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ID0312814800

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    Deutscher Bundestag 128. Sitzung Bonn, den 21. Oktober 1960 Inhalt: Begrüßung von Abgeordneten aus den Parlamenten von Nigeria und Kenia . . . 7397 A Fragestunde (Drucksachen 2131 [neu], zu 2131 [neu]) Frage des Abg. Junghans: Rechtsverordnung betr. Sonntagsarbeit in der Eisen- und Stahlindustrie Blank, Bundesminister 7379 C Frage des Abg. Dürr: Wörterbücher für Sprachen der Entwicklungsländer Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7379 D Frage des Abg. Dr. Kohut: Beteiligung des Bundesjustizministers an der „Deutschland-Fernseh-GmbH" Dr. Schröder, Bundesminister . . 7380 B, C, 7381 A, B, C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . . 7380 C Wittrock (SPD) 7380 C, D Jahn (Marburg) (SPD) 7381 A Erler (SPD) 7381 B Frage des Abg. Kurlbaum: Besprechung des Bundeskanzlers mit der Industrie, Frage der Umsatzausgleichsteuer Dr. Schröder, Bundesminister . . 7381 C, D, 7382 A Kurlbaum (SPD) . . . . . . . . 7381 C Dr. Mommer (SPD) . . . 7381 D, 7382 A Frage des Abg. Dr. Deist: Besprechung des Bundeskanzlers mit der Industrie in Abwesenheit des Bundeswirtschaftsministers Dr. Schröder, Bundesminister 3382 A, B, C, D, 7383 B Dr. Deist (SPD) . . . . . . . 7382 B, C Dr. Arndt (SPD) . . . . 7382 D, 7383 A Frage des Abg. Rehs: Auszählungen aus der statistischen Erfassung der Vertriebenenausweisanträge Dr. Schröder, Bundesminister . 7383 B, C Rehs (SPD) . . . . . . . . . 7383 C, D Frage des Abg. Hamacher: Auswertung der Ergebnisse in dem Ermittlungsverfahren gegen Eichmann Schäffer, Bundesminister . . . . 7384 A, C Hamacher (SPD) . . . . . . . . 7384 C II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Oktober 1960 Frage des Abg. Windelen: Patentschutz für Erfindungen aus der Bundesrepublik in den Ostblockländern Schäffer, Bundesminister . . . . . 7384 C Frage des Abg. Windelen: Patentschutz für Anmeldungen aus den Ostblockländern Schäffer, Bundesminister . . . . . 7384 D Frage des Abg. Eschmann: Auflösung des Verwaltungsstabes für die deutschen Dienstgruppen bei der US-Luftwaffe Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 7385 A, B Eschmann (SPD) 7385 A Frage des Abg. Dröscher: Flugplatz bei Bad Kreuznach Dr. Hettlage, Staatssekretär 7385 B, C, D Dröscher (SPD) 7385 C, D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Wertfortschreibungsgrenze im Bewertungsrecht Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7386 A Frage des Abg. Ritzel: Ausprägung von Goldmünzen Dr. Hettlage, Staatssekretär 7386 B, C, D Ritzel (SPD) . . . . . . . 7386 C, D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 7386 D Frage des Abg. Keller: Finanzierungshilfe für den Bau des Düsenverkehrsflugzeuges HBF 314 Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 7387 A Keller (FDP) 7387 A Frage des Abg. Murr: Preisunterschiede bei Dieselkraftstoffen Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 7387 B, C Murr (FDP) . . . . . . . . . 7387 C Frage des Abg. Murr: Preisunterschiede bei Düngemitteln Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 7387 C, 7388 A Murr (FDP) 7388 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Ausführungen des Bundesernährungsministers über die Agrarpolitik Dr. Sonnemann, Staatssekretär 7388 A, B, C, 7389 A, C Dr. Mommer (SPD) 7388 B Frau Strobel (SPD) 7388 C Kriedemann (SPD) . . . 7388 D, 7389 B Frage des Abg. Murr: Standort der Bundesanstalt für Fleischforschung Dr. Sonnemann, Staatssekretär . . 7389 D, 7390 B, C, D, 7391 A, B Murr (FDP) 7390 B, D Herold (SPD) 7390 C Mattick (SPD) . . . . . . . . 7391 A, C Antrag betr. Schäden im deutschen Tabakbau infolge Auftretens der Blauschimmelkrankheit (Drucksache 2072 [neu]) Leonhard (CDU/CSU) 7391 C Dr. Rutschke (FDP) . . . 7392 A, 7396 C Dr. Sonnemann, Staatssekretär . . 7396 A Dr. Bucher (FDP) . . . 7396 B, 7399 B Rimmelspacher (SPD) 7398 B Leicht (CDU/CSU) . . . 7398 C, 7399 D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit gemäß § 113 Abs. 1 GO in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 23 (Drucksache 2062) und in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 24 des Ausschusses für Petitionen (Drucksache 2125) Spies (Emmenhausen) (CDU/CSU) 7400 A, 7403 D Memmel (CDU/CSU) 7403 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (Drucksache 2037) - Erste Beratung — Schäffer, Bundesminister 7404 A Dr. Kanka (CDU/CSU) 7409 A Jahn (Marburg) (SPD) 7412 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 7414 C Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Oktober 1960 III Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Dezember 1957 über Rüstungskontrollmaßnahmen der Westeuropäischen Union (Drucksache 2071) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 7418 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 29. April 1957 zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten (Drucksache 2081) — Erste Beratung • — 7418 C Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Berufsbezeichnung „Ingenieur" (Drucksache 2067) — Erste Beratung — . . . 7418 D Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (Drucksache 2097 [neu]) — Erste Beratung — . . . . . 