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ID0314100600

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    Vokabeln: 6
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    Deutscher Bundestag 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Inhalt Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Drucksache 2390) — Erste Beratung — Blank, Bundesminister . . . . . 7999 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 8000 D Katzer (CDU/CSU) . . . . . . 8002 D Junghans (SPD) . . . . . . . . 8007 A Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 8011 D Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 8019 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 8025 D Mischnick (FDP) . . . . . . . . 8031 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 8033 C Berichtigung zur 138. Sitzung . . . . 8033 B Anlagen 8035 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961 7999 141. Sitzung Bonn, den 27. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 138. Sitzung Seite 7881 D Zeile 20 und 21 statt „— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; angenommen.": Ich rufe auf Art. 2, — 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bading 27. 1. Bauknecht 27. 1. Bazille 31. 1. Dr. Bechert 27. 1. Behrisch 28. 1. Dr. Besold 27. 1. Birkelbach' 28. 1. Dr. Birrenbach 27. 1. Fürst von Bismarck 27. 1. Blachstein 27. 1. von Bodelschwingh 27. 1. Brese 16. 2. Dr. Bucerius 27. 1. Caspers 31. 1. Dr. Dahlgrün 27. 1. Demmelmeier 27. 1. Dr. Dittrich 27. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Drachsler 27. 1. Dr. Eckhardt 28. 1. Eilers (Oldenburg) 27. 1. Eisenmann 11. 2. Engelbrecht-Greve 27. 1. Etzenbach 27. 1. Even (Köln) 27. 1. Folger 27. 1. Frehsee 27. 1. Dr. Frey 27. 1. Fuchs 27. 1. Funk 27. 1. Dr. Furler* 28. 1. Gehring 27. 1. Geiger (München) 28. 2. Glüsing 27. 1. Dr. Gradl 27. 1. Dr. Greve 27. 1. Haage 2. 2. Heye 28. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Holla 27. 1. Frau Dr. Hubert 27. 1. Illerhaus 27. 1. für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 27. 1. Jungherz 27. 1. Jürgensen 2. 2. Kalbitzer' 28. 1. Frau Klemmert 27. 1. Knobloch 27. 1. Dr. Kohut 27. 1. Dr. Kopf* 28. 1. Frau Krappe 27. 1. Kriedemann 27. 1. Dr. Krone 28. 1. Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 27. 1. von Lindeiner-Wildau 27. 1. Mattick 27. 1. Mauk 27. 1. Frau Dr. Maxsein 27. 1. Menke 31. 1. Mensing 27. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger* 28. 1. Müller (Worms) 27. 1. Murr 27. 1. Neubauer 10. 3. Neuburger 27. 1. Neumann 27. 1. 011enhauer 27. 1. Pietscher 27. 1. Pöhler 27. 1. Frau Dr. Probst 27. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 27. 1. Dr. Reinhard 27. 1. Riedel (Frankfurt) 27. 1. Rimmelspacher 27. 1. Ruland 27. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scharnberg 27. 1. Scheel 27. 1. Schmidt (Hamburg) 27. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 18. 2. Schneider (Hamburg) 4. 2. Schoettle 4. 2. Schüttler 27. 1. Dr. Seffrin 27. 1. Seuffert 27. 1. Dr. Seume 27. 1. Dr. Siemer 27. 1. Stahl 27. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Stauch 27. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Steinmetz 27. 1. Stenger 28. 2. Struve 27. 1. Walter 27. 1. Wegener 27. 1. Welslau 27. 1. Wendelborn 26. 2. Werner 25. 2. Dr. Will 27. 1. Dr. Winter 27. 1. Wittmann 27. 1. Wittmer-Eigenbrodt 27. 1. Frau Wolff 27. 1. Wullenhaupt 27. 1. Dr. Zimmer 27. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Weber (Koblenz) 18. 2. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Stücklen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Paul (Fragestunde der 140. Sitzung vom 25. Januar 1961, Drucksache 2432): Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß in der Stadt Eßlingen am Neckar im Stadtteil Lerchenacker zahlreiche Geschäftsleute und im öffentlichen Leben stehende Personen seit mehr als einem Jahr auf einen Telefonanschluß warten? Bei dem Stadtteil Lerchenacker handelt es sich um eine Stadtrandsiedlung, mit deren Aufbau Mitte 1959 begonnen worden ist. Die Siedlung umfaßt zur Zeit etwa 300 Wohneinheiten. Von den für diese Siedlung vorliegenden Anträgen auf Neueinrichtung oder Verlegung eines Hauptanschlusses können im Frühjahr dieses Jahres über 40 v. H. berücksichtigt werden. Der weitere Ausbau wird im Rahmen des Möglichen beschleunigt weitergeführt, Er wird jedoch dadurch behindert, daß die Straßen und Wege in der Siedlung nur teilweise fertiggestellt sind.
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    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Recht hat der Herr Bundesarbeitsminister darauf hingewiesen, daß mit der Vorlage eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, Drucksache 2390, die Bundesregierung die von ihr begonnene Eigentumspolitik konsequent fortsetzt. Wir Christlichen Demokraten sehen in dem Entwurf einen weiteren wichtigen Baustein zur Erreichung des Zieles, das sich die CDU gestellt hat: Eigentum für jeden. Persönliches Eigentum ist nun einmal eine der Grundlagen unserer sozialwirtschaftlichen Ordnung. Diese Ordnung wird um so gefestigter sein, je mehr es uns gelingt, den Zugang zum Eigentum nicht nur theoretisch zu fordern, sondern auch praktisch für alle zu ermöglichen, gerade auch für diejenigen, die sparen wollen, aber dazu noch nicht in der Lage sind. Dabei wissen wir sehr wohl, daß



    Katzer
    mit einer breiten Streuung des Eigentums allein die Herstellung einer ausgewogenen gesellschaftlichen Ordnung nicht gelingt. Aber wir halten eine breite Streuung des Eigentums für eine, wie wir glauben, sehr wesentliche Voraussetzung. Auf diesem Wege ist bisher vieles und Beachtliches geschehen. Ich komme nachher noch darauf zurück.
    Mit einer Förderung des Sparens allein ist es nicht getan. Denn dem möglichen und zumutbaren Konsumverzicht sind allzu oft noch enge Grenzen gesetzt. Ich erinnere hier nur an unsere kinderreichen Familien. Es gilt, hier die Sparfähigkeit zu steigern. Es ist mehrfach, vorhin auch vom Herrn Bundesminister für Wirtschaft, darauf hingewiesen worden, daß die derzeitige Vermögensverteilungssituation unbefriedigend ist. Es muß uns gelingen, den Differenzierungsprozeß in der Vermögensverteilung abzuschwächen und eine breite Vermögensbildung zu erzielen.
    Die gesellschaftliche Ordnung bedarf des Eigentums nicht nur als einer wesentlichen Stütze der Persönlichkeitswerte des Menschen. Das Eigentum hat vielmehr auch eine Ordnungsfunktion. Das gilt besonders für die Bestimmungsrechte, die sich aus dem Eigentum ergeben. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen, eine Eigentumspolitik kann nicht damit beginnen, anderen Eigentum wegzunehmen. Das hindert uns jedoch nicht — und die bisherigen Maßnahmen der Union beweisen es —, Mittel uni Wege zu suchen, um im Rahmen der Eigentumsordnung die derzeitige unbefriedigende Vermögenssituation zu ändern. Wir wissen dabei sehr wohl um die Gefahren wirtschaftlicher Machtkonzentration. Der Bundeswirtschaftsminister hat dankenswerterweise vorhin darauf hingewiesen.
    Dabei möchte ich meinen, man sollte nicht nur wirtschaftliche Machtkonzentrationen sehen. Es gibt auch andere Machtkonzentrationen, denen wir nicht ohne Sorge gegenüberstehen können.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl! — Auch bei den Gewerkschaften!)

