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ID0314100800

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    Deutscher Bundestag 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Inhalt Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Drucksache 2390) — Erste Beratung — Blank, Bundesminister . . . . . 7999 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 8000 D Katzer (CDU/CSU) . . . . . . 8002 D Junghans (SPD) . . . . . . . . 8007 A Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 8011 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 8019 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 8025 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 8031 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 8033 C Berichtigung zur 138. Sitzung . . . . 8033 B Anlagen 8035 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 7999 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 138. Sitzung Seite 7881 D Zeile 20 und 21 statt „— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; angenommen.": Ich rufe auf Art. 2, — 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bading 27. 1. Bauknecht 27. 1. Bazille 31. 1. Dr. Bechert 27. 1. Behrisch 28. 1. Dr. Besold 27. 1. Birkelbach' 28. 1. Dr. Birrenbach 27. 1. Fürst von Bismarck 27. 1. Blachstein 27. 1. von Bodelschwingh 27. 1. Brese 16. 2. Dr. Bucerius 27. 1. Caspers 31. 1. Dr. Dahlgrün 27. 1. Demmelmeier 27. 1. Dr. Dittrich 27. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Drachsler 27. 1. Dr. Eckhardt 28. 1. Eilers (Oldenburg) 27. 1. Eisenmann 11. 2. Engelbrecht-Greve 27. 1. Etzenbach 27. 1. Even (Köln) 27. 1. Folger 27. 1. Frehsee 27. 1. Dr. Frey 27. 1. Fuchs 27. 1. Funk 27. 1. Dr. Furler* 28. 1. Gehring 27. 1. Geiger (München) 28. 2. Glüsing 27. 1. Dr. Gradl 27. 1. Dr. Greve 27. 1. Haage 2. 2. Heye 28. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Holla 27. 1. Frau Dr. Hubert 27. 1. Illerhaus 27. 1. für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 27. 1. Jungherz 27. 1. Jürgensen 2. 2. Kalbitzer' 28. 1. Frau Klemmert 27. 1. Knobloch 27. 1. Dr. Kohut 27. 1. Dr. Kopf* 28. 1. Frau Krappe 27. 1. Kriedemann 27. 1. Dr. Krone 28. 1. Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 27. 1. von Lindeiner-Wildau 27. 1. Mattick 27. 1. Mauk 27. 1. Frau Dr. Maxsein 27. 1. Menke 31. 1. Mensing 27. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger* 28. 1. Müller (Worms) 27. 1. Murr 27. 1. Neubauer 10. 3. Neuburger 27. 1. Neumann 27. 1. 011enhauer 27. 1. Pietscher 27. 1. Pöhler 27. 1. Frau Dr. Probst 27. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 27. 1. Dr. Reinhard 27. 1. Riedel (Frankfurt) 27. 1. Rimmelspacher 27. 1. Ruland 27. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scharnberg 27. 1. Scheel 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 18. 2. Schneider (Hamburg) 4. 2. Schoettle 4. 2. Schüttler 27. 1. Dr. Seffrin 27. 1. Seuffert 27. 1. Dr. Seume 27. 1. Dr. Siemer 27. 1. Stahl 27. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Stauch 27. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Steinmetz 27. 1. Stenger 28. 2. Struve 27. 1. Walter 27. 1. Wegener 27. 1. Welslau 27. 1. Wendelborn 26. 2. Werner 25. 2. Dr. Will 27. 1. Dr. Winter 27. 1. Wittmann 27. 1. Wittmer-Eigenbrodt 27. 1. Frau Wolff 27. 1. Wullenhaupt 27. 1. Dr. Zimmer 27. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Weber (Koblenz) 18. 2. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Stücklen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Paul (Fragestunde der 140. Sitzung vom 25. Januar 1961, Drucksache 2432): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß in der Stadt Eßlingen am Neckar im Stadtteil Lerchenacker zahlreiche Geschäftsleute und im öffentlichen Leben stehende Personen seit mehr als einem Jahr auf einen Telefonanschluß warten? Bei dem Stadtteil Lerchenacker handelt es sich um eine Stadtrandsiedlung, mit deren Aufbau Mitte 1959 begonnen worden ist. Die Siedlung umfaßt zur Zeit etwa 300 Wohneinheiten. Von den für diese Siedlung vorliegenden Anträgen auf Neueinrichtung oder Verlegung eines Hauptanschlusses können im Frühjahr dieses Jahres über 40 v. H. berücksichtigt werden. Der weitere Ausbau wird im Rahmen des Möglichen beschleunigt weitergeführt, Er wird jedoch dadurch behindert, daß die Straßen und Wege in der Siedlung nur teilweise fertiggestellt sind.
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    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Kollege Katzer von den Eigentumsvorstellungen der CDU aus dem Jahre 1951 gesprochen hat, sei mit aller Bescheidenheit daran erinnert, daß wir heute 1961 schreiben. Sie haben schließlich in diesen 10 Jahren mit Ihrer Partei regiert.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Rösing: Mit Erfolg!)

    Herr Kollege Katzer, gestatten Sie mir noch eine Bemerkung dazu. Sie sprechen von der Christlich-Demokratischen Union. Ich frage: von welchem Teil sprechen Sie da?

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Ich möchte nur daran erinnern, Herr Kollege Katzer: im Wirtschaftsausschuß des Bundesrates wurde ja auch über diesen Gesetzentwurf abgestimmt, und da haben sich die CDU-Minister der Stimme enthalten, der CDU-Minister von Rheinland-Pfalz hat sogar gegen den Gesetzentwurf gestimmt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Da frage ich Sie, Herr Kollege Katzer: haben die Herren Minister, die ja auch Ihrer Partei angehören, von Ihren Vorstellungen etwa noch nichts gehört? Dann würde ich das sehr bedauern.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Herr Kollege Katzer, es kommt doch letzten Endes auf folgendes an. Dazu möchte ich Sie einmal selber zitieren. Sie haben in der Zeitung „Soziale Ordnung" gesagt — und darüber werden wir uns y u unterhalten haben —:
    Kernstück einer solchen Gesellschaftspolitik aber ist die Eigentumspolitik. Denn Wesensmerkmal und sittlicher Wert einer Gesellschaftsordnung werden nicht allein von der Eigentumsordnung, vielmehr durch die tatsächlich vorhandenen Eigentumsverhältnisse geprägt.

    (Abg. Katzer: Sehr richtig!)