7418 D Antrag betr. Veräußerung des bundeseigenen Grundstücks in Köln, Sachsenring 69, an die Firma Farbwerke Hoechst AG in Frankfurt (Main)-Hoechst (Drucksache 2064) 7418D Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betr. Rechnung und Vermögensrechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1957 — Einzelplan 20 — (Drucksache 1381, 2073) 7419 A Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960 (Drucksache 2076, Umdruck 551 [neu]) 7419 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Afghanistan über den Luftverkehr (Drucksache 1830) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 2083) — Zweite und dritte Beratung — 7419 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. September 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über den Luftverkehr (Drucksache 1832); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 2084) — Zweite und dritte Beratung — 7419 C Antrag betr. Ernteschäden 1960 (CDU/CSU) (Drucksache 2095) 7419 D Nächste Sitzung 7419 D Anlagen 7421 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 128. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Oktober 1960 7379 128. Sitzung Bonn, den 21. Oktober 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 21. 10. Altmaier 23. 10. Dr. Atzenroth 21. 10. Bach 21. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Frau Berger-Heise 21. 10. Fürst von Bismarck 21. 10. Dr. Böhm 22. 10. Börner 21. 10. Frau Brauksiepe 21. 10. Dr. Brecht 21. 10. Dr. Burgbacher 21. 10. Demmelmeier 21. 10. Dr. Dollinger 21. 10. Dowidat 21. 10. Eberhard 21. 10. Eilers (Oldenburg) 21. 10. Engelbrecht-Greve 21. 10. Dr. Friedensburg 21. 10. Funk 21. 10. Dr. Furler 21. 10. Dr. Gleissner 21. 10. Dr. Götz 21. 10. Dr. Greve 21. 10. Freiherr zu Guttenberg 21. 10. Dr. Fleck (Rottweil) 21. 10. Frau Herklotz 21. 10. Höhmann 21. 10. Illerhaus 21. 10. Jacobi 22. 10. Dr. Jordan 21. 10. Jürgensen 31. 10. Frau Keilhack 21. 10. Kemmer 21. 10. Dr. Kempfler 21. 10. Kinat (Spork) 21. 10. Koenen (Lippstadt) 23. 10. Frau Korspeter 21. 10. Kramel 21. 10. Krammig 31. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 21. 10. Lantermann 21. 10. Dr. Löhr 21. 10. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 21. 10. Maier (Freiburg) 31. 10. Margulies 21. 10. Dr. Martin 21. 10. Mengelkamp 21. 10. Mensing 21. 10. Dr. Menzel 22. 10. Mischnick 21. 10. Müller (Worms) 21. 10. Neuburger 21. 10. Dr. Pflaumbaum 21. 10. Pohle 31. 10. Frau Dr. Rehling 22. 10. Dr. Reinhard 21. 10. Dr. Reith 21. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Reitz 21. 10. Sander 21. 10. Scheel 21. 10. Schlick 21. 10. Schneider (Hamburg) 21. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 10. Schultz 21. 10. Dr. Schwörer 21. 10. Seuffert 21. 10. Stahl 21. 10. Stenger 15. 11. Storch 21. 10. Sträter 22. 10. Struve 21. 10. Wacher 21. 10. Wagner 21. 10. Walter 21. 10. Weimer 21. 10. Weinkamm 21. 10. Dr. Winter 21. 10. Wittmer-Eigenbrodt 22. 10. b) Urlaubsanträge Frau Kettig 11. 11. Kraus 31. 10. Dr. Kreyssig 28. 10. Lermer 7. 11. Frau Schmitt (Fulda) 28. 10. Schütz (Berlin) 8. 11. Dr. Vogel 30. 10. Werner 28. 10. Anlage 2 Umdruck 697*) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Leicht, Leonhard, Baier (Mosbach), Neuburger, Knobloch, Höfler und Genossen betr. Schäden im deutschen Tabakbau infolge Auftretens der Blauschimmelkrankheit (Drucksache 2072 [neu]). Der Bundestag wolle beschließen: Nach Nummer 3 wird folgende Nummer 4 angefügt: „4. zu untersuchen a) die Umstände, die zum Auftreten der peronospora-tabacina bei der Tabakernte 1960 geführt haben, b) die Berechtigung der in der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang gegen Bedienstete zweier Bundesbehörden erhobenen Vorwürfe." Bonn, den 20. Oktober 1960 Dr. Mende und Fraktion 1 Dieser Umdruck erhält als selbständiger Antrag die Drucksachennummer 2152.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gottfried Leonhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag Drucksache 2072 (neu) der Abgeordneten Leicht, Leonhard, Baier (Mosbach), Neuburger, der auch von den übrigen Abgeordneten aus den betroffenen Gebieten unterstützt wird, nur wenige Bemerkungen.
    Die öffentliche Diskussion über die Tabakkrankheit Blauschimmel wurde bis zum Überdruß und teilweise mit falscher Blickrichtung geführt. Während dieser fruchtlosen Diskussion haben sich die Antragsteiler größte Zurückhaltung auferlegt. Aber hier im Bundestag gilt es nun, zu handeln und zu helfen.
    Da der Tabakanbau sehr arbeitsintensiv ist, wird er in der Regel von Kleinlandwirten betrieben, deren Existenz, so wie es auch bei den Weinbauern der Fall ist, fast ganz von dem Erlös aus diesem Erzeugnis abhängt. Durch Verordnung wurde bereits verboten, auf in diesem Jahr von Blauschimmel befallenen Böden im nächsten Jahr Tabak anzubauen. Dies bedeutet für viele Tabakbauern von vornherein eine Einengung ihrer Existenzgrundlage im nächsten Jahr.
    Die ersten Tabakverkäufe in diesem Jahr zeigen bereits, daß per saldo ein großer Mindererlös gegenüber dem letzten Jahr erzielt wird, obwohl die Tabakpflanzer in mühevoller Arbeit alles getan haben, was in ihren Kräften stand, um zu retten, was noch zu retten war,

