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ID0312416300

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    Deutscher Bundestag 124. Sitzung Bonn, den 28. September 1960 Inhalt: Nachruf auf die Abg. Dr. Becker, Jahn und Rasch 7159 A Die Abg. Rodiek, Freiherr von Kühlmann-Stumm und Altvater treten in den Bundestag ein 7159 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. von Haniel-Niethammer, Brand, Frau Welter, Heye, Dr. Steinmetz, Felder, Dr. Königswarter, Dr. Burgbacher, Keller und Dr. Atzenroth . . . . . . . . 7160 A Begrüßung einer Delegation des Irischen Parlaments 7173 B Übertritt der Abg. Frau Kalinke, Dr. von Merkatz, Dr. Preiß, Dr. Preusker, Probst (Freiburg), Dr. Ripken, Dr.-Ing. Seebohm, Dr. Schild und Dr. Steinmetz von der Fraktion der Deutschen Partei zur Fraktion der CDU/CSU 7173 C Konstituierung der Gruppe Deutsche Partei 7173 C Wahl des Abg. Dr. Dehler zum Vizepräsidenten Dr. Mende (FDP) . . . . . . . 7174 A Begrüßung einer Delegation des Parlaments von Ghana . . . . . . . . . . . 7180 A Fragestunde (Drucksachen 2077, zu 2077) Frage des Abg. Dr. Arndt: Unterbringung des Bundesverfassungsgerichts Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . 7162 B Frage des Abg. Ritzel: Steuerverpflichtungen deutscher Benzingesellschaften Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7162 D, 7163 A, B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 7163 A, B Frage des Abg. Dr. Fritz (Ludwigshafen) : Zollbescheide für Mineralöl Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7163 B Frage des Abg. Dr. Fritz (Ludwigshafen) : Beförderungsmöglichkeiten im mittleren Dienst der Zollverwaltung Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 7163 C, 7164 A, B Brück (CDU/CSU) . . . . . . . 7164 A Lulay (CDU/CSU) . . . . . . . 7164 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Zahl der Beamten und Angestellten der Arbeitsämter Blank, Bundesminister 7164 C, D, 7165 A Dr. Kohut (FDP) . . . . 7164 D, 7165 A Frage des Abg Dr. Arndt: Rechtsansprüche der Witwe des Generalmajors Hellmuth Stieff Blank, Bundesminister . . . . 7165 B Dr. Arndt (SPD) 7165 B Frage des Abg. Kalbitzer: Geldbuße wegen Herausschmuggelung eines Fremdenlegionärs Dr. Seiermann, Staatssekretär . 7165 C, D, 7166 A Kalbitzer (SPD) . . . . 7165 D, 7166 A Frage des Abg. Hackethal: Bundesbahnstrecken in den Zonenrandgebieten Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 7166 B, C Ritzel (SPD) 7166 C Frage des Abg. Baur (Augsburg) : Auflösung einer Schiffswerft am Bodensee Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 7166 C Frage des Abg. Kreitmeyer: Verwendung von vorfabrizierten Häusern im Wohnungsbau für Bundesbedienstete Lücke, Bundesminister 7166 D, 7167 B, C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . 7167 A, B Frage des Abg Dr. Brecht: Rechtsverordnung über die Berechnung der Mietbeihilfen Lücke, Bundesminister . . . . 7167 C, D, 7168 A, B, C Dr. Brecht (SPD). . 7167 D, 7168 A Wittrock (SPD) . . . . . . . 7168 B, C Frage des Abg. Dr. Brecht: Kosten der „Wohnfibeln" Lücke, Bundesminister . . . . 7168 C, D, 3169 A, B, C, D, 7170 A Dr. Brecht (SPD) . . . . . . . . 7168 D Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 7169 A Seuffert (SPD) . . . . . . . . 7169 B Wittrock (SPD) . . . . . . . . 7169 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7169 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7169 D Neumann (SPD) . . . . 7169 D, 7170 A Dr. Czaja (CDU/CSU) 7170 A Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Unterbringung der Deutschen Botschaft in Wien 7170 A Fragen des Abg. Seuffert: Gaskammer im KZ Dachau Dr. Carstens, Staatssekretär 7170 B, C, D, 7171 A, B, C, D Seuffert (SPD) . . . . 7170 D, 7171 A Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 7171 A von Lindeiner-Wildau (CDU/CSU) . 7171 B Graf Adelmann (CDU/CSU) . . . . 7171 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 7171 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Amtspflichtverletzungen von Notaren Schäffer, Bundesminister . . . . 7171 D Frage des Abg. Müller-Hermann: Reform des Verkehrsstrafrechts Schäffer, Bundesminister . . . . . 7172 A Frage des Abg. Neumann: Strafverfahren gegen Staatssekretär Klopfer Schäffer, Bundesminister . . 7172 B, C, D Neumann (SPD) 7172 B, C Jahn (Marburg) (SPD) 7172 C Frage des Abg Jahn (Marburg) : Doppelte Akten bei Untersuchungshaft Schäffer, Bundesminister . 7172 D, 7173 B Jahn (Marburg) (SPD) 7173 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 7173 B Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 1800) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 III Entwurf eines Notdienstgesetzes (Drucksache 1806) — Erste Beratung — und Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesleistungsgesetzes (Drucksache 2045) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7174 D, 7185B, 7215 C Dr. Schäfer (SPD) . . . 7180 A, 7223 B Dr. Kanka (CDU/CSU) . . 7185 D, 7224 A Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 7190 D Dr. Arndt (SPD) . . . . 7194 A, 7222 B Dr, Werber (CDU/CSU) 7198 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 7203 B Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 7209 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . 7210 D Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) 7212 B Jahn (Marburg) (SPD) 7224 B Rasner (CDU/CSU) 7225 A Erler (SPD) 7225 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) 7226 D Entwurf eines Gesetzes zur Einfügung eines Artikels über die Luftverkehrsverwaltung in das Grundgesetz (Drucksache 1534) ; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 1961) — Zweite und dritte Beratung — Wittrock (SPD) 7214 C Entwurf eines Gesetzes über die Entschwefelung flüssiger und gasförmiger Brennstoffe (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Margulies, Dr. Schild, Geiger [München] u. Gen.) (Drucksache 1980) — Erste Beratung — 7227 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes (Drucksache 1910) — Erste Beratung — . . . . . 7227 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und des Gerichtskostengesetzes (Drucksache 1892) — Erste Beratung — 7228 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes (SPD) (Drucksache 1974) — Erste Beratung — . . . . . . . . 7228 B Entwurf eines Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen (Bundes-Seuchengesetz) (Drucksache 1888) — Erste Beratung — 7228 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Abg. Dr. Jaeger, Merten, Lenze [Attendorn], Matzner u. Gen.) (Drucksache 1990) — Erste Beratung — 7228 B Entwurf eines Gesetzes zu der Erklärung vom 29. Mai 1959 über den vorläufigen Beitritt Israels zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Drucksache 1993) — Erste Beratung — 7228 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Neunten Protokoll vom 22. November 1958 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Finnland) (Drucksache 1994) — Erste Beratung — 7228 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drittes Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 2044) — Erste Beratung — 7228 D Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts (Drucksache 2052) — Erste Beratung — . . . . . 7228 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. März 1960 mit der Französischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben usw. (Drucksache 2061) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . 7228 D Entwurf eines Gesetzes über Zuständigkeiten in der Luftverkehrsverwaltung (Drucksache 1535) ; Berichte des Haushaltsausschusses und des Verkehrsausschusses (Drucksachen 2075, 2002) — Zweite und dritte Beratung - . . . . . . . 7229 A Antrag betr. Rüdesheimer Verkehrsproblem (Abg. Arndgen, Mischnick, Wittrock, Schmitt-Vockenhausen, Müller-Hermann, Dr. Willeke u. Gen.) (Drucksache 1985) 7229 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1958 (Drucksache 1922) . 7229 C Entwurf einer Vierundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Wälzlagerstahl usw.) (Drucksache 2025) 7229 D IV Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines bundeseigenen Teilgrundstücks des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes in Frankfurt (Main) (Drucksache 2013) 7229 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft der ehem. Walterwerke, Ahrensburg in Holstein (Drucksache 2033) 7229 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des ehem. Luftwaffenübungsplatzes Ahrbrück (Drucksache 2036) 7230 A Nächste Sitzung 7230 C Anlagen........... 7231 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 7159 124. Sitzung Bonn, den 28. September 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 28. 9. Altmaier * 30. 9. Dr. Atzenroth 28. 9. Balkenhol 30. 9. Bauer (Würzburg) * 30. 9. Frau Bennemann 30. 9. Berger 28. 9. Berkhan 30. 9. Birkelbach 30. 9. Fürst von Bismarck * 30. 9. Blachstein * 30. 9. Corterier * 30. 9. Dr. Dahlgrün 30. 9. Dr. Dollinger 28. 9. Dowidat 30. 9. Enk 30. 9. Dr. Friedensburg 30. 9. Dr. Furler * 30. 9. Gerns,* 30. 9. Dr. Gossel 28. 9. Haage 30. 9. Hackethal 28. 9. Hahn 30. 9. Dr. Harm * 30. 9. Dr. Hesberg 30. 9. Höfler * 30. 9. Frau Dr. Hubert * 30. 9. Hübner 28. 9. Jacobs * 30. 9. Keller 30. 9. Dr. Kliesing (Honnef) * 30. 9. Kriedemann 28. 9. Kühn (Bonn) 28. 9. Kühn (Köln) * 30. 9. Lücker (München) 30. 9. Maier (Freiburg) 30. 9. Maucher 28. 9. Frau Dr. Maxsein * 30. 9. Dr. Mende * 30. 9. Dr. Meyer (Frankfurt) * 30. 9. Paul * 30. 9. Peters 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Dr. Preusker 30. 9. Frau Dr. Rehling * 30. 9. Frau Renger * 30. 9. Rimmelspacher 28. 9. Ruhnke 30. 9. Schröder (Osterode) 30. 9. Schultz 30. 9. Schütz (München) * 30. 9. Seidl (Dorfen) * 30. 9. Dr. Serres * 30. 9. Dr. Toussaint 28. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wacher 28. 9. Wagner 30. 9. Dr. Wahl * 30. 9. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 30. 9. Wehner 28. 9. Werner 28. 9. Wilhelm 28. 9. Dr. Zimmer * 30. 9. Zoglmann 30. 9. Zühlke 30. 9. b) Urlaubsanträge Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Dr. Böhm 22. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Draeger 9. 10. Dr. Gradl 9. 10. Frau Herklotz 9. 10. Heye 9. 10. Höcherl 9. 10. Jürgensen 31. 10. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Lermer 15. 10. Majonica 9. 10. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Pohle 31. 10. Reitzner 9. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 4. 10. Struve 9. 10. Wienand 9. 10. Frau Wolff 10. 10. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn a. Rh., 1. Juli 1960 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 221. Sitzung am 1. Juli 1960 beschlossen * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates. 7232 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 hat, hinsichtlich des vom Deutschen Bundestag am 24. Juni 1960 verabschiedeten Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1960 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1960) einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefaßt: „Der Verzicht des Bundesrates auf eine Antragstellung gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes beinhaltet keine Anerkennung der Richtigkeit des Ausweises der Rücklage der Kreditanstalt für Wiederaufbau ,aus Mitteln des ERP-Sondervermögens', wie sie in der als Anlage beigefügten Zusammenstellung der Vermögenswerte und Verpflichtungen des ERP-Sondervermögens per 31. März 1959 (Aktiva C ,Sonstige Forderungen', Ziffer 4, ,gegen die Kreditanstalt für Wiederaufbau — Sondereinlage —) enthalten ist." Dr. Röder Bonn, den 1. Juli 1960 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 24. Juni 1960 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pusch, betreffend Rückgabe der in Westdeutschland lagernden Bücher der ehemals Preußischen Staatsbibliothek an Berlin (Fragestunde der 121. Sitzung vom 29. Juni 1960, Drucksache 1957) : Auf den Zeitpunkt der Rückführung der zur Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" gehörigen Kulturgüter nach Berlin hat die Bundesregierung keinen Einfluß. Die Entscheidung trifft der Stiftungsrat. Ich habe in der letzten Fragestunde über den Stand der Bund-Länder-Verhandlungen über das Inkrafttreten der Satzung für die Stiftung berichtet. In Vertretung: Dr. Anders Anlage 4 Schriftliche Begründung der Abgeordneten Frau Korspeter zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 1974). Meine Fraktion legt dem Hause den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Regelung des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes vor, in dem die Bestimmungen über die Anerkennung der aus der SBZ geflüchteten Deutschen als Sowjetzonenflüchtlinge festgelegt sind. Während im Bundesvertriebenengesetz allen Vertriebenen ein eindeutiger Status gegeben wurde, nach dem jeder, der die Vertreibungsgebiete verlassen muß, auch als Vertriebener anerkannt wird und Rechte und Vergünstigungen als Vertriebener in Anspruch nehmen kann, ging man bei den Deutschen, die aus der Zone in die Bundesrepublik flüchteten, im Gegensatz zu dem allgemeinen Vertriebenen-Schicksal vom Einzel-Schicksal aus. Diese Betrachtungsweise führte dazu, daß die Fluchtgründe für die Anerkennung als SBZ-Flüchtling maßgeblich wurden und daß diese Fluchtgründe einer Bewertung unterzogen wurden. Im § 3 des Bundesvertriebenengesetzes wird daher bestimmt, daß nur solche Deutschen als SBZ-Flüchtlinge anzuerkennen sind, die aus der Zone flüchten mußten, „um sich einer von ihnen nicht zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen", mit der Ergänzung durch die Novelle zum Bundesvertriebenengesetz vom 18. 