    Herr Kollege Katzer, das ist der Punkt, über dell wir uns zu unterhalten haben, nämlich die Frage: wie sind die „tatsächlich vorhandenen" Eigentumsverhältnisse, und was wird hieran durch diesen Gesetzentwurf geändert? Das ist die Frage, Herr Kollege Katzer.
    Die Entwicklung der Eigentums- und Vermögensverteilung in der Bundesrepublik ist besorgniserregend. Das Unbehagen über diese Entwicklung greift um sich. Es ist nicht gesund, wenn die Vermögenswerte, die von den arbeitenden Menschen — von allen arbeitenden Menschen — geschaffen werden, laufend in die Hand weniger Großbesitzer übergehen. Einer schmalen Schicht von Großbesitzern sind seit der Währungsreform zirka 150 Milliarden DM zugeflossen. Dieser Tatbestand wird auch in der Schrift „Eigentum für alle", die mit Billigung des Herrn Bundesarbeitsministers herausgegeben wurde, als eine wahrhaft explosive Vermögensdifferenzierung bezeichnet. Aber gegen diese ungerechte Entwicklung der Eigentums- und Vermögensverteilung ist von der für die Wirtschafts- und Finanzpolitik verantwortlichen Bundesregierung bisher nichts getan worden; sie ist von ihr geduldet und gefördert worden.
    Wenn ich die Schrift „Eigentum für alle" erwähne, so tue ich das nicht, ohne auf den etwas delikaten Umstand hinzuweisen, daß nach Presseinformationen des Bundesarbeitsministeriums der Herr Bundesarbeitsminister offenbar die Veröffentlichung gebilligt hat; er hat sogar das Geleitwort geschrieben. Vielleicht kann der Herr Bundesarbeitsminister die Beweggründe, die zu dieser etwas ungewöhnlichen Art von Verlautbarung aus dem Bundesarbeitsministerium führten, hier einmal erläutern. Man könnte meinen, daß eine offizielle Auseinandersetzung zwischen den Bundesressorts vermieden werden sollte, der Herr Bundesarbeitsminister aber sich auf diesem inoffiziellen Weg der Kritik an der bisherigen Vermögensbildung nicht enthalten wollte. Uns würde auch interessieren, welche Gründe den Herrn Bundesarbeitsminister bewogen haben, die Hauptverfasser dieses Gesetzentwurfs nach Fertigstellung praktisch in die Wüste zu schicken.
    Das Eingeständnis, daß die Ergebnisse ihrer Politik den Zielsetzungen der Bundesregierung widersprechen, kommt zum andern ja auch — der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das heute noch in einer sehr starken Kritik bestätigt — in der Ablehnung der bisherigen Praxis der Selbstfinanzierung zum Ausdruck. Meine Damen und Herren, hier drängt sich aber doch einem normaldenkenden Bürger in der Bundesrepublik ohne weiteres die Frage auf: Warum hat die Bundesregierung die bei zahllosen Gelegenheiten vorgebrachten Argumente der Opposition zur Einschränkung der Selbstfinanzierung im gegenwärtigen Stadium unseres Wirtschaftswachstums nicht aufgegriffen?

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es ist doch ein bedauerlicher Zustand, daß heute immer noch die gesamte Steuer- und Finanzpolitik und die Wirtschaftspolitik, einseitig auf die Vermögensbildung in der Hand weniger gerichtet ist.



    Junghans
    Natürlich sind die Tatbestände, die diesem Gesetzentwurf zugrunde liegen, wie nicht anders zu erwarten — ich erwähnte das schon —, nicht von allen Seiten der Wirtschaft und auch der Regierungskreise in Bund und Ländern mit Beifall aufgenommen worden. Ich darf nur daran erinnern, daß insbesondere die Arbeitgeberverbände sich sehr nachdrücklich mit den Ausgangspositionen dieses Gesetzentwurfs auseinandergesetzt haben. So stellt z. B. die Zeitschrift „Der Arbeitgeber" zweifelnd fest, der Regierungsentwurf gehe offensichtlich davon aus, daß die Mehrzahl der Arbeitnehmer mangels Eigentums nicht sparfähig seien und die Betriebe darum unabhängig von den Sparleistungen des Arbeitnehmers Zuwendungen machen sollten. Meine Damen und Herren, Versuche zu breiter Eigentumsstreuung können nicht ernstgenommen werden, solange die Wirtschaftspolitik nicht bereit ist, alle ihr in einem freiheitlichen Staatswesen zur Verfügung stehenden Mittel auf breitester Basis einzusetzen, um wirksam eine bessere Eigentums- und Vermögensverteilung herbeizuführen.
    Auch aus der Behandlung der Vorlage im Bundesrat ist eindeutig zu erkennen, daß es über die Regierungsvorlage in Kreisen der Regierungspartei tiefe Meinungsverschiedenheiten gibt. Wir sind gespannt, Herr Kollege Katzer, wie sich im Verlauf der Ausschußberatungen diese Gegensätzlichkeiten auswirken werden, wobei ich gleich sagen möchte, daß auch unserer Auffassung nach der Entwurf eine Reihe von schwerwiegenden Mängeln aufweist.
    Bemerkenswert ist ferner die Eile, mit der die Bundesregierung gerade im Wahljahr einen solchen Entwurf vorlegt. Diese Eile erscheint besonders deshalb interessant, da die Sozialdemokratische Partei auf ihrem Parteitag in Hannover ein umfassendes Konzept über die breite Vermögensverteilung vorgelegt hat. Ich habe nicht die Absicht, schon jetzt auf grundsätzliche Unterschiede der Konzeptionen der Bundesregierung und meiner Partei einzugehen. Mein Kollege Kurlbaum wird das noch in seinen Ausführungen darlegen. So viel möchte ich aber doch zur Klarstellung noch einmal sagen: Es handelt sich hierbei nicht um eine Vermögensumverteilung, wie sie von allen Gruppen und Schichten der Arbeitnehmer gefordert wird, sondern um die Begünstigung einer Lohnart mit Zwangssparcharakter für eine kleine Gruppe von Arbeitnehmern aus Großunternehmen und hochrentierlichen Unternehmen unter Ausschluß breitester Kreise, z. B. auch der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Es muß auch sehr klar gesagt werden, daß die im Gesetzentwurf vorgesehenen Aufwendungen der Arbeitgeber eindeutig unter die Betriebskosten fallen. Damit kann natürlich jederzeit, soweit es die Marktlage erlaubt, eine Abwälzung der Betriebsaufwendungen auf die Preise erfolgen. Das geschieht unterschiedlich, und zwar auch nach der Marktposition des Unternehmens. Es ist zu erwarten, daß sich gerade die Unternehmen, die besonders stark am Markt sind, diese Chance zunutze machen.
    Ferner ist etwas herauszustellen, von dem es im Bulletin sogar heißt, daß der Gesetzentwurf „als erster Schritt auf dem Wege zur rechtlichen Anerkennung des Beteiligungsgedankens angesehen werden" kann. Meine Damen und Herren, das ist völlig irreführend. Es ist seit Jahrzehnten in der Wirtschaft üblich, Ergebnisbeteiligungen, in Form von Prämien z. B., durchzuführen. Das ist also in der Wirtschaft durchaus nichts Neues. Neu ist hier lediglich, daß diese Ergebnisbeteiligung als Lohnart begünstigt wird, wenn sie vermögenswirksam in der Hand von Arbeitnehmern angelegt wird. Aber die Ergebnisbeteiligung als solche ist entgegen dem, was im Bulletin irreführend gesagt wird, durchaus nichts Neues.
    Meine Damen und Herren, richtig betriebene Eigentumspolitik ist eine ausgezeichnete Sache. Eigentum für alle ist ein gutes Ziel, ein Ziel, für das es sich einzutreten lohnt und das alle Anstrengungen rechtfertigt. Aber mit diesem Entwurf auf schmaler Basis wird, so kann man doch wirklich sagen, in dieser Richtung nur ein ganz kleiner Schritt getan.
    Nach diesen wenigen Vorbemerkungen, die mein Kollege Kurlbaum noch im Grundsätzlichen ergänzen wird, möchte ich auf einige offensichtliche Mängel des vorliegenden Entwurfs eingehen. Ich möchte vorweg bemerken, daß natürlich noch eine Reihe von versteckten Mängeln in ihm enthalten sind, auf die ich aber heute in erster Lesung nicht eingehen will. Ich möchte mich mit dem Herausstellen einiger Hauptpunkte begnügen.
    Von entscheidender Bedeutung ist im Gesetzentwurf die Bestimmung, daß die Regelungen zwischen den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern lediglich über Betriebsvereinbarungen erfolgen sollen, damit die Arbeitnehmer in den Genuß der Vorteile dieses Gesetzes kommen. Wenn also ein Unternehmen beabsichtigt, seinen Belegschaftsmitgliedern vermögenswirksame Zuwendungen im Sinne des § 2 des Gesetzentwurfs zu machen, so genügt es, unter Beachtung der Vorschriften der §§ 4 bis 8 eine Betriebsvereinbarung darüber abzuschließen. Mit dieser Betriebsvereinbarung wird der Arbeitgeber in den Stand gesetzt, durch relativ geringe Aufwendungen seinen Arbeitnehmern einen Vorteil zu verschaffen. Der Arbeitgeber spart einmal die Sozialversicherungsbeiträge und zum anderen einen Teil der Lohnsteuer infolge der pauschalen Versteuerung mit 10 %.
    Wie Herr Dr. Zweig in einer seiner Schriften ausgeführt hat, ergibt sich dadurch folgende Vergünstigung. Wenn ein Arbeitgeber vorhat, einem Arbeitnehmer einen Nettobetrag von zum Beispiel 100 DM zuzuwenden, für den er bisher einschließlich aller Lasten 170 DM zu tragen hatte, so verringert sich dieser Aufwand auf Grund dieses Gesetzes auf 111 DM.
    Wir möchten in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung die Frage richten, was sie von dem im Grundgesetz verankerten Recht der Tarifvertragsparteien hält, das Arbeitsleben autonom zu ordnen und darüber Normen zu vereinbaren. Wenn schon die Bundesregierung in diesem Fall besondere Vorteile zu Lasten der Allgemeinheit verspricht, dann erscheint es uns als recht und billig,