    (Sehr gut! bei der FDP)

    und um den Schaden zu mindern. Jedoch das Ausmaß des Krankheitsbefalles war viel zu groß.
    Deshalb muß von uns geholfen werden, und zwar bald geholfen werden. Ich bitte daher, den Antrag Drucksache 2072 (neu) an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Haushaltsausschuß — mitberatend — zu überweisen. Ich bitte gleichzeitig um Ihre Unterstützung für die geschädigten Tabakpflanzer und um



    Leonhard
    eine baldige Erledigung des Antrags in den beiden Ausschüssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zustimmung des Abg. Dr. Rutschke.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Rutschke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Rutschke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion begrüßt den Antrag auf Drucksache 2072 (neu) und unterstützt ihn in vollem Umfang.

    (Sehr gut!)

    Das Bundesernährungsministerium hatte mir am 13. Juli 1960 auf meine Anfrage vom 7. Juli 1960 erklärt, daß es keine Möglichkeit sehe, den geschädigten Tabakpflanzern eine finanzielle Unterstützung zu gewähren. Aber schon auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 10. August 1960 hin bahnte sich auch beim Bundesernährungsministerium eine andere Betrachtungsweise im Hinblick auf die finanzielle Beteiligung des Bundes zum Ausgleich der Schäden an. In der Antwort auf die Anfrage der FDP-Fraktion erklärte sich das Bundesernährungsministerium bereit, die Bereitstellung des Bundes an finanziellen Hilfsmaßnahmen zu prüfen. Wir können deshalb in bezug auf den Antrag Drucksache 2072 (neu) eine positive Einstellung der Bundesregierung hierzu erwarten.
    Nun entscheidet diese Frage nicht die Bundesregierung, sondern letzten Endes das Parlament. Ich bin der Überzeugung, daß alle Fraktionen dieses Hohen Hauses erkennen, daß den völlig unverschuldet in einen erheblichen Notstand geratenen Tabakpflanzern bei ihren Bemühungen um die Erhaltung ihrer Existenz geholfen werden muß, und zwar so bald wie möglich; denn schnelle Hilfe bedeutet hier doppelte Hilfe. Diese schwer geschädigten Familien müssen in die Lage versetzt werden, die Vorbereitungen für die neuen Anpflanzungen zu treffen. Ohne eine finanzielle Hilfe sind sie aber nicht in der Lage, die bald notwendigen Investitionen zu machen, da sie hierzu auf ein gewisses Kapital angewiesen sind.
    Nun ist aber die Fraktion der FDP der Meinung, daß von seiten des Bundes alles getan werden muß; denn der Bund hat nach den uns bekanntgewordenen Vorgängen allen Grund, hier zu helfen. Deshalb haben wir den Ihnen vorliegenden Ergänzungsantrag zu Drucksache 2072 vorgelegt, wonach untersucht werden soll, ob Bundesbedienstete durch leichtfertiges Handeln diese Tabakseuche heraufbeschworen haben.
    Wenn ich heute gezwungen bin, mich genauer mit dieser Frage zu beschäftigen, so geschieht das nicht etwa aus Rechthaberei, sondern allein aus der Absicht, Sie zu einer Prüfung der Frage zu veranlassen, ob die geschädigten Tabakpflanzer nicht geradezu einen Schadenersatzanspruch gegen den Bund haben.

