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ID0312710100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 127. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1960 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Funk 7297 A Vizepräsident Dr. Preusker legt sein Amt nieder 7297 A Begrüßung einer Delegation des kanadischen Senats . . . . . . . . . . . 7344 C Fragestunde (Drucksachen 2085, 2093) Frage des Abg. Faller: Wehrdienst von deutsch-französischen Doppelstaatern Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7297 B, D, 7298 A, B, C Faller (SPD) . . 7297 C Dr. Mommer (SPD) . . . 7297 D, 7298 A Dr. Schäfer (SPD) . . . . . , 7298 B, C Frage des Abg. Dr. Kohut: Aburteilung von Straftaten nach dem NATO-Truppenstatut Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7298 D, 7299 A Dr. Kohut (FDP) . . . . 7298 D, 7299 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Übergriffe amerikanischer Soldaten im Kirchenkreis Gelnhausen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 7299 A Frage der Abg. Frau Nadig: Untersuchungsstellen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln . . . 7299 C Frage des Abg. Kroll: Informationstrupps des sowjetzonalen Rundfunks in der Bundesrepublik Dr. Schröder, Bundesminister . , 7299 C, D, 7300 A Kroll (CDU/CSU) . . . . . . . 7299 D Bausch (CDU/CSU) . .. . . . . 7299 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7300 A Frage des Abg. Dürr: Zahl der mit der Liquidation des Vermögens der verbotenen Kommunistischen Partei beschäftigten Personen Dr. Schröder, Bundesminister 7300 B, C, D Dürr (FDP) . . . . . . . . . . 7300 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7300 C Frage des Abg. Wittrock: Ersetzung von Gerichtsakten durch Mikrofilme Schäffer, Bundesminister . 7300 D, 7301 A Wittrock (SPD) . . . . . . . . 7301 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Unterlagen für die letzte Besoldungserhöhung Etzel, Bundesminister 7301 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den, 5. Oktober 1960 Frage des Abg. Lohmar: Abgrenzung des Truppenübungsplatzes in der Senne Strauß, Bundesminister . . . . . 7301 B Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 7301 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Einsatz von Schrottfahrzeugen auf den Baustellen der Bundesautobahn Appenweier—Neuenburg Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 7301 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7302 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Überprüfung der FernsprechgebührenOrdnung Stücklen, Bundesminister . . . 7302 B, D, 7303 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7302 B, C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7302 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 7303 A Frage der Abg. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders: Kosten der Umstellung der Telefon- bücher Stücklen, Bundesminister . . . 7303 B, C Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 7303 B, C Wahl eines Vertreters und eines Stellvertreters der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 7303 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 (Haushaltsgesetz 1961) (Drucksache 2050) — Erste Beratung — Schoettle (SPD) . . . . . . . . 7303 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 7312 B Lenz (Trossingen) (FDP) 7322 A Niederalt (CDU/CSU) 7328 A Heiland (SPD) . . . . . . . 7333 C Dr. Starke (FDP) 7337 C Dr. Conring (CDU/CSU) 7344 D Etzel, Bundesminister 7348 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 7353 C Kurlbaum (SPD) 7355 A Entwurf eines Gesetzes über eine Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft (Drucksache 1884) — Erste Beratung — Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 7355 C Schmücker (CDU/CSU) . . . . . 7356 B Dr. Atzenroth (FDP) 7357 C Kurlbaum (SPD) 7358 A Antrag betr. Strukturprogramm für die Zonenrandgebiete (SPD); Schriftlicher Bericht des Gesamtdeutschen Ausschusses (Drucksachen 479, 1417); in Verbindung mit Antrag betr. kulturelle Förderungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (SPD); Schriftlicher Bericht des Gesamtdeutschen Ausschusses (Drucksachen 588, 1418) Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . . 7360 C Höhmann (SPD) . . . . . . . . 7360 D Wacher (CDU/CSU) . . . . . . 7363 A Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 7367 A Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7369 C Dr. Starke (FDP) . . . . . . . . 7370 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drittes Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 2044); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 2094) — Zweite und dritte Beratung — 7371 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 1771); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 2088) — Zweite und dritte Beratung — 7371 D Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 2089) — Zweite und dritte Beratung — . . 7372 A Entwurf eines Gesetzes über die einheitliche Ausbildung der Steuerbeamten (Steuerbeamtenausbildungsgesetz — StBAG) (Drucksache 2048) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7372 C Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7373 A Dr. Miessner (FDP) 7373 A Nächste Sitzung 7373 C Anlagen 7375 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den. 5. Oktober 1960 7297 127. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich. a) Beurlaubungen Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Behrisch 7. 10. Frau Bennemann 7. 10. Dr. Birrenbach 5. 10. Dr. Böhm 22. 10. Börner 7. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Dr. Brecht 7. 10. Dr. Bucerius 7. 10. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Dowidat 5. 10. Draeger 9. 10. Eberhard 7. 10. Eilers (Oldenburg) 7. 10. Erler 7. 10. Fuchs 5. 10. Geiger (München) 7. 10. Gontrum 7. 10. Dr. Gradl 9. 10. Dr. Greve 7. 10. Frau Herklotz 9. 10. Dr. Hesberg 7. 10. Heye 9. 10. Hilbert 7. 10. Höcherl 9. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 5. 10. Frau Dr. Hubert 7. 10. Huth 7. 10. Dr. Imle 5. 10. Jaksch 7. 10. Jürgensen 31. 10. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Königswarter 7. 10. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Kraus 5. 10. Leber 5. 10. Lenz (Brühl) 5. 10. Lermer 15. 10. Majonica 9. 10. Meis 5. 10. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Müller-Hermann 5. 10. Pohle 31. 10. Dr. Preusker 7. 10. Reitzner 9. 10. Scheel 5. 10. Dr. Schild 7. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Schneider (Hamburg) 7. 10. Schultz 5. 10. Dr. Seffrin 7. 10. Dr. Serres 9. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht (C) Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Steinbiß 8. 10. Storch 5. 10. Struve 9. 10. Wegener 9. 10. Wienand 9. 10. Wilhelm 7. 10. Dr. Will 7. 10. Frau Wolff 10. 10 b) Urlaubsanträge Eberhard 15. 10. Goldhagen 20. 10. Maier (Freiburg) 31. 10. Dr. Ripken 10. 10. Dr. Stammberger 17. 10. Stenger 15. 11. Anlage 2 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Realkredits (Drucksache 2088). Das vorliegende Gesetz hat den Zweck, gewisse Fristen im Bereich des Rechts der Hypothekenbanken, der Schiffspfandbriefbanken und der öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten zu verlängern, deren Ablauf am 31. Dezember 1960 bevorsteht. Durch das Gesetz über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken vom 5. August 1950 (Bundesgesetzbl. I S. 353) ist es diesen Instituten zunächst bis zum 31. Dezember 1953 und nach zweimaliger Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 1960 gestattet worden, zusätzlich zu den nach dem Hypothekenbankgesetz und dem Schiffsbankgesetz erlaubten Geschäften sogenannte Globaldarlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau und (mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden) bei anderen Kapitalsammelstellen aufzunehmen, um auf diese Weise in weiterem Umfange Mittel für die Gewährung von hypothekarisch gesicherten Darlehen und Kommunaldarlehen beschaffen zu können. Weiterhin hat das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Realkredits vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 925) bis zu dem gleichen Zeitpunkt den Hypotheken- und Schiffsbanken sowie den öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten die Möglichkeit gegeben, in begrenztem Umfange Schuldverschreibungen auf der Grundlage einer Deckung durch gewisse Wertpapiere der öffentlichen Hand und durch Geld anstatt durch Hypotheken und Kommunaldarlehen auszugeben (sogenannte primäre Ersatzdeckung) sowie unter gewissen Voraussetzungen Geldbeträge, die als Ersatzdeckung dienen, bei Kreditinstituten anzulegen. Der Zweck dieser befristeten Maßnahmen bestand darin, durch Anpassung gewisser nicht mehr zeitgemäßer Regelungen des Hypotheken- und Schiffs- 7376 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 bankrechts an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse den Finanzierungsbedürfnissen insbesondere des Wohnungsbaus und Schiffsbaus Rechnung zu tragen, ohne jedoch hierbei der Entscheidung darüber vorzugreifen, wie diese Fragen bei der in Aussicht genommenen umfassenden Reform des Hypotheken- und Schiffsbankrechts endgültig geregelt werden sollen. Diese umfassende Reform kann erst durchgeführt werden, wenn die gesetzliche Neuregelung des Kreditwesens durch das neue Kreditwesengesetz vorliegt. Da sich die Erwartung, das neue Kreditwesengesetz könne noch vor dem 31. Dezember 1960 in Kraft gesetzt werden, voraussichtlich nicht erfüllen wird und die Gründe, die seinerzeit für den Erlaß der genannten Vorschriften maßgebend waren, fortbestehen, ist eine nochmalige Verlängerung der genannten Fristen um zwei Jahre, wie in der Regierungsvorlage vorgesehen, geboten. Die Regierungsvorlage sieht dagegen keine Verlängerung der durch die Gesetze vom 30. April 1954 und vom 18. Dezember 1956 getroffenen Regelung vor, durch die befristet bis zum 31. Dezember 1960 die sogenannte Umlaufgrenze der Hypotheken- und Schiffsbanken für die Ausgabe von Pfandbriefen allgemein erweitert worden ist. Für eine Verlängerung dieser Frist, die von den Verbänden des Kreditwesens gleichfalls erbeten wurde, besteht keine Veranlassung. Die Erweiterung der Umlaufgrenze, deren Höhe bei den einzelnen Instituten jeweils von der Höhe des Grundkapitals zuzüglich der Reserven abhängig ist, wurde seinerzeit mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse am Kapitalmarkt vorgenommen und hatte lediglich Übergangscharakter; eine Übernahme dieser Maßnahmen als endgültige Regelung stand niemals in Frage. Die Gründe für die getroffene Übergangsregelung sind nunmehr weggefallen, nachdem es den betroffenen Realkreditinstituten unter den heutigen Verhältnissen am Kapitalmarkt ohne weiteres möglich ist, eine zur Erhöhung der Umlaufgrenze des Instituts etwa erforderlich werdende Kapitalerhöhung unter zumutbaren Bedingungen vorzunehmen. Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten. Der Wirtschaftsausschuß empfiehlt dem Deutschen Bundestag, dem Gesetz in der Fassung der Regierungsvorlage zuzustimmen. Der Ausschuß teilt dabei die Auffassung der Bundesregierung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf. Dr. Gerhard Fritz (Ludwigshafen) Anlage 3 Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (16. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808). Das vorliegende Gesetz faßt Statistiken im Bereich der Eisen- und Stahlwirtschaft, Nichteisen-und Edelmnetallwirtschaft, Mineralölwirtschaft, Textilwirtschaft, Lederwirtschaft und Tabakwirtschaft zusammen, die bisher auf Grund von Rechtsverordnungen nach § 6 Abs. 2 ides Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1314) durchgeführt wurden. Vier dieser Rechtsverordnungen verlieren ihre Gültigkeit mit Ablauf dies 30. September 1960. Da die unveränderte Fortführung dieser Statistiken aus wirtschaftspolitischen Gründen sich als unerläßlich erwiesen hat, entspricht es dem § 6 Abs. 1 des Statistikgesetzes, daß langfristig benötigte Bundesstatistiken durch Gesetz angeordnet werden. Das Gesetz soll mit Wirkung vom 1. Oktober 1960 in Kraft treten, um die Fortführung der genannten Statistiken zu sichern. Lediglich auf idem Gebiet der Mineralölwirtschaft wird wegen der gewachsenen wirtschaftspolitischen Bedeutung eine neue Rechtsgrundlage füreine Erhebung über die Vorratsbewegang zur Aufstellung einer Mineralölbilanz notwendig. Während das Gesetz über die Allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe vom 15. Juli 1957 für die gesamte Industrie einheitliche Tatbestandsmerkmale festlegt, soll das vorliegende Gesetz darüber hinaus Vorgänge statistisch beleuchten, die sich aus der besonderen Lage der genannten Wirtschaftszweige mit ihrer engen rechtlichen und wirtschaftlichen internationalen Verflechtung ergeben. Dies gilt für die Eisen- und Stahlindustrie als Schlüsselindustrie, bei der statistische Unterlagen sowohl für die amtlichen Stellen der Bundesrepublik als auch für die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl über den üblichen Rahmen hinaus dringend benötigt werden. Über die einfuhrabhängige Nichteisenmetallwirtschaft muß das Bundesministerium für Wirtschaft kurzfristig und in spezifizierter Weise unterrichtet sein, um Marktstörungen rechtzeitig vermeiden zu können. Außerdem bestehen internationale Vereinbarungen über den Austausch entsprechender statistischer Unterlagen. Die Entwicklung des Mineralölmarktes in Verbindung mit der gesamten Energieversorgung macht es nötig, Verbrauchs- und Bestandszahlen zu ermitteln. Die Einfuhrabhängigkeit an Rohstoffen und die strukturellen Wandlungen der deutschen Textilwirtschaft erfordern, daß umfangreiches statistisches Material besonders für die internationalen Verhandlungen verfügbar ist. In gleicher Weise ist die ledererzeugende Industrie in großem Umfange von ihrer Rohstoffversorgung abhängig. Aus handelspolitischen Gründen müssen die amtlichen Stellen laufend unterrichtet sein. Der Bundesrat hat deshalb die Weiterführung einer monatlichen Meldung vorgeschlagen. In ihrer Stellungnahme stimmte die Bundesregierung dem Vorschlag zu. In § 6 Abs. i des vorliegenden Gesetzes soll daher das Wort „vierteljährlich" durch das Wort „monatlich" ersetzt werden. In Übereinstimmung mit der bisherigen Verordnung über die Durchführung einer Lederstatistik vom 24. Sep- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1960 7377 fernher 1957 (Bundesanzeiger Nr. 186 vom 27. September 1957) muß vor dem Wort „Absatz" das Wort „Erzeugung" wieder eingefügt werden, um eine monatliche Bilanz erstellen zu können. Der in der Bundesrepublik bearbeitete Rohtabak wind zu etwa 80 v. H. ans mehr als 35 Ländern eingeführt. Daher ist eine umfassende Unterrichtung über die Bestandsbewegung des Rohtabaks in sortenmäßiger Hinsicht bei der Tabakindustrie und dem Rohtabakhandel bei Abnahme und Unterstützungszusagen gegenüber Lieferländern von Wichtigkeit. In § 11 dieses Gesetzes ist einzufügen, daß die zwischenzeitlich erlassene Verordnung über die Durchführung einer Eisen- und Stahlstatistik vom 4 August 1960 (Bundesanzeiger Nr. 154 vom 12. August 1960) außer Kraft zu setzen ist. Namens dies Wirtschaftsausschusses bitte ich, dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Drucksache 1808 mit den vorgesehenen Änderungen die Zustimmung zu geben. Dr. Burgbacher Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Schröder auf die Mündliche Anfrage II — der Abgeordneten Frau Nadig — (Fragestunde der 127. Sitzung vom 5. 10. 1960, Drucksache 2085) : Ist die Bundesregierung bereit, nach den Erfahrungen, die mit der Einfuhr französischer Fleischkonserven und von Känguruhfleisch gemacht worden sind, jetzt Untersuchungsstellen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln einzurichten? Die Einrichtung einer allgemeinen Einfuhruntersuchung für Lebensmittel ist bereits anläßlich der Beratung der Novelle zum Lebensmittelgesetz im Gesundheitsausschuß des Bundestages eingehend erörtert worden. Der Ausschuß gelangte damals zu der Auffassung, daß die Lebensmittelüberwachung z. Z. weder über die technischen noch personellen Möglichkeiten für eine allgemeine Importkontrolle verfügt. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen auch heute noch. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, besteht eine Untersuchungspflicht bei der Einfuhr bestimmter Lebensmittel. Einschlägige Vorschriften finden sich z. B. im Fleischbeschaugesetz, im Weingesetz und in der Verordnung zum Schutze gegen Infektion durch Erreger der Salmonella-Gruppe in Eiprodukten. Auch Futtermittel tierischer Herkunft, die oftmals Salmonellen enthalten, werden bei der Einfuhr untersucht. Meinem Hause ist nicht bekannt, daß mit der Einfuhr französischer Fleischkonserven ungünstige Erfahrungen gemacht worden sind. Eine Untersuchungspflicht für Fleischkonserven wird jedoch in absehbarer Zeit allgemein angeordnet werden. Bei den gelegentlich in Känguruhfleisch nachzuweisenden Parasiten handelt es sich um Fadenwürmer, wie sie vereinzelt im Fleisch aller Tierarten vorkommen. Sie sind für den Menschen unschädlich. Die Einfuhren von Känguruhfleisch sind z. Z. stark rückläufig. Pressemitteilungen zufolge bemüht man sich in Australien um die Einrichtung einer Exportkontrolle.
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    Rede von Hans Lenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei kurze Vorbemerkungen machen. Ich persönlich habe es als sehr angenehm empfunden, daß zwischen dem Tag der Einbringung des Haushalts, der Haushaltsrede des Herrn Bundesfinanzministers, und der heutigen Aussprache eine Pause eingelegt wurde. Ich habe es früher als nicht angenehm empfunden, daß wir unmittelbar nach der Rede sofort die Aussprache anschlossen und gewissermaßen aus dem Stand springen mußten. Es wäre sicher gut, wenn das jetzt gewählte Verfahren sich einbürgern würde.
    Dagegen möchte ich es ein wenig beklagen, daß der Finanzbericht — wie er jetzt heißt; früher: die „Allgemeinen Vorbemerkungen" — spät herausgekommen ist, zu spät, um sich sehr eingehend mit dieser, wie wir ja wissen, hervorragenden Arbeit zu beschäftigen. Es geht immer ein wenig unter, wenn wir so kurz vor der Aussprache zum Haushalt erst in den Besitz dieses Werkes kommen. Es wäre gut, wenn diese Arbeit nicht verpuffen und uns etwas früher in die Hand gegeben würde. Nur ein Übermensch hätte das alles durcharbeiten können, und wer ist das heute schon!
    Nun zur Sache selbst. Ich möchte zunächst einiges zum ersten Teil der Rede des Herrn Bundesfinanzministers bemerken, während mein Freund Dr. Starke nachher zur Gesellschaftspolitik — zum zweiten Teil der Rede des Herrn Bundesfinanzministers —sowie zur Unteilbarkeit von Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik und Haushaltspolitik Stellung nehmen und einen konjunkturpolitischen Ausblick — keinen kulturpolitischen, Herr Kollege Stoltenberg; da kann ich Sie völlig beruhigen - zu geben versuchen wird.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat seine Rede selbst als einen Rechenschaftsbericht über die im nächsten Jahr zu Ende gehende Legislaturperiode bezeichnet, möglicherweise auch im Hinblick auf die nächstjährige Bundestagswahl. Er hat gesagt, Wahlgeschenke seien in diesem Haushalt nicht enthalten. Ich gebe zu: nach der ersten Prüfung wird man das bestätigen müssen. Auf den ersten Blick sind keine Wahlgeschenke im üblichen Sinne darin enthalten. Aber wir beginnen ja gerade mit den Beratungen und wissen eben nicht, was uns noch alles in den nächsten Monaten bevorsteht. Uns ist aus der letzten Etatberatung noch sehr gut in Erinnerung, auf welche Weise uns der Herr Finanzminister in den letzten Beratungstagen einen bunten und gewichtigen Strauß neuer Ausgaben auf den Tisch legte, Ausgaben in einer Größenordnung von rund 3/4 Milliarden DM.
    In diesem Jahr dürfte eine ähnliche Entwicklung zu befürchten sein. Wir wissen das ja alle. Eine lange Liste von Vorhaben beschäftigt uns schon seit Monaten. Ich will nur einige herausgreifen: die Novelle zum Gesetz nach Artikel 131, die Beihilferegelung für das zweite Kind, die verbesserten Mutterschaftshilfen, die Verbesserung der Bezüge für die Beamten und Angestellten im öffentlichen
    Dienst - was die Beamtenbesoldung anlangt, so hat der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede die Berechtigung der Klagen der Beamtenschaft anerkannt —, die bilaterale Entwicklungshilfe und dergleichen mehr, alles Maßnahmen, denen die Bundesregierung zum größten Teil mindestens positiv gegenübersteht.
    Sicher sind das für viele Wähler gute Aussichten. Aber bisher stehen für alle diese Zwecke noch keine Mittel im Haushalt. Für die Berlinhilfe sind z. B. 200 Millionen DM weniger als in diesem Jahr eingesetzt worden, ohne daß es zu einem Einvernehmen mit dem Senat von Berlin über die Kürzung der Beihilfe gekommen ist. Ich verweise auf den Vorbehalt, den das Land Berlin im Bundesrat zum Haushalt 1961 gemacht hat. Jedenfalls geht die Forderung Berlins wesentlich weiter, sogar über den Vorjahresbetrag hinaus. Ich habe den Eindruck, daß offenbar mit voller Absicht zu geringe Beträge eingesetzt worden sind, um bei den abschließenden Verhandlungen mit Berlin eine möglichst niedrige Ausgangsposition zu haben. Ich halte das für keinen guten Stil. Mit gutem Willen auf beiden Seiten — ich betone ausdrücklich, daß ich diesen guten Willen voraussetze — sollte künftig eine rechtzeitige Einigung möglich sein, allein schon deshalb, weil wir wohl alle der Meinung sind, daß das Berlinproblem, das sich jetzt wirklich sehr zugespitzt hat, aus dem Haushaltskampf herausgelassen werden sollte.

