Rede:
ID0313901900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. Ich: 1
    2. eröffne: 1
    3. die: 1
    4. allgemeine: 1
    5. Aussprache.: 1
    6. Das: 1
    7. Wort: 1
    8. hat: 1
    9. der: 1
    10. Abgeordnete: 1
    11. Kühlthau.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 139. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1961 Inhalt Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Kohut . . . . . . . . . . . 3903 A Fragestunde (Drucksachen 2385, 2396) Frage des Abg. Kühn (Bonn) : Schutz der Düne in Bonn-Tannenbusch 7903 B Frage des Abg. Neumann: Akten des früheren Staatssekretärs Klopfer Schäffer, Bundesminister . 7903 D, 7904 A Neumann (SPD) . . . . 7903 D, 7904 A Frage des Abg. Dr. Bucher: Äußerung des Staatssekretärs Dr. Thedieck in der „Welt am Sonntag" Lemmer, Bundesminister . . . . 7904 A, D Dr. Bucher (FDP) 7904 C Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (Drucksachen 1518, 2169) 7904 D Antrag betr. Schiffbarmachung der Lahn (Abg. Gontrum, Dr. Löhr, Dr. Reinhard, Worms, Dr. Martin u. Gen.); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksachen 1374, 2323) Cramer (SPD) . . . . . . . . 7905 A Antrag betr. Abkommen über die einheitliche Auslegung der europäischen Verträge (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.); Mündlicher Bericht des Auswärt. Ausschusses (Drucksachen 1731, 2333) 7905 B Antrag betr. Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.) (Drucksachen 1732, 2334) 7905 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehem. Deutschmeister-Kaserne (jetzt Caritaskrankenhaus) in Bad Mergentheim (Drucksache 2321) 7905 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines bundeseigenen Teilgrundstücks des ehem. Flugplatzes Hamburg-Bahrenfeld (Drucksache 2363) 7905 C II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1961 Entschließungsantrag zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960 (FDP) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (Umdruck 536 [neu], Drucksache 2377) . . . . . 7905 D Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 731) 7905 D Entwurf eines Gesetzes über Einreise und Ausreise (Drucksache 2372) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . 7906 A, 7930 A Kühlthau (CDU/CSU) 7908 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 7910 D Benda (CDU/CSU) . . . . . . . 7913 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 7918 A Mattick (SPD) . . . . 7920 C, 7933 D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 7924 A Dr. Will (FPD) . . . . . . . . 7927 A Dr. Kanka (CDU/CSU) . 7928 B, 7937 C Lemmer, Bundesminister . . . . . 7935 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 7935 D Nächste Sitzung 7938 C Anlagen 7939 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1961 7903 139. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1961 Stenographischer Bericht Beginn: 9.11 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bazille 31. 1. Berberich 20. 1. Bergmann* 21. 1. Berkhan* 21. 1. Dr. Besold 20. 1. Frau Beyer (Frankfurt) 20. 1. Dr. Birrenbach ' 21. 1. Frau Blohm 20. 1. Dr. Bucerius 20. 1. Dr. Burgbacher * 21. 1. Caspers 31. 1. Dr. Conring 20. 1. Dr. Deist * 21. 1. Demmelmeier 20. 1. Deringer * 21. 1. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 1. Dr. Dollinger 20. 1. Dowidat 20. 1. Drachsler 20. 1. Frau Eilers (Bielefeld) 20. 1. Eilers (Oldenburg) 20. 1. Engelbrecht-Greve * 21. 1. Enk 20. 1. Erler 20. 1. Even (Köln) 20. 1. Dr. Franz 20. 1. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 21. 1. Funk 20. 1. Dr. Furler * 21. 1. Geiger (München) * 21. 1. Dr. Gleissner 20. 1. Goldhagen 20. 1. Dr. Greve 20. 1. Hahn * 21. 1. Hermsdorf 20. 1. Heye 20. 1. Hilbert 31. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 1. Höfler 31. 1. Hufnagel 20. 1. Huth 20. 1. Illerhaus * 21. 1. Dr. Jordan 20. 1. Kalbitzer * 21. 1. Killat (Unterbach) 20. 1. Dr. Knorr 20. 1. Dr. Kohut 20. 1. Dr. Kopf * 21. 1. Dr. Kreyssig * 21. 1. Dr. Krone 20. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Kühn (Bonn) 31. 1. Leber 20. 1. Lenz (Brühl) * 21. 1. Leukert 20. 1. Dr. Lindenberg * 21. 1. Dr. Löhr * 21. 1. Lücker (München) * 21. 1. Margulies * 21. 1. Marx 20. 1. Mauk 20. 1. Menke 31. 1. Dr. Menzel 28. 2. Metzger * 21. 1. Frau Nadig 20. 1. Neuburger 20. 1. Odenthal * 21. 1. Dr.-Ing. Philipp * 21. 1. Dr. Pflaumbaum 20. 1. Pöhler 20. 1. Dr. Preusker 20. 1. Frau Dr. Probst * 21. 1. Rademacher 20. 1. Rasner 28. 1. Frau Dr. Rehling 20. 1. Richarts * 21. 1. Dr. Rüdel (Kiel) 20. 1. Dr. Rutschke 27. 1. Scheel * 21. 1. Dr. Schild * 21. 1. Dr. Schmidt (Gellersen) * 21. 1. Schmidt (Hamburg) * 21. 1. Dr. Schmidt (Wuppertal) 20. 1. Schneider (Hamburg) 4. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 20. 1. Schüttler 20. 1. Dr. Schwörer 20. 1. Dr. Siemer 25. 