    Junghans
    diese Angelegenheit den dafür nach dem Grundgesetz zuständigen Tarifvertragsparteien zu überlassen. Bisher war es noch Sitte, daß sich das deutsche Arbeitsverfassungsrecht an überbetrieblichen Regelungen orientierte. Auch hier ist die Bundesregierung zu fragen: Will sie von dieser traditionellen Übung im deutschen Arbeitsleben abgehen und will ,sie mit diesem Entwurf gerade auf einem so schwierigen Gebiet den Weg zu betriebssyndikalistischen Tendenzen öffnen?
    Wenn hier etwa der sogenannte Partnerschaftsgedanke eine Rolle spielen sollte, so möchte ich mit besonderem Nachdruck auf das doppelte Risiko des Arbeitnehmers hinweisen, welches sich daraus ergibt, daß er mit seinem Vermögen über Belegschaftsaktien an den arbeitgebenden Betrieb gebunden ist. Denn dann ist der Arbeitnehmer nicht nur in bezug auf seinen Arbeitsplatz, sondern auch in bezug auf seinen Kapitalbesitz von dem wirtschaftlichen Wohlergehen des Betriebes abhängig,
    Mit Blick auf die mittleren und kleinen Betriebe darf ich noch bemerken, daß sich ,dieses doppelte Risiko naturgemäß mit der Abnahme der Unternehmensgröße erhöht, vor allem wenn es der Wirtschaftspolitik nicht gelingt, ein relativ stetiges Wirtschaftswachstum in allen Zweigen der Wirtschaft zu sichern. Die Krisenerscheinungen in der Textil- und Zweiradindustrie, wo in den letzten Jahren solche Experimente gestartet worden sind, haben gezeigt, wie schwer sich dieses doppelte Risiko für den Arbeitnehmer auswirken kann.
    Eine betriebliche Regelung birgt im übrigen auch die Gefahr in sich, daß innerhalb eines Wirtschaftszweiges ein Sozialgefälle entsteht. Hierbei denke ich auch wieder insbesondere an die mittleren und kleinen Unternehmen, deren sich ja die Bundesregierung — der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das mit Verve vorgetragen mit besonderem Nachdruck annehmen will. Wenn hier an die Stelle der Betriebsvereinbarung eine Regelung durch die Tarifvertragsparteien treten würde, könnte der Einfluß ,des Gesetzes auf das Sozialgefälle innerhalb einer Branche ausgeschaltet werden. Die Bedeutung dieser Frage gerade in Zeiten der Vollbeschäftigung ist nicht zu unterschätzen. Denn die Rücksichtnahme auf die Ertragslage durch die Tarifvertragsparteien würde die wirtschaftspolitisch und wirtschaftsstrukturell unerwünschten Auswirkungen dieses Entwurfs zumindest für die mittleren und kleinen Unternehmen mildern.
    Schließlich vergessen Sie nicht, daß die Regelung durch die Tarifvertragsparteien, d. h. die Ausdehnung auf Wirtschaftsbereiche, auf Branchen auch den Kreis der begünstigten Arbeitnehmer wesentlich ausweiten würde.
    Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der zugunsten der tarifvertraglichen Regelung spricht. In dem Gesetzentwurf wird besonders - alle Redner haben das hervorgehoben — die Ergebnisbeteiligung, wenn auch mit Zwangssparcharakter, in den Vordergrund gestellt. Es heißt in dem Gesetzentwurf, daß der Leistungserfolg sich nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu richten habe. Es wird also darauf abgehoben, ,daß ausschließlich innerbetriebliche Faktoren, nicht marktabhängige, für eine Ergebnisbeteiligung heranzuziehen sind. Jedermann, der etwas davon versteht, weiß aber, daß hierbei Theorie und Praxis sich in vielen Fällen widersprechen. Ich darf nur daran erinnern, daß es bis heute nicht gelungen ist, für eine Ergebnisbeteiligung eine klare Abgrenzung zwischen marktbezogenen Faktoren und leistungsbezogenen Faktoren zu finden. Es handelt sich hierbei um ein sehr schwieriges Zuordnungsproblem, das bis heute noch keineswegs als gelöst angesehen werden kann und das mit diesem Gesetzentwurf noch brennender wird. Um so mehr ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß Vereinbarungen auf dem Gebiet dieser Materie von der nötigen Sachkunde und Einsicht getragen werden. Das scheint unseres Erachtens nur dann gegeben zu sein, wenn es den Tarifvertragsparteien überlassen bleibt, diesen freien Raum auszufüllen. Wir sollten uns davor hüten, auf diesem Gebiet der Ergebnisbeteiligung, die besonders gefördert werden soll, einseitigen, zum Teil auch gesellschaftspolitisch und staatspolitisch nicht ungefährlichen Experimenten bestimmter Unternehmergruppen freien Raum zu lassen. Wer etwas davon versteht, weiß, welche Vielzahl von Möglichkeiten der Ergebnisbeteiligung es gibt und wie fragwürdig manche solcher Systeme sind. Bei manchen darf man nicht unbeachtet lassen, wo ihr Ursprungsland liegt; ich könnte da auf verschiedene Dinge hinweisen. Mancher Unternehmer hat vielleicht einmal eine Reise nach Moskau gemacht. Dort hat ihm vielleicht ein bestimmtes Antreibersystem der Prämienzahlungen usw. sehr gut gefallen. Auf diese Gefahren möchte ich hinweisen.

    (Abg. Ruf: Kompletter Unsinn!)