    (Beifall bei der FDP.)

    Angesichts dieser mit Sicherheit auf den Haushalt zukommenden Belastungen muß ich den Herrn Bundesfinanzminister fragen, wie er dafür im Haushalt Deckung finden will. Oder sind etwa — was ich persönlich glaube — für diese Belastungen bereits Reserven im Haushalt eingeplant? Bitte antworten Sie uns nicht, daß diese Positionen noch nicht etatreif seien. Die Probleme sind schon viel zu ausgereift, als daß sich der Bundesfinanzminister keine Sorgen zu machen brauchte. Glauben Sie nicht, Herr Finanzminister, daß Sie etwa dem Bundestag die Verantwortung dafür zuschieben könnten, wie dieser Mehrbedarf zu decken ist! Wenn die Bundesregierung die Ausgaben wünscht und für nötig hält, muß sie auch Deckungsvorschläge machen. Wahrscheinlich werden wir aber darüber heute keine präzise Antwort erhalten.
    Ich gebe zu, daß man in den eben erwähnten Fällen — daß neue Ausgaben im Grunde erwartet werden, die Höhe der künftigen Belastung aber noch nicht ganz feststeht-- darüber streiten kann, ob der neue Haushaltsplan bereits Deckungsmittel für die erwarteten Ausgaben bereitstellen soll. Auf jeden Fall hätte ich aber erwartet, in der Etatrede des Ministers Einzelheiten darüber zu hören, welche Belastungen auf Grund der schwebenden Probleme dem Haushalt in naher Zukunft drohen und wie sich die Bundesregierung die Deckung denkt.
    Das ist eigentlich der Hauptvorwurf, den ich diesem Haushalt mache: ei ist nicht vollständig. Das wird auch ganz offen zugegeben. Wir wissen, daß wir mit dieser Nichtvollständigkeit gegen den Art. 110 des Grundgesetzes verstoßen.



