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ID0311810700

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    Deutscher Bundestag 118. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1960 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des norwegischen Storting Niels Langhelle . . . . 6798 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Becker, Bausch, Kirchhoff und Frau Wolff 6791 A Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Ratzel 6792 A Zusammenstellung über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im 3. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1959 6791 B Fragestunde (Drucksache 1918) : Frage des Abg. Spies (Emmenhausen) : Fachgemäßes Einlassen von Öltanks Dr. Cartellieri, Staatssekretär 6792 B, 6793 A Spies (Emmenhausen) (CDU/CSU) . 6793 A Frage des Abg. Junghans: Eingliederung des privatisierten Volkswagenwerkes in den bundeseigenen Salzgitter-Konzern Dr. Wilhelmi, Bundesminister . . . 6793 B Frage des Abg. Leonhard: Fragebogen auf Grund des Gesetzes über eine Betriebszählung in der Land- und Forstwirtschaft Schwarz, Bundesminister 6793 C, 6794 A Leonhard (CDU/CSU) 6794 A Frage des Abg. Mischnick: Krankenversicherungsschutz der Abiturienten bis zum Beginn des Studiums Blank, Bundesminister 6794 B Frage des Abg. Dr. Arndt: Berufung von hauptamtlichen Beamten der Sozialverwaltung als ehrenamtliche Bundessozialrichter Blank, Bundesminister 6794 D Frage des Abg. Josten: Baubeginn für die Kasernenanlage in Mayen Hopf, Staatssekretär 6795 A Frage des Abg. Rehs: Dokumentation der Vertreibung Dr. Nahm, Staatssekretär . . . 6795 B, D Rehs (SPD) 6795 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 Frage des Abg. Rehs: Deutsche Vermögenswerte in den Vertreibungsgebieten Dr. Nahm, Staatssekretär 6795 D, 6796 B Rehs (SPD) 6796 A, B Frage des Abg. Dr. Mommer: Aufenthalt des SS-Führers Adolf Eichmann vor dessen Festnahme Schäffer, Bundesminister . . 6796 B, C, D Dr. Mommer (SPD) .. . . . . . 6796 C, D Frage des Abg. Dr. Menzel: Auslieferung des ehemaligen Beamten des Auswärtigen Amts Dr. Klingenfuß Schäffer, Bundesminister 6796 D, 6797 C, D Dr. Menzel (SPD) . . . . . 6797 B, D Frage des Abg. Wienand: Verfahren wegen Verdachts der Bestechung gegen Beamte Schäffer, Bundesminister 6798 A Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Hilfe für die Betriebe des Metallerzbergbaus Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6798 C Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Schutz der deutschen Verkehrsteilnehmer bei durch ausländische Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik verursachten Schäden Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6799 B Frage des Abg. Börner: Lage des nordhessischen Braunkohlenbergbaues Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6799 D, 6800 B Börner (SPD) 6800 B Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Lahn-Dill-Gebiet Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6800 C, D Jahn (Marburg) (SPD) 6800 D Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Auswirkungen des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft vom 10. Mai 1960 auf die deutsche Wirtschaft Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6801 A, B Jahn (Marburg) (SPD) 6801 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Bilder im deutschen Generalkonsulat in Istanbul Dr. von Brentano, Bundesminister . 6801 C, 6802 A Dr. Mommer (SPD) 6801 D Frage des Abg. Dr. Bucher: Autonomie Südtirols Dr. von Brentano, Bundesminister 6802 A, B Dr. Bucher (FDP) 6802 B Frage des Abg. Dr. Bucher: Äußerungen des Publizisten William S. Schlamm über Staatssekretär van Scherpenberg Dr. von Brentano, Bundesminister . 6802 C Frage des Abg. Erler: Verweigerung der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in Griechenland für deutsche Staatsangehörige Dr. von Brentano, Bundesminister 6803 A, C Erler (SPD) 6803 B Frage des Abg. Dr. Miessner: Besoldungsneuregelung im öffentlichen Dienst Dr. Anders, Staatssekretär . . . . 6803 D Dr. Miessner (FDP) 6803 D Sammelübersicht 21 ides Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 1891) . . . . . 6804 A Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland, insbesondere zu den Entwicklungsländern (Drucksache 1597) — Erste Beratung — Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6804 A, 6838 B Kalbitzer (SPD) 6807 D Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . 6812 B Dr. von Brentano, Bundesminister . 6818 C Scheel (FDP) 6821 A Metzger (SPD) . . . . . . . 6828 A Dr. Deist (SPD) . . . . 6830 A, 6845 A Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 6840 A Dr. Serres (CDU/CSU) 6846 B Schmücker (CDU/CSU) . . 6846 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Juli 1959 mit dem Großherzogtum Luxemburg (Drucksache 1831) — Erste Beratung — 6847 C Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 III Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Milch- und Fettgesetzes (Abg. Bauknecht, Bauer [Wasserburg], Struve, Dr. Krone und Fraktion der CDU/CSU, Abg. Walter, Dr. Mende und Fraktion der FDP, Abg. Logemann, Schneider [Bremerhaven] und Fraktion der DP) (Drucksache 1928) — Erste Beratung — 6847 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiete der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland (Abg. Gottesleben, BaLdauf, Draeger, Ruland, Dr. Schneider [Saarbrücken], Wilhelm, Bach u. Gen.) (Drucksache 1923). — Erste Beratung — . . . 6847 D Entwurf eines' 'Gesetzes über das Abkommen vom 17. April 1959 mit der Republik Italien betr. Londoner Abkommen zwischen den Nordatlantikvertragsstaaten über den Status ihrer Streitkräfte (Drucksache 1524); Mündlicher Bericht des Auswärt. Ausschusses (Drucksache 1885) — Zweite und dritte Beratung — . . . 6848 B Entwurf eines Gesetzes über eine Fischereistatistik (Drucksache 1626) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 1879) — Zweite und dritte Beratung 6848 C Entwurf eines Gesetzes über eine Schlachtgewichtsstatistik (Drucksache 1625) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 1878) — Zweite und dritte Beratung — Bauereisen (CDU/CSU) . . . 6848 D Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung laufender Statistiken im Handwerk sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (HwGStatG) (Drucksache 1547); Berichte des Haushalts- und des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1828, 1781, zu 1781) — Zweite und dritte Beratung Diebäcker (CDU/CSU) . . . . . 