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ID0312710600

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    Deutscher Bundestag 127. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1960 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Funk 7297 A Vizepräsident Dr. Preusker legt sein Amt nieder 7297 A Begrüßung einer Delegation des kanadischen Senats . . . . . . . . . . . 7344 C Fragestunde (Drucksachen 2085, 2093) Frage des Abg. Faller: Wehrdienst von deutsch-französischen Doppelstaatern Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7297 B, D, 7298 A, B, C Faller (SPD) . . 7297 C Dr. Mommer (SPD) . . . 7297 D, 7298 A Dr. Schäfer (SPD) . . . . . , 7298 B, C Frage des Abg. Dr. Kohut: Aburteilung von Straftaten nach dem NATO-Truppenstatut Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7298 D, 7299 A Dr. Kohut (FDP) . . . . 7298 D, 7299 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Übergriffe amerikanischer Soldaten im Kirchenkreis Gelnhausen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7299 A Frage der Abg. Frau Nadig: Untersuchungsstellen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln . . . 7299 C Frage des Abg. Kroll: Informationstrupps des sowjetzonalen Rundfunks in der Bundesrepublik Dr. Schröder, Bundesminister . , 7299 C, D, 7300 A Kroll (CDU/CSU) . . . . . . . 7299 D Bausch (CDU/CSU) . .. . . . . 7299 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7300 A Frage des Abg. Dürr: Zahl der mit der Liquidation des Vermögens der verbotenen Kommunistischen Partei beschäftigten Personen Dr. Schröder, Bundesminister 7300 B, C, D Dürr (FDP) . . . . . . . . . . 7300 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7300 C Frage des Abg. Wittrock: Ersetzung von Gerichtsakten durch Mikrofilme Schäffer, Bundesminister . 7300 D, 7301 A Wittrock (SPD) . . . . . . . . 7301 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Unterlagen für die letzte Besoldungserhöhung Etzel, Bundesminister 7301 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den, 5. Oktober 1960 Frage des Abg. Lohmar: Abgrenzung des Truppenübungsplatzes in der Senne Strauß, Bundesminister . . . . . 7301 B Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 7301 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Einsatz von Schrottfahrzeugen auf den Baustellen der Bundesautobahn Appenweier—Neuenburg Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 7301 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7302 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Überprüfung der FernsprechgebührenOrdnung Stücklen, Bundesminister . . . 7302 B, D, 7303 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7302 B, C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7302 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 7303 A Frage der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders: Kosten der Umstellung der Telefon- bücher Stücklen, Bundesminister . . . 7303 B, C Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 7303 B, C Wahl eines Vertreters und eines Stellvertreters der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 7303 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 (Haushaltsgesetz 1961) (Drucksache 2050) — Erste Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 7303 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 7312 B Lenz (Trossingen) (FDP) 7322 A Niederalt (CDU/CSU) 7328 A Heiland (SPD) . . . . . . . 7333 C Dr. Starke (FDP) 7337 C Dr. Conring (CDU/CSU) 7344 D Etzel, Bundesminister 7348 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 7353 C Kurlbaum (SPD) 7355 A Entwurf eines Gesetzes über eine Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft (Drucksache 1884) — Erste Beratung — Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 7355 C Schmücker (CDU/CSU) . . . . . 7356 B Dr. Atzenroth (FDP) 7357 C Kurlbaum (SPD) 7358 A Antrag betr. Strukturprogramm für die Zonenrandgebiete (SPD); Schriftlicher Bericht des Gesamtdeutschen Ausschusses (Drucksachen 479, 1417); in Verbindung mit Antrag betr. kulturelle Förderungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (SPD); Schriftlicher Bericht des Gesamtdeutschen Ausschusses (Drucksachen 588, 1418) Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . . 7360 C Höhmann (SPD) . . . . . . . . 7360 D Wacher (CDU/CSU) . . . . . . 7363 A Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 7367 A Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7369 C Dr. Starke (FDP) . . . . . . . . 7370 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drittes Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 2044); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 2094) — Zweite und dritte Beratung — 7371 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 1771); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 2088) — Zweite und dritte Beratung — 7371 D Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 2089) — Zweite und dritte Beratung — . . 7372 A Entwurf eines Gesetzes über die einheitliche Ausbildung der Steuerbeamten (Steuerbeamtenausbildungsgesetz — StBAG) (Drucksache 2048) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7372 C Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7373 A Dr. Miessner (FDP) 7373 A Nächste Sitzung 7373 C Anlagen 7375 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den. 5. Oktober 1960 7297 127. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich. a) Beurlaubungen Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Behrisch 7. 10. Frau Bennemann 7. 10. Dr. Birrenbach 5. 10. Dr. Böhm 22. 10. Börner 7. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Dr. Brecht 7. 10. Dr. Bucerius 7. 10. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Dowidat 5. 10. Draeger 9. 10. Eberhard 7. 10. Eilers (Oldenburg) 7. 10. Erler 7. 10. Fuchs 5. 10. Geiger (München) 7. 10. Gontrum 7. 10. Dr. Gradl 9. 10. Dr. Greve 7. 10. Frau Herklotz 9. 10. Dr. Hesberg 7. 10. Heye 9. 10. Hilbert 7. 10. Höcherl 9. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 5. 10. Frau Dr. Hubert 7. 10. Huth 7. 10. Dr. Imle 5. 10. Jaksch 7. 10. Jürgensen 31. 10. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Königswarter 7. 10. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Kraus 5. 10. Leber 5. 10. Lenz (Brühl) 5. 10. Lermer 15. 10. Majonica 9. 10. Meis 5. 10. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Müller-Hermann 5. 10. Pohle 31. 10. Dr. Preusker 7. 10. Reitzner 9. 10. Scheel 5. 10. Dr. Schild 7. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Schneider (Hamburg) 7. 10. Schultz 5. 10. Dr. Seffrin 7. 10. Dr. Serres 9. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht (C) Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Steinbiß 8. 10. Storch 5. 10. Struve 9. 10. Wegener 9. 10. Wienand 9. 10. Wilhelm 7. 10. Dr. Will 7. 10. Frau Wolff 10. 10 b) Urlaubsanträge Eberhard 15. 10. Goldhagen 20. 10. Maier (Freiburg) 31. 10. Dr. Ripken 10. 10. Dr. Stammberger 17. 10. Stenger 15. 11. Anlage 2 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 2088). Das vorliegende Gesetz hat den Zweck, gewisse Fristen im Bereich des Rechts der Hypothekenbanken, der Schiffspfandbriefbanken und der öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten zu verlängern, deren Ablauf am 31. Dezember 1960 bevorsteht. Durch das Gesetz über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken vom 5. August 1950 (Bundesgesetzbl. I S. 353) ist es diesen Instituten zunächst bis zum 31. Dezember 1953 und nach zweimaliger Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 1960 gestattet worden, zusätzlich zu den nach dem Hypothekenbankgesetz und dem Schiffsbankgesetz erlaubten Geschäften sogenannte Globaldarlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau und (mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden) bei anderen Kapitalsammelstellen aufzunehmen, um auf diese Weise in weiterem Umfange Mittel für die Gewährung von hypothekarisch gesicherten Darlehen und Kommunaldarlehen beschaffen zu können. Weiterhin hat das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Realkredits vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 925) bis zu dem gleichen Zeitpunkt den Hypotheken- und Schiffsbanken sowie den öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten die Möglichkeit gegeben, in begrenztem Umfange Schuldverschreibungen auf der Grundlage einer Deckung durch gewisse Wertpapiere der öffentlichen Hand und durch Geld anstatt durch Hypotheken und Kommunaldarlehen auszugeben (sogenannte primäre Ersatzdeckung) sowie unter gewissen Voraussetzungen Geldbeträge, die als Ersatzdeckung dienen, bei Kreditinstituten anzulegen. Der Zweck dieser befristeten Maßnahmen bestand darin, durch Anpassung gewisser nicht mehr zeitgemäßer Regelungen des Hypotheken- und Schiffs- 7376 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 bankrechts an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse den Finanzierungsbedürfnissen insbesondere des Wohnungsbaus und Schiffsbaus Rechnung zu tragen, ohne jedoch hierbei der Entscheidung darüber vorzugreifen, wie diese Fragen bei der in Aussicht genommenen umfassenden Reform des Hypotheken- und Schiffsbankrechts endgültig geregelt werden sollen. Diese umfassende Reform kann erst durchgeführt werden, wenn die gesetzliche Neuregelung des Kreditwesens durch das neue Kreditwesengesetz vorliegt. Da sich die Erwartung, das neue Kreditwesengesetz könne noch vor dem 31. Dezember 1960 in Kraft gesetzt werden, voraussichtlich nicht erfüllen wird und die Gründe, die seinerzeit für den Erlaß der genannten Vorschriften maßgebend waren, fortbestehen, ist eine nochmalige Verlängerung der genannten Fristen um zwei Jahre, wie in der Regierungsvorlage vorgesehen, geboten. Die Regierungsvorlage sieht dagegen keine Verlängerung der durch die Gesetze vom 30. April 1954 und vom 18. Dezember 1956 getroffenen Regelung vor, durch die befristet bis zum 31. Dezember 1960 die sogenannte Umlaufgrenze der Hypotheken- und Schiffsbanken für die Ausgabe von Pfandbriefen allgemein erweitert worden ist. Für eine Verlängerung dieser Frist, die von den Verbänden des Kreditwesens gleichfalls erbeten wurde, besteht keine Veranlassung. Die Erweiterung der Umlaufgrenze, deren Höhe bei den einzelnen Instituten jeweils von der Höhe des Grundkapitals zuzüglich der Reserven abhängig ist, wurde seinerzeit mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse am Kapitalmarkt vorgenommen und hatte lediglich Übergangscharakter; eine Übernahme dieser Maßnahmen als endgültige Regelung stand niemals in Frage. Die Gründe für die getroffene Übergangsregelung sind nunmehr weggefallen, nachdem es den betroffenen Realkreditinstituten unter den heutigen Verhältnissen am Kapitalmarkt ohne weiteres möglich ist, eine zur Erhöhung der Umlaufgrenze des Instituts etwa erforderlich werdende Kapitalerhöhung unter zumutbaren Bedingungen vorzunehmen. Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten. Der Wirtschaftsausschuß empfiehlt dem Deutschen Bundestag, dem Gesetz in der Fassung der Regierungsvorlage zuzustimmen. Der Ausschuß teilt dabei die Auffassung der Bundesregierung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf. Dr. Gerhard Fritz (Ludwigshafen) Anlage 3 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (16. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808). Das vorliegende Gesetz faßt Statistiken im Bereich der Eisen- und Stahlwirtschaft, Nichteisen-und Edelmnetallwirtschaft, Mineralölwirtschaft, Textilwirtschaft, Lederwirtschaft und Tabakwirtschaft zusammen, die bisher auf Grund von Rechtsverordnungen nach § 6 Abs. 2 ides Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1314) durchgeführt wurden. Vier dieser Rechtsverordnungen verlieren ihre Gültigkeit mit Ablauf dies 30. September 1960. Da die unveränderte Fortführung dieser Statistiken aus wirtschaftspolitischen Gründen sich als unerläßlich erwiesen hat, entspricht es dem § 6 Abs. 1 des Statistikgesetzes, daß langfristig benötigte Bundesstatistiken durch Gesetz angeordnet werden. Das Gesetz soll mit Wirkung vom 1. Oktober 1960 in Kraft treten, um die Fortführung der genannten Statistiken zu sichern. Lediglich auf idem Gebiet der Mineralölwirtschaft wird wegen der gewachsenen wirtschaftspolitischen Bedeutung eine neue Rechtsgrundlage füreine Erhebung über die Vorratsbewegang zur Aufstellung einer Mineralölbilanz notwendig. Während das Gesetz über die Allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe vom 15. Juli 1957 für die gesamte Industrie einheitliche Tatbestandsmerkmale festlegt, soll das vorliegende Gesetz darüber hinaus Vorgänge statistisch beleuchten, die sich aus der besonderen Lage der genannten Wirtschaftszweige mit ihrer engen rechtlichen und wirtschaftlichen internationalen Verflechtung ergeben. Dies gilt für die Eisen- und Stahlindustrie als Schlüsselindustrie, bei der statistische Unterlagen sowohl für die amtlichen Stellen der Bundesrepublik als auch für die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl über den üblichen Rahmen hinaus dringend benötigt werden. Über die einfuhrabhängige Nichteisenmetallwirtschaft muß das Bundesministerium für Wirtschaft kurzfristig und in spezifizierter Weise unterrichtet sein, um Marktstörungen rechtzeitig vermeiden zu können. Außerdem bestehen internationale Vereinbarungen über den Austausch entsprechender statistischer Unterlagen. Die Entwicklung des Mineralölmarktes in Verbindung mit der gesamten Energieversorgung macht es nötig, Verbrauchs- und Bestandszahlen zu ermitteln. Die Einfuhrabhängigkeit an Rohstoffen und die strukturellen Wandlungen der deutschen Textilwirtschaft erfordern, daß umfangreiches statistisches Material besonders für die internationalen Verhandlungen verfügbar ist. In gleicher Weise ist die ledererzeugende Industrie in großem Umfange von ihrer Rohstoffversorgung abhängig. Aus handelspolitischen Gründen müssen die amtlichen Stellen laufend unterrichtet sein. Der Bundesrat hat deshalb die Weiterführung einer monatlichen Meldung vorgeschlagen. In ihrer Stellungnahme stimmte die Bundesregierung dem Vorschlag zu. In § 6 Abs. i des vorliegenden Gesetzes soll daher das Wort „vierteljährlich" durch das Wort „monatlich" ersetzt werden. In Übereinstimmung mit der bisherigen Verordnung über die Durchführung einer Lederstatistik vom 24. Sep- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 7377 fernher 1957 (Bundesanzeiger Nr. 186 vom 27. September 1957) muß vor dem Wort „Absatz" das Wort „Erzeugung" wieder eingefügt werden, um eine monatliche Bilanz erstellen zu können. Der in der Bundesrepublik bearbeitete Rohtabak wind zu etwa 80 v. H. ans mehr als 35 Ländern eingeführt. Daher ist eine umfassende Unterrichtung über die Bestandsbewegung des Rohtabaks in sortenmäßiger Hinsicht bei der Tabakindustrie und dem Rohtabakhandel bei Abnahme und Unterstützungszusagen gegenüber Lieferländern von Wichtigkeit. In § 11 dieses Gesetzes ist einzufügen, daß die zwischenzeitlich erlassene Verordnung über die Durchführung einer Eisen- und Stahlstatistik vom 4 August 1960 (Bundesanzeiger Nr. 154 vom 12. August 1960) außer Kraft zu setzen ist. Namens dies Wirtschaftsausschusses bitte ich, dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Drucksache 1808 mit den vorgesehenen Änderungen die Zustimmung zu geben. Dr. Burgbacher Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Schröder auf die Mündliche Anfrage II — der Abgeordneten Frau Nadig — (Fragestunde der 127. Sitzung vom 5. 10. 1960, Drucksache 2085) : Ist die Bundesregierung bereit, nach den Erfahrungen, die mit der Einfuhr französischer Fleischkonserven und von Känguruhfleisch gemacht worden sind, jetzt Untersuchungsstellen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln einzurichten? Die Einrichtung einer allgemeinen Einfuhruntersuchung für Lebensmittel ist bereits anläßlich der Beratung der Novelle zum Lebensmittelgesetz im Gesundheitsausschuß des Bundestages eingehend erörtert worden. Der Ausschuß gelangte damals zu der Auffassung, daß die Lebensmittelüberwachung z. Z. weder über die technischen noch personellen Möglichkeiten für eine allgemeine Importkontrolle verfügt. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen auch heute noch. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, besteht eine Untersuchungspflicht bei der Einfuhr bestimmter Lebensmittel. Einschlägige Vorschriften finden sich z. B. im Fleischbeschaugesetz, im Weingesetz und in der Verordnung zum Schutze gegen Infektion durch Erreger der Salmonella-Gruppe in Eiprodukten. Auch Futtermittel tierischer Herkunft, die oftmals Salmonellen enthalten, werden bei der Einfuhr untersucht. Meinem Hause ist nicht bekannt, daß mit der Einfuhr französischer Fleischkonserven ungünstige Erfahrungen gemacht worden sind. Eine Untersuchungspflicht für Fleischkonserven wird jedoch in absehbarer Zeit allgemein angeordnet werden. Bei den gelegentlich in Känguruhfleisch nachzuweisenden Parasiten handelt es sich um Fadenwürmer, wie sie vereinzelt im Fleisch aller Tierarten vorkommen. Sie sind für den Menschen unschädlich. Die Einfuhren von Känguruhfleisch sind z. Z. stark rückläufig. Pressemitteilungen zufolge bemüht man sich in Australien um die Einrichtung einer Exportkontrolle.
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    Rede von Rudolf-Ernst Heiland