    Das ist kein Unsinn, Sie verstehen nicht allzuviel davon. Sie müssen sich einmal den Wirrwarr der Leistungsentlohnung und der Ergebnisbeteiligungen in der Bundesrepublik ansehen; dann erkennen Sie die Gefahren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Lassen Sie sich einmal eine Aufstellung von Dr. Spiegelhalter darüber geben;

    (Abg. Ruf: Die kennen wir!) dann sind Sie vielleicht besser informiert.


    (Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Deshalb betriebsindividuell und keine Tarifverträge! — Gegenruf des Abg. Dr. Deist: Damit es noch schlimmer wird!)

    Wenn ich von tarifvertraglichen Vereinbarungen spreche, so möchte ich um der Klarheit willen sagen - vielleicht wird Sie das beruhigen, Herr Kollege Ruf —, daß wir zwar einer gesamtvertraglichen Regelung den Vorzug geben, daß wir aber tuotzdem den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einräumen möchten, für den einzelnen Betrieb auch eine tarifliche Vereinbarung abzuschließen.

    (Abg. Ruf: Das würde Ihnen so passen!)

    8010 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141— Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961
    Junghans
    — Wieso? Was halten Sie von den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Tarifhoheit, Herr Kollege?

    (Beifall bei der SPD.)

    Nach diesen Daerlegungen über den Einbau der tariflichen Vereinbarungen in den Gesetzentwurf möchte ich auf einen weiteren Mangel der Vorlage hinweisen, Nach genauer Durchsicht des gesamten Komplexes kommt man zu dem Ergebnis — das ist z. B. auch die Meinung eines der Experten, die den Gesetzentwurf mitverfaßt haben —, daß es durchaus möglich ist — wie sich z. B. Herr Dr. Zweig im „Volkswirt" vom 5. November 1960 ausdrückt —, daß im Zuge — hören Sie gut zu! — eines dynamischen Anpassungsprozesses ein Teil der Aufwendungen, die heute als freiwillige Sozialleistungen der verschiedensten Art erscheinen, als Quelle für die Gewährung der vermögenswirksamen Leistung benutzt werden. Mit anderen Worten heißt das: der Gesetzentwurf ist keineswegs auf zusätzliche Leistungen der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer zugeschnitten, sondern läßt durchaus zu, daß von den bisherigen sozialen Leistungen — z. B. Jahresabschlußprämien, Weihnachtsgratifikationen und ähnlichen Aufwendungen — auf vermögenswirksame Leistungen im Sinne dieses Gesetzes umgestiegen wird,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und das mit besonderer staatlicher Förderung. Das heißt, daß der Unternehmer dabei noch ein Geschäft macht. Vorher mußte er 170 DM aufwenden, wenn ein Betrag von 100 DM netto herauskommen sollte; jetzt muß er in demselben Falle nur noch 111 DM ausgeben; diese Betrachtung gilt natürlich im Schnitt.
    Nach den sehr kritischen Äußerungen der Arbeitgeber, in denen unter anderem auch davon die Rede ist, daß hier die Grundlagen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung berührt würden, in denen sogar, Herr Kollege Katzer, davon gesprochen wird, daß sich hier statt einer marktorientierten Unternehmerwirtschaft eine planorientierte Funktionärswirtschaft ankündige — so nachzulesen in der Zeitschrift „Der Arbeitgeber" —, kann man nicht ohne weiteres damit rechnen, daß sich die Intelligenz der Arbeitgeber darauf richten werde, neue und zusätzliche Formen zu entwickeln. Nach den im Arbeitgeberlager geäußerten Aversionen ist die Befürchtung berechtigt, daß die Arbeitgeber ihre ganze Intelligenz darauf verwenden werden, die bisher zur freien Verfügung ausgezahlten besonderen Sozialleistungen wie Jahresabschlußprämien usw. in diese neue Lohnart des Zwangssparens umzuwandeln.
    Ich möchte noch auf einen anderen Punkt hinweisen, der mit dem § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung zusammenhängt. Danach ist es möglich, Beträge bis zu 312 Mark pro Jahr für die Zukunftssicherung der Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei anzulegen. Ich erinnere nur daran, daß z. B. für die gesamte Bauwirtschaft eine Pensionskasse besteht, in die bestimmte Beträge fließen, so daß dieser Kreis der Arbeitnehmer für die Regelung, die der vorliegende Gesetzentwurf vorsieht, automatisch ganz oder zum Teil ausscheidet.
    Noch einen Punkt möchte ich erwähnen. Der Herr Kollege Katzer hat davon gesprochen, daß für die unterentwickelten Länder, für jene Völker, die heute ihre ersten Schritte als Nationen tun und noch in jeder Hinsicht der Hilfe bedürfen und unsere Sozialordnung mit sehr kritischen Augen betrachten, Prinzipien nur insoweit zählen, als sie durch Fakten bestätigt werden. Das ist genau das, worauf es ankommt. Wir sind der Auffassung: Fakten sind nötig, nicht „Fäktchen". Hoffentlich wird es nicht nach den Ausschußberatungen eines Tages heißen, der Deutsche Bundestag habe eine neue Variante zu Shakespeares „Viel Lärm um nichts" geschrieben. Auch würde eine zwingende Vorschrift, die Tarifvertragsparteien einzuschalten, die Gefahr des „Umsteigens" zumindest mindern, wenn nicht sogar ausschließen.
    Ich habe mir erlaubt, auf diesen Nebeneffekt besonders hinzuweisen, um vor Illusionen zu warnen, die im Kreise der Arbeitnehmer auf Grund dieses Gesetzentwurfes gehegt werden könnten.
    Besonders interessant ist ferner, daß nach diesem Gesetzentwurf die Arbeitnehmer gezwungen werden können, ihr Vermögen praktisch in der Weise anzulegen, die in der Betriebsvereinbarung festgelegt ist. Natürlich drückt sich in einer Betriebsvereinbarung der Wille des Arbeitgebers sehr viel stärker aus, und das scheint ja auch nach der ganzen Art, wie die Betriebsvereinbarung propagiert wird, der Sinn und Zweck zu sein. Der Arbeitnehmer hat also nicht, wie es vielleicht dem oberflächlichen Betrachter des Gesetzentwurfes und den Zuhörern heute erscheinen mag, die Freiheit, zu wählen, ob er sich z. B. für Leistungen nach dem Sparprämiengesetz oder für das Wohnungsbausparen oder für den Erwerb von Aktien entscheiden will, vielmehr ist ihm diese Entscheidung abgenommen; er ist in diesen Dingen bereits gebunden. Wir meinen angesichts der von dem Herrn Bundesarbeitsminister bei jeder Gelegenheit betonten Freiheit der Arbeitnehmer von jeglicher Bevormundung — er hat ja meines Wissens sogar einen Vergleich mit der Bismarckschen Konzeption gezogen —, daß diese Art der Bevormundung, der Beseitigung des Rechts, frei zu wählen, wie man sein Vermögen anlegen will, keineswegs in diese Landschaft paßt.

    (Abg. Ruf: Wo steht denn das?)

    Es ist einfach unverständlich, warum der Gesetzentwurf dem Arbeitnehmer nicht das Recht sichert, die Art der Vermögensbildung nach seinem Geschmack zu wählen.

    (Abg. Ruf: Dann haben Sie das Gesetz nicht durchgelesen!)

