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    Deutscher Bundestag 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Inhalt Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Drucksache 2390) — Erste Beratung — Blank, Bundesminister . . . . . 7999 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 8000 D Katzer (CDU/CSU) . . . . . . 8002 D Junghans (SPD) . . . . . . . . 8007 A Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 8011 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 8019 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 8025 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 8031 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 8033 C Berichtigung zur 138. Sitzung . . . . 8033 B Anlagen 8035 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 7999 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 138. Sitzung Seite 7881 D Zeile 20 und 21 statt „— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; angenommen.": Ich rufe auf Art. 2, — 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bading 27. 1. Bauknecht 27. 1. Bazille 31. 1. Dr. Bechert 27. 1. Behrisch 28. 1. Dr. Besold 27. 1. Birkelbach' 28. 1. Dr. Birrenbach 27. 1. Fürst von Bismarck 27. 1. Blachstein 27. 1. von Bodelschwingh 27. 1. Brese 16. 2. Dr. Bucerius 27. 1. Caspers 31. 1. Dr. Dahlgrün 27. 1. Demmelmeier 27. 1. Dr. Dittrich 27. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Drachsler 27. 1. Dr. Eckhardt 28. 1. Eilers (Oldenburg) 27. 1. Eisenmann 11. 2. Engelbrecht-Greve 27. 1. Etzenbach 27. 1. Even (Köln) 27. 1. Folger 27. 1. Frehsee 27. 1. Dr. Frey 27. 1. Fuchs 27. 1. Funk 27. 1. Dr. Furler* 28. 1. Gehring 27. 1. Geiger (München) 28. 2. Glüsing 27. 1. Dr. Gradl 27. 1. Dr. Greve 27. 1. Haage 2. 2. Heye 28. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Holla 27. 1. Frau Dr. Hubert 27. 1. Illerhaus 27. 1. für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 27. 1. Jungherz 27. 1. Jürgensen 2. 2. Kalbitzer' 28. 1. Frau Klemmert 27. 1. Knobloch 27. 1. Dr. Kohut 27. 1. Dr. Kopf* 28. 1. Frau Krappe 27. 1. Kriedemann 27. 1. Dr. Krone 28. 1. Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 27. 1. von Lindeiner-Wildau 27. 1. Mattick 27. 1. Mauk 27. 1. Frau Dr. Maxsein 27. 1. Menke 31. 1. Mensing 27. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger* 28. 1. Müller (Worms) 27. 1. Murr 27. 1. Neubauer 10. 3. Neuburger 27. 1. Neumann 27. 1. 011enhauer 27. 1. Pietscher 27. 1. Pöhler 27. 1. Frau Dr. Probst 27. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 27. 1. Dr. Reinhard 27. 1. Riedel (Frankfurt) 27. 1. Rimmelspacher 27. 1. Ruland 27. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scharnberg 27. 1. Scheel 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 18. 2. Schneider (Hamburg) 4. 2. Schoettle 4. 2. Schüttler 27. 1. Dr. Seffrin 27. 1. Seuffert 27. 1. Dr. Seume 27. 1. Dr. Siemer 27. 1. Stahl 27. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Stauch 27. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Steinmetz 27. 1. Stenger 28. 2. Struve 27. 1. Walter 27. 1. Wegener 27. 1. Welslau 27. 1. Wendelborn 26. 2. Werner 25. 2. Dr. Will 27. 1. Dr. Winter 27. 1. Wittmann 27. 1. Wittmer-Eigenbrodt 27. 1. Frau Wolff 27. 1. Wullenhaupt 27. 1. Dr. Zimmer 27. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Weber (Koblenz) 18. 2. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Stücklen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Paul (Fragestunde der 140. Sitzung vom 25. Januar 1961, Drucksache 2432): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß in der Stadt Eßlingen am Neckar im Stadtteil Lerchenacker zahlreiche Geschäftsleute und im öffentlichen Leben stehende Personen seit mehr als einem Jahr auf einen Telefonanschluß warten? Bei dem Stadtteil Lerchenacker handelt es sich um eine Stadtrandsiedlung, mit deren Aufbau Mitte 1959 begonnen worden ist. Die Siedlung umfaßt zur Zeit etwa 300 Wohneinheiten. Von den für diese Siedlung vorliegenden Anträgen auf Neueinrichtung oder Verlegung eines Hauptanschlusses können im Frühjahr dieses Jahres über 40 v. H. berücksichtigt werden. Der weitere Ausbau wird im Rahmen des Möglichen beschleunigt weitergeführt, Er wird jedoch dadurch behindert, daß die Straßen und Wege in der Siedlung nur teilweise fertiggestellt sind.
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    Rede von Dr. Heinz Starke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben am Mittwoch dieses so wichtige und für die Zukunft bedeu-



