Rede von
Dr.
Rolf
Dahlgrün
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zum Wort gemeldet, weil ich eine Bemerkung von Herrn Kollegen Harm nicht für richtig halte. Mich interessiert im Augenblick nur das Soltau-Lüneburg-Abkommen. Ich stimme den Kritikern des Truppenvertrages und des großen Zusatzabkommens darin zu, daß eine große Zahl von Vorschriften widersprüchlich sind, vielleicht besser formuliert werden könnten usw. Damit mögen sich die von Herrn Werner zitierten Experten in den zuständigen Ausschüssen beschäftigen.
Herr Kollege Harm, ich wollte mich gegen Ihre These wenden, daß das Ganze ein einheitliches Werk sei. Denselben Standpunkt hat Herr Kollege Werner mit der Behauptung vertreten, das ganze NATO-Truppenstatut stehe und falle mit dem Soltau-Lüneburg-Abkommen. Ich muß Ihnen sagen, daß ich in den letzten Monaten versucht habe, dafür von den beteiligten Behörden eine Begründung zu erhalten. Das ist mir nicht gelungen. Ich kann wirklich nicht einsehen, daß das zwischen dem Vereinigten Königreich, Kanada und der Bundesrepublik abgeschlossene Soltau-Lüneburg-Abkommen steht oder fällt mit dem zwischen den Partnern des Nordatlantikvertrages vereinbarten Truppenstatut; ich weiß im Moment nicht, wie viele Partner das sind, jedenfalls stehen unter den anderen Verträgen die Unterschriften einer ganzen Reihe von Staaten. Ich
kann nicht einsehen, daß die anderen Partner des Nordatlantikvertrages ausgerechnet ein Interesse daran haben sollten, daß die Engländer und Kanadier bevorzugt behandelt werden und ein zusätzliches Übungsgelände von 34 000 ha erhalten. Das kann ich wirklich nicht einsehen.
Ehe ich mich vor die Bevölkerung in der Heide, woher ich komme, stelle und diesen Vertrag vertrete, muß ich die feste Überzeugung gewonnen haben, daß es wirklich gar keine andere Möglichkeit gibt, daß es unausweichlich ist, die Menschen in diesem Gebiet weiterhin Belästigungen in der Form auszusetzen, wie es heute geschieht. Wer sich dort nicht längere Zeit aufgehalten hat, kann nicht ermessen, worum es geht. Denken Sie bitte einmal daran, daß die Kinder in diesem Gebiet nachts nicht zum Schlafe kommen, daß der Unterricht in der Schule durch vorbeifahrende Panzer laufend gestört wird. Herr Kollege Werner, es ist ja nicht so, daß die Panzer nachts um 11 Uhr kommen und dann am anderen Morgen um 3 Uhr noch einmal, sondern sie fahren die ganze Nacht — immer dieselben natürlich — durch die Straßen. So ist es! Das ist eine unglaubliche Belastung!
Wie gesagt, ich bin bereit, für unsere Freiheit und Sicherheit einzutreten. Aber ich muß leider dem Herrn Staatssekretär sagen, daß mir bis zum Augenblick noch nicht das Material geliefert ist, mit dem ich der Bevölkerung gegenübertreten könnte.
Ich bin also der Meinung, daß man in den Ausschüssen den Truppenvertrag und das große Zusatzabkommen behandeln sollte, selbstverständlich mit allen Möglichkeiten. Man sollte wirklich erst einmal versuchen, das Soltau-Lüneburg-Zusatzabkommen, durch das 12 000 Menschen unter Ausnahmerecht gestellt werden — daran gibt es doch gar keinen Zweifel —, herauszunehmen, und sollte versuchen, mit den Engländern und Kanadiern zu einer anderen Lösung zu kommen. Ich begreife nicht, daß das nicht möglich sein sollte.