    — Es ist hier ein Stichwort gefallen, ich will es ruhig in diesem Zusammenhang einmal nennen. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Metall hat innerhalb unserer Gesellschaft sicherlich eine beachtliche Machtposition, und mit Recht. Aber ich glaube, es muß uns alle doch etwas mit Sorge erfüllen, wenn der Mann an der Spitze einer der größten Gewerkschaften der Welt, der größten Einzelgewerkschaft in Deutschland, auf dem letzten Verbandstag der IG Metall über die Zustände in der Zone, nachdem er sich vorher von den Verhältnissen der Zone abgesetzt hatte, einen Satz gefunden hat, von dem ich meine, daß wir ihn nicht unwidersprochen lassen können. Er hat nämlich gesagt, ein großer Teil der schaffenden Menschen in der Zone — meint Herr Brenner — sieht in bestimmten staatlichen Einrichtungen etwas Positives. Er fährt wörtlich fort: „Man hat an vielen Stellen die Menschen der Zone zur Mitarbeit herangezogen, wenn auch oftmals etwas gewaltsam."

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Meine Freunde, da muß ich wirklich sagen: das ist eine Verkennung der Position des Freiheitlichen, die wir nicht unwidersprochen lassen dürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich sage das in diesem Zusammenhang, weil wir die Frage der gesellschaftlichen Macht und der gesellschaftlichen Kräfte, wie ich glaube, von allen Seiten sehen müssen und nicht nur von einer Position her.
    Aus diesem Wissen heraus, meine Freunde, hat die CDU — und hier waren es insonderheit unsere Freunde aus dem Mittelstand — den Gesetzentwurf über eine Enquete über die Konzentration in der Wirtschaft vorgelegt.
    Lassen Sie mich feststellen, was der Herr Bundeswirtschaftsminister vorhin mit Recht ausgeführt hat. 1945/46/47, als wir an die Arbeit herangingen — das sollten wir doch heute nicht vergessen — war das erste Ziel unserer Arbeit der Wiederaufbau unserer Wirtschaft. Dieses wichtigste Ziel, mitsamt der Eingliederung der Vertriebenen und mitsamt dem ersten Ziel, das die Gewerkschaften immer auf ihre Fahne geschrieben haben, nämlich Vollbeschäftigung, haben wir unter Führung von Professor Erhard nach 1945 hier bei uns erreicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Es war, so glaube ich, richtig und notwendig, die Mittel der Finanz- und Steuerpolitik dem Aufbau der Wirtschaft zuzuwenden.
    Ich füge hinzu — und ich freue mich, da auch in Übereinstimmung mit Herrn Minister Erhard zu sein —: wir halten es aus gesellschaftspolitischen Überlegungen für ebenso wichtig und notwendig, die persönliche Eigentumsbildung zu fördern. Regierung und CDU/CSU-Fraktion haben diesem Grundsatz bei der Verabschiedung des Sparprämiengesetzes Geltung verschafft, und wir lassen uns bei dem vorliegenden Gesetzentwurf im Grunde von dem gleichen Grundsatz leiten.
    Der Gesetzentwurf zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer muß im Zusammenhang mit den bereits verabschiedeten gesetzlichen Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung gesehen werden. Es ist ein ganzer Fächer von Maßnahmen. Es sei nur erinnert an das Wohnungsbauprämiengesetz, an das Investmentgesetz, an die verschiedensten steuerlichen Maßnahmen, und erinnert sei insonderheit an das Sparprämiengesetz.
    Dabei darf ich dankbar auch die Maßnahmen der Sparkassen, Kreditgenossenschaften und Banken anerkennen, die durch Schaffung neuer Sparformen diese Entwicklung wesentlich mit gefördert haben. Ich denke an Junghandwerkersparen, Heiratssparen, Versicherungssparen, Prämien- und Gewinnsparen.
    Nicht zuletzt schließlich sei hingewiesen auf die Förderung des Wertpapiersparens durch die Privatisierungsmaßnahmen, die Teilprivatisierung der Preußag. Mehr als 80 % der Aktionäre haben — entgegen den Prognosen der SPD — trotz erheb-



    Katzer
    licher Kurssteigerungen ihre Aktien behalten. Unsere Erwartung, daß es den Kleinaktionären überwiegend darauf ankommt, ein solides Anlagepapier zu haben, dürfte damit ihre Bestätigung gefunden haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Kurlbaum: Wer von uns hat denn das prophezeit?)

    Wir sind überzeugt, daß es bei der Privatisierung des Volkswagenwerkes nicht anders sein wird.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang das Ergebnis der zahlreichen Maßnahmen der Sparförderung in wenigen — wir mir scheinen will, eindrucksvollen — Zahlen zusammenfassen.
    Es gab Ende des Jahres 1960 3,4 Millionen Bausparverträge mit einer Bausparsumme von 55 Milliarden DM. Allein im Jahre 1960 wurden 590 000 Verträge mit einer Bausparsumme von 10,8 Milliarden DM neu abgeschlossen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Der Anteil der Arbeitnehmer an den Bausparverträgen in den letzten Jahren — nur darüber liegen uns soziologische Untersuchungen vor — beträgt über 50 %, fast 60 %. Keine Zahl beweist so nachdrücklich wie diese die in unserem Volke vorhandene Sparwilligkeit. Diese Zahl beweist aber auch, daß wir alles tun müssen, um denen, die von Hause aus diese Sparwilligkeit mitbringen, durch eine Erhöhung ihrer Sparfähigkeit zu weiterem Sparen zu verhelfen. Ich denke an das Sparprämiengesetz, das wir zum Teil gegen die Stimmen der Opposition beschlossen haben.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    — Ich weiß, Sie wollen das nicht wahrhaben.

    (Abg. Dr. Deist: Es stimmt gar nicht!)

    — Es tut mir leid; Sie haben in der Opposition zum Teil auch in der Schlußabstimmung gegen das Sparprämiengesetz gestimmt. Auf Grund des Sparprämiengesetzes haben wir Geldkonten mit 900 Millionen DM und Wertpapierkonten mit 1,6 Milliarden DM, insgesamt also mit 2,5 Milliarden DM. Denken wir auch an die Investmentanteile, bei denen Sie mitgestimmt haben: 26,5 Millionen Stück im Wert von mehr als 3,2 Milliarden DM. Erinnert sei schließlich noch an das Lebensversicherungssparen.
    Die Initiative zu diesen eigentumspolitischen Maßnahmen ging entscheidend von den Christlichen Demokraten aus. Die CDU hat auf allen ihren Parteitagen — zuerst Karl Arnold im Jahre 1951 in Karlsruhe — der eigentumspolitischen Diskussion größten Raum gegeben, stark unterstützt durch die konfessionellen Standesorganisationen; ich denke hier nicht zuletzt an die Katholische Arbeiterbewegung, die bereits im Jahre 1952 konkrete Vorschläge unterbreitet hat. Ich will darauf nur deshalb hinweisen, weil es angesichts dieser Tatsachen doch mehr als erstaunlich ist, wenn Herr Dr. Deist in einem Artikel im „Industriekurier" vom 10. Dezember 1960 unter anderem — wenn ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren darf — feststellt:
    Die Sozialdemokratie hatte sich bereits im Jahre 1954 in ihrem Aktionsprogramm zu einer aktiven Eigentumspolitik bekannt,
    dieses zitiert und fortfährt: Seitdem
    — seitdem sich also im Jahre 1954 die Sozialdemokratie dazu bekannt hat —
    haben sich die Wissenschaft, die Arbeitnehmerorganisationen und auf Arbeitgeberseite die Walter-Raymond-Stiftung auf vielen Tagungen und in Veröffentlichungen mit dem Problem der Vermögensbildung befaßt.
    Und jetzt kommt der fürwahr erstaunliche Satz des Herrn Dr. Deist:
    Im Zuge dieser Entwicklung forderte die CDU im Jahre 1957 auf dem Parteitag in Hamburg „Eigentum für alle".