8. 1957, daß „eine besondere Zwangslage auch bei einem schweren Gewissenskonflikt gegeben ist." Nach dieser Begriffsbestimmung gelten nur die Deutschen aus der Zone als SBZ-Flüchtlinge in eigentlichen Sinne, die die Anerkennung nach § 3 des Bundesvertriebenengesetzes erhalten, und nur sie können Rechte und Vergünstigungen aus der Flüchtlingsgesetzgebung in Anspruch nehmen. Dabei war die Absicht unverkennbar, nur einen relativ eng begrenzten Personenkreis als SBZ-Flüchtlinge im engeren Sinne anzuerkennen und ihnen die Vergünstigungen, die sich aus der Flüchtlingsgesetzgebung ergeben, zuzugestehen. Jedenfalls sind von den rund 4 Millionen Deutschen, davon 21/2 Millionen seit 1950, die aus der Zone in die Bundesrepublik gekommen sind, nur rund 560 000 anerkannte SBZ-Flüchtlinge. Schon bei den Beratungen des Bundesvertriebenengesetzes waren diese Bestimmungen umstritten und konnten nicht befriedigen. Sehr bald nach Erlaß des Bundesvertriebenengesetzes zeigte sich, daß man mit diesen gesetzlichen Regelungen den tatsächlichen Gegebenheiten der seit Kriegsende ununterbrochenen Flucht aus der SBZ in keiner Weise Rechnung tragen konnte. Darüber hinaus hat die Fassung der gesetzlichen Bestimmungen, die eine Anzahl unbestimmter Rechtsbegriffe enthält — wie die Begriffe „nicht zu vertreten", „durch die politischen Verhältnisse bedingt", „besondere Zwangslage" —, dazu geführt, daß die über die Anerkennung als Sowjetzonenflüchtlinge entscheidenden Verwaltungsbehörden vielfach überfordert wurden und demzufolge Entscheidungen treffen mußten, die häufig weder der Entwicklung der Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 7233 politischen Verhältnisse in der SBZ noch den persönlichen Schicksalen des einzelnen ausreichend gerecht werden. Auch die Rechtsprechung zum § 3 ist in den vergangenen Jahren einen Weg gegangen, der dieser Entwicklung nicht immer Rechnung trug und der häufig mit der Absicht des Gesetzgebers kaum noch im Einklang zu sein scheint. Einige Auszüge aus neueren und neuesten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts machen es deutlich. Dort heißt es z. B.: „Der Sowjetzonenflüchtling hat in der Regel die besondere Zwangslage zu vertreten, die für ihn durch einen bewußten Verstoß gegen wirtschaftslenkende Vorschriften entstanden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Vorschriften etwa wegen der Art ihres Zustandekommens oder ihrer Anwendung oder ihrer wirtschaftspolitischen Zielsetzung rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht entsprechen." „Für die Entscheidung der Frage, ob die Folgen eines solchen Verstoßes zu vertreten sind, ist es unerheblich, ob die Strafe, die durch die Vorschriften angedroht wird oder die durch den Verstoß im Einzelfall erwartet werden muß oder die bereits verhängt worden ist und verhältnismäßig hoch oder aus sonstigen Gründen mit rechtsstaatlichen Begriffen nicht vereinbar ist." „Das Bundesvertriebenengesetz mutet es also der mitteldeutschen Bevölkerung zu, diese Verhältnisse in Kauf zu nehmen und ihrer ungeachtet in der sowjetischen Besatzungszone zu bleiben." „Dem Gesetzgeber war die politische, wirtschaftliche und soziale Bedrängnis bekannt, die auf ihnen (den Bewohnern der SBZ) lastet; gleichwohl hat er durch die Fassung des § 3 BVFG der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die Bevölkerung die Opfer und Einschränkungen, ,die mit dieser allgemeinen Bedrängnis verbunden sind, auf sich nimmt und am bisherigen Wohnsitz ausharrt." „Eine solche Tat mag ihr (der Klägerin) in menschlicher Hinsicht zur Ehre gereichen; dennoch hat sie deren Folgen zu vertreten. Da, wie gesagt, dem Bundesvertriebenengesetz der Gedanke zugrunde liegt, daß die Bewohner der sowjetischen Besatzungszone grundsätzlich in ihrer Heimat bleiben sollen, widerspricht seinen Zielen auch ein — oder unter Strafandrohung verbotenes — Verhalten, .das 'zwar nach rechtsstaatlichen Maßstäben rechtmäßig und vielleicht sogar menschlich erfreulich ist, bei dem aber der angestrebte und erreichbare Erfolg in offenbarem Mißverhältnis zu dem Umstande steht, daß der Täter wegen dieses Verhaltens mit großer Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten hat, die ihn zur Flucht nötigen werden." Es mag dahingestellt bleiben, ob und inwieweit man der Verwaltung oder der Rechtsprechung einen Vorwurf ,dahingehend machen kann, daß sie den Willen des Gesetzgebers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Zweifellos, das muß mit allen Nachdruck gesagt werden, ist diese Entwicklung nicht zuletzt auf die Problematik der Bestimmun gen des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes selbst zurückzuführen. Es kann unseres Erachtens keinem Zweifel unterliegen, daß die derzeitigen Bestimmungen des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes nicht mehr dier Entwicklung der politischen Verhältnisse zwischen den beiden Teilen Deutschlands entspricht. Insbesondere erscheint es uns heute weder menschlich, noch sozial, noch politisch vertretbar, jene Deutschen, die auf Grund der Entwicklung in der SBZ und der dortigen allgemeinen Zwangslage Zuflucht in der Bundesrepublik suchen, unterschiedlich zu behandeln; das heißt etwa, sie praktisch fast alle über das Notaufnahmeverfahren als „Flüchtlinge" aufzunehmen, aber dann später, wenn sie in der Bundesrepublik Aufnahme gefunden haben, nur eine geringe Zahl von diesen „Flüchtlingen" als Sowjetzonenflüchtlinge anzuerkennen. Dies gilt um so mehr, als die Bundesrepublik grundsätzlich den Standpunkt der Freizügigkeit zwischen beiden Teilen Deutschlands vertritt und den Deutschen aus der SBZ im Grundsatz die gleichen Rechte gewährt, wie 'den in der Bundesrepublik ansässigen Deutschen. Der § 3 des Bundesvertriebenengesetzes sollte deshalb eine Fassung erhalten, die sicherstellt, daß jeder Deutsche aus der SBZ, der in der Bundesrepublik Zuflucht sucht, als Sowjetzonenflüchtling anerkannt wird. Eine solche Fassung würde nicht nur dem Grundsatz der Freizügigkeit zwischen beiden Teilen Deutschlands und der Gleichberechtigung dieser Deutschen entsprechen, sondern gleichzeitig auch eine Gleichstellung mit jenen Vertriebenen herbeiführen, die nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen als Aussiedler aus den Vertreibungsgebieten in die Bundesrepublik kommen und hier entsprechende Aufnahme finden. Selbstverständlich wird dabei nicht außer Acht gelassen werden dürfen, daß unter den aus der sowjetischen Besatzungszone geflohenen Deutschen sich, wenn auch in verhältnismäßig geringer Zahl, Personen befinden, die dem totalitären Regime in der SBZ in erheblicher oder bedenklicher Weise Vorschub geleistet, oder die in der SBZ gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben oder aber die SBZ nur verlassen haben, um sich dort den Folgen einer auch nach rechtsstaatlicher Auffassung strafbaren Handlung zu entziehen. Für solche Fälle geht unser Antrag in der Neufassung der Bestimmungen des § 3 davon aus, eine Versagung der Anerkennung als Sowjetzonenflüchtling festzulegen. Eine Neufassung des § 3 mit dem Ziel der Anerkennung der großen Masse aller jener Deutschen ais Sowjetzonenflüchtlinge, die aus achtenswerten Gründen die Zone verlassen haben, wird schließlich auch berücksichtigen müssen, ob und in welchem Umfang allen diesen Deutschen jetzt noch die besonderen materiellen Vergünstigungen gewährt werden können, die für Sowjetzonenflüchtlinge vorgesehen sind. Obwohl diese Vergünstigungen an sich nicht übermäßig umfangreich sind, würde jedoch zum Beispiel die nachträgliche Gewährung etwa der Hausratshilfe aus dem Härtefonds des § 301 7234 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 124. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1960 LAG an alle Sowjetzonenflüchtlinge im Sinne der erstrebten Änderung des § 3 BVFG nicht nur einen erheblichen finanziellen Aufwand erfordern, sondern in einer großen Zahl von Einzelfällen auch nicht mehr als berechtigt erscheinen, und zwar in jenen Fällen, in denen diese Sowjetzonenflüchtlinge bereits aus eigener Kraft oder durch andere Hilfen einen erträglichen Lebensstandard erzielt haben. Es ist deshalb vorgesehen, daß derartige Leistungen noch nicht in das wirtschaftliche und soziale Leben in einem nach ihren früheren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen zumutbaren Maße im Sinne des § 13 des Bundesvertriebenengesetzes eingegliedart sind. Wir hoffen sehr, daß von keiner Seite in der Richtung argumentiert wird, daß eine solche Änderung des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes unausweichlich eine Sogwirkung zur Folge haben könne. Ich möchte von vornherein bereits darauf hinweisen, daß sich aus Veröffentlichungen des Bundesministeriums eindeutig ergibt, daß sich der Zustrom aus der SBZ nach Wegfall der hohen Ablehnungsquote im Aufnahmeverfahren keineswegs verstärkt hat, und daß eine graphische Darstellung des Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte die Flucht aus der SBZ als eine Folge der dortigen politischen und sozialen Verhältnisse dargestellt hat. Damit hat das Ministerium selbst dokumentiert, daß die Fluchtzahlen nicht auf besseren Betreuungsmaßnahmen in der Bundesrepublik beruhen, sondern von Maßnahmen innerhalb der Zone abhängig sind. Wir sollten deshalb in dieser Zeit auf Grund der politischen Entwicklung und der Erfahrungen damit aufhören, von einer Sogwirkung zu sprechen. Die Forderung, eine Änderung der gesetzlichen Grundlage für den Flüchtling anzustreben, wird in immer stärkerem Maße von vielen Seiten seit langer Zeit gefordert. Wir bedauern, daß dem Hause von Seiten des zuständigen Ministeriums bislang noch keine Reformvorschläge vorgelegt wurden. Mit Verwaltungsmaßnahmen, mit Verordnungen, mit Richtlinien und Anweisungen können wir dieses Problem nicht entscheidend beeinflussen, können wir auch den Menschen aus der Zone, die auf Grund ,der politischen Entwicklung — und ich möchte noch einmal sagen, auf Grund der politischen Zwangslage, in der sich alle Menschen in der Zone befinden — nicht mehr gerecht werden. Wir sollten endlich damit aufhören, die unnatürliche Aufteilung in die große Masse der nicht Anerkannten und die kleine Gruppe der Anerkannten fortzusetzen, weil sie nicht nur als unbefriedigend angesehen werden muß, sondern weil sie von den Betroffenen als ungerecht empfunden und weil sie auch der politischen Situation nicht gerecht wird. Die Situation zwingt deshalb zu neuen grundsätzlichen Überlegungen des Problems und zwingt uns zu einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen des bestehenden Flüchtlingsrechtes. Frau Korspeter
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    Rede von Dr. Karl Kanka


