. Es sind Teilstücke auf einem langen und, wie ich zugebe, weder unproblematischen noch einfachen Wege.
    Wenn Sie die 312 DM auf Zinsen legen, so wie es das Gesetz vorsieht, und das 15 Jahre lang tun, ergeben sich bei 5 % 7000 DM. Wenn Sie es 20 Jahre tun, sind es 11 000 DM. Wenn Sie es 25 Jahre tun,



    Dr. Burgbacher
    was durchaus im Bereich des Möglichen liegt, vor allem bei jüngeren Arbeitnehmern, dann sind es 15 000 DM. Ich glaube nicht, daß man über diese Summen mit einer Handbewegung weggehen kann, sondern ich glaube, daß das ein recht beachtlicher Beitrag ist.
    Nun möchte ich noch zu Ihrer Freude, meine Herren von der SPD, den „Vorwärts" vom 20. Januar 1961 zitieren. Er hat festgestellt, daß von 26,1 Millionen Sparkassenkonten, auf denen über 23 Milliarden gespart sind, 44 % auf Arbeitnehmer und 21 % auf Bezieher von Sozialeinkommen, also Renten, entfallen. Das besagt, daß die sogenannten wirtschaftlich Abhängigen 65 % oder 15,2 Milliarden aller Einlagen bei diesem Teilbetrag des Sparvorgangs in der Eigentumsbildung auf sich vereinigen.
    Nun wird gefragt: Haben wir eigentlich schon etwas erreicht? Ich will keineswegs behaupten, daß das ein sensationeller Erfolg ist. Ich will aber sagen, es ist ein beachtlicher, fundierter Erfolg. Wenn wir die Jahre von 1950 bis 1960 gegenüberstellen, ergibt sich, daß sich der Anteil an der jährlichen Vermögenszuwachsquote bei den öffentlichen Haushalten von 43 auf 32 % reduziert hat, bei den Unternehmen von 40 auf 33 %, bei den privaten Haushalten ist der Anteil von 17 auf 35 % gestiegen. Das ist ein ganz klar erkennbarer Trend, nämlich der Trend, der das Ziel unserer Eigentumspolitik ist.
    Dabei weise ich noch darauf hin, daß bei dem statistisch schillernden Begriff „Unternehmenseigentum" natürlich auch noch Personen beteiligt sind. Aber wir haben immer noch keine zuverlässigen zahlenmäßigen Unterlagen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß in der Wirtschaft auch noch eine Million Menschen — mit sehr verschiedenen Vermögensanteilen natürlich — beteiligt sind. Die Sparrate beträgt jetzt im Jahr ungefähr 20 Milliarden DM bei einem Investitionsbedarf von 50 bis 60 Milliarden. Damit will ich auch sagen, daß die Eigentumspolitik nicht unbeschränkt möglich ist. Sie hat ihre Grenze, die dann gegeben ist, wenn dieses private personenbezogene Eigentum in den Sparprozessen den Investitionsbedarf überdeckt. Nun, davon sind wir noch sehr weit entfernt, so daß wir diese Grenze nur aus Gründen der wissenschaftlichen Korrektheit nennen wollen.
    Unser Ziel sollte sein, daß das öffentliche Vermögen relativ möglichst nicht mehr wächst. Wir sind der Auffassung, daß es mit rund 40% am volkswirtschaftlichen Gesamtvermögen eine Obergrenze erreicht hat. Ob es möglich ist, dieses Wort wortwörtlich einzulösen, ist eine Frage der wirtschaftlichen Dynamik. Das kann nicht nur von hier aus beurteilt werden. Aber wir haben den Willen, den Anteil des öffentlichen Vermögens nicht mehr größer werden zu lassen, und wir haben den Willen, den Anteil des Unternehmensvermögens relativ —relativ! — kleiner zu machen, und zwar durch die schon eingangs erwähnte Politik der Bildung des neuen Vermögenszuwachses in Personenhand.
