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ID0313010400

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    Deutscher Bundestag 130. Sitzung Bonn, den 28. Oktober 1960 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen 2157, zu 2157) Frage des Abg.. Kalbitzer:. Betriebsbereitschaft der der Regierung von Nigeria übergebenen fahrbaren Kliniken 7479 B Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Zufahrt nach Straßburg von der neuen Autobahn Frankfurt—Basel Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 7479 C Frage des Abg. Wittrock Mitwirkung des Bundes bei der Finanzierung von Baumaßnahmen zur Unterbringung des ruhenden Verkehrs außerhalb der Straßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 7480 A, 7481 À, B, C Wittrock (SPD) 7481 A, B Ritzel (SPD) 7481 B Frage des Abg. Dr. Mommer: Tariferhöhungen der Deutschen Bundesbahn Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 7481 C, 7482 A, B, C, D, 7483 A Dr. Mommer (SPD) 7482 A Dr. Bleiß (SPD) 7482 B, C Faller (SPD) 7482 D Wittrock (SPD) 7483 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Annäherung vermutlich deutscher Düsenjäger an die Verkehrsmaschine der britischen Königin Hopf, Staatssekretär 7483 B, C, D, 7484 A Dr. Mommer (SPD) 7483 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7483 D Felder (SPD) . . . . . 7483 D, 7484 A Frage des Abg. Dr. Brecht: Fehlbestand an Wohnungen Lücke, Bundesminister . . . 7484 B, D, 7485 A, B, C Dr. Brecht (SPD) . . . . . . 7484 C, D Dr. Bartels (CDU/CSU) 7485 A Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7485 B Frage des Abg. Dr. Brecht: Rechtsverordnung betr. Miet- und Lastenbeihilfen Lücke, Bundesminister . . . 7485 C, D, 3486 A, B, C, D, 7487 A Dr. Brecht (SPD) . . . . . . . . 7485 D Dr. Bartels (CDU/CSU) 7486 A Wittrock (SPD) 7486 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 7486 D Dr. Czaja (CDU/CSU) 7487 A Franke (SPD) 7487 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 130. Sitzung, Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1960 Frage des Abg. Dr. Brecht: Wohnungsbaumittel für Stadt- und Landkreise Lücke, Bundesminister 7487 B, D, 7488 A Dr. Brecht (SPD) 7487 B, D Dr. Czaja (CDU/CSU) 7487 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Kindergeld (Drucksache 2100) Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . 7488 A, 7494 D Blank, Bundesminister '7490 C Dr: Schellenberg (SPD) . . . 7492 B Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) 7494 Ç Spitzmüller (FDP) 7494 D Dr. Wuermeling, Bundesminister 7496 D Frau Korspeter (SPD) . . . . . .. 7497 C Horn (CDU/CSU) . . . . . . 7497 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 7499 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 1666, 1929, 2166); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 2127) — Dritte Beratung —Scheppmann (CDU/CSU) 7500 A Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 7500 C Lange (Essen) (SPD) 7501 A, 7502 B, 7503 D, 7504 A Illerhaus (CDU/CSU) . . 7501 D, 7505 A Franzen (CDU/CSU) . . 7502 C, 7505 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 7503 A, 7505 C Wieninger (CDU/CSU) 7503 B Seidl (Dorfen) (CDU/CSU) . . . 7504 B Killat (Unterbach) (SPD) 7504 C Spitzmüller (FDP) 7505 D Rasner (CDU/CSU) 7506 A Spies (Emmenhausen) (CDU/CSU) 7506 B Diebäcker (CDU/CSU) 7506 B Dürr (FDP) 7506 D Handhabung der Geschäftsordnung bei Erklärungen zur Abstimmung 7507 A Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (SPD, CDU/CSU, FDP und Gruppe der DP) (Drucksache 2097 [neu]); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wiedergutmachung (Drucksache 2167) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 7507 C Nächste Sitzung 7507 D Anlagen 7509 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1960 7479 130. Sitzung Bonn, den 28. Oktober 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 28. 10. Dr, Atzenroth 28. 10. Dr. Baade 28. 10. Bach 28. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Bauereisen 28. 10. Dr. Bechert 28. 10. Behrisch 11. 11. Dr. Besold 28. 10. Dr. Birrenbach 28. 10. Fürst von Bismarck 28. 10. Blöcker 28. 10. Frau Brauksiepe 28. 10. Brese 28. 10. Demmelmeier 28. 10. Dopatka 28. 10. Eilers (Oldenburg 28. 10. Engelbrecht-Greve 28. 10. Eder 28. 10. Etzenbach 28. 10. Finckh 28. 10. Dr. Frey 29. 10. Funk 30. 11. Dr. Furler 28. 10. Gedat 28. 10. Gerns 28. 10. Glüsing (Dithmarschen) 28. 10. Dr. Gradl 28. 10. Dr. Greve 28.10. Freiherr zu Guttenberg 28. 10. Hamacher 28. 10. Hellenbrock 28. 10. Dr. Graf Henckel 28. 10. Höfler 28. 10. Holla 28. 10. Hübner 28. 10. Jacobs 28. 10. Dr. Jordan 28. 10. Jürgensen 31. 10. Frau Kettig 11. 11. Frau Kipp-Kaule 28. 10. Dr. Kopf 28. 10. Krammig 31. 10. Frau Krappe 28. 10. Kraus 31. 10. Dr. Kreyssig 28. 10. Kriedemann 28. 10. Leber 28. 10, Lermer 7. 11. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 28. 10. Maier (Freiburg) 31. 10. Margulies 28. 10. Frau Dr. Maxsein 28. 10. Meis 28. 10. Dr. Menzel 28. 10. Metter 28. 10. Müller-Hermann 28. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Murr 28. 10. Neuburger 28. 10. Neumann 28. 10. Pohle 31. 10. Dr. Preusker 28. 10. Frau Dr. Probst 28. 10. Pütz 4. 11. Rademacher 28. 10. Dr. Rüdel (Kiel) 28. 10. Scheel 28. 10. Dr. Schild 28. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 28. 10. Frau Schmitt (Fulda) 28. 10. Schneider (Bremerhaven) 28. 