    Lenz (Trossingen)

    Als einen krassen Verstoß` gegen das Prinzip der Vollständigkeit des Haushaltsplanes muß ich die im § 29 des Haushaltsgesetzes vorgesehene Regelung bezeichnen. Ausgerechnet für diese neue Vorschrift des Haushaltsgesetzes fehlt in der Drucksache 2050 eine Begründung der Regierung. In seiner Rede am letzten Freitag hat der Herr Bundesfinanzminister lediglich erklärt, daß als Folge eines Beschlusses des Zentralbankrates der Deutschen Bundesbank die Finanzierung der Vorratseinlagerung von Getreide durch Wechselkredite eines Bankenkonsortiums allmählich verringert werden müsse. Aus diesem Grunde hätte im Haushaltsgesetz eine Kreditermächtigung für 250 Millionen DM vorgesehen werden müssen. Bis zu dieser Höhe sollen Darlehen an die Einfuhr- und Vorratsstellen für Getreide und Futtermittel gewährt werden. Im Haushaltsplan selber habe ich aber vergeblich nach einer Ausgabeermächtigung für diesen Zweck gesucht. Es kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß diese 250 Millionen DM im Haushalt hätten veranschlagt werden müssen. Da die Darlehen offenbar nicht aus ordentlichen Einnahmen, also aus Steuern bezahlt werden sollen, hätten sie in den außerordentlichen Haushalt eingestellt und die Anleihen von 2,1 Milliarden DM auf 2,35 Milliarden DM erhöht werden müssen. Allerdings wäre dadurch das Gesamtvolumen des Haushalts auf über 45 Milliarden DM angestiegen. Das hat man wahrscheinlich vermeiden wollen. Es muß gesagt werden, daß dieses Vorgehen mit dem geltenden Haushaltsrecht nicht zu vereinbaren ist.
    Ich stehe, wie Sie wissen, mit dieser Ansicht nicht allein. Sogar die Finanzminister der Länder haben bei der Beratung im Finanzausschuß des Bundesrates daran Anstoß genommen. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten möchte ich drei Sätze aus der Niederschrift über die Sitzung des Finanzausschusses vom 15. September verlesen:
    An sich hätte man erwarten müssen, daß ein entsprechender Einnahmen- und Ausgabentitel im außerordentlichen Haushalt veranschlagt worden wäre. Der außerordentliche Haushalt hätte dann eine Ausweitung erfahren, die man aber hat vermeiden wollen. Wenn der hier beschrittene Weg Schule macht, kann man auf einen außerordentlichen Haushalt überhaupt verzichten.
    Herr Kollege Vogel, ich bin eigentlich mit Ihnen einig: man sollte sich ganz ernsthaft darüber unterhalten, ob es in diesen Zeiten sinnvoll ist, einen außerordentlichen Haushalt aufzustellen. Das Haushaltsrecht zwingt uns dazu nicht. Man kann durchaus fragen, ob man, nachdem es einfach üblich geworden ist, den außerordentlichen Haushalt durch Steuern, d. h. durch ordentliche Einnahmen zu decken, das nicht von vornherein tun sollte. Man würde auf diese Weise manche Unruhe und Unsicherheit vermeiden; sie sind z. B. im Atomministerium und im Verkehrsministerium — hier in der Abteilung Seewasserstraßen — entstanden. In den Haushaltsplänen dieser Ministerien wurden wesentliche Beträge in den außerordentlichen Haushalt in der Hoffnung transferiert, man werde den außerordentlichen Haushalt einmal durch Steuern bedienen können.
    Das, was unter dem Vorgänger des Herrn Bundesfinanzministers eine Sünde gewesen ist — sie hat sich dann zu einer konzessionierten Sünde entwickelt —, gehört heute unter dem jetzigen Finanzminister bereits zu den guten Werken, nämlich daß man die Steuern dazu verwendet, das Extraordinarium zu bedienen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich glaube, man sollte dem ernsthaft nachgehen. Natürlich müßte man die Investitionsausgaben im Ordinarium kennzeichnen; aber es wäre gut, wenn wir nur noch einen Haushalt hätten.
    Der Zufall hat mir eine Pressemeldung aus Wien vom 23. 9. 1960 in die Hand gespielt. Dort sagt der österreichische Finanzminister Dr. Heiligensetzer, der ja ein alter Haushaltsmann ist — er war Sektionschef der Abteilung Haushalt —, er werde das außerordentliche Budget allmählich überhaupt abbauen und in guten Konjunkturjahren kein Extraordinarium in den Haushaltsplan aufnehmen; erst bei einem wirtschaftlichen Rückschlag würde man größere öffentliche Aufträge durch Anleihen finanzieren. Das ist ein Verfahren, das wir vielleicht auch anwenden sollten.
    Auf einen ähnlichen Fall habe ich schon bei der Beratung des Haushalts 1960 hingewiesen, nämlich darauf, daß im Haushaltsplan keine Ansätze für die Abgeltung der Ansprüche der Rentenversicherungsträger nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes vorhanden seien. Die ausschließliche Ermächtigung im Haushaltsgesetz, an Stelle von Barmitteln Schuldbuchforderungen hinzugeben, reicht nach meiner Auffassung nicht aus. Zur Sache selbst hören wir mit Befriedigung, daß über die in den letzten Jahren strittige Forderung mit den Rentenversicherungsträgern ein Ubereinkommen erzielt worden sei. Die Bundesregierung bittet daher im § 28 des Haushaltsgesetzes um die Ermächtigung zur Hingabe von 2,1 Milliarden DM Schuldbuchforderungen: Auch hierfür fehlen die entsprechenden Bewilligungen im Haushaltsplan. Noch vor einigen Jahren hat die Bundesregierung die Auffassung vertreten, daß solche Leistungen im Haushalt nachgewiesen werden müssen. Ich verweise hierzu auf die ausführliche Begründung der Regierung in der Haushaltsrechnung 1953.
    Nicht zu verstehen ist weiter, warum die Mittel für den Grünen Plan wiederum nur mit einer Globalsumme veranschlagt worden sind. In den früheren Jahren war das wegen des zum 15. Februar zu erstattenden Grünen Berichts noch verständlich. Heute kann dieser Grund nicht mehr gelten. Der nächste Grüne Bericht ist erst am 15. Februar 1961 fällig, also zu einem Zeitpunkt, wo das neue Rechnungsjahr bereits begonnen hat und der Haushaltsplan längst verabschiedet sein müßte. Infolge der Angleichung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr wird daher ein anderes Verfahren Platz greifen müssen.
    Ich betone aber, daß kein Anlaß zu einer Änderung des Vorlagetermins im Landwirtschaftsgesetz besteht. Der Termin des 15. Februar für die Vorlage des Grünen Berichts erhält jetzt erst nach der Umstellung des Rechnungsjahres seine Berechtigung;



    Lenz (Trossingen)

    denn nunmehr kann und muß die Bundesregierung bei der Aufstellung des neuen Haushalts im April die Ergebnisse des Grünen Berichts in den Haushaltsentwurfs einarbeiten. So hätte bereits bei der Aufstellung des vorliegenden Haushalts verfahren werden müssen. Es besteht kein Grund dafür, daß die Vorhaben des Grünen Plans für 1961 noch nicht einzeln veranschlagt worden sind. Sie liegen ja alle in einer Schublade im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Geheimniskrämerei bei der Aufteilung der Mittel des Grünen Plans ist unverständlich, und ich bitte, zu verstehen, daß sie uns mißtrauisch macht. Liegt hier eine Absicht vor? Soll irgend etwas im dunkeln bleiben, das man erst zu einem besser geeigneten Zeitpunkt, vielleicht wirklich als Wahlgeschenk für die Landwirtschaft, an die Öffentlichkeit bringen will?

    (Abg. Brese: Wahlgeschenke an die Landwirtschaft — haben Sie keine Angst, es kommen keine!)

    — Wir wären idankbar, wenn Sie uns diese Angst nähmen.

    (Abg. Brese: Fragen Sie einmal Ihre Bauern, die werden es Ihnen sagen!)

    — Ich werde es tun.
    Aber auch sonst dürfte Anlaß bestehen, die Haushaltsgebarung des Herrn Bundesfinanzministers zu überprüfen. So haben wir z. B. gehört, daß die Ist-Rechnung des Haushalts 1959 um. 1,4 Milliarden DM über der Haushaltssumme liegt. Das ist in der Tat ein derart bemerkenswertes Ergebnis, daß es einer näheren Prüfung bedarf. Bisher blieben die Ist-Ausgaben regelmäßig hinter den Sollzahlen des Haushalts zurück. Der Herr Minister erklärt uns diese Überschreitungen mit durchlaufenden Beträgen und mit der zwangsläufigen Verwendung höherer zweckgebundener Einnahmen. Das mag richtig sein! Zweifel habe ich aber, ob diese Mehreinnahmen nicht vorhergesehen werden konnten. Soweit die höheren Einnahmen und die daraus zu leistenden Mehrausgaben zu ierwarten waren, hätten sie veranschlagt werden müssen. Der Wunsch des Herrn Finanzministers, 'die Gesamtsumme des Haushaltsplans möglichst niedrig zu halten, scheint mir auch hier Pate gestanden zu haben. Wahrscheinlich fühlt sich der Herr Finanzminister an sein Wort gebunden, „an der schrecklichen Treppe ständig steigender Staatsausgaben nicht weiterbauen zu wollen", und weiß, daß dies eben leider in einer Hochkonjunktur nicht möglich ist. Die Haushaltswahrheit erfordert aber, daß alle Ansätze den Erwartungen entsprechend bemessen werden. Die Haushaltstechnik sollte nicht zum Spielball politisch-taktischer Erwägungen werden. Nun, ich glaube, wir werden uns mit diesem Problem in den kommenden Ausschußberatungen noch sehr eingehend beschäftigen müssen.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat uns in seinem Rechenschaftsbericht an Hand von Beispielen vor Augen führen wollen, wie er die Bundesfinanzen geführt habe. Nur mit strengen und harten Mitteln sei es gelungen, den Haushalt 1959 bis auf einen geringen Fehlbetrag auszugleichen. Er hat uns dabei eine Rechnung aufgemacht, die auf den ersten Blick überzeugt. Ich darf sie Ihnen vielleicht ins Gedächtnis zurückrufen. Von den Mehrausgaben des Jahres 1959 seien 1,7 Milliarden DM zusätzlich zu decken gewesen. Hierfür hätten ihm aber nur Mehreinnahmen von rund 600 Millionen DM zur Verfügung gestanden, weil die übrigen Mehreinnahmen Höhe von 1,4 Milliarden DM zur Deckung der außerordentlichen Ausgaben benötigt worden seien. Die restlichen 1,1 Milliarden DM Mehrausgaben seien durch drastische Bewirtschaftungsmaßnahmen und gezielte Einsparungen gedeckt worden. — Das hört sich gut an. Frage: Ist es in Wirklichkeit so?
    Wir wissen doch alle, daß jeder Haushalt eine ganze Reihe von Ansätzen enthält, die aus optischen und anderen Gründen auf eine bestimmte Höhe beimessen werden, weil man soundsoviel für einen Zweck entweder ausgeben möchte oder auf Grund bestehender Vorschriften ausgeben soll, es aber nicht kann, weil die Verwaltung die Durchführung der Aufgabe einfach nicht bewältigt.
    Nun habe ich mich mit der Rechnung des Herrn Bundesfinanzministers nicht zufriedengegeben und habe mir einmal die Mühe gemacht, einige Einzelpläne, und zwar den der Bundesschuld — Einzelplan 32 — und der Allgemeinen Finanzverwaltung — Einzelplan. 60 —, die beide vom Bundesfinanzministerium selbst bewirtschaftet werden, daraufhin angesehen, um zusammenzustellen, welche größeren Minderausgaben dem Herrn Finanzminister auf diese Weise zugefallen sind, ohne daß er auch nur eine Hand zu rühren brauchte. Ich muß Ihnen sagen: ich war baß erstaunt, was dabei herauskam.
    Im Bereich der Bundesanstalt sind es neun größere Positionen, bei denen die IstAusgaben wesentlich hinter dem Haushaltssoll zurückgeblieben sind. Sie ergeben zusammen rund 426 Millionen DM Ausgabeersparnisse. Bei der Allgemeinen Finanzverwaltung sind es sieben Titel mit zusammen rund 570 Millionen DM zwangsläufigen Ersparnissen. Das macht allein bei diesen beiden Plänen eine runde Milliarde aus. Aber auch in anderen Haushalten dürften einige dieser automatischen Haushaltsersparnisse stecken, wenngleich auch nicht in dieser Größenordnung.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das sind Polster!)