1. Spitzmüller 20. 1. Stahl 20. 1. Dr. Stammberger 4. 2. Dr. Starke * 21. 1. Stauch 20. 1. Frau Dr. Steinbiß 20. 1. Stenger 28. 2. Storch* 21. 1. Sträter * 21. 1. Frau Strobel * 21. 1. Tobaben 20. 1. Wehner 20. 1. Wehking 20. 1. Weimer 20. 1. Weinkamm* 21. 1. * für die Teilnahme an der Tagung des Europäischen Parlaments Abgeordnete(r) beurlaubt his einschließlich b) Urlaubsanträge Brese 16. 2. Dr. Eckhardt 28. 1. Eisenmann 11. 2. Haage 2. 2. Ollenhauer 27. 1. Werner 25. 2. Anlage 2 Umdruck 731 Interfraktioneller Antrag betreffend ÜberWeisung von Anträgen an die Ausschüsse. Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden gemäß § 99 Abs. 1 GO ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen: 1. Antrag der Abgeordne- an den Ausschuß für austen Dr. Serres, Dr. Zim- wärtige Angelegenheiten mer und Genossen betr. Errichtung eines beratenden parlamentarischen Organs der Organisation für wirtschschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung — Drucksache 2205 — 2. Antrag der Abgeordne- an den Ausschuß für austen Dr. Meyer (Frank- wärtige Angelegenheiten furt), Dr. Zimmer und Genossen betr. Konferenzen europäischer Fachminister — Drucksache 2290 — Bonn, den 10. Januar 1961 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Gruppe der DP Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Wahl zu der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (3. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende und Genossen betreffend Abkommen über die einheitliche Auslegung der europäischen Verträge (Drucksachen 1731, 2333). Der Antrag, den seinerzeit der unterzeichnete Berichterstatter bei der Beratenden Versammlung des Europarats eingebracht hatte, eine europäische Auslegungsinstanz für europäische Konventionen zu schaffen, geht von der Erwägung aus, daß die Schaffung einheitlichen europäischen Rechts auf halbem Wege steckenbleibt, solange durch Staatenkonventionen nur Gesetze gleichen Wortlauts in den Vertragsstaaten geschaffen werden und keine Institution vorhanden ist, die auch die einheitliche Interpretation dieser Gesetze durch die nationalen Gerichte sicherstellt. Nur durch eine solche einheitliche Auslegung wird die Gegenseitigkeit gewahrt, besonders wenn ,die Konventionen unter mehr oder weniger allgemein formulierten Bedingungen Erlaubnisse und Verbote vorsehen. Aber auch soweit es sich um die Vereinheitlichung ganzer Rechtsgebiete, etwas des Kaufrechts handelt, ist es schwer erträglich, daß z. B. die Verkäufer eines Landes aus dem vereinheitlichten Recht in einem Vertragsstaat gewisse Rechte nicht geltend machen können, die den Verkäufern dieses Vertragsstaates in jenem Lande auf Grund einer abweichenden Gerichtspraxis zustehen. Als der französische Internationalist Bartin gegen Ende des vorigen Jahrhunderts das sogenannte Qualifikationsproblem entdeckte, das sich daraus ergibt, daß internationale Konventionen zur Vereinheitlichung des Kollisionsrechts in den einzelnen Vertragsstaaten bezüglich der darin verwendeten Rechtsbegriffe einen verschiedenen Sinn annehmen, wenn und weil die Richter ihre angestammten nationalen Begriffe bei der Auslegung der Abkommen zugrunde legen, hat er schon darauf hingewiesen, daß die bloße Vereinheitlichung der Gesetze des internationalen Privatrechts die Rechtseinheit nicht zu bringen vermöchte. Es hat nicht an Reaktionen gegen die Thesen Bartins gefehlt, der die Auslegung der Vereinheitlichungskonventionen nach der Lex fori des Richters als die einzig vernünftige Lösung des Qualifikationskonflikts vertrat. Praktisch am wichtigsten war der Vorschlag, der immer wieder gemacht worden ist, die nationalen Konventionen durch eine zu schaffende gemeinsame Auslegungsinstanz zu ergänzen. Die Frage, in welcher Weise diese Einheitlichkeit unter möglichster Schonung der nationalen Gerichtsorganisationen und Verfassungen erreicht werden könne, wurde in der Rechtskommission der Beratenden Versammlung des Europarats sehr lange beraten und hat nach langem Hin und Her schließlich zur Annahme meines Vorschlags geführt, in Anlehnung an deutsche und im Recht der Montanunion verhandene Vorbilder die nationalen höchsten Gerichte zu verpflichten, wenn sie vom höchsten Gericht eines anderen Staates abweichen wollen, die umstrittene Auslegungsfrage einer europäischen Instanz vorzulegen, als die schließlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach dessen Konstituierung empfohlen wurde. Offengelassen wurde die Frage, ob die Stellungnahme dieses Gerichtshofs für das anfragende nationale Gericht obligatorisch sein sollte oder ob man sich mit Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Januar 1961 7941 der moralischen Autorität seines Spruches begnügen könnte. Bei dem ersten Durchlauf dieses Vorschlags durch den Ministerrat des Europarates war