    Im übrigen spricht man auch von der sozialpolitischen Bedeutung der vorgesehenen Regelung, um einen Vorwand zur Einengung von Sozialleistungen zu haben. Auch hier darf ich Herrn Katzer zitieren. Er hat das sehr vorsichtig ausgedrückt, aber man kann schon etwa hören, wohin die Reise gehen soll. Er sagt nämlich: In dem Maße jedoch, wie das



    Junghans
    Verhältnis von personaler Freiheit und personaler Bindung sich in dem Bewußtsein des einzelnen ausbalanciert, kann der Staat darauf verzichten, dieses Gleichgewicht von Gesetzes wegen zu regulieren.

    (Abg. Katzer: Das ist richtig! Dazu stehe ich!)

    — Ja, Herr Kollege Katzer, natürlich ist das richtig; ich komme gleich darauf. Aber wir wollen uns einmal ansehen, in welchem Ausmaß das möglich ist.
    Ich möchte Ihnen dazu einmal ganz praktisch etwas vorrechnen, aus dem sich ergibt, wieweit so etwas möglich sein wird. Wenn z. B. bei 312 DM pro Jahr ein Arbeitnehmer im Laufe von 20 bis 25 Jahren rund 10 000 DM hat ansammeln können, dann beträgt der Ertrag bei einer rund 5%igen Verzinsung etwa 500 DM pro Jahr. Das heißt mit anderen Worten: Von der berühmten sozialen Unabhängigkeit; die der persönlichen Eigentumsbildung zugeschrieben wird, bleibt nach dieser Regelung nur ein Bruchteil übrig.
    Die Mängel des Gesetzentwurfs sind damit aber noch nicht erschöpft. Ich möchte deshalb auch noch auf die Vorschrift des § 2 Buchstabe c hinweisen, in der der Erwerb eigener Aktien des Unternehmens als vermögenswirksam bezeichnet wird. Es ist gar keine Frage, — niemand wird das bestreiten —, daß bei Großunternehmen, z. B. Mannesmann, BASF, Demag, Siemens, AEG usw., der Erwerb eigener Aktien oder von Belegschaftsaktien, vielleicht auch zum Vorzugspreis für den Arbeitnehmer, kein Risiko bedeutet. Aber wir müssen hier auch daran denken — ich habe das bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt —, daß dieses Risiko sich in jedem Falle mit abnehmender Unternehmensgröße verstärkt.
    Nicht zu übersehen ist auch bei der sogenannten Belegschaftsaktie die Bindung an den Betrieb. Unseres Erachtens wird dadurch die Freizügigkeit des Arbeitnehmers in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Anscheinend gibt es aber Kreise im Regierungslager — Her Kollege Katzer wies schon darauf hin —, die diese Betriebsbindung noch zusätzlich fördern wollen. Mit sorgendem Interesse haben wir vermerkt, daß im Bundesrat ein Antrag des Landes Bayern angenommen wurde, eine dreijährige Betriebszugehörigkeit als Bedingung für die Arbeitnehmer zu stellen, die für die vermögenswirksamen Leistungen in Frage kommen sollen. Zwar hat die Bundesregierung — wir erkennen das durchaus an
    — in ihrer Stellungnahme diesen Vorschlag des Bundesrates abgelehnt. Trotzdem vermögen wir nicht zu übersehen, ob sich nicht im Verlaufe der weiteren parlamentarischen Behandlung des Gesetzentwurfs erneut Tendenzen zeigen werden, diese Betriebsbindung in den Gesetzentwurf hineinzubringen. Grundsätzlich scheint es auch im Interesse der kleineren und mittleren Unternehmen völlig verfehlt zu sein, Bindungen an Großbetriebe über materielle Vorteile besonders zu fördern. Ich darf hier nochmals darauf hinweisen, daß die grundgesetzlich garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt werden darf.
    Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Herr Kollege Ruf, ist es mir unverständlich, was die Dauer einer Betriebszugehörigkeit mit einer Leistung, mit einem Leistungsfaktor — wenn man hier schon die Ergebnisbeteiligung so besonders herausgestellt -zu tun hat.
    Auch zu den Bestimmungen des § 9 über das Auskunftsrecht sind wir der Auffassung, daß es sich bei der Wahrnehmung des Auskunftsrechts um eine typische Funktion des Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz handelt. Die im Betriebsverfassungsgesetz festgelegten Rechte des Betriebsrates dürfen auf keinen Fall durch diesen Entwurf ausgehöhlt oder beschnitten werden.
    Ich habe hier keineswegs alle Mängel bis ins einzelne erörtert. Darüber werden wir uns in den Ausschüssen unterhalten. Das kann auch nicht Aufgabe der ersten Lesung sein. Aber zusammenfassend möchte ich wiederholen:
    Erstens. Es muß nach Meinung meiner Freunde sichergestellt werden, daß die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien gewahrt wird und daß die tarifliche Vereinbarung den Vorrang vor der Betriebsvereinbarung erhält.

    (Abg. Ruf: Subsidiaritätsprinzip!)

    — Ja, das ist Ihre Auffassung, nicht unsere. Ich trage unsere Auffassung vor, Herr Kollege Ruf.

    (Abg. Ruf: Ich bin dankbar, daß Sie das deutlich ausdrücken, daß wir uns nach wie vor unterscheiden!)

    — Sie können nachher hier heraufkommen.
    Zweitens. Es muß sichergestellt werden, daß nach diesem Gesetz lediglich zusätzliche Leistungen der Arbeitgeber gefördert werden.
    Drittens. Das Wahlrecht der Arbeitnehmer, wie sie die Zuwendungen vermögenswirksam anlegen, muß gewährleistet bleiben.
    Viertens. Wegen des Risikos sollte der Erwerb eigener Aktien des Unternehmens nicht gefördert werden.
    Fünftens. Jede zusätzliche Bindung an den Betrieb durch diese gesetzliche Regelung sollte ausgeschlossen werden.
    Sechstens. Die Frage des Auskunftsrechtes ist zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zu lösen.
    Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion wird die Ergebnisse der Ausschußberatung abwarten, um festzustellen, ob damit der Forderung der Sozialdemokratischen Partei nach tariflichen Vereinbarungen, die der Vermögensbildung der Arbeitnehmer dienen, entsprochen wurde.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Starke.

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    Rede von Dr. Heinz Starke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben am Mittwoch dieses so wichtige und für die Zukunft bedeu-



    Dr. Starke
    tungsvolle Gesetz leider nicht behandeln können. Es ist vielleicht doch einmal zu überlegen, ob es sehr gut ist, wenn wir Gesetze von einer solchen Bedeutung — insbesondere von Bedeutung, wenn man einmal mit der Tagesordnung vom Mittwoch vergleicht - auf den Freitag verschieben, den Freitag, von dem wir nun einmal alle wissen — ob wir es begrüßen oder nicht begrüßen —, daß er uns ein leeres Haus bietet. Das ist nicht eine Frage, die etwa jemand von uns, der hier oben spricht, seiner Person wegen aufwirft; es geht doch immer darum, daß auch die Öffentlichkeit sehen muß, welche Bedeutung wir den Gesetzen beimessen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich darf gleich bemerken: ich habe nicht gesagt, daß ich mich mit meinen Worten an die Fraktionen außerhalb der FDP wende. Ich wende mich im Augenblick überhaupt an niemanden, dem ich einen Vorwurf machen will. Ich wollte es nur einmal feststellen. Ich glaube nicht, daß die Tagesordnung vom Mittwoch so dringlich war, daß man sie nicht so hätte gestalten können, daß man dieses Gesetz vor einem volleren Hause am Mittwoch hätte behandeln können.