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Deist: Ist das nicht richtig?)

    — Nein, Herr Dr. Deist, das ist nicht richtig. Denn als wir uns damals über die Frage einer breiten Eigentumsstreuung unterhielten, hatten Sie noch eine ganz negative Vorstellung von dieser unserer Forderung.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Deist: Wann?)

    — Ich habe Ihnen dargelegt, daß die Diskussion über diese Dinge nicht erst 1954 nach Ihrem Parteitag — das Dortmunder Aktionsprogramm war es, glaube ich — begonnen hat; diese Diskussion ist vielmehr längst vorher in der Union lebendig gewesen. Wenn Sie mir vorhin zugehört hätten, hätten Sie ,es, nebenbei bemerkt, gewußt; denn ich habe soeben den Parteitag 1951 mit Karl Arnold zitiert.
    Wenn ich die jetzige Situation betrachte, stelle ich fest, daß das genau in Ihr Programm paßt. Sie möchten jetzt eben nicht mehr alles anders machen, wie das früher der Fall war, sondern Sie möchten nur noch alles besser machen, wie das auf Ihrem letzten Parteitag zum Ausdruck kam:

    (Abg. Kurlbaum: Ist auch nicht schwer!)

    Verdoppelung des Lebensstandards, und was der Diege mehr sind. Es fehlt nur noch ein Hinweis, Herr Kollege Kurlbaum und Herr Dr. Deist, daß die Volksaktie eine Erfindung der SPD ist!

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir noch etwas warten, werden wir das, glaube ich, aus Ihrem Munde auch noch hören können. Es geht dabei gar nicht darum, kleinlich ein Erstgeburtsrecht in Anspruch zu nehmen; denn niemand kann sich schließlich mehr über diesen Wandel bei der SPD freuen als die Christlichen Demokraten.

    (Zuruf von der SPD: Na, na!)

    Es gibt doch wohl kaum einen überzeugenderen Beweis für die Richtigkeit der Politik der CDU als



    Katzer
    der Versuch der SPD, sich dieser Politik anzugleichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Jahn [Marburg] : Nicht so voreilig, Herr Katzer! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Ich sage noch einmal: Es geht uns bei der Feststellung dieser Daten nicht um eine kleinliche Anerkennung des Erstgeburtsrechts, wohl aber möchten wir sichtbar werden lassen, auf welcher Ebene unsere Eigentumspolitik gewachsen ist. Die Christlich-Demokratische Union hat sich zu keiner Zeit als Klassenpartei verstanden. Ihr Ordnungsbild war und ist geprägt von der Grundvorstellung der unverletzlichen Personenwürde und Freiheit des Menschen in seiner wechselseitigen Verbundenheit mit dem Gesellschaftsganzen. Der Klassenkampfgedanke — weder der von oben noch der von unten — hat in unserem Denken niemals Platz gehabt. Das gesellschaftspolitische Leitbild dieser Leistungsgemeinschaft war für uns, ist für uns und bleibt für uns die partnerschaftliche Ordnung.
    Der vorliegende Gesetzentwurf gibt diesem Gedanken der Partnerschaft eine neue, eine gute Chance. Wir stehen hier vor neuen Entscheidungen, auf eine längere Entwicklungsdauer hingezielt. Eigentumspolitik, die sich als Gesellschaftspolitik begreift — und so hat sie auch der Herr Bundeswirtschaftsminister dargestellt —, muß im Zusammenhang mit der Notwendigkeit gesehen werden, die zweite Phase der sozialen Marktwirtschaft einzuleiten. Diese Eigentumspolitik ist nicht Sache nur eines Gesetzes oder nur einer Legislaturperiode. Das möchte ich an die Adresse der Opposition in diesem Hause richten, die immer glaubt, die Lösung des gesellschaftspolitischen Problems in globalen Gesamtplänen suchen zu müssen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Eigentumspolitik heißt, das hat die Union bewiesen, unter einem Minimum an Dirigismus und direkter Einwirkung auf die Wirtschaft einige Fakten setzen, aus denen sich dann eine Vielzahl neuer Formen gut entwickeln, und zwar deshalb gut entwickeln, weil die Eigeninitiative einen genügend weiten und breiten Spielraum hat.
    Auch dieser Regierungsentwurf setzt neue Daten. Er steckt ein neues Ziel, das über die herkömmlichen Vorstellungen hinausgeht. Sein Grundgedanke, die Ergebnisbeteiligung in den Dienst der Vermögensbildung der Arbeitnehmer zu stellen, ist gut. Wir können dem Arbeitsministerium für diesen glücklichen Gedanken dankbar sein.
    Zu bejahen ist auch, daß die Regierung ein Rahmengesetz vorgelegt hat, das auf der Basis der Freiwilligkeit der Praxis einen sehr weiten Spielraum läßt. So können nach diesem Entwurf Zuwendungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer steuerlich begünstigt und sozialversicherungsfrei ebenso gewährt werden, wie eine vermögenswirksame Ergebnisbeteiligung vereinbart werden kann. Beides setzt voraus, daß sie vom Arbeitnehmer vermögenswirksam angelegt werden. Das bedeutet eine Festlegung auf fünf Jahre. Dabei bestimmt der Arbeitnehmer selbst, wie und wo die Anlage erfolgen soll. In beiden Fällen wird die Möglichkeit zur Stärkung der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand eingeräumt.
    Dabei sind zwei wesentliche Neuerungen in dem Gesetzentwurf vorgesehen.
    Erstens. Während alle bisherigen Maßnahmen die Sparfähigkeit voraussetzten, soll mit diesem Gesetzentwurf die Sparfähigkeit gesteigert werden.
    Zweitens. Erstmals wird der Begriff der Ergebnisbeteiligung in die Gesetzessprache eingeführt. Das hebt auch trotz mancher kritischen Anmerkung der Bundesrat hervor, der den Entwurf als einen grundsätzlich begrüßenswerten Versuch bezeichnete, die Sparfähigkeit der Arbeitnehmer zu stärken.
    Man mag geteilter Meinung darüber sein, ob der Betrag von 312 DM ausreicht oder nicht. Aber wer so tut, als seien 312 DM für den einzelnen Arbeitnehmer kein nennenswerter Betrag — wie es der Bundesrat getan hat und wie man es auch hie und da in der Öffentlichkeit hört —, verkennt doch wohl die Bedeutung dieser Maßnahme und übersieht die Tatsache, daß der Bruttodurchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer je Monat im Jahre 1960 502 DM betrug.
    Ich selbst komme aus einer Familie mit sechs Kindern und weiß, daß mein Vater zeit seines Lebens Mühe gehabt hat, das Haus, das er sich anschaffte, abzuzahlen. Er hatte nicht die Möglichkeit, jährlich einen Betrag von 312 DM zu sparen und zur Verfügung zu haben. Ich meine, man sollte nicht so tun, als seien diese Beträge Kleinigkeiten. Das sind doch schon erhebliche Summen, die hier dem einzelneu Arbeitnehmer gegeben werden können. Man muß auch berücksichtigen, daß der Arbeitnehmer diesen Betrag zusätzlich zu den bisherigen Sparmöglichkeiten erhält. Sicherlich wird dies eine segensreiche Wirkung für die Zukunft haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Frage, ob der steuerliche Pauschalsatz von 10 % gerechtfertigt ist, muß man, so glauben wir, in den Ausschußberatungen noch einmal überprüfen. Hier sind doch gerade bei Beziehern kleiner Einkommen Differenzierungen zu beachten. Es erhebt sich die Frage, ob man nicht entweder einen niedrigeren Pauschalsatz oder einen auf den einzelnen Betrieb bezogenen Durchschnittssatz nehmen sollte.
    Ebenso wird man die Frage prüfen müssen, ob eine Begrenzung des Personenkreises erforderlich ist. Auch wird darüber zu sprechen sein, ob — diese Frage hat der Bundesrat aufgeworfen — gesetzlich das Erfordernis einer Betriebszugehörigkeit verankert werden sollte.
    Die zweite Möglichkeit, nämlich die Ergebnisbeteiligung, die in § 5 und § 6 des Gesetzentwurfs vorgesehen ist, hat der Herr Bundesarbeitsminister vorhin mit Recht als besonders wünschenswert bezeichnet. Leistungsbezogene Formen der Vermögensbildung sind sicherlich betriebs- und auch gesamtwirtschaftlich erwünscht.
    In § G wird zum ersten Male der Begriff Ergebnisbeteiligung gesetzlich verankert. Er wird definiert als die Einräumung von Ansprüchen an die Arbeite