die Neigung der Regierungen gering, auf diese Empfehlung der Beratenden Versammlung einzugehen. Aber die Beratende Versammlung wird sich angesichts der bedeutenden Lücke in der europäischen Organisation, die durch die Gefährdung der Gegenseitigkeit den Wert der Rechtseinheit und damit die europäische Idee selbst schwächen könnte, kaum mit dieser ablehnenden Haltung des Ministerrats abfinden. Deshalb erscheint es richtig und wichtig, daß der Bundestag durch einen Beschluß die Bundesregierung bittet, sich zu diesen Vorschlägen, wie schon bisher geschehen, positiv einzustellen und diese Haltung auch in Zukunft beizubehalten und zu verstärken. Deshalb hat der Auswärtige Ausschuß einstimmig die Annahme des Antrags auf Drucksache 1731 beschlossen. Dr. Wahl
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der heute zur ersten Beratung kommende Gesetzentwurf wird seit etwa zwei Monaten debattiert. Er ist der Öffentlichkeit am 17. November 1960 übergeben worden. Der Bundesrat hat ihn am 22. Dezember behandelt. Der Inhalt des Entwurfs ist weitgehend bekannt. Wir haben überdies eine Materialsammlung dazu mit der Überschrift „Gegen den roten Funktionär" herausgebracht, die der Öffentlichkeit etwa seit Mitte Dezember vergangenen Jahres vorliegt. Dort ist zur bisherigen Kritik in Rede und Gegenrede auch Stellung genommen. Ich darf also heute davon ausgehen, daß die Sache selbst den Mitgliedern des Hohen Hauses bereits einigermaßen vertraut ist. Lassen Sie mich deshalb den wesentlichen Inhalt des Gesetzentwurfs nur noch in wenigen Sätzen zusammenfassen.
    Das Gesetz läßt den normalen Reiseverkehr aus der Bundesrepublik in die SBZ und umgekehrt völlig frei. Eine Genehmigungspflicht wird nicht eingeführt. Die Einreise soll nur Personen verboten werden, die hier gegen die Staatsschutzbestimmungen des Strafgesetzbuchs verstoßen oder sonstige Bestrebungen gegen den Bestand, die äußere oder innere Sicherheit oder die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik verfolgen wollen. Die Ausreise soll Personen verboten werden, die in der SBZ oder im Ausland in entsprechender Weise gegen die Bundesrepublik wirken wollen. Wer entgegen dem Einreise- oder Ausreiseverbot ein- oder ausreisen will, wird an der Grenze bzw. an der Demarkationslinie — Zonengrenze — angehalten und an der Weiterreise gehindert. Personen, die entgegen dem Einreiseverbot in den Geltungsbereich des Gesetzes eingedrungen sind, können aus diesem Gebiet entfernt werden. Das ist in wenigen Sätzen der Inhalt des Entwurfs.
    Zunächst kann ich wohl eine Feststellung treffen, die erfreulich ist. Das Ergebnis der bisherigen Diskussion läßt sich dahin zusammenfassen, daß allgemein Einverständnis darüber besteht, in Zukunft das Agentenunwesen und alle anderen Erscheinungen der kommunistischen Infiltration entschlossener als bisher zu bekämpfen. Das ist ein wertvoller Ausgangspunkt für alle kommenden Beratungen und Entschlüsse. Wir würden uns aber selbst täuschen, meine Damen und Herren, wollten wir annehmen, daß damit bereits Einverständnis erzielt sei über das, was getan werden muß und getan werden kann. Wenn ich die Lage richtig einschätze, ist jedoch ein zweiter Fortschritt in der Diskussion zu verzeichnen. Alle Kritiker des Entwurfs sind sich darüber klar, daß man ihm nicht mehr nur mit Besorgnissen, Zweifeln und allgemeinen Deklarationen begegnen kann, daß man mit anderen Worten
    der Bundesregierung als Antwort auf ihre Vorlage kein weißes Blatt Papier mehr überreichen kann. Die Aufgabe als solche wird jetzt weitgehend bejaht. Die Lösungsmöglichkeiten mögen umstritten sein. Wir können sie aber nur dann diskutieren, wenn sie konkretisiert werden. Wenn ich recht unterrichtet bin, sind von dieser Debatte solche kritischen Beiträge zu erwarten. Das ist zu begrüßen, denn das Stadium der bloßen Besorgnisse, Zweifel und allgemeinen Deklarationen sollte jetzt definitiv abgeschlossen sein.
    Der Bundesrat hat sich mit dem Entwurf in mehreren Ausschüssen und anschließend im Plenum ausführlich beschäftigt. Eine Mehrheit des Bundesrats bejaht die Vorlage im Kern. Darin sehe ich für den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens eine wertvolle Unterstützung, für die ich dem Bundesrat dankbar bin. Auf einige der Empfehlungen des Bundesrats kann ich vielleicht im Laufe der heutigen Debatte, sonst aber später im Ausschuß zurückkommen.
    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist sich der Schwierigkeit der hier zu lösenden Aufgabe bewußt. Wir haben bei diesem Gesetz drei Schwierigkeiten zu überwinden: zunächst psychologische, mehr oder weniger gefühlsmäßige Schwierigkeiten. Gleichzeitig müssen wir dem gesamtdeutschen Interesse politisch gerecht werden, und schließlich müssen wir einen praktischen Weg der Lösung aufzeigen und durchführen.