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Bausch: Wo ist denn Ihre Partei?)

    — Wenn Sie gleich im Hause gewesen wären, als ich zusprechen begonnen habe, und nicht erst jetzt gekommen wären, Herr Bausch, dann hätten Sie gehört, daß ich mich gerade entschuldigt habe. Ich habe niemandem einen Vorwurf machen wollen, sondern habe eine allgemeine sachliche Feststellung getroffen, die für alle drei Parteien gilt, auch für Sie, ohne daß ich Sie angreifen wollte.

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Zurufe.)

    — Ich kann hier leider keine Auseinandersetzung über diese Frage mit Ihnen führen, Herr Bausch; das machen wir wieder in Stuttgart das nächste Mal.
    Ich wollte mit meiner Bemerkung die besondere Bedeutung betonen, die wir dem vorliegenden Gesetz beimessen. Wir wissen, daß auch die beiden anderen Fraktionen des Hohen Hauses das tun. Deshalb habe ich mir erlaubt, diese paar Sätze vorauszuschicken.
    Nun sind wir heute insofern in einer etwas eigenartigen Situation, als die Begründung für den Entwurf der Bundesregierung eigentlich nicht der Herr Bundesarbeitsminister — der sich einer sehr bemerkenswerten Kürze befleißigt hat —, sondern unser Kollege Herr Katzer gegeben hat.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Damit verschiebt sich natürlich in der Debatte dieses Hauses ein wenig das Spiel, das sich nach ungeschriebenen Gesetzen mindestens in anderen Ländern seit einem Jahrhundert und länger abspielt, nämlich daß Rede und Gegenrede von Opposition und Regierungspartei einander folgen. An diese Regel hatten wir auch heute gedacht, und aus diesem Grunde bedauere ich es etwas, daß wir die eigentliche Rede der Regierungspartei, der CDU, erst noch hören werden und daß wir von dem
    Kollegen Katzer weitgehend das gehört haben, was eigentlich Aufgabe der Regierung gewesen wäre, nämlich die Begründung des Entwurfs.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    - Auf das, was Herr Professor Erhard gesagt hat, Herr Burgbacher, möchte ich später eingehen; denn ich möchte durch das Hin und Her meine eigenen Ausführungen nicht auseinanderreißen. Ich will aber schon jetzt sagen: was Herr Professor Erhard vorgebracht hat, war eigentlich mehr eine Begründung gegen das Gesetz.

    (Heiterkeit rechts und links.)

    Darauf komme ich jedoch noch einmal zu sprechen. Das ist die Besonderheit der Haltung und der Lage der Regierung und der Regierungspartei bei diesem Gesetz. Aber das wissen wir alle.

    (Abg. Katzer: Das ist die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik!)

    — Sehr gut, das ist ein ausgezeichnetes Wort; auch das werde ich heute noch wiederholt in den Mund nehmen.
    In einer Rede zu diesem Gesetz muß man doch wohl, auch wenn es Freitag ist, ein wenig ausholen. Man muß doch das Gesetz in einen allgemeinen Rahmen gesellschaftspolitischer Natur stellen, in einen Rahmen, der diesem Gesetz zukommt.
    Die Eigentumspolitik oder Vermögenspolitik, wie wir sie immer bezeichnen wollen, ist eines der wichtigsten Probleme der Gesellschaftspolitik, und ich glaube, daß sich die Grundlinien einer klaren Gesellschaftspolitik für jede Partei nirgends so sehr offenbaren wie bei der Eigentumspolitik. Die Freie Demokratische Partei — so kann ich heute für meine politischen Freunde sagen — ist für eine breite Streuung des Eigentums in der ganzen Bevölkerung. Wir müssen das schon deshalb sein, weil die Auffassung vom Menschen, die Auffassung vom Staatsbürger, die die liberale Partei traditionsgemäß immer gehabt hat, geradezu voraussetzt, daß wir eine breite Eigentumsstreuung haben. Daß sich natürlich bezüglich der Breite der Streuung die Vorstellungen des 19. Jahrhunderts von denen des 20. Jahrhunderts unterscheiden müssen, ergibt sich schon daraus, daß durch die Entwicklung der Technik ganz andere Voraussetzungen für eine solche Eigentumsbildung in breiten Schichten entstanden sind. Die Freie Demokratische Partei ist deshalb geschlossen bereit, alle materielle und gesetzgeberische Hilfe zu leisten, um dieses Ziel einer breiten Eigentumsstreuung in breiten Bevölkerungsschichten zu erreichen, allerdings mit einer Einschränkung. Die für diesen Zweck angewendeten und aufgewendeten Mittel müssen sich im Rahmen der Weltanschauung und im Rahmen der gesellschaftspolitischen Vorstellungen der Freien Demokratischen Partei halten.

    (Sehr wahr! bei der FDP.)

    Denn die Eigentumsbildung ist, wie ich Ihnen sagte, ein fundamentales Ziel auch der Freien Demokratischen Partei. Es ist aber nicht das einzige Ziel, sondern es gibt im Rahmen unserer Gesellschaftspolitik auch andere außerordentlich wichtige Ziele.



    Dr. Starke
    Bei diesen Fragen kommt es entscheidend darauf an, daß sich die gesellschaftspolitischen Linien in einer Partei in dieser Frage nicht überkreuzen oder überschneiden. Wir sprechen hier ganz offen aus: wir haben den Eindruck, daß Sie in der Regierungspartei und in der Regierung gerade das getan haben und tun.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dieser Frage einer Eigentumspolitik, einer Gesellschaftspolitik — einer Eigentumspolitik im Rahmen einer einheitlichen Gesellschaftspolitik — kommt es sehr darauf an, zu wissen, was die Rechte tut und was die Linke tut. Wir haben den Eindruck — das darf ich in diesem konkreten Falle einmal anfügen —, daß in der Regierungspartei dieses Abstimmen dessen, was die Rechte tut und was die Linke tut, nicht so ganz gelungen ist.

    (Abg. Ruf: Wir leben nach der Bibel, daß die Rechte nicht wissen soll, was die Linke tut!)

    Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, für eine gesunde Eigentumspolitik gibt es eine Reihe von Voraussetzungen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen in der Gesellschaftspolitik ist neben der Aufrechterhaltung der Kaufkraft der Währung, worauf ich später noch einmal eingehe, die Unantastbarkeit des bestehenden Eigentums und des Erbrechts.

    (Zustimmung bei der FDP.)


    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Überlegen wir uns einmal, welche schweren und schwersten Verstöße gegen die fundamentalen Voraussetzungen einer echten Eigentumsbildung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter den verschiedensten Staatsformen in Deutschland erfolgt sind! Dann müssen wir uns fragen — und diese Frage wollen wir heute sehr laut und deutlich stellen —: Wie steht es um die psychologischen Voraussetzungen für eine Eigentumsbildung in breiten Schichten unserer Bevölkerung?
    Das breitest gestreute Eigentum, das wir je gehabt haben, ist der Haus- und Grundbesitz. Eine solche Eigentumsbildung in breiten Schichten wollen wir heute ja erst wieder anstreben. Man hätte dem sozialen Gesichtspunkt durchaus auf anderen Wegen Rechnung tragen können als durch die Gestaltung unserer Mietenpolitik, mit der wir praktisch eine kalte Sozialisierung ,des Haus- und Grundbesitzes durchgeführt haben.