    Dr. Starke
    tungsvolle Gesetz leider nicht behandeln können. Es ist vielleicht doch einmal zu überlegen, ob es sehr gut ist, wenn wir Gesetze von einer solchen Bedeutung — insbesondere von Bedeutung, wenn man einmal mit der Tagesordnung vom Mittwoch vergleicht - auf den Freitag verschieben, den Freitag, von dem wir nun einmal alle wissen — ob wir es begrüßen oder nicht begrüßen —, daß er uns ein leeres Haus bietet. Das ist nicht eine Frage, die etwa jemand von uns, der hier oben spricht, seiner Person wegen aufwirft; es geht doch immer darum, daß auch die Öffentlichkeit sehen muß, welche Bedeutung wir den Gesetzen beimessen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich darf gleich bemerken: ich habe nicht gesagt, daß ich mich mit meinen Worten an die Fraktionen außerhalb der FDP wende. Ich wende mich im Augenblick überhaupt an niemanden, dem ich einen Vorwurf machen will. Ich wollte es nur einmal feststellen. Ich glaube nicht, daß die Tagesordnung vom Mittwoch so dringlich war, daß man sie nicht so hätte gestalten können, daß man dieses Gesetz vor einem volleren Hause am Mittwoch hätte behandeln können.

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Bausch: Wo ist denn Ihre Partei?)

    — Wenn Sie gleich im Hause gewesen wären, als ich zusprechen begonnen habe, und nicht erst jetzt gekommen wären, Herr Bausch, dann hätten Sie gehört, daß ich mich gerade entschuldigt habe. Ich habe niemandem einen Vorwurf machen wollen, sondern habe eine allgemeine sachliche Feststellung getroffen, die für alle drei Parteien gilt, auch für Sie, ohne daß ich Sie angreifen wollte.

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Zurufe.)

    — Ich kann hier leider keine Auseinandersetzung über diese Frage mit Ihnen führen, Herr Bausch; das machen wir wieder in Stuttgart das nächste Mal.
    Ich wollte mit meiner Bemerkung die besondere Bedeutung betonen, die wir dem vorliegenden Gesetz beimessen. Wir wissen, daß auch die beiden anderen Fraktionen des Hohen Hauses das tun. Deshalb habe ich mir erlaubt, diese paar Sätze vorauszuschicken.
    Nun sind wir heute insofern in einer etwas eigenartigen Situation, als die Begründung für den Entwurf der Bundesregierung eigentlich nicht der Herr Bundesarbeitsminister — der sich einer sehr bemerkenswerten Kürze befleißigt hat —, sondern unser Kollege Herr Katzer gegeben hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Damit verschiebt sich natürlich in der Debatte dieses Hauses ein wenig das Spiel, das sich nach ungeschriebenen Gesetzen mindestens in anderen Ländern seit einem Jahrhundert und länger abspielt, nämlich daß Rede und Gegenrede von Opposition und Regierungspartei einander folgen. An diese Regel hatten wir auch heute gedacht, und aus diesem Grunde bedauere ich es etwas, daß wir die eigentliche Rede der Regierungspartei, der CDU, erst noch hören werden und daß wir von dem
    Kollegen Katzer weitgehend das gehört haben, was eigentlich Aufgabe der Regierung gewesen wäre, nämlich die Begründung des Entwurfs.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    - Auf das, was Herr Professor Erhard gesagt hat, Herr Burgbacher, möchte ich später eingehen; denn ich möchte durch das Hin und Her meine eigenen Ausführungen nicht auseinanderreißen. Ich will aber schon jetzt sagen: was Herr Professor Erhard vorgebracht hat, war eigentlich mehr eine Begründung gegen das Gesetz.