6849 B Dr. Seume (SPD) 6849 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (FDP) (Drucksache 1281) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache 1845) — Zweite Beratung — Rademacher (FDP) 6850 B Dr. Bleiß (SPD) 6850 B Schmücker (CDU/CSU) 6850 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Artikels 15 des Grundgesetzes (FDP) (Drucksache 1336) — Erste Beratung — Dr. Dehler (FDP) . . . 6851 A, 6859 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 6857 A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . . 6857 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes (SPD) (Drucksache 1871) — Erste Beratung —; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (Bundesministergesetz) (Drucksache 1131) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 6861 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6863 C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 6864 B Entwurf eines Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) (Drucksache 1683) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 6865 B Entwurf eines Gesetzes über Statistiken der Rohstoff- und Produktionswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige (Drucksache 1808) — Erste Beratung — . . . . . . 6865 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1959 mit dem Königreich Afghanistan über den Luftverkehr (Drucksache 1830) — Erste Beratung — . . . 6865 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. September 1959 mit Kanada über den Luftverkehr (Drucksache 1832) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 6865 C Entwurf eines Gesetzes zur Überleitung des deutschen Weinbaues in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (Abg. Gibbert, Diel, Schlick, Leicht u. Gen.) (Drucksache 1870) — Erste Beratung — 6865 C Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Ladenschlußgesetzes (Abg. Horn, Scheppmann, Diebäcker, Baier [Mosbach] u. Gen.) (Drucksache 1666) — Erste Beratung —; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß (Abg. Odenthal, Lange [Essen], Killat [Unterbach] u. Gen.) (Drucksache 1929) — Erste Beratung — 6865 D Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr Oberländer (Drucksache 1860) Ritzel (SPD) 6865 D IV Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Rasner (Drucksache 1859) Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . . 6866 B Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von reichseigenen Grundstücken an das Land Berlin für den Neubau der Berliner Philharmonie; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 1677, 1858) . . . 6866 C Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Verkauf der ehem. Hansa-Mühle in Bremen an die Soja-Gesellschaft Bremen GmbH in Bremen; Mündlicher Berichtdes Haushaltsausschusses (Drucksachen 1657, 1857) 6866 D Nächste Sitzung 6866 D Anlagen 6867 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1960 6791 118. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Altmaier* 25. 6. Dr. Atzenroth 22.6. Frau Beyer (Frankfurt) 23. 6. Bruns 2. 7. Corterier* 25.6. Demanelmeier 24. 6. Dowidat 24.6. Frau Friese-Korn 22. 6. Gehring 24.6. Geiger (München) 22. 6. Horn 24.6. Jahn (Frankfurt) 2. 7. Frau Kleanmert 2. 7. Koenen (Lippstadt) 24. 6. Dr. Kreyssig 2. 7. Lenz (Brühl) 22. 6. Maier (Freiburg) 2. 7. Pelster 26. 6. Rademacher 22. 6. Rasch 25.6. Dr. Rüdel (Kiel) 26. 6. Ruhnke 26.6. Sander 2. 7. Dr. Siemer 25. 6. Dr. Steinmetz 22. 6. Striebeck 24. 6. Theil (Bremen) 25. 6. Worms 22.6. Dr. Zimmer" 25. 6. b) Urlaubsanträge Dr. Becker (Hersfeld) 2. 7. Döring (Düsseldorf) 2. 7. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dröscher 2. 7. Frau Engländer 2. 7. Dr. Greve 2. 7. Dr. Kempfler 29. 6. Köhler 2. 7. Lücker (München) * 2. 7. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 2. 7. Weinkamm* 2. 7. Frau Wessel 2. 7. Dr. Zimmermann 8. 7. *) für die Teilnahme an der gemeinsamen Tagung des Europäischen Parlaments mit der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage 2 Umdruck 667 (neu) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP, DP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung laufender Statistiken im Handwerk sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (HwGStatG) (Drucksachen 1547, 1781) . Der Bundestag wolle beschließen: § 3 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die Gaststättenstatistik (§ 1 Nr. 2) erfaßt monatlich den Umsatz sowie die Zahl der Beschäftigten." Bonn, den 22. Juni 1960 Dr. Krone und Fraktion Dr. Atzenroth Dr. Starke Dr. Mende und Fraktion Frau Kalinke und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    (der Entwicklungsländer auseinanderzusetzen haben. Heute wird ein Gesetzentwurf zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland, insbesondere zu den Entwicklungsländern, vorgelegt. Es geht darum, das Verfahren von Garantien und Bürgschaften, das in der Bundesrepublik entwickelt worden ist, nunmehr zu systematisieren und zu einer auf die Dauer gedachten Einrichtung zusammenzufassen. Zugleich soll die Kreditanstalt für Wiederaufbau die zusätzliche Funktion Meine Damen und Herren! Ich begrüße es, daß bei dieser Gelegenheit in einer Grundsatzdebatte das Problem der Entwicklungshilfe erörtert wird. Denn alle Weilt fordert von uns auf diesem Gebiete eine stärkere Aktivität: nicht nur die Länder, die sich bisher schon aktiv zugunsten der Entwicklungsländer betätigt haben, vor allem .auch die Entwicklungsländer selbst, die nicht mehr in Armut, Not und Verzweiflung verharren wollen, sondern, um sich daraus zu befreien, unserer Hilfe bedürfen. Man wird bei der Beurteilung des Problems berücksichtigen müssen, daß die Entwicklungsländer im wesentlichen eine betont agrarwirtschaftliche Struktur haben bzw. die landwirtschaftliche Erzeugung den Hauptteil der menschlichen Beschäftigung überhaupt ausmacht, während die gewerbliche Wirtschaft demgegenüber nur in geringem Maße in Erscheinung tritt und auch unterentwickelt ist. Ich bin wohl der Meinung, daß es wichtig ist, die Produktivität der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern zu steigern. Man wird damit zwar ,erreichen können, daß die Menschen etwas satter werden, aber das eigentliche soziale Problem ist auf