Rede:
ID0314101300

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    Deutscher Bundestag 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Inhalt Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Drucksache 2390) — Erste Beratung — Blank, Bundesminister . . . . . 7999 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 8000 D Katzer (CDU/CSU) . . . . . . 8002 D Junghans (SPD) . . . . . . . . 8007 A Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 8011 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 8019 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 8025 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 8031 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 8033 C Berichtigung zur 138. Sitzung . . . . 8033 B Anlagen 8035 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 7999 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 138. Sitzung Seite 7881 D Zeile 20 und 21 statt „— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; angenommen.": Ich rufe auf Art. 2, — 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bading 27. 1. Bauknecht 27. 1. Bazille 31. 1. Dr. Bechert 27. 1. Behrisch 28. 1. Dr. Besold 27. 1. Birkelbach' 28. 1. Dr. Birrenbach 27. 1. Fürst von Bismarck 27. 1. Blachstein 27. 1. von Bodelschwingh 27. 1. Brese 16. 2. Dr. Bucerius 27. 1. Caspers 31. 1. Dr. Dahlgrün 27. 1. Demmelmeier 27. 1. Dr. Dittrich 27. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Drachsler 27. 1. Dr. Eckhardt 28. 1. Eilers (Oldenburg) 27. 1. Eisenmann 11. 2. Engelbrecht-Greve 27. 1. Etzenbach 27. 1. Even (Köln) 27. 1. Folger 27. 1. Frehsee 27. 1. Dr. Frey 27. 1. Fuchs 27. 1. Funk 27. 1. Dr. Furler* 28. 1. Gehring 27. 1. Geiger (München) 28. 2. Glüsing 27. 1. Dr. Gradl 27. 1. Dr. Greve 27. 1. Haage 2. 2. Heye 28. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Holla 27. 1. Frau Dr. Hubert 27. 1. Illerhaus 27. 1. für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 27. 1. Jungherz 27. 1. Jürgensen 2. 2. Kalbitzer' 28. 1. Frau Klemmert 27. 1. Knobloch 27. 1. Dr. Kohut 27. 1. Dr. Kopf* 28. 1. Frau Krappe 27. 1. Kriedemann 27. 1. Dr. Krone 28. 1. Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 27. 1. von Lindeiner-Wildau 27. 1. Mattick 27. 1. Mauk 27. 1. Frau Dr. Maxsein 27. 1. Menke 31. 1. Mensing 27. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger* 28. 1. Müller (Worms) 27. 1. Murr 27. 1. Neubauer 10. 3. Neuburger 27. 1. Neumann 27. 1. 011enhauer 27. 1. Pietscher 27. 1. Pöhler 27. 1. Frau Dr. Probst 27. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 27. 1. Dr. Reinhard 27. 1. Riedel (Frankfurt) 27. 1. Rimmelspacher 27. 1. Ruland 27. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scharnberg 27. 1. Scheel 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 18. 2. Schneider (Hamburg) 4. 2. Schoettle 4. 2. Schüttler 27. 1. Dr. Seffrin 27. 1. Seuffert 27. 1. Dr. Seume 27. 1. Dr. Siemer 27. 1. Stahl 27. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Stauch 27. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Steinmetz 27. 1. Stenger 28. 2. Struve 27. 1. Walter 27. 1. Wegener 27. 1. Welslau 27. 1. Wendelborn 26. 2. Werner 25. 2. Dr. Will 27. 1. Dr. Winter 27. 1. Wittmann 27. 1. Wittmer-Eigenbrodt 27. 1. Frau Wolff 27. 1. Wullenhaupt 27. 1. Dr. Zimmer 27. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Weber (Koblenz) 18. 2. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Stücklen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Paul (Fragestunde der 140. Sitzung vom 25. Januar 1961, Drucksache 2432): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß in der Stadt Eßlingen am Neckar im Stadtteil Lerchenacker zahlreiche Geschäftsleute und im öffentlichen Leben stehende Personen seit mehr als einem Jahr auf einen Telefonanschluß warten? Bei dem Stadtteil Lerchenacker handelt es sich um eine Stadtrandsiedlung, mit deren Aufbau Mitte 1959 begonnen worden ist. Die Siedlung umfaßt zur Zeit etwa 300 Wohneinheiten. Von den für diese Siedlung vorliegenden Anträgen auf Neueinrichtung oder Verlegung eines Hauptanschlusses können im Frühjahr dieses Jahres über 40 v. H. berücksichtigt werden. Der weitere Ausbau wird im Rahmen des Möglichen beschleunigt weitergeführt, Er wird jedoch dadurch behindert, daß die Straßen und Wege in der Siedlung nur teilweise fertiggestellt sind.
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    Rede von Dr. Heinz Starke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Die Zwischenfrage des Kollegen Katzer darf ich vielleicht damit zurückgeben, daß ich sage: wer hat denn die Bestimmungen geschaffen, mit denen wir aus einem Notzustand heraus eine wirtschaftliche Grundlage für alles weitere aufbauen wollten?

    (Abg. Katzer: Na also! — Zuruf von der CDU/CSU: Gab es einen anderen Weg?)

    — Haben Sie eigentlich jemals geglaubt, daß man das, was man damals als Grundlage für alle geschaffen hat, wovon wir heute alle leben und wovon wir unter anderem heute auch Sozialpolitik machen können, damit vergleichen kann, daß man einem Teil, und zwar einem ganz willkürlich herausgegriffenen Teil der Arbeitnehmer eine Begünstigung gewährt, die man anderen praktisch, wenn es auch nicht im Gesetz steht, verweigert, — unter der Devise „Jedem das Seine"? Ich kann das nicht verstehen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Nun möchte ich zu weiteren Auswirkungen der Tatsache sprechen, daß der Großbetrieb das Leitbild war. Ich möchte es einmal folgendermaßen sagen. Wir Freien Demokraten haben für die Schwierigkeiten — wenn man einen solchen Weg gehen will — Verständnis. Wir haben Verständnis dafür, daß man den Großbetrieb als Leitbild nimmt. Warum? Weil Sie nämlich mit dem Gesetz schon im Entwurf gescheitert wären, wenn Sie auch an all die Betriebe gedacht hätten, die nicht Großbetriebe sind. Es ist also die unterschiedliche Auswirkung des Gesetzes auf der Aufbringungsseite. Diese Aufbringungsseite müssen wir genauso sehen wie das, was man mit dem tun will, was dann aufgebracht warden ist. Es ist eine unterschiedliche Auswirkung auf die Betriebsgrößen, auf die Branchen, und es ist eine unterschiedliche Auswirkung auf die Betriebe, die