    (Heiterkeit rechts und links.)

    Darauf komme ich jedoch noch einmal zu sprechen. Das ist die Besonderheit der Haltung und der Lage der Regierung und der Regierungspartei bei diesem Gesetz. Aber das wissen wir alle.

    (Abg. Katzer: Das ist die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik!)

    — Sehr gut, das ist ein ausgezeichnetes Wort; auch das werde ich heute noch wiederholt in den Mund nehmen.
    In einer Rede zu diesem Gesetz muß man doch wohl, auch wenn es Freitag ist, ein wenig ausholen. Man muß doch das Gesetz in einen allgemeinen Rahmen gesellschaftspolitischer Natur stellen, in einen Rahmen, der diesem Gesetz zukommt.
    Die Eigentumspolitik oder Vermögenspolitik, wie wir sie immer bezeichnen wollen, ist eines der wichtigsten Probleme der Gesellschaftspolitik, und ich glaube, daß sich die Grundlinien einer klaren Gesellschaftspolitik für jede Partei nirgends so sehr offenbaren wie bei der Eigentumspolitik. Die Freie Demokratische Partei — so kann ich heute für meine politischen Freunde sagen — ist für eine breite Streuung des Eigentums in der ganzen Bevölkerung. Wir müssen das schon deshalb sein, weil die Auffassung vom Menschen, die Auffassung vom Staatsbürger, die die liberale Partei traditionsgemäß immer gehabt hat, geradezu voraussetzt, daß wir eine breite Eigentumsstreuung haben. Daß sich natürlich bezüglich der Breite der Streuung die Vorstellungen des 19. Jahrhunderts von denen des 20. Jahrhunderts unterscheiden müssen, ergibt sich schon daraus, daß durch die Entwicklung der Technik ganz andere Voraussetzungen für eine solche Eigentumsbildung in breiten Schichten entstanden sind. Die Freie Demokratische Partei ist deshalb geschlossen bereit, alle materielle und gesetzgeberische Hilfe zu leisten, um dieses Ziel einer breiten Eigentumsstreuung in breiten Bevölkerungsschichten zu erreichen, allerdings mit einer Einschränkung. Die für diesen Zweck angewendeten und aufgewendeten Mittel müssen sich im Rahmen der Weltanschauung und im Rahmen der gesellschaftspolitischen Vorstellungen der Freien Demokratischen Partei halten.

    (Sehr wahr! bei der FDP.)

    Denn die Eigentumsbildung ist, wie ich Ihnen sagte, ein fundamentales Ziel auch der Freien Demokratischen Partei. Es ist aber nicht das einzige Ziel, sondern es gibt im Rahmen unserer Gesellschaftspolitik auch andere außerordentlich wichtige Ziele.



    Dr. Starke
    Bei diesen Fragen kommt es entscheidend darauf an, daß sich die gesellschaftspolitischen Linien in einer Partei in dieser Frage nicht überkreuzen oder überschneiden. Wir sprechen hier ganz offen aus: wir haben den Eindruck, daß Sie in der Regierungspartei und in der Regierung gerade das getan haben und tun.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dieser Frage einer Eigentumspolitik, einer Gesellschaftspolitik — einer Eigentumspolitik im Rahmen einer einheitlichen Gesellschaftspolitik — kommt es sehr darauf an, zu wissen, was die Rechte tut und was die Linke tut. Wir haben den Eindruck — das darf ich in diesem konkreten Falle einmal anfügen —, daß in der Regierungspartei dieses Abstimmen dessen, was die Rechte tut und was die Linke tut, nicht so ganz gelungen ist.

    (Abg. Ruf: Wir leben nach der Bibel, daß die Rechte nicht wissen soll, was die Linke tut!)

    Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, für eine gesunde Eigentumspolitik gibt es eine Reihe von Voraussetzungen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen in der Gesellschaftspolitik ist neben der Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Währung, worauf ich später noch einmal eingehe, die Unantastbarkeit des bestehenden Eigentums und des Erbrechts.

    (Zustimmung bei der FDP.)


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Überlegen wir uns einmal, welche schweren und schwersten Verstöße gegen die fundamentalen Voraussetzungen einer echten Eigentumsbildung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter den verschiedensten Staatsformen in Deutschland erfolgt sind! Dann müssen wir uns fragen — und diese Frage wollen wir heute sehr laut und deutlich stellen —: Wie steht es um die psychologischen Voraussetzungen für eine Eigentumsbildung in breiten Schichten unserer Bevölkerung?
    Das breitest gestreute Eigentum, das wir je gehabt haben, ist der Haus- und Grundbesitz. Eine solche Eigentumsbildung in breiten Schichten wollen wir heute ja erst wieder anstreben. Man hätte dem sozialen Gesichtspunkt durchaus auf anderen Wegen Rechnung tragen können als durch die Gestaltung unserer Mietenpolitik, mit der wir praktisch eine kalte Sozialisierung ,des Haus- und Grundbesitzes durchgeführt haben.

    (Abg. Ruf: Den Lücke-Plan haben wir doch durchgeführt!)

    — Wir haben uns zu dieser Frage wiederholt geäußert.
    Aber nehmen wir ein Beispiel, das ganz aktuell ist: die Baulandsteuer. Sie soll durchaus einem auch von uns anerkannten Ziel dienen, aber sie wird in einem großen Ausmaß kleines und kleinstes Eigentum in den kommenden Jahren wieder zerstören. Auch das paßt nicht in eine Eigentumspolitik; denn wir werden dadurch das kleine und kleinste Eigentum, cris sich in den Städten und Gemeinden um die Marktflecken herum bis heute noch gehalten hat, zur Auflösung bringen. Vergessen wir das nicht!
    Alles das hat auf die psychologischen Voraussetzungen für eine Eigentumsbildung in breitesten Schichten sehr großen Einfluß. In dieser Beziehung wenden wir uns ein für allemal gegen die von der Sozialdemokratischen Partei und auch von den Gewerkschaften wiederholt veröffentlichten, wenn auch heute hier noch nicht vorgetragenen Pläne zur Umverteilung von Eigentum. Wir glauben nicht, daß eine solche Maßnahme zu einer gesunden Eigentumsbildung in breiten Schichten führen wird. Ich betone noch einmal: wir lehnen diese Pläne aus unserer Grundhaltung heraus ein für allemal ab.
    Wir wissen aber auch, daß im Jahre 1960 von der Regierungspartei Pläne entwickelt und veröffentlicht worden sind, die sich von dem Gedanken der Umverteilung nur sehr wenig, höchstens graduell, aber nicht im Prinzip, unterscheiden, und das birgt nach unserer Meinung eine außerordentliche Gefahr in sich, die mit der ganzen Eigentumsfrage nun für immer unvermeidlich verbunden ist.
    Lassen Sie mich nach diesen einleitenden Worten zu dem Entwurf selbst kommen. Wir wissen alle, welchen Leidensweg er hinter sich hat. Wir haben von den Kämpfen hinter den Kulissen und von dem Ringen, das sich in der Regierungspartei abgespielt hat, gehört.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir brauchen nur an die Erklärungen auf dem Karlsruher Parteitag zurückzudenken.

    (Abg. Ruf: Seien Sie froh, daß Sie diese Kämpfe nur vom Hörensagen kennen und daß Sie nicht mitkämpfen mußten!)