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem in diesen Tagen erschienenen Buch, in dem deutsche Schriftsteller ihre Meinung über unsere Bundesrepublik niedergelegt haben, steht der Satz: „Ein Notstandsgesetz mit allen Schrecklichkeiten der Diktatur wird erwogen", und dann kommt ,die Frage: „Für welchen Notstand?"
    Ich zitiere diese Sätze, weil sie, wie übrigens sehr viele andere Sätze in diesem Buch, besonders klar erkennen lassen, wie ahnungslos so mancher ist, der zur geistigen Elite unserer Nation gezählt wird, und wie leicht er trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Ahnungslosigkeit Aussagen über Probleme macht, von deren guter Lösung 'die Existenz unseres Volkes, mindestens aber auf lange Zeit unsere Freiheit abhängen kann. Leicht machen sich solche Herren die Arbeit, und sie fügen so der Ahnungslosigkeit noch die Verantwortungslosigkeit hinzu. W i r dürfen es uns nicht so leicht machen, und ich meine, wir sollten in dieser Aussprache nicht nur jener politisch unbehausten Elite, sondern vor allem unserem Volke, den Männern und Frauen, die friedlich in ihren Wohnungen leben, klar und deutlich sagen. worum es geht.
    Dabei können wir sogar die Hoffnung hegen, daß unsere normalen - im guten Sinne des Wortes normalen - Staatsbürger mehr Verständnis für das Anliegen, um das es geht, haben als so mancher aus der gar nicht so normalen Elite. In diesem Zusammenhang möchte ich sogar einem Satz beipflichten, den Herr Professor Forsthoff in seine von dem Herrn Bundesinnenminister zitierten und in erschreckender Weise bedenklichen Ausführungen aufgenommen hat, den Satz: „Vielleicht ist die An-



    Dr. Kanka
    nahme erlaubt, daß sich der Staatsbürger der Bundesrepublik in höherem Maße logisch und systemrichtig verhält, als man ihm allgemein zutraut."
    Fünf Thesen möchte ich meinen Ausführungen voranstellen, um sie dann in der Folge zum Teil näher zu begründen.
    Erstens: Unser Grundgesetz enthält, was mögliche Notstände angeht, eine empfindliche Lücke.

    (Abg. Jahn [Marburg] : Wird gar nicht bestritten!)