    (Abg. Ruf: Den Lücke-Plan haben wir doch durchgeführt!)

    — Wir haben uns zu dieser Frage wiederholt geäußert.
    Aber nehmen wir ein Beispiel, das ganz aktuell ist: die Baulandsteuer. Sie soll durchaus einem auch von uns anerkannten Ziel dienen, aber sie wird in einem großen Ausmaß kleines und kleinstes Eigentum in den kommenden Jahren wieder zerstören. Auch das paßt nicht in eine Eigentumspolitik; denn wir werden dadurch das kleine und kleinste Eigentum, cris sich in den Städten und Gemeinden um die Marktflecken herum bis heute noch gehalten hat, zur Auflösung bringen. Vergessen wir das nicht!
    Alles das hat auf die psychologischen Voraussetzungen für eine Eigentumsbildung in breitesten Schichten sehr großen Einfluß. In dieser Beziehung wenden wir uns ein für allemal gegen die von der Sozialdemokratischen Partei und auch von den Gewerkschaften wiederholt veröffentlichten, wenn auch heute hier noch nicht vorgetragenen Pläne zur Umverteilung von Eigentum. Wir glauben nicht, daß eine solche Maßnahme zu einer gesunden Eigentumsbildung in breiten Schichten führen wird. Ich betone noch einmal: wir lehnen diese Pläne aus unserer Grundhaltung heraus ein für allemal ab.
    Wir wissen aber auch, daß im Jahre 1960 von der Regierungspartei Pläne entwickelt und veröffentlicht worden sind, die sich von dem Gedanken der Umverteilung nur sehr wenig, höchstens graduell, aber nicht im Prinzip, unterscheiden, und das birgt nach unserer Meinung eine außerordentliche Gefahr in sich, die mit der ganzen Eigentumsfrage nun für immer unvermeidlich verbunden ist.
    Lassen Sie mich nach diesen einleitenden Worten zu dem Entwurf selbst kommen. Wir wissen alle, welchen Leidensweg er hinter sich hat. Wir haben von den Kämpfen hinter den Kulissen und von dem Ringen, das sich in der Regierungspartei abgespielt hat, gehört.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir brauchen nur an die Erklärungen auf dem Karlsruher Parteitag zurückzudenken.

    (Abg. Ruf: Seien Sie froh, daß Sie diese Kämpfe nur vom Hörensagen kennen und daß Sie nicht mitkämpfen mußten!)

    Danach folgte ein langes Schweigen. Wir brauchen nur zu denken an den Entwurf über die Umverteilung von Betriebsvermögen, die man damals auf seine Fahnen schrieb. Wir waren gespannt, diesen Entwurf einmal kennenzulernen.
    Immerhin haben wir einiges getan. Wir haben aus unserer großen Sorge heraus im Mai eine Kleine Anfrage an die Regierung gerichtet, in der wir eine Reihe von Fragen gestellt haben, die mit dein jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, der sich damals noch in der Vorbereitung befand, zusammenhängen. Ich komme darauf im einzelnen noch zurück. Unsere Fragen sind damals nicht beantwortet worden. Wir haben zwar von Entwürfen gehört, die in interministeriellen Besprechungen wieder geändert worden sind, aber was am Schluß herauskam, war die Mitteilung, daß die Regierung nicht beabsichtige, sich zu äußern, weil sie den Gesetzentwurf ohnehin vorlegen werde. Wir müssen Ihnen zu Beginn sagen, daß diese Fragen, die wir an die Regierung gestellt haben, in diesem Gesetzentwurf nicht beantwortet worden sind. Sie bleiben völlig offen. Der Gesetzentwurf hat trotz aller Änderungen in sich keine klare Linie.