    Eine Zahl muß ich aber noch nennen, die ich in den statistischen Veröffentlichungen des Bundesfinanzministeriums über das Ergebnis des Haushalts 1959 gefunden habe, nämlich die Minderausgaben bei den Personaltiteln. Diese beliefen sich bei allen Einzelplänen ohne Einsparung bei den 131 er-Bezügen auf 417 Millionen DM.

    (Abg. Dr. Schäfer: Darauf haben wir ja bei der Besoldungsänderung schon hingewiesen!)

    Rechnen Sie diese drei genannten Positionen zusammen, so kommen Sie auf eine Gesamteinsparung von über 1,4 Milliarden DM, die dem Herrn Bundesfinanzminister mit mehr oder weniger Zwangsläufigkeit zugefallen sind, ohne daß er irgend jemandem hat



    Lenz (Trossingen)

    wehe tun müssen. Mit diesen automatischen Einsparungen konnten also die 1,1 Milliarden DM Mehrausgaben mehr als gedeckt werden und ohne daß es dazu einer starken und harten Hand bedurft hätte. Ich muß gestehen, daß mich das Ergebnis dieser Nachprüfungen selbst überrascht hat; aber es stimmt. Ich kann die Titel nennen, und Sie können sie jederzeit im Haushaltsplan nachlesen.
    Auch im laufenden Rechnungsjahr wird sich der Herr Bundesfinanzminister nicht besonders anstrengen müssen, um den Bundeshaushalt im Gleichgewicht zu halten. Die Steuereinnahmen, die heute früh im Leitartikel einer Tageszeitung als „Sturzbäche in die Bundeskasse" bezeichnet wurden, fließen reichlicher, als im Haushaltsplan veranschlagt ist. Außerdem dürften auch in diesem Jahr solche zwangsläufigen Einsparungen in entsprechender Höhe anfallen; denn die Soll-Zahlen für 1960 wurden gegenüber 1959 nur wenig verändert.
    Der Herr Bundesfinanzminister kann also den außerordentlichen Haushalt dank der Steuermehreinnahmen und der zwangsläufigen Einsparungen ohne Schwierigkeiten finanzieren. Wenn keine wesentlichen Mehrausgaben geleistet werden, müßte sich sogar ein nicht unerheblicher Überschuß bilden lassen. Wenn man diesen Überschuß stillegen würde, wäre das in der Tat ein Beitrag zu einem antizyklischen und konjunkturgerechten Verhalten des Herrn Finanzministers.
    Der Herr Finanzminister hat es auch als sein Verdienst herausgestellt, daß er den Ressorts von den Mehranforderungen 3 Milliarden DM gestrichen habe. Nun, ob man es so pathetisch ausdrücken kann, ist eine Frage. Denn wir wissen inzwischen auch einiges davon, in welcher Höhe und Größenordnung die Ressorts anfordern; sie wissen, daß sie davon etwas ablassen müssen. Manche Verwaltungen haben bei diesem Vorhalten eine wahre Meisterschaft entwickelt. Es soll in den letzten Jahren sogar vorgekommen sein, daß einem Ressort auf diese Weise bei einigen Titeln höhere Ansätze zugestanden wurden, als es selber eigentlich haben wollte. Nun, schön, ich kann mich für die Richtigkeit dieser Kolportagen, die begreiflicherweise hier herumschwirren, nicht unbedingt verbürgen. Aber möglich ist es. Auch glauben einzelne Ressorts, vom Referenten angefangen bis hinauf zum Minister, ihre Bedeutung durch das Vorbringen neuer, förderungswürdiger Anliegen unterstreichen zu müssen, obgleich sie ernstlich nicht an die Verwirklichung glauben. Das Vorhalten bei den Haushaltsanforderungen ist also üblich. Daher finde ich in dem Verzicht auf die Hälfte der Mehranforderungen kein Zeichen besonderer Härte.
    Ich sage dies auch noch aus einem anderen Grund. Der Herr Finanzminister hat darauf hingewiesen, daß der auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Mehrbedarf im Jahre 1961 rund 1,5 Milliarden DM beträgt, was zusammen mit dem zugestandenen Mehrbedarf für die Verteidigung bereits 3,2 Milliarden DM ausmacht, während der Haushalt 1961 nur um rund 2,9 Milliarden DM steigt; der übrige Mehrbedarf sei an anderen Stellen eingespart worden. Dabei hat der Bundesfinanzminister aber verschwiegen, daß im Jahre 1961 wie in allen früheren Jahren Ansätze weggefallen sind, weil ihr Zweck inzwischen erfüllt war. In den beiden vorhin genannten Einzelplänen der Bundesschuld und der Allgemeinen Finanzverwaltung sind gegenüber dem laufenden Jahr für über 300 Millionen DM Ausgaben weggefallen. Darüber hinaus konnte in den gleichen Plänen eine Reihe von Ansätzen herabgesetzt werden, ohne daß die Maßnahmen selbst etwa eingeschränkt werden sollen. Es handelt sich hierbei ausschließlich um die Anpassung der Soll-Sätze an den tatsächlichen Ausgabebedarf. Es fragt sich nur, ob sie wirklich soweit wie möglich gesenkt worden sind oder ob nicht noch mehr Reserven darin stekken. Die Verminderung bei diesen Ansätzen infolge Minderbedarf beträgt bei diesen Plänen rund 500 Millionen DM. Zusammen ergibt sich daraus also eine Minderung der Ansätze von 800 Millionen DM. Bei der Einzelberatung im Haushaltsausschuß sollten wir daraus eine Lehre ziehen und die Ansätze rigoros dem tatsächlichen Ausgabenbedarf auf Grund der vorliegenden Ist-Zahl anpassen. Diese Maßnahme erscheint mir vordringlich für unsere künftige Arbeit. Denn diese Feststellungen haben doch gezeigt, in welch erschreckendem Maße sich die Haushaltsplanung von der Ausführung in den letzten Jahren entfernt hat. Wir im Bundestag sind an dieser Entwicklung nicht schuldlos, und auch wir müssen es wieder lernen, es mit der Haushaltswahrheit genau zu nehmen.
    In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein Wort zu den über- und außerplanmäßigen Ausgaben sagen. Diese sind im Bundestag schon wiederholt kritisiert worden. Um so mehr bedauere ich den Entschluß des Rechnungsprüfungsausschusses, daß die vom Bundesministerium der Finanzen nach § 33 RHO dem Bundestag vorzulegenden Vierteljahresübersichten der über- und außerplanmäßigen Ausgaben erst bei der Rechnungsprüfung, d. h. nach Vorlage der Haushaltsrechnung behandelt werden sollen. Wir begeben uns damit der Möglichkeit einer zeitnahen Rechnungsprüfung. Nach diesem Entschluß des Rechnungsprüfungsausschusses wundert es mich nicht, wenn sich die Verwaltung mit der Vorlage dieser Übersichten reichlich Zeit läßt. Es ist dem Bundestag bis heute, also mehr als ein halbes Jahr nach Schluß des Rechnungsjahres 1959, immer noch nicht die Übersicht für das letzte Vierteljahr des Rechnungsjahres 1959 vorgelegt worden. Gerade die Übersicht des letzten Quartals eines Rechnungsjahres enthält erfahrungsgemäß die meisten und finanziell bedeutendsten Ausgaben.
    Etwas kühn war auch die Behauptung des Herrn Bundesfinanzministers, die Erhöhung des Verteidigungshaushalts um 1,7 Milliarden DM beruhe auf der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen. Man kann der Meinung des Herrn Bundesverteidigungsministers sein — ich persönlich neige sogar zu dieser Meinung —, daß wir uns im Laufe der Zeit daran gewähren müssen, einen bestimmten Prozentsatz unseres Volkseinkommens —er spricht von 5 oder 6 % — für die Verteidigung bereitzustellen. Aber zu sagen, die jetzigen Mehranforderungen von 1,7 Milliarden DM des Bundesverteidigungsministeriums beruhten auf der Erfüllung vertraglicher Ver-



    Lenz (Trossingen)

    pflichturigen, ist eine sehr eigenwillige Formulierung. Sie führt vielleicht sogar ein wenig irre. Denn die der NATO gegenüber eingegangenen Verpflichtungen bestehen doch nicht darin, daß der Bund jährlich 10 oder 11 Milliarden DM für die Vertreidigung aufwenden muß, sondern ,darin, daß innerhalb einer bestimmten Zeit eine bestimmte Anzahl Soldaten mit Waffen und Ausrüstung aufzustellen sind. Ich brauche wohl nicht daran zu ,erinnern, daß die Bundesregierung in den Jahren 1958 und 1959 Vorauszahlungen auf künftige Rüstungslieferungen in Höhe von mehreren Milliarden geleistet hat, und zwar freiwillig, ohne daß dazu auch nur die Spur einer vertraglichen Verpflichtung vorlag. Man kann darüber streiten, ob das richtig war; ich selbst halte diese Zahlungen für richtig. Aber da das Verfahren der Vorauszahlung und der überhöhten Anzahlung für Rüstungskäufe weiter fortgesetzt wurde, besteht wirklich kein zwingender Grund, den Verteidigungshaushalt 1961 in dem vorgesehenen Umfang zu erhöhen. Die zwingende Notwendigkeit einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist noch nachzuweisen.
    Als besondere Leistung des Herrn Finanzministers — das hat schon der Herr Kollege Dr. Vogel betont — wurde auch der Abbau der überhöhten Ausgabenreste von rund 10 rauf 7 Milliarden DM herausgestellt. Beim besten Willen kann ich hierin keine besondere Leistung erkennen, denn der Abbau der Reste war im Haushaltsplan veranschlagt. Es ist also weiter nichts geschehen, als daß der Haushaltsplan nach dem Willen des Gesetzgebers durchgeführt wurde. Schön, die Reste sind zwar etwas stärker als vorgesehen vermindert worden, aber das dürfte nicht der Härte und Initiative des Herrn Bunde sfinanzministers zu verdanken s ein ; es entspringt vielmehr ,dem Willen der Ressorts, ihre noch vorhandenen Ausgabeermächtigungen möglichst bald auszunutzen. Eine wirkliche Tat — ich sage es nicht zum ersten Male —, die meinen ungeteilten Beifallgefunden hätte, wäre es gewesen, wenn die Reste idurch Verzicht rauf die Realisierung der Ausgabeermächtigungen vermindert worden wären. Aber das hat das Finanzministerirum nicht geschafft. Die Ausgabereste, insbesondere die Reste aus dem Verteidigungshaushalt, hätten in dieser Höhe überhaupt nicht gebildet werden dürfen.
    Bitte, meine Damen und Herren, schauen Sie sich doch einmal ran, welche Beträge für Verteidigungsbauten im Jahre 1961 veranschlagt worden sind. Nicht einen einzigen Pfennig finden Sie dafür, obgleich auch im nächsten Jahr Bauten im Gesamtvolumen von 1 bis 1 1/2 Milliarden DM errichtet werden sollen. Alle Ausgaben fürdiesen Zweck sollen wiederum aus Resten bestritten werden ohne Rücksicht darauf, ob es sich um ,angefangene Bauten oder um die Planung neuer Bauten handelt. Die Ausgabenreste stammen aber aus Bewilligungen, die vom Parlament ursprünglich für ganz andere Zwecke gegeben worden sind; das ,aber widerspricht sicher dem Haushaltsrecht.