10. Schultz 28. 10. Schütz (Berlin) 8. 11. Seuffert 28. 10. Stahl 28. 10. Dr. Stammberger 28. 10. Dr. Starke 28. 10. Frau Dr. Steinbiß 28. 10. Stenger 15. 11. Dr. Stoltenberg 28. 10. Striebeck 28. 10. Dr. Vogel 30. 10. Wacher 28. 10. Wagner 28. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 28. 10. Dr. Weber (Koblenz) 28. 10. Weinkamm 28. 10. Werner 28. 10. Dr. Will 28. 10. Wischnewski 28.10. Dr. Zimmermann 28. 10. b) Urlaubsanträge Dr. von Haniel-Niethammer 6. 11. Dr. Dr. Heinemann 4. 11. Pohle 30. 11. Frau Renger 4. 11. Anlage 2 Umdruck 711 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 1666, 1929, 2127, 2166) Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 wird folgende neue Nummer 4 c eingefügt: 4 c. Nach § 18 wird folgender neuer § 18 a eingefügt: „§ 18 a Abweichend von § 3 Abs, 1 Nr. 3 dürfen Verkaufsstellen für Blumen und Pflanzen auf 7510 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1960 Friedhöfen sowie in einem Umkreis von 300 m von Friedhöfen sonnabends bis siebzehn Uhr geöffnet sein."' Bonn, den 27. Oktober 1960 Mauk Spitzmüller Dr. Imle Mischnick und Fraktion Anlage 3 Umdruck 712 Änderungsantrag der Abgeordneten Arndgen, Dr. Dittrich, Franzen, Scheppmann, Wieninger, Diebäcker und Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 1666, 1929, 2127, 2166) Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Artikel 1 wird Nr. 1 a gestrichen. 2. In Artikel 1 erhält Nr. 3 folgende Fassung: ,3. In § 10 Abs. 1 a) wird hinter das Wort „aufzuführenden" das Wort „Ausflugs-," gesetzt; ferner werden die Worte „Andenken und Badegegenstände, Devotionalien, Tabakwaren, Frischobst, Obstsäfte, Süßigkeiten, Blumen und Zeitungen" ersetzt durch die Worte „Badegegenstände, Devotionalien, frische Früchte, alkoholfreie Getränke, Milch und Milcherzeugnisse im Sinne des § 4 Abs. 2 des Milch- und Fettgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 811), Süßwaren, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind,"; b) wird außerdem das Wort „sechzehn" durch das Wort „zweiundzwanzig" ersetzt.' 3. In Artikel 1 Nr. 4 a erhält Buchstabe b folgende Fassung: ,b) In Absatz 3 Satz 2 wird das Wort „sechzehn" durch das Wort „zweiundzwanzig" ersetzt.' 4. In Artikel 1 wird Nr. 4 b gestrichen. 5. In Artikel 1 wird Nr. 6 gestrichen. 6. Folgender Artikel 2 a wird eingefügt: „Artikel 2 a Die nach Landesrecht zuständigen Verwaltungsbehörden können in Grenz- und Marktorten Ausnahmen von den Vorschriften des § 3 Abs. 1 Nr. 1 und des § 17 Abs. 1 für den 11. und 18. Dezember 1960 erteilen. Der für den Verkauf freigegebene Zeitraum darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muß spätestens um achtzehn Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Die Ausnahmen sind unter der Bedingung zu erteilen, daß die Verkaufsstellen am 10. und 17. Dezember 1960 für den geschäftlichen Verkehr mit den Kunden ab vierzehn Uhr geschlossen sind. Die Regelung muß für alle Verkaufsstellen eines Grenz- oder Marktortes einheitlich erfolgen." Bonn, den 27. Oktober 1960 Scheppmann Wieninger Diebäcker Franzen Arndgen und Fraktion Anlage 4 Umdruck 713 Änderungsantrag der Abgeordneten Killat (Unterbach), Lange (Essen), Odenthal und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 1666, 1929, 2127, 2166) Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 4 a wird folgender Buchstabe vor a eingefügt: ,vor a) In Absatz 1 wird dem ersten Satz nach einem Komma angefügt: „jedoch nicht an den Weihnachtsfeiertagen sowie Sonn- und Feiertagen, die einem Sonnabend folgen, an dem bis sieben Uhr und ab achtzehn Uhr die Verkaufsstellen geschlossen sein müssen."' Bonn, den 27. Oktober 1960 Killat (Unterbach) Lange (Essen) Odenthal Frau Rudoll Folger Scharnowski Hufnagel Behrendt Ludwig Reitz Börner Könen (Düsseldorf) Frau Nadig Frau Eilers (Bielefeld) Frau Krappe Junghans Dr. Königswarter Wilhelm Theil (Bremen) Dr. Tamblé Rohde Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 130. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1960 7511 Anlage 5 Umdruck 714 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage — Drucksache 2100 — der Fraktion der SPD betr. Kindergeld Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag unverzüglich einen Gesetzentwurf über die Neuordnung des Kindergeldes vorzulegen. Der Gesetzentwurf soll folgenden Inhalt haben: 1. Das gegenwärtige Aufbringungsverfahren, das besonders die lohnintensiven Klein- und Mittelbetriebe belastet, wird nach Ablauf einer einjährigen Übergangszeit durch die Finanzierung des Kindergeldes aus allgemeinen Steuermitteln abgelöst. 2. Kindergeld wird mit Wirkung ab 1. Januar 1961 auch für alle zweiten Kinder aus allgemeinen Steuermitteln gewährt. 3. Die bisher verabschiedeten 5 Kindergeldgesetze (Kindergeldgesetz vom 13. November 1954 — BGBl. I S. 333; Kindergeldanpassungsgesetz vom 7. Januar 1955 — BGBl. I S. 17; Kindergeldergänzungsgesetz vom 23. Dezember 1955 — BGBl. I S. 841; Gesetz zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften der Kindergeldgesetze vom 26. Juli 1957 — BGBl. I S. 1061; Zweites Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze vom 16. März 1959 — BGBl. I S. 153) werden aufgehoben und durch eine übersichtliche Neuregelung ersetzt. Bonn, den 27. Oktober 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 715 Änderungsantrag der Abgeordneten Killat (Unterbach), Lange (Essen), Odenthal, Frau Rudoll und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksachen 1666, 1929, 2127, 2166) Der Bundestag wolle beschließen: Artikel 1 Nr. 4 a erhält folgenden Buchstaben vor a: vor a) In Absatz 1 ist vor dem letzten Satz folgender Satz einzufügen: „Wird hiervon Gebrauch gemacht, so müssen die offenen Verkaufsstellen an den jeweils voraufgehenden Sonnabenden ab vierzehn Uhr geschlossen werden." ' Bonn, den 28. Oktober 1960 Killat (Unterbach) Börner Lange (Essen) Könen (Düsseldorf) Odenthal Frau Nadig Frau Rudoll Frau Eilers (Bielefeld) Folger Frau Krappe Scharnowski Junghans Hufnagel Dr. Königswarter Behrendt Wilhelm Ludwig Theil (Bremen) Dr. Mommer Dr. Tamble Reitz Rohde