    Dr. Starke
    Wir wissen nicht, ob der Gedanke — der auch in Ihren Reihen vertreten und erörtert worden ist, meine Damen und Herren von der CDU —, daß Betriebsrücklagen nicht dem Betrieb gehörten, sondern Sozialkapital seien, das man umverteilen müsse, ad acta gelegt worden ist. Wir wissen nicht, ob dieses Gesetz nur der Anfang eines schlechten Weges ist, ob nicht nachher alle diese Gedanken zurückkehren werden.
    Wir wissen auch nicht, ob nicht der so gefährliche Gedanke des Rechts auf Miteigentum gerade aus Ihren Reihen wieder hochkommen wird. Das geht zwar noch nicht klar aus diesem Gesetzentwurf hervor; aber wir wissen nicht, was für Anträge wir noch erleben werden. Insbesondere wissen wir nicht, was vor einer neuen Wahl dann noch in dieses Gesetz hineinkommen wird.
    Ich darf nur daran erinnern, daß in einer Broschüre von Mitarbeitern aus dem Arbeitsministerium — inwieweit sich der Herr Bundesarbeitsminister damit identifiziert, weiß ich nicht — steht, daß es sich bei diesem Gesetz um einen ersten Schritt auf dem Wege zur rechtlichen Anerkennung des Beteiligungsgedankens handele. In welcher Rechtsform wird dieser Beteiligungsgedanke eines Tages festgelegt werden? Haben wir uns und haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungspartei, sich schon einmal überlegt, wie Sie diesen Gedanken der Beteiligung rechtlich und tatsächlich in den Hunderttausenden von Mittel- und Kleinbetrieben durchführen wollen? Nein, das haben Sie nicht! Dieser Gedanke läßt sich dort nicht durchführen. Hier vermissen wir also die klare Linie.
    Wir müssen fragen: Wohin gehen wir mit diesem Gesetzentwurf? Welche Praxis wird sich hier herausbilden, und was wird nach fünf Jahren werden?
    Der Herr Kollege Katzer hat vorhin die Hoffnung ausgesprochen, daß das Gesetz schnell verabschiedet werde, und er hat um eine entsprechende Mitarbeit der anderen Fraktionen in den Ausschüssen gebeten. Die Freie Demokratische Partei wird an diesem Gesetz mitarbeiten. In der heutigen ersten Lesung haben wir zunächst einmal die Aufgabe, die grundsätzlichen Bedenken, die wir gegen diesen Entwurf haben, wenigstens im Umriß darzustellen. Daraus mögen Sie ersehen, in welcher Richtung wir versuchen werden, in den Ausschüssen mitzuarbeiten. Ob es dabei angesichts der Schwierigkeiten der Probleme — wenn man nicht aus rein wahltaktischen Gründen ein Gesetz schaffen will, das größte Gefahren heraufbeschwört — sehr schnell gehen wird, mag dahingestellt bleiben. Die Materie ist immerhin ernst und schwierig genug.
    Das erste Bedenken, das wir gegen diesen Gesetzentwurf vorzubringen haben, richtet sich dagegen, daß keine Eigenleistung verlangt wird. In dem ganzen Entwurf ist kein Wort darüber enthalten, daß eine irgendwie geartete Eigenleistung dessen gefordert wird, der durch das Gesetz begünstigt wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen genau, daß man sich hierüber verschiedentlich sehr ernste Gedanken gemacht hat und daß es entsprechende andere Vorschläge gegeben hat. Ich habe hier ein Blatt vor mir, in dem solche Gedanken niedergelegt worden sind. Auch hier wird festgestellt, daß durch dieses Gesetz mit Steuermitteln eine Eigentumsbegünstigung erfolgen soll, die gar nicht jeder bekommen kann, die außerdem keinerlei Eigenleistung dessen voraussetzt, der begünstigt wird. Solche Einwendungen kann man doch nicht in der Weise beiseite schieben, wie ich es hier gefunden habe, indem man sie nämlich nicht nur als Bluff, sondern als Unverschämtheit bezeichnet. Das steht in einem Heft „Soziale Ordnung, Christlich-Demokratische Blätter der Arbeit". Wir glauben nicht, daß es gut ist, so ernste und gewichtige Einwendungen mit solchen Ausdrücken abzuwehren. Wir werden in der Ausschußarbeit gerade auf diesen Gesichtspunkt hinweisen. Wir glauben, daß man gerade hier mit der Kritik ansetzen und daß man hier zu Änderungen kommen muß.
    Der Bundesrat hat sehr klar dazu gesprochen. Er hat nämlich gesagt, worum es sich handelt: um einen Prämienlohn. Das ist doch die Hauptgefahr, die hier besteht. Wir haben drei Wege, auf denen wir nun nach diesem Gesetz in Zukunft vorgehen müssen. Wir haben nicht mehr nur das Problem der Löhne mit all den Schwierigkeiten, die dabei in Konjunkturzeiten auftreten, wie wir es aus dem zurückliegenden Jahr wissen. Wir haben des weiteren das Problem der Arbeitszeit. Die Verkürzung der Arbeitszeit kann unter Umständen über die Kosten, die sie verursacht, zu denselben Schwierigkeiten führen wie übermäßige Lohnerhöhungen. Dazu kommt als drittes Problem das der Ergebnisbeteiligung aus diesem Gesetz, wenn auch dieses Gesetz zunächst einmal bei der unklaren Linie, wie ich sagte, offenläßt, wie sich das eigentlich vollziehen soll. Wir haben heute doch nicht nur von dem Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion den Hinweis auf die Tarifvertragshoheit, auf die Hoheitsbefugnisse der Sozialpartner gehört, wir haben auch bereits im Bundesrat den Antrag gehabt, daß für Beratungen über die Ergebnisbeteiligung Tarifvertragsverhandlungen eröffnet werden sollten. Diesen Weg beginnen wir doch jetzt zu beschreiten. Wir von der Freien Demokratischen Partei fühlen uns verpflichtet, ganz besonders auf diese Gefahrenpunkte hinzuweisen.
    Weiter möchten wir erwähnen, daß das betriebliche Leitbild für diesen Entwurf wie so oft in den Gesetzen der letzten zehn Jahre der Großbetrieb ist. Wir müssen das von zwei Seiten sehen, von der Leistungsfähigkeit des Betriebes her, aber auch von der Fülle der Vorschriften her. Die Vorschriften des Entwurfs für die Ausgestaltung dessen, was beabsichtigt ist, passen doch gar nicht auf die Hunderttausende von Mittel- und Kleinbetrieben. Welche Folgerungen ergeben sich aus dieser Feststellung, daß der Entwurf den Großbetrieb zum Leitbild hat? Daraus ergibt sich zunächst einmal die Folgerung — ich habe das vorhin schon angeschnitten —, daß dieser Entwurf nicht für alle Staatsbürger Chancen eröffnet. Das müssen wir ganz besonders hervorheben.
    Die große Zahl derer, die im öffentlichen Dienst tätig sind, wird auf Grund der Konstruktion dieses Gesetzes an ihm keinen Anteil haben. Nun kann
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung, Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 8015
    Dr. Starke
    man natürlich sagen, .daß für die Diener der öffentlichen Hand in anderer Weise gesorgt werde. Aber es werden doch Mittel und Möglichkeiten der öffentlichen Hand für einen Zweck eingesetzt, der diesem großen Bereich der festbesoldeten Arbeitnehmer nicht zugute kommen kann. Nun hat man z. B. gesagt, die Diener der öffentlichen Hand, abgesehen von den Beamten, seien in der sogenannten Zusatzversorgung. Deshalb sagen wir, daß der Entwurf keine klare Linie hat. Ist das eigentlich ein Entwurf zur Altersversorgung und zur Alterssicherung? Oder ist es ein Entwurf zur Vermögensbildung, wie Sie es nennen?
    Dann kommt die wohl der Größe der Zahl nach unterschätzte Gruppe der Mitarbeiter in den Mittel- und Kleinbetrieben in Handel, Handwerk und Gewerbe und in der Industrie. Diese Betriebe sind — wie es in der Natur der Sache liegt, wie wir wissen —, auch noch besonders arbeits- und lohnintensiv und hätten deshalb mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen, um den Anforderungen dieses Entwurfs nachkommen zu können. Es geht aber zunächst einmal um all die Menschen, die dort tätig sind. Was werden sie denn von diesem Entwurf haben? Werden sie wirklich an seinen Auswirkungen teilnehmen können? Werden sie an dem Einsatz öffentlicher Mittel wirklich einen Anteil haben?
    Lassen Sie mich darüber hinaus noch eine dritte Gruppe nennen, die Selbständigen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, täuschen wir uns nicht darüber, daß es heute eine ganz große Zahl von selbständig Tätigen gibt, die für sich selbst sorgen, deren Einkommen aber erheblich kleiner ist als das vieler derjenigen, die hier mit öffentlichen Mitteln begünstigt werden sollen! Wissen wir denn nicht, daß diejenigen, die wir als Selbständige bezeichnen, nicht immer ein großes Einkommen haben! All das sind doch Gesichtspunkte, über die man hinweggegangen ist.
    Wir haben damals in der Kleinen Anfrage an die Regierung gefragt:
    Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine steuerliche Förderung der Eigentumsbildung nur dann zweckmäßig und richtig ist, wenn sie von allen Staatsbürgern in gleicher Weise in Anspruch genommen werden kann?
    Wir haben unter Punkt 3 gefragt:
    Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Förderung der Eigentumsbildung durch den Staat nicht dazu führen darf, daß nur eine bestimmte Gruppe von Staatsbürgern und auch diese nur dann in den Genuß dieser Förderung kommen kann, wenn sie bei bestimmten Unternehmen beschäftigt ist?
    Diese Frage stellen wir natürlich auch heute noch genauso.
    Nun möchte ich auf etwas eingehen, das sich in den bisherigen Ausführungen ergeben hat. In den bisherigen Ausführungen ist gesagt worden, und zwar von Herrn Kollege Katzer, man solle doch nicht von einem Gleichheitsgrundsatz ausgehen, es könne nicht heißen: „Jedem das Gleiche", sondern es müsse heißen: „Jedem das Seine". Nun überlegen Sie bitte einmal mit mir folgendes. Wir beanstanden, daß in diesem Entwurf öffentliche Mittel für eine Begünstigung nur eines Teiles der Bevölkerung, auch nur eines Teiles der Arbeitnehmer, eingesetzt werden. Dann sagen Sie, Herr Kollege Katzer: Man kann aus öffentlichen Mitteln nicht jedem das Gleiche, sondern nur jedem das Seine geben. Es ist ja so, daß gar keine Eigenleistung gefordert wird, auf Grund deren man etwa sagen könnte: „Jedem das Seine". Woran wollen Sie denn eigentlich „das Seine" abmessen?

    (Beifall bei der FDP.)