    (C Einzelplan 14 'der letzten zwei Jahre hat die Mehrheit des Hohen Hauses mit der Bewilligung der Haushaltspläne die an sich unzulässige Verwendung der alten Reste für neue Zwecke nachträglich geheilt. Das ist kein schönes Verfahren. Auch die Einnahmenseite ist unvollständig. Ich meine die Steuerschätzung für 1961. Der Herr Bunfinanzminister hat in seiner Rede am letzten Freitag die Möglichkeit von Steuermehreinnahmen zwar nicht bestritten, aber doch als sehr vage hingestellt. Ein paar Tage zuvor hat er aber vor der Presse auf Fragen von Journalisten bereits zugegeben, daß er für das laufende Rechnungsjahr, für das Rumpfrechnungsjahr bis Ende Dezember, mit 500 Millionen DM Mehreinnahmen aus Steuern rechnet. Meine Damen und Herren, wenn ein Finanzminister schon zugibt, daß er mit einer halben Milliarde DM Steuermehreinnahmen rechnet, dann können Sie sicher sein, daß dies die untere Grenze ist. Man kann wahrscheinlich wesentlich höher schätzen. Auf das ganze Rechnungsjahr von 12 Monaten bezogen bedeutet diese Mehreinnahme wahrscheinlich 1 Milliarde DM. Nun frage ich Sie: War jener Antrag der Freien Demokratischen Bundestagsfraktion zur Haushaltsberatung 1960 auf Erhöhung der Steuerschätzungen um 1 Milliarde DM nicht durchaus berechtigt, obgleich er damals in diesem Hause von diesem Platz aus als lächerlich, utopisch und illusionistisch hingestellt wurde? Wir haben uns doch damals etwas überlegt, und die Entwicklung — seitdem sind erst fünf Monate vergangen — hat uns recht gegeben. Die Steuerschätzungen für 1961 sind also schon im gegenwärtigen Augenblick falsch, weil man von einem zu niedrigen Sockel ausgeht. Auch bei der Frage, mit welcher Steigerung des Bruttosozialprodukts für 1961 gerechnet werden kann, hat der Herr Bundesfinanzminister vor der Presse zugegeben, daß unter Umständen ein höheres Wachstum als 6 v. H. möglich sei. Er hat sich allerdings noch nicht auf einen Prozentsatz festgelegt, aber der Möglichkeit eines Wachstums von 8 statt 6 v. H. nicht ernsthaft widersprochen. Diese Annahme würde den Ansatz eines um weitere 800 bis 900 Millionen DM höheren Steueraufkommens begründen. Was bedeutet dies nun für den Augenblick? Sicher ist, daß die Steuerschätzungen des uns jetzt vorgelegten Haushalts nicht den Realitäten entsprechen. Ausgehend von einem Steuermehraufkommen von 700 bis 800 Millionen DM im jetzigen Rumpfjahr und eines Zuwachses des Bruttosozialprodukts von 8 v. H., könnten die Steueransätze für 1961 wahrscheinlich um „1,5 bis 2 Milliarden DM erhöht werden. Auf diese 1,5 bis 2 Milliarden DM werden wir ganz besonders achthaben müssen; darin stecken die kommenden Bewilligungen. Herr Minister, ich kann mir denken, was Sie hierauf entgegnen wollen. Sie werden sagen, Sie hätten den Haushaltsentwurf bereits im April aufgestellt, Lenz und zu dem damaligen Zeitpunkt sei die inzwischen eingetretene Entwicklung noch nicht vorauszusehen gewesen. Das glaube ich auch, und ich würde das akzeptieren, wenn das Bundeskabinett, wie ursprünglich vorgesehen, den Haushaltsentwurf vor den Parlamentsferien beschlossen und dem Bundesrat zugeleitet hätte. Dies ist aber erst Ende August geschehen, und zu diesem Zeitpunkt hätten die Konsequenzen aus der veränderten Situation gezogen werden müssen. Oder aber Sie hätten hier erklären müssen, Herr Finanzminister, daß die Bundesregierung eine formale Ergänzung der Regierungsvorlage nach den entsprechenden Vorschriften der Reichshaushaltsordnung vorbereite und dem Bundestag in Kürze zugehen lassen werde. Das ist leider nicht geschehen. Statt dessen werden Sie uns wieder wie beim vorjährigen Haushalt in der letzten Phase der Ausschußberatungen Nachschiebelisten vorlegen. Gegen diese Methode müssen wir uns wehren. Wir sollten sie nicht länger dulden. Ich habe das bei der Verabschiedung des letzten Haushalts schon einmal gesagt. Wir müssen zu Beginn der Haushaltsberatungen in allen Einzelheiten und mit der größten Genauigkeit wissen, welche Einnahmemöglichkeiten für das nächste Rechnungsjahr bestehen und welche Risiken wir bei den Beratungen zu berücksichtigen haben werden, die sich in Ausgaben für das nächste Jahr niederschlagen. Wir haben uns doch gegenseitig eine loyale Zusammenarbeit zugesichert. Ich möchte daran erinnern und noch einmal bitten, alle aber auch alle Karten offen auf den Tisch zu legen. Keine Partei, ob sie zur Regierungsmehrheit oder zur Opposition gehört, sollte ein Interesse daran haben, den Wahlkampf auf dem Rücken des Haushalts auszutragen. Wahlgeschenke zahlen sich auf die Dauer nicht aus. Wir haben es bei der letzten Wahl in England erlebt, daß auch ohne Geschenke und ohne Versprechungen eine Wahl gewonnen werden kann. Meine Freunde jedenfalls sind gewillt, die Haushaltsberatungen aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Das setzt aber loyale Zusammenarbeit und Offenheit auf allen Seiten voraus. Weil ich den Herrn Bundesfinanzminister bei der letzten Haushaltsberatung wegen des Fortfalls der globalen 10 %-Kürzung beim Wort genommen habe, möchte ich hier ausdrücklich bestätigen, daß er sein Wort gehalten hat. Allerdings muß ich sagen, daß der Versuch, alle Ansätze, die von der globalen Sperre erfaßt wurden, für 1961 um 10 % zu kürzen, wohl nicht gelungen ist. Im Verteidigungshaushalt sind überhaupt keine Kürzungen vorgenommen worden. Auch zahlreiche Ansätze im zivilen Teil haben einer Einzelkürzung widerstanden. Bei den meisten anderen lassen sich die Kürzungen schlecht beweisen, weil sie durch neue Erhöhungen mehr als kompensiert sind. Zum Schluß noch einige Bemerkungen zum Zeitproblem. Wir schreiben heute bereits den 5. Oktober. Das Hohe Haus wird den Haushaltsentwurf dem Haushaltsauschuß zur Beratung überweisen. Dieser kann aber mit seinen Beratungen erst am 20. Oktober beginnen. Wenn der Haushalt fristgerecht in Kraft gesetzt werden soll, muß der Bundestag theoretisch bereits in der ersten Dezemberwoche den Haushalt verabschiedet haben. Die Haushaltsberatungen müssen also spätestens Mitte November abgeschlossen sein. Jedem Mitglied des Hohen Hauses dürfte klar sein, daß dies bei der geringen Zahl von Tagungsmöglichkeiten innerhalb von vier Wochen nicht durchführbar ist. Wir stehen also wiederum vor der Tatsache, daß bei einer gründlichen und eingehenden Prüfung der Haushalt erst mit drei Monaten Verspätung verabschiedet werden kann, wenn nicht auf eine sachliche Einzelprüfung verzichtet wird. Mit einem solchen Verzicht würden wir uns aber selber einen schlechten Dienst erweisen. Das Parlament hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zu einer gründlichen Etatprüfung. In den letzten zwei Jahren haben wir einzelne Titel, soweit sie keine Erhöhungen aufgewiesen haben, ohne genaue Prüfung passieren lassen. Dieser Haushalt ist aber der letzte, den der Bundestag in dieser Legislaturperiode zu verabschieden hat. Daher muß jedem Abgeordneten die Möglichkeit einer gründlichen Prüfung aller Ansätze gegeben werden. Gerade die seit Jahren in ihrer Höhe unverändert gebliebenen Ansätze müssen uns zur Skepsis mahnen. Eine große Anzahl der Titel muß einfach zu hoch dotiert sein. Andernfalls ist es nicht zu erklären, wie es möglich war, daß im Haushalt 1959 neben einer Milliarde DM Einsparungen aus der globalen Prozentsperre noch eine weitere Milliarde überund außerplanmäßiger Ausgaben eingespart werden konnte. Wir werden uns bald entscheiden müssen, welchen Weg wir gehen wollen. Die zeitliche Verzögerung für das Inkrafttreten des Haushalts darf uns nicht schrecken. Eine gründliche Haushaltsprüfung sollte auch ein Anliegen der Regierungsparteien sein. — Ich habe nie an Ihrer Haltung gezweifelt, Herr Niederalt. — Ich hoffe also, daß wir uns zu einer gemeinsamen Front quer durch alle Parteien finden. Lassen Sie mich zum Abschluß noch einen Vorschlag machen. Da angenommen werden kann, daß der neue Haushalt spätestens im März vom Bundestag verabschiedet wird, bleiben uns, bleiben dem Haushaltsausschuß bis zum Ablauf der Legislaturperiode noch ein paar Monate, die wir nicht ungenützt vorübergehen lassen sollten. Ein Teil der Kollegen des Haushaltsausschusses wird sich voraussichtlich in dieser Zeit mit dem Problem der Subventionen auseinanderzusetzen haben. Mein Vorschlag geht nun dahin, aus den Reihen der übrigen Mitglieder einen kleinen Arbeitsstab zu bilden, dem auch einige erfahrene und sachkundige Beamte angehören sollten, die mit der Parlamentsarbeit seit Jahren vertraut sind. Diesem Arbeitsstab sollte die Aufgabe gestellt werden, alle Möglichkeiten einer Verbesserung und Konzentration der Haushaltsberatungen zu untersuchen. In diese Untersuchung wären alle Vorschläge, die in diesem Hause in den letzten Jahren gemacht wurden und leider mehr oder weniger untergegangen sind, einzubeziehen. Es gehen uns laufend Denkschriften, Expertisen, Gutachten des Bundesbeauftragten zu; ebenso sollten die von der Verwaltung gekommenen Anregungen geprüft werden. Lenz Ich gebe mich nicht der Hoffnung hin, daß der Arbeitsstab eine Ideallösung finden wird, daß wir noch in diesem Bundestag wirklich zu einer Rationalisierung der Haushaltsberatungen, vielleicht zu einer Rationalisierung unseres Staatswesens kommen könnten. Aber es muß sich einmal ein kleiner Kreis von Fachleuten ausführlich mit diesem Problem beschäftigen, wenn wir auch in diesem Bundestag keinen Nutzen mehr daraus ziehen können. Ich bin aber sicher, daß diese Arbeit sehr fruchtbar sein und Vorschläge bringen wird, die dem nächsten Bundestag wertvolles Material liefern können, um die leidige Terminnot zu beseitigen und eine fristgerechte Verabschiedung des Haushalts zu ermöglichen. Es wäre ein Geschenk an den nächsten Bundestag; denn wir müssen uns immer vor Augen halten: so wie wir uns heute verhalten, wird die Zukunft aussehen. (Beifall bei der FDP. — Beifall des Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach.)