solche Weisse nicht zu lösen. Wir müssen damit einverstanden sein, ja, wir müssen sogar jene Bestrebungen fördern, die zum Ziele haben, daß die Entwicklungsländer in zunehmendem Maße auch die eigene Industrialisierung betreiben. Denn eine der wesentlichen Schwierigkeiten der Entwicklungsländer beruht darauf, daß sie meistens Züge einer Monokultur aufweisen oder daß zumindest die Palette der Güter, die für den Volkswohlstand entscheidend sind, zu schmal ist, um nicht den Zufälligkeiten und Widrigkeiten des Weltmarktes ausgeliefert zu sein. Ich darf darauf hinweisen, daß mit dem Verfall der Rohstoffpreise in den letzten Jahren die Verluste in den Entwicklungsländern allenthalben das aufwiegen, was ihnen von den hochentwickelten Industriestaaten an Hilfe gegeben worden ist. Im Augenblick sind Bestrebungen im Gange, bei den Ausfuhren von Rohstoffen ein höheres Maß an Stabilität sowohl hinsichtlich der Menge als auch der Preise zu erreichen. Es ist noch verfrüht, hier über die Ergebnisse der Studienkommissionen zu berichten. Das Problem wird also gesehen. Wir müssen von dem Phänomen ausgehen, daß in der Welt ungefähr eine Milliarde Menschen nur über ein Einkommen von weniger als 100 Dollar im Jahr verfügen. In Indien, also für rund 400 Millionen Menschen, beträgt das Einkommen pro Kopf der Bevölkerung im Jahr rund 65 Dollar. Unsere Phantasie reicht kaum aus, um sich vorzustellen, was das bedeutet. Nur bei denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die selbst Gelegenheit hatten, Entwicklungsländer zu besuchen, kann auf Grund ihrer unmittelbaren Eindrücke eine stärkere Aufgeschlossenheit für die Wichtigkeit dieses Problems erwartet wenden. Es ist selbstverständlich, daß wir ohne die Berücksichtigung der gesellschaftlichen, der geistig-seelischen und kulturellen Struktur dieser Länder ihren Anliegen, Wünschen und Vorstellungen nicht gerecht werden können. Wir können kaum erwarten, daß ihr Streben nach materieller Besserstellung zu einem Überbordwerfen uralter Tradition, lebendiger Kulturen und anderer Bindungen führen wird. Auf der anderen Seite wird man allerdings auch nicht leugnen können, daß die Entwicklung, insbesondere die stärkere Teilnahme am technischen Fortschritt und an der Zivilisation am Ende doch Rückwirkungen auf die gesellschaftspolitische Struktur und Veränderungen der traditionellen Werte auslösen wind. Die Welt ist in Bewegung geraten, Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard nicht zuletzt gerade im Bereich der Entwicklungsländer. Wir müssen auch damit rechnen, daß diese Länder, die heute generell „Entwicklungsländer" genannt werden, ohne daß der Ausdruck eine absolute Aussage über die im einzelnen sehr differenzierten Verhältnisse zuläßt, es einfach nicht mehr ertragen, in der Armut zu verharren und sich mit dem Blick auf die hochentwickelten Industriestaaten damit abzufinden, daß das eben eine gottgewollte Ordnung sei. Sie glauben, neben ihren eigenen Anstrengungen auch einen sittlichen Anspruch darauf zu haben, daß ihnen geholfen wird. Ich selbst meine, daß dieses Anliegen gerechtfertigt ist und daß wir ihm zu entsprechen haben; denn es ist nicht allein das Verdienst der Lebenden unter uns, daß es uns gut geht und wir im Wohlstand leben dürfen, so wenig es ¡die Schuld der Lebenden in jenen Ländern ist, daß sie noch in der Armut verharren müssen. Vergessen wir nicht, daß dieses Brachliegen der menschlichen Arbeitskraft und der sachlichen Energien natürlich auch politische Gefahren auslöst. Wenn wir von der Verteidigung unserer Sicherheit und unserer Freiheit sprechen, müssen wir neben den Anstrengungen auf dem Verteidigungsgebiet auch die Sicherung und die Befriedung der Welt mit einbeziehen, und dazu eben gehört die Hilfe für die Entwicklungsländer. Sonst müßten wir immerhin .gewärtig sein, daß diese latente Gefahr zu unheilvollen Eruptionen führen könnte. Es ist schon, auch politisch gesehen, von ausschlaggebender Bedeutung, ob wir darauf vertrauen können, daß sich die in Bewegung und in Erregung geratenen Völker zu den Prinzipien der freien Welt bekennen, oder ob sie der Anarchie, der Scheinoder besser .der Unordnung totalitärer Diktaturen verfallen. Ja, es ist eine geschichtliche Aufgabe des Westens, jenen Ländern zu helfen, sich im Rahmen einer freiheitlichen Wirtschaftsund Sozialordnung aus Not und Armut zu befreien. Man wird selbstverständlich auf die Dauer nur demjenigen helfen können, der bereit und willens ist, sich selbst zu helfen. So möchte ich jeden Beitrag, den wir für Entwicklungsländer leisten, als eine Hilfe zur Selbsthilfe betrachtet wissen. Ich möchte insbesondere auf der geistig-seelischen Ebene eine Haltung bezeugt wissen, die uns mit Recht von einer echten Partnerschaft zwischen den Entwicklungsländern und den entwickelten Industriestaaten sprechen läßt. Es gehört noch mehr dazu. Wir müssen selbstverständlich auch in der Gestaltung unserer Handelspolitik Prinzipien anwenden, die den Entwicklungsländern auf organischem Wege so weit als möglich zu helfen geeignet sind. Das ist ja ein Problem, mit dem wir uns auch in Deutschland in letzter Zeit mannigfach auseinanderzusetzen hatten. Sind wir angesichts der Notwendigkeit der Entwicklungsländer, die Industrialisierung zu verstärken, willens, deren Industrieprodukte zunehmend bei uns aufzunehmen, oder glauben wir, in protektionistischer Denkweise solche Güter — auf welchem Gebiet auch immer — abwehren zu sollen? Meine persönliche Überzeugung geht dahin, daß die Industrialisierung der Entwicklungsländer selbstverständlich auch Strukturänderungen bei uns auslösen muß, daß wir in der weiteren Entwicklung auf gewisse einfache Fertigungen verzichten müssen, um so mehr, als ja mit zunehmendem Wohlstand der Völker ein immer breiterer Raum für kochentwickelte Fertigungen gegeben sein wird. Um den Entwicklungsländern zu einer fruchtbaren Industrialisierung zu verhelfen, bedarf es neben einer liberalen Handelspolitik vor allen Dingen auch eines Opfers in Gestalt einer finanziellen Hilfe. Sehr gut bewährt und gelohnt hat sich die technische Hilfe, die wir den Entwicklungsländern haben zuteil werden lassen. Die Vermittlung des „Know how", d. h. der technischen Kenntnisse für die Behandlung moderner Apparaturen, gehört selbstverständlich zu den Voraussetzungen für die Entwicklung der eigenen Produktivkräfte. Ich