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Clara Döhring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Mit großem Interesse haben meine politischen Freunde und ich feststellen können, daß unsere Große Anfrage sofort nach ihrer Einbringung ein bemerkenswertes Ergebnis gehabt hat. Der Herr Bundeskanzler hat sich nämlich wenige Tage, nachdem diese Große Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion vorlag, dazu entschlossen, öffentlich erklären zu lassen, daß Kindergeld für alle Zweiten Kinder gewährt werden solle. Wir hoffen sehr, daß wir nun heute von der Regierung eine klare Auskunft darüber erhalten, w i e die Gewährung von Kindergeld für die Zweiten Kinder verwirklicht werden soll.
    Es kann nicht bestritten werden, daß die verfehlte Kindergeldregelung, die von der CDU/CSU-Fraktion gegen die Stimmen aller anderen Parteien in diesem Hause im Jahre 1954 durchgesetzt wurde, zu außerordentlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Aufbringung der Mittel geführt hat. Inzwischen sind nicht weniger als fünf verschiedene Kindergeldgesetze verabschiedet worden. Dadurch ist wohl die Gesetzgebung immer komplizierter und unübersichtlicher geworden, jedoch an der Fehlkonstruktion dieser Kindergeldgesetzgebung, nämlich an der besonderen Belastung lohnintensiver Klein- und Mittelbetriebe sowie der freiberuflich Tätigen hat sich nichts geändert.
    Die Auswirkungen des verfehlten Aufbringungssystems beim Kindergeld haben sich sehr bald gezeigt. Schon im Jahre 1956 hat deshalb der damalige Bundesarbeitsminister Anton Storch auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion diesem Hohen Hause dann zugesagt — ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten kurz zitieren —, unverzüglich
    die Kindergeldgesetze neu zu fassen und dabei Härten und Unbilligkeiten der derzeitigen Regelung zu beseitigen.
    Dies ist jedoch, wie Sie wissen, bis zum heutigen Tage nicht geschehen.
    An den berechtigten Vorhaltungen der Opposition und den Protesten der in Mitleidenschaft gezogenen Selbständigen konnte dann auch die Regierungspartei nicht länger vorübergehen. Auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion selbst faßte der Bundestag am 26. Februar des vorigen Jahres einen Beschluß, der die Bundesregierung verpflichtete, erstens einen Untersuchungsbericht über die besonderen Belastungen der lohnintensiven Betriebe durch das Kindergeldaufbringungssystem und zweitens einen Gesetzentwurf über die gesetzliche Neuregelung vorzulegen. Der Gesetzentwurf sollte dem Bundestag s o rechtzeitig zugeleitet werden, daß er Anfang dieses Jahres hätte in Kraft treten können. Die Regierung hat sich jedoch über diesen Bundestagsbeschluß hinweggesetzt.
    In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion versicherte Bundesarbeitsminister Blank am 3. Februar dieses Jahres, daß noch in der ersten Hälfte dieses Jahres der überfällige Untersuchungsbericht vorgelegt und eine Beschlußfassung der Bundesregierung über die Neuregelung des Kindergeldrechts erfolgen würde. Auch an diese Zusage hat sich die Bundesregierung nicht gehalten. Es ist mir unerklärlich, meine Herren und Damen von der Regierungspartei, wie diese Brüskierung des Parlaments mit der angeblich familien- und mittelstandsfreundlichen Politik, auf die sich die Regierungsparteien bei jeder sich bietenden Gelegenheit beziehen, zu vereinbaren ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wahrscheinlich dürfte Ihnen, meine Herren und Damen von der Regierungspartei, dieser Widerspruch selbst aufgegangen sein. Denn wie anders wäre die eigenartige Situation zu erklären, daß auf Antrag von Abgeordneten der Regierungsparteien der Bundestag am 5. Mai dieses Jahres sein Bedauern über die Versäumnisse der Bundesregierung aussprechen mußte!? Jedoch auch dieser Appell hat nichts genützt.
    Darum richte ich nun hier namens der SPD-Fraktion an die Bundesregierung zuerst die Frage: warum hat sich die Bundesregierung bisher weder an die Beschlüsse des Bundestages noch an ihre eigenen Zusagen in der Frage der Neugestaltung der Kindergeldgesetzgebung gehalten? Welche Gründe kann die Bundesregierung für diese beispiellosen Versäumnisse anführen?
    Zur zweiten Frage ist zunächst festzustellen, daß das gegenwärtige Aufbringungsverfahren völlig verfehlt ist. Inzwischen haben auch viele Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion diese Mißstände zugeben müssen. Obwohl die Aufbringung des Kindergeldes, wie jeder weiß, eine Aufgabe der Allgemeinheit ist, müssen nach der jetzigen Regelung der Arbeitgeber und der selbständig Schaffende hierfür aufkommen. Während z. B. ein hochbezahlter, in der



