Entschuldigen Sie mal, glauben Sie, daß sich die Kommunisten in Berlin an die Regeln halten? Das ist doch gar nicht das Problem, wie wir uns militärisch mit ihnen auseinandersetzen; das steht in dem Gesetz nicht drin. Das ist ein ganz anderes Problem. Ich glaube, darauf haben wir in Berlin auch eine Antwort gegeben; aber darauf brauche ich jetzt nicht näher einzugehen.
Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu den Ausführungen von Herrn Dr. Kanka! Ich muß annehmen, Herr Dr. Kanka, daß Sie in letzter Zeit nicht die Zonengrenze passiert haben. Hätten Sie es getan, dann hätten Sie begreifen müssen, daß Ihr Beispiel völlig falsch ist. Was Sie jetzt bei der Einreise nach Italien oder in die Schweiz erleben, erleben die Bürger, die zwischen der Bundesrepublik und der „DDR" und Berlin hin- und herreisen, doch auch. Eine normale Personalkontrolle gibt es auch heute: sobald ich in Helmstedt die Zonenkontrolle hinter mir habe, werde ich auf der westlichen Seite noch einmal auf meine Person hin kontrolliert, das heißt man fordert meinen Personalausweis. Ich gebe Ihnen das zur Kenntnis, weil Ihr Vergleich hinkt. Ich zeige meinen Personalausweis vor, und der Zöllner oder der Grenzschutzbeamte sieht ihn sich an. Wahrscheinlich kann er auch hin und wieder darauf achten, wer es ist. Dann bekomme ich einen numerierten Zettel, den ich dreißig Meter weiter
Mattick
abgebe. Ich halte also dort noch einmal an. Es ist sogar eine ausreichende doppelte Kontrolle gegeben für den Fall, daß jemand auffällt. Diese Kontrolle gibt es also heute auch schon.
Wenn ich nach Italien über die Grenze fahre, dann nimmt man heute meinen Personalausweis — man braucht nicht einmal mehr einen Paß —, kontrolliert ihn, und ich kann weiterfahren. Aber niemand fragt, wohin ich fahre und was ich will.
— Das ist doch der Unterschied! Nach diesem Gesetz muß doch der in die Bundesrepublik Einreisende, wenn er gefragt wird, Auskunft geben, zu welchem Zweck er die Reise von Leipzig nach Hannover antritt. Eine solche Frage wird mir nirgends gestellt, wenn ich in die Schweiz, nach Italien, nach Frankreich oder irgendwo anders hin reise. Herr Dr. Kanka, das ist der Unterschied, das haben Sie bei dieser Betrachtung völlig außer acht gelassen. Gegen eine normale Kontrolle der Person haben wir nichts. Sie findet schon täglich und überall statt. Auch aus Berlin fährt niemand in die Bundesrepublik, ohne daß nicht seine Person kontrolliert wird. Insofern haben Sie Ihrer Betrachtung eine falsche Beurteilung zugrunde gelegt.
Leider hat der Herr Minister auf meine Bemerkung in bezug auf die Probleme, die für Berlin auftreten, gar nicht geantwortet. Ich hätte so gern einmal Ihre Meinung gehört zu den Gründen, die ich hier angeführt habe in bezug auf die Schwierigkeiten, die entstehen könnten, wenn dieses Gesetz Wirklichkeit würde. Vielleicht sind Sie, Herr Minister, noch in der Lage, einige Bemerkungen darüber zu machen, wie Sie sich die Lösung der Probleme vorstellen.
— Den Zwischenruf möchte ich nicht noch einmal parieren. Ich habe Herrn Minister Lemmer vorhin schon einmal gebeten. Ich will nicht mit neuen Bemerkungen in die Kompetenzen der Regierung eingreifen.
Der Herr Minister hat erklärt, in der Diskussion hätten jegliche sachlichen Vorschläge gefehlt. Ich muß sagen: 1. Herr Benda hat sehr gute Vorschläge gemacht, über die wir diskutieren könnten; 2. wir als Opposition, Herr Minister, haben auf detaillierte Vorschläge verzichtet, weil wir wußten, daß auch in Ihren Kreisen darüber gesprochen wird. Die Diskussion zeigte schon deutlich, daß die Vorschläge, wenn sie von der Opposition kommen, schlechter ankommen, als wenn sie aus den Reihen Ihrer eigenen Partei kommen. Wir werden manches, was dort gesagt worden ist, unterstreichen und unterstützen. und wir werden darüber in aller Ruhe verhandeln können.
Lassen Sie mich eine Schlußbemerkung machen, Herr Minister. Sie haben vorhin in Ihrer einleitenden Bemerkung — diese konnte nur auf eine Bemerkung des Berliner Innensenators Bezug nehmen — von einer böswilligen Ungezogenheit gesprochen. Ich maße mir nicht an, ähnliche Bemerkungen meinerseits zu machen. Es war zu einer Empörung darüber gekommen, daß ich die Broschüre als das bezeichnet habe, wofür wir sie halten. Ich glaube, Ihre Fraktion hätte auch in dem Moment eine Bemerkung zu Ihren Ausführungen machen müssen. Lassen wir das. Versuchen wir, auf der Grundlage — ich sage es noch einmal wie der Regierende Bürgermeister
— eines Stück weißen Papiers auf Grund der Erfahrungen, die wir auch in Berlin gemacht haben, zu untersuchen, wie wir die Personen greifen können, um die es hier geht, ohne daß wir in den Ablauf des Grenzverkehrs eingreifen und Schwierigkeiten heraufbeschwören, die heute deutlich dargelegt worden sind.