    Dr. Starke
    arbeitsintensiv sind, und auf diejenigen, die nicht arbeitsintensiv sind. Ich stehe gar nicht an, für meine Fraktion zu sagen, daß wir sehr wohl wissen, daß es Branchen und Zweige gibt, die das eben können. Aber wir müssen uns zum Sprecher derjenigen machen, deren Situation betrieblich und branchenmäßig nicht so ist, daß sie das in dem gleichen Maße wie andere werden aufbringen können.
    Wir kennen alle doch die sozialen Belastungen und die Schwierigkeiten, die sich bereits bisher für die Mittel- und Kleinbetriebe ergeben haben. Ob es die Frage der Bemessung der sozialen Abgaben, ob es die Frage des Kindergeldes war, ob es die Frage der freiwilligen sozialen Leistungen war, überall dort stecken Schwierigkeiten, die sehr groß sind, die vor allen Dingen nicht ausgeräumt sind. Nun kommen Sie mit einem Gesetz, welches weitere und neue Schwierigkeiten für diese Betriebe bringen soll. Das ist die andere Seite des Problems, das wir hier behandeln.
    Wenn uns gesagt wird — das habe ich gelesen und gehört und auch heute wieder gehört —, dieser Entwurf ermöglicht es, daß jemand einem Arbeitnehmer netto 100 DM dadurch verschafft, daß er 110 oder 111 DM aufwendet und nicht mehr 170 aufwenden muß wie bisher, dann wollen wir das gar nicht bestreiten. Es geht nur darum, ob er für alle seine Arbeitnehmer aus der Situation des Betriebs oder der Branche heraus die 100 DM neben dem Lohn, neben den sozialen Leistungen aufwenden kann. Das ist doch unsere Frage, und diese Frage ist doch nicht beantwortet.
    Haben wir uns eigentlich einmal klargemacht, was 312 DM pro Kopf des Arbeitnehmers sind? Haben wir einmal überlegt, welchen Prozentsatz des Lohnes das ausmacht, wenn wir einmal vom jährlichen Durchschnittslohn ausgehen? Ich habe mich persönlich mit unendlich vielen unterhalten und habe mir sagen lassen, welchen Betrag das für die Betriebe ausmacht. Sie wissen ja auch, daß sich gerade in der Regierungspartei selbst erhebliche Einwendungen gegen diese gesetzliche Regelung erhoben haben. Was wird denn passieren, wenn der Mittel- und Kleinbetrieb diese Leistungen nicht aufbringen kann, wenn er sie trotz der Gefahren, die damit für ihn verbunden sind, nicht aufbringt? Nun, wir werden es bei unserer Vollbeschäftigung, die wir ja alle auf unsere Fahnen geschrieben haben, erleben, daß diese Betriebe erneut benachteiligt werden.
    Gehen wir einmal davon aus, daß das nicht die Absicht der Regierungspartei ist. Natürlich ist sie das nicht. Aber wir müssen doch einmal auf die Dinge hinweisen, die eben eintreten müssen, nicht nur eintreten werden, auch wenn man sie an sich vielleicht nicht will. Es geht dabei insbesondere um den Nachwuchs, um die Jugendlichen, die vielleicht nicht schon so sehr mit einem Betrieb verhaftet sind. Dort wird dieser Gesichtspunkt eine Rolle spielen: bei denen, die neu in den Arbeitsprozeß hineingehen. Was werden sie suchen, und was werden sie dann tun müssen? Sie werden sich ganz natürlich ihre Chancen ausrechnen, und dazu tragen die Bestimmungen dieses Gesetzes in diesem Zeitpunkt, im Jahre 1961, bei. Der Bundesrat hat ja die Frage einer dreijährigen Frist aufgeworfen. Darüber wird man sehr eingehend in den Ausschußverhandlungen sprechen müssen.
    Wenn ich diese Fragen so übersehe und überdenke, muß ich einen Ausspruch des Kollegen Burgbacher bringen. — Ich weiß nicht, ob der Herr Kollege Burgbacher dieses Wort gebraucht hätte, wenn er vor mir gesprochen hätte; so bin ich genötigt, es vorweg zu bringen. Es ist ein früherer Ausspruch von ihm. — Wenn man die Gefahren für die große Masse der Betriebe bis in die selbständigen und freien Berufe hinein in ihren Büros bedenkt — die Gefahren, die wir hier aufzeichnen — und sie damit abtut, daß man sich schließlich nicht „nach dem langsamsten Schiff im Geleitzug" richten könne, dann frage ich mich, ob man das wirklich vertreten kann. — Dieses Wort stammt doch von Ihnen, Herr Burgbacher. — Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Freie Demokratische Partei und, wie ich glaube, auch viele aus der Regierungspartei lehnen dieses Wort ganz scharf ab; denn wenn Sie sich nach dem schnellsten oder auch nur nach den schnelleren Schiffen im Geleitzug richten, geben Sie die langsameren auf, und das kann doch nicht der erklärte Sinn dieses Gesetzentwurfes sein. Aber wenn man einen solchen Vergleich gebraucht, muß man natürlich den Vergleich auch zu Ende denken.
    Nun ist noch ein Zweites gesagt worden, und das liegt in der gleichen Richtung. Ein Mitglied der Regierungspartei sagte etwa im August in der „Welt", wenn das Gesetz dahin führe, daß der Arbeitnehmer von Betrieb zu Betrieb wechsle, wenn dies nach diesem Gesetz mit Hilfe der Steuervergünstigungen geschehen könne, sei das eine wohltätige Bewegung, die in die erstarrten Fronten auf dem Arbeitsmarkt komme. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, das können doch nicht die Auswirkungen sein, die die große Regierungspartei im Ernst als Wunschziel mit diesem Gesetzentwurf verbindet!
    Die Frage ist nun, ob man ein solches unvollkommenes System auf der Seite derer, die das Geld aufbringen sollen, und auf der Seite derer, die damit begünstigt werden sollen, wirklich mit öffentlichen Mitteln stützen soll. Sie wissen, daß diese steuerlichen Begünstigungen auf den verschiedensten Seiten einsetzen. Bei der Lohnsteuer ist es eine 50%ige Ermäßigung! Das sind Mittel, die eingesetzt werden, die man vielleicht doch nicht nach dem Grundsatz „Jedem das Seine", der hier gebracht worden ist, verwenden sollte.
    Wir müssen aber auch daran denken, daß in dem Gesetz die Befreiung von den Sozialversicherungsabgaben erwähnt wird. Da müssen wir uns darüber klar sein, daß die bisherige Befreiung von Sozialversicherungsabgaben nach § 2 der LohnsteuerDurchführungsverordnung etwas ganz anderes begünstigte, nämlich eine wirkliche Alterssicherung. Dagegen wissen wir hier doch noch gar nicht, was daraus werden wird. Hier ist es nur eine begrenzte Festlegung. Kann man dann, wenn sich das in größerem Umfang einspielt, die Frage der Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen wirklich so regeln,



    Dr. Starke
    wie es in diesem Gesetz vorgesehen ist? Geht man damit nicht gesetzgeberisch weit über das hinaus, was man heute bereits an Erfahrungen gewonnen hat? Auch hierzu sind von anderer Seite Vorschläge gemacht worden, auf die wir in den Ausschüssen zurückkommen werden.
    Ein Weiteres! Meine Damen und Herren, der Bundesrat hat dazu sehr deutlich Stellung genommen. Er hat gesagt, daß diese Ergebnisbeteiligung in ihrem System und ihren einzelnen Elementen noch gar nicht festliegt, daß es sehr schwierig sein wird, das im Betrieb wirklich herauszuarbeiten. Man muß also überlegen, wie das gemacht werden soll.

    (Abg. Ruf: Deshalb betriebliche Vereinbarungen!)

    Wir befürchten, daß dadurch die betriebliche Kontrolle und Mitbestimmung in einem Ausmaß ausgedehnt werden, wie es für die große Masse der Mittel- und Kleinbetriebe niemals durchführbar ist. Das möchten wir als eine große Gefahr an die Wand malen.
    Wenn wir daran denken, daß im Bundesrat bereits über die Frage der Einschaltung des Betriebsrats verhandelt worden ist, daß darüber hinaus im Bundesrat wie heute in diesem Hohen Hause auch die Frage der tarifvertraglichen Regelung angeschnitten worden ist, dann wissen wir doch, auf welchem Wege wir uns befinden. Wir wissen auch, daß bereits die Frage angeschnitten und behandelt worden ist, inwiefern ein Streikrecht besteht, um eine günstige Regelung der Ergebnisbeteiligung zu erreichen. Ist das eigentlich das, was wir im Augenblick brauchen? Das sind die Fragen, die für uns hier entstehen.
    Dabei möchte ich noch einmal darauf zurückkommen, was der Bundesrat deutlich gesagt hat. Um was handelt es sich letzten Endes bei ail den neu gebildeten Begriffen? Um einen Prämienlohn mit Zwangssparcharakter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, und deshalb macht man das alles? Kann man das nicht auf einem besseren Weg ohne staatliche Zuschüsse - die nicht allen zugute kommen — auch erreichen?

    (Abg. Ruf: Wo steht „Staatliche Zuschüsse"?) — Ich meinte jetzt die Steuerbegünstigung.


    (Abg. Ruf: Der Arbeitgeber zahlt pauschaliert die Lohnsteuer, das ist keine Steuerbegünstigung!)

    Wir sind uns heute darüber klar, und zwar alle in diesem Hohen Hause — nicht nur von der Sozialdemokratischen Partei wird das gesagt —, daß eine echte Ergebnisbeteiligung, ein echtes Miteigentum, von dem in Ihrer Partei ja die Rede war, doch gar nicht drin ist. Warum machen wir das nicht in einer gesunden Weise, so daß alle gemeinsam daran teilnehmen können? Die große Frage ist, ob es überhaupt notwendig war, dazu dieses Gesetz zu bringen, ob dieses Gesetz nicht überhaupt nur ein Wahlschlager ist, von dem wir noch gar nicht wissen, welche wirklichen und echten Folgen daraus entstehen und auf welchen Weg wir hier gehen.
    Ich habe mir sagen lassen, daß heute morgen der Herr Bundeswirtschaftsminister — ich konnte leider erst einen Augenblick später kommen, weil ich wegen einer Erkältung beim Arzt war — ziemlich deutlich gesagt hat, welche Gefahren mit dem Gesetz verbunden sind, und dann erklärt hat: Na ja, schließlich muß man es erst einmal machen. Ich weiß nicht, ob man bei diesem Gesetz nicht allen, die unsere Auffassung nicht teilen, zurufen sollte: Wehret den Anfängen! Wir glauben nicht, daß das ein guter Weg ist.
    Nun ist es so, daß die Beteiligung und die zusätzlichen Leistungen des Betriebes nichts sind, was durch diesen Entwurf ganz neu angeschnitten wird, sondern es sind Dinge, die draußen in der Praxis bereits in einer unendlichen Vielfalt praktiziert werden.

