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ID0311812900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 118. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1960 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des norwegischen Storting Niels Langhelle . . . . 6798 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Becker, Bausch, Kirchhoff und Frau Wolff 6791 A Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Ratzel 6792 A Zusammenstellung über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im 3. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1959 6791 B Fragestunde (Drucksache 1918) : Frage des Abg. Spies (Emmenhausen) : Fachgemäßes Einlassen von Öltanks Dr. Cartellieri, Staatssekretär 6792 B, 6793 A Spies (Emmenhausen) (CDU/CSU) . 6793 A Frage des Abg. Junghans: Eingliederung des privatisierten Volkswagenwerkes in den bundeseigenen Salzgitter-Konzern Dr. Wilhelmi, Bundesminister . . . 6793 B Frage des Abg. Leonhard: Fragebogen auf Grund des Gesetzes über eine Betriebszählung in der Land- und Forstwirtschaft Schwarz, Bundesminister 6793 C, 6794 A Leonhard (CDU/CSU) 6794 A Frage des Abg. Mischnick: Krankenversicherungsschutz der Abiturienten bis zum Beginn des Studiums Blank, Bundesminister 6794 B Frage des Abg. Dr. Arndt: Berufung von hauptamtlichen Beamten der Sozialverwaltung als ehrenamtliche Bundessozialrichter Blank, Bundesminister 6794 D Frage des Abg. Josten: Baubeginn für die Kasernenanlage in Mayen Hopf, Staatssekretär 6795 A Frage des Abg. Rehs: Dokumentation der Vertreibung Dr. Nahm, Staatssekretär . . . 6795 B, D Rehs (SPD) 6795 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 Frage des Abg. Rehs: Deutsche Vermögenswerte in den Vertreibungsgebieten Dr. Nahm, Staatssekretär 6795 D, 6796 B Rehs (SPD) 6796 A, B Frage des Abg. Dr. Mommer: Aufenthalt des SS-Führers Adolf Eichmann vor dessen Festnahme Schäffer, Bundesminister . . 6796 B, C, D Dr. Mommer (SPD) .. . . . . . 6796 C, D Frage des Abg. Dr. Menzel: Auslieferung des ehemaligen Beamten des Auswärtigen Amts Dr. Klingenfuß Schäffer, Bundesminister 6796 D, 6797 C, D Dr. Menzel (SPD) . . . . . 6797 B, D Frage des Abg. Wienand: Verfahren wegen Verdachts der Bestechung gegen Beamte Schäffer, Bundesminister 6798 A Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Hilfe für die Betriebe des Metallerzbergbaus Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6798 C Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Schutz der deutschen Verkehrsteilnehmer bei durch ausländische Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik verursachten Schäden Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6799 B Frage des Abg. Börner: Lage des nordhessischen Braunkohlenbergbaues Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6799 D, 6800 B Börner (SPD) 6800 B Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Lahn-Dill-Gebiet Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6800 C, D Jahn (Marburg) (SPD) 6800 D Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Auswirkungen des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft vom 10. Mai 1960 auf die deutsche Wirtschaft Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6801 A, B Jahn (Marburg) (SPD) 6801 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Bilder im deutschen Generalkonsulat in Istanbul Dr. von Brentano, Bundesminister . 6801 C, 6802 A Dr. Mommer (SPD) 6801 D Frage des Abg. Dr. Bucher: Autonomie Südtirols Dr. von Brentano, Bundesminister 6802 A, B Dr. Bucher (FDP) 6802 B Frage des Abg. Dr. Bucher: Äußerungen des Publizisten William S. Schlamm über Staatssekretär van Scherpenberg Dr. von Brentano, Bundesminister . 6802 C Frage des Abg. Erler: Verweigerung der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in Griechenland für deutsche Staatsangehörige Dr. von Brentano, Bundesminister 6803 A, C Erler (SPD) 6803 B Frage des Abg. Dr. Miessner: Besoldungsneuregelung im öffentlichen Dienst Dr. Anders, Staatssekretär . . . . 6803 D Dr. Miessner (FDP) 6803 D Sammelübersicht 21 ides Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 1891) . . . . . 