    Frau Döhring (Stuttgart)

    Industrie oder Wirtschaft Beschäftigter nichts aufzubringen braucht, müssen die freiberuflich tätigen Kreise, von denen zweifelsohne ein großer Teil viel niedrigere Einkommen hat, kräftig in die Tasche greifen. Das ist genauso ungerecht wie die unzumutbare Belastung der lohnintensiven Klein- und Mittelbetriebe.
    Man komme uns nicht mit dem Argument, es sei ja alles in Ordnung, weil das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe diese Aufbringungsmethode als noch gerade mit dem Grundgesetz vereinbar bezeichnet habe. Politisch gesehen ist diese höchstrichterliche Entscheidung doch wahrlich kein Kompliment für den Gesetzgeber, d. h. in diesem Falle für die CDU/CSU-Fraktion, die ja seinerzeit das Kindergeldgesetz, das als das schlechteste von Europa gilt, ganz allein beschlossen hat.
    Nach wie vor ist insbesondere die gesamte Organisation mit besonderen Schwierigkeiten belastet. Wir wollen deshalb endlich von der Bundesregierung wissen, wann und w i e sie die Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe und der freiberuflich Tätigen vornehmen will. Wir möchten endlich wissen, welche Vorschläge die Bundesregierung zur Änderung der verfehlten Aufbringungsmethode zu machen hat.
    Zu unserer dritten Frage habe ich namens meiner Fraktion folgendes zu bemerken. Eine der verhängnisvollsten Begleiterscheinungen der offiziellen Kindergeldpolitik ist das ständige Ausspielen der berechtigten Belange der Familien und des Mittelstandes gegeneinander. Ich möchte deshalb namens meiner Fraktion in aller Deutlichkeit aussprechen, daß eine vernünftige Kindergeldregelung nicht im Widerspruch zu den Interessen des Mittelstandes steht. Im Gegenteil, eine gute Familienpolitik ist die beste Mittelstandspolitik. Die Weiterentwicklung des Ausgleichs der Familienlasten wird nicht durch die Belange des Mittelstandes, sondern durch das gegenwärtige verfehlte Aufbringungsverfahren blockiert. Das muß ich Ihnen, meine Herren von der Regierung, hier einmal in aller Deutlichkeit sagen.
    Wir fragen nun die Bundesregierung, ob sie endlich bereit ist, die in dem derzeitigen Aufbringungsverfahren liegenden Schwierigkeiten zu beseitigen und damit die Voraussetzungen für eine vernünftige Weiterentwicklung des Familienlastenausgleichs zu schaffen.
    Zu Punkt 4 unserer Großen Anfrage gestatten Sie mir, darauf aufmerksam zu machen, daß die heutige unzureichende Regelung, nach der Kindergeld bekanntlich erst vom dritten Kind an gewährt wird, die jungen Familien weitgehend unberücksichtigt läßt. Dabei wissen wir doch alle auf Grund des täglichen Erlebens, daß gerade die Aufwendungen für das erste und das zweite Kind die jungen Familien außerordentlich schwer belasten,