    (Abg. Ruf: Na also!)

    — Sie sagen „na also". Ich möchte fragen: Sind wir uns darüber klar, daß diese Vielfältigkeit der Regelungen darauf beruht, daß die Verhältnisse in den Betrieben völlig individuell sind und daß man nur betriebsindividuell vorgehen kann,

    (Abg. Ruf: Deshalb keine Tarifverträge!)

    daß man also den Großbetrieb nicht als Leitbild hinstellen kann?
    Der Bundesrat hat gesagt, man müsse sich fragen, ob das von der Bundesregierung angestrebte Ziel mit diesem Gesetzentwurf erreicht werde. Wir möchten darüber hinaus fragen: Schadet dieses Gesetz nicht einer Entwicklung, die sich draußen betriebsindividuell vollzieht? Bei den Klein- und Mittelbetrieben besteht die große Sorge, daß —wie der Herr Bundeswirtschaftsminister heute morgen gesagt hat — jedes Unternehmen diese „freiwillige" Leistung erbringen muß, wenn es angesichts der Arbeitsmarktlage nicht benachteiligt werden will. Es handelt sich also, wenn Sie so wollen, um eine freiwillige Gezwungenheit oder eine erzwungene Freiwilligkeit. Das ist die Ursache der Unruhe, die draußen bemerkbar ist. Wenn Sie sie nicht festgestellt haben, dann werden Sie sie vielleicht zu spüren bekommen, nachdem dieser Gesetzentwurf hier behandelt worden ist.
    Das also wollte ich zum Schluß sagen: Dieser Entwurf schadet nicht nur möglicherweise, sondern mit Sicherheit einer sich vollziehenden Entwicklung, die man weiterlaufen lassen sollte, die man hätte beobachten sollen, um aus den Erfahrungen Folgerungen zu ziehen, die man aber nicht mit einer Regelung abbrechen sollte, welche nach einem Leitbild geschaffen worden ist, das der Situation der großen Zahl der Wirtschaftsbetriebe nicht entspricht.
    Wir lehnen das Gesetz in seiner heutigen Ausgestaltung ab. Wir lehnen es ab wegen seiner Mängel, wegen der Unklarheiten der Auswirkungen im weiteren Verlauf und wegen der Gefahren, die wir damit verbunden sehen. Es kommt jetzt auf unsere Mitarbeit in den Ausschüssen an. Dabei muß insbesondere die Frage der Eigenleistung erörtert werden und überlegt werden, wie sichergestellt



    Dr. Starke
    werden kann, daß die Angestellten nicht benachteiligt werden. Ferner wird die Frage der dreijährigen Frist und werden einige weitere Einzelheiten, die uns bereits aufgefallen sind, von deren Erwähnung ich heute aber Abstand nehmen will, zu erörtern sein.
    Lassen Sie mich schließlich noch kurz umreißen, welche Vorstellungen wir haben. Zunächst einmal müssen wir, wie so oft, der Bundesregierung sagen, daß wir es lieber gesehen hätten, wenn man sich in der Eigentumspolitik und in der Gesellschaftspolitik rechtzeitig auf eine Linie geeinigt und diese Linie dann in einem Entwurf ausgebaut hätte, anstatt dieses Hin und Her zu veranstalten, das wir hier wie bei der Konjunkturpolitik feststellen mußten. Im Augenblick hat jedes Ressort seine eigene Eigentumspolitik, seine eigene Gesellschaftspolitik vor Augen.

    (Abg. Dr. Barzel: Unbewiesene Behauptung!)

    Die Freie Demokratische Partei hat von Anfang an ihre ganze Kraft darauf ausgerichtet, die Realeinkommen der Bevölkerung zu erhöhen, also das, was jeder für seine Leistung real in die Hand bekommt. Und wir wollen, daß er das, was er real erhält, eigenverantwortlich und nach seinem freien Willen verwenden kann. Diese Politik hat doch große Erfolge durch eine Steigerung des Lebensstandards erzielt! Eigentum für breite Schichten schaffen — das ist der Sinn von Eigentumspolitik
    — kann man nicht in kurzer Zeit, sondern das ist eine Frage von Jahren.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! Deshalb muß man einmal anfangen!)

    Wer aber von Ihnen will denn sagen, daß Ihre eigene Politik so schlecht war, daß man zu einem solchen Entwurf greifen muß?! Sind wir nicht auf einem Weg, auf dem für breite Schichten tatsächlich eine bessere Situation eingetreten ist?! Können wir nicht auf diesem Wege weitergehen?!

    (Abg. Dr. Barzel: Bei jedem Schritt hören wir, es sei kein Anfang; wir sind aber schon mitten drin!)

    - Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie
    können nicht leugnen, daß diese Politik, die in diesem Punkte mit unserer Zustimmung, unserer Mitarbeit in der Regierung und in der Opposition betrieben worden ist, Erfolge hatte. Diese Erfolge sollten Anlaß sein, jetzt nicht von dem Wege abzugehen, der zu einer generellen Steigerung des Realeinkommens führt.

    (Abg. Ruf: Wer geht denn davon ab?)

    Zur Eigentumsbildung gehört — neben den Realeinkommen — ein Zweites: der Sparwille! Es wurde hier so oft von der Sparfähigkeit gesprochen. Selbstverständlich muß einer etwas haben, wenn er sparen will. Aber Sie können doch nicht mehr sagen, daß es keinen Menschen mehr gebe — die Steuervergünstigungen wurden hier erwähnt —, der noch sparen könnte. Daß ist doch eine falsche Auffassung, die wir diesem Entwurf vorwerfen. Der
    Sparwille ist die Voraussetzung zur Vermögensbildung.

    (Zurufe von der Mitte: Er ist auch da!)

    Diesen Sparwillen möchten wir Freien Demokraten ideell und materiell stützen.

    (Zuruf von der Mitte: Wie?)

    Wir müssen uns nur darüber klar sein, daß der
    Sparwille ein ganz ausschlaggebendes Moment ist.

    (Zuruf von der Mitte: Darüber sind wir uns einig!)

    Betrachten Sie einmal die Entwicklung in Deutschland und in anderen Ländern im 19. Jahrhundert. Dort wurde Eigentum aus Einkommen gebildet, die im Verhältnis zu heute eine kleinere Grundlage für das Vermögen darstellten. Es waren damals kleine und kleinste Einkommen; es hing also alles ganz wesentlich von dem Sparwillen ab.
    Mir kommt es darauf an, der Regierungspartei folgendes zuzurufen. Es sieht gerade in der letzten Zeit so aus, daß Sie das Ganze immer stärker als ein rein quantitatives Problem ansehen.

    (Abg. Dr. Barzel: Im Gegenteil!)

    Sie sehen es nicht als ein psychologisches Problem an.

    (Zuruf von der Mitte: Als ein qualitatives! — Abg. Dr. Burgbacher: Sind 312 DM als Quantität eine beachtliche Leistung?)

    — Ich weiß nicht, Herr Kollege Burgbacher, was Sie mit diesem Einwand sagen wollen. Ich habe nicht
    — wie andere — davon gesprochen, daß 312 DM zuwenig seien. Wir gönnen jedem die 312 DM. Ich habe vielmehr von den Auswirkungen auf die Aufbringungsseite gesprochen. Man macht sich falsche Vorstellungen darüber, wie sich das auswirkt.
    Rein organisatorische technische Voraussetzungen, die man schafft, werden allein nicht genügen, um die Spardisziplin zu erzeugen, die man braucht, wenn man es wirklich zu Eigentum und Vermögen bringen will. Das hat gar nichts damit zu tun, daß ich jemanden diffamieren will. Seien wir uns doch über folgendes ganz klar: Auch unter den Menschen, die, sagen wir, ein mittleres Einkommen haben, finden wir noch eine ganz verschiedene Einstellung zu der Frage, ob man sich ein Eigenheim bauen soll oder nicht oder ob man in anderer Form sichtbares Eigentum bilden soll. Das sind die Fragen, die in diesem Entwurf nicht genügend berücksichtigt sind.
    Hinzu kommt nun ein weiteres Moment. Vergessen wir nicht, daß viele Maßnahmen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Regierungen der verschiedensten Staatssysteme getroffen worden sind, dazu beigetragen haben, den Sparwillen zu töten. Erinnern wir uns doch daran, daß nach dem Kriege das Wort Keynes von dem sanften Tod des Rentners ganz groß geschrieben war.
    Das alles aufzubauen, ist ein Sache, die man nicht von heute auf morgen und auch nicht mit einem Gesetz tun kann, in dem man von Vermögensbildung spricht. Hier handelt es sich um eine breite Steigerung des Realeinkommens, Hier muß sich erst

    Dr. Starke
    wieder ein Sparwille bilden; dann kann sich auch eine Eigentumsbildung vollziehen.
    Diesen Sparwillen möchten wir nicht nur ideell, sondern auch materiell stützen. Von Ihnen selber ist vorhin das große Vermögen erwähnt worden, das sich in der Wirtschaft gebildet habe. Nun, wir sind nicht der Ansicht, daß hieran nichts geändert werden könnte, daß hier nicht auch Maßnahmen getroffen werden müßten. Aber wir glauben, daß vor allem das Vermögen, das sich in einem gleich großen Umfang bei der öffentlichen Hand gebildet hat, herangezogen werden sollte.