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich mit der Frage der Gemeindefinanzen, die der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede behandelt hat, etwas näher auseinandersetzen. Ich glaube, daß der Herr Minister in dem — wenn auch sehr kurzen — Abschnitt seiner Darlegungen über die Gemeindefinanzen wesentliche Dinge, die die Gemeinde draußen heute interessieren, außer acht gelassen hat. Man muß einmal ein klein wenig Rückschau halten, Herr Minister.
    Das Wesentliche ist, daß die Kommunen damals bei der Schaffung des Grundgesetzes und der Bundesrepublik angesichts ihrer wirklichen Funktion zu kurz gekommen sind. Die Ausstattung der Gemeinden als dritter Säule in unserem staatlichen Leben ist bei der Schaffung des Grundgesetzes nicht genügend beachtet worden. Die Frage, ob die Verteilung der öffentlichen Finanzmassen auch den Gemeinden gegenüber gerecht erfolgt, kann man nicht so beurteilen, wie es jetzt in einer in Ihrem Ministerium erarbeiteten Unterlage geschieht, in der man nachweisen will, daß das, was Länder und Gemeinden in Deutschland mit den 48 % bekommen, viel höher sei als in zahlreichen anderen benachbarten Ländern. Ob die Gemeinden, die Länder und der Bund am öffentlichen Finanzabkommen gerecht beteiligt sind, kann man nur an einem messen, nämlich daran, wie die einzelnen Aufgaben auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt sind. Ich bin deswegen der Meinung, daß wir bei der Behandlung aller Fragen der Gemeindefinanzen uns erst einmal anschauen müssen, was wir bei der Aufteilung der Aufgaben den Gemeinden zugeteilt haben.
    Sie haben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, daß im Jahre 1960 gegenüber 1956 die Ausgaben beim Bund um 41 %, die allgemeinen Deckungsmittel aber nur um 35 % gestiegen seien, bei den Ländern die Ausgaben um 39 % und die Deckungsmittel um 47 % und bei den Gemeinden die Ausgaben um 35 % und die Deckungsmittel um 50 %. Mit der Betonung dieses Gesichtspunktes allein, Herr Minister, schürft man nach meiner Meinung nicht tief genug. Man muß bei den Gemeindefinanzen berücksichtigen, daß die Gemeinden einen Teil ihrer Gewerbesteuer, die ihnen schon in früheren Jahren zustand, erst in diesen Jahren bekommen haben. Ihnen wird wie mir bekannt sein, daß erhebliche Zahlungen, die schon früher fällig waren, durch die späte Veranlagung erst jetzt geleistet wurden, so daß dies gar kein Vergleich ist.
    Wenn Sie sich die Einnahmen des ersten Vierteljahres — April bis Juni — des laufenden Haushaltsplans ansehen, dann stellen Sie fest, daß bei den Gemeindesteuern eine Steigerung von 10,6 % zu verzeichnen ist, bei den Einnahmen des Bundes eine solche von 14,8 % und bei den Einnahmen der Länder eine solche von 20,3 %. Das geht aus einem Bericht der Deutschen Bundesbank hervor, und ich glaube, wir werden beide seine Richtigkeit anerkennen.
    Worauf kommt es den Gemeinden denn jetzt wirklich an? Hier muß einmal etwas in aller Klarheit gesagt werden. Man redet heute in Deutschland soviel von der Selbstverwaltung. Bei vielen Ge-
    7334 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den, 5. Oktober 1960
    Heiland
    meinden besteht aber die Gefahr, daß ihre Selbstverwaltung an Wirksamkeit verliert, weil es ihnen an den notwendigen Finanzmitteln für die Ausübung der Selbstverwaltung fehlt.

    (Abg. Dr. Conring: Dann muß der Finanzausgleich zwischen dem Land und den Gemeinden verbessert werden!)

    — Das genügt nicht, Herr Conring. So billig können wir es nicht machen, daß wir die Behebung der Schwierigkeiten einer Regelung zwischen dem Land und den Gemeinden überlassen. Ich habe von dem öffentlichen Finanzaufkommen als Ganzes einerseits und den öffentlichen Aufgaben als Ganzes andererseits gesprochen und gesagt, daß die Verteilung des gesamten Finanzaufkommens der Verteilung der Aufgaben auf die öffentlichen Körperschaften der verschiedenen Ebenen entsprechen muß.

    (Zustimmung bei der SPD. — Abg. Dr. Conring: Das geht durch den Finanzausgleich!)

    — Das geht nicht durch den Finanzausgleich der Gemeinden, Herr Conring; ich werde Ihnen das an Hand von Zahlen darlegen.
    Eine der Zahlen, an denen man die finanzielle Belastung durch die zugewiesenen öffentlichen Aufgaben messen kann, ist die Neuverschuldung jeweils des Bundes, der Länder und der Gemeinden
    den zehn Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Neuverschuldung des Bundes beträgt ungefähr 1 Milliarde DM, die der Länder ungefähr 4 1/2 Milliarden DM und die der Gemeinden etwa 12 Milliarden DM.
    Wir kennen die Kritik an der Verwendung der Finanzmittel durch die Gemeinden. Dabei werden wenig ernsthafte, manchmal sogar leichtsinnige Argumente verwandt. So sucht man die Schuld für die gegenwärtige konjunkturelle Überhitzung allein den Gemeinden aufzubürden; die Gemeinden, so sagt man, ließen ein antizyklisches Verhalten vermissen und brächten in ihrer Eigenschaft als Baulastträger .die ganze Wirtschaft i;n Gefahr. — Demgegenüber darf ich Ihnen einige Zahlen nennen, die angeben, welche Anteile der von den Gemeinden ;aufgenommenen Darlehen für die verschiedenen Zwecke ausgegeben worden sind: Für den Straßenbau 25 %, für den Schulbau 20,9 %, für Kanalisation, Müllabfuhr, Feuerlöschwesen und Bäder 17,1 %, eigener Wohnungsbau für sozial Schwache aus Gemeindehaushalten 8,7 %, für Gesundheitspflege und Jugendsport 6,9 %, für wirtschaftliche Unternehmen 6,3 %. Erst danach kommt die immer wieder angegriffene Mittelverwendung für die allgemeine Verwaltung, die „großen Rathäuser": 3,2 %!