brauche dieses Thema kaum zu vertiefen, weil jeder Mensch eine genaue Vorstellung von dem hat, was technische Hilfe ist und auf welches Gebiet sie sich erstrecken wird. Die Entwicklungshilfe hat verschiedene Aspekte. Ich habe schon den rein politischen Aspekt beleuchtet. Sie hat ferner einen wirtschaftlichen Aspekt und einen sozialen oder, wie ich eigentlich lieber sagen möchte, einen moralischen Aspekt. Denn diese Länder sind aus eigener Kraft einfach nicht in der Lage, auch nur über die Anfänge der Befreiung hinwegzukommen. Bei einem so geringen Volkseinkommen und entsprechend geringer Individualeinkommen sind die Ersparnismöglichkeiten außerordentlich gering, und bei einem solchen Volkseinkommen sind naturgemäß die Möglichkeiten der Besteuerung auch fast gleich Null. So verfügt also auch der Staat nicht über die notwendigen Mittel. Hinzu kommt die Beengung der Zahlungsbilanz, die gerade bei den Bemühungen nach einer Entwicklung der Produktivkräfte natürlich eine entscheidende Bedeutung erlangt. Ohne unsere Hilfe können diese Länder nicht weiterkommen, mindestens nicht in einem politisch relevanten Zeitraum. Wir mögen uns nicht einbilden, daß wir in den hochentwickelten Industriestaaten auf die Dauer ein ruhiges und bequemes Leben führen können — abgesehen von der moralischen Sicht dieses Phänomens —, wenn das Gefälle im Lebensstandard, im Wohlstand und in der Wohlfahrt zwischen den Völkern in den Entwicklungsländern und uns nicht kleiner, sondern nur immer größer wird. Diese Gefahr ist unmittelbar drohend und evident. Ohne Kapitalhingabe ist diesen Ländern also nicht zu helfen. Welche Prinzipien müssen dabei nun Anwendung finden? Eine Entwicklungshilfe hat natürlich nur dann einen Sinn, erscheint nur dann glaubhaft und wird uns aus moralischer und ethischer Sicht Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard nur dann abgenommen, wenn sie nicht den Interessen der Geberländer, sondern den Bedürfnissen der Entwicklungsländer dient. Es ist ganz sicher, daß die langfristigen Kredite, die wir den Entwicklungsländern — durch Hermes verbürgt — gegeben haben — und von den jetzt in Anspruch genommenen rund 10 Milliarden DM entfallen 90% auf die Deckung von Exporten nach Entwicklungsländern — wohl eine Hilfe für die Entwicklungsländer bedeutet haben. Aber dahinter steckte natürlich auch das deutsche exportpolitische Interesse. Wo die Interessen sich solcher Art vermengen, verbleicht der Glanz. Da wird uns die Entwicklungshilfe nicht als eine wirklich moralische Tat abgenommen, nicht als sittliche Verpflichtung des deutschen Volkes oder der deutschen Regierung, Hilfe zu leisten. Die Wirtschaftsund die Entwicklungshilfe muß also wesentlich und primär auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Entwicklungsländer ausgerichtet sein. Es gibt die verschiedensten Formen, in denen Entwicklungshilfe geleistet wird. Sie kann auf mondialer, auf regionaler und auf nationaler Grundlage, auf multilateraler Ebene oder in bilateraler Weise geleistet werden. Man sollte sich davor hüten, die Dinge schablonisieren und völlig vereinheitlichen zu wollen; denn jede Form dieser differenzierten Entwicklungshilfen hat ihre besonderen Aufgaben, ihren besonderen Zweck. Ich darf daran erinnern, daß z. B. die auf breitester multilateraler Grundlage arbeitende Weltbank sehr viel für die Entwicklungshilfe getan hat. Aber es hat sich gezeigt, daß die Weltbank, die auf kaufmännischer Grundlage arbeitet und sich auch aus dem Kapitalmarkt finanziert und refinanziert, Kredite nur zu den üblichen kaufmännischen Bedingungen geben kann. Das reicht aber für die Zwecke der Entwicklungsländer nicht aus; denn dort sind vor allen Dingen ja auch Aufgaben der Infrastruktur, des Verkehrs-, des Nachrichtenwesens, des Straßenbaues und anderes mehr zu erfüllen. Das sind keine Aufwendungen, die sich im kaufmännischen Sinne kurzfristig amortisieren und verzinsen; hier sind vielmehr langfristige Kredite erforderlich, langfristige Kredite vielleicht unter besonders günstigen Bedingungen. Man wird bei der Entwicklungshilfe auch die verlorenen Zuschüsse nicht völlig außer acht lassen dürfen. Ich darf daran erinnern, daß sich die Bundesrepublik z. B. mit einem verlorenen Zuschuß an dem Indus-Wasser-Projekt beteiligt hat. In Zukunft werden noch manche Anforderungen dieser oder ähnlicher Art an uns herangetragen werden. Auch für uns wird sich in der Zukunft die Aufgabe der Entwicklungshilfe nicht allein in der Gewährung von Krediten für Lieferungen deutscher Industrieerzeugnisse, Ausrüstungen und Investitionen erschöpfen; wir müssen vielmehr in zunehmendem Maße zu Finanzhilfen bereit sein. Dafür stehen eben nur Mittel des Haushalts zur Verfügung, aus welchen Quellen sie auch fließen mögen. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß eine gewisse Umgruppierung in der Verwendung des ERP-Vermögens und der Verwendung von Mitteln aus der Veräußerung bundeseigenen Besitzes vorgenommen werden kann. Für diesen Zweck brauchen wir eine Art Fonds und müssen uns dessen bewußt sein, daß das kein revolvierender Fonds sein kann, etwa nach dem Charakter des ERP-Vermögens; denn in einem hochentwickelten Industriestaat lassen sich mit kurzfristigen Krediten und mit der Sicherheit der Rückzahlung natürlich sehr viel bindendere Verpflichtungen eingehen, als das bei langfristigen Krediten an Entwicklungsländer der Fall ist. Die Tatsache, daß die Weltbank trotz ihrer Bereitschaft, ihrer Aufgabe, der Entwicklungshilfe, zu dienen, vor Grenzen stand, wird deutlich sichtbar durch die Gründung der sogenannten IDA, der International Development Association. Sie dient letzten Endes dazu, das Kreditvolumen der Weltbank auszuweiten. Die Weltbank hat erklärt, daß sie in höherem Maße Kredite geben könnte, wenn gewisse Finanzierungen für Infrastrukturzwecke als Voraussetzung einer fruchtbaren kommerziellen Kreditgewährung gesichert wären. Diese Aufgabe soll die sogenannte „IDA" besorgen. Sie ist mit einem Kapital von einer Milliarde Dollar ausgestattet, wobei die Bundesrepublik entsprechend ihrer Beteiligung an der Weltbank eine Quote von 5,3 % auf sich genommen hat. Zu diesen weltweiten Einrichtungen kämen noch der Colomboplan und andere Einrichtungen mehr. Wir in Europa haben — ich denke hier vor allen Dingen an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft mit der