    Da sind wir ganz anderer Meinung als der Herr Schäfer.
    Zweitens: Es ist gerade ein rechtsstaatliches Anliegen, daß diese Lücke schleunigst geschlossen wird.
    Drittens: Die Stunde für diese Arbeit ist günstig. Es ist aber auch an der Zeit — höchste Zeit —, mit ihr zu beginnen.
    Viertens: Die Arbeit ist nicht leicht, weil wir uns von den Tatbeständen, die mit Hilfe der im Entwurf vorgelegten Gesetze bewältigt werden sollen, nur mehr oder weniger undeutliche Vorstellungen machen können.
    Bei dem, was wir vorhaben, dürfen wir uns vom Vergangenen nicht abschrecken lassen; wir müssen uns vielmehr von dem Vergangenen belehren lassen; und wenn wir das tun, dann wird ein Vergleich zwischen dem Artikel 48 Absatz 2 der Reichsverfassung von 1919 und dem Artikel 115 a der Vorlage uns diesen Artikel 115 a als eine wohlabgewogene gesetzliche Bestimmung erscheinen lassen.
    Fünftens: Wir müssen all unser Nachdenken über das Thema des möglichen Notstandes und seiner Bewältigung unter die Einsicht stellen, daß eine noch so gute gesetzliche Regelung, so wünschenswert sie ist, immer nur einen Auftrag enthalten kann, daß dessen Gelingen aber von den Menschen abhängt, die ,das Gesetz anzuwenden haben werden.
    Im Blick darauf müssen wir den goldenen Mittelweg suchen zwischen allzu großem Vertrauen und allzu großem Mißtrauen. Denn ohne gesundes Mißtrauen, das mit wohldosiertem Vertrauen gepaart ist, kommt man im Leben und gerade im politischen Leben einer freiheitlichen Demokratie einfach nicht aus.
    Die erste These von der Lückenhaftigkeit des Grundgesetzes, was das Not- oder Ausnahmezustandsrecht angeht, wird nicht nur von der Bundesregierung, sondern auch von der Mehrheit des Bundesrates vertreten. Außerdem pflichten ihr zahlreiche Theoretiker und Praktiker unseres Verfassungsrechts bei. von denen ich nur den Mainzer Professor Schneider und den Stellvertretenden Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Dr. Katz, nennen will. Wir kommen aber auch selbst dahinter, wenn wir uns einmal vorzustellen versuchen, welche Notstände über unser Volk kommen könnten, und wenn wir danach ins Grundgesetz hineinschauen. Dazu brauchen wir kein Material aus dem Bundesinnenministerium; dazu brauchen wir nur in unsere spannungsgeladene Zeit mit den
    Möglichkeiten, die im Schoß der Zukunft liegen, hineinzuschauen.
    Stellen Sie sich, meine Damen und Herren, nur vor, den Herren im Kreml gelänge es, in den nächsten Jahren unsere Verbündeten für eine Regelung zu gewinnen, nach der Deutschland aus dem System der westlichen Bündnisse und des sowjetrussischen Satellitentums entlassen würde, es bliebe aber bei dem illegitimen Zwangsregime, das sie in ihrer Besatzungszone eingerichtet haben, und stellen Sie sich weiter vor, im Raume unserer Bundesrepublik würde der wirtschaftliche Aufstieg abgelöst durch eine Zeit schwerster wirtschaftlicher Krisen: Bedarf es da noch großer Phantasie, um sich vorzustellen, was da alles im Raum unserer freiheitlichen Ordnung geschehen könnte, wie diese Ordnung unterminiert würde, wie Fünfte Kolonnen das Volk aufwiegelten, wie sie seine Ordnung mit politischen Generalstreiks gegen die allgemeinen Versorgungsbetriebe und anderes mehr untergrüben und wie sie dann auch mit bewaffneter Macht, offen oder getarnt, eingriffen, um auch bei uns an die Macht zu kommen? Für solche Fälle gibt es auch die in den Seminaren übliche Unterscheidung zwischen äußeren und inneren Notständen nicht mehr.
    Oder stellen Sie sich vor, daß es die Herren im Kreml — in der Meinung, ihn lokalisieren zu können — mit einem heißen Krieg versuchen, den sie vielleicht auch nur von ihren durch ihre Marschälle und Kommissare beratenen Statthaltern von der Art des Herrn Ulbricht führen lassen! Stellen Sie sich vor, daß dann der amtierende Bundestag gemäß Art. 59 a des Grundgesetzes feststellt, der Verteidigungsfall sei eingetreten, daß es aber den gegen unsere Freiheit eingesetzten Streitkräften gelänge, den Krieg in unser Land zu tragen! Da kämen Situationen auf die dann im Amt befindliche Bundesregierung zu, die sie mit Mitteln des Grundgesetzes, und zwar des Art. 91, wahrlich nicht mehr bewältigen könnte.
    Denken Sie an solche Gefahren, dann klingt es fast wie ein Hohn, was Art. 91 zu ihrer Abwehr vorsieht. Art. 91 lautet:

    (1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann ein Land die Polizeikräfte anderer Länder anfordern.


    (2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage,

    — Niedersachsen, Schleswig-Holstein —
    so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen.
    Meine Damen und Herren, gegenüber dem großen Notstand ist das überhaupt nichts.
    Daß der Schöpfer des Grundgesetzes, der Parlamentarische Rat, sich damit begnügt hat, diese Vorschrift und einige andere Vorschriften, z. B. über den Gesetzgebungsnotstand, in das Grundgesetz aufzunehmen, obwohl der Herrenchiemseer



    Dr. Kanka
    Entwurf eines Grundgesetzes einen wesentlich weitergehenden Art. 111 vorsah, findet seine einfache Erklärung in dem unvollkommenen Zustand, in dem sich unser damals noch werdendes, noch im statu nascendi befindliches Staatsgebilde zu jener Zeit befand.
    An dieser Stelle möchte ich mit einigen Zitaten aus Darlegungen des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Dr. Katz beginnen, die er am 21. November 1959 im nahen Bad Godesberg im Anschluß an den Vortrag von Professor Schneider aus Mainz gemacht hat. Herr Dr. Katz hat dort gesagt, nach seiner Erfahrung sei die Streichung des Art. 111 des Herrenchiemseer Entwurfs aus bestimmten Motiven erfolgt. Herr Dr. Katz sagte dann wörtlich:
    Wir müssen daran zurückdenken, daß wir uns damals, als der Parlamentarische Rat das Grundgesetz verabchiedete, noch im Zustand der vollkommenen Unterwerfung unter die Besatzung der Siegermächte befanden. Damals wurde angestrebt, diesen Zustand der „occupatio bellica" in einen rechtlich wenigstens halbwegs geregelten Zustand, nämlich den Status des Besatzungstatuts, zu überführen. Damals, 1948 und 1949, war zunächst dieses erste Ziel zu erreichen. Damals sollte also das Geltungsgebiet des Grundgesetzes zunächst einmal vom vollkommenen Unterworfensein unter den Willen 'der Sieger zu dem legitimierten Status des „Freigelassenen" — im altrömischen Sinne — gelangen. Darum war es damals noch nicht aktuell, das Staatsnotstandsrecht überhaupt zu behandeln. Das ist dann erst langsam, über mehrere Stadien hinaus, anders geworden. Faktisch ist aus dem FreigelassenenStatus unter dem Besatzungsstatut die Souveränität erwachsen; aber das erst im Jahre 1955. Heute, 1959, haben wir also erst seit vier Jahren Veranlassung, uns ernsthaft mit dem Problem des Staatsnotstandsrechtes zu befassen. Wenn ich also mit dem Referenten darin einig bin, daß das Grundgesetz diese Lücke enthält, so möchte ich als meine persönliche Ansicht betonen, daß diese Lücke nicht nur als beängstigend, sondern geradezu als bedrohlich erscheint.
    Hier ist vielleicht auch der Ort und die Gelegenheit, eines über den Charakter unseres Staatswesens, so, wie es sich herausgeibildet hat, zu sagen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen unid müssen es denen, die es noch nicht wissen, immer wieder sagen — wie müssen es aber auch mit Leben erfüllen —, daß unsere Bundesrepublik Deutschland der , der einzige deutsche Staat nach dem zweiten Weltkrieg ist. Man hat sie als ein Provisorium, man hat sie als ein Transitorium bezeichnet. Ich will über die Berechtigung dieser Bezeichnungen mit denen, die sie gebraucht haben, nicht streiten; ihre Motive waren und sind ehrenhaft. Sie haben an unsere in der Unfreiheit lebenden Landsleute in der Zone gedacht; und wir allesamt wollen diese Gedanken nie müde werden lassen.
    Aber was den deutschen Staat angeht: ihn gibt es nur in der Gestalt, die er jetzt in der Bundesrepublik angenommen hat. Sie ist das einzige legitime Gefäß für den Willen des deutschen Volkes zur Staatlichkeit, genauso, wie das Deutsche Reich Bismarckscher Prägung und wie das Deutsche Reich der Verfassung von 1910 dieses Gefäß gewesen ist.
    Was in der Zone errichtet wurde, ist kein deutscher Staat; es ist eine sowjetische Zwangsordnung mit Statthaltern, deren Muttersprache zwar deutsch ist, die aber allen Anlaß haben, sich nicht um ihre Legitimation durch freie Wahlen zu bemühen.
    Provisorisch und transitorisch ist alles Geschichtliche, und das sind auch die Gefäße des staatlichen Lebens der Völker. Auch die Bundesrepublik ist in diesem Sinne provisorisch und transitorisch; aber sie allein ist der deutsche Staat unserer Gegenwart. Wir sollten ohne jeden Vorbehalt ja zu ihr sagen und sollten sie aus diesem klaren und vorbehaltlosen Ja heraus auch mit allem ausstatten, was ein Staat braucht, der die freiheitliche demokratische Ordnung zu seiner Regel gemacht hat.
    Damit komme ich zur zweiten These: daß es ein rechtsstaatliches Anliegen ist, um das es bei der vorgeschlagenen Ergänzung des Grundgesetzes geht. Wir haben eine geschriebene Verfassung. Daneben erkennen wir auch jenseits des positiven Rechts, über ihm, stehende Grundsätze an, darunter auch den Grundsatz eines übergesetzlichen Notstands.
    Wir sollten der Berufung auf ihn jedoch möglichst keinen Raum lassen und daher auch das Recht des großen Notstands — und um den geht es hier —, dem mit den Mitteln des Art. 91 nicht mehr begegnet werden kann, gesetzlich regeln.
    Dr. Katz hat in seinem Vortrag vom 21. November 1959 dazu gesagt:
    Meiner Meinung nach besteht also ein ungeheures öffentliches Interesse daran, daß Bundestag und Bundesrat sich jetzt, solange die Schönwetterperiode dauert, zusammenfinden, um diesen notwendigen Zusatzartikel, diesen Notstandsartikel, für das Grundgesetz zu formulieren und zu verabschieden. Daran sollten im Interesse des Rechtsstaats alle interessiert sein. Daran sollte in erster Linie die Opposition interessiert sein, die Opposition, die sich vielleicht nicht völlig darüber klar ist, daß bei dem jetzigen Zustand eine Regierung im Notstandsfall unbeschränkte, also uferlose Vollmachten à la Weimar für sich in Anspruch nehmen wird. Dagegen wird doch, wenn dieser Art. 111 eingefügt wird, dann jedenfalls eine klare rechtliche Begrenzung bestehen. Dann wird jeweils klar übersehbar sein, wieweit es überhaupt verfassungsrechtlich erlaubt ist, mit Hilfe von Notverordnungen zeitweilig zu regieren.

    (Abg. Dr. Schäfer: Herr Kollege, dann müssen Sie sich auch zu seinem diesbezüglichen Zeitungsartikel äußern!)


    Dr. Kanka
    — Sie haben zuerst gesagt, Sie seien dazu bereit, und haben diese Bereitschaft nachher ganz glatt widerrufen.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das ist mir aber neu!)