    (Abg. Ruf: Wollen Sie nach wie vor Kindergeld für das erste Kind?)

    — Das wollen wir nach wie vor. Zunächst wollen
    wir aber den nächsten Schritt, und das ist das
    Kindergeld für das zweite Kind, Herr Kollege Ruf.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Herr Familienminister Wuermeling hat seit dem Jahre 1955 Denkschriften anfertigen lassen, in denen durchaus zutreffend die Notwendigkeit einer Ausweitung des Kindergeldes auf das zweite Kind begründet wird. Die Bundesregierung hat sich jedoch auch davon nicht beeindrucken lassen und ist bei ihrer ablehnenden Haltung hinsichtlich der Gewährung des Kindergeldes für das zweite Kind geblieben. Auch die Rücktrittsofferten des Herrn Ministers Wuermeling haben an dieser verständnislosen Haltung der Regierung den Familien mit zwei Kindern gegenüber nichts geändert,

    (Bundesminister Dr. Wuermeling: Doch!)

    zumal, wie sich sehr bald zeigte, der Herr Minister Wuermeling seine Rücktrittsandrohungen gar nicht ernst genommen hat.
    Eine der betrüblichsten Etappen auf dem Wege der Kindergeldgesetzgebung spielte sich im Juni vorigen Jahres anläßlich der wirtschaftlichen Angliederung des Saarlandes ab. Statt daß ihnen wenigstens das Kindergeld für das zweite Kind belassen wurde, mußten es die Familien im Saarland entgegen allen Versprechungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Familienministers erleben, daß ihnen sogar das Kindergeld für das zweite Kind und, wie Sie wissen, für das erste Kind weggenommen wurde. Das war eine große Enttäuschung für die saarländische Bevölkerung, die sie bis heute noch nicht überwunden hat.
    In der letzten, im vergangenen Jahr fertiggestellten Denkschrift des Familienministeriums über die wirtschaftliche Lage der Familien ist der Nachweis erbracht worden, daß in der Bundesrepublik die Ernährer von nicht weniger als einem Viertel aller Familien mit zwei Kindern ein Bruttoeinkommen beziehen, das unter 400 DM im Monat liegt, und sich damit im Bereich der Fürsorgeleistungen befinden. Im Durchschnitt sind dieser Denkschrift zufolge mindestens 80 DM erforderlich, um die Mindestaufwendungen für ein Kind zu decken. Das Sozialamt der Stadt Stuttgart sieht bei der Gewährung von Fürsorgeleistungen — lassen Sie mich das bitte nebenbei noch bemerken — sogar einen Betrag von 90 DM im Monat als unterste Grenze an. Soweit die Feststellungen in der Denkschrift.
    Anstatt aber nun schleunigst die Folgerungen aus diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ziehen und auch die Zweitkinder beim Kindergeld zu berücksichtigen, hat die Bundesregierung diese aufschlußreiche Denkschrift des Herrn Familienministers für ein Staatsgeheimnis erklärt. Sie durfte nämlich nicht veröffentlicht werden, wahrscheinlich doch nur deshalb nicht, weil diese Feststellungen über die Lage eines großen Teils unserer Zwei-KinderFamilien nicht gut in ihr sogenanntes wirtschaftswunderliches Konzept gepaßt hätten. Die Verheimlichung von sozialen Mißständen halten meine politischen Freunde und ich aber für eine schlechte Methode der Familienpolitik.



    Frau Döhring (Stuttgart)

    Wir fragen deshalb die Bundesregierung, ob sie bereit ist, den von uns Sozialdemokraten seit vielen Jahren gestellten Anträgen auf Gewährung von Kindergeld vom zweiten Kind an nunmehr stattzugeben. Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, die Finanzierung des Kindergeldes aus allgemeinen Steuermitteln vorzunehmen, wie die SPD dies von Anfang an gefordert hat?
    Zur letzten Frage habe ich namens meiner Fraktion folgendes vorzubringen. Infolge von Versäumnissen, die die Bundesregierung zu verantworten hat, ist unter Mißachtung ausdrücklicher Beschlüsse dieses Hohen Hauses ein Inkrafttreten der Kindergeldneuregelung mit Wirkung ab 1. Januar dieses Jahres unmöglich gemacht worden. Hier zeigt sich ein bedauerlicher Widerspruch zwischen den familienfreundlichen Sonntagsreden von Ministern der Bundesregierung und der tatsächlich praktizierten Politik.