    Zunächst einige Bemerkungen zu den psychologischen Schwierigkeiten. Im liberalen Rechtsstaat stößt jede Bestimmung, die Freiheit und Freizügigkeit einengt oder auch nur einzuengen scheint, zunächst einmal auf Unbehagen und instinktive Abwehr. Dieses Unbehagen und diese instinktive Abwehr können nur durch eine nüchterne Tatsachenbetrachtung überwunden werden. Ich glaube, daß dieses Stadium, soweit es sich um die Beurteilung des Gesetzentwurfs handelt, doch schon erreicht ist. Es gibt eben Dinge, die man aus Gründen der Vernunft tun muß, auch wenn ihnen das Gefühl zunächst entgegensteht. Die Gründe, derentwegen etwas geschehen muß, will ich nicht erneut ausbreiten. Ich verweise hier insbesondere auf unsere Denkschrift.
    Zweitens einige Bemerkungen zur gesamtdeutschen Politik. In diesem Zusammenhang ist jeweils ein Doppeltes zu berücksichtigen: Beeinträchtigt eine bestimmte Maßnahme die innerdeutschen Beziehungen und Verbindungen, und wirken sich die hier getroffenen Maßnahmen auf das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Widerstandswillen der Menschen in der Zone günstig oder ungünstig aus? Wir haben diese beiden sehr wichtigen Fragen immer wieder von neuem sorgfältig geprüft. In diesem Zusammenhang lassen sich natürlich einige absolute Aussagen und Voraussagen machen. Von der Bevölkerung der Zone wissen wir aber, daß sie eine sichtbare Gegenwehr gegen die kommunistische Infiltration unbedingt begrüßt. Auf der anderen Seite halten wir die Gefahr, daß die Machthaber in Pankow die Zone ganz und gar in ein hermetisch abgeschlossenes Gefängnis verwandeln, für derzeit



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    nicht gegeben. Pankow hat den Ein- und Ausreiseverkehr aus der Zone auch bisher schon rigoros
    ausschließlich nach seinen eigenen Interessen geregelt und bedarf keineswegs eines wie immer gearteten Vorwandes, um mit dieser Praxis fortzufahren. Im übrigen wird ja gerade die Ausführung
    dieses Gesetzes, wie wir sie beabsichtigen, zeigen,
    daß nur ein kleiner Teil der Reisenden von den
    neuen Bestimmungen betroffen wird.
    Drittens in praktischer Beziehung! Das Gesetz soll nach unseren Vorstellungen eine bewegliche und elastische Abwehrmöglichkeit schaffen. In diesem Sinne liegt zunächst einmal der präventive Effekt, die Vorbeugungswirkung, die das Gesetz mit sich bringen wird. Eine bestimmte Art von Funktionärsreisen wird überhaupt von vornherein von hüben und drüben entfallen.
    In diesen Zusammenhang gehört auch die kommunistisch gesteuerte Verschickung von Kindern aus der Bundesrepublik in FDJ-Lager. Dieses politische Ärgernis wird nach Inkrafttreten des Gesetzes ohne weiteres entfallen. Es gibt genügend Ferienmöglichkeiten und Ferienhilfen in der Bundesrepublik, als daß man uns erzählen könnte, die FDJ-Lager der SBZ seien berufen, einen sozialen Notstand in der Bundesrepublik zu mildern.
    Wir haben also nicht die Absicht, auf unserer Seite einen rigorosen Sperrgürtel zu errichten. Wir wünschen vielmehr eine Kontrolle, die sich insbesondere auf Einzelerkenntnisse stützt. In Zweifelsfällen genügt die Benachrichtigung der Behörden des Zielorts in der Bundesrepublik, um politisch unerwünschte Reisen unter Kontrolle zu halten. Das Gesetz wird also schon durch seine Existenz wirken, und die Grenzbeamten werden weder willkürlich handeln, noch werden sie überfordert werden.
    Nach meiner Meinung gehen viele Besorgnisse, die vorgetragen worden sind, von einer falschen Einschätzung des Gegners, seiner Reaktionen, seiner Möglichkeiten und seiner Interessenlage aus. Wer unter uns noch glauben sollte, daß den Totalitären Liberalität und Toleranz einen großen Eindruck machten, täuscht sich gründlich. Wir haben es auf der anderen Seite mit Gegnern zu tun, die ihr Umsturzziel rücksichtslos verfolgen und denen dafür jedes Mittel recht ist. Für unsere Großzügigkeit haben sie lediglich Verachtung, Hohn und Zynismus. Sie halten Liberalität und Toleranz für Zeichen der Schwäche und mißbrauchen sie für ihre Zwecke. Diejenigen Bewohner der Sowjetzone dagegen, die unsere Lebens- und Staatsform lieben und für sich ersehnen, werden in ihrer Liebe zur Freiheit keineswegs dadurch abgeschreckt, daß wir kommunistischen Funktionären nicht länger erlauben wollen, die Freiheit zu mißbrauchen. Sie finden das nicht mehr als recht und billig.