    Wir sind mit allen, die es gesagt haben, einig, daß die Währungsstabilität oberstes Ziel der Wirtschaftspolitik sein muß. Ich möchte aber bemerken, daß Veränderungen des Preisfächers zu Lasten der
    Preise lohnschwerer Produkte und zugunsten von Preisen oder Qualität der lohnleichten Produkte natürlich sind und nicht mit einer Währungsinstabilität zu verwechseln sind. Ich sage das so betont, weil ich befürchte, daß nicht immer die notwendige Erkenntnis in diesen natürlichen Veränderungen des Preisfächers gegeben ist und daß bei vielen lohnschweren Produkten, die wir alle gebrauchen, dann optisch die Veränderung, d. h. Erhöhung des Nennpreises, zu einer Art Kritik an der Währungsstabilität führt. Das ist dann nicht gerecht, wenn sich der Vorgang in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausgleicht.
    Wenn wir über die Eigentumspolitik weiter debattieren, dann sollten wir zweierlei stärker als bisher beachten. Das, was an Beiträgen zur Altersversorgung gezahlt wird, schlägt sich im Vermögen als Rechtsanspruch auf diese Altersversorgung nieder und kann sich nicht noch einmal in Eigentum anderer Art niederschlagen. Zum anderen sollte in der politischen Wertung ein Unterschied gemacht werden zwischen dem betriebsgebundenen Eigentum, das Arbeitskapital nicht nur der Unternehmer, sondern aller im Unternehmen Tätigen ist, und dem jederzeit frei veräußerlichen Eigentum wie Sparbüchern, Aktien und anderen beweglichen Werten.
    Ich möchte damit schließen: Der Bundestag kann durch Gesetze die Eigentumspolitik fördern und anregen. Diese Gesetze fallen auf fruchtbaren Boden, wenn der Bürger unseres Landes in seinem Geiste eigentumswillig wird. Dieser Geist, angeregt durch unsere Gesetze, entscheidet das Schicksal unserer Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Kurlbaum.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Kurlbaum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat mich besonders gefreut, Herr Kollege Burgbacher, daß Sie im Laufe Ihrer Ausführungen auch von einer Gewissenpflicht gesprochen haben, der wir alle unterliegen, gerade auch bezüglich der Lösung des schwierigen Problems einer befriedigenden Eigentumsstreuung. Bitte, seien Sie davon überzeugt, daß wir uns in diesem Punkt mit Ihnen völlig einig sind.
    Aber ich glaube, damit allein ist es nicht getan. Es geht darum, daß nunmehr Ernsthaftes und Ausreichendes geschieht. Wer sich mit den Maßnahmen zur Förderung einer breiten Vermögensstreuung befaßt, muß sich Rechenschaft geben, von der Stärke der Kräfte in unserem derzeitigen Wirtschaftssystem, die auf eine Vermögenskonzentration hinwirken. Dabei sind auch wir Sozialdemokraten uns durchaus klar darüber, daß ein Teil dieser Kräfte, die zur Vermögenskonzentration tendieren, in der modernen Wirtschaft unvermeidlich sind. Es sind all die Kräfte, die zur Massenfabrikation drängen, und damit auch zur Vorbereitung der Massenfabrikation durch kostspielige Forschung und kostspielige Werbung. Aber das schließt ebensowenig aus, daß es auch starke Tendenzen zur Vermögenskonzentration gibt,