    (Abg. Ruf: Haben Sie nichts von Privatisierung gehört?)

    — Wir haben immer den Standpunkt vertreten, daß das Wirtschaftsvermögen des Bundes selbstverständlich reprivatisiert werden sollte, meinen aber, daß man noch weit darüber hinausgehen sollte. Wir werden uns erlauben, Ihnen dazu in den Ausschüssen Vorschläge zu machen.

    (Abg. Ruf: Es wird aber Zeit, daß Sie die machen!)

    Durch die Reprivatisierung sowie dadurch, daß keine Vermögensbildung bei der öffentlichen Hand über den klassischen Zweck hinaus stattfindet, ferner durch Sparsamkeit in den Ausgaben auf allen Gebieten, werden Mittel frei, die man dann für steuerliche Begünstigungen auf breitester Front und nicht nur so, wie es hier geschieht — wo sie nicht jeder bekommen kann —, verwenden kann, um den Sparwillen materiell zu unterstützen. Unter diesen Umständen und für diesen Zweck sind wir auch bereit, das Prämiensparen neben steuerlichen Vergünstigungen auf breitester Front zu befürworten. Wir sind sogar bereit, von dem Prämiensatz von 20 % vielleicht — aber darüber muß man noch sprechen — auf 25 % zu gehen; das kommt dann allen und nicht nur gewissen Teilen der Arbeitnehmerschaft zugute.
    Das sind die Fragen, die uns in den Sinn gekommen sind. Es ist also nicht nur ein quantitatives Problem, vor dem wir stehen, sondern auch eine Frage des Willens, den man materiell und ideell im Rahmen einer Gesamtpolitik, im Rahmen einer Gesellschaftspolitik stützen muß, bei der es keine Ausschnitte gibt, bei der nicht eine Begünstigung nur gewisser Personenkreise stattfindet. Nach den Diskussionen, die wir im Jahre 1960 geführt haben, ist uns wohl allen klar: die Grundlage bleibt die Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Währung.

    (Abg. Dr. Barzel: Darin sind wir uns einig!)

    Lassen Sie es mich noch einmal sagen: ganz so einfach ist es doch nicht, daß man nur ein Gesetz zu machen brauchte. Der Bundesrat hat dazu ein außerordentlich treffendes Wort gesagt: Es ist, ob man es nun Lohn, Prämienlohn oder wie sonst immer nennt — eine Kostenerhöhung.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kostenerhöhungen haben ihre Auswirkungen. Wir müssen uns doch darüber klar sein, daß die Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Währung die Grundlage bleiben muß, daß aber die ständig wachsende Kostenbelastung der Wirtschaft in einem inneren Zusammenhang damit steht. Ich wollte Sie deshalb noch einmal darauf hinweisen: ob Sie es nun Ergebnisbeteiligung oder wie immer nennen, es bleibt eine Kostenbelastung. Das ist ja auch der Grund, weshalb die Auswirkungen auf die Betriebsgröße und die Betriebsart so verschieden sind.

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Meine Damen und Herren, es ist eine Kostenbelastung, die Sie jetzt hier neu einführen, Das wollte
    ich Ihnen zum Schluß noch einmal vor Augen führen.

    (Abg. Ruf: Dann dürften Sie auch keine Erfolgsprämien gewähren!)

    Wir werden um diesen Gesichtspunkt nicht herumkommen, wenn wir uns immer wieder vor Augen halten, daß die Grundlage jeder Eigentumspolitik die Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Währung ist. Die Eigentumsbildung, der Sparprozeß ist eine Frage von langen Jahren. Darum spielt die Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Währung über Jahre hin die größte Rolle.
    Wir haben angekündigt, daß wir bei der Beratung dieses Gesetzes in den Ausschüssen sehr eifrig mitarbeiten wollen. Ich möchte, weil ich gehört habe, daß das nicht beabsichtigt sei, den Antrag stellen, daß angesichts der außerordentlichen Auswirkung, die dieses Gesetz auf die mittelständischen Betriebe hat, der Mittelstandsausschuß als mitberatender Ausschuß eingesetzt wird.

    (Zurufe von der Mitte: Das ist auch unsere Auffassung! — Das haben wir schon gesagt!)

    — Wenn Sie mir jetzt schon sagen, daß Sie diesem unserem Wunsche stattgeben, sind wir darüber ganz besonders glücklich.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Burgbacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Burgbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die erfreuliche Aussprache an diesem Vormittag hat, soweit man bis jetzt erkennen kann, Gemeinsames durch alle drei Fraktionen gezeigt. Das eine ist das Bekenntnis zum personengebundenen Eigentum, worüber wir besonders glücklich sind, da das nicht immer selbstverständlich in diesem Hause war. Das andere ist die heftig ausgebrochene Liebe der Fraktionen zum Mittelstand. Auch darüber sind wir sehr glücklich; denn auch das war nicht immer so. Ich glaube, daß alle Fraktionen Gelegenheit haben, möglicherweise noch während der Beratung des heute anstehenden Gesetzes, durch entsprechende Abstimmungen über Vorschläge zu mittelstandsfördernden Maßnahmen die heute deklarierte Liebe tatkräftig zum Ausdruck zu bringen.

    (Abg. Ruf: Das wollen wir hoffen!)

    Dieses Gesetz ist ein kleiner Teil einer Gesamtkonzeption, Teil einer Politik, die wir seit Jahren betreiben und die wir, solange das Vertrauen des deutschen Volkes es uns erlaubt, in kommenden Jahren konsequent weiter zu verfolgen beabsich-