    (Abg. Leicht: Sie sind doch Jurist!)

    — Ja, eben gerade deshalb!

    (Abg. Leicht: Ich werde Ihnen nachher etwas sagen!)

    Ich bin der Überzeugung, daß der Bund auf alle Fälle eine moralische, unter Umständen sogar eine rechtliche Pflicht zum Schadenersatz hat.
    Die FDP-Fraktion hatte nämlich nicht von ungefähr ihre Anfrage vom 10. August 1960 gestellt. Sie hatte bereits zu diesem Zeitpunkt begründete Befürchtungen, daß durch unglaubliche Leichtfertigkeit von Bundesstellen diese Katastrophe heraufbeschworen wurde, eine Katastrophe, die die Volkswirtschaft viele Millionen Mark kostet. Allein in Baden-Württemberg rechnet man mit Schäden, die durch den Blauschimmel entstanden sind, um 30 Millionen DM.
    Die FDP-Fraktion hatte auf Drucksache 2032 die Bundesregierung gefragt, welche Gründe vorlagen, die im Jahre 1959 nur im Norden der Bundesrepublik aufgetretene Tabakseuche Peronospora tabacina im Hauptanbaugebiet des Tabaks experimentell untersuchen zu lassen. Diese Frage war sicherlich nicht unberechtigt. Denn genauso, wie man eine Leprakranken-Kolonie nicht in das Herz einer Großstadt legt, sollte man mit dieser Tabakseuche, die sich unter gewissen klimatischen Bedingungen unkontrollierbar, explosionsartig ausbreitet, nicht im Hauptanbaugebiet für Tabak experimentieren.
    Diese, wie gesagt, doch berechtigte und auch entscheidende Frage wurde von der Bundesregierung einfach nicht beantwortet. Wenn man nämlich diese Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte, hätte man etwa sagen müssen: Die Untersuchungen dieser Tabakseuche mußten deshalb im Hauptanbaugebiet durchgeführt werden, weil ein guter Freund des Abteilungsleiters II a, eines Ministerialrats des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, in der Bundesanstalt für Tabakforschung in Forchheim bei Karlsruhe untergebracht werden sollte

    (Zuruf von der FDP: Protektion!)

    — reine Protektion! —, um dort eine von ihm erstrebte Beamtenstelle einnehmen zu können.
    Da aber dieses ministerielle Protektionskind möglichst schnell zu Ruhm und Ehre kommen sollte, schanzte man ihm auch noch einen Forschungsauftrag für die Bekämpfung der Peronospora tabacina zu, um ihm die Chance zu bieten, vom stellvertretenden Direktor dieser Bundesanstalt zum Direktor aufzusteigen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was hat denn das mit unserem Antrag zu tun?)

    — Das hat sehr viel damit zu tun, Herr Kollege! Hören Sie erst einmal zu; dann werden Sie begreifen, warum ich das vortragen muß.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wir haben das schon längst begriffen! — Propaganda!)

    — Ich bin mir bewußt, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß diese Deutung der Vorgänge für manchen sehr unangenehm klingt. Ich sehe aber einfach keinen anderen logischen Grund dafür, daß



    Dr. Rutschke
    man im Haupttabakanbaugebiet der Bundesrepublik mit diesem Seuchenpilz experimentiert hat.
    Schon bei der Einsetzung seines Protektionskindes hatte dieser Vertreter des Bundesernährungsministeriums mit leichter Hand alle Schwierigkeiten beiseite geschoben, die sachlich gegen die Einstellung des von ihm so übermäßig geförderten Professors D r. K o ß w i g bestanden.
    Mitte des Jahres 1959 hatte sich die Leitung der Bundesanstalt für Tabakforschung in Forchheim an das Ministerium mit dem Hinweis gewandt, daß im September die Stelle des stellvertretenden Direktors frei werde, da der bisherige Inhaber dieser Stelle die Altersgrenze erreicht habe. Das Bundesernährungsministerium, vertreten durch jenen Ministerialrat, forderte einen Text der Stellenausschreibung an, behielt sich aber höchst merkwürdigerweise gleich vor, diesen Text von sich aus zu ändern.
    Als dann auf Seite 256 des betreffenden Ministerialblattes 1959 die Stellenausschreibung erschien, hatte sie nur noch wenig mit dem aus sachlichen Gründen gemachten Ausschreibungsentwurf der Bundesanstalt gemein. Obwohl der vom Ministerium bevorzugte Bewerber Koßwig keinerlei Kenntnisse im Tabakbau nachweisen konnte und auch andere von der Bundesanstalt geforderte notwendige Voraussetzungen nicht mitbrachte, hatte man die Ausschreibung so abgeändert, daß sie als Grundlage für die Einstellung des Herrn Koßwig dienen konnte. Alle Gegenvorstellungen des Direktors der Bundesanstalt nützten nichts. Der Protegé des Herrn Abteilungsleiters II a des Bundesernährungsministeriums mußte auf den sachlich für ihn nicht vorgesehenen Platz des stellvertretenden Direktors. kommen.