    (Hört! Hört! bei ,der SPD.)

    Ferner: Für Polizei, Wasserstraßen, Wirtschaftsförderung 2,9 %, für Trümmerbeseitigung 2,8 %, für Grundstückserwerb 2,6 %, für Fürsorgeeinrichtungen 1,9 %. Erst danach kommt an letzter Stelle der so gerne herausgestellte Bauaufwand für Theater und kulturelle Einrichtungen: 1,7 %!

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wenn die Wirtschaft überheizt ist, dann ist sie nicht von dorther überheizt.

    (Sehr richtig bei der SPD.)

    Dann sollte man endlich einmal auch den Investitionen im wirtschaftlichen Raum nachgehen, die nicht immer nur aus wirtschaftlichen Gründen, die sehr häufig zur Ausnutzung der Abschreibungsmöglichkeiten gemacht werden und nicht aus wirtschaftlicher Vernunft.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich möchte auch etwas über die Aufgaben der Gemeinden sagen. Es ist billig, sich immer wieder hinzustellen und zu sagen, die Gemeinden trieben einen zu großen Finanzaufwand.

    (Sehr richtig bei der SPD.)

    Heute morgen geht durch die Zeitungen, daß mittlerweile rund 25 % der Einwohner der Bundesrepublik Flüchtlinge sind. Das ist ein ernstes Problem, das uns in Bund, Ländern und Gemeinden beschäftigt. Aber wohnen müssen die 25 % der Bevölkerung das Bundesgebietes irgendwo in einer Gemeinde! Die Bevölkerung hat ,damit um insgesamt ein Drittel zugenommen. Für diese zusätzliche Bevölkerung müssen Wohnungen, Straßen, Schulen und alle öffentlichen Einrichtungen gebaut werden. Das hat ganz naturnotwendig einen öffentlichen Bauaufwand zur Folge. Da das Volumen der Wirtschaft, in diesem technischen Zeitalter — Gott sei Dank — stark gewachsen ist, muß man dann auch die öffentlichen Einrichtungen erstellen, um das Leben in der Gemeinde zu ermöglichen.
    Ich möchte noch einen Punkt herausgreifen. Der Schulbau in den Gemeinden ist heute immer noch im Rückstand. Es gibt in den sogenannten steuerstarken Städten — —

    (Abg. Dr. Conring: Und Landgemeinden!)

    — Sie können ruhig von Marl reden, Herr Conring.

    (Abg. Dr. Conring: Nein, ich meine die steuerstarken Landgemeinden!)

    — Darauf komme ich noch ganz besonders. Ich spreche jetzt einmal von den steuerstarken Städten. Es gibt steuerstarke Städte, die heute die Kriegsfolgelasten im Schulbau noch nicht überwunden haben und heute noch Schichtunterricht haben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Weil sie zu üppig bauen! — Das ist traurig!)

    — Das ist gar nicht traurig. Das sollte ein Oberkreisdirektor, der die finanziellen Belastungen in den Gemeinden etwas besser kennen sollte, eigentlich nicht sagen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Daran sehen Sie nämlich, daß die Ausstattung der Gemeinden noch nicht gereicht hat. Sie haben nämlich ganz vergessen, daß die Gemeinden in dieser Zeit auch die Kriegsfolgelasten zu einem erheblichen Teil tragen mußten, deren Tragung nach der im Grundgesetz festgelegten Finanzstruktur eigentlich Aufgabe des Bundes ist.

    (Beifall bei der SPD.)




    Heiland
    Ich habe bewußt davon gesprochen, daß, obwohl die Finanzkraft der Gemeinden gewachsen ist, sie nicht allen ihren Aufgaben nachkommen konnten. Ich möchte mich jetzt den Landgemeinden zuwenden, den Tausenden und aber Tausenden Gemeinden, deren Steuerkraft nicht in dem Maße gestiegen ist,. weil eine ihrer wichtigsten Realsteuern, die Grundsteuer, eingefroren ist. Die Gemeinden nehmen deshalb in einem viel geringerem Maße an der Zunahme der Finanzmasse in den öffentlichen Haushalten teil. Aber das Problem der Strukturwandlung unseres Lebens, wodurch der Schulbau auch in den Dörfern heute auf ein anderes Niveau gehoben werden muß,

    (Abg. Conring: So ist es!)

    wenn wir weiter aus den Schulen der Wirtschaft die notwendigen ausgebildeten Kräfte zuführen wollen, sollte bei dieser Gelegenheit nicht übersehen werden. Ich bin also der Meinung, daß wir uns mit den Fragen der Gemeindefinanzen auf allen drei Ebenen sehr ernsthaft auseinandersetzen müssen. Ich bitte, dabei zu bedenken, daß bei dieser Verschuldung, die enorm ist und bei vielen Gemeinden schon an die Grenze herangekommen ist — bei einem Großteil der Gemeinden kann sie gar nicht an diese Grenze herankommen, weil die Gemeinden nicht einmal die finanzielle Kraft haben, die aus den aufgenommenen Schulden entstehenden Zins- und Amortisationsbelastungen aus dem ordentlichen Haushalt zu tragen —, gerade die schwächsten Gemeinden am schlechtesten wegkommen.
    Sehen wir uns jetzt noch einmal an Hand der Statistik an, wie z. B. die Landschaftsverbände — ich spreche vom westfälischen Raum —, die Landkreisverwaltungen oder die Ämter ihre Mittel ausgegeben haben. Bei den Landschaftsverbänden wurden 32 % für das Gesundheitswesen, 12 % für das Fürsorgewesen und 21 % für die Elektrizitätsversorgung ausgegeben; bei den Landkreisverwaltungen 13 % für den Schulbau, 11 % für das Gesundheitswesen, 10 % für die allgemeine Verwaltung, 9 % für Grundvermögen ohne Wohngrundstücke, 16 % für Elektrizitätsversorgung und 8 % für die Wasserversorgung. Und so sieht es auch bei den Ämtern aus.
    Die Gemeinden müssen also — das ist das Problem — strukturell mit den erforderlichen Finanzmitteln versehen werden. Wir haben hier vor Jahren um den Grundgesetzartikel 106 gekämpft, um den Gemeinden eine eigene finanzielle Basis als Organ zu geben. Das kann nur den Sinn gehabt haben, die Gemeinden auch faktisch mit diesen Mitteln auszustatten; denn nur dann können sie die dritte Säule in unserem staatlichen Aufbau sein. Wir haben den Eindruck, daß dies heute bei vielen Gemeinden nicht mehr der Fall ist.
    Der Herr Minister hat in seiner Rede auch noch Steuersenkungen auf der Gemeindeebene angekündigt. Ich möchte in diesem Zusammenhang einige Zahlen nennen, die sich auf den Anteil von Bund, Ländern und Gemeinden am Steueraufkommen und am reinen Finanzbedarf des Jahres 1958 beziehen. Der Anteil des Bundes am Steueraufkommen des Jahres 1958 betrug 55,8 %, während der Anteil am reinen Finanzbedarf beim Bund 50,4 % betrug. Der Anteil der Länder am Steueraufkommen des Jahres 1958 betrug 29,1 %, während ihr Anteil am Finanzbedarf sich auf 28,3 % belief. Bei den Gemeinden klafft die Schere viel weiter: 15,1 % Anteil am Gesamtaufkommen und 21,3 % Anteil am Finanzbedarf. An diesen Zahlen können Sie ermessen, ob man das Steueraufkommen richtig oder falsch verteilt. Ich bin der Meinung, der Bund muß sich noch etwas einfallen lassen, um das Finanzaufkommen der Gemeinden in das richtige Verhältnis zu ihrem Finanzbedarf zu bringen.
    Es ist nicht so, daß das den Bund nichts anginge. Dem Bund steht auf diesem Gebiet zum Teil die Gesetzgebungsbefugnis zu. Im Jahre 1956/57 haben wir es erlebt, daß die Gewerbesteuersenkung die Gemeinden Geld kostete, während sie Bund und Ländern zum Teil wieder Geld einbrachte; denn das Einkommen von Bund und Ländern wurde, da die Gewerbesteuer bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer abzugsfähig ist, neuerdings erhöht. Mit dieser Frage müssen wir uns, glaube ich, auseinandersetzen.
    In den letzten Tagen ist von Herrn Minister Erhard gegenüber den Gemeinden ein böses Wort gesprochen worden. Er hat von den Gemeinden oder den Kommunen gesprochen, die nur die Oberkellner des Bundes seien und das servierten, was der Bund gekocht habe. Ich hoffe, daß die Herren Oberbürgermeister in der CDU/CSU-Fraktion das genauso ernst aufgenommen haben wie ich.

    (Abg. Dr. Vogel: Natürlich! Die Gemeindewahlen stehen ja vor der Tür!)

    — Deswegen ist es auch gesagt worden, Herr Dr. Vogel. Aber dadurch wird es nicht besser.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Woraus zitieren Sie das?)

    — Das zitiere ich aus der KAB-Tagung hier im Hause, auf der Herr Erhard gesprochen hat.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Die Protokolle liegen ja noch gar nicht vor! Aus Ihren sozialistischen Zeitungen zitieren Sie wahrscheinlich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Herr Stoltenberg, ich habe darin, nicht korrekt zu sein, bei Ihnen höchstens einiges zu lernen.

    (Abg. Dr. Vogel: Schöne Redensart!)

    — Herr Vogel, die haben Sie mir bis heute nicht vorwerfen können; wir sitzen zu lange im Haushaltsausschuß zusammen, als daß Sie mir eine bewußte Unkorrektheit oder irgend etwas unterstellen könnten.
    Lassen Sie mich dazu ruhig noch einiges sagen. Es ist eine Überheblichkeit, die Leistungen des deutschen Volkes zur Erreichung der wirtschaftlichen Veränderungen seit 1948 sich allein anzurechnen. Sie haben das in Ihrer heutigen Rede beachtlicherweise nicht getan, Sie haben vielmehr das Gegenteil unterstrichen. Ich möchte dem, was Sie gesagt haben, in aller Deutlichkeit zustimmen. Wir sollten in Deutschland eines begreifen lernen: Daß wir uns aus dem Tiefpunkt der wirtschaftlichen



    Heiland
    Zerschlagenheit nach dem Experiment des zweiten Weltkrieges haben erholen können, verdanken wir in erster Linie nicht unserer eigenen Leistung, sondern der Wirtschaftshilfe der Amerikaner. Wenn es diese Bluttransfusion in unserer Wirtschaft nicht gegeben hätte, hätten wir Millionen Tote durch Verhungern gehabt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das erkennt jeder ,an!)