    Katzer
    nehmer nach Maßgabe des Leistungserfolges des Betriebes oder wesentlicher Betriebsteile. Es handelt sich also um die Beteiligung an dem auf innerbetrieblichen Faktoren beruhenden Betriebsergebnis, wobei ja die verantwortungsbewußte Mitarbeit des einzelnen Arbeitnehmers eine besondere Rolle spielt. Einzelvorschriften sind mit Recht nicht vorgesehen. Das ist angesichts der außerordentlich unterschiedlichen Struktur der Betriebe auch gar nicht möglich. Diese unterschiedlichen Gegebenheiten in den Betrieben machen ein Abstellen auf den einzelnen Betrieb erforderlich.
    Im Verlauf der bisherigen Erörterungen des Gesetzentwurfes sind zahlreiche Anregungen gegeben worden, die wir in den Ausschußberatungen sorgsam prüfen sollten. Das gilt insbesondere für die Frage — die auch der Herr Bundeswirtschaftsminister schon angeschnitten hat —, ob sich dieses Gesetz etwa zuungunsten von mittelständischen Unternehmungen auswirken kann und ob man durch dieses Gesetz nicht zweierlei Gruppen von Arbeitnehmern schafft. Lassen Sie mich zu diesen zwei Fragen kurz Stellung nehmen.
    Zu der ersten Frage! Wir halten sie für sehr ernst und bedeutungsvoll. Man muß aber, glaube ich, zunächst darauf hinweisen, daß der Gesetzgeber hier von dem Grundsatz der Freiwilligkeit ausgeht. Dabei wird unterschiedlich argumentiert. Auf der einen Seite hört man das Argument, ohne gesetzlichen Zwang habe dieses Gesetz gar keinen Sinn. Auf der anderen Seite wird geltend gemacht, angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktsituation komme dieses Gesetz praktisch doch einem Zwange gleich.
    Ich glaube, man sollte zweierlei nicht übersehen: einmal, daß die Begrenzung auf 312 DM gerade im Hinblick auf mittelständische Unternehmungen gewählt worden ist, und zum anderen, daß in Abweichung von den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes die Möglichkeit der Einbeziehung mithelfender Familienangehöriger vorgesehen ist, also eines Personenkreises, der immerhin 2,7 Millionen Menschen umfaßt.
    Lassen Sie mich zum Thema Mittelstand und Sozialpolitik noch eine allgemeine Bemerkung machen. Das Problem begegnet uns bei fast allen Sozialgesetzen. Ich meine, die Lösung kann doch nicht darin liegen, daß der Mittelstand aus der Konkurrenzsituation heraus gezwungen ist, sich einem sozialen Fortschritt zu sperren, sondern im Gegenteil — hier kann ich nur unterstreichen, was der Bundeswirtschaftsminister gesagt hat —, wir müssen den Mittelstand durch steuerliche Maßnahmen in die Lage versetzen, auch auf dem Gebiete des Arbeitsmarktes konkurrenzfähig zu bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dazu wollen und müssen wir ihm jede nur mögliche Hilfe geben. Im übrigen sind wir selbstverständlich sehr dankbar für Anregungen, damit auch bei diesem Gesetz mittelständische Wünsche und Belange besonders berücksichtigt werden können.
    Zum Thema „zwei Gruppen von Arbeitnehmern" ist darauf hinzuweisen, daß das Lohngefälle und die sogenannten freiwilligen Sozialleistungen seit Jahr und Tag sehr unterschiedliche Arbeitsbedingungen schaffen. Diese Situation wird meines Erachtens — das wird bei einer Prüfung der Vorlage im Ausschuß sicherlich herauskommen— durch die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Begrenzung auf 312 DM nicht verschärft, sondern im Gegenteil entschärft werden. Ich sehe Herrn Kollegen Atzenroth nicht, mit dem ich mich sonst darüber unterhalte. Von dieser Seite kommt immer das Argument, man schaffe ein Gesetz, das nicht für alle im gleichen Augenblick das gleiche gebe. Dazu möchte ich fragen: Seit wann stand auf unserer Fahne „Jedem das Gleiche" ? Für uns hat es immer noch geheißen „Jedem das Seine". Diese Differenzierung ist sehr wohl von uns zu sehen und anzuerkennen. — Ich habe aus der Fülle der Anregungen nur diese herausgegriffen. Die bisherigen Maßnahmen der CDU .haben in der Bevölkerung der Bundesrepublik eine über alle Erwartungen starke Aufnahme gefunden, auch und gerade in der Arbeitnehmerschaft. Das hat die SPD wohl schließlich veranlaßt, jetzt eigene Volksaktienpläne zu entwickeln. Herr Dr. Deist, ich darf Sie noch einmal zitieren. Ich tue es nicht aus dem Zusammenhang. Sie haben in der Arbeitskreissitzung auf dem Parteitag von Hannover sehr offen gegenüber den kritischen Stimmen Ihrer Parteifreunde aus den Gewerkschaften gesagt:
    Täuschen wir uns nicht über die große Differenziertheit der heutigen Arbeitnehmerschaft, über die Schichtung, die hier vorhanden ist, wie verschieden ihre Einstellung zum sozialen Leben und zum Einkommen ist.
    Ich freue mich darüber. Es heißt dann weiter:
    Man frage unsere Freunde in der Bank für Gemeinwirtschaft, wieviel Interesse auf Arbeitnehmerseite Lauch schon für Volksaktien bestanden hat und besteht. Genossinnen und Genossen!
    — so meinten Sie, Herr Dr. Deist —Wir sollten das richtig sehen.
    Ich freue mich darüber, daß Sie jetzt offenbar, nachdem Sie diese Erkenntnis, die wir seit langem gehabt haben, mit uns teilen, bereit sind, auf diesem Wege eine Strecke mit uns gemeinsam zu gehen.
    Es hat sich gezeigt, die Arbeitnehmerschaft ist bereit, Eigentum zu erwerben. Sie ist bereit, eine neue Funktion in der gesellschaftlichen Ordnung zu übernehmen. Damals, als wir zuerst den Gedanken einer breiten Eigentumsbildung in der Hand der Arbeitnehmer in unser politisches Programm aufgenommen hatten, hat man uns von allen Seiten vorgeworfen, wir seien Sozialromantiker. Der Arbeitnehmer, so hieß es damals, wolle gar kein Eigentum, er wolle lediglich ein genügend hohes Einkommen. Noch heute begegnet man der Auffassung, man solle nur kräftig die Löhne und Gehälter erhöhen, dann könne der Arbeitnehmer auch Eigentum erwerben, wo und wie er wolle. Dabei steht bei allen Einsichtigen längst fest, daß das Problem der ständig wachsenden Differenzierung



    Katzer
    in der Vermögensbildung von dieser Seite her nicht gelöst werden kann.
    Die CDU/CSU ist bereit, mit dem vorliegenden Regierungsentwurf ihre Eigentumspolitik mit dem Ziel einer sozial gerechten und freiheitlichen Ordnung fortzusetzen, einer Ordnung, die ihre Grundlagen nur in der Freiheit der Einzelpersönlichkeit haben kann. Wir begrüßen daher die Vorlage der Bundesregierung. Wir werden die gegebenen Anregungen, insbesondere auch diejenigen des Bundesrates, bei den Beratungen berücksichtigen. Wir betrachten dieses Gesetz als ein weiteres Stück im Rahmen der Eigentumspolitik und werden uns nachdrücklich für seine baldige Verabschiedung einsetzen. Dazu bitten wir alle Fraktionen dieses Hauses um ihre Mitarbeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Junghans.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Junghans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Kollege Katzer von den Eigentumsvorstellungen der CDU aus dem Jahre 1951 gesprochen hat, sei mit aller Bescheidenheit daran erinnert, daß wir heute 1961 schreiben. Sie haben schließlich in diesen 10 Jahren mit Ihrer Partei regiert.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Rösing: Mit Erfolg!)