    Keine Freizügigkeit für die Feinde der Freiheit, das gehört zu den erlaubten Abwehrmitteln des Rechtsstaates. Die Kontrolle auf unserer Seite wird sich von der Kontrolle auf der anderen Seite entschieden vorteilhaft abheben. Zudem liegt hinter der einen Kontrolle ein Land der Unfreiheit; unsere Kontrolle dagegen wird das Tor in unser freies Land
    für die Freunde der Freiheit nicht verriegeln. Für die Freunde der Freiheit ist und bleibt unser Tor auf.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In diesem Zusammenhang einige Bemerkungen zu dem Berlin-Problem! Über die Frage der Einbeziehung Berlins in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ist bereits im Bundesrat gesprochen worden. Es bestand Einverständnis darüber, daß Berlin nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einbezogen werden kann.
    Es stellt sich aber eine zweite Frage: ob nämlich Reisen von oder nach Berlin grundsätzlich ausgenommen werden sollen oder ob Personen mit ständigem Aufenthalt in West-Berlin so behandelt werden sollen, als ob sie gleichzeitig auch hier einen Wohnsitz hätten. Wir haben diese Frage bisher verneint, weil eine solche Regelung für die Pankow-Leute tatsächlich eine allzu leichte Möglichkeit böte, West-Berlin gegen uns zu mißbrauchen. Das brächte West-Berlin nichts, wäre aber für das Gesamtinteresse offensichtlich nachteilig.
    Ich bin im übrigen der Meinung, daß das, was für die Bundesrepublik gut ist, für West-Berlin nicht schlecht sein kann. Gerade West-Berlin hat ein entscheidendes Interesse daran, daß die Bundesrepublik sich mit allen Kräften gegen die kommunistische Infiltration zur Wehr setzt. Es ist eine böse Ungezogenheit, uns nachzusagen, wir steckten sozusagen West-Berlin mit der Sowjetzone in einen Sack — wie sich ein nicht unbekannter Politiker wenig geschmackvoll ausgedrückt hat — und nutzten damit den Kommunisten. Ich habe bereits im Bundesrat gesagt, daß wir die sich im Zusammenhang mit diesem Gesetz aus Gründen der geographischen Lage West-Berlins ergebenden Probleme erneut sorgfältig prüfen wollen. Ich möchte aber doch darum bitten, daß wir in diesem Zusammenhang weder mit bösartigen Unterstellungen noch mit Zweifeln an unserem Verstand bedacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es wäre falsch, wollte man den Gesetzentwurf unter dem Gesichtspunkt werten, als ob er sozusagen ein Ersatz für die permanente Auseinandersetzung mit dem Kommunismus sein sollte. Dazu kann ich immer nur von neuem sagen, daß die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus ein permanenter öffentlicher Prozeß ist, der sich nicht auf die Bundesrepublik beschränkt, sondern weltweit im Gange ist. Wenn ich gelegentlich von vorbeugender Hygiene gesprochen habe, so ist darauf einmal erwidert worden, es gebe gegen Bakterien auch eine Immunisierung durch Bakterien. Meine Damen und Herren, meine Antwort darauf lautet: Aber solche Immunisierungsprozesse bedürfen der ärztlichen Beobachtung und Kontrolle. Man hat gelegentlich gemeint, wir setzten durch ein solches Gesetz die Menschen in der Bundesrepublik unter eine Glasglocke und entzögen sie dadurch dem scharfen Wind der Auseinandersetzung. Davon kann keine Rede sein. In die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus sind wir, wie ich schon sagte, in vielfältiger Weise einbezogen, da sie leider ein welt-



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    weites Phänomen geworden ist. Was wir speziell bekämpfen wollen, ist jene Mischung aus subversiver Tätigkeit und lügenhafter Propaganda, die auf unserem eigenen Boden in allen möglichen Tarnungen vorzufinden ist. Die hier zu beobachtenden' Erscheinungen werden wir auch nicht etwa hundertprozentig ausrotten können; wir wollen sie aber mit verschiedenen Mitteln in jenen Grenzen halten, die uns aus Gründen der Vorbeugung notwendig erscheinen.
    Dazu gehört u. a. auch eine Intensivierung der Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden. Ich habe bereits im Bundesrat darauf hingewiesen, daß nach dem bei uns geltenden Legalitätsprinzip in Verbindung mit der bekannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in zahlreichen Fällen energischer als bisher eingeschritten werden könnte. Ich will mich in diesem Zusammenhang darüber nicht weiter verbreiten. Hier gibt es aber offensichtlich unausgeschöpfte Möglichkeiten, die ebenfalls nachdrücklich wahrgenommen werden müssen. Das macht allerdings den jetzt vorgelegten Gesetzentwurf in keiner Weise überflüssig. Im Gegenteil, dieser Gesetzentwurf soll im Vorfeld des Strafrechts seine Wirksamkeit entfalten.
    Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Prozedur dieses Gesetzentwurfs. Wir haben hier keine vorweg abgestimmten Formeln aus der Tasche gezogen, die von allen Seiten sichere Akklamation erwarten konnten. Es gibt Kritiker von uns, die offensichtlich eine Bauweise mit präfabrizierten Kompromissen bevorzugen. Ich bezweifle, ob eine solche Bauweise für ein Gesetzgebungswerk rationeller ist. Sie ist ganz sicher nicht reeller. Unser Grundriß der Lösung der gestellten Aufgabe ist nicht ins Blaue entworfen, sondern unter Verwertung der jahrelangen Erfahrungen und Ratschläge unserer Sicherheitsbehörden. Wir haben seit der ersten Veröffentlichung des Entwurfs im November letzten Jahres die Gegner dieser Vorlage vom spontanen Nein zu der Einsicht gebracht, daß etwas Wirksames geschehen müsse. Wir sind bereit, über weitere Vorschläge unvoreingenommen zu diskutieren. Aber alle Vorschläge dürfen nur einem einzigen Test unterworfen werden, nämlich dem der Brauchbarkeit. Wir wollen nicht länger zusehen, daß der Gegner ein bequemes Aktionsfeld findet, nur weil einige meinen, das sei demokratisch, das sei rechtsstaatlich geboten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Kritiker irren. Das Grundgesetz hat eine wehrhafte Demokratie gewollt, eine Demokratie, die sich ihrer Gegner entschlossen erwehrt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Gewiß nicht nur durch Gesetze!