    Danach folgte ein langes Schweigen. Wir brauchen nur zu denken an den Entwurf über die Umverteilung von Betriebsvermögen, die man damals auf seine Fahnen schrieb. Wir waren gespannt, diesen Entwurf einmal kennenzulernen.
    Immerhin haben wir einiges getan. Wir haben aus unserer großen Sorge heraus im Mai eine Kleine Anfrage an die Regierung gerichtet, in der wir eine Reihe von Fragen gestellt haben, die mit dein jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, der sich damals noch in der Vorbereitung befand, zusammenhängen. Ich komme darauf im einzelnen noch zurück. Unsere Fragen sind damals nicht beantwortet worden. Wir haben zwar von Entwürfen gehört, die in interministeriellen Besprechungen wieder geändert worden sind, aber was am Schluß herauskam, war die Mitteilung, daß die Regierung nicht beabsichtige, sich zu äußern, weil sie den Gesetzentwurf ohnehin vorlegen werde. Wir müssen Ihnen zu Beginn sagen, daß diese Fragen, die wir an die Regierung gestellt haben, in diesem Gesetzentwurf nicht beantwortet worden sind. Sie bleiben völlig offen. Der Gesetzentwurf hat trotz aller Änderungen in sich keine klare Linie.



    Dr. Starke
    Wir wissen nicht, ob der Gedanke — der auch in Ihren Reihen vertreten und erörtert worden ist, meine Damen und Herren von der CDU —, daß Betriebsrücklagen nicht dem Betrieb gehörten, sondern Sozialkapital seien, das man umverteilen müsse, ad acta gelegt worden ist. Wir wissen nicht, ob dieses Gesetz nur der Anfang eines schlechten Weges ist, ob nicht nachher alle diese Gedanken zurückkehren werden.
    Wir wissen auch nicht, ob nicht der so gefährliche Gedanke des Rechts auf Miteigentum gerade aus Ihren Reihen wieder hochkommen wird. Das geht zwar noch nicht klar aus diesem Gesetzentwurf hervor; aber wir wissen nicht, was für Anträge wir noch erleben werden. Insbesondere wissen wir nicht, was vor einer neuen Wahl dann noch in dieses Gesetz hineinkommen wird.
    Ich darf nur daran erinnern, daß in einer Broschüre von Mitarbeitern aus dem Arbeitsministerium — inwieweit sich der Herr Bundesarbeitsminister damit identifiziert, weiß ich nicht — steht, daß es sich bei diesem Gesetz um einen ersten Schritt auf dem Wege zur rechtlichen Anerkennung des Beteiligungsgedankens handele. In welcher Rechtsform wird dieser Beteiligungsgedanke eines Tages festgelegt werden? Haben wir uns und haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungspartei, sich schon einmal überlegt, wie Sie diesen Gedanken der Beteiligung rechtlich und tatsächlich in den Hunderttausenden von Mittel- und Kleinbetrieben durchführen wollen? Nein, das haben Sie nicht! Dieser Gedanke läßt sich dort nicht durchführen. Hier vermissen wir also die klare Linie.
    Wir müssen fragen: Wohin gehen wir mit diesem Gesetzentwurf? Welche Praxis wird sich hier herausbilden, und was wird nach fünf Jahren werden?
    Der Herr Kollege Katzer hat vorhin die Hoffnung ausgesprochen, daß das Gesetz schnell verabschiedet werde, und er hat um eine entsprechende Mitarbeit der anderen Fraktionen in den Ausschüssen gebeten. Die Freie Demokratische Partei wird an diesem Gesetz mitarbeiten. In der heutigen ersten Lesung haben wir zunächst einmal die Aufgabe, die grundsätzlichen Bedenken, die wir gegen diesen Entwurf haben, wenigstens im Umriß darzustellen. Daraus mögen Sie ersehen, in welcher Richtung wir versuchen werden, in den Ausschüssen mitzuarbeiten. Ob es dabei angesichts der Schwierigkeiten der Probleme — wenn man nicht aus rein wahltaktischen Gründen ein Gesetz schaffen will, das größte Gefahren heraufbeschwört — sehr schnell gehen wird, mag dahingestellt bleiben. Die Materie ist immerhin ernst und schwierig genug.