    (Zuruf des Abg. Rösing.)

    Es würde jetzt zu weit führen, alle diese unerfreulichen Tatsachen mitzuteilen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das führt schon zu weit!)

    die nicht nur den Dienstbetrieb in der Bundesanstalt, sondern auch das Betriebsklima sehr negativ beeinflußten. Eingedenk seiner hohen Protektion in Bonn schaltete und waltete Professor Koßwig nach Belieben und gebärdete sich völlig selbständig. Zum Beispiel verhandelte Bonn unter bewußter Umgehung des Direktors der Bundesanstalt mit Herrn Koßwig direkt über Personalfragen.

    (Zuruf von der .CDU/CSU: Sprechen Sie mal über den Direktor!)

    Wehrte sich die Leitung der Bundesanstalt gegen Eigenmächtigkeiten des Herrn Koßwig, so klingelte spätestens nach 24 Stunden das Telefon, und der Direktor der Anstalt bezog vom Bonner Ministerialrat Anpfiffe, die sich gewaschen hatten. Systematisch untergrub man die Autorität des Leiters der Anstalt, der schließlich für das Geschehen in seiner Bundesanstalt verantwortlich war.
    Die Versuche mit der Tabakseuche Peronospora tabacina wurden von Bonn Professor Koßwig übertragen. Man gab ihm persönlich später einen formellen Forschungsauftrag, obwohl es nach meinen Erkundigungen nicht üblich ist, persönliche Forschungsaufträge zu geben, wenn innerhalb einer staatlichen Dienststelle derartige Versuche durch Beamte durchgeführt werden. Kurzum, man gab dem formal Untergebenen Pleinpouvoir, zu schalten und zu walten, während man auf der andern Seite vom Bundesernährungsministerium aus alles tat, um Autorität und Weisungsrecht des rechtlich verantwortlichen Direktors zu unterhöhlen.
    Nur einmal in der Folgezeit entsann sich das Bundesernährungsministerium der rechtlichen Verantwortung des Direktors für das Geschehen in dieser Bundesanstalt. Nachdem die Versuche schiefgegangen waren, nachdem der Blauschimmel auf den Tabakfeldern, von der Bundesanstalt ausgehend, seine Verwüstungen angerichtet hatte und in der Öffentlichkeit auf das verantwortungslose Handeln in der Bundesanstalt hingewiesen wurde, da leitete man die Voruntersuchung zu einem Dienststrafverfahren gegen den Direktor dieser Bundesanstalt ein.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Auf diesen Hintergründen, meine Damen und Herren, müssen Sie sich jetzt die Forschungsarbeiten des Herrn Professor Koßwig, sein Experimentieren mit dem höchst gefährlichen Blauschimmelpilz im Zentrum des größten deutschen Tabakanbaugebiets und die Möglichkeiten vorstellen, die der Dienststellenleiter hatte, um ihn in Schranken zu halten. Dieser bemühte sich Anfang Februar, die für die bevorstehenden neuen Anpflanzungen immer stärker werdende Gefahr der Infektion abzuwenden und die Koßwigschen Versuche in eine andere Anstalt verlegen zu lassen, die außerhalb des Haupttabakanbaugebiets lag. Leider war diese Anstalt nicht bereit, die Versuche zu übernehmen. Nun blieb dem Anstaltsleiter nichts anderes übrig, als trotz aller Spannungen Ende Februar die Vernichtung aller Kulturen anzuordnen. Herr Koßwig setzte einen Aufschub von acht Tagen durch.

    (Abg. Baier [Mosbach] : Bis wann haben Sie denn Ihren Aufsatz abgelesen, Herr Dr. Rutschke, und sprechen endlich einmal zu der Sache?)

    — Herr Kollege Baier, ist die Einheit von Partei und Staat bei Ihnen schon so weit durchgeführt, daß es Ihnen so unangenehm ist, wenn man einmal das Ernährungsministerium rechtmäßig angreift?