    (Beifall bei der FDP.)





    (Beifall bei der SPD.)


    (Abg. Niederalt: Ist es auch!)






Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Niederalt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alois Niederalt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder, der die alljährliche allgemeine Aussprache aus Anlaß der Einbringung des Haushaltes mit einiger Aufmerksamkeit verfolgt, jeder, der die Kommentare in der Presse, die Artikel in den Fachzeitschriften registriert, die bei Einbringung des Etats regelmäßig wiederkommen, wird feststellen, daß es im allgemeinen immer die gleichen Problemkreise sind, die in den Vordergrund gerückt werden. Da wird natürlich das ständige Anwachsen des Haushaltsvolumens herausgehoben. Da wird gesagt, der Abbau der Subventionen müsse beschleunigt werden. Dann kommen die Personalunkosten, dann wird das antizyklische Verhalten herausgestellt, um nur einige Beispiele zu nennen. Im großen und ganzen immer wieder dasselbe.
    Diese Tatsache beweist nach meiner Meinung, daß es offenbar leichter ist, haushaltspolitische Erkenntnisse und Forderungen herauszustellen und herauszuarbeiten, als sie in die Tat umzusetzen. Haushaltspolitik wird eben nicht irgendwo auf einer Insel der Seligen gemacht, sondern sie vollzieht sich meist in einem sehr, sehr engen Raum, in einem manchmal so engen Raum, daß die politischen Forderungen des Alltags sich mit den schönsten haushaltspolitischen Erkenntnissen stoßen und diese dann meist erheblich ramponiert werden. Offensichtlich gilt eben auch hier wie sehr, sehr oft im Leben der Satz, daß der Geist zwar willig, das Fleisch aber mitunter schwach ist.
    Nehmen Sie nur die vielgehörte, vom Kollegen Schoettle auch heute wieder herausgestellte Klage über das Anwachsen des Haushaltsvolumens! Gerade hier, meine ich, meine Damen und Herren, sind wir Sünder allzumal. Und lieber, verehrter Herr Kollege Schoettle, ein kleines bißchen haben Sie heute schon wieder gesündigt. Denn zunächst haben Sie gesagt, es sei bedauerlich, daß das Haushaltsvolumen um fast 3 Milliarden DM höher geworden sei, und gleichzeitig haben Sie erklärt: Wir wollen natürlich Mehrausgaben für Wissenschaft und Forschung. Nun werden Sie, Herr Kollege Schoettle, weil Sie ja ein sehr vernünftiger Mann sind, mir sagen: Wir legen eben auf diese Frage mehr Gewicht und dafür auf eine andere Frage weniger Gewicht. Aber dann hätten Sie der Vollständigkeit halber sagen müssen, auf welche Gebiete Sie weniger Gewicht legen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    damit wir uns hier darüber unterhalten können, ob das richtig ist oder nicht.
    Ihre Partei hat ein Schattenkabinett aufgestellt.

    (Zuruf von der SPD: Wo denn? — Weitere Zurufe von der SPD,)

    — Na, so ungefähr. Ob der Ausdruck zutrifft oder nicht, nehmen Sie das nicht so genau; Sie wissen schon, was ich meine.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Warum legen Sie uns nicht einmal einen Schattenhaushalt mit den von Ihnen geschätzten Einnahmen und vor allem Dingen mit den Hauptgewichten der Ausgaben vor? Dann wollen wir darüber reden, was an Ihrer und was an unserer Konzeption besser ist. Dann können wir die Haushaltspolitik versachlichen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich sagte, was das Anwachsen des Haushaltsvolumens anlangt, sind wir Sünder allzumal. Wenn ich hier „wir" sage, so meine ich damit den einzelnen Staatsbürger, der nur allzu leicht bereit ist, bei jeder auftretenden Schwierigkeit nach dem Staat zu rufen, ebenso, wie die vielen Interessentenverbände, die immer den Beweis zu erbringen versuchen, daß gerade ihre Forderung von einer solchen politischen Bedeutung sei, daß da fiskalische Bedenken keine Rolle spielen dürften. Ich meine mit dem „wir" schließlich aber auch uns Abgeordnete selber, die wir quer durch alle Fraktionen ohne Ausnahme das ganze Jahr über frisch-fröhlich genehmigen und Gesetze machen, deren finanziellen Auswirkungen, die wir in der Jahresrechnung — das ist ja doch der Etat — sehen, wir dann manchmal etwas staunend gegenüberstehen. 1500 Millionen DM Mehrausgaben gegenüber dem Haushalt 1960 in diesem Jahr sind allein auf gesetzliche Bestimmungen zurückzuführen, also zwangsläufig in den Etat einzustellen.
    Ein gewisser Trost, wenn auch ein schwacher Trost, Herr Bundesfinanzminister, ist es, daß sich das Anwachsen des Haushalts im Rahmen des Wachstums des Sozialprodukts gehalten hat. Immerhin bleibt die Tatsache, daß rund 40 % des gesamten Sozialprodukts von der öffentlichen Hand in Anspruch genommen werden. Es muß immer und immer wieder darauf hingewiesen werden, daß wir, die wir doch unseren Staat auf der Grundlage der veranwortungsbewußten Freiheit des einzelnen aufbauen, Gefahr laufen, auf diese Weise unbemerkt und gewissermaßen durch die Hintertür unsere Freiheit weitgehend preiszugeben.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, es ist eine legitime Aufgabe vor allen der Haushaltsleute — und wiederum sage ich: der



    Niederalt
    Haushaltsleute in allen Fraktionen —, während des gesamten Haushaltsjahres und nicht nur bei den Etatberatungen immer wieder auf die finanziellen Folgen unserer Beschlüsse hinzuweisen, auch wenn wir dadurch — ich habe meine Erfahrungen — da und dort als Fiskalisten hingestellt werden, die noch nicht erkannt hätten, eine wie wichtige politische Frage diese oder jene Frage sei. 1500 Millionen DM Mehrausgaben in einem Jahr allein als Auswirkung gesetzlicher Bestimmungen sind nach meiner Meinung ein deutliches und nicht übersehbares Ausrufezeichen für uns alle.
    Neben den erwähnten 1500 Millionen DM Mehrausgaben, die also auf gesetzliche Verpflichtungen zurückzuführen sind, fällt in diesem Haushaltsjahr ganz besonders die Mehrausgabe von 1,7 Milliarden DM für den Verteidigungsetat auf. Die Gründe hierfür hängen eben mit dem weiteren Ausbau unserer Bundeswehr im Rahmen der NATO-Verpflichtungen zusammen. Nun haben Sie soeben, Herr Kollege Lenz, gesagt — dem Sinne nach wenigstens —, konkrete Verpflichtungen, daß wir in diesem Jahre das und das tun müßten, daß wir ein Flugzeugprogramm durchführen müßten, lägen nicht vor. Sie liegen in diesem Sinne selbstverständlick nicht vor, aber es liegt die allgemeine Verpflichtung vor, im Rahmen des Möglichen unseren Beitrag zu leisten, und insofern hat der Herr Bundesfinanzminister recht, wenn er sich auf NATO-Verpflichtungen beruft.
    Von den 1,7 Milliarden DM entfallen allein 450 Millionen DM auf die höheren Personalausgaben für die Bediensteten und für die Soldaten. Auf rund 1 Milliarde DM belaufen sich die einmaligen Ausgaben für die Beschaffung von Flugzeugen, für Schiffsneubauten, für die Beschaffung von Liegenschaften, von Fernmeldematerial, Dienstbekleidung usw. Ich nenne diese Beträge nur als Beispiele, um die Größenordnung einigermaßen aufzuzeigen, mit der wir es hier zu tun haben.
    Herr Kollege Vogel hat schon zum Ausdruck gebracht: Wir von der CDU/CSU sagen ein Ja, ein eindeutiges Ja zu dieser Mehrausgabe in der Erkenntnis, daß unsere Gesamtpolitik auf :dem Gebiete der Wirtschaft, auf dem Gebiete der sozialen Sicherheit, auf kulturellem Gebiet und wo auch immer auf tönernen Füßen stünde, würden wir nicht alles tun, um die äußere Sicherheit zu erhalten. Diese äußere Sicherheit erhalten wir aber nun einmal nicht durch programmatische Erklärungen für die Landesverteidigung, sondern einzig und allein dadurch, daß wir im Rahmen des NATO-Verbandes unsere Bundeswehr so stark machen und so modern ausrüsten, daß ein Angriff irgendwelcher Art auf die Bundesrepublik ein Risiko darstellt. Das aber kostet Geld, sehr, sehr viel Geld sogar, und da nützt auch nicht die manchmal so im :stillen gewünschte Methode des „Hannemann, geh du voran!", indem wir etwa die Hauptlast unseren verbündeten Freunden zuschieben würden.
    Ein Vergleich der Leistungen auf militärischem Gebiet mil denen anderer NATO-Staaten beweist übrigens, daß wir mit unseren Ausgaben für die
    Verteidigung noch sehr günstig abschneiden. Alle nach NATO-Kriterien anrechnungisfähigen Verteidigungsausgaben in diesem Haushalt — also die 11,2 Milliarden im Einzelpan 14, die 0,7 Milliarden für die militärische Versorgung im Einzelplan 33, die 638 Millionen für die Besatzungskosten in Berlin, die Aufwendungen für den Bundesgrenzschutz und die anrechnungsfähigen Aufwendungen für Berlin — machen zusammen 5,5 % des erwarteten Bruttosozialprodukts zu Faktor-Preisen aus. Nach den Ergebnissen der Jahre 1955 bis 1959, die auch für das Jahr 1961 in etwa zutreffen werden, beträgt dagegen das vergleichbare Verhältnis in den USA 10,5 % in Frankreich 8,5 %, in Großbritannien 8 % und in Kanada 6 %. Ich glaube, daß es nicht schaden wird, wenn :das deutsche Volk diese Vergleichsziffern zur Kenntnis nimmt.
    Ich fasse also zusammen und meine: Wenn es um unsere Freiheit ,geht, dürfen wir uns vor Opfern, die die Erhaltung der Freiheit kostet und die man uns billigerweise zumuten kann, nicht drücken.
    Ein weiterer Grund für das Anwachsen des Etats 1961 ist ein ,der Aufstockung ,des Grünen Plans mit rund 222 Millionen zu sehen. Bei der Veröffentlichung des Haushalts ist ,gerade diese Erhöhung in der Presse häufig mehr oder weniger kritisch herausgestellt worden. Manchmal hat man auch lesen können, daß es sich hierbei um ein Wahlgeschenk der Bundesregierung an die Bauern handle. Ich darf deshalb etwas beidiesem Kapitel verhalten.
    Ich habe :den Eindruck, daß selten auf einem Gebiet unseres Wirtschaftslebens die Lage eines so wichtigen Wirtschaftszweiges, wie es die Landwirtschaft ist, so einseitig, um nicht zu sagen tendenziös falsch dargestellt wird wie ,auf ,dem Gebiet der Landwirtschaft.

    (Beifall in der Mitte.)