    Herr Kollege Katzer, gestatten Sie mir noch eine Bemerkung dazu. Sie sprechen von der Christlich-Demokratischen Union. Ich frage: von welchem Teil sprechen Sie da?

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Ich möchte nur daran erinnern, Herr Kollege Katzer: im Wirtschaftsausschuß des Bundesrates wurde ja auch über diesen Gesetzentwurf abgestimmt, und da haben sich die CDU-Minister der Stimme enthalten, der CDU-Minister von Rheinland-Pfalz hat sogar gegen den Gesetzentwurf gestimmt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Da frage ich Sie, Herr Kollege Katzer: haben die Herren Minister, die ja auch Ihrer Partei angehören, von Ihren Vorstellungen etwa noch nichts gehört? Dann würde ich das sehr bedauern.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Herr Kollege Katzer, es kommt doch letzten Endes auf folgendes an. Dazu möchte ich Sie einmal selber zitieren. Sie haben in der Zeitung „Soziale Ordnung" gesagt — und darüber werden wir uns y u unterhalten haben —:
    Kernstück einer solchen Gesellschaftspolitik aber ist die Eigentumspolitik. Denn Wesensmerkmal und sittlicher Wert einer Gesellschaftsordnung werden nicht allein von der Eigentumsordnung, vielmehr durch die tatsächlich vorhandenen Eigentumsverhältnisse geprägt.

    (Abg. Katzer: Sehr richtig!)

    Herr Kollege Katzer, das ist der Punkt, über dell wir uns zu unterhalten haben, nämlich die Frage: wie sind die „tatsächlich vorhandenen" Eigentumsverhältnisse, und was wird hieran durch diesen Gesetzentwurf geändert? Das ist die Frage, Herr Kollege Katzer.
    Die Entwicklung der Eigentums- und Vermögensverteilung in der Bundesrepublik ist besorgniserregend. Das Unbehagen über diese Entwicklung greift um sich. Es ist nicht gesund, wenn die Vermögenswerte, die von den arbeitenden Menschen — von allen arbeitenden Menschen — geschaffen werden, laufend in die Hand weniger Großbesitzer übergehen. Einer schmalen Schicht von Großbesitzern sind seit der Währungsreform zirka 150 Milliarden DM zugeflossen. Dieser Tatbestand wird auch in der Schrift „Eigentum für alle", die mit Billigung des Herrn Bundesarbeitsministers herausgegeben wurde, als eine wahrhaft explosive Vermögensdifferenzierung bezeichnet. Aber gegen diese ungerechte Entwicklung der Eigentums- und Vermögensverteilung ist von der für die Wirtschafts- und Finanzpolitik verantwortlichen Bundesregierung bisher nichts getan worden; sie ist von ihr geduldet und gefördert worden.
    Wenn ich die Schrift „Eigentum für alle" erwähne, so tue ich das nicht, ohne auf den etwas delikaten Umstand hinzuweisen, daß nach Presseinformationen des Bundesarbeitsministeriums der Herr Bundesarbeitsminister offenbar die Veröffentlichung gebilligt hat; er hat sogar das Geleitwort geschrieben. Vielleicht kann der Herr Bundesarbeitsminister die Beweggründe, die zu dieser etwas ungewöhnlichen Art von Verlautbarung aus dem Bundesarbeitsministerium führten, hier einmal erläutern. Man könnte meinen, daß eine offizielle Auseinandersetzung zwischen den Bundesressorts vermieden werden sollte, der Herr Bundesarbeitsminister aber sich auf diesem inoffiziellen Weg der Kritik an der bisherigen Vermögensbildung nicht enthalten wollte. Uns würde auch interessieren, welche Gründe den Herrn Bundesarbeitsminister bewogen haben, die Hauptverfasser dieses Gesetzentwurfs nach Fertigstellung praktisch in die Wüste zu schicken.
    Das Eingeständnis, daß die Ergebnisse ihrer Politik den Zielsetzungen der Bundesregierung widersprechen, kommt zum andern ja auch — der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das heute noch in einer sehr starken Kritik bestätigt — in der Ablehnung der bisherigen Praxis der Selbstfinanzierung zum Ausdruck. Meine Damen und Herren, hier drängt sich aber doch einem normaldenkenden Bürger in der Bundesrepublik ohne weiteres die Frage auf: Warum hat die Bundesregierung die bei zahllosen Gelegenheiten vorgebrachten Argumente der Opposition zur Einschränkung der Selbstfinanzierung im gegenwärtigen Stadium unseres Wirtschaftswachstums nicht aufgegriffen?

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es ist doch ein bedauerlicher Zustand, daß heute immer noch die gesamte Steuer- und Finanzpolitik und die Wirtschaftspolitik, einseitig auf die Vermögensbildung in der Hand weniger gerichtet ist.