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Zurufe von der FDP und der SPD. — Gegenrufe von der CDU/CSU.)

    Als der Dienststellenleiter Ende März 1960 von einer Reise zurückkam, gedieh der Blauschimmelpilz immer noch fröhlich weiter. Es wurde nur das große Gewächshaus von ihm befreit, aber Koßwig brachte eine große Zahl von Pflanzen in das kleine Gewächshaus.
    Als ihm Ende April nun auch dort restlos das Handwerk gelegt werden konnte, nahm der Professor hinter dem Rücken der Anstaltsleitung — Sie werden es kaum für möglich halten — seine Blauschimmellieblinge, 256 Stück an der Zahl, auf



    Dr. Rutschke
    seinen Privatbalkon in +sei.ner Wohnung 'in Karlsruhe mit und hegte sie dort weiter. Er hatte Aden Leiter 'der Anstalt von +d,'.+esem Unternehmen wohlweislich nicht unterrichtet, nachdem dieser auf den Vorschlag Koßwigs nicht 'eingegangen war, die Blauschimmelversuche im Stadtgarten von Karlsruhe weiterzuführen, was der Leiter dieser Anstalt wegen der Gefahr der Ansteckung oder Aussaaten im Freiland selbstverständlich ablehnen mußte. Sie müssen dabei bedenken, daß der Flug von Millionen Sporen dieses Pilzes völlig unkontrollierbar ist und mehr als 50 km pro Tag erreichen kann.
    Endlich, an einem schänen Freitag im Mai — es war auch noch Freitag, der 13. —, schaffte Professor Koßwig dann seine Pflanzen auf einem offenen Lkw, unter dessen Plane der Wind lustig pfiff, zurück zur Bundesanstalt in eine Garage, die sich in unmittelbarer Nähe der frischen Tabakpflanzung dm Freiland befindet. Dort stand der Wagen mit den Pflanzen dann über das Wochenende bis zum Montag. Daß die Blauschimmelpilze bzw. ihre Sporen die ihnen gebotene Chance wahrgenommen haben, war so selbstverständlich, daß es heute wahrscheinlich nur noch das Bundesernährungsministerium bestreitet. Tatsächlich wurde auf den erwähnten benachbarten Pflanzungen nach der entsprechenden Inkubationszeit Blauschimmelbefall festgestellt, und zwar — jetzt bitte ich Sie, genrau hinzuhören —wurde Jahr zuerst im Freigelände hier in Forchheim festgestellt. Einige Tage später trat er dann in entsprechender Entfernung in anderem Freigelände auf. Aber das Zentrum und das erste Auftreten der Seuche liegt genau in den Feldern neben der erwähnten Garage. Das läßt sich genauso gut feststellen, wie von dem sich konzentrisch fortpflanzenden Wellenring eines ins Wasser geworfenen Steines auf seinen Aufschlagpunkt geschlossen werden kann.
    Diese unumstößliche Tatsache des zeitlich ersten Auftretens der Seuche im Freiland mußte auch das Bundesernährungsministerium zugeben. Sire können das in der Antwort der Bundesregierung auf Drucksache 2054 zu den Fragen 7 und 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP nachlesen. Auf der andern Seite genilerte sich die Bundesregierung nicht, in der gleichen Drucksuche sich vorbehaltlos hinter die völlig unsinnige Behauptung des Pressereferats dies Bundesernährungsministeriums zu stellen, das der Öffentlichkeit verkündete: es sei erwiesen, daß die Bundesanstalt in Forchheim als Infektionsquelle nicht einmal in Frage komme. Ich wiederhole: In der Antwort auf die Fragen 7 und 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP mußte die Bundesregierung zugeben, idaß der erste Freilandbefall am 28. Mai 1960 in Forchheim festgestellt wurde, und mußte weiterhin zugeben, daß alle anderen Befallsherde entsprechend der Entfernung Tage oder Wochen später festgestellt wurden. In der gleichen Drucksache behauptet die Bundesregierung, es sei erwiesen, daß Forchheim als Infektionsquelle nicht in Frage komme. Dieser — meine Damen und Herren, da kann man nur sagen, logische — Unsinn wurde dann noch durch die Unterschrift eines Staatssekretärs gedeckt, der in Vertretung eines Bundesministers zeichnete.
    Ich glaube, daß man sich im Parlament einmal Gedanken darüber machen muß, ob man sich auf die Dauer diese Art der Behandlung von parlamentarischen Anfragen durch die Bundesregierung gefallen läßt.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wie soll das Parlament seine ihm vom Grundgesetz zugewiesene Aufgabe der Regierungskontrolle durchführen, wenn die Regierung in dieser Form das Fragerecht des Parlaments umgeht, Antworten gibt, die im Widerspruch zur Wahrheit stehen, mit logischen Maßstäben nicht zu messen sind, oder unbequeme Fragen überhaupt nicht beantwortet, so nach der Devise: „Uns kann keener!"?