6804 A Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland, insbesondere zu den Entwicklungsländern (Drucksache 1597) — Erste Beratung — Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6804 A, 6838 B Kalbitzer (SPD) 6807 D Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . 6812 B Dr. von Brentano, Bundesminister . 6818 C Scheel (FDP) 6821 A Metzger (SPD) . . . . . . . 6828 A Dr. Deist (SPD) . . . . 6830 A, 6845 A Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 6840 A Dr. Serres (CDU/CSU) 6846 B Schmücker (CDU/CSU) . . 6846 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Juli 1959 mit dem Großherzogtum Luxemburg (Drucksache 1831) — Erste Beratung — 6847 C Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 III Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Milch- und Fettgesetzes (Abg. Bauknecht, Bauer [Wasserburg], Struve, Dr. Krone und Fraktion der CDU/CSU, Abg. Walter, Dr. Mende und Fraktion der FDP, Abg. Logemann, Schneider [Bremerhaven] und Fraktion der DP) (Drucksache 1928) — Erste Beratung — 6847 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiete der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland (Abg. Gottesleben, BaLdauf, Draeger, Ruland, Dr. Schneider [Saarbrücken], Wilhelm, Bach u. Gen.) (Drucksache 1923). — Erste Beratung — . . . 6847 D Entwurf eines' 'Gesetzes über das Abkommen vom 17. April 1959 mit der Republik Italien betr. Londoner Abkommen zwischen den Nordatlantikvertragsstaaten über den Status ihrer Streitkräfte (Drucksache 1524); Mündlicher Bericht des Auswärt. Ausschusses (Drucksache 1885) — Zweite und dritte Beratung — . . . 6848 B Entwurf eines Gesetzes über eine Fischereistatistik (Drucksache 1626) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 1879) — Zweite und dritte Beratung 6848 C Entwurf eines Gesetzes über eine Schlachtgewichtsstatistik (Drucksache 1625) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 1878) — Zweite und dritte Beratung — Bauereisen (CDU/CSU) . . . 6848 D Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung laufender Statistiken im Handwerk sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (HwGStatG) (Drucksache 1547); Berichte des Haushalts- und des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1828, 1781, zu 1781) — Zweite und dritte Beratung Diebäcker (CDU/CSU) . . . . . 6849 B Dr. Seume (SPD) 6849 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (FDP) (Drucksache 1281) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache 1845) — Zweite Beratung — Rademacher (FDP) 6850 B Dr. Bleiß (SPD) 6850 B Schmücker (CDU/CSU) 6850 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Artikels 15 des Grundgesetzes (FDP) (Drucksache 1336) — Erste Beratung — Dr. Dehler (FDP) . . . 6851 A, 6859 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 6857 A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . . 6857 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes (SPD) (Drucksache 1871) — Erste Beratung —; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (Bundesministergesetz) (Drucksache 1131) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 6861 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6863 C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 6864 B Entwurf eines Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) (Drucksache 1683) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 6865 B Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808) — Erste Beratung — . . . . . . 6865 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1959 mit dem Königreich Afghanistan über den Luftverkehr (Drucksache 1830) — Erste Beratung — . . . 6865 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. September 1959 mit Kanada über den Luftverkehr (Drucksache 1832) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 6865 C Entwurf eines Gesetzes zur Überleitung des deutschen Weinbaues in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (Abg. Gibbert, Diel, Schlick, Leicht u. Gen.) (Drucksache 1870) — Erste Beratung — 6865 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Ladenschlußgesetzes (Abg. Horn, Scheppmann, Diebäcker, Baier [Mosbach] u. Gen.) (Drucksache 1666) — Erste Beratung —; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Abg. Odenthal, Lange [Essen], Killat [Unterbach] u. Gen.) (Drucksache 1929) — Erste Beratung — 6865 D Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr Oberländer (Drucksache 1860) Ritzel (SPD) 6865 D IV Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Rasner (Drucksache 1859) Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . . 6866 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von reichseigenen Grundstücken an das Land Berlin für den Neubau der Berliner Philharmonie; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 1677, 1858) . . . 6866 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf der ehem. Hansa-Mühle in Bremen an die Soja-Gesellschaft Bremen GmbH in Bremen; Mündlicher Berichtdes Haushaltsausschusses (Drucksachen 1657, 1857) 6866 D Nächste Sitzung 6866 D Anlagen 6867 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 6791 118. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Altmaier* 25. 6. Dr. Atzenroth 22.6. Frau Beyer (Frankfurt) 23. 6. Bruns 2. 7. Corterier* 25.6. Demanelmeier 24. 6. Dowidat 24.6. Frau Friese-Korn 22. 6. Gehring 24.6. Geiger (München) 22. 6. Horn 24.6. Jahn (Frankfurt) 2. 7. Frau Kleanmert 2. 7. Koenen (Lippstadt) 24. 6. Dr. Kreyssig 2. 7. Lenz (Brühl) 22. 6. Maier (Freiburg) 2. 7. Pelster 26. 6. Rademacher 22. 6. Rasch 25.6. Dr. Rüdel (Kiel) 26. 6. Ruhnke 26.6. Sander 2. 7. Dr. Siemer 25. 6. Dr. Steinmetz 22. 6. Striebeck 24. 6. Theil (Bremen) 25. 6. Worms 22.6. Dr. Zimmer" 25. 6. b) Urlaubsanträge Dr. Becker (Hersfeld) 2. 7. Döring (Düsseldorf) 2. 7. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dröscher 2. 7. Frau Engländer 2. 7. Dr. Greve 2. 7. Dr. Kempfler 29. 6. Köhler 2. 7. Lücker (München) * 2. 7. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 2. 7. Weinkamm* 2. 7. Frau Wessel 2. 7. Dr. Zimmermann 8. 7. *) für die Teilnahme an der gemeinsamen Tagung des Europäischen Parlaments mit der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage 2 Umdruck 667 (neu) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP, DP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung laufender Statistiken im Handwerk sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (HwGStatG) (Drucksachen 1547, 1781) . Der Bundestag wolle beschließen: § 3 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die Gaststättenstatistik (§ 1 Nr. 2) erfaßt monatlich den Umsatz sowie die Zahl der Beschäftigten." Bonn, den 22. Juni 1960 Dr. Krone und Fraktion Dr. Atzenroth Dr. Starke Dr. Mende und Fraktion Frau Kalinke und Fraktion
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    Rede von Ludwig Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Außenminister hat zur Frage der Handhabung der Entwicklungshilfe und der Art und Weise, in der sie geleistet werden soll, wie ich glaube, gute Dinge gesagt. Er hat auch zu der Frage Stellung genommen, ob bilaterale oder multilaterale Entwicklungshilfe. Er hat den richtigen Standpunkt vertreten, daß man in dieser Frage nicht dogmatisch sein darf, daß multilaterale Hilfe notwendig ist, daß aber auch bilaterale Hilfe je nach Lage des Falles nicht umgangen werden kann.
    Nun haben wir eine besondere Art multilateraler Hilfe, die durch die EWG gegeben wird, und ich glaube, wir haben Veranlassung, uns diese multilaterale Hilfe einmal etwas näher anzusehen.
    Bekanntlich hat die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft den Entwicklungsfonds geschaffen, der dazu dienen soll, den assoziierten überseeischen Gebieten soziale und wirtschaftliche Hilfe für Infrastrukturen zu leisten. Diese Hilfe wird in der Weise geboten, daß sowohl die Kommission als auch der Ministerrat tätig werden. Diese an sich multilaterale Hilfe — denn die in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinigten sechs Staaten sollen diese Hilfe ja den überseeischen Gebieten geben — ist, wenn man sie näher betrachtet, zwar auf dem Papier multilateral, in Wirklichkeit wirkt sie sich aber oft als bilaterale Hilfe aus.
    Das ist genau der Umstand, der zu dem Fall Allardt geführt hat. Dieser Fall hat ja in der letzten Zeit einiges Aufsehen erregt und einige Beunruhigung hervorgerufen. Herr Kollege Scheel hat vorhin schon auf ihn angespielt.