    Junghans
    Natürlich sind die Tatbestände, die diesem Gesetzentwurf zugrunde liegen, wie nicht anders zu erwarten — ich erwähnte das schon —, nicht von allen Seiten der Wirtschaft und auch der Regierungskreise in Bund und Ländern mit Beifall aufgenommen worden. Ich darf nur daran erinnern, daß insbesondere die Arbeitgeberverbände sich sehr nachdrücklich mit den Ausgangspositionen dieses Gesetzentwurfs auseinandergesetzt haben. So stellt z. B. die Zeitschrift „Der Arbeitgeber" zweifelnd fest, der Regierungsentwurf gehe offensichtlich davon aus, daß die Mehrzahl der Arbeitnehmer mangels Eigentums nicht sparfähig seien und die Betriebe darum unabhängig von den Sparleistungen des Arbeitnehmers Zuwendungen machen sollten. Meine Damen und Herren, Versuche zu breiter Eigentumsstreuung können nicht ernstgenommen werden, solange die Wirtschaftspolitik nicht bereit ist, alle ihr in einem freiheitlichen Staatswesen zur Verfügung stehenden Mittel auf breitester Basis einzusetzen, um wirksam eine bessere Eigentums- und Vermögensverteilung herbeizuführen.
    Auch aus der Behandlung der Vorlage im Bundesrat ist eindeutig zu erkennen, daß es über die Regierungsvorlage in Kreisen der Regierungspartei tiefe Meinungsverschiedenheiten gibt. Wir sind gespannt, Herr Kollege Katzer, wie sich im Verlauf der Ausschußberatungen diese Gegensätzlichkeiten auswirken werden, wobei ich gleich sagen möchte, daß auch unserer Auffassung nach der Entwurf eine Reihe von schwerwiegenden Mängeln aufweist.
    Bemerkenswert ist ferner die Eile, mit der die Bundesregierung gerade im Wahljahr einen solchen Entwurf vorlegt. Diese Eile erscheint besonders deshalb interessant, da die Sozialdemokratische Partei auf ihrem Parteitag in Hannover ein umfassendes Konzept über die breite Vermögensverteilung vorgelegt hat. Ich habe nicht die Absicht, schon jetzt auf grundsätzliche Unterschiede der Konzeptionen der Bundesregierung und meiner Partei einzugehen. Mein Kollege Kurlbaum wird das noch in seinen Ausführungen darlegen. So viel möchte ich aber doch zur Klarstellung noch einmal sagen: Es handelt sich hierbei nicht um eine Vermögensumverteilung, wie sie von allen Gruppen und Schichten der Arbeitnehmer gefordert wird, sondern um die Begünstigung einer Lohnart mit Zwangssparcharakter für eine kleine Gruppe von Arbeitnehmern aus Großunternehmen und hochrentierlichen Unternehmen unter Ausschluß breitester Kreise, z. B. auch der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Es muß auch sehr klar gesagt werden, daß die im Gesetzentwurf vorgesehenen Aufwendungen der Arbeitgeber eindeutig unter die Betriebskosten fallen. Damit kann natürlich jederzeit, soweit es die Marktlage erlaubt, eine Abwälzung der Betriebsaufwendungen auf die Preise erfolgen. Das geschieht unterschiedlich, und zwar auch nach der Marktposition des Unternehmens. Es ist zu erwarten, daß sich gerade die Unternehmen, die besonders stark am Markt sind, diese Chance zunutze machen.
    Ferner ist etwas herauszustellen, von dem es im Bulletin sogar heißt, daß der Gesetzentwurf „als erster Schritt auf dem Wege zur rechtlichen Anerkennung des Beteiligungsgedankens angesehen werden" kann. Meine Damen und Herren, das ist völlig irreführend. Es ist seit Jahrzehnten in der Wirtschaft üblich, Ergebnisbeteiligungen, in Form von Prämien z. B., durchzuführen. Das ist also in der Wirtschaft durchaus nichts Neues. Neu ist hier lediglich, daß diese Ergebnisbeteiligung als Lohnart begünstigt wird, wenn sie vermögenswirksam in der Hand von Arbeitnehmern angelegt wird. Aber die Ergebnisbeteiligung als solche ist entgegen dem, was im Bulletin irreführend gesagt wird, durchaus nichts Neues.
    Meine Damen und Herren, richtig betriebene Eigentumspolitik ist eine ausgezeichnete Sache. Eigentum für alle ist ein gutes Ziel, ein Ziel, für das es sich einzutreten lohnt und das alle Anstrengungen rechtfertigt. Aber mit diesem Entwurf auf schmaler Basis wird, so kann man doch wirklich sagen, in dieser Richtung nur ein ganz kleiner Schritt getan.
    Nach diesen wenigen Vorbemerkungen, die mein Kollege Kurlbaum noch im Grundsätzlichen ergänzen wird, möchte ich auf einige offensichtliche Mängel des vorliegenden Entwurfs eingehen. Ich möchte vorweg bemerken, daß natürlich noch eine Reihe von versteckten Mängeln in ihm enthalten sind, auf die ich aber heute in erster Lesung nicht eingehen will. Ich möchte mich mit dem Herausstellen einiger Hauptpunkte begnügen.
    Von entscheidender Bedeutung ist im Gesetzentwurf die Bestimmung, daß die Regelungen zwischen den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern lediglich über Betriebsvereinbarungen erfolgen sollen, damit die Arbeitnehmer in den Genuß der Vorteile dieses Gesetzes kommen. Wenn also ein Unternehmen beabsichtigt, seinen Belegschaftsmitgliedern vermögenswirksame Zuwendungen im Sinne des § 2 des Gesetzentwurfs zu machen, so genügt es, unter Beachtung der Vorschriften der §§ 4 bis 8 eine Betriebsvereinbarung darüber abzuschließen. Mit dieser Betriebsvereinbarung wird der Arbeitgeber in den Stand gesetzt, durch relativ geringe Aufwendungen seinen Arbeitnehmern einen Vorteil zu verschaffen. Der Arbeitgeber spart einmal die Sozialversicherungsbeiträge und zum anderen einen Teil der Lohnsteuer infolge der pauschalen Versteuerung mit 10 %.
    Wie Herr Dr. Zweig in einer seiner Schriften ausgeführt hat, ergibt sich dadurch folgende Vergünstigung. Wenn ein Arbeitgeber vorhat, einem Arbeitnehmer einen Nettobetrag von zum Beispiel 100 DM zuzuwenden, für den er bisher einschließlich aller Lasten 170 DM zu tragen hatte, so verringert sich dieser Aufwand auf Grund dieses Gesetzes auf 111 DM.
    Wir möchten in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung die Frage richten, was sie von dem im Grundgesetz verankerten Recht der Tarifvertragsparteien hält, das Arbeitsleben autonom zu ordnen und darüber Normen zu vereinbaren. Wenn schon die Bundesregierung in diesem Fall besondere Vorteile zu Lasten der Allgemeinheit verspricht, dann erscheint es uns als recht und billig,



    Junghans
    diese Angelegenheit den dafür nach dem Grundgesetz zuständigen Tarifvertragsparteien zu überlassen. Bisher war es noch Sitte, daß sich das deutsche Arbeitsverfassungsrecht an überbetrieblichen Regelungen orientierte. Auch hier ist die Bundesregierung zu fragen: Will sie von dieser traditionellen Übung im deutschen Arbeitsleben abgehen und will ,sie mit diesem Entwurf gerade auf einem so schwierigen Gebiet den Weg zu betriebssyndikalistischen Tendenzen öffnen?
    Wenn hier etwa der sogenannte Partnerschaftsgedanke eine Rolle spielen sollte, so möchte ich mit besonderem Nachdruck auf das doppelte Risiko des Arbeitnehmers hinweisen, welches sich daraus ergibt, daß er mit seinem Vermögen über Belegschaftsaktien an den arbeitgebenden Betrieb gebunden ist. Denn dann ist der Arbeitnehmer nicht nur in bezug auf seinen Arbeitsplatz, sondern auch in bezug auf seinen Kapitalbesitz von dem wirtschaftlichen Wohlergehen des Betriebes abhängig,
    Mit Blick auf die mittleren und kleinen Betriebe darf ich noch bemerken, daß sich ,dieses doppelte Risiko naturgemäß mit der Abnahme der Unternehmensgröße erhöht, vor allem wenn es der Wirtschaftspolitik nicht gelingt, ein relativ stetiges Wirtschaftswachstum in allen Zweigen der Wirtschaft zu sichern. Die Krisenerscheinungen in der Textil- und Zweiradindustrie, wo in den letzten Jahren solche Experimente gestartet worden sind, haben gezeigt, wie schwer sich dieses doppelte Risiko für den Arbeitnehmer auswirken kann.
    Eine betriebliche Regelung birgt im übrigen auch die Gefahr in sich, daß innerhalb eines Wirtschaftszweiges ein Sozialgefälle entsteht. Hierbei denke ich auch wieder insbesondere an die mittleren und kleinen Unternehmen, deren sich ja die Bundesregierung — der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das mit Verve vorgetragen mit besonderem Nachdruck annehmen will. Wenn hier an die Stelle der Betriebsvereinbarung eine Regelung durch die Tarifvertragsparteien treten würde, könnte der Einfluß ,des Gesetzes auf das Sozialgefälle innerhalb einer Branche ausgeschaltet werden. Die Bedeutung dieser Frage gerade in Zeiten der Vollbeschäftigung ist nicht zu unterschätzen. Denn die Rücksichtnahme auf die Ertragslage durch die Tarifvertragsparteien würde die wirtschaftspolitisch und wirtschaftsstrukturell unerwünschten Auswirkungen dieses Entwurfs zumindest für die mittleren und kleinen Unternehmen mildern.
    Schließlich vergessen Sie nicht, daß die Regelung durch die Tarifvertragsparteien, d. h. die Ausdehnung auf Wirtschaftsbereiche, auf Branchen auch den Kreis der begünstigten Arbeitnehmer wesentlich ausweiten würde.
    Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der zugunsten der tarifvertraglichen Regelung spricht. In dem Gesetzentwurf wird besonders - alle Redner haben das hervorgehoben — die Ergebnisbeteiligung, wenn auch mit Zwangssparcharakter, in den Vordergrund gestellt. Es heißt in dem Gesetzentwurf, daß der Leistungserfolg sich nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu richten habe. Es wird also darauf abgehoben, ,daß ausschließlich innerbetriebliche Faktoren, nicht marktabhängige, für eine Ergebnisbeteiligung heranzuziehen sind. Jedermann, der etwas davon versteht, weiß aber, daß hierbei Theorie und Praxis sich in vielen Fällen widersprechen. Ich darf nur daran erinnern, daß es bis heute nicht gelungen ist, für eine Ergebnisbeteiligung eine klare Abgrenzung zwischen marktbezogenen Faktoren und leistungsbezogenen Faktoren zu finden. Es handelt sich hierbei um ein sehr schwieriges Zuordnungsproblem, das bis heute noch keineswegs als gelöst angesehen werden kann und das mit diesem Gesetzentwurf noch brennender wird. Um so mehr ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß Vereinbarungen auf dem Gebiet dieser Materie von der nötigen Sachkunde und Einsicht getragen werden. Das scheint unseres Erachtens nur dann gegeben zu sein, wenn es den Tarifvertragsparteien überlassen bleibt, diesen freien Raum auszufüllen. Wir sollten uns davor hüten, auf diesem Gebiet der Ergebnisbeteiligung, die besonders gefördert werden soll, einseitigen, zum Teil auch gesellschaftspolitisch und staatspolitisch nicht ungefährlichen Experimenten bestimmter Unternehmergruppen freien Raum zu lassen. Wer etwas davon versteht, weiß, welche Vielzahl von Möglichkeiten der Ergebnisbeteiligung es gibt und wie fragwürdig manche solcher Systeme sind. Bei manchen darf man nicht unbeachtet lassen, wo ihr Ursprungsland liegt; ich könnte da auf verschiedene Dinge hinweisen. Mancher Unternehmer hat vielleicht einmal eine Reise nach Moskau gemacht. Dort hat ihm vielleicht ein bestimmtes Antreibersystem der Prämienzahlungen usw. sehr gut gefallen. Auf diese Gefahren möchte ich hinweisen.