    Dr. Burgbacher
    tigen. Es ist die Politik, den jedes Jahr entstehenden volkswirtschaftlichen Vermögenszuwachs in einer anderen Form als in der Vergangenheit zu streuen, nicht verstärkt auf Bildung von öffentlichem Eigentum und nicht verstärkt auf Bildung von Unternehmenseigentum gerichtet, sondern auf personenbezogenes Eigentum. Wenn wir dabei erklären, daß das rechtmäßig erworbene Eigentum geschützt ist, müssen wir ebenso ernsthaft und klar herausstellen, daß unsere Politik auf die Förderung der Eigentumsbildung in Personenhand durch die Streuung des volkswirtschaftlichen Vermögenszuwachses gerichtet ist. Daß Eigentum sich nicht durch Zwang bilden kann, wissen wir alle. Es zu bilden oder nicht, steht der freien Entscheidung des einzelnen zu. Aber diese Entscheidung anzuregen und zu fördern ist eine politische Aufgabe. Auf diesem Gebiet stehen wir, wie wir gerne zugeben, in der ersten und nicht in der letzten Etappe.
    Es ist wiederholt von Sparwilligkeit und Sparfähigkeit gesprochen worden. Die Sparwilligkeit ist von uns in dieser Politik der letzten Jahre angeregt worden durch die Sonderbestimmungen des Einkommensteuerrechtes, durch das Bausparprämiengesetz, durch das Sparprämiengesetz, durch die Sozialkurse bei der Preußag-Privatisierung und durch die sozialen Rabatte bei der VW-Privatisierung.
    Der Stärkung der Sparfähigkeit dienten letztlich alle Reformen des Einkommensteuerrechtes, insbesondere ,des Lohnsteuerrechts, besonders auch die Einführung des sogenannten Splittings, schließlich die Gewerbesteuerreform. Ich darf hier bemerken, daß durch die Freistellung von 11 Millionen Arbeitnehmern in der Bundesrepublik von jeder direkten Steuer deren Sparfähigkeit zweifellos verbessert worden ist.
    Das Ziel unserer Politik muß selbstverständlich sein, daß wir in systematischer Ordnung — aber nicht alles auf einmal — allen Ständen dieses Volkes zu der Möglichkeit verhelfen, aus eigenem Entschluß und gefördert durch staatliche Maßnahmen zu Eigentum zu kommen. Ich spreche dabei — das liegt in der Natur der Sache — alle Arbeitnehmer und den Mittelstand als die Stände an, denen unsere besondere Aufmerksamkeit auf diesem Gebiet zu gelten hat.
    Ich möchte aber klarstellen, daß Eigentumspolitik nicht etwa heißt, es könne ihretwegen auf die möglichen Maßnahmen zur Sicherung der Altersversorgung verzichtet werden. Einem Volk in einem hochindustrialisierten Staate ist es nicht mehr möglich, aus Erspartem, aus Zinsen, die aus dem Eigentum fließen, das Alter zu sichern. Die Produktivität, die in früheren Jahrhunderten sehr stark bei den Kapitalkräften aller Art lag, hat sich in hohem Maße — unter Überrundung also ,der Produktivität des Kapitals — verlagert auf die Produktivität der technischen Kräfte, die dem Menschen zur Verfügung stehen und von ihm genutzt werden nach der These „Macht euch die Erde untertan". Aus diesem Grunde ist Eigentumspolitik und Altersvorsorgepolitik kein Widerspruch, sondern eines die notwendige Ergänzung des anderen. Das eine zu pflegen erlaubt nicht, auf das andere zu verzichten.
    Zur Zeit haben wir in der Bundesrepublik — unter allem Vorbehalt, ob die Statistik zuverlässig ist — ein volkswirtschaftliches Vermögen von rund 1000 Milliarden DM. Wenn sich davon etwa 40 0/o in öffentlicher Hand befinden, bleiben noch 600 Milliarden DM Gegenstand einer weiter gehenden Betrachtung. Weiter wissen wir, daß wir 15 Millionen Haushalte haben. Somit ergibt sich — rein statistisch, rein theoretisch —, daß der Haushaltsanteil mit 40 000 DM anzusetzen wäre. Das ist ein Betrag, von dessen Zinsen keine Familie und kein Mann nach dem heutigen sozialen Standard leben kann. Eine solche Feststellung entlastet uns aber nicht davor, die Maßnahmen anzusteuern, die eine bessere Vermögensverteilung ermöglichen.
    Die Zeit ist vorgeschritten; es sind schon eine Menge Zahlen genannt worden. Ich will für heute auf den Vortrag der Zahlen, die ich mir aufgeschrieben habe, verzichten, damit die Kollegen, die sich noch zum Wort gemeldet haben, nicht vor völlig leerem Hause sprechen müssen.
    Wir müssen bei unserer Eigentumsbetrachtung auch den Vermögenswert einer Altersversorgung würdigen. Ich habe mir von einem Versicherungsmathematiker ausrechnen lassen, daß nach der bestehenden Regelung .der dynamischen Rente — wie ich sie einmal nennen will - der Barkapitalwert dieses Anspruches, der gesetzlich fundiert und deshalb ein Eigentumstitel ist, bei 40 Lebensjahren etwa 14 000 DM, bei 50 Lebensjahren etwa 25 000 DM und bei 60 Lebensjahren etwa 40 000 DM beträgt. Ich habe mir auch den Barkapitalwert einer Beamtenpension von monatlich 500 DM bei angenommener 15jähriger Zahlungszeit ausrechnen lassen; er beläuft sich — immer 5 % Zinsen gerechnet — auf 65 000 DM. Das dürfen wir nicht außer Betracht lassen, wenn wir über die Frage meditieren, wieweit eine Altersversorgung einen Teil der Bevölkerung und wieweit sie andere nicht erfaßt.
    Der vorliegende Gesetzentwurf ist — wer möchte etwas Kühneres behaupten — ein bescheidener Beitrag zur Lösung des Gesamtproblems, wie alle unsere Beiträge, aber auch richtungweisend. Ich sage das ausdrücklich, auch auf die Gefahr hin, daß es bei einigen Mitgliedern dieses Hohen Hauses bei dem Wort „richtungweisend" eine Art Gänsehaut gibt. Er ist richtungweisend insofern, als wir nicht nur die Eigentumsbildung, sondern auch Überlegungen anregen wollen. Es soll jeder überlegen, daß nicht nur das Einkommen für ihn erstrebenswert ist, das er sofort wieder verzehrt, sondern daß es erstrebenswert ist, auch unverzehrbares Einkommen zu haben, ja, daß in gewisser Beziehung sogar die Höhe des ihm möglicherweise zu zahlenden Arbeitseinkommens mit bestimmt wird durch seinen Entschluß, wieweit er nur Konsumlohn und wieweit er auch Sparlohn haben will.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Es würde aber zu weit führen, diese volkswirtschaftliche Betrachtung hier auszuspinnen. Die es angeht, haben sie ohnehin verstanden.



    Dr. Burgbacher
    Privilegiert sind die 312 DM nur bei der Sozialversicherung. Das Lohnsteuerpauschale von 10% kann man nicht als eine Privilegierung bezeichnen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das Durchschnittssteueraufkommen von der lohnsteuerpflichtigen Gesamtsumme beträgt nämlich 8 %, und es ist durchaus noch nicht klar, ob einige Freunde von uns sich in der Ausschußberatung mit den 10 % zufriedengeben werden.

    (Abg. Ruf: Das ist zu hoch!)

    Der Satz von 10 % ist, das muß ich der Korrektheit halber sagen, vom Bundesfinanzminister damit begründet worden, daß zwar der Durchschnittssatz 8 % betrage, daß aber dann, wenn zu dem Durchschnitt etwas hinzukomme, der dafür in Frage kommende Steuersatz natürlich über dem Durchschnittssatz liege. — Auch das ist eine an sich richtige Beweisführung.

    (Abg. Ruf: Herr Etzel soll aber kein „Geschäft" machen!)

    Zu dem hier angestellten Vergleich mit Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes kurz folgendes. Der Vergleich mit den Beamten ist überhaupt nicht möglich. Der Beamte hat eine vom Staat garantierte hohe Altersversorgung. Die haben die anderen nicht. Außerdem ist die Mentalität in der Besoldungsordnung und in der Besoldungsbegründung für die Beamten eine andere. Seine Altersversorgung ist schwer leistungsbezogen zu machen. Ich meine das nicht als „Pflaume", sondern ernst.
    Anders könnte es bei Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes sein, die soziologisch, der Struktur nach in der Tat zu den Arbeitnehmern gehören. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß es für diese Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes eine Sondereinrichtung gibt, nämlich die Zusatzversorgungsanstalt, von der sie eine gegenüber anderen Arbeitnehmern zusätzliche Altersversorgung erhalten. An diese Anstalt werden 7 % der Lohn- oder Gehaltssumme als Beitrag gezahlt; ungefähr 4,6% werden vom Arbeitgeber übernommen. Nimmt man an, daß das Durchschnittsjahreseinkommen von Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes zwischen 6000 und 7000 DM liegt, und rechnet man davon rund 4 1/2%, so ergibt sich — merkwürdigerweise und für uns erfreulicherweise —, daß mindestens der gleiche Betrag auf diesem Wege völlig lohnsteuerfrei, völlig sozialversicherungsfrei allen Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes zugute kommt.
    Wir haben in diesem Geestzentwurf auch vorgesehen, daß die mitarbeitenden Angehörigen in mittelständischen Betrieben hinsichtlich der 312 DM die gleichen Möglichkeiten haben sollen. Ich möchte noch einmal sagen: es handelt sich um 2,6 Millonen mitarbeitende Familienangehörige, in den meisten Fällen des Mittelstandes, die diese Vergünstigungen ebenfalls haben sollen.
    Nun ist viel darüber gesagt worden, ob es sich hier um Freiwilligkeit oder Zwang handle. Es handelt sich um Freiwilligkeit.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Freiwillig ist die Betriebsvereinbarung, frei ist der Mann in seinem Entschluß, ob er die 312 DM so haben will, wie nach dem Entwurf vorgesehen ist, oder ob er sie wie jedes andere Einkommen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig haben will. Ich möchte wissen, wie auf dieser Ebene überhaupt von einem Zwang gesprochen werden kann.
    Nun ist gesagt worden: Wer ein solches Gesetz macht, der kann zwar juristisch die Freiwilligkeit statuieren, de facto ist es trotzdem Zwang. Ich will nicht behaupten, daß diese Überlegung auszuschließen ist. Ich bestreite aber, daß das Gesetz zu dieser Überlegung führt. Wenn die Arbeitsmarktlage das souveräne Verhalten der Beteiligten bei der Ordnung ihrer Lohn- und Gehaltsbeziehungen erlaubt, dann ist die Freiwilligkeit nicht nur nach dem Gesetz, sondern auch in Wirklichkeit gegeben. Zwingt aber die Arbeitsmarktlage zur Anwendung des Gesetzes, dann müßte ohne dieses Gesetz unter anderem Titel auf Grund der Arbeitsmarktlage auch gezahlt werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Bei solcher Arbeitsmarktlage würde ein Zwang zur höheren Besoldung mit und ohne Gesetz bestehen.
    Es bleibt dann nur noch die Tatsache, daß ein Teil des Konsumlohns durch das Gesetz in vermögensbildenden Lohn umgewandelt wird. Das aber ist nicht nur sozialpolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch und konjunkturpolitisch richtig; es trägt zur Normalisierung des Kapitalmarktes bei. Hier sei die Feststellung erlaubt, daß nur das sozialpolitisch richtig ist, was auch wirtschaftspolitisch richtig ist, und umgekehrt.
    Sehen Sie es bitte als einen symbolhaften Vorgang an, daß der Gesetzentwurf heute vormittag zunächst von dem Herrn Minister für Arbeit und Sozialordnung und dann von dem Herrn Minister für Wirtschaft eingebracht und begründet worden ist. Wir beabsichtigen von dieser Einheit von Gesellschaftspolitik und Sozialpolitik nicht abzuweichen.