    — Ich wollte jetzt folgerichtig weitergehen. Dann hat es einen zweiten ungeheuren Faktor gegeben: daß nämlich zunächst einmal auf der Gemeindeebene wieder staatliche Ordnung versucht wurde und daß wiederaufgebaut wurde, als es noch kein Land und keinen Bund geben konnte.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Dann gab es ein Drittes, was man nicht unterschlagen sollte: die Bereitschaft des ,deutschen Arbeitens, seine Wirtschaftswerkzeuge wieder in Ordnung zu bringen' ohne Rücksicht darauf, ob der Lohn nur eine Scheibe trocken Brot war.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wenn wir heute einen wirtschaftlichen Status erreicht haben, wie er zweifelsohne vor zehn Jahren . von keinem von uns, auch nicht von Ihnen, erwartet wurde, sind es viele Komponenten, die zusammengekommen sind; eine der wesentlichsten ist der ungeheure Fleiß des deutschen schaffenden Menschen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU: Und einer guten Politik!)

    Ein weiterer Faktor dafür, daß die Betriebe in Ordnung kommen konnten, war, daß es in Deutschland eine große Zahl fähiger Komunalpolitiker gab, die die kommunalen Einrichtungen in Ordnung brachten, damit auch die wirtschaftlichen Einrichtungen funktionieren konnten. Ich halte ein solches Wort einfach für böswillig und lauch für so überheblich, wie man es, wenn man Wirtschaftsminister dieses Landes ist — sein Fleiß soll gar nicht bestritten werden —, eigentlich nicht nötig haben sollte. Man sollte es nicht nötig haben, auf ein solch tiefes Niveau herabzusteigen.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Seit wann spielt der Staat keine Rolle in der sozialistischen Gesellschaftsbetrachtung, Herr Heiland?)

    — Wenn ich Vorsitzender der Jungen Union der CDU wäre,

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Das hat damit nichts zu tun, Herr Heiland!)

    würde ich auch versuchen, bei diesen Betrachtungen jetzt mit einem solch billigen Einwurf dazwischenzukommen.

    (Zuruf: Ist der so billig? — Weitere Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, die Gemeinden benötigen ein ausreichendes Gemeindesteuersystem und einen ausreichenden kommunalen Finanzausgleich.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Man kann nicht richtig diskutieren, wenn Sie das Niveau anschlagen, Herr Heiland!)

    — Das ist doch nicht neu bei Ihnen, Herr Stoltenberg. Wir kennen uns doch schon aus ,dem Haushaltsausschuß. Ich weiß, daß Sie sich manchmal Mühe geben müssen, sachlich zu bleiben. Aber mit zunehmendem Alter wird sich das auch bei Ihnen einstellen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Nein, ich bin nur der Meinung, er ist noch bildungsfähig; ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Angesichts der in den Gemeinden durch Kriegs-und Nachkriegswirkungen sowie eine ausgesprochene Daseinsvorsorge ständig wachsenden Flut von kommunalen Aufgaben und im Hinblick auf die Steigerung der Gehälter und Löhne, der Sozialleistungen sowie ,der Preise und Entgelte für dein Sachbedarf muß man das gegenwärtige Gemeindesteuersystem als unzulänglich empfinden.
    Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich mich noch einem anderen Thema in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers zuwenden. Er sprach davon, daß die Gewerbesteuer höchstwahrscheinlich noch in diesem Jahr einer gesetzlichen Revision unterzogen würde. Von der Gemeindeebene aus möchte ich sagen, daß wir zu einer Diskussion über die Gewerbesteuer, deren Entwicklung letztlich keinen befriedigt, absolut bereit sind. Eine Kürzung dieser Realsteuer der Gemeinden ist nur möglich — da bei dem augenblicklichen Stand mit jeder Kürzung vielen Gemeinden die Existenzgrundlage entzogen würde —, wenn vorher geklärt und beschlossen ist, was bei Verlust dieser Finanzmasse an anderer Stelle gewährt wird.
    Ich könnte Ihnen — da man diese Kürzung der Gewerbesteuer als Mittelstandshilfe offeriert — ein schneller wirksames Mittel als Hilfe für den Mittelstand anbieten: Sie brauchen nur das Kindergeldsystem in der Art und Weise umzustellen, wie wir es Ihnen seit langem vorschlagen, indem Sie nicht mehr das Beitragssystem verwenden, das jetzt den Mittelstand nicht nur finanziell, sondern auch verwaltungsmäßig in einmaliger Weise belastet. Wenn Sie diese Beiträge auf den Haushalt übernehmen — was viel vernünftiger wäre —, hätten Sie sofort die Lösung dieser Frage der Mittelstandshilfe.
    Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen: Selbst wenn Sie den Gewerbesteuerfreibetrag auf nur 3600 DM erhöhen, bedeutet das, daß den Gemeinden eine Finanzmasse von 300 Millionen DM verlorengeht. Das bedeutet aber nicht, daß diese Finanzmasse den Gemeinden gleichmäßig in Höhe von 10 % der bisherigen Einnahmen verlorengeht, sondern es bedeutet, daß die Finanzmasse den kleinen Gemeinden mit kleinen Betrieben in einer Höhe von zum Teil bis zu 90 % verlorengeht. In einigen Gemeinden, die nur ganz große Betriebe haben, spürt man die Erhöhung des Freibetrags vielleicht gar nicht.
    Es wird aber weiter daran gedacht, den Gewerbesteuerfreibetrag sogar auf 7200 DM zu erhöhen. Das würde bei den heute geltenden Staffelungsbeträgen — einmal den ungünstigsten Fall angenommen —



    Heiland
    bedeuten, daß dann ein Ausfall von 900 Millionen bis 1,7 Milliarden eintreten würde. So groß ist die Differenz, wenn Sie den ungünstigsten Fall bei allen heute geltenden Staffelungsbeträgen annehmen. Das können die Gemeinden einfach nicht ertragen, selbst große Gemeinden nicht. Sogar bei großen Gemeinden würde die Gewerbesteuer dadurch um 10 % und darüber eingeschränkt werden. Wenn die Gemeindeautonomie, wenn die Gewerbesteuergarantie einen Sinn haben soll, dann müßten sie doch auch den Sinn haben, daß sie der Bundesgesetzgeber nicht nur als Organ, als Steuer garantiert, sondern er müßte diese Garantie doch eigentlich auch in dem materiellen Aufkommen effektiv machen. Wenn Sie über die Steuergesetzgebung die Gewerbesteuer, also die Realsteuergarantie aushöhlen und bei gewissen Gemeinden gar keine Realsteuer mehr anfallen lassen, dann ist die Realsteuergarantie in Art. 106 faktisch für einen Teil der Gemeinden nicht mehr wirksam, und es könnte sogar ein Verfassungsproblem daraus entstehen.
    Damit möchte ich schließen. Zusammenfassend möchte ich sagen: Was heute auf den Gemeinden als Aufgaben lastet, ist trotz der vollbrachten enormen Leistung noch ungeheuer. Allein der Schulbau stellt heute schon bei der achtklassigen Volksschule noch so viele ungelöste Probleme, und wir alle sind der Meinung, daß die neun- und zehnklassige Volksschule kommen muß. Ich verrate aber auch wohl kein Geheimnis, wenn ich feststelle, daß durch die weitgehende Technisierung unseres Lebens bis aufs Land — Gott sei Dank bis aufs Land — auch die ländlichen Gemeinden vor sehr schwierige Aufgaben — z. B. Wasserversorgung, Abwässerbeseitigung, Straßenbau — gestellt werden. Denn in dem Moment, wo man den Traktor und das Auto aufs Dorf bringt, kommt man mit dem alten Feldwegebau nicht mehr zurecht, und für diese Aufgaben muß man Geld zur Verfügung haben.
    Denken Sie daran, daß wir uns in diesem Jahrhundert wohl zwei Kriege geleistet haben — ich will hier nicht die Schuldfrage aufwerfen, sondern das ist einfach eine faktische Feststellung —, daß es uns aber in 50 Jahren nicht gelungen ist und erst nach dem Kriege möglich war, neue Krankenhäuser zu bauen — wir sind auf diesem Gebiet ein unterentwickeltes Land —;