    Das erste Bedenken, das wir gegen diesen Gesetzentwurf vorzubringen haben, richtet sich dagegen, daß keine Eigenleistung verlangt wird. In dem ganzen Entwurf ist kein Wort darüber enthalten, daß eine irgendwie geartete Eigenleistung dessen gefordert wird, der durch das Gesetz begünstigt wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen genau, daß man sich hierüber verschiedentlich sehr ernste Gedanken gemacht hat und daß es entsprechende andere Vorschläge gegeben hat. Ich habe hier ein Blatt vor mir, in dem solche Gedanken niedergelegt worden sind. Auch hier wird festgestellt, daß durch dieses Gesetz mit Steuermitteln eine Eigentumsbegünstigung erfolgen soll, die gar nicht jeder bekommen kann, die außerdem keinerlei Eigenleistung dessen voraussetzt, der begünstigt wird. Solche Einwendungen kann man doch nicht in der Weise beiseite schieben, wie ich es hier gefunden habe, indem man sie nämlich nicht nur als Bluff, sondern als Unverschämtheit bezeichnet. Das steht in einem Heft „Soziale Ordnung, Christlich-Demokratische Blätter der Arbeit". Wir glauben nicht, daß es gut ist, so ernste und gewichtige Einwendungen mit solchen Ausdrücken abzuwehren. Wir werden in der Ausschußarbeit gerade auf diesen Gesichtspunkt hinweisen. Wir glauben, daß man gerade hier mit der Kritik ansetzen und daß man hier zu Änderungen kommen muß.
    Der Bundesrat hat sehr klar dazu gesprochen. Er hat nämlich gesagt, worum es sich handelt: um einen Prämienlohn. Das ist doch die Hauptgefahr, die hier besteht. Wir haben drei Wege, auf denen wir nun nach diesem Gesetz in Zukunft vorgehen müssen. Wir haben nicht mehr nur das Problem der Löhne mit all den Schwierigkeiten, die dabei in Konjunkturzeiten auftreten, wie wir es aus dem zurückliegenden Jahr wissen. Wir haben des weiteren das Problem der Arbeitszeit. Die Verkürzung der Arbeitszeit kann unter Umständen über die Kosten, die sie verursacht, zu denselben Schwierigkeiten führen wie übermäßige Lohnerhöhungen. Dazu kommt als drittes Problem das der Ergebnisbeteiligung aus diesem Gesetz, wenn auch dieses Gesetz zunächst einmal bei der unklaren Linie, wie ich sagte, offenläßt, wie sich das eigentlich vollziehen soll. Wir haben heute doch nicht nur von dem Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion den Hinweis auf die Tarifvertragshoheit, auf die Hoheitsbefugnisse der Sozialpartner gehört, wir haben auch bereits im Bundesrat den Antrag gehabt, daß für Beratungen über die Ergebnisbeteiligung Tarifvertragsverhandlungen eröffnet werden sollten. Diesen Weg beginnen wir doch jetzt zu beschreiten. Wir von der Freien Demokratischen Partei fühlen uns verpflichtet, ganz besonders auf diese Gefahrenpunkte hinzuweisen.
    Weiter möchten wir erwähnen, daß das betriebliche Leitbild für diesen Entwurf wie so oft in den Gesetzen der letzten zehn Jahre der Großbetrieb ist. Wir müssen das von zwei Seiten sehen, von der Leistungsfähigkeit des Betriebes her, aber auch von der Fülle der Vorschriften her. Die Vorschriften des Entwurfs für die Ausgestaltung dessen, was beabsichtigt ist, passen doch gar nicht auf die Hunderttausende von Mittel- und Kleinbetrieben. Welche Folgerungen ergeben sich aus dieser Feststellung, daß der Entwurf den Großbetrieb zum Leitbild hat? Daraus ergibt sich zunächst einmal die Folgerung — ich habe das vorhin schon angeschnitten —, daß dieser Entwurf nicht für alle Staatsbürger Chancen eröffnet. Das müssen wir ganz besonders hervorheben.
    Die große Zahl derer, die im öffentlichen Dienst tätig sind, wird auf Grund der Konstruktion dieses Gesetzes an ihm keinen Anteil haben. Nun kann
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung, Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 8015
    Dr. Starke