    (Abg. Katzer: Sehr gut!)

    Daß die Regelung nur betriebsindividuell sein kann, liegt in der Natur der Sache. Sie ist nicht nur betriebsindividuell wegen der Branchenverschiedenheit, sondern auch wegen der Betriebsgröße, und ist weiter davon abhängig, ob ein Unternehmen eine oder mehrere Betriebsstätten hat und diese vielleicht noch in verschiedenen Teilen des Landes. Man sollte daher nicht fordern, daß eine leistungsbezogene Maßnahme, wenn sie einigermaßen gerecht sein soll, anders als betriebsindividuell durchgeführt wird. Die Bemessungsgrundlagen sind sehr verschieden. Bemessungsgrundlage können der Umsatz, die Stückzahl, der Durchschnittserlös, die Menge, das Gewicht, der Bruttoertrag und vielleicht auch der Reinertrag sein. Aber der Kerngedanke, der darin steckt, daß die Teilnahme und das Interesse aller Belegschaftsmit-



    Dr. Burgbacher
    glieder an Rationalisierung und Modernisierung geweckt werden, ist doch wahrhaftig gui. An der Verwirklichung dieses Gedankens sollten nicht nur die Großbetriebe, sondern auch und manchmal sogar vorab die Mittelbetriebe besonders interessiert sein.
    Wir haben in der Bundesrepublik im letzten Jahr eine Steigerung der Lohn- und Gehaltssumme von rund 13 Milliarden DM zu verzeichnen. Seien wir optimistisch und nehmen wir einmal an, daß im Laufe von einigen Jahren 5 Millionen Arbeitnehmer die Vergünstigungen nach dem neuen Gesetz auf der Grundlage von Betriebsvereinbarungen in Anspruch genommen haben werden. Das bedeutet dann 1 1/2 Milliarden DM an Lohn- und Gehaltssumme. Wir wissen alle, daß die Lohn- und Gehaltsbewegung auch in diesem Jahre nicht aufhören wird. Wir hoffen, daß die Produktivität weiter zunimmt. Es ist kein volkswirtschaftliches Problem, das Gesetz in der wirtschaftlichen Entwicklung so anzuwenden, daß es keinerlei störende, sondern nur fördernde Wirkungen hat.
    Ich komme nun zu einigen Ausführungen des Herrn Kollegen von der FDP. Sie haben das Gesetz kritisiert. In der Ablehnung jeglicher Umverteilung sind wir einig. Sie haben auch einige Anregungen gegeben, aber nicht in der konkreten Form der Vorschläge, die in dem Gesetz verwirklicht sind.
    Sie haben gesagt, beim Arbeitnehmer könne man nicht von einer eigenen Leistung sprechen; ich hoffe, daß ich richtig gehört habe. Nach dem Gesetz handelt es sich um einen Teil des Leistungslohns. Ich möchte Sie höflichst darauf aufmerksam machen, daß die Leistung des Arbeitnehmers in seiner Arbeit liegt und daß es hier ebensowenig einer besonderen auf den speziellen Zweck ausgerichteten Leistung bedarf wie z. B. bei den Wirtschaftsunternehmen. Für die Inanspruchnahme der Bestimmungen der 7erGruppe des Einkommensteuergesetzes haben diese keinerlei andere Leistungen nachzuweisen als ihre allgemein anerkannten betriebs- und volkswirtschaftlichen Leistungen; es wird keine auf die Bestimmung bezogene Sonderleistung von ihnen verlangt.
    Sie sagen, Herr Dr. Starke, das Gesetz müsse für alle gültig sein. Ich muß darauf anworten: Dann habe ich Ihre Parteigrundsätze bisher mißverstanden. Ich war bisher der Meinung, daß gerade Ihre Partei personenbezogenen Vorgängen besonders verbunden ist und daß sie individuelle Betrachtungen den kollektiven Betrachtungen eigentlich vorzieht. Wenn Sie sagen, daß ein sozialpolitsches Gesetz für alle gültig sein müsse, so muß ich Sie höflich darauf aufmerksam machen, daß Sie dann aber auch andere wirtschaftspolitische Grundsätze eines vollkommenen Liberalismus, den Sie vertreten, für alle gültig machen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben von der Politik der Vergangenheit nichts wegzunehmen. Wenn wir noch einmal so kapitalarm anfangen müßten, würden wir ungefähr dasselbe tun, was wir bisher getan haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Aber das Leben hört nicht auf zu fließen. Die Politik hört nicht auf in ihren Versuchen, eine Lösung herbeizuführen, die Gerechtigkeit mit Freiheit verbindet. Durch die richtigen Ansätze haben wir Vollbeschäftigung, hohe Produktivität und ein hohes soziales Standing erreicht. Was wir nicht erreicht haben, ist die Vermögensverteilung, die wir haben wollten und wollen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Nachdem die soeben genannten drei Ziele — wenn Sie mir diese Vereinfachung erlauben — erreicht sind, ist es unsere Pflicht, die Maßnahmen, die hinsichtlich Produktivität, Vollbeschäftigung und soziales Standing Erfolg gehabt haben, nunmehr mit der gleichen Entschlossenheit auch im Hinblick auf die Vermögensverteilung in Angriff zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Ruf: Aber im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung!)

    Dieses Gesetz ist nicht Leitbild für den Großbetrieb, es ist im Hinblick auf die Leistungsbezogenheit eines geringen Lohnanteils Leitbild für jeden Betrieb. Ich halte es nicht für glücklich, ich halte es sogar für verhängnisvoll, wenn man hier die These ausspricht: Großbetriebe sind leistungsfähig, und Mittelstandsbetriebe sind nicht leistungsfähig.

    (Abg. Ruf: Stimmt ja gar nicht!)

    Ich kenne sehr viele Mittelstandsbetriebe, die sich in ihrer Leistungsfähigkeit im modernen Wirtschaftsprozeß nicht nur behauptet haben, sondern sich, vor allem auf dem Gebiet der Zulieferindustrie, sogar mit hervorragendem Erfolg, entwickelt haben.

    (Abg. Ruf: Sehr richtig!)

    Es wäre ein tragischer Irrtum, zu glauben, der Mittelstand habe ein Interesse daran, sozusagen als Bremsbock für sozialpolitische Entwicklungen benutzt zu werden.

    (Abg. Katzer: Sehr richtig!)

    Ich bin ganz anderer Meinung. Ich meine, wir müssen dem Mittelstand helfen, aus den Wettbewerbsverzerrungen herauszukommen und Zugang zum Kapitalmarkt zu erlangen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Insbesondere müssen wir auf steuerlichem Gebiet tun, was zu tun möglich ist, und da ist es auch diesem Bundestag durchaus noch möglich, einiges zu tun. Wir dürfen den Mittelstand aber nicht unter eine sozialpolitische Käseglocke setzen, sondern müssen ihn gegenüber den Großen wettbewerbsfähig machen und müssen, wo hier ein Mangel besteht, diesen Mangel beseitigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf höflich darauf aufmerksam machen, daß dem Mittelstand infolge der Gewerbesteuerreform des Jahres 1956 ungefähr 460 Millionen DM an Gewerbesteuerersparnis zugute gekommen sind. Nach den uns vorliegenden Steueränderungsvorlagen werden es mindestens noch einmal 530 Millionen DM werden, denn ich bin nicht sicher, ob die vor-



    Dr. Burgbacher
    gesehenen Müglichkeiten bisher voll ausgeschöpft sind.
    Noch schärfere Kritik habe ich an der Vorlage zu üben, die uns für die Umsatzsteuer gemacht worden ist. Es soll anerkannt werden, daß das etwa 120 oder 150 Millionen DM zugunsten des Mittelstandes sind. Aber das ist nicht die Lösung des Problems, das für den Mittelstand im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer zu lösen ist.
    Ich habe mich noch bei der FDP dafür zu bedanken, daß der Pressebericht über die Ausführungen von heute bereits am Mittwoch nachmittag verteilt wurde, so daß ich ihn in Ruhe lesen konnte.