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    denken Sie weiter daran, daß wir den Menschen infolge der veralteten Krankenhäuser nicht den Fortschritt der Medizin nutzbar machen können, daß immer noch der Krankenhaussaal mit seinen seelischen Belastungen vorherrscht und daß auf zahlreichen Gebieten, die erst viel später von dem zivilisatorischen Rhythmus der Welt erfaßt worden sind, weit größere Fortschritte zu verzeichnen sind. Es bleiben eben den Gemeinden so viele ungetane Aufgaben, daß man ihnen auch die Möglichkeit geben muß, die Vorhaben zu finanzieren, damit sie als selbständiges Organ in dem Dreiklang von Bund, Land und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen.
    Ich darf daran erinnern, daß der Grundsteuerausfall, der bei den Gemeinden allein durch die beiden
    Wohnungsbaugesetze in den zehn Jahren eingetreten ist, vier Milliarden DM beträgt.
    Von den festgefrorenen Grundsteuern habe ich bewußt nicht eingehend gesprochen. Wir werden uns mit diesem Problem höchstwahrscheinlich eines schönen Tages doch intensiv beschäftigen müssen. Eine Reduzierung der Gewerbesteuer — die Absicht war vielleicht Ihrer Rede zu entnehmen, Herr Bundesfinanzminister — ist deshalb für die Gemeinden einfach nicht tragbar, wenn man ihnen für den Verlust der Finanzmasse keinen Ersatz zur Verfügung stellt.
    Eins sollte man dort, wo man hohe Politik treibt, wirklich spüren: Wenn der Versuch, eine Demokratie in Deutschland aufzubauen, gelingen soll — ich spreche bewußt von einem Versuch, denn das kann in zehn Jahren nicht gelingen —, brauchen wir selbständig funktionierende Gemeinden, die auch in der finanziellen Ausstattung autonom sind. Den freien Staatsbürger werden Sie ohne freie Gemeinden nicht haben.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Starke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Starke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte über Probleme sprechen, zu denen die Fraktion der Freien Demokraten in der letzten Zeit keine Stellung genommen hat. Es ist notwendig, daß wir unseren Standpunkt zu den zur Zeit umstrittenen Fragen der Konjunkturpolitik darlegen. Sie, Herr Bundesfinanzminister, haben in Ihrer Haushaltsrede in der vergangenen Woche gesagt, daß Sie nicht eigentlich zur Konjunkturpolitik sprechen wollten, weil das den Rahmen der Haushaltsdebatte sprengen würde. Das ist sicherlich richtig. In Ihren Ausführungen Herr Bundesfinanzminister, haben Sie aber sehr viel zur Konjunkturpolitik gesagt; in manchen Punkten haben Sie auch etwas anderes gesagt, als Sie es früher gelegentlich getan haben.
    Daß man bei einem Haushalt von dieser Höhe er ist nun auf 45 Milliarden DM angewachsen — die konjunkturpolitischen Momente nicht aus dem Auge verlieren darf, ergibt sich schon daraus, daß der Bundeshaushalt und seine Gestaltung wiederum einen maßgeblichen Einfluß auf die Ausgaben der ganzen öffentlichen Hand in Westdeutschland haben. Die öffentliche Hand hat einen Anteil am Sozialprodukt von 40 %. Dadurch wirkt sie maßgeblich auf den konjunkturellen Verlauf ein. Durch ihre Ausgaben ist die öffentliche Hand der bedeutendste Faktor für die Konjunkturpolitik in Westdeutschland.
    Wenn man das als Ausgangspunkt nimmt, dann läßt sich natürlich zu diesem Haushalt in der gegenwärtigen Situation sehr viel sagen. Im ersten Teil Ihrer Ausführungen, Herr Bundesfinanzminister, haben Sie sehr stark betont, daß Sie sich bei Ihrer Haushalts- und Finanzpolitik etwas gegenübersehen, was Sie die „Gegebenheiten" nennen. Als solche Gegebenheiten führen Sie an: gesetzliche, verfassungsrechtliche, politische und tatsächliche
    7338 . Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den. 5. Oktober 1960
    Dr. Starke
    Bindungen. Ich möchte demgegenüber folgendes sagen: für die wirksame Gestaltung eines solchen Milliardenhaushaltes in einem so eminent schwierigen und für die künftige Zeit so wichtigen Augenblick wie dem, in dem wir uns jetzt befinden, ist es nicht ganz ausreichend, all das, was Sie zitiert haben, als Gegebenheiten, d. h. als Unumstößlichkeiten anzusehen. Ich bin vielmehr der Meinung, daß es sich dort, wo Sie von Gegebenheiten sprechen, vielfach um Dinge handelt, die zwar nicht in Ihrer Macht — als Finanzminister — liegen, die aber sehr wohl in der Macht des Kabinetts liegen. Nur hat das Kabinett entsprechende, auf die gegenwärtige Situation abgestellte Beschlüsse nicht gefaßt, die Ihnen einen Weg über diese Gegebenheiten hinweg geebnet hätten.
    Warum nun eine solche konjunkturpolitische Betrachtung in diesem Moment? Wir stehen jetzt an einem Abschnitt unserer Nachkriegsgeschichte. Hinter uns liegen zehn Jahre Aufbauarbeit, die unter politischen Aspekten durchgeführt wurde, denen die Freie Demokratische Partei nicht nur zugestimmt hat, sondern die sie auch — vor allen Dingen im Wirtschaftspolitischen — sehr stark beeinflußt hat. Wir dürfen jedoch nicht übersehen, daß sich in den letzten Jahren in immer steigendem Maße — ich möchte beinahe sagen: angesichts des Wohlstandes, der erworben worden ist — Übersteigerungen geltend gemacht haben. Sie, Herr Bundesfinanzminister, haben in Ihrer Rede selber von diesen Übersteigerungen gesprochen, indem Sie sagten, daß es darauf ankomme, maßzuhalten und nicht zu hohe Ansprüche zu stellen. Die Forderungen, die gestellt worden sind, sind sowohl von seiten der Regierungspartei wie auch von seiten der Sozialdemokratischen Partei gekommen. Wir haben vor diesen Übersteigerungen immer gewarnt. Heute sehen wir sozusagen die Quittung für diese Ubersteigerungen in der Situation, in der wir uns in dem Augenblick befinden, in dem dieser Bundeshaushalt dem Hohen Hause vorgelegt worden ist.
    Es ist doch so, daß z. B. die mangelnde Beweglichkeit im Haushalt, über die Sie sprechen, eine mangelnde Beweglichkeit, die es Ihnen verbietet, die konjunkturpolitische Seite im Haushalt stärker zu betrachten, die es Ihnen verbietet, antizyklisch vorzugehen, darauf beruht, daß von einer Finanzreform und einer Änderung der Finanzverfassung der Gemeinden eben bisher nichts zu hören war und nach dieser Richtung nichts erfolgt ist. Sie haben vor einigen Tagen, glaube ich, oder in der Haushaltsrede selbst gesagt, daß demnächst eine erste Denkschrift darüber vorgelegt werden soll. Es ist weiter auch so, daß die großen Ausgabenblöcke, die Sie als ein Moment anführen, das Ihre Beweglichkeit hindert, ja auch nicht von allein entstanden sind, sondern daß sie doch letzten Endes nicht ohne Willen und nicht ohne die Beschlüsse der Regierungspartei zustande gekommen sind.
    Wir haben heute eine Situation, in der eine starke Beunruhigung sowohl in der Bevölkerung wie in der Wirtschaft vorhanden ist, und wir wissen sehr wohl, daß diese Beunruhigung auch inmitten der Regierungspartei lebendig ist. Wir brauchen in diesen Tagen nur morgens die Zeitungen aufzuschlagen und können dort — nicht mit Genugtuung, sondern ich möchte eher sagen, mit Bedauern — feststellen, in welchem Ausmaß sich diese Beunruhigung in der Regierungspartei breitmacht. Es ist ganz sicher, daß man dort einsieht, daß Ihr Wort, daß die Finanzen des Bundes stabil und in Ordnung seien, eben nicht ausreicht, um die Gefährlichkeit dieser Situation zu beseitigen. Es geht um die konjunkturelle Wirkung dieses Haushalts, und die ist immerhin so, daß man dazu doch noch etwas sagen muß.
    Wenn man einmal einen groben Vergleich anstellen will, kann man vielleicht sagen, daß die Situation, in der sich unsere westlichen Nachbarn im freien Europa nach der Korea-Krise, anläßlich des Korea-Booms befanden, in etwa jetzt bei uns gegeben ist. Wir haben damals dort eine Vollbeschäftigung gehabt. Dann kam der Korea-Boom, dann hatten diese Länder um uns herum, ob es nun England, Frankreich oder auch andere waren, mit den Preissteigerungen und Lohnsteigerungen und mit einer Geldentwertung zu kämpfen; das ist auch der Anlaß für die Währungsverzerrungen — wie wir es heute nennen — gewesen. In dieser Zeit haben wir in Westdeutschland uns in einer sehr viel glücklicheren Situation befunden. Wir haben damals eine hohe Konjunktur gehabt; aber wir haben in dieser Konjunktur eben nicht die Übersteigerungen wie jetzt gehabt, weil wir bei der Ausschöpfung des Arbeitsmarktes noch nicht an die Grenzen stießen.
    Machen wir uns ganz klar, in welcher Situation wir uns heute befinden; es hat ja gar keinen Zweck, daß wir die Augen davor verschließen. Es ist diel Situation, in der sich in den Jahren von 1950 bis 1956 und 1957 unsere westlichen Nachbarn befanden. Ich meine, bevor man jetzt etwa falsche Wege einschlägt und etwa die Fehler macht, die von unseren Nachbarn damals schon gemacht worden sind, sollte man einmal seine Augen zurückwenden. In der Situation, in der unsere westlichen Nachbarn damals waren, befinden wir uns heute, wie ich sagte, und wir können mit uns in der damaligen Situation etwa das heutige Italien vergleichen. So wie wir damals noch nicht an die Grenzen beim Arbeitsmarkt stießen, sehen wir heute in Italien eine hohe Konjunktur, einen hohen Export, einen hohen Beschäftigungsgrad, aber es sind nicht die Übersteigerungen da, die wir hei uns mit so großem Bedauern feststellen.
    Wir haben dann im Winter 1958/59 und im Frühjahr 1959 einen Rückschlag in der wirtschaftlichen Entwicklung erwartet. Damals ist — .so ,drückten Sie es aus, Herr Bundesfinanzminister — auch an Sie das Ansinnen herangetragen worden, eine expansive Haushaltspolitik zu betreiben. Ich möchte Ihnen aus vollem Herzen zustimmen, wenn Sie das wohl so etwas mit einem Lächeln gesagt haben, wie schnellsich die Meinungen der Menschen und wie schnell sich die Forderungen ändern, die an Sie gestellt werden. Es war die Zeit, wo zusätzliche Aufträge gegeben wurden, wo man für den Wohnungsbau mehr Mittel einstellte, um den befürchteten Rückschlag besser zu überwinden. Zur gleichen Zeit lief die Zinssenkungspolitik der Notenbank, mit der man zu einem Kapital- und Geldexport kommen