    Worum handelt es sich dabei? Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft soll die Hilfe aus dem Entwicklungsfonds geben, zu dem die Bundesrepublik genausoviel Geld gibt wie Frankreich und Italien, nämlich innerhalb von fünf Jahren beinahe eine Milliarde DM. Das ist zwar aufs Ganze gesehen noch kein sehr hoher Betrag. Es ist damit zu rechnen, daß, wenn von neuem über die Frage gesprochen wird, wenn die fünf Jahre abgelaufen sind, der Betrag erhöht wird, und ich halte das sogar für wünschenswert. Aber wie laufen die Dinge nun ab? Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft müßte diese Hilfe bieten. Die assoziierten Gebiete sind der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft direkt assoziiert. Als wir damals dem Vertrag zustimmten — ich habe früher schon einmal darauf verwiesen —, gingen wir davon aus, daß nicht etwa alte Kolonialpolitik der Heimatländer gegenüber den Ländern, zu denen sie besondere Beziehungen haben, fortgesetzt wird, sondern daß hier eine neue Gemeinschaft, eine neue juristische Person in objektiver Weise den überseeischen Gebieten gegenübertreten wird. Das Europäische Parlament hat immer wieder einstimmig verlangt, daß diese überseeischen Gebiete mehr und mehr als gleichberechtigte Partner in Erscheinung treten. Art. 131 des EWG-Vertrages spricht davon, daß es sich um überseeische Gebiete handelt, die in „besonderen Beziehungen" zu den Heimatländern stehen. Diese besonderen Beziehungen sind nichts anderes gewesen als eben die kolonialen Beziehungen. Unter Berufung auf diese Formulierung „besondere Beziehungen" wird von einigen Heimatländern, vor allen Dingen von Frankreich, geltend gemacht, diese assoziierten Gebiete könnten nur durch ihre Vermittlung betreut werden. Soweit die überseeischen Länder der Französischen Gemeinschaft in Frage kommen, nimmt Frankreich für sich in Anspruch, daß nicht die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft unmittelbar mit diesen Ländern verhandelt, unmittelbar die Aufträge erteilen kann, unmittelbar die Kontrolle ausübt, sondern daß das über französische Stellen gehen muß. Hier hat, wie gesagt, der Konflikt eingesetzt.
    Hier hat es sich gezeigt, daß Frankreich nicht gewillt ist, darauf zu verzichten, weiterhin seine Hände im Spiel zu haben, weiterhin diese „besonderen Beziehungen", die ja nur ein Merkmal für die Assoziierung waren, zu pflegen, sie aufrechtzuerhalten und zu verlangen, daß nur die Länder assoziiert sein könnten, die auch in Zukunft solche besonderen Beziehungen haben. So kommt es, daß eine ganze Reihe sowohl sozialer als auch wirtschaftlicher Projekte, die von Ländern aus den überseeischen Gebieten vorgelegt worden sind, seit vielen Monaten da liegen, daß die Kommission nicht in der Lage ist, diese Projekte abzuschließen und die notwendigen Aufträge zu erteilen. Von den französischen Stellen werden alle möglichen Bedingungen gestellt. Es wird z. B. die Bedingung gestellt, daß die Unternehmungen, die bei diesen Objekten in den überseeischen Gebieten tätig werden, französische Unternehmungen sind. Wenn das nicht der Fall ist, wird verlangt, daß die Unternehmungen aus den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft mindestens mit einem französischen Unternehmen assoziiert sind.
    Wir sehen also zwar multilaterale Entwicklungshilfe, aber in der Praxis, im Effekt ist es bilaterale Entwicklungshilfe. Frankreich tritt dann praktisch auch als der Geber in Erscheinung. Das hat sehr weittragende Folgen gehabt.
    Das haben wir zum erstenmal im Falle Guinea gesehen. Guinea hatte die Möglichkeit, sich bei der Volksabstimmung zu entscheiden, ob es zur Französischen Gemeinschaft gehören oder ob es souverän werden wollte. Frankreich selbst hatte Guinea diese Möglichkeit gegeben. Die Guinesen haben von der Möglichkeit, souverän zu werden, Gebrauch gemacht. Das Ergebnis: Frankreich hat sich sofort zurückgezogen und hat bis zum letzten Federhalter alles aus dem Land herausgeholt, was in dieses Land einmal von französischer Seite eingebracht worden war. Das hatte zur Folge, daß dieses Land Guinea in eine große Krise gekommen ist und daß es die Hilfe da genommen hat, wo es sie bekommen konnte. Auch hier hatte Frankreich darauf bestanden, daß besondere Beziehungen aufrechterhalten werden und daß ein Land, das diese besonderen Beziehungen nicht mehr wünscht, also souverän wird, dafür bestraft wird.