    (Beifall bei der SPD und der FDP.)

    Ganz offenbar hat aber die Einbringung dieser Ihnen vorliegenden Großen Anfrage der SPD Wunder gewirkt; vielleicht hat auch das Heranrücken des Termins der nächsten Bundestagswahl den Parteichef der Regierungspartei zu seiner öffentlichen Erklärung veranlaßt, die zweiten Kinder nun zu berücksichtigen. Aber sei dem, wie dem sei, eine Hinauszögerung der überfälligen gerechten Neugestaltung des Kindergeldrechts ist den betroffenen Familien und den mittelständischen Kreisen gegenüber nicht länger zu verantworten.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir möchten daher von der Bundesregierung wissen, ob sie bereit ist, den versprochenen Gesetzentwurf zur Kindergeldneuregelung s o rechtzeitig vorzulegen, daß ein Inkrafttreten am 1. Januar 1961 sichergestellt ist.
    Abschließend möchte ich nochmals mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß die Gewährung von Kindergeld keine berufsständische Angelegenheit ist, sondern eine Sache der Allgemeinheit. Es muß endlich der Schlußstrich unter das verunglückte Aufbringungsverfahren für das Kindergeld gezogen werden. Im übrigen richte ich den dringenden Wunsch an Sie, meine Herren und Damen von der Regierungspartei, nicht etwa den bestehenden bisherigen fünf Kindergeldgesetzen nun etwa ein sechstes hinzuzufügen.

    (Abg. Ruf: Stimmt ja gar nicht!)

    Davor, Herr Kollege Ruf, möchte ich aus guten Gründen besonders warnen, denn das würde den jetzt schon auf diesem Gebiet bestehenden Gesetzeswirrwarr nur noch vergrößern. Nach dieser nun schon Jahre andauernden Kindergeldtragödie kann die Bevölkerung wahrlich erwarten, daß jetzt endlich eine gerechte Gestaltung des Kindergeldrechts vorgenommen wird.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Die Große Anfrage der SPD ist begründet.
Zur Beantwortung gebe ich dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung das Wort.

(Unruhe.)

Ich darf um Aufmerksamkeit für den Herrn Minister bitten. Ich bitte, die Privatgespräche im Saale einzustellen; das gilt auch für die sehr intensiv sprechende Gruppe in der Mitte.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kindergeld vom 5. Oktober dieses Jahres nehme ich wie folgt Stellung.
    Zu 1: Der Bericht, zu dessen Vorlage die Bundesregierung durch die Entschließung des Bundestages vom 26. Februar 1959 aufgefordert worden ist, soll die Auswirkungen von lohnbezogenen Sozialabgaben ganz allgemein, nicht etwa nur die Aufbringung der Mittel nach dem Kindergeldgesetz, behandeln.
    Die Notwendigkeit, die Untersuchungen auf alle Zweige der sozialen Sicherheit, bei denen der Lohn die Beitragsbemessungsgrundlage ist, zu erstrecken, habe ich in meinen Ausführungen bei der Einbringung der letzten Kindergeldnovelle, auf die die Entschließung des Bundestags Bezug nimmt, deutlich hervorgehoben. Gleichzeitig habe ich betont, daß es sich dabei um eine sehr schwierige und zeitraubende Untersuchung handelt. Eine feste Zusage, den Bericht zu einem bestimmten Termin vorzulegen, habe ich auch bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP am 3. Februar 1960 nicht gegeben, sondern nur Angaben darüber gemacht, wann der interministerielle Arbeitskreis, der zur Untersuchung dieser Fragen gebildet worden ist, nach dem damaligen Stand der Beratungen seine Arbeiten voraussichtlich — ich betone: voraussichtlich — abschließen werde.
    Nachträglich ergab sich in dem Arbeitskreis die Notwendigkeit, die Untersuchungen weiter zu vertiefen. Es muß dabei berücksichtigt werden, daß hier sehr vielschichtige und schwierige Fragen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Inhalts zu beantworten sind. Der Arbeitskreis hat mit Recht mehr Wert darauf gelegt, das Problem gründlich zu studieren, als in kurzer Frist ein nur allgemein gehaltenes und an der Oberfläche bleibendes Gutachten abzugeben.
    Die Arbeiten des Arbeitskreises konnten jedoch in den letzten Monaten so weit gefördert werden, daß nur noch einige abschließende Formulierungen ausstehen, damit der Bericht dieses Arbeitskreises der Bundesregierung vorgelegt werden kann. Wir werden in einigen Wochen im Besitz dieser sehr gründlichen Untersuchung sein, die, wie ich hoffe, das Thema der lohnbezogenen Abgaben so erschöpfend behandelt, daß wir eine geeignete Grundlage für weitere Entscheidungen besitzen.
    Ich komme zur Beantwortung der Fragen unter 2 bis 4. Da die unter 2 gestellte Frage, welche Änderungen des Aufbringungssystems im Kindergeldgesetz die Bundesregierung für erforderlich hält, nicht unabhängig von den Plänen zur Weiterentwicklung des Familienlastenausgleichs beantwortet werden