    (Abg. Ruf: Kompletter Unsinn!)

    Das ist kein Unsinn, Sie verstehen nicht allzuviel davon. Sie müssen sich einmal den Wirrwarr der Leistungsentlohnung und der Ergebnisbeteiligungen in der Bundesrepublik ansehen; dann erkennen Sie die Gefahren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Lassen Sie sich einmal eine Aufstellung von Dr. Spiegelhalter darüber geben;

    (Abg. Ruf: Die kennen wir!) dann sind Sie vielleicht besser informiert.


    (Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Deshalb betriebsindividuell und keine Tarifverträge! — Gegenruf des Abg. Dr. Deist: Damit es noch schlimmer wird!)

    Wenn ich von tarifvertraglichen Vereinbarungen spreche, so möchte ich um der Klarheit willen sagen - vielleicht wird Sie das beruhigen, Herr Kollege Ruf —, daß wir zwar einer gesamtvertraglichen Regelung den Vorzug geben, daß wir aber tuotzdem den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einräumen möchten, für den einzelnen Betrieb auch eine tarifliche Vereinbarung abzuschließen.

    (Abg. Ruf: Das würde Ihnen so passen!)

    8010 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 141— Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1961
    Junghans
    — Wieso? Was halten Sie von den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Tarifhoheit, Herr Kollege?

    (Beifall bei der SPD.)

    Nach diesen Daerlegungen über den Einbau der tariflichen Vereinbarungen in den Gesetzentwurf möchte ich auf einen weiteren Mangel der Vorlage hinweisen, Nach genauer Durchsicht des gesamten Komplexes kommt man zu dem Ergebnis — das ist z. B. auch die Meinung eines der Experten, die den Gesetzentwurf mitverfaßt haben —, daß es durchaus möglich ist — wie sich z. B. Herr Dr. Zweig im „Volkswirt" vom 5. November 1960 ausdrückt —, daß im Zuge — hören Sie gut zu! — eines dynamischen Anpassungsprozesses ein Teil der Aufwendungen, die heute als freiwillige Sozialleistungen der verschiedensten Art erscheinen, als Quelle für die Gewährung der vermögenswirksamen Leistung benutzt werden. Mit anderen Worten heißt das: der Gesetzentwurf ist keineswegs auf zusätzliche Leistungen der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer zugeschnitten, sondern läßt durchaus zu, daß von den bisherigen sozialen Leistungen — z. B. Jahresabschlußprämien, Weihnachtsgratifikationen und ähnlichen Aufwendungen — auf vermögenswirksame Leistungen im Sinne dieses Gesetzes umgestiegen wird,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und das mit besonderer staatlicher Förderung. Das heißt, daß der Unternehmer dabei noch ein Geschäft macht. Vorher mußte er 170 DM aufwenden, wenn ein Betrag von 100 DM netto herauskommen sollte; jetzt muß er in demselben Falle nur noch 111 DM ausgeben; diese Betrachtung gilt natürlich im Schnitt.
    Nach den sehr kritischen Äußerungen der Arbeitgeber, in denen unter anderem auch davon die Rede ist, daß hier die Grundlagen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung berührt würden, in denen sogar, Herr Kollege Katzer, davon gesprochen wird, daß sich hier statt einer marktorientierten Unternehmerwirtschaft eine planorientierte Funktionärswirtschaft ankündige — so nachzulesen in der Zeitschrift „Der Arbeitgeber" —, kann man nicht ohne weiteres damit rechnen, daß sich die Intelligenz der Arbeitgeber darauf richten werde, neue und zusätzliche Formen zu entwickeln. Nach den im Arbeitgeberlager geäußerten Aversionen ist die Befürchtung berechtigt, daß die Arbeitgeber ihre ganze Intelligenz darauf verwenden werden, die bisher zur freien Verfügung ausgezahlten besonderen Sozialleistungen wie Jahresabschlußprämien usw. in diese neue Lohnart des Zwangssparens umzuwandeln.
    Ich möchte noch auf einen anderen Punkt hinweisen, der mit dem § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung zusammenhängt. Danach ist es möglich, Beträge bis zu 312 Mark pro Jahr für die Zukunftssicherung der Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei anzulegen. Ich erinnere nur daran, daß z. B. für die gesamte Bauwirtschaft eine Pensionskasse besteht, in die bestimmte Beträge fließen, so daß dieser Kreis der Arbeitnehmer für die Regelung, die der vorliegende Gesetzentwurf vorsieht, automatisch ganz oder zum Teil ausscheidet.
    Noch einen Punkt möchte ich erwähnen. Der Herr Kollege Katzer hat davon gesprochen, daß für die unterentwickelten Länder, für jene Völker, die heute ihre ersten Schritte als Nationen tun und noch in jeder Hinsicht der Hilfe bedürfen und unsere Sozialordnung mit sehr kritischen Augen betrachten, Prinzipien nur insoweit zählen, als sie durch Fakten bestätigt werden. Das ist genau das, worauf es ankommt. Wir sind der Auffassung: Fakten sind nötig, nicht „Fäktchen". Hoffentlich wird es nicht nach den Ausschußberatungen eines Tages heißen, der Deutsche Bundestag habe eine neue Variante zu Shakespeares „Viel Lärm um nichts" geschrieben. Auch würde eine zwingende Vorschrift, die Tarifvertragsparteien einzuschalten, die Gefahr des „Umsteigens" zumindest mindern, wenn nicht sogar ausschließen.
    Ich habe mir erlaubt, auf diesen Nebeneffekt besonders hinzuweisen, um vor Illusionen zu warnen, die im Kreise der Arbeitnehmer auf Grund dieses Gesetzentwurfes gehegt werden könnten.
    Besonders interessant ist ferner, daß nach diesem Gesetzentwurf die Arbeitnehmer gezwungen werden können, ihr Vermögen praktisch in der Weise anzulegen, die in der Betriebsvereinbarung festgelegt ist. Natürlich drückt sich in einer Betriebsvereinbarung der Wille des Arbeitgebers sehr viel stärker aus, und das scheint ja auch nach der ganzen Art, wie die Betriebsvereinbarung propagiert wird, der Sinn und Zweck zu sein. Der Arbeitnehmer hat also nicht, wie es vielleicht dem oberflächlichen Betrachter des Gesetzentwurfes und den Zuhörern heute erscheinen mag, die Freiheit, zu wählen, ob er sich z. B. für Leistungen nach dem Sparprämiengesetz oder für das Wohnungsbausparen oder für den Erwerb von Aktien entscheiden will, vielmehr ist ihm diese Entscheidung abgenommen; er ist in diesen Dingen bereits gebunden. Wir meinen angesichts der von dem Herrn Bundesarbeitsminister bei jeder Gelegenheit betonten Freiheit der Arbeitnehmer von jeglicher Bevormundung — er hat ja meines Wissens sogar einen Vergleich mit der Bismarckschen Konzeption gezogen —, daß diese Art der Bevormundung, der Beseitigung des Rechts, frei zu wählen, wie man sein Vermögen anlegen will, keineswegs in diese Landschaft paßt.