    — Ich werde es Ihnen nachher noch weiter sagen.
    In diesem Zitat ist auch bereits die dritte These angeklungen, nämlich die These, daß die Stunde günstig ist, daß wir aber auch nicht mehr länger warten sollen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Arndt.)

    — Sie haben ja jetzt die Vorlage. Nehmen Sie sie zur Grundlage ernsthafter Beratungen und unterbrechen Sie die Beratungen nicht!
    Gegen den Notstand als Möglichkeit müssen wir jetzt allmählich Vorsorge treffen. Wir brauchen es aber nicht in der Panik, die der bereits herannahende oder schon eingetretene Notstand hervorzurufen pflegt, zu tun. Noch ist die Schönwetterperiode da. Wir hoffen zuversichtlich, daß sie auch noch lange anhält. Aber wir haben die Aufgabe, diese Zeit nun zu nützen.
    Wie es mit den Maßnahmen der Verteidigung ist, so ist es auch mit den Notstandsmaßnahmen. Sie haben nicht nur den Zweck, im Verteidigungs- oder im Notstandsfall angewandt zu werden; sie dienen vor allem dem Zweck, eine Situation zu schaffen, die so ist, daß sie überhaupt nicht angewandt zu werden brauchen. Darin vereinigen sich doch alle unsere Hoffnungen. Bereit sein ist, wenn nicht alles, so doch schon sehr viel; es ist mindestens notwendig.
    Wir müssen es genau so machen, wie die anderen freiheitlichen Demokratien es gehalten haben, sogar freiheitliche Demokratien, die, wie Schweden und die Schweiz, das Glück hatten, weder in den ersten noch in den zweiten Weltkrieg unseres glorreichen Jahrhunderts verwickelt zu sein; denn sie haben für diese Fälle des großen Notstands auch ihre sachgerechten Mittel bereit.
    Ob und wann der vorgeschlagene Art. 115 a über den Ausnahmezustand einmal zur Anwendung kommt — wir hoffen, daß er nie zur Anwendung zu kommen braucht — und wie die Bundesregierung und der Bundestag dann zusammengesetzt sind, ist höchst ungewiß, ein Umstand, von dem man eigentlich annehmen sollte, daß er die Verhandlungen aus dem Felde gegenwärtiger Parteiengegensätzlichkeit und der Wahlkampfparolen herausheben und sie zum Gegenstand eines „staatspolitischen Seminars" machen könnte. Auch hier möchte ich den Herrn Dr. Katz zitieren. Er hat am 21. November 1959 in Bad Godesberg gesagt:
    Ich befürchte, — wir sprechen ja hier über ein Faktum der Political Science —, daß ein Umstand bei diesen Beratungen sehr hinderlich sein wird, nämlich eine merkwürdige Auffassung, die wir heute überall finden. Ich meine die allgemeine Auffassung, als ob es ewig nur diese Bundesregierung in dieser politischen Zusammensetzung und ewig nur diese Opposition geben wird. Es ist sehr merkwürdig, daß diese Überzeugung, die doch aller historischen Erfahrung widerspricht, irgendwie im
    heutigen Deutschland weit verbreitet zu sein scheint. Sicherlich, man kann drei Wahlen hintereinander gewinnen: England, auch Deutschland. Man kann auch vier Wahlen hintereinander gewinnen,
    — und wir haben durchaus die Absicht, es zu tun; das füge ich jetzt hinzu —
    man kann auch fünf Wahlen gewinnen — Roosevelt, Truman, die Demokratische Partei in den Vereinigten Staaten —, aber daß man mehr als fünf Wahlen hintereinander gewinnt, kommt, wenn ich die Geschichte der Demokratie in Europa und in den Vereinigten Staaten ansehe, ungeheuer selten vor. Es ist daher
    — davon müßte man doch auch hier ausgehen, und das sollte es Ihnen etwas leichter machen, zu einem sachlichen Gespräch zu kommen —
    für den Fall des Eintritts des Notstandes in keiner Weise sicher, wer dann Regierung und wer Opposition sein wird. Darum sollten alle in ein gemeinsames gleiches Interesse an einer möglichst baldigen Regelung, d. h. an dieser notwendigen zusätzlichen Legalitätsreserve haben. Denn wenn diese nicht da ist, stößt, wie ich schon vorhin sagte, Notstandsrecht auf Widerstandsrecht, Staatsstreich usw., und die Angelegenheit wird unlösbar.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das ist aber an Ihre Adresse gerichtet!)

    — Nein, das ist an Ihre Adresse gerichtet. Aber wenn gute Ermahnungen an Ihre Ohren kommen, dann verschließen Sie sie und hören nicht mehr zu.
    Noch ein anderes: Auch denjenigen, die daran Anstoß nehmen, ,daß nach der Regierungsvorlage im Falle des Ausnahmezustandes unter Umständen auch das Streikrecht eingeschränkt werden soll, könnte ich mit einem Zitat aus der Rede des Herrn Dr. Katz dienen; ich will es aber nicht tun. Ich will statt dessen sagen: Die Ermächtigung, für die Dauer des Ausnahmezustandes auch das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes einzuschränken, wird sich gegen eine Gewerkschaftsführung erst dann richten, wenn sie heillos kommunistisch unterwandert ist und sich so in einem Zustand befindet, von dem wir hoffen, daß er nie eintritt, von dem wir aber nicht die Gewißheit haben, daß er nicht irgendwann einmal in der Situation des großen Notstandes eintreten könnte.

    (Abg. Dr. Schäfer: Eher ist die CDU unterwandert!)

    Im übrigen, meine Damen und Herren, ist es — und damit komme ich zur vierten These — kein Art. 48 Abs. 2, der mit dem Art. 115 a wiederkehren würden, und alles, was der Herr Kollege Schäfer in seinem Plädoyer gegen Notstandsparagraphen vorgebracht hat, richtet sich gegen den Art. 48 Abs. 2. Aber es hat sich nicht gerichtet und kann sich nicht richten gegen den Art. 115 a der Regierungsvorlage.
    Der Art. 48 Abs. 2 ist allerdings sehr weit gegangen. Er hat dem Reichspräsidenten, wenn im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ord-



    Dr. Kanka
    nung erheblich gestört oder gefährdet wurde, das Recht gegeben, daß er die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen traf, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht, und er hat ihm auch das Recht gegeben, zu diesem Zweck vorübergehend gewisse Grundrechte — der persönlichen Freiheit, der Unverletzlichkeit der Wohnung, des Postgeheimnisses, der Meinungsäußerung, des Versammlungsrechts, des Vereinigungsrechts und auch des Rechts des Eigentums — einzuschränken. Dieses Recht hat den Reichspräsidenten so stark gemacht, weil er daneben auch noch die Möglichkeit hatte, den Reichstag aufzulösen und heimzuschicken.
    Das ist — insoweit haben unsere Verfassungsgesetzgeber aus der Vergangenheit gut gelernt — in unserer Grundrechtsordnung aber ganz anders. Wenn Sie nun den Art. 115a richtig lesen, dann werden Sie darin viel von dem finden, was der Herr Kollege Schäfer in ihm vermißt hat. Da handelt es sich darum — der Herr Bundesinnenminister hat es schon hervorgehoben —, daß an erster Stelle, soweit es möglich ist, nicht der Bundespräsident, nicht die Bundesregierung, sondern grundsätzlich der Bundestag den Ausnahmezustand zu verkünden hat. Erst das Parlament gibt der Exekutive die Möglichkeit, von den Vollmachen, die in dem Art. 115 a niedergelegt sind, Gebrauch zu machen. Das ist schon ein ganz wesentlicher Unterschied zu Art. 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung.
    Man kann sich sogar — das ist eine private ketzerische Meinung von mir — Gedanken darüber machen, ob es wirklich immer richtig ist, solche Entscheidungen einem Parlament zu überlassen. Meine Herren, dieses Parlament hat eine sehr gute, eine positive Mehrheit; es hat aber schon Parlamente gegeben — und wir haben keine Garantie dafür, daß es sie nie mehr gibt —, die keine gute, positive Mehrheit, sondern eine sehr destruktive Mehrheit hatten. In dem Deutschen Reichstag, der am 31. Juli 1932 gewählt wurde, haben von den 608 Abgeordneten 319 der NSDAP und der KPD angehört. Das ist zu überlegen, wenn man daran denkt, von dem, was hier in der Regierungsvorlage vorgesehen ist und was eben der Ausdruck eines wohldosierten Vertrauens auch in die künftigen Bundestage ist, abzugehen und statt der einfachen Mehrheit eine qualifizierte Mehrheit zu fordern.
    In solch aufgeregten Zeiten kann es unter Umständen sein, daß die freiheitlich-demokratische Ordnung bei einer Minderheit in besseren Händen ist als bei einer aufgewiegelten nihilistischen Mehrheit.

    (Abg. Dr. Arndt: Das nennen Sie dann Demokratie!)

    — Ja, so ist es. Sie hat auch ihre Gefahren, die Demokratie; und wir wollen diesen Gefahren durch dieses Gesetz vorbeugen: oh ne einen neuen Art. 48 Abs. 2!
    Aber auch sonst enthält der § 115 a — —

    (Abg. Dr. Arndt: Herr Kanka, „Gesetz zur Vorbeugung gegen Demokratie" wäre der richtige Titel!)

    — Nein, nein, lieber Herr Arndt. Das ist vielleicht eine geistvolle Formulierung, aber es ist auch ein Zeugnis dafür, daß Sie das, worum es geht, einfach nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollen.

    (Lachen und Zurufe von der SPD.)