    (Abg. Dr. Schäfer: Richtig!)

    Aber ohne Gesetze, ohne Entschlossenheit verliert der demokratische Staat Respekt, Ansehen, Achtung, also all ,das, was er auch braucht, um sich gegenüber seinen Gegnern zu behaupten.
    Meine Damen und Herren! Mit dieser Einsicht und in diesem Sinne lassen Sie uns an die weitere Arbeit herangehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Kühlthau.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Kühlthau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wohl selten hat ein von der Bundesregierung vorgelegter Gesetzentwurf das Interesse der breiten Öffentlichkeit so sehr geweckt, wie es bei dem durch den Bundesinnenminister vorgelegten und begründeten Entwurf eines Gesetzes über Ein- und Ausreise der Fall ist. Seit Bekanntwerden der wesentlichen Grundsätze dieses Gesetzes hat sich die Öffentlichkeit in einem seltenen Maße, in einem seltenen Umfang mit diesem Problem beschäftigt. Das ist verständlich, denn durch dieses Gesetz werden weitreichende rechtliche und verfassungspolitische, besonders aber bedeutsame echte politische und vor allem gesamtdeutsche Fragen angeschnitten, so daß die Anteilnahme der Öffentlichkeit groß sein mußte.
    Wenn heute hier in der ersten Lesung zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen werden soll, muß man sehr wohl zwischen den Motiven, die zur Einbringung des Gesetzentwurfs geführt haben, und dem Weg unterscheiden, der gegangen werden soll, um das erstrebte Ziel zu erreichen. Der Bundesregierung ist es im Hinblick auf die gerade für die menschlichen Kontakte zu unseren Brüdern und Schwestern jenseits der Zonengrenze schwerwiegenden Vorschläge zur Bekämpfung der zunehmenden kommunistischen Unterwühlung sicherlich nicht leicht gefallen, dem Bundestag diesen Gesetzentwurf zur Abwehr der uns drohenden Gefahren vorzulegen. Die Anteilnahme der breiten Öffentlichkeit an diesem Gesetzentwurf mußte lebhaft sein. Ich darf auch auf die vom hohen Verantwortungsbewußtsein und von tiefem Ernst getragenen Diskussionen im Bundesrat und seinen Ausschüssen hinweisen.
    Es dreht sich praktisch um ,die Frage, ob man zum Schutz der Freiheit die Freiheit kontrollieren und einschränken darf. In einem freiheitlichen Rechtsstaat wird eine solche Frage immer zu lebhaften Diskussionen führen müssen.
    Die CDU-Fraktion bejaht in vollem Umfang die Motive, die die Bundesregierung zur Einbringung dieses Gesetzentwurfs veranlaßt haben. Ja, sie glaubt sagen zu dürfen, daß sie sich hierin mit allen Parteien und Fraktionen hier im Hause einig weiß. Auch bei allen kritischen Stimmen, die gelegentlich der Diskussion im Bundesrat aufklangen, drang doch immer wieder die Bejahung der Motive durch.
    Wir sind glücklich und zufrieden, in einem freiheitlichen Rechtsstaat leben zu dürfen, dem wir alle dienen und den wir zu verteidigen entschlossen sind. Aber dieses Glück ist nicht ungetrübt; denn wir wissen, daß unsere Menschen drüben hinter der Zonengrenze nicht in der von uns so geschätzten



    Kühlthau
    Freiheit leben dürfen. Wir haben unseren Brüdern und Schwestern jenseits der Zonengrenze die Tür daher immer weit offengehalten. Wir haben den Reiseverkehr zwischen hüben und drüben sich praktisch ungehindert entwickeln lassen. Die Zonenmachthaber allein haben diesem Reiseverkehr Beschränkungen auferlegt. Wir hielten die Tore trotz ihrer Maßnahmen weit offen.
    Bei manchen klang schon hin und wieder einmal die Frage besorgt auf, ob von unserer Seite dem innerdeutschen Reiseverkehr über die Zonengrenze nicht zu freier Raum gelassen würde.
    Ich erinnere mich, daß, als ich vor ein paar Monaten mit Kollegen des Innenausschusses an der Zonengrenze stand und die mit Bunkern und Wachtürmen jenseits der Zonengrenze gespickte Demarkationslinie sah, selbst in diesem Kreise die Frage auftauchte, ob wir die offene Grenze angesichts der Gefahren, die uns von drüben drohen, verantworten könnten. Aber wir waren uns darin einig, daß die Bundesrepublik von sich aus nichts tun dürfe, was den Anschein erwecken könnte, als wenn auch wir von hier aus den Eisernen Vorhang einer Demarkationslinie herunterlassen wollten. Die auf unserer Seite offene Zonengrenze ist der beredte Beweis dafür, daß wir uns von unseren Brüdern und Schwestern drüben nicht trennen lassen und auch in der Zukunft alles vermieden sehen wollen, was die uns aufgezwungene Trennung noch verschärfen könnte.