    Wir brauchen uns nur einmal die französische Presse selbst anzusehen. Darin wird auch einiges Kritische dazu gesagt. „Le Monde" z. B. hat in einem Artikel vom 27. Mai dieses Jahres gesagt, die guinesischen Führer, die für die Souveränität ge-
    Deutscher Bundestag —. 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 6829
    Metzger
    fochten hätten, hätten zu gleicher Zeit zum Ausdruck gebracht, daß die Souveränität keinen Bruch mit Frankreich bedeuten solle. Sie hatten also gar nicht die Absicht, mit Frankreich zu brechen, sondern wollten freundschaftliche Beziehungen unterhalten. Aber dann heißt es in dem Artikel weiter — es ist ein wenig verklausuliert ausgedrückt, aber es ist klar, was gemeint ist —: „Es fiel Frankreich natürlich sehr schwer, diejenigen seiner ehemaligen Besitzungen, die ihm die Treue bewahrt haben, und diejenigen, die sich von ihm trennten" — diejenigen, die nicht souverän werden wollten, haben die Treue bewahrt; das ist auch eine bezeichnende Einstellung —, „gleichzubehandeln. Es handelt sich hier mehr um Verletzungen des Ehrgefühls." Das ist eben das Bedenkliche, daß diese Dinge, die im Rahmen der Entwicklungshilfe der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft behandelt werden, vom Standpunkt des Ehrgefühls, vom Standpunkt des Prestiges beurteilt werden. Wenn man das tut, macht man notwendigerweise schwere politische Fehler. Diese Fehler sind bei Guinea gemacht worden, und sie werden weiterhin gemacht.
    Kamerun, das jetzt souverän geworden ist, hat seine Verbindungen zur EWG aufrechterhalten, aber auch unter der Bedingung, daß Frankreich weiterhin die Vermittlung übernimmt. Nun ist Togo souverän geworden, und Togo will diese französische Vermittlung nicht. Es geht jetzt um die Frage, in welcher Weise Togo assoziiert sein soll. Togo wünscht nämlich die Assoziierung. Was sagt man nun bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere bei der Kommission, die da völlig im französischen Fahrwasser schwimmt? Man sagt: Wenn die besonderen Beziehungen nicht bestehen, kann die Assoziierung, wie sie in Art. 131 des Vertrags vorgesehen ist, nicht aufrechterhalten werden; dann muß ein neuer Assoziierungsvertrag nach Art. 238 geschlossen werden, — ein Vertrag, der von jedem Land, nicht nur von überseeischen Gebieten, geschlossen werden kann. Aber was ist die Folge eines solchen neuen Vertrages? Ein Land, das einen solchen Vertrag schließt, geht der Rechte verlustig, die mit dem Entwicklungsfonds verbunden sind. Wenn es weiterhin Hilfe haben will, setzt es sich der Gefahr aus, daß man ihm Bedingungen stellt, und da ja im Ministerrat der EWG Beschlüsse nur einstimmig gefaßt werden können, kann bereits e i n Land seine Bedingungen geltend machen. Offenbar geht es jetzt auch bei Togo wieder darum. Togo möchte die Assoziierung und hat wohl den Antrag gestellt, einen neuen Assoziierungsvertrag zu schließen. Man hat in der Kommission der EWG offensichtlich Togo nicht darauf hingewiesen, daß es als souveräner Staat mit allen Freiheiten eines souveränen Partners assoziiert bleiben kann und daß dabei die Rechte aus dem Entwicklungsfonds aufrechterhalten werden können.