Investitionsbank und dem Europäischen Entwicklungsfonds für die assoziierten überseeischen Gebiete — ja auch Einrichtungen dieser Art geschaffen. Jede Institution hat ihre besondere Aufgabe, sieht das Problem von ihrem spezifischen Blickpunkt her. Aber trotz aller multilateraler Zusammenarbeit, die ich in jedem Falle begrüße und der ich in mancher Beziehung sogar den Vorrang einräume, werden gerade wir in Deutschland nicht darum herumkommen, auch auf bilateraler Grundlage zusätzliche Hilfe zu gewähren und Anstrengungen zu unternehmen. Die Vereinbarungen der Berner Union, wonach bei Lieferungen von Investitionsgütern gewisse Zahlungsziele nicht überschritten werden können, reichen nicht aus, um die notwendige langfristige Finanzierung zu besorgen. Im übrigen ist es auch irreal, anzunehmen, daß etwa Stahlwerke oder andere kostspielige Objekte von Entwicklungsländern in Zeiträumen von sechs oder acht Jahren amortisiert und bezahlt werden können. Also auch hier tut eine realistischere Betrachtungsweise not. In der Development Assistance Group, die im nächsten Monat hier in Bonn tagen wird, werden wir auch den Versuch unternehmen, Übereinstimmung über längerfristige Finanzierungsmethoden zu erzielen und Vereinbarungen zu treffen. Dabei taucht noch eine andere Frage auf: Sollen Finanzkredite des Staates an Exportlieferungen des kreditgewährenden Landes gebunden sein? Sie wissen, daß die Weltbank solche Bindungen nicht vornimmt und daß auch die Vereinigten Staaten lange Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard Zeit diese Bindung abgelehnt und ihre Kredite zur freien Verfügung gegeben haben. Erst mit den aufkommenden Zahlungsbilanzschwierigkeiten in den Vereinigten Staaten ist, insbesondere was den Development Loan Fund anlangt, eine gewisse Abkehr von diesem guten Prinzip zu verzeichnen. Das gleiche gilt grundsätzlich für Kredite der Import-Export-Bank. Trotzdem steht immer noch die Hälfte der Entwicklungshilfe der Vereinigten Staaten, also ein Betrag zwischen 2 und 3 Milliarden Dollar, den kreditaufnehmenden Staaten zur freien Verwendung zur Verfügung. Ich bin der Meinung, daß wir angesichts unserer deutschen Zahlungsbilanzsituation in den Grenzen des Möglichen Finanzkredite ohne Bindung an deutsche Exportlieferungen gewähren sollten. Das ist noch nicht alles. Nach meinem Dafürhalten müssen wir über das bisher Geleistete hinaus, neben dem bisherigen Verfahren, neben der weiteren zusätzlichen Gewährung von Finanzkrediten über den Staat, neben der Übernahme von Bürgschaften und Garantien auch noch auf eine andere Weise tätig werden — und das schiene mir nicht die schlechteste Form der Entwicklungshilfe zu sein —, nämlich durch deutschen privaten Kapitalexport, oder anders ausgedrückt, durch private Kapitalinvestitionen im Ausland für produktive Zwecke. Damit könnte sehr viel erreicht werden. Wir sind im Augenblick auch dabei, mit einzelnen Ländern Vereinbarungen zu schließen, die insbesondere die Sicherheit — auch vom Ausland her gesehen — für deutsche Investitionen gewährleisten sollen. Auch hier wird man unter Umständen zu besseren internationalen Verständigungen auf breiterer Grundlage gelangen können. Das Gesetz sieht ja auch die Übernahme des politischen Risikos für private Investitoren im Ausland vor. Was würden wir, wenn wir diese Bewegung verstärken könnten und sie wirklich Gewicht erlangte, erreichen? Wir würden angesichts der übersteigerten Konjunktur in Deutschland den deutschen Arbeitsmarkt entlasten. Wir würden die Situation der Zahlungsbilanz in besserer Weise bereinigen können und würden diesen Ländern, die über arbeitslose Menschen in großer Zahl verfügen, die Arbeit sozusagen unmittelbar ins eigene Haus bringen, ohne Verpflanzungen mit allen damit verbundenen sozialen und menschlichen Folgen vornehmen zu müssen. Wir würden diesen Menschen in anschaulicher Weise das technische „know how" vermitteln; denn darauf kommt es an. Es kommt darauf an, daß deutsche Menschen — das braucht nicht in rauher Zahl zu sein — ins Ausland gehen, die als Führer oder als Anlerner in den einzelnen Betrieben tätig werden und die in ihrer menschlichen Haltung und Gesinnung, in der Kunst der Menschenbehandlung, in dem Verständnis für die Mentalität dieser Völker nicht nur um „good will" werben, sondern auch die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Industrialisierung in diesen Ländern besser gelingt, als es vielleicht allenthalben befürchtet wird. Meine Damen und Herren, ich möchte noch darauf hinweisen dürfen, daß das Risiko offenbar gar nicht so sehr groß ist. Von Hermes sind in den letzten zehn Jahren insgesamt 25 Milliarden DM verbürgt worden — ich sagte es schon, 90 % entfallen auf Exporte an Entwicklungsländer. Das bedeutet mit dem Selbstbehalt einen Export von 31 Milliarden DM. Davon sind Verluste in Höhe von ganzen 10 Millionen DM eingetreten, das sind 0,4 ‰ Durch Transferverzögerungen mußte der Bund mit 369 Millionen DM in Vorlage treten. Aber diese Rückflüsse haben sich bis Ende 1959 auf 173 Millionen DM erniedrigt. Wir haben durch Umschuldung, um Transferschäden vorzubeugen, noch einmal 353 Millionen DM aufwenden müssen, die aber auch nicht als Verlust abzubuchen sind. So komme ich im ganzen zu dem Ergebnis, daß wir aus jeglicher Betrachtung heraus, ob Sie das Phänomen politisch, wirtschaftlich, sozial oder moralisch beleuchten und betrachten, zu größerer Hilfe aufgerufen sind. Ich möchte sagen, das deutsche Volk möge nicht vergessen, daß die materielle und finanzielle Hilfe, die uns nach dem völligen Zusammenbruch gewährt wurde, die neben der Hilfe, die wir dadurch genossen, daß die übrige Welt uns wieder Vertrauen und Freundschaft schenkte, auch ein Opfer für andere Länder bedeutete. Die Marshallplanhilfe ist ein Opfer des amerikanischen Volkes. Ich glaube, die Welt kann füglich von uns erwarten, daß wir das Ergebnis des Fortschritts, den wir erzielt haben und weiter erzielen wollen, nicht in Gänze verfrühstücken, sondern daß wir auch bereit sind, unserer Verpflichtung zu genügen und den anderen Völkern durch ein bewußtes Opfer zu helfen. In welcher Form, in welcher Art, in welchem Umfang das der Fall sein wird, darüber werden wir uns noch zu unterhalten haben. (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der SPD.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Zustimmung.)