    (Zustimmung bei der SPD)




    Kurlbaum
    die in der Unvollkommenheit unserer Gesetzgebung — vom Standpunkt einer sozialen Gerechtigkeit und vom Standpunkt der Verwirklichung einer „wirklichen" Demokratie her gesehen — begründet sind.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich muß hier ein paar Binsenwahrheiten sagen, und zwar deshalb, weil sie in unserer Gesetzgebung einfach nicht berücksichtigt werden. Es ist nun einmal so, daß der erste Sparakt eines Beziehers eines kleinen Einkommens einer ganz großen Anstrengung bedarf. Ebenso klar ist, daß für den Bezieher eines großen Einkommens das Sparen überhaupt keine Anstrengung mehr, sondern nahezu eine Selbstverständlichkeit ist. Herr Professor Burgbacher, schon dann, wenn wir uns darüber einig sind, haben wir gemeinsam einen Fortschritt erzielt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber ich werde Ihnen gleich sagen, was für Folgerungen daraus gezogen werden müssen:

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das ist das Entscheidende: Konsequenzen!)

    Dazu kommt noch, daß die Bezieher hoher Einkommen größere Risiken eingehen können als die Bezieher kleiner Einkommen und daß die Bezieher hoher Einkommen daher Vermögensanlagen wählen können, die mit einem schnelleren Vermögenszuwachs verbunden sind als die traditionellen Sparformen, deren sich Bezieher kleiner Einkommen im allgemeinen bedienen und die außerdem noch — bitte, das muß erwähnt werden — der schleichenden Geldentwertung unterliegen.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Sagen Sie das nicht!)

    — Nun, Herr Professor Burgbacher, wir müssen diesem Problem ins Auge sehen. Ich komme später noch einmal darauf zu sprechen.
    Dazu kommen im Bereich der Unternehmen noch weitere starke Kräfte, die das große Unternehmen gegenüber dem kleinen erheblich begünstigen. Wir wissen, daß große Unternehmen von den Kreditbanken geradezu umworben werden und daß sie daher nur niedrige Zinsen zu zahlen brauchen, während kleine Unternehmen sich immer noch abstrampeln müssen, um einen Kredit zu bekommen, und dann hohe Zinsen zu zahlen haben.
    Die Großunternehmen haben im allgemeinen ein breites Produktionsprogramm, so daß sich ihre Risiken ausgleichen. Beim kleinen Unternehmen ist es umgekehrt. Das kleine Unternehmen, das sehr oft spezialisiert ist, kann schon an einem einzigen Fehlschlag zugrunde gehen.
    Nun noch etwas Entscheidendes! Mit der Größe des Unternehmens wächst die Chance, Einfluß auf die Preisbildung zu gewinnen, damit den Wettbewerb einzuschränken und schließlich allein oder zusammen mit anderen Großunternehmen den Markt zu beherrschen. Das sage ich hier einmal ganz deutlich, um der Illusion, es herrsche überall Wettbewerb, entgegenzutreten.
    Alle diese entscheidenden Vorteile sind den kleinen und mittleren Unternehmen versagt. Unsere Gesetzgebung aber, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, insbesondere unsere Steuergesetzgebung, läßt alle diese bekannten Tatsachen völlig außer acht. Das muß einmal ganz klar festgestellt werden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Es fehlt an jeder ernsthaften Anstrengung, auch und gerade in der Steuergesetzgebung diesen Fakten Rechnung zu tragen. Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf das Schicksal der Umsatzsteuerreform.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Sehr richtig!)

    Ein paar weitere Beispiele aus dem Steuerrecht! Seit zwei Jahren besitzen wir nun das Sparprämiengesetz, das wir Sozialdemokraten durchaus begrüßen und auch seinerzeit begrüßt haben. Herr Kollege Katzer, ich möchte hier Ihrer Legende entgegentreten, wir seien gegen das Sparprämiengesetz gewesen. Sowohl Sie als auch ich waren in dem zuständigen Unterausschuß tätig. Sie wissen sehr genau, Herr Katzer, daß der Regierungsentwurf des Sparprämiengesetzes als Höchstbeträge das doppelte dessen vorgesehen hat, was jetzt im Gesetz steht, nämlich 250 DM als Höchstbetrag für die Sparprämien bei Ledigen und 500 DM beim Ehepaar. Auf Initiative Ihrer Kollegen, insbesondere des Kollegen Scharnberg, der dagegen als Bankier Bedenken hatte, wurden die Höchstbeträge auf die Hälfte herabgesetzt, — gegen unseren Widerspruch, Herr Katzer; das muß hier einmal festgestellt werden.
    Lassen Sie mich das Bild vervollständigen! Im Plenum hat sich folgendes abgespielt. Mein Kollege Brecht, der sich ebenfalls sehr um die Verbesserung des Gesetzes bemüht hat, hat hier im Hause einen Antrag begründet, wonach für Kinderreiche der Sparprämiensatz über das normale Ausmaß hinaus erhöht werden sollte.