    (Heiterkeit. — Zuruf des Abg. Dr. Starke.)

    — Ich bin ja froh darüber! — In diesem Pressebericht steht, daß die FDP in diesem Gesetz die Gefahr einer erweiterten Mitbestimmung sieht. Ich muß da völlig klar sagen: Wenn die Interessierung der Belegschaftsmitglieder an Modernisierung, Rationalisierung und Leistungssteigerung die Gewährung des Rechtes einer Mitbestimmung ist, die die FDP erregt, so muß ich Ihnen erklären, daß dies eine Mitbestimmung ist, die die CDU/CSU erfreut.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Im übrigen setzen wir mit diesem Gesetz bewußt den Weg fort — der größte Teil ist schon zurückgelegt —, auf dem wir aus dem Klassenkampfdenken in das Partnerschaftsdenken hinüberführen wollen.
    Der Kritik von links und der Kritik von rechts war eines gemeinsam: nach dem Bekenntnis zum Eigentum eine mehr oder weniger heftige Kritik an der Vorlage. Nun, wir Freunde der Eigentumspolitik sind immer voller Mißtrauen, wenn jemand sagt, er sei „im Grundsatz" völlig für das Personeneigentum.

    (Heiterkeit. — Abg. Ruf: Dann ist er meistens dagegen!)

    Wir haben uns allmählich angewöhnt, das als die höfliche Form einer Ablehnung anzusehen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Es erinnert uns heftig an die Rede, die nach Shakespeare Antonius auf der Treppe des Kapitols in Rom gehalten hat, als er Brutus stürzen wollte, in der er aber jeden Satz damit beendete, daß er sagte: Aber er ist doch ein ehrenwerter Mann.
    Also wir möchten herzlich bitten, daß von grundsätzlichen Bekenntnissen zum Eigentum von diesem Platze aus zwar nicht gerade abgesehen wird, daß diese grundsätzlichen Bekenntnisse aber nie ausgesprochen werden, ohne daß ganz konkrete Vorstellungen darüber dargelegt werden, wie man diesen schönen, heißgeliebten Grundsatz auf dieser Erde realisieren will.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bekenne mich zu dem Geleitzugbeispiel, Herr Dr. Starke, auch auf die Gefahr hin, daß Sie das mir oder meiner Partei im Wahlkampf gelegentlich um die Ohren schlagen. Dabei stelle ich fest, daß es eine Gipfelleistung — ich bitte um Entschuldigung, wenn ich so formuliere — intellektueller Akrobatik wäre, einmal die Grundsätze des vollkommenen Liberalismus zu vertreten und dann gleichzeitig das Geleitzugbeispiel für suspekt zu halten. Es ist doch völlig klar, daß man gesellschaftspolitische Entwicklungen nicht nach dem Schiff, das am schnellsten fährt — darin bin ich mit Ihnen einig —, noch viel weniger aber nach dem Schiff, das am langsamsten fährt, ausrichten kann. Wir hätten niemals die sozialpolitischen Fortschritte, die wir erreicht haben, wenn wir danach verfahren wären.
    Wir hätten sogar den früher vermeintlich zu schützenden Schwachen gar keinen Dienst damit erwiesen, weil nämlich dann alle schwach geblieben wären, und die Schwäche aller ist keineswegs die Stärkung der Schwächsten von damals.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ihre Kritik war eine seltsame Mischung von Ausführungen der Art, teilweise stünde zuviel im Gesetz, teilweise stünde zuwenig im Gesetz. „Wehret den Anfängen!": ein wundervoller Satz. Er gilt aber, glaube ich, nur dann, wenn man das Ziel dieser Anfänge für verwerflich hält. Da Sie sich aber zu dem Eigentumsprogramm bekannt haben, glaube ich, daß das Wort hier nicht gut am Platze ist.
    Zu diesem Thema noch etwas, auch an die Adresse der Freunde von der FDP: Sie haben davon gesprochen — ich habe Sie so verstanden —, die Kosten bestimmten den Preis. Darf ich Sie fragen, ob Sie damit von den Grundsätzen der Marktwirtschaft abzuweichen wünschen?

    (Abg. Dr. Starke: Das überlassen Sie unserer Beurteilung!)

    Nach den Grundsätzen der Marktwirtschaft bestimmen nicht primär die Kosten, sondern bestimmt der Markt die Preise.

    (Abg. Dr. Starke: Ein schweres Wort, das Sie sagen!)

    — Das ist ein absolut zutreffendes Wort. Laut Goethe sind alle einfachen Sachen wahr.

    (Heiterkeit.)

    Herr Kollege Junghans, natürlich haben wir zehn Jahre regiert und sind auch, soweit es unsere christliche Demut erlaubt, stolz darauf.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich habe schon gesagt, was wir in diesen Jahren erreicht haben. Ich gehe sogar so weit und bestreite Ihnen nicht, daß man vielleicht die Arbeit an den Gesetzen über eine aktive Eigentumsförderung auch zwei Jahre früher hätte beginnen können. Das streite ich absolut nicht ab. Aber wir unvollkommenen Menschen! Die Tatsache, daß wir jetzt beginnen, sollte Ihnen doch nicht Anlaß zur Kritik geben; gerade wenn Sie meinen, wir hätten so lange gebraucht, sollten Sie sich freuen, daß wir endlich da sind.

    (Heiterkeit. — Abg. Kurlbaum: Wir freuen uns, daß aus einem Saulus ein Paulus geworden ist!)




    Dr. Burgbacher
    Ich kann nicht dafür einstehen, daß alle Mitglieder der großen CDU/CSU jedes Wort und jede Bestimmung dieses Gesetzes gutheißen.

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir schon in der Presse gelesen!)

    Ich nehme an, daß Sie nach den Debatten, die Ihre Partei erlebt hat, für dieses Bekenntnis volles Verständnis haben.

    (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Hoffentlich bringt es Ihnen die Mehrheit!)

    Die Schrift des Arbeitsministers ist keine Schrift des Arbeitsministers selbst, sondern ist von zweien seiner qualifizierten Mitarbeiter herausgegeben worden. Er hat auch nicht das offizielle Vorwort geschrieben, sondern aus einer seiner Reden ist ein Abschnitt als Vorwort gedruckt worden. Damit will ich nur Tatsachen feststellen. Im übrigen erklären auch wir, daß wir diese Schrift für gut halten,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    auch wenn der eine oder andere falsche Zungenschlag darin enthalten ist. Es sind weniger falsche Zungenschläge darin, als meistens von diesem Platz her zu hören sind.

    (Heiterkeit.)

    Die beiden Verfasser sind auch nicht in der Wüste, sondern sind hier in der Bundesrepublik auf nahrhaftem Boden. Der eine Verfasser bleibt nach meiner Kenntnis auch im Ministerium und auf seinem Platz.

    (Zuruf von der SPD: Im Ministerium!)

    Der andere Verfasser könnte auch bleiben, wenn er nicht von einem bedeutsamen Verband des Kreditwesens ein beachtliches Angebot bekommen hätte, das nach den auch Ihnen heiligen Regeln der Freizügigkeit möglicherweise von ihm angenommen wird.

    (Heiterkeit.)

    Ich habe schon gesagt, daß wir nur betriebsindividuell vorgehen können und daß in der Natur der Sache dieses Betriebsindividuelle liegen muß. Es ist keiner großen IG, die meistens über mehrere Branchen geht, vor allem aber mehrere Betriebsgrößen umfaßt, möglich, einen Katalog der unzähligen betriebsindividuellen Möglichkeiten auszuarbeiten.
    Im übrigen, meine ich, sollten alle Mitglieder des Hohen Hauses und eigentlich auch die Kollegen von der SPD besonders glücklich darüber sein, wenn sich auf dem Gebiete des betrieblichen Zusammenlebens zwischen Unternehmer und Belegschaftsmitgliedern ein weiteres Teilgebiet einer echten, koordinierten und integrierten Zusammenarbeit, souverän von Menschen getragen, entwickeln kann und soll.
    Ich kann deshalb nicht erkennen, daß ein Wirrwarr auf dem Gebiete des Leistungslohns besteht. Der „Wirrwarr", den Sie anscheinend meinen, muß bestehen. Es ist gar nicht möglich, einen leistungsbezogenen Lohn für die Vielfalt der Branchen, Betriebsgrößen und regionalen Gegebenheiten auszuarbeiten. Das ist eine Utopie und wird im besten
    Fall ein intellektuelles Sandkastenspiel ohne Realitat.
    Es ist auch durchaus möglich, daß zwischen Belegschaft und Unternehmen eine Vereinbarung getroffen wird, daß einige vorhandene Sozialleistungen in diese Sache eingebaut werden. Das ist eine Frage, deren Entscheidung dem freien Spiel der Partner überlassen bleiben muß. Jeder von uns weiß, daß sich in den Betrieben im Laufe der Jahre einiges entwickelt hat, was jeweils Gruppen zugute kommt. Wenn man die nun bei der Gelegenheit mit Teilbeträgen einpackt, dann weiß ich nicht, warum man es hindern soll, überholte Methoden betrieblicher Sozialpolitik in moderne Methoden betrieblicher Sozialpolitik umzuwandeln.
    Zudem propagieren wir nicht die Belegschaftsaktie besonders. Wir sind sogar mit Ihnen einig, daß eine Akkumulierung des Vermögensrisikos und des Arbeitsplatzrisikos als unerwünscht anzusehen ist. Die Belegschaftsaktie ist ein Teil der vielfältigen Möglichkeiten. Aber was ich ablehne, ist, daß Belegschaftsaktie identisch sei mit Bindung an den Betrieb. Lieber Herr Junghans, glauben Sie, daß ein Arbeiter der BASF sich deshalb an die BASF gebunden fühlen würde, weil er eine Belegschaftsaktie der BASF hat? Fällt ihm im Traum nicht ein.