    Wenn sich der Herr Kollege Schäfer den Art. 115 a der Regierungsvorlage genau angesehen und bis zu Ende gelesen hätte, dann hätte er sich auch die Ausführungen darüber ersparen können, daß die Bundesregierung, nachdem der Bundestag den Ausnahmezustand verkündet hat, mit zuviel Macht ausgestattet werde, die sie vielleicht gar nicht ausüben könne, weil der zentrale Befehlsstand bereits lahmgelegt sei. In Abs. 6 steht klar und deutlich zu lesen, daß Vollmachten, die für diesen großen Notstand notwendig sind, auch in den mittleren und unteren Instanzen angewandt werden können.
    Allzu feine Feinmechanik treiben bei einem Notstandsartikel, noch feinere Feinmechanik treiben, als sie bereits bei dem Art. 115 a der Regierungsvorlage getrieben worden ist, das scheint mir den Notstandsartikel zu einem stumpfen, ja sogar zu einem der Klinge entbehrenden Messer zu machen. Ich möchte da wieder auf Herrn D r. Katz verweisen, der am 21. November 1959 folgendes gesagt hat.

    (Zuruf von der SPD: Wenn er das nun nicht gesagt hätte, wo wären Sie dann geblieben?)

    — Dann hätte ich es Ihnen von mir aus gesagt. Aber es ist mir lieb, wenn ich Ihnen sagen kann, was ein auf dem Gebiet des Staatsrechts und der Staatsrechtsgeschichte viel erfahrenerer Mann gesagt hat. Also Herr Dr. Katz hat dazu gesagt:
    Zum Wie der Ausgestaltung des Notstandsrechts ist im Augenblick sehr schwer etwas zu sagen.
    Das hat er im November 1959 gesagt; und für heute gilt, was nun kommt:
    Meiner Meinung nach kein ausführlicher Notstandsartikel, sondern ein einziger Artikel mit einigen wenigen allgemeinen Feststellungen und Folgerungen.
    Etwas ausführlicher hat sich zu diesem Thema Professor Schneider, im Anschluß an dessen Referat Herr Dr. Katz seine Ausführungen gemacht hat, geäußert. Er hat über den Inhalt der verfassungsmäßigen Notstandsregelung gesagt:
    Die Frage nach der rechtsstaatlichen Bedenklichkeit bzw. Unbedenklichkeit
    — und das ist doch die Frage, die uns bewegt, um die wir uns abmühen —
    kronkreter Notrechtsausgestaltung läßt sich selbstverständlich nicht generell, sondern nur von der konkreten Verfassungsstruktur und Verfassungstradition aus beantworten. Immerhin dürften drei Extrempositionen als rechtsstaatlich bedenklich angesprochen werden: einmal der totale Verzicht auf jegliche Regelung, zum anderen eine allzu detaillierte Regelung und schließlich die bedingungslose Ermächti-



    Dr. Kanka
    gung der Exekutive, das Notwendige zu veranlassen.
    Wenn man dieses Rezept auf den Entwurf eines Notstandsartikels anwendet, dann kommt man genau zu dem, was die Bundesregierung uns mit dem Art. 115 a vorgeschlagen hat.
    Nun zur letzten These, zur These vom wohldosierten Vertrauen und Mißtrauen, das uns bei all den Beratungen über den Regierungsentwurf leiten sollte! Diese These sollten wir, die wir gemeinsam im Boot der freiheitlichen Demokratie sitzen, uns allesamt immer wieder vor Augen halten. Wir kommen ohne diese Kombination wohldosierten Vertrauens und wohldosierten Mißtrauens nicht aus.
    Wir Deutschen sind in einer besonderen Situation, unter anderem an einem besonderen Gefahrenpunkt unserer spannunggeladenen Welt. Trotzdem wird von uns gar nichts Besonderes verlangt, mit keiner der drei Regierungsvorlagen. Was wir im Notstandsartikel vor uns haben, haben — mit gewissen Abwandlungen — alle anderen freiheitlichen Demokratien auch. Vor allem haben auch unsere NATO-Partner solche Vorschriften. Wenn wir allesamt zur NATO ja sagen wollen, nun, meine Damen und Herren von der Opposition, dann sagen Sie doch auch ja zu einem Notstandsrecht, das der Sache nach gerecht ist und das den Art. 5 Abs. 2 des Generalvertrages gegenstandslos macht.
    Das gleiche, daß wir uns nämlich gar nichts Besonderes zumuten, gilt auch von den Notdienst- und Sachleistungsbestimmungen der übrigen Vorlagen, mit denen wir uns heute befassen. Zu ihnen kann vom Grundsätzlichen her, das ja eigentlich allein in der ersten Lesung erörtert werden soll, nur gesagt werden: Auch sie sind notwendig, auch sie sollten im Interesse der Sicherung unserer freiheitlichen Demokratie gebilligt werden.
    Meine Damen und Herren, vorgestern habe ich einen Brief aus London bekommen. Weil man die Post sehr genau lesen muß, habe ich mir also sogar den Stempel angeguckt. Auf dem steht „Civil defence is common sense", „Ziviler Schutz zu jedermanns Nutz", frei übersetzt. Der Herr Bundespostminister könnte diesen Text vielleicht auch auf einen Stempel setzen lassen.

    (Heiterkeit.)

    Es geht darum, daß wir das Bewußtsein von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen, sowohl was die Grundgesetzänderung als auch was die Opfer angeht, die das Notdienstgesetz und das Bundesleistungsgesetz verlangen, bei unserem Volke — zusammen, Sie mit uns! — lebendig machen.

    (Zuruf von der SPD: Jetzt auf einmal!)

    — Sie sind dazu eingeladen, darüber mit uns zu sprechen.
    Es ist auch ein .durchaus legitimer Vorgang, daß man über eine Vorlage, die von der Bundesregierung in Ausübung ihrer Gesetzesinitiative eingebracht worden ist, sachlich hier im Hohen Hause, im Plenum und in den Ausschüssen debattiert.
    In einer der heute erschienenen Zeitungen, die sich mit dem Notstandsrecht befaßt haben, steht der Satz:
    Bei der heutigen Bundestagsdebatte entscheidet sich, ob der Bundestag gewillt ist, dem Volk die Sicherheit gegen Angriffe jeder Art zu geben, die unsere demokratische Grundordnung gefährden.

    (Abg. Dr. Schäfer: Genau das habe ich gesagt!)

    Meine Damen und Herren, das geht vor allem an Ihre Adresse. Jetzt wird nicht mehr außerhalb des Parlaments verhandelt und das, was jetzt hier ins Gespräch gekommen ist, hier unterbrochen — —

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer.)

    — Nein, verhandeln wollen wir in den Ausschüssen.

    (Abg. Jahn [Marburg]: Stimmt ja gar nicht!)

    Aber, meine Damen und Herren von der Opposition: Hic Rhodus, hic salta!

    (Abg. Dr. Schäfer: Genau das!)

    Arbeiten Sie mit an dem, was wir für unser Volk zu leisten haben!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ewald Bucher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Notwendigkeit einer Notstandsgesetzgebung wird von der Fraktion der Freien Demokratischen Partei bejaht. Wir möchten sogar, wenn wir von der Tatsache der Einbringung eines Notstandsgesetzes hören, ausrufen: endlich! Wir haben schon anläßlich der Beratung des Wehrpflichtgesetzes darauf hingewiesen, daß es heutzutage einer umfassenden Verteidigungspflicht bedarf und daß zu den dazu notwendigen Gesetzen auch ein Notstandsgesetz gehört.
    Um so mehr bedauern wir einmal die Art und Weise, in der dieses Gesetz eingebracht worden ist, und dann auch einige Einzelheiten, die es enthält. Der Herr Bundesminister des Innern hat zu Beginn seiner Einbringungsrede von einem historischen Tag gesprochen. Er hat am Schluß seiner Ausführungen die Situation in Berlin in einer Weise bemüht, die ich für nicht ganz passend halte. In Zusammenhang mit diesem Gesetz hat er von Schecks gesprochen, die eingelöst werden müßten, aber nicht genau gesagt, wer diese Schecks ausgestellt hat.
    Um so mehr wundert man sich dann, daß sich die Bundesregierung bei einer als so historisch bedeutsam bezeichneten Sache nicht bemüht, mit der Opposition Fühlung zu nehmen, bevor das Gesetz eingebracht wird. Der Verdacht liegt nahe, daß hier einmal wieder ein schwarzer Peter zugeschoben werden soll, daß nämlich gesagt wird: Wenn ihr von der oder jener Seite des Hauses dieses Gesetz ablehnt, etwa deshalb, weil ihr erklärt: „Grundsätzlich ja, aber nicht so" —, dann wird in der Öffentlichkeit