    (Abg. Ruf: Wo steht denn das?)

    Es ist einfach unverständlich, warum der Gesetzentwurf dem Arbeitnehmer nicht das Recht sichert, die Art der Vermögensbildung nach seinem Geschmack zu wählen.

    (Abg. Ruf: Dann haben Sie das Gesetz nicht durchgelesen!)

    Im übrigen spricht man auch von der sozialpolitischen Bedeutung der vorgesehenen Regelung, um einen Vorwand zur Einengung von Sozialleistungen zu haben. Auch hier darf ich Herrn Katzer zitieren. Er hat das sehr vorsichtig ausgedrückt, aber man kann schon etwa hören, wohin die Reise gehen soll. Er sagt nämlich: In dem Maße jedoch, wie das



    Junghans
    Verhältnis von personaler Freiheit und personaler Bindung sich in dem Bewußtsein des einzelnen ausbalanciert, kann der Staat darauf verzichten, dieses Gleichgewicht von Gesetzes wegen zu regulieren.

    (Abg. Katzer: Das ist richtig! Dazu stehe ich!)

    — Ja, Herr Kollege Katzer, natürlich ist das richtig; ich komme gleich darauf. Aber wir wollen uns einmal ansehen, in welchem Ausmaß das möglich ist.
    Ich möchte Ihnen dazu einmal ganz praktisch etwas vorrechnen, aus dem sich ergibt, wieweit so etwas möglich sein wird. Wenn z. B. bei 312 DM pro Jahr ein Arbeitnehmer im Laufe von 20 bis 25 Jahren rund 10 000 DM hat ansammeln können, dann beträgt der Ertrag bei einer rund 5%igen Verzinsung etwa 500 DM pro Jahr. Das heißt mit anderen Worten: Von der berühmten sozialen Unabhängigkeit; die der persönlichen Eigentumsbildung zugeschrieben wird, bleibt nach dieser Regelung nur ein Bruchteil übrig.
    Die Mängel des Gesetzentwurfs sind damit aber noch nicht erschöpft. Ich möchte deshalb auch noch auf die Vorschrift des § 2 Buchstabe c hinweisen, in der der Erwerb eigener Aktien des Unternehmens als vermögenswirksam bezeichnet wird. Es ist gar keine Frage, — niemand wird das bestreiten —, daß bei Großunternehmen, z. B. Mannesmann, BASF, Demag, Siemens, AEG usw., der Erwerb eigener Aktien oder von Belegschaftsaktien, vielleicht auch zum Vorzugspreis für den Arbeitnehmer, kein Risiko bedeutet. Aber wir müssen hier auch daran denken — ich habe das bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt —, daß dieses Risiko sich in jedem Falle mit abnehmender Unternehmensgröße verstärkt.
    Nicht zu übersehen ist auch bei der sogenannten Belegschaftsaktie die Bindung an den Betrieb. Unseres Erachtens wird dadurch die Freizügigkeit des Arbeitnehmers in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Anscheinend gibt es aber Kreise im Regierungslager — Her Kollege Katzer wies schon darauf hin —, die diese Betriebsbindung noch zusätzlich fördern wollen. Mit sorgendem Interesse haben wir vermerkt, daß im Bundesrat ein Antrag des Landes Bayern angenommen wurde, eine dreijährige Betriebszugehörigkeit als Bedingung für die Arbeitnehmer zu stellen, die für die vermögenswirksamen Leistungen in Frage kommen sollen. Zwar hat die Bundesregierung — wir erkennen das durchaus an
    — in ihrer Stellungnahme diesen Vorschlag des Bundesrates abgelehnt. Trotzdem vermögen wir nicht zu übersehen, ob sich nicht im Verlaufe der weiteren parlamentarischen Behandlung des Gesetzentwurfs erneut Tendenzen zeigen werden, diese Betriebsbindung in den Gesetzentwurf hineinzubringen. Grundsätzlich scheint es auch im Interesse der kleineren und mittleren Unternehmen völlig verfehlt zu sein, Bindungen an Großbetriebe über materielle Vorteile besonders zu fördern. Ich darf hier nochmals darauf hinweisen, daß die grundgesetzlich garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt werden darf.
    Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Herr Kollege Ruf, ist es mir unverständlich, was die Dauer einer Betriebszugehörigkeit mit einer Leistung, mit einem Leistungsfaktor — wenn man hier schon die Ergebnisbeteiligung so besonders herausgestellt -zu tun hat.
    Auch zu den Bestimmungen des § 9 über das Auskunftsrecht sind wir der Auffassung, daß es sich bei der Wahrnehmung des Auskunftsrechts um eine typische Funktion des Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz handelt. Die im Betriebsverfassungsgesetz festgelegten Rechte des Betriebsrates dürfen auf keinen Fall durch diesen Entwurf ausgehöhlt oder beschnitten werden.
    Ich habe hier keineswegs alle Mängel bis ins einzelne erörtert. Darüber werden wir uns in den Ausschüssen unterhalten. Das kann auch nicht Aufgabe der ersten Lesung sein. Aber zusammenfassend möchte ich wiederholen:
    Erstens. Es muß nach Meinung meiner Freunde sichergestellt werden, daß die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien gewahrt wird und daß die tarifliche Vereinbarung den Vorrang vor der Betriebsvereinbarung erhält.

    (Abg. Ruf: Subsidiaritätsprinzip!)

    — Ja, das ist Ihre Auffassung, nicht unsere. Ich trage unsere Auffassung vor, Herr Kollege Ruf.

    (Abg. Ruf: Ich bin dankbar, daß Sie das deutlich ausdrücken, daß wir uns nach wie vor unterscheiden!)

    — Sie können nachher hier heraufkommen.
    Zweitens. Es muß sichergestellt werden, daß nach diesem Gesetz lediglich zusätzliche Leistungen der Arbeitgeber gefördert werden.
    Drittens. Das Wahlrecht der Arbeitnehmer, wie sie die Zuwendungen vermögenswirksam anlegen, muß gewährleistet bleiben.
    Viertens. Wegen des Risikos sollte der Erwerb eigener Aktien des Unternehmens nicht gefördert werden.
    Fünftens. Jede zusätzliche Bindung an den Betrieb durch diese gesetzliche Regelung sollte ausgeschlossen werden.
    Sechstens. Die Frage des Auskunftsrechtes ist zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zu lösen.
    Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion wird die Ergebnisse der Ausschußberatung abwarten, um festzustellen, ob damit der Forderung der Sozialdemokratischen Partei nach tariflichen Vereinbarungen, die der Vermögensbildung der Arbeitnehmer dienen, entsprochen wurde.

    (Beifall bei der SPD.)