    Dr. Starke
    wollte. Es lief damals die Politik des billigen Geldes. Es ist ja eine neue Erfahrung für uns gewesen, eine solche Politik einmal mitzumachen.
    Festhalten müssen wir für das, was ich später sagen will, daß wir auch damals, auch in einer Zeit, in ,der nicht eine solche Hochkonjunktur war, einen großen Export hatten. Der jetzige hohe Export ist also nicht nur eine Erscheinung des Augenblicks, nicht nur eine Folge dergegenwärtigen Hochkonjunktur.
    Die Politik des billigen Geldes und die Maßnahmen der Regierung wirkten sich nicht zuletzt auf den Baumarkt aus. Von der Schlüsselindustrie des Bauwesens aus begann die Entwicklung auf die vom Baumarkt abhängige Konsumgüterindustrie und auf die Investitionsgüterindustnie auszustrahlen.
    Wir stießen dann an die Grenzen beim Arbeitsmarkt und kamen zu der Situation, daß vom Arbeitsmarkt her die Weiterentwicklung entscheidend beeinflußt wurde. Es ergab sich daraus der hohe Auftragsbestand, die große Wirtschaftsentwicklung in der Investitionsgüterindustrie, die aus mehreren Gründen, einmal im Hinblick auf die Auswirkungen der Vollbeschäftigung und zum anderen im Hinblick auf den sich aus der Vollbeschäftigung ergebenden Arbeitskräftemangel auf hohen Touren lief. Ich will nur am Rande erwähnen, daß auch die Investitionen im Hinblick auf den sich anbahnenden größeren Markt in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dazu beigetragen haben.
    Wir haben dann im Herbst 1959 die Umstellung der Notenbankpolitik erlebt und die Belastung, die sich ,daraus für die Banken — durch die Mindestreservepolitik — und auch quer durch die Wirtschaft ergeben hat. Wir haben aber auch erlebt — was ja vorher oft schon gesagt worden war —, daß jenes ins Ausland transferierte Geld wieder zurückfloß und die Bremsen .der Notenbank nicht in dem erwarteten Maß packten. Es kam dann die andere Form der sogenannten Blessing-Anleihe, der auf der anderen Seite die Weltbank-Anleihe der Notenbank gegenübersteht.
    Tatbestand ist, daß die Nachfrage steigt, die Nachfrage aus ,dem Masseneinkommen, die Nachfrage aus •den Investitionen, die Nachfrage aus dem Ausland und die Nachfrage vom Staatsbedarf her. Die letztgenannte Nachfrage ist es nicht zuletzt, die sich geltend macht. Mit ihr vor allem haben wir uns heute zu befassen, weil es eben um den Bundeshaushalt geht, der ein so wesentliches Moment für die ganze Entwicklung der Nachfrage ist; denn — lassen Sie es mich hier noch einmal wiederholen —die 40 % Anteil .der öffentlichen Hand am Sozialproduk.t muß ma.n doch in Beziehung setzen zu unserer Konjunktur, zu der übersteigerten Nachfrage. Das Bemühen um eine Vergrößerung des Angebots stößt auf den Mangel an Arbeitskräften.
    Wir dürfen dabei nicht aus den Augen verlieren, daß die Konjunktur im einzelnen sehr unterschiedlich ist, daß wir Branchen haben, in denen es erst vor kurzem zu einer erheblichen Belebung gekommen ist, bis heute aber noch nicht zu einer solchen
    Belebung wie in anderen Gruppen, insbesondere in denen, die hoch im Export liegen.
    Fragen wir uns nun — und das ist natürlich das, was wir als Oppositionspartei mit gutem Grund tun —: was hat eigentlich die Bundesregierung in dieser Zeit getan? Wir haben von Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, gehört, was Sie im Rahmen Ihrer Haushaltspolitik dabei getan haben. Wir haben davon gehört, daß Sie die Vorauszahlungen auf die Rüstungslieferungen aus dem Ausland erhöht haben. Sie haben dazu auch Zahlen genannt. Sie haben auch auf ihre scharfe Bewirtschaftung bei der Durchführung des Haushalts hingewiesen. Aber das meine ich nicht; denn das liegt eben nur im Rahmen des Haushalts und seiner Durchführung. Der Rahmen aber ist Ihnen durch die Bundesregierung gesteckt. Ich möchte heute fragen: Was hat die Bundesregierung getan angesichts dieser konjunkturellen Entwicklung, die man ja hat kommen sehen, die ja nicht von ungefähr, nicht von heute und gestern ist. Ich glaube, wir müssen feststellen — mit großem Bedauern feststellen —, daß wir ein konjunkturpolitisches Regierungsprogramm nicht kennen.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Das einzige, was wir kennengelernt haben, ist Ihr Programm zur Konjunkturbeeinflussung im Rahmen des Haushalts, der sich wiederum nur in dem Rahmen bewegen kann, den ihm die Bundesregierung insgesamt gegeben hat. Es ist aber nicht nur kein Programm ersichtlich gewesen, sondern sogar ein Gegeneinander von Meinungen aus der Regierungspartei und darüber hinaus aus der Regierung in die Öffentlichkeit gedrungen, so daß man auch die Besorgnisse in der Wirtschaft, überhaupt in der Bevölkerung, verstehen kann.
    Wenn man die Situation bedenkt, die wir ja alle aus der Zeitung kennen - Erklärung und Gegenerklärung, ob das nun den Wohnungsbau, die Aufwertungsfrage oder etwas anderes betraf —, sollte man gewisse Nöte und Sorgen der Wirtschaft etwas besser verstehen, der Wirtschaft, die sehen muß, wie doch nur ein Gegeneinander ist, wie kein Plan, wie kein Programm da ist, wie nichts Überschaubares da ist, an das man sich halten kann. Man sollte verstehen, wenn da die Sorge aufkommt, daß man vielleicht schon morgen plötzlich einer Entscheidung gegenübersteht, mit der man nicht rechnete, die man nicht einkalkulieren konnte. Das ist es, worauf es ankommt. Vielleicht ist es gut, wenn man einer großen Partei, die so lange an der Regierung ist, einmal sagt, wie das draußen wirkt.
    Daß die Schwierigkeiten groß sind, daß das nicht einfach ist, wissen wir auch. Aber es ist notwendig zu sagen, welche Konsequenzen sich draußen ergeben. Dieser Haushalt wurde in der Zeit einer sich ständig steigernden Konjunktur, in der Zeit einer Erhitzung in der Wirtschaft aufgestellt, bei dem Sie, Herr Bundesfinanzminister — wir räumen das ein —, eben nur im Rahmen der Ihnen gegebenen Möglichkeiten handeln konnten, in dem aber auf allen anderen Gebieten der Regierungspolitik — ich nehme da kein einziges Gebiet aus, ob es das der Verteidigungspolitik oder des Straßenbaus ist, ob es
    7340 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober i960
    Dr. Starke
    das der Wohnungsbau- oder der Sozialpolitik isst, ob es allgemein die Subventionen sind oder ob es die Agrarpolitik oder die engere Haushaltspolitik ist — eine Koordinierung in dem Sinne nicht stattgefunden hat, daß am Schluß hier im September ein Bundeshaushalt vorgelegt worden wäre, der in diese konjunkturelle Situation paßt. Das ist auch das, was draußen die Öffentlichkeit sieht und beanstandet. Ich will jetzt nicht darüber sprechen, daß man „einsame Entscheidungen" bemängelt, will auch nicht darüber sprechen, daß man die Ausschaltung der Ressortminister sieht und daß man es bemängelt, daß wichtigste Entscheidungen — ich denke an die Entscheidung etwa der Frage der Umsatzsteuerreform — in wenigen Minuten in Abwesenheit der zuständigen Minister im Kabinett gefällt werden. Das sind ja nur ein paar Elemente für das Bild, das ich hier vor Ihnen entwickeln muß, für das Bild einer Uneinigkeit und Unfähigkeit, die Dinge zu meistern, bevor sie noch schlimmer geworden sind.

    (Beifall bei der FDP.)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist heute doch so, daß auch die große Autorität des Herrn Bundeskanzlers und seine Äußerungen zur Lage, die er im August und September mehrfach gemacht hat, nicht mehr die Besorgnisse und die Unsicherheit verdecken oder überdecken können, die sich draußen über ,den Weg, den man einschlagen wird, breitmachen. Was fehlt, ist eine Koordinierung, eine starke Hand, die die widerstreitenden Interessen ausgleicht. Was fehlt, ist, daß man mit Rücksicht auf die konjunkturelle Lage in unserer Wirtschaft, die ja doch das ganze soziale und gesellschaftspolitische Gefüge unseres Volkes mit umfaßt, zu politischen Entscheidungen im Kabinett kommt, auf denen man aufbauen kann und auf Grund deren auch Sie, Herr Bundesfinanzminister, dem Hause einen Bundeshaushalt vorlegen können, der in diese Konjunktursituation paßt.
    Was wir befürchten, ist, daß wegen dieses Schleifenlassens der Zügel, wegen dieser Steigerung der Gefahren, denen wir uns gegenübersehen, eines Tages plötzlich Kurzschlußhandlungen vorgenommen werden, auf die niemand vorbereitet ist, und zwar deshalb vorgenommen werden — und das ist ein Wort, das ich immer wieder aus der Regierungspartei höre und das, obwohl es doch eigentlich sehr unpopulär ist, sogar seinen Weg bis in die Spalten der Zeitungen gefunden hat —, weil man nun eben einfach so weit ist, daß man sagt: „Es muß etwas geschehen." Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, was geschehen soll, darauf kommt es doch an.
    Nun möchte ich einmal etwas zu den umhergeisternden Vorstellungen von Vollmachten sagen. Glaubt man denn wirklich, daß dieses Hohe Haus, oder glaubt man denn wirklich, daß die Freie Demokratische Partei mit Vertrauen und mit Genugtuung der Regierung Vollmachten zur Konjunkturpolitik geben würde? Wir wissen doch, in welcher Zerrissenheit und Gespaltenheit die Regierungspartei dasteht. Wir wissen, daß die Entscheidungen, die auf Grund dieser Vollmachten gefällt werden würden, doch, wie wir heute wissen, völlig von Zufällen abhängig wären, je nachdem, wie sich die personellen Gegensätze, wie sich die Machtfragen dort entwickeln. Ich weiß nicht, ob es eine Lösung ist, daß man Vollmachten fordert, wenn man schon so deutlich gezeigt hat, daß man über das, was man tun will, gar nicht einig ist.
    Was den Zeitfaktor anlangt, möchte ich auf etwas Bezug nehmen, was der Herr Bundeskanzler in Karlsruhe auf dem Parteitag der Regierungspartei gesagt hat. Er hat dort gesagt — ich kann das verstehen im Hinblick auf die Öffentlichkeit —, die Regierungspartei, die die Mehrheit im Hause habe, solle nun endlich davon Gebrauch machen und sich die Verzögerung durch die anderen nicht mehr gefallen lassen. Das kann man natürlich nach draußen sagen. Aber Sie hier im Hause wissen doch, daß es anders ist; Sie wissen, daß das gar nicht so ist. Sie wissen doch genau, daß Sie von Ihrer Mehrheit deshalb nicht Gebrauch machen, weil Sie sich über das, was in diesen Fragen notwendig ist, nicht einig sind.

    (Beifall bei der FDP. — Widerspruch von der CDU/CSU. — Zuruf: Das glauben Sie ja selbst nicht!)

    Wir können es verstehen, daß man das nach draußen sagt, aber wir wissen es in diesem Hause besser.

    (Abg. Dr. Vogel: Sind Sie sich in Ihrer Fraktion so sehr einig über das, was gemacht werden muß?)

    — Dazu möchte ich sagen, Herr Kollege Vogel — es ist gut, daß Sie das fragen —: ich bin nicht nur ausdrücklich beauftragt, sondern ich kann es auch nach einer langen Debatte gestern innerhalb unserer Fraktion erklären, daß ich hier nicht für mich spreche, sondern im Namen der ganzen Fraktion.

    (Zustimmung bei der FDP. — Zurufe und Lachen bei der CDU/CSU.)

    Das ist ein Punkt nur, vielleicht kommen noch mehr dazu, bei denen Sie mir das noch einmal vorhalten. Ich will noch einige Punkte berühren.
    Der Grund, weshalb man das alles heute ansprechen muß, ist doch der, daß jetzt das Schlagwort „Patentlösung Aufwertung" aufgekommen ist. Ich gebe Ihnen zu, daß zu dieser Frage in der Öffentlichkeit Äußerungen gemacht worden sind, die vielleicht nicht sehr glücklich gewesen sind. Aber man muß doch seine Haltung dazu einmal ganz klar kundtun, nachdem man das reiflich überlegt hat. Es geht das Schlagwort von der Aufwertung oder der inneren Inflation, als ob nur darin die Alternative läge. Wir wissen, daß von ökonomisch-theoretischer Seite nur diese Alternative angenommen wird. Aber wir Freien Demokraten wehren uns ganz entschieden dagegen, daß das für die Praxis, für den Bereich der Politik, für den Bereich der Konjunkturpolitik gelten soll. Wir wollen weder eine Aufwertung noch eine innere Inflation.
    Aber — nun komme ich wieder auf das zurück, was wir wollen und was Sie müssen — wenn Sie nicht vor der genannten Alternative stehen wollen, dann müssen Sie handeln, die Regierung muß handeln, und sie muß koordiniert handeln. Es wird auch
    Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 7341
    Dr. Starke
    nicht ausbleiben, daß man vor die Bevölkerung tritt und sagt: Wir sind in einer Situation, in der es immerhin nicht ganz von der Hand zu weisen ist, daß, das, was in zehn Jahren aufgebaut worden ist, jetzt sehr stark in Gefahr kommt, wenn man die Weichen falsch stellt. Was wir wollen, sind Maßnahmen und Maßhalten in der Wirtschaft und in der Bevölkerung.

    (Zuruf des Abg. Brese.)