    Alles das sind Dinge, die im Schwange sind und die mit dazu geführt haben, daß der deutsche Botschafter Allardt, der Generaldirektor der Abteilung Überseeische Gebiete, seinen Rücktritt erklärt hat bzw. nach Bonn zurückkehren will. Nun hat die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ein Dementi vorgelegt. Sie hat erklärt, innerhalb der Kommission gebe es überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten, insbesondere keine politischen Gegensätze. Das hört sich ausgezeichnet an. Aber dieses Dementi beweist, daß man Herrn Allardt alleingelassen hat. Denn die Mitglieder der Kommission sind diejenigen, die so etwas wie die Regierung bilden; Herr Allardt ist zwar einer der höchsten Beamten, aber nicht Mitglied der Kommission. Wenn Herr Hallstein und andere sich mit der Kommission und ihrem Vorgehen solidarisch erklärt haben, haben sie Herrn Allardt, der eine möglichst beschleunigte Behandlung der Zuteilung aus dem Entwicklungsfonds und möglichst bald eine Verselbständigung der assoziierten Gebiete mit gleicher Partnerschaft erreichen wollte, alleingelassen. Das ist außerordentlich bedenklich. Ich begrüße alles das, was sowohl vom Herrn Wirtschaftsminister, als auch insbesondere das, was vorhin vom Herrn Außenminister in bezug auf die Entwicklungshilfe gesagt worden ist. Aber hier haben wir ein Beispiel, wie Theorie und Praxis aussehen können. Ich bin noch nicht geneigt, der deutschen Regierung Vorwürfe zu machen. Ich weiß nicht, welche Rolle sie dabei gespielt hat. Aber eines steht fest: hier liegen Probleme, um die sich der Ministerrat kümmern muß, um die sich also auch das deutsche Mitglied des Ministerrates kümmern muß. Hier muß auch einmal bei der Kommission nach dem Rechten gesehen werden.
    Leisten wir in der jetzt praktizierten Weise Entwicklungshilfe, erreichen wir das genaue Gegenteil von dem, was hier in schönen und guten Worten ausgeführt worden ist. Dann werden wir keine Freunde erwerben, dann werden wir notwendigerweise Mißtrauen säen. Wir müssen dazu beitragen, daß nicht, und wenn noch so versteckt, ein Neokolonialismus entsteht. Wir müssen dazu helfen, daß ein wirkliches Partnerschaftsverhältnis zwischen den europäischen und den überseeischen Ländern entsteht. Was im Augenblick geschieht, ist, wie gesagt, nicht dazu angetan, das zu erreichen.
    Ich glaube, wir haben gerade auch bei dieser Debatte Veranlassung, die Regierung sehr eindringlich auf diese Probleme hinzuweisen. Ich möchte mich dem anschließen, was Herr Scheel gesagt hat. Ich weiß nicht, ob die Regierung eine sehr glückliche Hand gehabt hat, als sie den Nachfolger für Herrn Allardt gewählt hat. Ich will gar nicht wiederholen, was Herr Scheel ausgeführt hat; es ist meines Erachtens überzeugend. Auch in der Art, wie man Personen auswählt, in der Art, wie man Personen solche heiklen und so außerordentlich diffizilen Aufgaben überträgt, zeigt sich, wie man Entwicklungshilfe leisten will. Auch da kann man die Regierung nur bitten: Überlegen Sie sich genau, was Sie tun, auch in personeller Beziehung! Helfen Sie, daß Leute wie Allardt, die in der Kommission ihren Mann stehen wollen, nicht allein gelassen werden! Helfen Sie, daß diese Leute ihre Aufgabe nach dem Buchstaben und nach dem Sinn des Vertrages wirklich erfüllen können! Bis jetzt ist Herr Allardt von der Kommission und auch vom Ministerrat allein gelassen worden; denn bis jetzt hat der Ministerrat nicht eingegriffen.



    Metzger
    Bei der Entwicklungshilfe müssen wir an die praktischen Möglichkeiten denken, die bereits gegeben sind. Wir haben eine sehr wichtige praktische Möglichkeit in der EWG. Hoffentlich wird diese Möglichkeit in Zukunft so genutzt, daß das erreicht werden kann, was von der Regierungsbank und von allen Sprechern im Bundestag als das Ziel angegeben worden ist.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Deist.

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    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Es ist, wenn ich recht sehe, das erstemal, daß sich dieser Bundestag an Hand einer Vorlage der Bundesregierung in größerem Umfange grundsätzlich mit den Problemen der Entwicklungspolitik auseinandersetzen kann. Wir haben in der Vergangenheit mehrere Interventionen vom Parlament aus, meist von seiten der Sozialdemokratie gehabt, die sich mit Entwicklungsproblemen befaßt haben. Dagegen haben wir bisher keine Gelegenheit gehabt und keine Gelegenheit genommen, dieses entscheidende, ich möchte sagen, weltpolitische Problem in aller Breite zu behandeln.