    Dr. Bucher
    eben der Eindruck erweckt: Aha, die sind wieder einmal dagegen!
    Ich habe deshalb zu Beginn meiner Ausführungen ausdrücklich betont, daß wir grundsätzlich die Notwendigkeit einer Notstandsgesetzgebung bejahen. Eine solche Gesetzgebung ist in jedem demokratischen Staat erforderlich und nur in einem demokratischen Staat; denn der totalitäre Staat lebt ja im Zustand permanenten Notstandes. Wir kennen aus der Geschichte das populärste Beispiel einer Notstandsgesetzgebung, die funktioniert hat: in der Römischen Republik, wo es die Einrichtung des Diktators auf Zeit gab, der in Notfällen gerufen werden konnte. Es gab jenen bekannten Mann namens Cincinnatus, der vom Pflug weggeholt wurde, und das sogar zweimal.
    Es lohnt sich, wenn wir uns mit der Ausgestaltung eines Notstandsrechts befassen, auf die grundsätzliche Frage einzugehen, weshalb eigentlich ein Notstandsgesetz erforderlich ist. Nun, sicher nicht nur wegen des Art. 5 des Deutschlandsvertrages. Ich messe dem Artikel nicht die große Bedeutung bei, die ihm, zwar nicht in diesem Hause, aber in der öffentlichen Diskussion, beigemessen wurde. Man sprach davon, es sei ein „kategorischer Imperativ nationaler Ehre", die Kontrollmöglichkeiten, die in Art. 5 enthalten sind, durch ein eigenes, deutsches Notstandsgesetz zu beseitigen. Es herrschte auch ziemliche Unklarheit darüber, was der Art. 5 verlangt. Ich darf nur in Ihre Erinnerung zurückrufen, was der Vertreter der Bundesregierung im Ausschuß, Herr Professor Grewe, und der Berichterstatter hier im Hause, Herr Kollege Furler, damals sagten: Art. 5 beziehe sich nur auf den äußeren Notstand. — Aber das kann, wie gesagt, heute dahingestellt bleiben.
    Ich bin außerdem auch nicht der Ansicht, daß die Notstandsbefugnisse, die der Exekutive zugeteilt werden sollen, aus der Stellung der Exekutive als einer Art Obrigkeit abzuleiten seien. Herr Kollege Schäfer hat davon gesprochen, daß hier noch Vorstellungen vom Gottesgnadentum spukten. Ich werde Vorstellung auch nicht ganz los, schon wenn ich höre, wie der Herr Bundesinnenminister erklärt: Der Notstandsfiall ist die Stunde der Exekutive. Na ja, gut; daran ist vieles richtig, aber der Ton macht die Musik. Und ich sage ganz offen: wir haben diesen Ton nicht gern.
    Die Notwendigkeit einer Notstandsregelung liegt ganz einfach darin, daß man sonst den Wettlauf mit der Zeit nicht aushält. Genauso wie im Strafrecht idem einzelnen ein Notwehrrecht in den Fällen gegeben ist, in denen er nicht mehr die Zeit hat, die Gerichte 'in Bewegung zusetzen, um sich gegen ein Unrecht zu verteidigen, genauso muß dem Staat ,die Möglichkeit gegeben werden, nicht in Zeitdruck zu kommen, wenn Gefahr ist. Das ist der ganz schlichte, simple Grund für jede Notstandslösung. Dabei stellen stich zwei Hauptprobleme. Das erste möchte ich das Problem der Identität nennen. Das ist die Frage: Ist derjenige, der den Notstand in Anspruch nimmt, der also den Ausnahmezustand verhängt, wirklich der Staat, oder maßt er sich diese Rolle nur an, ist er ein Usurpator?
    Das zweite Problem liegt darin, daß im Gegensatz zur Notwehr des einzelnen im Notstand auch Maßnahmen ergehen können und müssen, die sich nicht nur gegen unrechte Handlungen wenden, sondern auch gegen rechtmäßige Handlungen, also Einschränkung von Grundrechten usw. Aus diesen beiden Hauptfragen ergibt sich die Aufgabe, eine Regelung zwischen ,der Szylla des Überhaupt-nichts-
    Tuns und der Charybdis zu großer Vollmachten für die Exekutive zu treffen.
    Wir haben hier das heute schon mehrfach zitierte mahnende Beispiel des Art. 48 der Weimarer Verfassung vor Augen, des Art. 48, der zunächst, in den Jahren 1921 und 1922, durchaus korrekt und sinngemäß angewandt wurde, der aber später als bequemer Weg zur Aushilfsgesetzgebung mißbraucht wurde, mit dessen Hilfe ja sogar, glaube ich, Reblausbekämpfung betrieben wurde und Steuerermäßigungen verordnet wurden und der schließlich noch schlimmer mißbraucht wurde, nämlich um die Türe für die Gewaltherrschaft zu öffnen. Man kann nun freilich sagen und sagt es sicher mit Recht: Nicht der Art. 48 hat das Hitlerregime ermöglicht, Hitler wäre trotzdem gekommen. Wir dürfen aber licht übersehen — und das sage ich gegenüber all denen, die es als kleinlich bezeichnen, wenn man möglichst viele Schranken der Rechtssicherheit auch in ein Notstandsrecht einbauen will —, daß eine Gewaltherrschaft, bei der die Regierung — und wenn auch nur unter dem Schein der legalen Benutzung bestehenden Rechts — an die Macht kommt, natürlich dauernd damit operieren kann. Es hat also zumindest bedeutende psychologische Fernwirkungen, wenn man von vornherein zu große Vollmachten festlegt, die die Möglichkeit geben, auf legale Weise oder, sagen wir, scheinbar legitime Weise ein Gewaltregime zu errichten.
    Denken wir doch daran, daß zum Beispiel jenes unselige Ermächtigungsgesetz noch in der Diskussion um die Männer des 20. Juli eine Rolle gespielt hat, indem die Gegenseite sagt: Ja bitte, wir können doch darauf hinweisen, daß dieses System, dem wir geschworen haben, seinerzeit völlig legal an die Macht gekommen ist. Es liegt mir dabei natürlich — das möchte ich betonen — völlig fern, Kritik an den Männern zu üben, die seinerzeit jenem Gesetz zugestimmt haben. Ich sehe mich dazu nicht in der Lage; denn hintennach ist es für uns natürlich viel leichter, über eine Situation zu urteilen, die damals völlig neu und einmalig war und bei der diese Männer vor einer sehr schweren Entscheidung standen. Aber objektiv betrachtet sollte uns gerade dieser Vorgang eine Warnung sein, zu weitgehende Vollmachten zu geben. Ich glaube, Sie ersehen aus diesen Ausführungen — Herr Kollege Kanka, Sie haben so viel vom Mißtrauen gesprochen —, daß ich mich keineswegs von einem Mißtrauen etwa gegenüber der derzeitigen Bundesregierung oder Bundestagsmehrheit leiten lasse, sondern an ganz andere mögliche Entwicklungen denke.
    Das Grundgesetz hat diesen Weg des Art. 48 vermeiden wollen, und ich anerkenne ohne weiteres,



    Dr. Bucher
    daß der vorliegende Entwurf ihn in der Generalklausel, die er vorsieht, auch vermeidet. Diese Generalklausel spricht ja davon, daß die Maßnahmen, die hier verlangt werden, „zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche Grundordnung des Bundes oder der Länder" notwendig sein müssen. Es ist auch ohne weiteres zuzugeben, daß die bestehenden Bestimmungen nicht ausreichen, insbesondere nicht der Art. 91 des Grundgesetzes, wo der Polizeinotstand vorgesehen ist, der für wirkliche Notfälle nicht genügt. Hier stimme ich mit Herrn Kollegen Kanka überein. Auch die Art. 59 a und 65 a genügen nicht; denn sie regeln nicht, wie oft behauptet wird, den äußeren Notstand. Sie schaffen nur für den äußeren Notstand klare Befehlsverhältnisse für die Bundeswehr, nicht aber für den ganzen übrigen Teil des Volkes. Nur der Oberbefehl ist ja hier geregelt, und infolge des Oberbefehls und der davon abhängenden Disziplinarhierarchie weiß die Bundeswehr, was sie zu tun hat, nicht aber die Zivilbevölkerung.
    Wenn wir nun den vorliegenden Entwurf im einzelnen ansehen — und zwar an Hand der beiden Hauptprobleme, die ich vorhin erwähnt habe: erstens, wer den Notstand feststellt, und zweitens, wie die Notstandsbefugnisse im einzelnen ausgestaltet werden —, so ergibt sich folgendes: Prinzipiell ist nach diesem Entwurf der Bundestag zuständig zur Feststellung des Notstandes. Das ist richtig so. — Es mag wohl sein, daß diese prinzipielle Zuständigkeit weithin Theorie bleibt in einer Zeit, wo Atomkriege möglich sind, in einer Zeit, wo Kriegserklärungen nach biederem altem Muster längst nicht mehr ausgetauscht werden, sondern wo man sich einfach gegenseitig überfällt. In einer solchen Zeit mag es vielleicht allzu theoretisch erscheinen, in erster Linie ein so umfangreiches Organ wie ein Bundesparlament hier als zuständig zu bestimmen. Trotzdem ist an dieser grundsätzlichen Zuständigkeit festzuhalten; denn wir können ja gar nicht voraussehen, welche Fälle eintreten. Es kann auch ganz anders kommen, als man sich dies für den schlimmsten Fall vorstellt. Es ist vor allem wohl kaum möglich, eine klare Abgrenzung zwischen innerem und äußerem Notstand zu finden. Ein Fall, der für uns sehr wohl denkbar ist, wird etwa der Kombinationsfall von innerem und äußerem Notstand sein, d. h. also ein innerer Notstand, der durch subversive oder auch offene Einwirkung von außen hervorgerufen ist.
    Bei dieser Feststellung durch den Bundestag begnügt sich der Entwurf der Bundesregierung mit einfacher Mehrheit. Ich möchte trotz aller Bedenken doch zu erwägen geben, ob eine Zweidrittelmehrheit, eine wirklich qualifizierte Mehrheit hier nicht zweckmäßiger wäre. Finnland z. B. sieht eine qualifizierte Mehrheit vor. Die einfache Mehrheit bedeutet praktisch die Regierungsmehrheit, ob es nun diese oder jene Partei ist. Dies bedeutet die Gefahr einer voreiligen und nicht sachbedingten Feststellung des Notstandsfalles.
    Nun kann man natürlich sagen, bei qualifizierter Mehrheit bestehe die Gefahr einer Sabotage durch eine verantwortungslose Minderheit. Aber in beiden Fällen müssen wir in irgend jemand unser Vertrauen setzen, im ersten Fall in das Verantwortungsbewußtsein der Mehrheit, im zweiten Fall in das der Minderheit. Ich meine, es wird doch weniger die Gefahr bestehen, daß sich eine Parlamentsminderheit im Falle eines wirklichen Notstandes der sich daraus ergebenden Verantwortung entzieht, als die Gefahr, daß eine eventuell sehr kleine Parlamentsmehrheit eine Situation, die in Wirklichkeit kein Notstand ist, dazu ausnutzt, um einen Notstand zu ,deklarieren.

    (Beifall bei der FDP und SPD.) Vertrauen müssen wir also so oder so haben.