    — Herr Brese, ich will Ihnen zu dem Maßhalten nur etwas sagen! Dazu ist erforderlich, daß das von der Regierung selber erst einmal vorexerziert wird! Erst dann kann man darüber sprechen.

    (Beifall bei der der FDP.)

    Zu der Frage der Aufwertung möchte ich ganz leidenschaftslos folgendes sagen. Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, daß wir auch in der Zeit einer geringeren Konjunktur einen hohen Export hatten. Es ist also nicht so, daß im Augenblick alles Übel vom Export kommt, wie man das langsam schon hinstellen zu müssen glaubt und wie man das so oft hört.

    (Zuruf von der Mitte: Wir sind bei der ersten Lesung!)

    — Ich glaube, daß die Fragen der Konjunkturpolitik bei diesem Haushalt eine Rolle spielen. Wenn Sie wollen, können Sie das natürlich weglassen. Sie können natürlich sagen, 45 Milliarden mußten sein, weil es die Gegebenheiten befohlen haben. Dieser Meinung sind wir nicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind bei der ersten Lesung!)

    — Ich glaube, daß es bei der dritten Lesung für diese Dinge zu spät ist; denn wenn Sie das tun wollen, was wir möchten, müssen Sie es nach der ersten Lesung tun und nicht nach der dritten.

    (Abg. Dr. Dollinger: Sie hatten MilliardenAnträge auf Mehrausgaben ohne Einsparungsvorschläge gestellt!)

    — Das müßten Sie uns vielleicht im einzelnen sagen. Im Laufe der Debatte wird sich dazu wohl die Gelegenheit ergeben.
    Sie wissen, wir landen immer wieder bei den Kriegsopfern, die wir auch nicht ganz sitzen lassen wollten, und bei den Beamtengehältern. Über das Problem werden wir uns in diesem Jahr noch einmal unterhalten müssen.

    (Abg. Dr. Dollinger: Wahrscheinlich in anderer Besetzung!)

    — Da brauchte ich mich sogar nicht einmal vertreten zu lassen, das würde ich auch vertreten; ich habe es schon einmal getan.

    (Abg. Dr. Conring: Denken Sie an die 1 Milliarde DM Umsatzsteuer, die Sie streichen wollten! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Und die Anträge zum Verkehrshaushalt!)

    — Wenn Sie das schon einmal anschneiden: Glauben Sie, daß das so falsch war?
    Zuruf von der CDU/CSU: Ohne Deckungsvorschlag sicher!)
    — Das ist natürlich sehr schade. Wenn Sie diesen Antrag genau durchgelesen hätten, dann wüßten Sie, daß es dafür keines Deckungsvorschlages bedurfte; denn er ergab sich aus dem Antrag selbst.

    (Abg. Dr. Conring: Aber die Lücke im Bundeshaushalt war doch da!)

    — Sie war nicht da, und sie ist auch jetzt nicht da!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Denken Sie an . die Agrarsubventionen!)

    — Es gibt noch ganz andere Anträge. Solche Anträge können Sie nicht einfach ablehnen. Sehen Sie sich einmal an, welche Steuermehreinnahmen wir von Jahr zu Jahr gehabt haben! Diese Mehreinnahmen wollten wir dem Finanzminister wegnehmen, damit sie nicht wieder für neue Ausgaben verwendet werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Natürlich wollen wir auch den außerordentlichen Haushalt bedienen. Sicher wollen wir das. Aber ob Sie den Stein der Weisen gefunden haben, wenn Sie das behaupten, ob es also die Kunst aller Künste ist, wenn man den außerordentlichen Haushalt zwar von Jahr zu Jahr aufstellt, ihn dann aber aus den ordentlichen Einnahmen bedient, darüber werden wir auch noch ein paar Worte verlieren. Vielleicht kann man, wenn man darüber etwas intensiver nachdenkt, auch noch einen Weg finden, wie man es etwas anders hätte machen können.

    (Abg. Dr. Vogel: Herr Dr. Starke, Ihre Fraktion hat neue Anträge über Mehrausgaben von 2,7 Milliarden DM gestellt, die abgelehnt worden sind!)

    — Wenn Sie mir das nachher im einzelnen darlegen, bin ich gern bereit, darauf zu antworten. Mir sind Anträge mit Auswirkungen in dieser Höhe nicht bekannt.

    (Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Dollinger: Das war aber schlecht!)

    — Das war nicht schlecht! — Ich kenne sie nicht. Aber vielleicht handelt es sich — wie Sie bei genauem Hinsehen wahrscheinlich feststellen werden
    — um Anträge, bei denen Sie den größten Teil der 2,7 Milliarden DM von sich aus beantragt haben, und wenn wir diesen Teil abziehen, werden wir zu einem sehr viel geringeren Betrag kommen, um den wir uns unterscheiden, 2,7 Milliarden DM, Herr Dollinger, ganz bestimmt nicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben nicht angekündigt, daß wir keine Anträge mehr stellen werden!)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu meinem Bedauern muß ich bei diesen Fragen doch noch etwas weiter verweilen und sagen: wenn es Sie nicht berührt, wenn Sie glauben, daß diese Fragen heute nicht aktuell sind, dann lesen Sie doch einmal die Zeitung, oder fragen Sie, was die Zeitungen darüber schreiben, wie verschieden die Meinungen in Ihrer Partei über diese Fragen sind. Vielleicht ist er gut, wenn Sie dies einmal von einem anderen hören: Sie einigen sich dann schneller und besser.

    (Beifall bei der FDP.)




    Dr. Starke
    Wir haben in unserem Außenhandel, wie Sie alle wissen, keine Riesenüberschüsse aus der Leistungsbilanz. Dafür haben wir sehr viele Verpflichtungen und darüber hinaus den Überschuß von 4 Milliarden DM aus den Besatzungszahlungen, die kein sicherer Faktor rein ökonomischer Natur sind. Wir haben außerdem das große Problem der Entwicklungsländer. Darüber hinaus wissen wir, daß die Ausfuhr nicht mehr in dem bisherigen Ausmaß steigt, daß dagegen die Einfuhr ständig eine bedeutende Steigerung erfährt, daß wir auf dem Konsumgütersektor in den vergangenen Jahren Einfuhrsteigerungen bis zu 500 % gehabt haben, ja, daß wir in einzelnen Sparten der Konsumgüterindustrie bis zu 40 und 50 % der eigenen Produktion an Einfuhr haben.
    Vor allen Dingen ist von Bedeutung, daß wir keine einheitliche, sondern eine differenzierte, eine gespaltene Konjunktur haben; eine Konjunktur, in deren Verlauf in den vergangenen Jahren die am Export beteiligten Branchen und Firmen im allgemeinen besser standen und auch jetzt besser stehen als andere Zweige, vor allen Dingen in der Konsumgüterindustrie. Sie können das an den Auftragseingängen ablesen. Es ist sehr interessant, festzustellen, daß im August 1960 die Auftragseingänge für .die Konsumgüterindustrie insgesamt abgesunken sind. Darin zeigt sich eben das, was wir die gespaltene Konjunktur nennen. Diese Erscheinung macht es so schwierig, zu einer Lösung zu kommen, die nicht allzusehr daneben geht.
    Ich möchte hier noch einmal sagen — und das auszusprechen liegt meiner Fraktion besonders am Herzen —: Wir halten die sogenannte Ersatzaufwertung, d. h. den Ersatz der Aufwertung durch Wegfall der Umsatzausgleichsteuer und der Exportrückvergütung, für eine ganz besonders unglückliche Maßnahme.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Vielleicht lassen Sie mich ausreden; die Dinge sind ziemlich schwierig.

    (Erneuter Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Für mich sind sie nicht so sehr schwierig; aber so einfach, daß man sie mit dem Spruch „es muß etwas gemacht werden" abtun könnte, sind sie nicht. — Diese Maßnahme der Ersatzaufwertung würde kein positives Ergebnis haben. Vor allem würde sie imeinzelnen die Falschen treffen. Mit ihr würde man am Symptom kurieren, aber in keinem Fall würde man dort treffen, wo vielleicht am ehesten etwas getan werden könnte. Wir würden den Aufwertungsersatz als globale Maßnahme für noch unglücklicher halten als alles andere.
    Blicken wir in die Vergangenheit zurück! Es ist nicht so gewesen, daß seinerzeit die Alliierten den Wechselkurs der D-Mark etwa zu niedrig festgesetzt hätten. Vielmehr haben sie ihn damals nach der damaligen überwiegenden Auffassung mit 4,20 DM für den Dollar sehr hoch festgesetzt. Man glaubte damals, dieser Wechselkurs würde unserem Export sehr große Schwierigkeiten bereiten. Auch das dürfen wir nicht vergessen, wenn wir jetzt über eine Aufwertung der D-Mark sprechen. Darüber hinaus sind wir, wie ich anfangs dargelegt habe, ja nicht schuld an der Entwicklung in den Ländern um uns, durch die die Verschiebungen in der Kaufkraft der einzelnen Währungen eingetreten sind. Man darf auch nicht vergessen, daß man eine Aufwertung nicht rückgängig machen kann. Es ist sehr genau zu überlegen, in welcher Höhe, gegenüber wem und ob überhaupt im Alleingang so etwas gemacht werden kann.
    Wie ich vorhin schon ausgeführt hatte, läuft im Augenblick die Entwicklung der Preis- und Lohnsteigerungen und damit natürlich auch einer Entwertung des Geldes bei uns schneller als in anderen Ländern. Angesichts dieser Situation ist es sehr fraglich, ob jetzt gerade eine Aufwertung am Platze wäre. Man wird den Eindruck nicht los, daß, da ein Programm der Regierung fehlt und Untätigkeit zu beobachten ist, gewisse Kräfte innerhalb der Regierungspartei mit einer Gewaltlösung das erzwingen wollen, was durch politische Entscheidungen im Kabinett nicht zu erzwingen ist: eben ein Maßhalten. Ich wage zu behaupten, daß man mit politischen Entscheidungen des Kabinetts, mit denen man vor die Bevölkerung tritt, um den Ernst der Situation klarzumachen, mehr erreichen kann als durch eine solche Kurzschlußhandlung, als durch eine solche Überrundung der Politik, die so weitgehend auf die nächsten Wahlen abgestellt ist, mit Hilfe der Aufwertung.
    Die Sozialdemokratische Partei hat sichgegen eine Aufwertung ausgesprochen.

    (Abg. Dr. Vogel: Die Bundesregierung und wir in der Gesamtheit genauso!)