    Dieser Eindruck drängt sich mir vor allem auf, wenn ich an gewisse Rundfunk- und Fernsehsendungen der jüngsten Zeit denke.

    (Zustimmung in der Mitte. — Zuruf von der CDU/CSU: 12. September!)

    Oberflächlicher und ,einseitiger, als man dort vorging, geht es kaum noch. Fast möchte man meinen, daß es für deneinen oder anderen, der über die Lage der Landwirtschaft spricht oder schreibt, schon genügt, zu wissen, daß in den Grünen Plänen alljährlich :soundso viel Millionen Subventionen stehen, und bei einer gelegentlichen Fahrt durch das flache Land dann festzustellen, daß unsere Bauern heute nicht mehr mit dem Ochsenfuhrwerk auf das Feld fahren, sondern einen Traktor haben, und daß viele Bauern auch einen Personenwagen besitzen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Mit ,diesem Repertoire an Fachwissen ausgestattet — so scheint es — kann man haute weitgehend über die Lage 'der Landwirtschaft sprechen. Das schlimmste ist, ,daß ein großer Teil unserer Bevölkerung heute schon so verstädtert ist, daß er dieses oberflächliche Bild in sich aufnimmt und für richtig hält.
    7330 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den. 5. Oktober 1960
    Niederalt
    Sie wissen, meine Damen und Herren, ich bin kein Bauer. Trotzdem möchte ich ,aber auseiner genauen Kenntnis der wirklichen Verhältnisse etwas dazu sagen, ohne mich dabei ,auf lange volkswirtschaftliche Berechnungen zu berufen. Das mag Aufgabe der Debatte über dien Grünen Bericht sein. Ich will dieser Debatte nicht vorgreifen. Hier 'aber, im Rahmen der Betrachtungen unserer gesamten Politik, wie sie in den Etatsziffern zum Ausdruck kommt, muß festgestellt werden, daß das, was seit einer Reihe von Jahren von der Bundesregierung und vom Parlament in den Grünen Plänen für die Landwirtschaft getan wurde, gut unid richtig, aber auch dringend notwendig war und daß von einer einseitigen Bevorzugung keine Rede sein kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wer sich nur einigermaßen objektiv mit der Gesamtlage der Landwirtschaft befaßt, muß dies zugeben.
    Wenn ich von der Gesamtlage spreche, dann meine ich nicht nur die Einnahmen- und Ausgabenseite, sondern dann meine ich eben die gesamten Lebensverhältnisse unseres Bauernstandes. Es ist offensichtlich zuwenig bekannt in unserer deutschen Öffentlichkeit, daß es heute viele Bauernhöfe gibt, in denen der Bauer und die Bäuerin allein die ganze Last der Arbeit jahraus, jahrein zu tragen haben, weil es kaum noch Dienstboten oder landwirtschaftliche Arbeiter gibt und weil man eben auch den Kindem ein besseres Los wünscht und deshalb gestattet, daß die Kinder in die Stadt ziehen. Offensichtlich ist zu wenig bekannt, daß heute Jungbauern gar nicht so selten keine Bäuerin fürihren Hof finden, weil auch Bauerntöchter es sich zwei-, dreimal überlegen, in, einen Bauernhof hinein zu heiraten, nachdem sie aan Beispiel ihrer Mutter erleben, was sie dann für ein Leben haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das meine ich mit „Gesamtlage der Landwirtschaft". Das ist mehr als Soll und Haben, mehr als Einnahmen- und Ausgabenseite. Da gibt es in der Landwirtschaft keine 40- oder 50-Stunden-Woche,

    (Abg. Unertl: Und keinen Samstag!)

    da kennt man nicht die Sorgen, was man mit dem verlängerten Wochenende anfangen soll.
    Eine Untersuchung über die arbeitsmäßige Beanspruchung in Bayern hat ergeben, daß im Jahre 1959 der durchschnittliche Arbeitsaufwand je Bäuerin bei etwa 4000 Stunden liegt. Das sind etwa 11 Stunden pro Tag, wobei nicht eine 6-, sondern eine 7-Tage-Woche zugrunde liegt.

    (Hört, hört! bei der CDU-CSU.)

    [n einzelnen Fällen wurden sogar noch höhere Ergebnisse festgestellt.
    Nun frage ich die deutsche Öffentlichkeit: Geht es einem Berufsstand wirklich so gut, wie dies häufig behauptet wird, wenn alles von diesem Berufsstand wegdrängt, wenn selbst Bauernkinder vielfach nicht hehr zurückgehalten werden können und die Landflucht immer schärfere Formen annimmt? Seit Kriegsende haben fast 1,5 Millionen Vollarbeitskräfte der Landwirtschaft den Rücken gekehrt. Sind das nicht ernste Symptome einer bedenklichen Entwicklung, die jeder Politiker zur Kenntnis nehmen muß? Ist es da nicht eine eminent wichtige und im besten Sinne nationale Aufgabe des Staates, hier zur Erhaltung unseres Bauernstandes helfend einzugreifen, um durch eine möglichst rasche Technisierung in der Landwirtschaft wenigstens dem ärgsten Arbeitskräftemangel zu begegnen?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich wiederhole: bei diesen Erwägungen berücksichtige ich absichtlich noch gar nicht die rein wirtschaftliche Seite, das Soll und Haben, ich spreche nicht von der immerhin vorhandenen Verschuldung in der Landwirtschaft oder davon, daß beispielsweise auf einem ganz wichtigen Gebiet der landwirtschaftlichen Erzeugung, auf dem Getreidesektor, die Preise noch auf dem Niveau von 1951/52 liegen, während die Maschinenkosten und die Löhne längst davongelaufen sind. Ich will auch nicht näher auf die Frage eingehen, ob die vielberufene Milchsubvention mehr eine Subvention für den Erzeuger oder mehr eine Subvention für den Verbraucher ist. Ich erwähne auch nicht, was das Ausland für seine Landwirtschaft tut. Das mag alles Sache des „Grünen Berichts" und der „Grünen Debatte" sein. Heute kommt es mir nur darauf an, in der deutschen Öffentlichkeit mehr Gerechtigkeit für unseren Bauernstand zu fordern.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Bausch: Auch für die Bauersfrau!)

    — Ich sagte „Bauernstand"; dazu gehört auch die Bauersfrau. — Wir alle müssen uns dagegen wehren, wenn man da und dort, manchmal recht durchsichtig, versucht, den natürlichen Gegensatz zwischen Verbraucher und Erzeuger noch künstlich zu vertiefen.
    Mehr Gerechtigkeit für den Bauernstand, aber auch mehr Gerechtigkeit für die verschiedenen Gruppen innerhalb der Landwirtschaft selber bei der Ausgestaltung des Grünen Plans möchte ich fordern. Auch hier will ich nicht auf Einzelheiten eingehen, sondern nur darauf aufmerksam machen, daß im Rahmen der zur Verfügung gestellten Mittel in Zukunft mehr als bisher die Strukturverbesserungen in den Vordergrund gestellt werden müssen. Dabei sind vor allem jene Gebiete zu berücksichtigen, die es auf Grund der Boden- und der klimatischen Verhältnisse besonders schwer haben. Ich denke besonders an die Mittelgebirgslagen. Die CSU-Landesgruppe wird ihre Vorstellungen darüber noch dem Bundeslandwirtschaftsminister vortragen, und wir geben uns der Erwartung hin, daß insoweit eine Änderung gegenüber dem Vorjahr eintritt.
    Einige Bemerkungen zum Personalhaushalt! Der Voranschlag für das Haushaltsjahr 1961 enthält 4268 neue Stellen und 1100 Stellenhebungen. Werden diese Stellen genehmigt, dann beträgt die Zahl der Bundesbediensteten in der zivilen Verwaltung — ohne Bundesbahn und Bundespost — insgesamt 107 727 und im Gesamtbereich der Verteidigungsverwaltung — zivile Kräfte, ohne Soldaten —135 244. Ich muß diese Zahlen nennen, da wir sehr
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    häufig von Kollegen den wohlgemeinten Rat hören, uns im Haushaltsausschuß nicht solange mit der Planstelle eines einzelnen Regierungsinspektors oder Regierungsrats zu befassen. Ich glaube, daß der Haushaltsausschuß eine wichtige Pflicht versäumen würde, würde er nicht die Entwicklung auf dem Gebiet des Personalwesens genau und sorgfältig unter die Lupe nehmen.

    (Abg. Dr. Conring: Sehr gut!)

    Die Mitglieder des Haushaltsausschusses — das glaube ich für alle sagen zu dürfen — unterziehen sich dieser Sisyphusarbeit weiß Gott nicht gerne. Ich glaube auch sagen zu können, daß wir ohne die in der Tendenz strenge Haltung des Haushaltsausschusses heute vermutlich viel mehr Planstellen hätten, als wir sie haben.
    Natürlich wissen wir, daß nach zwei Überrollungshaushalten, die wir auf dem Gebiete des Personalwesens praktisch hinter uns haben, da und dort Veränderungen notwendig sind. Ob diese Veränderungen allerdings gleich 1100 Stellenhebungen und 4268 neue Stellen umfassen müssen, das möchte ich bezweifeln. Wie werden die Wünsche der Ressorts prüfen und auf der Grundlage der von der Fraktion der CDU/CSU zum Haushaltsplan 1960 eingebrachten Entschließung von Fall zu Fall untersuchen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Stellenmehrung — nämlich neue Aufgaben — und für eine Stellenverbesserung — nämlich wesentliche Veränderungen im Aufgabengebiet — vorliegen. Wir haben im Haushaltsausschuß die Erfahrung machen müssen, daß so mancher Abteilungsleiter nach dem Motto: „es wächst der Mensch mit seinen höheren Aufgaben" nur allzu gern die Aufgaben seiner Referate höher werden läßt, damit dadurch auch die Planstellen wachsen können.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Zum Personalhaushalt möchte ich zwei allgemeine Gesichtspunkte herausstellen. Die Bundesregierung muß endlich daran gehen, sich zu überlegen, wie ein mehr nach Schwerpunkten des jeweiligen Arbeitsanfalls orientierter Einsatz der Bundesbediensteten und damit ein Ausgleich unter den ververschiedenen Ressorts möglich ist.

    (Beifall in der Mitte.)