    (Beifall in der Mitte.)

    Aber, so müssen wir uns fragen, dürfen wir trotz unseres unbedingten Willens, die Trennung von unseren Brüdern und Schwestern drüben nicht noch zu verstärken und die bestehenden Kontakte nicht zu stören, unsere Augen vor einer allen offenbaren Gefahr für den Bestand unseres Staates verschließen? Hier an dieser Stelle ist in den zurtickliegenden Jahren oft die Frage aufgeworfen worden, ob nicht der Weimarer Staat den Fehler begangen habe, von seinen Machtmitteln, die er besaß, gegenüber denjenigen, die ihn zu zerstören trachteten, nicht den rechten und den rechtzeitigen Gebrauch gemacht zu haben. Wären uns nicht möglicherweise die schrecklichen Jahre seit 1933 erspart geblieben? So ist hier oft gefragt worden.
    Man muß aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und den Anfängen wehren. Die Freiheit, die wir jedem Staatsbürger in der Bundesrepublik als das höchste Gut sicherten, darf nicht von denen mißbraucht werden, deren Trachten allein darauf gerichtet ist, diesen freiheitlichen Rechtsstaat zu untergraben und zu zerstören.

    (Beifall.)

    Angesichts der in den letzten Monaten dauernd zunehmenden Infiltration kommunistischer Kräfte und der Unterwanderung des Gebiets der Bundesrepublik durch SED-Funktionäre und ihre Helfershelfer müssen wir ernstliche Überlegungen darüber anstellen, wie wir dieser Gefahr begegnen können, ehe es zu spät ist. Hierzu hat die Bundesregierung mit dem heute vorgelegten Entwurf eines Gesetzes
    über Einreise und Ausreise nachdrücklichst den Anstoß gegeben.
    Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, daß die Bundesregierung, und insbesondere der für die Sicherung des Staatslebens verantwortliche Bundesminister des Innern, nicht rechtzeitig und nachdrücklich genug auf die Gefahren hinweisen konnte, die sie sieht. Ja, wir glauben, daß das deutsche Volk der Bundesregierung und dem verantwortlichen Ressortminister schwere Vorwürfe nicht ersparen würde, wenn sie die Dinge hätten treiben lassen. In dieser Grundfrage, meine Damen und Herren, gibt es in meiner Fraktion keine Meinungsverschiedenheit, und ich bin überzeugt, in diesem Hause auf allen Seiten nicht. Freiheit ist uns allen das höchste Gut, das es zu bewahren gilt.
    Ist es nicht bezeichnend, daß in dem Augenblick, in dem bei uns kundgetan wird, daß wir entschlossen sind, der Infiltration kommunistischer Kräfte entgegenzutreten, die drüben die Freiheit mit Füßen treten, hier aber die Freiheit für sich in Anspruch nehmen und mißbrauchen, ausgerechnet die soeben in Stuttgart begründete Deutsche Friedensunion, von der sich alle Fraktionen dieses Hauses deutlich distanziert haben, angekündigt hat - es war, glaube ich, ihre erste Verlautbarung überhaupt —, daß sie das Bundesverfassungsgericht anrufen und seine Überprüfung verlangen werde, ob durch eine gesetzliche Einschränkung des Reiseverkehrs nicht die verfassungsmäßig garantierte Freizügigkeit in der Bundesrepublik grundgesetzwidrig eingeschränkt werde.

    (Abg. Stingl: Sie sollen mal das Zonengericht anrufen!)

    Dieses Recht, meine Damen und Herren, steht demjenigen zu, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung uneingeschränkt bejaht, und nicht denjenigen, die darauf aus sind oder entsprechenden Bemühungen zumindest den Weg ebnen, die dem Bundesbürger garantierte Freiheit auszuhöhlen und zu beseitigen.
    Meine Fraktion bejaht die Motive dieses Gesetzentwurfs in vollem Umfange. Es sei aber nicht verschwiegen, was auch ein jeder aus den Presseberichten der zurückliegenden Wochen entnehmen konnte, daß über den Weg, den der Entwurf zur Bekämpfung der staatsfeindlichen Kräfte in der Bundesrepublik weist, auch in meiner Fraktion mancher Vorbehalt geltend gemacht worden ist. Das gilt sowohl für die rechtlichen als auch für die verfahrungsmäßigen Fragen, insbesondere aber im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen auf die bestehenden menschlichen Kontakte mit dem deutschen Volke drüben hinter der Zonengrenze. Wie soll die vorgeschlagene Kontrolle an der Grenze praktiziert werden, ohne daß die, Gott sei es gedankt, immer noch bestehenden menschlichen Beziehungen zu den deutschen Menschen drüben nicht gestört werden? Es wird zu prüfen sein, inwieweit bereits das geltende Recht Möglichkeiten bietet, der gefahrvollen Entwicklung, die wir sehen, zu begegnen, und welche anderen Maßnahmen ergänzend zur Abwehr der Gefahr getroffen werden müssen.