    (Abg. Dr. Mommer: Könnten Sie in freier Rede auch so lange über den Schimmelpilz reden?)

    — Ja, das könnte ich; aber, Herr Kollege, da es sich um sehr dezidierte Vorwürfe handelt, möchte ich vorsichtig sein. Denn ich habe es erlebt — und darauf komme ich auch noch kurz zu sprechen —, daß man bei Verhandlungen mit Regierungsvertretern sehr vorsichtig sein muß.
    Im Juli wurde ich vom Fernsehstudio des Südwestfunks gebeten, an einem Fernsehgespräch über die Blauschimmel-Katastrophe teilzunehmen. Gesprächspartner war der Referatsleiter für Pflanzenschutz als Vertreter des Bundesernährungsministeriums. Zu Beginn der Vorbesprechungen in BadenBaden bedauerte dieser Ministerialvertreter in herzlichen Worten, daß ich offensichtlich einem Irrtum unterliege, wenn ich der Meinung sei, daß 1 Forchheim die Infektionsquelle für diese Seuche sei. Meinem Einwand begegnete er mit der erstaunten Frage, ob es mir denn nicht bekannt sei, daß im Jahre 1959 auch überall in Süddeutschland Blauschimmelbefall im Freiland einwandfrei festgestellt worden sei. Auf meine Fragen versicherte er mir zweimal, daß 1959 sowohl in allen Landesteilen Baden-Württembergs als auch in der Pfalz und in Hessen Blauschimmelfreilandbefall eindeutig festgestellt werden mußte. Ich konnte in meinem Erstaunen über diese so selbstsichere Feststellung nur mit der Frage entgegnen, warum das Bundesernährungsministerium davon bisher nichts habe verlauten lassen, denn damit erübrige sich unter Umständen jede weitere Diskussion. Hierzu erläuterte mir der Vertreter des Ministeriums, die Mitteilungen der Länder betreffend Pflanzenschutz seien nur an sein Referat gegangen, während die anderen Stellen des Bundesernährungsministeriums, die sich mit Tabakbau befaßten, hiervon leider nicht unterrichtet worden seien. Er sei erst vor kurzem von einer langen Reise zurückgekommen und daher erst jetzt mit der Blauschimmel-Angelegenheit befaßt worden. Ich erwiderte darauf, daß dies alles auf eine sehr mangelhafte Organisation im Bundesernährungsministerium schließen lasse, was ich unter Umständen dann auch in dem nachfolgenden Fernsehgespräch betonen müsse. Tatsächlich waren dann die Äußerungen des Vertreters des Bundesministeriums in der Sendung so zurückhaltend, daß ich seine Vorsicht mit meiner zuletzt erwähnten Bemerkung in Zusammenhang brachte und



    Dr. Rutschke
    mir zunächst nicht besonders auffiel, daß er vom Freilandbefall in Baden gar nicht mehr ausdrücklich sprach.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

    Ich habe mich aber noch am gleichen Tage brieflich an den Herrn Bundesernährungsminister gewandt und ihn nach kurzer Schilderung des Gesprächs um die betreffenden Länderberichte gebeten. Erst nach sieben Wochen erhielt ich — nach Erinnerung — eine Antwort, aus der ich entnehmen konnte, daß dieser wendige Ministerialvertreter seinem Minister gegenüber offensichtlich bestritten hat, daß er mir gegenüber derartige Behauptungen aufgestellt habe, wie ich eben ausführte. In den Auszügen der Länderberichte, die mir Herr Bundesminister Schwarz übermittelte, wird die Tabakseuche Perenospora tabacina nirgendwo erwähnt. Nur ganz am Schluß wird einmal das Wort „perenospora" gebraucht, und zwar in einer Mitteilung darüber, daß in den Gewächshäusern diese Krankheit vorhanden sei, und diese Meldung stammte aus der Bundesanstalt in Forchheim. Das war allerdings für mich keineswegs neu. Ich hoffe, daß mir Herr Bundesminister Schwarz Gelegenheit geben wird, mündlich die Angelegenheit noch einmal eingehend zu erörtern, die mit dem Fernsehgespräch zusammenhängt.
    Meine Damen und Herren, wenn die Fraktion der FDP einen Ergänzungsantrag zur Drucksache 2072 eingebracht hat, der zum Ziele hat, daß man sich mit den Vorgängen in der Bundesanstalt für Tabakforschung und mit dem Verhalten von Ministerialbeamten im Bundesernährungsministerium befaßt, und damit die Forderung aufstellt, die Frage zu untersuchen, ob durch schuldhaftes Handeln von Bundesdienststellen die Katastrophe für den Tabakbau —zumindest im Hauptanbaugebiet — heraufbeschworen wurde, dann hat dies, wie gesagt, einen sehr realen Grund. Es handelt sich keinesfalls — ich betone das noch einmal ausdrücklich — etwa um Rechthaberei, sondern es handelt sich dabei ausschließlich um die Klärung der Frage, ob den Bund nicht nach den Grundsätzen der Schadenshaftung eine Rechtsverpflichtung trifft, die geschädigten Tabakpflanzer in vollem Umfange für den erlittenen Schaden zu entschädigen.