    Ich weiß, daß die Lösung dieser Aufgabe in praktischer und in rechtlicher Hinsicht sehr schwierig ist. Trotzdem muß man an das Problem herangehen. Es ist nicht zu leugnen, daß sich die Arbeitsbelastung in den verschiedenen Ressorts verschieden entwickelt hat. Im übrigen fällt einem aufmerksamen Beobachter auf, daß sogar innerhalb desselben Ressorts manchmal eine sehr unterschiedliche Arbeitsbelastung vorhanden ist. Es gibt in verschiedenen Ministerien Beamte und Angestellte — besonders in Spitzenstellungen —, die bis zur Grenze ihrer physischen Leistungsfähigkeit beansprucht werden. Ich möchte das ausdrücklich feststellen, da man darüber draußen im Lande — offensichtlich als Folge der hohen Gesamtzahlen — ganz anderer Auffassung ist. Diese Beamten verdienen, glaube ich, unser
    aller Dank und Anerkennung. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Abteilungen und Referate, in denen es sich wesentlich ruhiger leben läßt. Die Ressortminister müssen sich wohl etwas mehr um die Dinge kümmern und auf eine gleichmäßige Verteilung der Gewichte bedacht sein.
    Eine Lockerung der engen Ressortbindung ist auch noch aus einem anderen Grund dringend erwünscht, nämlich um dadurch einigermaßen gleich qualifizierten Beamten auch die gleiche Beförderungschance zu geben. Es gibt keinen Zweifel, daß die kleinerer Ministerien bezüglich der Beförderungsmöglichkeiten im Nachteil gegenüber den größeren sind. Die Folge davon sind die immer wiederkehrenden Anträge auf Stellenhebungen — in diesem Jahr, wie gesagt, 1100 —, die von der Sache her eigentlich nicht genehmigt werden dürfen, weil keine Veränderung des Aufgabengebiets vorliegt, von der menschlichen Seite her manchmal aber nur schwer abzulehnen sind.
    Noch ein Zweites scheint mir notwendig. In jedem Ministerium werden Aufgaben erfüllt, die vielleicht vor Jahren unbedingt notwendig waren, auch heute noch nützlich und zweckmäßig sein mögen, aber doch nicht mehr als unabdingbar notwendig oder nicht mehr als in diesem Umfange notwendig zu bezeichnen sind. Wir müssen deshalb zu einer Durchforstung und Überprüfung der Aufgaben kommen, wobei nicht die Zweckmäßigkeit, sondern die unabdingbare Notwendigkeit unter den gegenwärtigen Verhältnissen Maßstab sein muß.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wir sind deshalb zu diesem strengen Vorgehen gezwungen, meine Damen und Herren, weil von Jahr zu Jahr immer neue Aufgaben auf uns zukommen. Denken Sie nur an die vielen supranationalen Behörden und Organisationen. Wir bauen doch heute praktisch eine völlig neue Instanz auf, und diese neue Instanz wird in wenigen Jahren ein Heer von Beamten und Angestellten kosten. Da kann man dann doch nicht hinsichtlich der bisherigen Aufgaben einfach in den alten Gleisen weiterfahren. Deshalb wird es notwendig sein, daß wir zu einer Durchforstung und Überprüfung der Aufgaben kommen.
    Noch ein letztes zum Personalhaushalt! Kein Gebiet ist wohl so ungeeignet für ein einseitiges Vorgehen einzelner Länder wie das Gebiet des Beamtenwesens. Wir müssen die Länder, die es angeht, dringend bitten, hier an den Bund, an das Foedus zu denken. Jedes Land, das sich auf dem Gebiet des Besoldungswesens oder des allgemeinen Stellenkegels Sondertouren erlaubt, bringt die übrigen Länder und den Bund in Schwierigkeiten. Im privaten Leben würde man so etwas Rücksichtslosigkeit nennen — eben ein Verhalten, das keine Rücksicht nimmt. Politisch — das möchte ich nur am Rande bemerken — scheint mir ein solches Verhalten wenig klug, da es den Gegnern des Föderalismus nur handfestes Material dafür liefert, daß es anscheinend doch nicht vernünftig ist, uns in unserer kleinen Bundesrepublik noch einen Föderalismus zu leisten.
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    Wir von der Fraktion der CDU/CSU begrüßen die Ankündigung des Bundesfinanzministers in seiner Haushaltsrede, daß er für bestimmte Beamtenkategorien einen besseren Stellenkegel in Angleichung an den Stand in einigen Ländern durchführen will. Wir werden im Haushaltsausschuß diese Vorschläge, die vor allem bei den Zollbeamten von Bedeutung sind, unterstützen.
    Einige Worte zum antizyklischen Haushaltsverhalten! Meine Damen und Herren, man sollte hier realistisch und nüchtern sein und auf dem Boden der politischen Wirklichkeit bleiben. Die Ausgaben für den Wohnungsbau, für den Straßenbau, für die Kasernenbauten beispielsweise eignen sich ebensowenig wie etwa die Ausgaben der Länder für den Schulhausbau für ein antizyklisches Verhalten, da diese Aufgaben in sich praktisch so viel politisches Gewicht haben, daß insoweit der Ruf nach antizyklichem Verhalten einfach nicht ankommt. Das müssen wir ganz nüchtern und realistisch sehen.
    Wenn es richtig ist — und deshalb erwähne ich diesen Punkt überhaupt —, daß, wie der Bundesfinanzminister in seiner Etatrede ausgeführt hat, fast zwei Drittel aller Ausgaben auf dem Gebiet des Hochbaues, von den Kasernenbauten abgesehen, auf die Gemeinden entfallen, dann erscheint es mir sinnvoll, daß der Bundesfinanzminister mit den Länderfinanzministern gemeinsam berät, ob auf diesem Gebiet etwas getan werden kann, und wenn ja, was. Ich verspreche mir nichts davon, daß bei der Forderung nach antizyklischem Verhalten eine Partei immer der anderen den Schwarzen Peter zuspielt, der Bund auf die Gemeinden und die Länder verweist und die Kommunen und die Länder auf den Bund verweisen. Ich halte auch nichts davon, daß gewisse Kreise der Wirtschaft, wie man dies im Wirtschaftsteil unserer Presse immer wieder lesen kann, nur auf die Investitionen der öffentlichen Hand verweisen und dabei geflissentlich unterschlagen, daß beispielsweise im Jahre 1959 die Investitionen der öffentlichen Hand immerhin nur 7,2 Milliarden DM ausmachten gegenüber einem Gesamtinvestitionsvolumen der deutschen Volkswirtschaft von 60 Milliarden. Auch hier habe ich den Eindruck, daß man mit diesen Hinweisen nur von sich auf andere ablenken will.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wenn von der öffentlichen Hand auf diesem Gebiet etwas getan werden kann — nach meiner Meinung kann etwas getan werden, wenn es auch nicht überschätzt werden sollte —, dann, Herr Bundesfinanzminister, ist es, glaube ich, das einzig Richtige, daß Sie sich mit Ihren Kollegen in den Ländern zusammensetzen und hierzu ernste Vorschläge ausarbeiten.

    (Abg. Unertl: Die Herren Oberbürgermeister belehren!)

    — Das tun dann die Länderfinanzminister; denn die Herren Oberbürgermeister sind der Gesprächspartner der Länderfinanzminister, nicht des Bundesfinanzministers.
    In der Frage des Haushaltsausgleichs sehe ich eine große Gefahr darin, daß der Schätzung der Einnahmen eine Zuwachsrate von 6 % des Bruttosozialprodukts zugrunde liegt. Nach aller menschlichen Voraussicht wird die Zuwachsrate höher als 6 % sein. Vielleicht wird sie 8 % sein. Und wenn sie 8 % sein wird, wird das rund 800 Millionen DM Mehreinnahmen bedeuten. Ich habe die große Sorge, daß diese erwarteten Mehreinnahmen nun im Schoße von Interessentenverbänden, vielleicht auch bei Beratungen einzelner Gruppen hier im Hause, nicht einmal, sondern zwei-, drei- und viermal verteilt werden. Das ist meine große Sorge. Ich möchte dringend vor solchen Überlegungen warnen, da doch heute schon ziemlich feststeht — nach den Erfahrungen der bisherigen Jahre wenigstens —, daß der Kapitalmarkt kaum die 2,1 Milliarden hergibt, die notwendig sind, um den außerordentlichen Haushalt zu decken, und daß wir deshalb aller Voraussicht nach den außerordentlichen Haushalt doch wieder zum Teil mit Mitteln des ordentlichen Etats, mit ordentlichen Einnahmen speisen müssen. Ob das schön ist oder nicht, ist eine andere Frage.
    Über das Verhältnis zwischen Bund und Ländern ist heute schon Verschiedenes gesagt worden. Ich bin nicht der Meinung, die manchmal in der Presse und manchmal auch von politischer Seite ausgesprochen wird, daß die außergewöhnlich günstige Einnahmenentwicklung bei den Ländern dazu führen sollte, an eine Revision des Art. 106 zu denken. Dieser Auffassung bin ich nicht. Die Länder haben noch große Aufgaben vor sich; denken Sie an den kulturellen Sektor, den Krankenhausbau, denken Sie vor allem an die Gemeinden.

    (Abg. Dr. Conring: Dann müssen sie aber etwas mehr für sie tun!)

    — Herr Kollege Conring, Sie nehmen genau das vorweg, was ich sagen will. Ich bin der Auffassung, daß wir allerdings angesichts der günstigen Einnahmenentwicklung von den Ländern erwarten dürfen, daß sie sich zu ihren eigenen Aufgaben etwas mehr als bisher in aller Öffentlichkeit bekennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich denke, — ich sagte es schon — an den kulturellen Bereich; ich denke an die Beziehungen zu den Gemeinden; denn — lassen Sie mich das noch einmal aussprechen— nach unserem Grundgesetz ist Gesprächspartner der Gemeinden das zuständige Land.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Nach meiner Meinung hat der Bundesfinanzminister in seiner Etatrede mit Recht herausgehoben, daß das Problem der Gemeindefinanzen heute nicht mehr in erster Linie durch eine wesentliche Vermehrung der Finanzmasse als solcher, sondern durch eine gerechtere Verteilung zu lösen ist.
    Wir sollten uns also über die günstige Einnahmeentwicklung in den Ländern freuen, erwarten allerdings, daß dann nicht wieder sofort — manchmal von einigen Ländern stillschweigend geduldet, von anderen kräftig unterstützt — der Ruf nach der Hilfe des Bundes ertönt, wenn auf einem Gebiet, für das nach dem Grundgesetz die Länder zuständig sind, eine finanzielle Enge eintritt.



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    Es ließe sich zum Haushalt noch sehr viel Positives sagen. Das ist ja indirekt sogar vom Sprecher der Opposition anerkannt worden.
    Die günstige Entwicklung der Ausgabereste, Herr Kollege Lenz — er ist leider nicht mehr da —, halte ich für gar nicht so selbstverständlich, wie Sie es dargestellt haben. Mit dieser günstigen Entwicklung der Ausgabereste ist zumindest von uns Haushaltsleuten ein Alpdruck genommen worden.
    Auch das Verschwinden der Globalkürzung von 10 % ist etwas Positives. Als etwas ganz besonderes Positives möchte ich aber — und da stimme ich wieder mit dem Kollegen Lenz überein hervorheben, daß in diesem Haushalt des Wahljahres keine Wahlgeschenke enthalten sind. Ich halte das für einen Vorzug. Wahlgeschenke, wenn sie wirklich nur solche sind, ohne sachliche Begründung, sind in sich ungerecht und führen zu Berufungen. Im übrigen, meine ich, braucht eine gute Politik sich solcher Mittelchen gar nicht zu bedienen, die übrigens draußen gar nicht so gut ankommen. Ich glaube, wir können und sollten auf solche Mittel verzichten.
    Es wird nun sehr viel darauf ankommen — damit komme ich zum Schluß —, daß wir im Parlament hei der weiteren Behandlung des Etats die Haushaltsentwicklung nicht aus dem Auge lassen. Das Wahljahr ist ein Jahr der Bewährung, der Bewährung für alle Fraktionen. Auch die Angehörigen der Regierungsparteien sind keine Übermenschen. Wenn die Opposition etwa im Zeichen des Wahlkampfes immer neue populäre Forderungen stellte, könnte niemand voraussagen, wie das endet.

    (Abg. Dr. Schäfer: Fürwahr!)

    Zum gegenseitigen Hochsteigern der Forderungen nach Art einer Christbaumversteigerung scheint mir die Lage zu ernst zu sein. Ein solches Verhalten würde überdies, abgesehen von den haushalts- und finanzpolitischen Folgen, auch dem Parlament als Institution schweren Abbruch tun. Ich warne davor.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ganze Parlament steht also in der Verantwortung. Es muß, glaube ich, das Bemühen des ganzen Parlaments sein, dem neuen, dem 4. Deutschen Bundestag nicht eine Hypothek zu übergeben, die angesichts der mit Sicherheit auf uns zukommenden Aufgaben der Zukunft nur mit Steuererhöhungen getilgt werden könnte.

    (Beifall hei der CDU/CSU.)