    Ich frage mich, ob das, was die Bundesregierung heute an Vorschlägen — ich scheue mich, zu sagen: an Konzept — einer Entwicklungspolitik vorgelegt hat, der Bedeutung einer solchen Aussprache entspricht. Ich frage mich insbesondere, ob nicht das lange Zögern, einmal vor der Öffentlichkeit die Grundlagen der Entwicklungspolitik der Bundesregierung darzulegen, allein schon ein negatives Urteil über die deutsche Aktivität auf diesem Gebiete rechtfertigt. Höre ich mir dann an, was uns heute bei der ersten Gelegenheit, die die Bundesregierung sich selbst zur Darlegung der Entwicklungspolitik geschaffen hat, der Herr Bundeswirtschaftsminister gesagt hat, dann kommt mich ein etwas sorgenvolles Gefühl an.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sehr zutreffend auf die Bedeutung der Probleme hingewiesen, die auf uns zukommen. Ich frage mich aber, ob es richtig ist, eine solche Darlegung mit der Bemerkung abzuschließen: Wir werden auch dafür Opfer bringen müssen, und über diese Opfer müssen wir uns demnächst einmal unterhalten. Wo ist eigentlich die Gelegenheit gegeben, zu sagen, welche Opfer und in welcher Form sie gebracht werden sollen und wie die großen Aufgaben der Entwicklungshilfe durchgeführt werden sollen, wenn nicht in dieser Debatte vor diesem Parlament? Und dann stehen wir doch auch 14 Tage vor der nächsten Tagung der Neuner-Gruppe für Entwicklungshilfe, die ja auch nicht ohne Vorbedacht in Deutschland stattfindet. Ich meine, die Bundesregierung muß in einer solchen Debatte, wenn sie auf die Bedeutung der Aufgaben und die Größe der Opfer, die verlangt werden, hinweist, wenigstens einiges darüber sagen, wie sie diese Opfer aufbringen will, wie sie die Kosten einer solchen Entwicklungshilfe bestreiten will.
    Ich habe dann den Vertreter der CDU/CSU-Fraktion aufmerksam angehört, der auch sehr deutlich auf die Bedeutung des Problems hingewiesen hat und der sogar von einem alarmierenden Zustand gesprochen hat. Er hat die Größe des Problems dargestellt, und zum Schluß ist auch nur das Bekenntnis zu Opfern übriggeblieben, wobei hinzugefügt worden ist, man müsse aber darauf achten, daß organisch und nicht zu überstürzt vorgegangen werde. Das ist alles richtig, aber das sind doch Anzeichen dafür, daß gewisse Hemmungen bestehen, Opfer auf sich zu nehmen, die in dieser weltpolitischen Situation erforderlich sind.
    Wenn ich dann noch den Herrn Kollegen Scheel zitieren darf, der mit seinen Worten meinte andeuten zu müssen, wir seien eigentlich ein kapitalarmes Land, und man solle sich hüten, allzu große Kapitalansprüche an uns zu stellen, dann ist das Bild abgerundet.
    Es ist doch eine gespenstische Situation zwischen der Darstellung der Größe des Problems, der Betonung, daß das deutsche Volk Opfer bringen muß, auf der einen Seite und dem Vakuum und den zurückhaltenden Bemerkungen auf der anderen Seite, wenn es darum geht, wie die Finanzierung dieser Aufgaben vor sich gehen soll.

    (Abg. Kalbitzer: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!)

    Ich habe den Eindruck, daß gerade wegen der Art, wie diese Fragen auch von offizieller Seite bei uns in Deutschland behandelt werden, in ganz Deutschland oder in weiten Kreisen Deutschlands die Bedeutung dieses Problems und seine Tragweite überhaupt nicht erkannt werden.
    Darum möchte ich wenigstens einige Fakten nennen, um denen, die nicht bereit sind, zu sehen, welche Probleme hier auftauchen, zu Gemüte zu führen, was hier eigentlich vor sich geht. Meine Damen und Herren, ein paar Zahlen: In den Entwicklungsländern leben 2 Milliarden Menschen in unvorstellbarer Not und in unvorstellbarem Elend. Das heißt: Zwei Drittel der gesamten Bevölkerung der Erde hungern. Das sollte man sich einmal vor Augen halten. Darüber kann man nicht mit einigen Bemerkungen über die Bedeutung des Problems hinweggehen.