    — Jawohl; ich habe unterstellt, daß das alle wissen. — Die Sozialdemokratische Partei hat sich gegen eine Aufwertung ausgesprochen, und war wissen auch, warum. Hier spielt eine Rolle die Theorie der ,expansiven Lohnpolitik, die ja insbesondere von dem Mitglied dieses Hohen Hauses, dem Kollegen Deist vertreten wird und die man angesichts der beengten Situation auf dem Arbeitsmarkt praktiziert. Es wird darauf hingewiesen, 'daß wir nicht die Folgen sähen, die immer angekündigt worden sind, nämlich zunächst das Steigen der Preise und dann insbesondere die Exportverluste. Wir brauchen uns hier nichts vorzumachen, wir wissen es, daß diese Quittung kommt. Weil eben der Währungsspielraum da ist, hat es vorübergehend dien Anschein, als ob man eine solche Politik auf die Dauer betreiben könnte. Die Vorschläge, die die Sozialdemokratische Partei statt dessen gemacht hat, sind mit einem Wort zusammenzufassen: Belastung der Wirtschaft. Dieses Experiment kann man in seinen Wirkungen in Schweden ablesen, wo eine immer stärker zunehmende Tendenz zum Wohlfahrtsstaat von Maßnahmen begleitet wurde, mit denen man die Wirtschaft belastete und einengte. Das sollten wir auch nicht vergessen, zumal man es so bequem nachlesen kann.
    Herr Kollege Niederalt hat heute morgen gesagt, man solle bei den Investitionen der öffentlichen Hand einmal überlegen, ein wie kleiner Teil das von .den Gesamtinvestitionen sei. Ich bin mir nicht



    Dr. Starke
    ganz sicher, ob das für ,die Investitionen deis Bundes oder auch der Länder gemeint war.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bund, Länder und Gemeinden!)

    — Die Zahl, die Sie nannten, war nur die der Länder. Wenn idas insgesamt gilt, so ist es sicherlich genauso, wie wir es vorhin von den Gemeinden gehört haben. Jeder tut etwas, und nichts ist ursächlich, alles ist für sich unschädlich. Aber insgesamt sind wir in einer Situation, die, wie ich glaube, Sie alle beunruhigt und nicht nur mich.
    Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch sagen, daß wir es als tragisch empfinden, daß eine Bundesregierung in die Situation kommt, jetzt dazustehen, ohne zu handeln. Sie ist eine bürgerliche Regierung und ist doch von Grundsätzen in der Konjunkturpolitik ausgegangen, die auch die unseren waren und die wir seinerzeit mit aufgebaut und verteidigt haben. Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat deshalb gestern beschlossen, bestimmte Forderungen, die die Freien Demokraten angesichts der Situation an die Bundlesregierung stellen wollen, hier heute kundzutun.
    Wir wollen, wie ich schon sagte, weder eine Aufwertung der D-Mark noch eine innere Inflation. Um einen dritten Weg zu finden, fordern wir zuallererst einmal Handeln überhaupt. Handeln, nachdem man sich auf ein Programm geeinigt hat. Deshalb fordern wir, ,daß die Regierung ein Programm vorlegt, das auf die Erfordernisse deis Augenblicks abgestellt ist und das insbesondere eine Dringlichkeitsliste für die Maßnahmen enthält, die angesichts ,der jetzigen Situation im Laufe des nächsten Jahres, insbesondere bis zu ,den Wahlen, wirklich mitgutem Gewissen durchgeführt werden können. Die Bundesregierung sollte im Sinne dieses Programmes, das wir fordern, und an Hand der Dringlichkeitsliste den Bundeshaushalt so gestalten, daß er dieser Situation entspricht, insbesondere mit dem Ziele einer Verkleinerung des Volumens, auch unter Streichung von Ausgaben.
    Die Bundesregierung soll darüber hinaus unverzüglich unter Überwindung aller Hindernisse in den eigenen Reihen durch Anwerbung von Fremdarbeitern eine größtmögliche Entlastung auf dem Arbeitsmarkt anstreben, in einem viel größeren Maße als bisher und in einem Ausmaß, wie es andere Länder um uns herum mit einem sehr viel größeren Erfolg getan haben.
    Die Bundesregierung sollte darüber hinaus nach unseren Vorstellungen — im Sinne der Änderungsanträge der Fraktion der Freien Demokratischen Partei zum Tarifvertragsgesetz — mit dahin wirken, daß in dieser Lage, die man natürlich der Bevölkerung vor Augen führen muß, auch die Lohnverhandlungen mehr unter dem Gesichtspunkt der gegenwärtigen Situation geführt werden. Dazu sehen die von uns gestellten Anträge eine Versachlichung der Gespräche durch Gutachten, durch Veröffentlichung der Gutachten und auch durch Schlichtungsmaßnahmen vor.
    Die Bundesregierung sollte dann nach unserer Vorstellung beschleunigt die Frage einer Anleihe von einer Milliarde DM aus der Wirtschaft für die Entwicklungsländer aufgreifen und darüber hinaus mindestens eine weitere Milliarde DM aus Bundesmitteln und aus Mitteln der Länder für diesen Zweck zur Verfügung stellen. Die Verhandlungen mit den Ländern sollten unter Hinweis auf den Ernst der Lage mit allem Nachdruck beginnen.
    Die Bundesregierung sollte fernerhin alle Möglichkeiten ausnützen, wie sie der Herr Bundesfinanzminister im Rahmen seiner Möglichkeiten im Haushalt bereits ausgenützt hat, und eine Neutralisierung von Geldmitteln anstreben, und zwar durch weitere Tilgung von Auslandsschulden, durch weitere Vorauszahlung von Verteidigungslieferungen aus dem Ausland, aber auch durch eine verstärkte Vorratshaltung an ausländischen Rohstoffen, ähnlich wie in der Schweiz, sowie durch privaten Kapitalexport in Entwicklungsländer in Europa und in Übersee, in Form von Sachanlagen oder in Form von Anleihen mit einer steuerlichen Begünstigung, um in dieser Situation wirklich einen Effekt zu erzielen.
    Die Bundesregierung sollte nach Ansicht der Fraktion der Freien Demokratischen Partei darüber hinaus einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem ähnlich wie in der Schweiz die Möglichkeit vorgesehen wird, Investitionsmittel der Wirtschaft unter Steuerbegünstigung bis zu einem späteren Zeitpunkt, den die Bundesregierung bestimmt, bei der Notenbank stillzulegen.
    Die Bundesregierung — auch das möchten wir vertreten; wir glauben, daß dies, wenn sich der Bundeskanzler dieser Fragen mit der ganzen Autorität seiner Person annimmt, auch Erfolg haben wird — sollte Verhandlungen mit den Ländern und mit den Gemeinden aufnehmen und mit ihnen über die Investitionspolitik der öffentlichen Hand sprechen, bezüglich deren ich nicht ganz die gleiche Meinung habe, wie Herr Kollege Niederalt sie hier zum Ausdruck gebracht hat. Dabei sollte die Öffentlichkeit über die Haltung der Beteiligten unterrichtet werden.
    Die Bundesregierung sollte ferner im Zuge der Umgestaltung des Haushalts, wie wir sie uns denken, ein Programm für Steuersenkungen vorlegen, das die Preisentwicklung zugunsten der ganzen Bevölkerung beeinflussen und Mehreinnahmen mit der Folge höherer öffentlicher Ausgaben verhindern soll. Soweit dabei Steuereinnahmen der Länder und Gemeinden berührt werden, sind entsprechende Finanzausgleichsmaßnahmen vorzusehen und gegebenenfalls mit den Ländern zu beraten. Es muß gelingen, die Mängel unserer Finanzverfassung in dieser kritischen Zeit einmal zu überwinden. Die FDP-Fraktion wird noch Einzelanträge im Sinne dieses geforderten Steuerprogramms vorlegen.
    Die Notenbankpolitik sollte nicht nur fortgesetzt, sondern sie sollte durch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen in Zukunft von der Bundesregierung wirksamer unterstützt werden.



    Dr. Starke
    Schließlich — das ist zwar der letzte, aber nicht der unwichtigste Punkt — sollte die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Notenbank die Wirkung der geforderten Maßnahmen beobachten, sie gegebenenfalls ergänzen und zugleich in internationale Verhandlungen eintreten, um die anstehenden Währungsfragen dort zu besprechen.
    Hier möchte ich auf eine Rede verweisen, die der frühere Präsident der Notenbank, Geheimrat Dr. Vocke, in Helsinki am 12. September 1960 gehalten hat. Er hat dort eine Reihe zunächst unscheinbar aussehender Maßnahmen angeregt, mit denen man vielleicht dem Problem der Währungsverzerrungen begegnen kann, das uns ja zu schaffen macht und das man sicherlich nicht mit dem scharfen Schwert der Aufwertung lösen sollte, das so leicht fehlgehen kann.
    Eine solche Politik und ein solches Programm, wie wir es hier aufgestellt haben, sind sicherlich ergänzungsbedürftig. Wenn die Regierung sich aber zu einem solchen Programm durchringt, gibt es ihr natürlich auch gegenüber der Bevölkerung und gegenüber der Wirtschaft eine ganz andere Sicherheit. Es erfordert politische Entscheidung. Es wird auch Ausgabensenkungen nötig machen. Es erfordert eine Überprüfung vieler liebgewordener Vorstellungen, nach denen es immer so weitergehen muß, und es erfordert Wertungen, was wichtiger ist als das andere und was deshalb bevorzugt vor anderem getan werden muß.
    Ein solches Programm — damit lassen Sie mich schließen — würde insbesondere auch dem entsprechen, was der von der Regierung eingesetzte Sozialbeirat in seinem Gutachten unter dem 12. September 1960 festgestellt hat, das Sie in der Drucksache 2082 am Ende finden. Der Sozialbeirat behandelt dort die Rentenanpassung, für die uns die Regierung ja bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Es heißt in diesem Gutachten — ich darf das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
    Auf anderen Gebieten der Wirtschaftspolitik
    — auf anderen als dem Gebiet der Rentenanpassung
    können weit wirksamere Einschränkungen der Nachfrage herbeigeführt werden.
    Er sagt dann weiter:
    Nur im Rahmen eines systematischen und erfolgversprechenden Gesamtprogramms auf den Gebieten der Finanz-, Kredit-, Außenhandels-und allgemeinen Wirtschaftspolitik
    — nur in einem solchen Rahmen! —
    wäre nach Ansicht der Mehrheit der Beiratsmitglieder eine Nichtanpassung gerechtfertigt. Ist dagegen damit zu rechnen, daß die expansiven Tendenzen bei den anderen Teilen der volkswirtschaftlichen Nachfrage — seien es nun Investitionen, Auslandsnachfrage, Staatsbedarf oder Massenkonsum — nicht genügend eingedämmt werden, so erscheint es der Mehrheit des Sozialbeirats sowohl sozialpolitisch nicht vertretbar wie auch konjunkturpolitisch wenig sinnvoll
    ich darf den Satz abkürzend zu Ende führen gerade den Verzicht auf die Rentenanpassung auszusprechen.
    Ich habe am Anfang behauptet, die Bundesregierung habe ein solches Programm nicht. Das bestätigt sie selber dadurch, daß sie das Gesetz über die Rentenanpassung vorgelegt hat; denn nach dem Rat dieses Sozialbeirats, den sie selber eingesetzt hat, sollte sie das nur dann tun, wenn sie kein Programm hat. Für den Fall dagegen, daß sie glaubt, mit einem Programm diese Nachfragesteigerung und -übersteigerung vermeiden zu können, empfiehlt der Sozialbeirat, das nicht zu tun. Mir kommt es im Augenblick nicht so sehr auf den konkreten Fall der Anpassung an, die später hier noch behandelt wird, sondern vielmehr darauf, daß die Bundesregierung durch diese Handlung selber zugegeben hat, daß sie sich gar nicht zutraut, im Sinne der Empfehlung des Sozialbeirats zu handeln.

    (Beifall bei der FDP.)