    (Zustimmung.)


    (Beifall.)





    (Beifall bei der CDU/CSU.)





    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Beifall auf allen Seiten des Hauses)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hellmut Kalbitzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokraten haben um die Aussprache schon in der ersten Lesung gebeten, weil sie glauben, daß das nützlich ist. Schon die einleitenden Worte des Herrn Wirtschaftsministers haben gezeigt, daß es nützlich ist, die Gelegenheit zu einer gründlichen Aussprache über die politischen Fragen, die wir gegenüber den Entwicklungsländern zu lösen haben, und über die Gesamtpolitik diesem größeren Teil der Welt gegenüber zu benutzen.
    Schon zu Anfang möchte ich sagen, daß, so interessant und so positiv einzelne Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers von mir bewertet werden, ich es aufs tiefste bedauern muß, daß von seiten der Regierung nicht der Vertreter der Bundesregierung hier anwesend ist, den das nach unserer Meinung in erster Linie angeht, nämlich der Herr Bundesaußenminister. Wenn Sie, Herr Profes-



    Kalbitzer
    sor Erhard, hier als Vizekanzler gesprochen hätten, würde ich das als glücklich akzeptieren. Da Sie aber nur als Wirtschaftsminister gesprochen haben, muß ich sagen, daß das Problem von vornherein nicht in seiner Gänze ins Auge gefaßt worden ist.

    (Bundesminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Der Bundesaußenminister ist mit mir einig!)

    Die Frage der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist ein wichtiger Aspekt der Gesamtfrage, aber sie ist nicht der Aspekt schlechthin. Ich werde auf die Notwendigkeit der Konzentration dieser Arbeit auch von seiten der Bundesregierung noch weiter eingehen.
    Weil es sich hier aber um eine grundsätzliche Aussprache handelt, möchte ich zum Problem selber noch etwas ergänzen. Die Bevölkerung unserer Erde hat sich im 20. Jahrhundert bis jetzt ungefähr verdoppelt. Die Technik, der Fortschritt, hat den Wohlstand in dem Teil der Welt, der industrialisiert ist, in unerhörtem Maße gesteigert. Aber das bedeutet nicht, daß Technik, Industrie und Wohlstand etwa der ganzen Menschheit zugute gekommen sind. Im Gegenteil, der Durchschnitt der Erdbevölkerung ist heute in einer elenderen Lage als vor 60 Jahren. Im Durchschnitt der Erdbevölkerung haben die Menschen heute weniger Kalorien zu essen als vor zwei Generationen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen im Weltmaßstab ist hinter der Bevölkerungsvermehrung zurückgeblieben, und die Wohlstandssteigerung in den Industriestaaten hat im Weltdurchschnitt nicht die Verelendung in dem größeren Teil der Erde, Asien, Afrika und Lateinamerika, überflügeln können.
    Diese völlige Verkehrung der Gewichte bedeutet für unsere heutige Generation, für die mittlere Generation, daß wir noch eine totale Veränderung der Weltpolitik und der menschlichen Gesellschaft als Ganzes erleben. Die Entwicklungsländer als der zahlenmäßig weit überwiegende Teil der Menschheit werden zu einer eigenen weltpolitischen Kraft wenden, weniger durch ihre in herkömmlicher Art gesehene militärische Stärke als vielmehr durch die unerhörte Masse. Hier wird sich in der Politik zeigen, daß die Quantität in eine Qualität umschlägt und daß das moralische Recht dieser Menschen, die ohne ihr eigenes Verschulden im Elend leben, zu einer weltpolitischen Kraft wird. Es ist unsere Aufgabe als Deutsche, auf dieses moralische Recht der Menschenmassen einzugehen und alles zu tun, sie aus idem — wie man es schon genannt hat — Teufelskreis des Elends herauszuführen.
    Diese Entwicklung in weiten Teilen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas findet natürlich auch ein erweitertes Betätigungsfeld für die Austragung der augenblicklich unsere Politik beherrschenden ostwestlichen Gegensätze. Dabei wird in der deutschen Öffentlichkeit ein Faktor sehr leicht verkannt. Es ist nicht so, daß heute die Sowjetunion und der Ostblock in der Frage der Entwicklungspolitik etwas mehr täten oder weiter wären oder eine längere, ältere Konzeption hätten als der Westen. Im Gegenteil, das erste Land, das sich mit Entwicklungspolitik wirklich fundiert befaßt hat, waren die Vereinigten Staaten ,als das industriell am weitesten entwickelte
    Land. Seit dem zweiten Weltkrieg haben sie als erste den ökonomischen und politischen Problemen der Entwicklungsländer Aufmerksamkeit gewidmet. Die Sowjetunion ist an dieses Problem erst sehr viel später herangetreten, und zwar nach dem Tode Stalins, etwa im Jahre 1954. Erst dann hat sie die eigene Rolle der Entwicklungsländer in der Weltpolitik erkannt. Sie hat )allerdings aus dieser Erkenntnis schnell und gründlich politische Schlußfolgerungen .gezogen. Im Gegensatz dazu haben die Vereinigten Staaten von Amerika in den letzten Jahren ihre Politik gegenüber den Entwicklungsländern offenbar nicht von dem Geist der wirtschaftlich und gesellschaftlich fortschrittlichen Entwicklung dieser Massen leiten lassen, sondern sie haben in weiten Teilen der Welt, besonders in Asien, ihre Politik gegen die sozial fortschrittlichen Elemente gemacht, und es hat deshalb in diesen Teilen Asiens in der letzten Zeit schwere Rückschläge für die westliche Politik gegeben.