    Ein Zweites! Jährlich sterben nach den Feststellungen der UNO in der Welt 35 bis 40 Millionen Menschen an Unterernährung und ihren Folgen. Diese Zahl entspricht fast der derzeitigen Bevölkerung der Bundesrepublik.
    Als drittes darf ich hinzufügen, daß nach den Feststellungen der UNESCO 45 Prozent der Menschheit weder lesen noch schreiben können und daß diese überwiegend in den Entwicklungsländern wohnen. In so wichtigen, großen Ländern wie Indien und Indonesien müssen wir feststellen, daß nur 20 Prozent der Menschen lesen und schreiben können. Zu der Not, dem Elend und der Krankheit kommt also die Unwissenheit.
    Dazu kommt ferner ein Tatbestand, den man nicht deutlich genug unterstreichen kann: die Bevölke-



    Dr. Deist
    rungsentwicklung, die mit einer solchen Geschwindigkeit vor sich geht, daß die Sachverständigen von einer Bevölkerungsexplosion sprechen. Man muß sich einmal vergegenwärtigen, was es bedeutet, daß wir in Afrika und Asien heute eine Bevölkerung von 1,2 Milliarden Menschen zählen und daß diese Bevölkerung in 40 Jahren, bis zum Jahre 2000, auf 4,5 Milliarden angewachsen sein wird, d. h. um 150 % gestiegen sein wird, während in den europäischen Staaten und in den USA heute etwa 800 Millionen Menschen wohnen, die auf 1,2 Milliarden anwachsen werden, deren Zahl sich also nur um 50 % erhöhen wird. Daran sieht man den Explosivstoff, der in diesen Gebieten liegt. Daraus müßte man doch entnehmen, daß man eine solche Aufgabe in ihrer Problematik und ihren Konsequenzen, die sie von uns fordert, ganz anders behandeln müßte, als es zur Zeit geschieht.
    Lassen Sie mich auch über diese Aufgabe ein paar Worte sagen. Ein großer Teil dieser Länder lebte bis vor kurzem in feudalistischen Verhältnissen, ein Teil davon in geradezu archaischen Zuständen. Herr Kollege Birrenbach, Sie haben ein großes Wort gelassen ausgesprochen. Sie haben gesagt, diese Länder können nicht in zehn Jahren das durchführen, wozu andere Länder 100 Jahre gebraucht haben. Herr Kollege Birrenbach, diese Länder müssen in zehn Jahren das durchführen, wozu andere Länder 100 Jahre gebraucht haben, und der Industrialisierungsprozeß, der in den alten europäischen Staaten und in den USA einen Zeitraum von etwa 2- bis 300 Jahren erforderte, muß dort in 20 bis 30 Jahren durchgeführt werden.

    (Abg. Dr. Birrenbach: Das ist doch etwas ganz anderes als 10!)

    Diese Länder haben keine Zeit.
    Man sollte. sich folgendes klarmachen: Diese Länder befanden sich jahrhundertelang in Not und Elend, und sie führen es — zu einem großen Teil mit Recht — auf die Kolonialzeit zurück. Die nationale Befreiung liegt bei allen diesen Ländern weniger als 15 Jahre zurück. Daran sieht man das Tempo der Entwicklung, das in den Entwicklungsländern Platz gegriffen hat. Alle diese großen Staaten wie Indonesien, Indien, Pakistan, auch China haben praktisch ihre Selbständigkeit erst in den letzten 15 Jahren erreicht. Sie haben vor Augen, wie der Wohlstand in den europäischen Staaten aussieht, und sie haben zum anderen vor Augen die ungeheuren Anstrengungen und verhältnismäßig großen Erfolge, die unter kommunistischen Vorzeichen im Zentrum Asiens, nämlich in China, vor sich gehen. Für diese Länder ist nationale Befreiung, ist Freiheit identisch mit der Verbesserung ihrer sozialen Verhältnisse. Die Entwicklung der gesamten Wirtschaft in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahrzehnten ist eine ungeheure, ist eine gigantische Aufgabe.