    Kühlthau
    Wir sind dem Herrn Bundesminister des Innern dankbar, daß er sich soeben, nachdem er dasselbe auch schon in der Plenarsitzung des Bundesrates getan hat, zu einer Diskussion über geeignete Vorschläge bereiterklärt hat. Er selbst sprach im Bundesrat von besseren Vorschlägen, begründeteren Vorschlägen, einsichtsvolleren Vorschlägen. Er sprach davon, daß wir über solche Vorschläge, die dem gleichen Ziel dienen können, freimütig diskutieren können. Wir wollen offen und freimütig die Probleme erörtern, unvoreingenommen gegenüber jedermann. Es geht nicht darum, ob etwas gegen die uns feindlichen Kräfte getan werden muß, sondern darum, was und wie es zu tun ist. Hier erwächst den zuständigen Ausschüssen dieses Hauses eine .keineswegs leichte und politisch höchst bedeutsame Aufgabe, die in den nächsten Wochen zu lösen sein wird. Die Ausschüsse werden bei ihren Überlegungen die gesamtdeutschen Probleme, die menschlichen Kontakte zwischen hüben und drüben nicht aus dem Auge verlieren dürfen. Der Bundesminister des Innern selbst hat immer wieder betont, daß Unverdächtige von Kontrollen im innerdeutschen Reiseverkehr zwischen der Zone und der Bundesrepublik weitestgehend unberührt bleiben sollen; daß das Gesetz insbesondere unseren Willen unterstreichen solle und müsse, daß wir dem Agentenunwesen und allen anderen Erscheinungen der kommunistischen Infiltration entschlossen und abwehrbereiter gegenübertreten, als wir bisher tun konnten.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Dazu gehört auch eine mögliche Überwachung der Reisen derjenigen Zonenbewohner, die ihrem System politisch verpflichtet sind. Nur sie sollen getroffen und der Kontrolle unterworfen werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der übrige Reiseverkehr soll und darf — das hat der Herr Bundesminister des Innern immer wieder als Auffassung der Bundesregierung betont — nicht gestört werden.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Wie wollen Sie das denn unterscheiden?!)

    — Herr Kollege, lassen Sie uns diese Frage wie manche andere einer ernsten Überprüfung in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages zuführen. Wir werden dort überlegen müssen, wie die Einwände, die gegen die vorgesehene Regelung erhoben werden können, so berücksichtigt werden können, daß vielleicht doch am Ende ein Verfahren erarbeitet werden kann, dessen Bestimmungen so sind, daß sie den immer wieder vorgetragenen Bedenken Rechnung tragen.
    Die Bundesregierung hat immer und immer wieder betont, hat nie einen Zweifel daran gelassen und immer wieder hervorgehoben, daß sie den normalen unpolitischen innerdeutschen Reiseverkehr nicht stören will. Die auch in unserer Fraktion aufgekommenen Bedenken gehen dahin, ob die Beschränkungen nicht doch möglicherweise zu einer Beeinträchtigung des allgemeinen Reiseverkehrs mit der Ostzone führen könnten. Dabei wird das
    Land Berlin und seine tapfere Bevölkerung eine Berücksichtigung seiner besonderen Belange fordern können. Das versteht sich am Rande. Es wird vor allem jegliche unterschiedliche Behandlung der Bewohner der Bundesrepublik und der Bewohner im Lande Berlin vermieden werden müssen. Auf diese berechtigte Frage hat der Bundesrat bereits mit allem Nachdruck hingewiesen. Im übrigen wird mein Kollege Benda nachher gerade zu diesen Fragen noch einige besondere Ergänzungen geben. Die Erhaltung der gesamtdeutschen Freizügigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Interessen wird also oberste Richtschnur der kommenden Ausschußberatungen sein müssen.
    Lassen wir, wie es auch der Herr Bundesinnenminister am Schluß seiner Rede ausgedrückt hat, diese Beratungen gemeinsam aufnehmen! Wenn wir uns in den Motiven der Notwendigkeit entschlossener Abwehrmaßnahmen gegenüber den uns drohenden Gefahren einig sind, muß sich auch gemeinsam ein Weg finden lassen, der zu diesem Ziele führt.
    Es ist in meiner Fraktion immer ein dringendes Anliegen gewesen und bleibt es auch für alle Zukunft, die menschlichen Kontakte zu unseren Brüdern und Schwestern jenseits der Zonengrenze nicht nur nicht abreißen zu lassen, sondern sie täglich neu zu hegen und zu pflegen. Zur Pflege dieser Kontakte ist in der Vergangenheit vieles getan worden, nicht nur von Bundesseite, sondern auch von den Ländern und Gemeinden, die alle bemüht waren, ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung und Intensivierung der menschlichen Kontakte zu den deutschen Menschen hinter der Zonengrenze zu leisten. Vieles bleibt noch zu tun. Das geht einen jeden von uns an.
    Auf der anderen Seite dürfen wir einer kommunistischen Verseuchung ,der Bundesrepublik und einer gefährlichen Unterminierung unseres demokratischen Staates nicht tatenlos zusehen. Hier den richtigen Ausgleich zwischen allen Interessen zu finden, ist gewiß nicht leicht. Es wird eine Aufgabe der Ausschüsse dieses Hauses sein, den Weg, der zu diesem Ziel führt, gemeinsam zu suchen. Die CDU ist bereit, dieses Problem gemeinsam zu prüfen und zu lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)