    Die Politik der Bundesrepublik in dieser Frage stammt etwa aus dem Jahre 1955, als wir Sozialdemokraten als erste den Vorschlag machten, 50 Millionen DM für technische Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen. Damals war die Regierung noch nicht so weit, das Problem anzufassen. Das Parlament hat damals den fortschrittlicheren Part gespielt. Das Parlament hat die Bundesregierung gepreßt, in dieser Richtung etwas zu tun, und ich hoffe, daß .das Parlament auch weiterhin diese Rolle spielen und in der Frage der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern alles mögliche tun wird, was wir zu tun nur in der Lage sind.
    Nun lassen Sie mich zu der vorliegenden Drucksache 1597 kommen. Schon auf der ersten Seite scheint mir der Fehler zu liegen, den ich eingangs moniert habe, daß nämlich das Auswärtige Amt bei diesem Gesetzentwurf gar nicht genannt wird, geschweige denn, daß es etwa die Federführung hätte. Wir sind grundsätzlich der Meinung, daß die Frage der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern eine Frage der Außenpolitik und deshalb des Auswärtigen Amtes ist. Dais bedeutet in gar keiner Weise, daß wir etwa dem einen Ministerium eine höhere Qualifikation als einem anderen zuerkennen. Wenn man zu dem Schluß käme — ich spreche im Konjunktiv —, daß das Auswärtige Amt im Augenblick für diese Arbeit absolut ungeeignet sei, so müßte nach unserer Meinung das Auswärtige Amt eben so weit aufgebaut werden, daß es dazu in der Lage ist. Man kann aber diese Frage der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern nicht dem Wirtschaftsministerium überlassen, weil — und darauf hat der Herr Bundeswirtschaftsminister ja dankenswerterweise hingewiesen — kulturelle und gesamtpolitische Fragen wesentliche Rollen spielen.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Beide miteinander!)

    Die Entwicklungspolitik wird augenblicklich in der Bundesregierung — soweit wir haben in Erfahrung bringen können — von wahrhaftig allen Ministerien bis auf ein einziges behandelt. Mit Ausnahme des Justizministeriums sind augenblicklich



    Kalbitzer
    alle Bundesministerien mit Entwicklungspolitik befaßt. Ja, es ist, soweit ich informiert bin, vor einiger Zeit vorgekommen, daß sich der Herr Staatssekretär des Ministeriums für Zusammenarbeit mit dem Bundesrat eine Rede über Entwicklungspolitik hat konzipieren lassen. Nun, wenn das dessen persönliche Sorge wäre, — in allen Ehren; aber wenn er das als eine in sein Amt reichende politische Aufgabe ansieht, ist es mir ein Indiz dafür, daß die Frage der Entwicklungspolitik in dieser Bundesregierung überhaupt nicht koordiniert ist, daß dort keine Führung und keine Spitze vorhanden ist.
    Aber auch innerhalb des Auswärtigen Amtes, das nach unserer Meinung die Leitung dieser Politik haben müßte, werden so gut wie alle Abteilungen mit diesen Fragen befaßt. Soweit man aus den gegebenen Übersichten ersehen kann, ist nur in einer Abteilung, der handelspolitischen Abteilung, eine Unterabteilung wirklich ausschließlich mit diesem Thema befaßt. Der Leiter dieser Unterabteilung, ein Mann, der sich alle Mühe gibt, wie ich glaube und hoffen will, hat kraft Amtes, kraft seiner Position in der Beamtenhierarchie gar nicht die Möglichkeit, auch nur eine andere Abteilung des eigenen Ministeriums, geschweige denn ein anderes Ministerium in irgendeiner dieser Fragen, die ihm zur Bearbeitung zugewiesen werden, anzuweisen, so daß vielleicht zwar eine übermäßige Arbeitskraft für die Lösung dieser Fragen eingesetzt wird, aber diese Arbeitsleistungen sich nicht nur quer durch das ganze Auswärtige Amt, sondern quer durch die gesamte Bundesregierung erstrecken. Das hat zur Folge, das zum Schluß niemand weiß, was der andere tut. Ein langfristiges Konzept für die Entwicklungspolitik besteht also zur Zeit offensichtlich nicht.
    Wir haben in diesen Ländern selbstverständlich diplomatische Vertretungen, die offiziell mit diesen Arbeiten befaßt sind. Hier besteht also wenigstens der Teil eines Apparates, der für die Entwicklungspolitik eingesetzt werden muß. Auf Grund einiger Erfahrung müssen wir allerdings sagen — ich will das nicht generalisieren —, daß die Beamten des Auswärtigen Dienstes in Afrika, Asien und Lateinamerika für diese Aufgaben zum großen Teil einfach nicht vorbereitet sind. Es ist gesagt worden, sie seien dazu nicht geeignet. Ich möchte mich diesem Urteil nicht anschließen; man kann das nämlich so lange noch nicht behaupten, solange den Beamten diese Aufgaben wirklich noch nicht gestellt worden sind. Soweit wir sehen, hat der Auswärtige Dienst in dem größeren Teil der Welt mehr Aktivität in der Veranstaltung von Parties mit europäischen oder nordamerikanischen Diplomaten entfaltet als in der menschlichen und politischen Begegnung und Zusammenarbeit mit den Vertretern der Völker, zu denen die Beamten entsandt sind. Gerade darauf kommt es aber für unsere Diplomatie entscheidend an.
    Lassen Sie mich nun zu den einzelnen Paragraphen der Drucksache kommen. Als erstes fällt mir auf, daß die Höchsbeträge für Exportförderung, wie sie bisher vom Parlament immer festgelegt wurden, nicht mehr in dem Gesetzentwurf eingesetzt sind und daß außerdem die Pflicht zur Berichterstattung über den Stand der Exportkredite jetzt fehlt. Wenn der Gesetzentwurf in dieser Form durchkäme, wäre eine Übersicht über die Vorgänge noch weniger als bisher möglich. Das müßte als erstes wieder in das Gesetz hinein, was man auch sonst zu dem Entwurf sagen mag.