    man natürlich sagen, .daß für die Diener der öffentlichen Hand in anderer Weise gesorgt werde. Aber es werden doch Mittel und Möglichkeiten der öffentlichen Hand für einen Zweck eingesetzt, der diesem großen Bereich der festbesoldeten Arbeitnehmer nicht zugute kommen kann. Nun hat man z. B. gesagt, die Diener der öffentlichen Hand, abgesehen von den Beamten, seien in der sogenannten Zusatzversorgung. Deshalb sagen wir, daß der Entwurf keine klare Linie hat. Ist das eigentlich ein Entwurf zur Altersversorgung und zur Alterssicherung? Oder ist es ein Entwurf zur Vermögensbildung, wie Sie es nennen?
    Dann kommt die wohl der Größe der Zahl nach unterschätzte Gruppe der Mitarbeiter in den Mittel- und Kleinbetrieben in Handel, Handwerk und Gewerbe und in der Industrie. Diese Betriebe sind — wie es in der Natur der Sache liegt, wie wir wissen —, auch noch besonders arbeits- und lohnintensiv und hätten deshalb mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen, um den Anforderungen dieses Entwurfs nachkommen zu können. Es geht aber zunächst einmal um all die Menschen, die dort tätig sind. Was werden sie denn von diesem Entwurf haben? Werden sie wirklich an seinen Auswirkungen teilnehmen können? Werden sie an dem Einsatz öffentlicher Mittel wirklich einen Anteil haben?
    Lassen Sie mich darüber hinaus noch eine dritte Gruppe nennen, die Selbständigen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, täuschen wir uns nicht darüber, daß es heute eine ganz große Zahl von selbständig Tätigen gibt, die für sich selbst sorgen, deren Einkommen aber erheblich kleiner ist als das vieler derjenigen, die hier mit öffentlichen Mitteln begünstigt werden sollen! Wissen wir denn nicht, daß diejenigen, die wir als Selbständige bezeichnen, nicht immer ein großes Einkommen haben! All das sind doch Gesichtspunkte, über die man hinweggegangen ist.
    Wir haben damals in der Kleinen Anfrage an die Regierung gefragt:
    Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine steuerliche Förderung der Eigentumsbildung nur dann zweckmäßig und richtig ist, wenn sie von allen Staatsbürgern in gleicher Weise in Anspruch genommen werden kann?
    Wir haben unter Punkt 3 gefragt:
    Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Förderung der Eigentumsbildung durch den Staat nicht dazu führen darf, daß nur eine bestimmte Gruppe von Staatsbürgern und auch diese nur dann in den Genuß dieser Förderung kommen kann, wenn sie bei bestimmten Unternehmen beschäftigt ist?
    Diese Frage stellen wir natürlich auch heute noch genauso.
    Nun möchte ich auf etwas eingehen, das sich in den bisherigen Ausführungen ergeben hat. In den bisherigen Ausführungen ist gesagt worden, und zwar von Herrn Kollege Katzer, man solle doch nicht von einem Gleichheitsgrundsatz ausgehen, es könne nicht heißen: „Jedem das Gleiche", sondern es müsse heißen: „Jedem das Seine". Nun überlegen Sie bitte einmal mit mir folgendes. Wir beanstanden, daß in diesem Entwurf öffentliche Mittel für eine Begünstigung nur eines Teiles der Bevölkerung, auch nur eines Teiles der Arbeitnehmer, eingesetzt werden. Dann sagen Sie, Herr Kollege Katzer: Man kann aus öffentlichen Mitteln nicht jedem das Gleiche, sondern nur jedem das Seine geben. Es ist ja so, daß gar keine Eigenleistung gefordert wird, auf Grund deren man etwa sagen könnte: „Jedem das Seine". Woran wollen Sie denn eigentlich „das Seine" abmessen?

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
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    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Darf ich Sie fragen: sind Sie bereit, zuzugeben, daß Ihre Argumentation jetzt überzeugender wäre, wenn Sie sich seinerzeit, als wir die Wirtschaft mit Hilfe staatlicher Mittel und Subventionen aufgebaut haben, ebenfalls in gleichem Sinne zum Wort gemeldet hätten?

    (Abg. Ruf: Die 7er-Paragraphen!)