    Bundesarbeitsminister Blank
    r kann, darf ich mir erlauben, zunächst die unter Punkt 4 gestellte Frage nach den beabsichtigten Verbesserungen der Kindergeldleistungen zu beantworten.
    Grundsätzlich erkläre ich dazu folgendes. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Zweitkinder, und zwar nicht nur die Zweitkinder der Drei- und Mehrkinderfamilien, sondern auch die Zweitkinder der Zweikinderfamilien, in die Kindergeldgesetzgebung einbezogen werden sollen, und zwar da, wo die Einkommenslage der Familie dies erfordert.
    Im einzelnen möchte ich dazu noch folgendes bemerken. In den letzten Monaten hat mein Ministerium gemeinsam mit dem Familienministerium an einer Regelung gearbeitet, die auf den in dem Gutachten der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt aus dem Jahre 1959 ausgesprochenen Gedanken zurückgeht, der in der Öffentlichkeit mit dem etwas irreführenden Schlagwort „Negativsteuer" bezeichnet worden ist. Danach sollen alle Personen, bei denen sich der Freibetrag für das zweite Kind, der bei einem steuerpflichtigen Arbeitsverdienst von mehr als 600 DM im Monat zu einer Entlastung bei der Lohnsteuer um 28 DM monatlich führt, wegen der niedrigen Höhe des Einkommens nicht oder nicht voll auswirkt, ein Kindergeld in entsprechender Höhe erhalten. Träger der Kindergeldzahlung für die zweiten Kinder wären bei dieser Lösung nicht die Familienausgleichskassen, sondern die Finanzämter. Dieser Plan ist vor zwei Wochen den Finanzministern der Länder unterbreitet worden. Er ist bei diesen jedoch auf eine entschiedene Ablehnung gestoßen. Sie wird einmal damit begründet, daß bei einer solchen Regelung eine Kostendeckung aus dem Aufkommen an Einkommen- und Lohnsteuer und damit eine Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern im Verhältnis der Beteiligung an dieser Steuer, d. h. im Verhältnis von 35 : 65, naheliegt. Meines Erachtens wäre diese Lastenverteilung bei dieser Lösung nicht zwingend geboten. Aber unabhängig von der Frage der Beteiligung an den Kosten haben die Finanzminister der Länder diese Lösung auch deshalb abgelehnt, weil sie im Hinblick auf die sonstige Belastung der Finanzämter die Regelung verwaltungstechnisch — trotz der vorgeschlagenen Auszahlung des Kindergeldes durch die Arbeitgeber — für undurchführbar halten.
    Es stellt sich nun für mich als federführenden Minister die Frage, ob ich diesen Plan, den ich persönlich wegen der meines Erachtens glücklichen Verzahnung von Kindergeld und steuerlichem Kinderfreibetrag nach wie vor als eine gute Lösung ansehe, trotz des Widerstandes der Länderfinanzminister weiter verfolgen soll, auf die Gefahr hin, daß der Bundesrat die notwendige Zustimmung zu einem solchen Gesetz versagt. Wir haben in der Geschichte des Kindergeldgesetzes schon einmal die Erfahrung gemacht, daß, wenn die Länderfinanzminister sich gegen eine Einschaltung der Finanzämter in die Kindergeldgesetzgebung aussprechen — es handelte sich bei der damaligen Vorlage aus dem Jahre 1957 nur darum, daß die Finanzämter die Beiträge der Selbständigen nach einem einheitlichen, an die Einkommensteuererklärung angelehnten
    Maßstab einziehen sollten -, dann auch der Bundesrat die Zustimmung verweigert. Die Aussicht, daß sich diesmal der Bundesrat über das einstimmige Votum der Finanzminister hinwegsetzen würde, erscheint mir gering. Ich kann mich daher nicht entschließen, eine „Finanzamtslösung" dem Kabinett vorzulegen, wenn die Länderfinanzminister, wie hier geschehen, dieser Regelung widersprechen.
    Als sich die Bedenken der Finanzverwaltung gegen den dargelegten Plan abzeichneten, ist deshalb von meinem Ministerium ersatzweise eine Regelung in Aussicht genommen worden, die ebenfalls ein Kindergeld für Zweitkinder in allen Familien, bei denen die Einkommenslage es erfordert, vorsieht, wobei jedoch das Kindergeld wie bei den dritten und weiteren Kindern durch die Familienausgleichskassen ausgezahlt werden sollte. Bei der Finanzierung sieht diese Regelung einen Bundeszuschuß in solcher Höhe vor, daß die Beitragsbelastung im Durchschnitt 1 % der Lohnsumme nicht übersteigt.
    Der Vorstand des Gesamtverbandes der Familienausgleichskassen hat sich in der vorigen Woche mit diesem Plan befaßt. Hierbei haben sich schwerwiegende Bedenken gegen die Durchführbarkeit durch die Familienausgleichskassen — insbesondere im Hinblick auf die beabsichtigte Ausdehnung auf Zweikinderfamilien, wodurch sich die Zahl der Kinder etwa verdoppeln würde - ergeben. Der Vorstand hat beschlossen, die Angelegenheit der Vertreterversammlung des Gesamtverbandes, die heute in Hamburg tagt, zu unterbreiten. Eine offizielle Verlautbarung des Gesamtverbandes ist bis zur Stunde der Bundesregierung noch nicht bekannt. Ich kann Ihnen daher auch noch nicht sagen, ob die Bedenken, auf die er voraussichtlich hinweisen wird, sich durch entsprechende Ausgestaltung des Entwurfs ausräumen lassen. Ich kann auch der Stellungnahme der Bundesregierung zu der sich dann ergebenden Situation nicht vorgreifen. Für meine Person möchte ich allerdings folgendes erklären: Wenn sich wirklich erweisen sollte, daß es mit dem derzeitigen System der Familienausgleichskassen nicht möglich wäre, in absehbarer Zeit — über eine gewisse Anlaufzeit würde sich natürlich reden lassen — auch Zweikinderfamilien in den Kreis der Berechtigten einzubeziehen, dann muß nach meiner Meinung und auch nach Meinung des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen trotz aller Verdienste der Familienausgleichskassen in der Vergangenheit, die dankbar anzuerkennen sind, dieses System aufgegeben und ein neuer Weg beschritten werden. Hierüber Näheres zu sagen, wäre jedoch heute verfrüht. Ich darf darauf hinweisen, daß die Bundesregierung im Hinblick auf die zur Zeit noch ungeklärten Fragen einen späteren Termin für die Beantwortung der Großen Anfrage vorgeschlagen hatte, daß aber der Ältestenrat die Beantwortung der Anfrage bereits heute gewünscht hat. Die Bundesregierung glaubte sich diesem Wunsch nicht entziehen zu können, obwohl nach Lage der Dinge eine erschöpfende Beantwortung noch nicht möglich ist.
    Aus den vorstehenden Erklärungen zu Punkt 4 läßt sich im Grunde schon die Antwort auf die Fra-



