Rede von
Reinhold
Kreitmeyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß Sie noch einmal um Ihre Geduld und Nachsicht bitten. Herr Staatssekretär, Ihre Ausführungen konnten hoffnungsvoll sein, wenn Sie an die Ausschußüberweisung auch den festen Willen angeschlossen hätten, daß Sie bereit sind, neu zu verhandeln. Denn alles andere ist doch nur Makulatur, und wir machen uns irgend etwas vor, wenn Sie entschlossen sind, nicht neu zu verhandeln. Dann brauchen wir gar keine Ausschußüberweisung zu beantragen.
Zweitens kann ich es Ihnen nicht abnehmen, wenn Sie sagen, zwischen ,dem früheren und dem von deutscher Seite angestrebten optimalen Zustand, der nicht zu erreichen ist, ist eine Kompromißlösung gefunden, und diese Kompromißlösung ist in allen Fällen besser als das, was vorher war. Das stimmt nicht. Es ist Ihnen von jeder niedersächsischen Landesregierung mehrfach schriftlich versichert worden, daß Art. 19 des Truppenvertrages, auf dessen Rechtsgrundlage jetzt geübt wird, keine Grundlage für das innerdeutsche Recht darstellt und wir es immer als einen schweren Eingriff in unser Recht empfunden haben. Heute müssen wir doch sagen: dieses Verhalten ist nicht mehr mit dem Geist dieses Vertrages in Einklang zu bringen.
Nun will ich Ihnen ein Dokument nicht vorenthalten. Es ist ein Schriftverkehr zwischen dem Regierungspräsidenten in Lüneburg — vom 30. Juni 1960 — und dem, sagen wir einmal, zuständigen Verbindungsoffizier der Briten und Kanadier, der dafür sorgen soll, daß die Truppen eingehend belehrt werden und daß nichts Unrechtes passiert. Dieser Schriftverkehr bringt ganz deutlich zum Ausdruck, so schreibt der Regierungspräsident — gestatten Sie, Herr Präsident, daß ich das verlese —, daß „Sie" — der Oberst White der Briten — „der Auffassung" sind,
die Art und Weise, in der seit Anfang Juli 1960 im Raume Soltau-Lüneburg geübt wird, sei zwar nach dem Soltau-Abkommen angesichts der darin enthaltenen Beschränkungen verboten, nach Artikel 19 des Truppenvertrages, der zur Zeit gelte, aber noch gerechtfertigt. Dieser Auffassung
— so schreibt der Regierungspräsident —
kann ich mich nicht anschließen. Bei Verhandlungen über bisherige Zwischenfälle dieses Jahres ist wiederholt von der dem Abkommen beigefügten Karte wegen der zu benutzenden Straßen und Wege sowie der sogenannten „roten Flächen" gesprochen worden. Die britische Seite hat also erkennen lassen, daß sie in Erwartung des Soltau-Abkommens schon jetzt sich so verhalten wolle, wie es in diesem Abkommen vorgesehen sei.
Nun, ich wollte Einzelheiten nicht bringen. Aber Herr Staatssekretär, Sie können in Art. 4 nicht im Vordersatz sagen, daß es verboten ist, außerhalb bestimmter Straßennetze die Wege und Straßen zu benutzen, wenn Sie im nächsten Satz sagen, daß die Truppe außerhalb dieses Straßennetzes Straßen und Wege mit solchen Fahrzeugen benutzen darf, soweit es im Rahmen von Übungen zur Erreichung des Übungszweckes erforderlich ist. Das ist doch genau das Gegenteil.