    Ich glaube, auch das Argument stimmt nicht, das der Herr Bundesinnenminister heute angeführt hat: wenn man die Zweidrittelmehrheit für die Einführung des Notstandes bestimme, dann müsse man sie auch für die Aufhebung vorsehen. — Das ist ein logischer Fehlschluß. Logisch könnte man sagen: Wenn für die Einführung des Notstandes zwei Drittel notwendig sind, dann sind auch für die Fortdauer des Notstandes zwei Drittel notwendig, also gerade umgekehrt: Für die Aufhebung des Notstandes würde dann eine Stimme mehr als ein Drittel genügen. Das wäre ein logisch möglicher Gedankengang, natürlich kein praktisch zweckmäßiger. Man könnte also die Aufhebung gut mit einfacher Stimmenmehrheit vorsehen. Ich darf zu dieser Frage Ausführungen des bereits mehrfach erwähnten Professors Schneider auf dem internationalen Juristentag zitieren. Er sagt:
    Wenn die verfassungsmäßigen Parteien im eigentlichen Notstand nicht zueinanderfinden, ist das Ende des Rechtsstaates da.
    Das untermauert, was ich vorhin sagte. Man kann doch davon ausgehen, daß im eigentlichen Notstand keine Minderheit so böswillig ist, sich der Erkenntnis der notwendigen Schritte zu entziehen. Er sagt weiter:
    Aber wenn sich eine Gruppe voreilig auf Kosten anderer des Notstandsrechts zu bemächtigen vermag ,so ist es auch da,
    — nämlich das Ende des Rechtsstaates — und zwar schneller als im andern Fall.
    Wie gesagt, man muß über diese Frage noch diskutieren.
    Nun zur Frage der Ersatzlösung, also zur Anordnung des Ausnahmezustandes, falls das Parlament nicht dazu imstande ist. Auch für diese Ersatzlösung sollte, so meinen wir, ein Minimum an Gewaltenteilung erhalten bleiben. Sehr wesentlich ist zunächst einmal der Anknüpfungspunkt: in welchem Fall tritt die Ersatzlösung ein? Herr Kollege Schäfer hat bereits auf die merkwürdige Abweichung gegenüber dem Art. 59 a — beim Verteidigungsfall — hingewiesen. Hier ist nämlich plötzlich nicht davon die Rede, daß dem Zusammentritt des Bundestages Hindernisse entgegenstehen, sondern der Beschlußfassung. In ihrer Begründung begnügt sich die Bundesregierung mit der ominösen Floskel, das gelte mit der Maßgabe, daß auf die Möglichkeit der



    Dr. Bucher
    Beschlußfassung des Bundestages, nicht seines Zusammentritts abgestellt sei. Eine wirklich stichhaltige Begründung, warum diese Abweichung notwendig ist, ist uns bis heute noch nicht gegeben worden, und wir warten mit einigem Interesse darauf.
    Ich will nicht so weit gehen wie Herr Schäfer, der ein Zitat von Herrn Ministerpräsident Zinn gebracht hat: es könnte so aufgefaßt werden, als ob dann Hindernisse der Beschlußfassung des Bundestages entgegenstehen, wenn der Bundestag nun eben nicht wolle. Jedenfalls können wir eine Aufklärung erwarten, was der Sinn dieser doch auffallenden Abweichung sein soll.
    Auch ich halte es für möglich, daß, bevor man nun sofort dem Bundespräsidenten das Recht zur Verkündung des Ausnahmezustandes gibt, vorher noch ein kleines Gremium sozusagen dazwischengeschaltet wird. Das brauchen gar nicht die erwähnten zweimal elf Persönlichkeiten aus Bundestag und Bundesrat zu sein. Es können auch etwas weniger sein, meinetwegen ein Siebzehner-Ausschuß. Das wäre immerhin ein Mann weniger als die Bundesregierung Mitglieder zählt.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ich sehe nicht ein, warum im Falle eines Notstandes ein solcher Ausschuß sich nicht ebenso schnell sollte in Bonn oder sonst irgendwo versammeln können wie die Bundesregierung. Wenn ein Notstand wirklich aus heiterem Himmel herunterbricht, ist es für beide gleich schwierig. Wenn man aber die Sache vorher riecht, wären die Mitglieder des Ausschusses, die wissen, daß sie im Falle des Falles diese Aufgabe haben, doch sicher so verantwortungsbewußt, nicht etwa ihren Urlaub in Ländern über dem Meere zuzubringen, genauso wie es die Mitglieder der Bundesregierung auch nicht täten. Ein solcher Ausschuß wäre also durchaus praktikabel, und das ist eben das, was ich mir unter dem Prinzip vorstelle, ein Minimum an Gewaltenteilung zu erreichen.
    Ob der Bundesrat dabei eingeschaltet werden kann wie er wünscht, ist mir sehr fraglich; denn hier ,ist die Sache insofern komplizierter, als die Mitglieder des Bundesrates erst Weisungen ihrer Kabinette einholen müssen. Ich glaube, man muß auch bedenken: die Aufgabe des Bundesrates ist ja in erster Linie die Wahrung der föderalistischen Gliederung des Bundes, und ,diese Aufgabe tritt natürlich — bei allem Respekt, den wir vor ihr haben — im Falle eines Notstandes erheblich zurück. Demgegenüber ist die Aufgabe des Bundestages die Wahrung der Grundrechte, und diese bleibt auch während des Notstandes bestehen.
    Nun zu der zweiten Frage, welche Grundrechte eingeschränkt werden müssen, also wie weit der Ausnahmezustand gehen soll. Selbstverständlich soll hier das Prinzip gelten, daß die Macht des Staates möglichst wenig weit ausgedehnt werden soll und daß die Grundrechte möglichst unangetastet bleiben sollen. Natürlich kann man sich nicht der Erkenntnis entziehen, daß hier erhebliche Einschränkungen notwendig sind. Jedenfalls erscheint uns zu diesem Punkt der Vorschlag, den der Bundesrat gemacht hat, besser als der der Bundesregierung. Er geht ins einzelne, ist detaillierter und substantiierter. Man kann auch an einen Vorschlag, den Professor Eschenburg gemacht hat, denken, der einen Negativkatalog einfügen will, in dem z. B. steht, daß das Wahlgesetz oder das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht nicht angetastet werden darf. Ich halte es nicht für notwendig, eigene Bestimmungen über die Verfassungsgerichtsbarkeit in ein Notstandsgesetz hineinzusetzen. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle ergibt sich ja aus den bestehenden Gesetzen. Aber es wäre, glaube ich, den Bedenken von Herrn Schäfer auch Rechnung getragen, wenn in Form einer solchen Negativliste bestimmt würde, daß etwa das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht im Notstandsfalle nicht angetastet werden darf.
    Ich fasse zusammen. Dem Gesetz so, wie es jetzt vorliegt, könnte meine Fraktion nicht zustimmen. Wir beanstanden sehr ernsthaft die merkwürdige Bestimmung über Hindernisse für die Beschlußfassung — statt Hindernisse für das Zusammentreten — als Auslösungsgrund für die Ersatzzuständigkeit des Bundespräsidenten, und wir geben zu bedenken, ob nicht in folgenden Punkten eine Änderung getroffen werden sollte:
    Erstens: Qualifizierte Mehrheit für Verhängung des Ausnahmezustandes.
    Zweitens: Einschaltung eines eigenen parlamentarischen Gremiums, etwa nach Art des Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung, eines kleinen Notstandsparlaments.
    Drittens: Präzisere Formulierung der möglichen Einschränkung der Grundrechte.
    Viertens und fünftens — zwei Punkte, die ich nicht eigens erwähnt habe, nur in der Zusammenfassung noch erwähnen will —:
    Viertens: Man muß auch an die Möglichkeit denken, einen sachlich und örtlich beschränkten Ausnahmezustand zuzulassen, der dann allerdings nur mit qualifizierter Mehrheit durch den Bundestag beschlossen werden könnte; denn hier handelt es sich ja offensichtlich nicht um einen totalen Ausnahmezustand, und hier wären erhöhte Rechtsgarantien erforderlich.
    Fünftens: Es ist auch an den Fall zu denken — der, glaube ich, auch heute schon erwähnt wurde —, daß die Zentrale nicht aktionsfähig ist, dagegen die untergeordneten Verwaltungs- und Regierungsgliederungen in Gemeinden und Ländern, ohne daß der Ausnahmezustand bereits verkündet ist. Auch dieser Fall sollte im Gesetz geregelt werden.
    Nun, trotz all dieser Beanstandungen, die es uns, wie gesagt, unmöglich machen würden, dieser Formulierung des Gesetzes zuzustimmen, möchten wir aber doch nicht so weit gehen, wie es der Geschäftsordnungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion will, daß nämlich dieser Gesetzentwurf überhaupt von der Tagesordnung abgesetzt wird. Denn wir halten wie gesagt, die baldige Verabschiedung eines Notstandsgesetzes für erforderlich. Und wenn man betrachtet, wie der Bundesrat mit dem Gesetz ver-



    Dr. Bucher
    fahren ist, so sieht man ja: er hat das Gesetz nicht gerade freundlich behandelt, sondern praktisch einen eigenen Entwurf danebengestellt, und er hat dies — und das veranlaßt mich auch zu unserem Vorschlag — auch mit Stimmen von Ländern getan, die von der CDU regiert werden. Das veranlaßt mich doch zu der Hoffnung, daß wir, wenn auch die Regierung einen nicht geeigneten Entwurf vorgelegt hat, in der Zusammenarbeit in diesem Hause auch mit der Fraktion der CDU/CSU zu einer Lösung kommen werden, die wirklich die für die Verfassungsänderung erforderliche Mehrheit findet.
    Aus diesem Grunde stimmen wir also der Ausschußüberweisung des Entwurfs zu.

    (Beifall bei der FDP.)