    Bundesarbeitsminister Blank
    igen 2 und 3 entnehmen. Um aber Mißverständnisse zu vermeiden, bemerke ich zu Punkt 2 ausdrücklich noch folgendes:
    Vorbehaltlich von Folgerungen, die gegebenenfalls aus dem allgemeinen Bericht über die Auswirkung der lohnbezogenen Abgaben zu ziehen sein werden, hält die Bundesregierung eine Belastung der Lohnsumme zur Finanzierung des Kindergeldes in der Höhe von 1 0/0, aber auch nur bis zu dieser Höhe,

    (Abg. Ruf: Nur bis zu dieser Höhe!)

    für vertretbar. Der darüber hinausgehende Finanzierungsbedarf, wie er sich insbesondere bei den vorgesehenen Verbesserungen der Kindergeldleistungen ergibt, muß in anderer Weise gedeckt werden. Zur Zeit kommt hierfür nur der Einsatz von allgemeinen Haushaltsmitteln des Bundes in Betracht. Da diese Mittel dem allgemeinen Steueraufkommen entnommen werden müssen, bedeutet dies, daß künftig zur Finanzierung der Kindergeldleistungen nicht nur die Unternehmer nach der Lohnsumme, sondern daneben alle Personen, die Steuern zu entrichten haben, nach den Maßstäben, die den verschiedenen direkten und indirekten Steuern zugrunde liegen, beitragen werden. Damit wäre meines Erachtens auf dem Gebiet des Kindergeldes ein beachtlicher Schritt in der von den lohnintensiven Bereichen des Mittelstandes gewünschten Richtung geschehen. Einen Beitrag bis zur Höhe von 1 % der Lohnsumme hält die Bundesregierung allerdings nach wie vor für notwendig, schon weil bei den beschränkten Möglichkeiten, die der Bundeshaushalt bietet, andernfalls der gewünschte Ausbau der Leistungen nicht möglich wäre.
    Was die unter Ziffer 3 gestellte Frage anlangt, so ergibt sich aus den vorangegangenen Ausführungen, daß die Bundesregierung eine Weiterentwicklung des Familienlastenausgleichs — besonders wenn die Zweitkinder einbezogen werden sollen — mit dem bisherigen Aufbringungssystem nicht für möglich hält.
    Zum Schluß noch ein Wort zu Ziffer 5 der Großen Anfrage: Die Bundesregierung wird einen Gesetzentwurf über die Verbesserung der Kindergeldleistungen mit einer Neuregelung der Mittelaufbringung baldmöglichst vorlegen. Angaben darüber, von welchem Zeitpunkt an das Gesetz in Kraft treten kann, sind im Hinblick auf die aufgezeigten Schwierigkeiten, die noch zu überwinden sein werden, nicht möglich.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)