    (Abg. Dr. Deist: Das ist eine Frage der Größenordnung!)

    — Aber wir können uns einigen. Wir sind in dem Prinzip mit Ihnen einig, daß wir alles ablehnen auf dem Gebiete der Eigentumspolitik, was so wirken könnte, daß es die Freizügigkeit in eine Bindung an den Betrieb umwandelt.
    Ich komme nun zu den Schlußbemerkungen. Ich wiederhole, diese eigentumspolitische Evolution, die keine Revolution sein darf und sein soll, ist ein Teilstück einer einige Jahre dauernden und einer noch Jahre weiterdauernden — man kann keine Zahl nennen, ich will einmal zehn Jahre sagen — Politik. Wir haben die Absicht, in diesem Bundestag auch noch andere eigentumsfördernde Maßnahmen für den Mittelstand durch Entfernung von Wettbewerbsverzerrungen, durch Entlastungen bei öffentlichen Abgaben zu treffen. Übrigens ist die Heraufsetzung der Vermögensteuergrenze im Steueränderungsgesetz ein Teilstück dieser Politik. Die VW-Privatisierung, die vor uns steht und die auf ein erfreuliches Interesse der Öffentlichkeit in den Vormerkungen und Zeichnungen stößt, ist ein weiteres Teilstück. Wahrscheinlich kommt auch noch eine Aufstockung bei der Preußag durch die Einbeziehung der VTG als weiteres Teilstück. Alles das sind Teilstücke. Etwa anzunehmen, wir wollten die Eigentumsfrage mit der VW-Privatisierung oder diesem Gesetz lösen, ist eine schreckliche Simplifizierung, gegen die wir uns auch bei unseren eigenen Freunden wehren. Es sind Teilstücke auf einem langen und, wie ich zugebe, weder unproblematischen noch einfachen Wege.
    Wenn Sie die 312 DM auf Zinsen legen, so wie es das Gesetz vorsieht, und das 15 Jahre lang tun, ergeben sich bei 5 % 7000 DM. Wenn Sie es 20 Jahre tun, sind es 11 000 DM. Wenn Sie es 25 Jahre tun,



    Dr. Burgbacher
    was durchaus im Bereich des Möglichen liegt, vor allem bei jüngeren Arbeitnehmern, dann sind es 15 000 DM. Ich glaube nicht, daß man über diese Summen mit einer Handbewegung weggehen kann, sondern ich glaube, daß das ein recht beachtlicher Beitrag ist.
    Nun möchte ich noch zu Ihrer Freude, meine Herren von der SPD, den „Vorwärts" vom 20. Januar 1961 zitieren. Er hat festgestellt, daß von 26,1 Millionen Sparkassenkonten, auf denen über 23 Milliarden gespart sind, 44 % auf Arbeitnehmer und 21 % auf Bezieher von Sozialeinkommen, also Renten, entfallen. Das besagt, daß die sogenannten wirtschaftlich Abhängigen 65 % oder 15,2 Milliarden aller Einlagen bei diesem Teilbetrag des Sparvorgangs in der Eigentumsbildung auf sich vereinigen.
    Nun wird gefragt: Haben wir eigentlich schon etwas erreicht? Ich will keineswegs behaupten, daß das ein sensationeller Erfolg ist. Ich will aber sagen, es ist ein beachtlicher, fundierter Erfolg. Wenn wir die Jahre von 1950 bis 1960 gegenüberstellen, ergibt sich, daß sich der Anteil an der jährlichen Vermögenszuwachsquote bei den öffentlichen Haushalten von 43 auf 32 % reduziert hat, bei den Unternehmen von 40 auf 33 %, bei den privaten Haushalten ist der Anteil von 17 auf 35 % gestiegen. Das ist ein ganz klar erkennbarer Trend, nämlich der Trend, der das Ziel unserer Eigentumspolitik ist.
    Dabei weise ich noch darauf hin, daß bei dem statistisch schillernden Begriff „Unternehmenseigentum" natürlich auch noch Personen beteiligt sind. Aber wir haben immer noch keine zuverlässigen zahlenmäßigen Unterlagen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß in der Wirtschaft auch noch eine Million Menschen — mit sehr verschiedenen Vermögensanteilen natürlich — beteiligt sind. Die Sparrate beträgt jetzt im Jahr ungefähr 20 Milliarden DM bei einem Investitionsbedarf von 50 bis 60 Milliarden. Damit will ich auch sagen, daß die Eigentumspolitik nicht unbeschränkt möglich ist. Sie hat ihre Grenze, die dann gegeben ist, wenn dieses private personenbezogene Eigentum in den Sparprozessen den Investitionsbedarf überdeckt. Nun, davon sind wir noch sehr weit entfernt, so daß wir diese Grenze nur aus Gründen der wissenschaftlichen Korrektheit nennen wollen.
    Unser Ziel sollte sein, daß das öffentliche Vermögen relativ möglichst nicht mehr wächst. Wir sind der Auffassung, daß es mit rund 40% am volkswirtschaftlichen Gesamtvermögen eine Obergrenze erreicht hat. Ob es möglich ist, dieses Wort wortwörtlich einzulösen, ist eine Frage der wirtschaftlichen Dynamik. Das kann nicht nur von hier aus beurteilt werden. Aber wir haben den Willen, den Anteil des öffentlichen Vermögens nicht mehr größer werden zu lassen, und wir haben den Willen, den Anteil des Unternehmensvermögens relativ —relativ! — kleiner zu machen, und zwar durch die schon eingangs erwähnte Politik der Bildung des neuen Vermögenszuwachses in Personenhand.
    Wir sind mit allen, die es gesagt haben, einig, daß die Währungsstabilität oberstes Ziel der Wirtschaftspolitik sein muß. Ich möchte aber bemerken, daß Veränderungen des Preisfächers zu Lasten der
    Preise lohnschwerer Produkte und zugunsten von Preisen oder Qualität der lohnleichten Produkte natürlich sind und nicht mit einer Währungsinstabilität zu verwechseln sind. Ich sage das so betont, weil ich befürchte, daß nicht immer die notwendige Erkenntnis in diesen natürlichen Veränderungen des Preisfächers gegeben ist und daß bei vielen lohnschweren Produkten, die wir alle gebrauchen, dann optisch die Veränderung, d. h. Erhöhung des Nennpreises, zu einer Art Kritik an der Währungsstabilität führt. Das ist dann nicht gerecht, wenn sich der Vorgang in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausgleicht.
    Wenn wir über die Eigentumspolitik weiter debattieren, dann sollten wir zweierlei stärker als bisher beachten. Das, was an Beiträgen zur Altersversorgung gezahlt wird, schlägt sich im Vermögen als Rechtsanspruch auf diese Altersversorgung nieder und kann sich nicht noch einmal in Eigentum anderer Art niederschlagen. Zum anderen sollte in der politischen Wertung ein Unterschied gemacht werden zwischen dem betriebsgebundenen Eigentum, das Arbeitskapital nicht nur der Unternehmer, sondern aller im Unternehmen Tätigen ist, und dem jederzeit frei veräußerlichen Eigentum wie Sparbüchern, Aktien und anderen beweglichen Werten.
    Ich möchte damit schließen: Der Bundestag kann durch Gesetze die Eigentumspolitik fördern und anregen. Diese Gesetze fallen auf fruchtbaren Boden, wenn der Bürger unseres Landes in seinem Geiste eigentumswillig wird. Dieser Geist, angeregt durch unsere Gesetze, entscheidet das Schicksal unserer Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)