    (Abg. Dr. Weber [Koblenz] : Dafür sind die Gerichte da!)

    Diese Frage kann nur durch genaue und eingehende Klärung der von mir aufgezeigten Tatbestände entschieden werden. Das setzt aber voraus, daß alle, die zur Aufklärung der Sache beitragen können, insbesondere dann, wenn sie unter Umständen auch etwas Nachteiliges gegen Vorgesetzte aussagen müßten, unter einem gewissen Zwang zur Wahrheit stehen müssen, d. h. unter eidlichem Zwang.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich darf versichern, daß ich nicht nur einmal eindringlich gebeten wurde, die eine oder andere Tatsache zunächst nicht bekanntzugeben, weil man fürchtete, daß damit die Informationsquelle aufgedeckt wenden könne, und man fürchtete dann entsprechende Repressalien.
    Zu diesen Befürchtungen hat offensichtlich auch das Verhalten eines Abteilungsleiters des Bundesernährungsministeriums, eines Ministerialdirektors, bei seinem Besuch in Karlsruhe beigetragen, als er im Auftrage des Ministers die durch die Perenospora tabacina vernichteten Tabakfelder besuchte. Nicht nur, daß er Journalisten in sehr herrischer Form abfahren ließ, nein, offensichtlich nahm er auch auf Beamte Einfluß und verbot ihnen, auch nur das geringste zu sagen, was auf die Fehlleistungen in Forchheim und Bonn hinwies. Ich selbst habe es erleben müssen, daß ein Beamter, der jedoch gleichzeitig hauptamtlicher Geschäftsführer eines Landesverbandes der Tabakpflanzer ist, nach dem Besuch dieses Regierungsvertreters so eingeschüchtert war, daß er nun auf einmal das Gegenteil der vorher freimütig geäußerten Meinung vertrat. Nun, Zivilcourage ist nicht jedermanns Sache. Es ist aber höchst bedauerlich und anfechtbar, wenn in diesem speziellen Falle ein Beamter veranlaßt wird, gegen die Interessen eines Tabakpflanzerverbandes sprechen zu müssen, dessen Geschäftsführer er ist, weil er als Beamter zu dieser Geschäftsführung abgeordnet wunde.

    (Abg. Baier wahrscheinlich als Vormund!)

    — Leider ist es so, daß man sich als Abgeordneter um diese Fragen genauso kümmern muß, Herr Kollege Baier, und nicht nur um andere Fragen.

    (Abg. Baier Ihre Hilfe!)

    Ich mußte ,es auch erleben, daß ein Angehöriger der Bundesanstalt, der einiges von dem Herrn Ministerialbeamten und Regierungsvertreter in Bonn einstecken mußte, nicht zu einem weiteren Gespräch zu bewegen war, obwohl er mit Sicherheit wußte, daß ein Gespräch mit mir ihm eher eine Rehabilitierung als einen Nachteil verschaffen würde. Offensichtlich sind bei nicht unmaßgeblichen Herren des Bundesernährungsministeriums noch antiquierte Vorstellungen von einer Führerautorität vorhanden, die sie wahren zu müssen glauben. Dies geschieht scheinbar zum Nutzen des Ministeriums, in Wirklichkeit aber zum Schaden der Demokratie.
    Ich bitte namens meiner Fraktion den Herrn Bundesernährungsminister, alles zu tun, um eine restlose Aufklärung dieser sehr unerfreulichen Vorgänge herbeizuführen, die ich im Interesse der existenzbedrohten Tabakpflanzer vorbringen mußte. Es ist weiß Gott kein Vergnügen, hohe Ministerialbeamte beschuldigen zu müssen, es mit der Wahrheit nicht genau zu nehmen und Ungerechtigkeiten gegen Untergebene zu begehen, um ihnen genehme Personen auf Kosten anderer zu fördern.
    Als Mitglieder dieses Hohen Hauses sind wir aber alle verpflichtet, den Menschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die unter Umständen durch die Schuld anderer und in diesem Falle durch die Schuld Bundesbediensteter in Existenznot geraten sind. Im Interesse der Beamtenschaft, die korrekt und sauber ihr Amt führt, verwahren wir uns gegen solche, die durch ihr Handeln zu erkennen geben, daß sie ihre Person über ihr Amt stellen.

    (Beifall bei der FDP.)