    Zur Exportförderung muß im übrigen einiges etwas pointierter gesagt werden, als es der Wirtschaftsminister gesagt hat. Dadurch, daß man die Exportförderung, die die Bundesrepublik wie alle anderen Industriestaaten schon seit zehn Jahren betreibt, umfirmiert, daß man ihr ein anderes Etikett aufklebt, wird sie noch keine Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern. Natürlich haben die Entwicklungsländer von den Exportkrediten im ersten Augenblick einen Vorteil gehabt. Deshalb haben sie die Exportkredite ja auch schnell in Anspruch genommen. Aber auf lange Sicht sind die Exportförderungskredite ein ungeeignetes Mittel für die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern. Die Exportförderungskredite, wie wir sie bisher hatten, waren, wie schon erwähnt wurde, auf vier oder fünf Jahre begrenzt; aber die Waren, die damit geliefert wurden, waren ganze Fabriken oder sonstige langfristige Investitionsanlagen, die erst nach zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren richtig in Betrieb kommen und daher auf jeden Fall auch erst nach solch langen Fristen rentierlich und damit amortisierbar werden. Die bisherige Praxis war so, daß wir langfristige Investitionsmittel, zum Beispiel Elektrizitätswerke, große Anlagen verschiedenster Art, die auf vier, fünf Jahre kreditiert wurden, ins Ausland gaben. Die Länder, von denen wir sagen, sie seien Entwicklungsländer und daher wirtschaftlich nicht so auf dem Quivive wie wir selbst, dachten natürlich: Na, die Deutschen werden schon wissen, daß diese langfristigen Anlagen auch langfristig finanziert werden müssen. Nach vier oder fünf Jahren mußten sie dann erleben, daß die Deutschen das überhaupt nicht wußten, sondern recht naiv taten und diese langfristigen Investitionen kurzfristig bezahlt haben wollten. Daraus sind in der Vergangenheit eine ganze Reihe politischer Verärgerungen und Verstimmungen erwachsen. Deshalb kommt es ganz wesentlich darauf an, daß langfristige Investitionen durch langfristige Kapitalexporte unterstützt werden. Wir müssen diesen Ländern Kapitalien geben, die sie in den Stand setzen, das, was sie für ihre Industrialisierung brauchen, so zu amortisieren, wie es der Stand ihrer Entwicklung ermöglicht. Deshalb sollte in Zukunft die Betonung nicht auf der Exportförderung, sondern auf dem Kapitalexport in die Entwicklungsländer liegen. Das ist das, was dieser Teil der. Welt braucht, der sich erst aufbaut, der ökonomisch oft 100 oder 150 Jahre hinter uns herhinkt. Der Kapitalexport muß aber zu bestimmten Bedingungen vor sich gehen, auf die ich jetzt eingehen will.
    Gut und schön wäre es, wenn, wie in der Begründung des Gesetzentwurfes steht, die private Wirtschaft sich für diese Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern voll bereit fände. Auf deutsch hieße das, daß die private Wirtschaft pro Jahr etwa 2 Milliarden DM Kapital in die Entwicklungsländer
    6810 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn; Mittwoch, den 22. Juni 1960
    Kalbitzer
    exportieren müßte. Ich habe alle Achtung vor denjenigen hier im Hause, die glauben, daß die private Wirtschaft diese 2 Milliarden DM in diese Länder exportiert. Jeder, der das will, hat meine Sympathie und würde auch meine politische Unterstützung haben. Wenn ich die Dinge aber real betrachte, muß ich feststellen, daß eine solche Forderung, einen wesentlichen Teil des Kapitalexports in die Entwicklungsländer der privaten Wirtschaft zu überlassen, nichts anderes als reine Ideologie für den deutschen Hausgebrauch ist. Das läßt sich keinesfalls in die Wirklichkeit umsetzen. In der Realität muß nämlich zu einem wesentlichen Teil die öffentliche Hand die Voraussetzungen für diesen Kapitalexport schaffen. Wenn sich privates Kapital für diesen Kapitalexport, von dem Sie sprechen, findet, dann ist das sehr gut. Andernfalls muß das Kapital durch die öffentliche Hand zur Verfügung gestellt
    werden.
    In unserer Warenbilanz haben wir seit zehn Jahren einen erheblichen Exportüberschuß. Gesamtwirtschaftlich gesehen ließen sich deshalb die Kapitalexporte in der von mir soeben genannten Höhe — 2 Milliarden DM — durchaus {ermöglichen. Es genügt alber nicht, daß ein Kapital von 2 Milliarden DM in diese Länder exportiert wird.
    Hier tauchen zwei Fragen auf, ,auf die auch der Herr Bundeswirtschaftsminister schon eingegangen ist. Die erste Frage ist: wer bürgt für die Risiken, die ganz zweifellos in diesen Kapitalexporten liegen? Schon hier muß der Bund so eintreten, wie er das bisher bei !den Exportkrediten getan hat. Die zweite Frage lautet: wie hoch sollen die Zinssätze sein?
    Der letzte Punkt ist leider sehr entscheidend. Die deutschen Zinssätze von etwa 7 % sind auf dem Weltmarkt bei der Konkurrenz billigerer westlicher Länder und bei der entscheidenden Konkurrenz der Sowjetunion und anderer Ostblockländer einfach unrealistisch. Wir können für das Exportkapital keine höhere Verzinsung als im Durchschnitt 2 bis 4 % — im Ausnahmefall 5 % — erwarten. Bei der Lage des heutigen Kapitalmarktes muß daher die öffentliche Hand die Zinsen künstlich auf einen solchen Weltdurchschnitt herunterschleusen. Andernfalls wird man der von Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, so glänzend dargestellten Notwendigkeit, die für die deutsche Wirtschaft besteht, nicht gerecht. Wenn wir das wollen, was Sie dargestellt haben, dann müssen wir leider auch diesen harten Tatsachen ins Auge sehen.
    In dem Gesetzentwurf ist eine weitere Bedingung für die Kapitalexporte enthalten. Zwischen der Bundesrepublik und dem Empfängerland des Kapitals soll ein Vertrag über die Behandlung ausländischen Kapitals abgeschlossen werden. Selbstverstandlich sollte man derartige Verträge schließen. Ich möchte nur das Haus vor einem übermäßigen Optimismus in dieser Frage warnen. Ich möchte feststellen, daß ein solcher Vertrag über die Behandlung deutschen Kapitals irgendwo in der Welt nur so lange durchführbar, nur so lange durchsetzbar ist, wie sich dieses Land in einer stetigen Aufwärtsentwicklung befindet. Aber wir müssen natürlich realistisch mit politischen und wirtschaftlichen Rückschlägen rechnen und dürfen deshalb derartige Vertrage nicht etwa als eine wirkliche Sicherheit ansehen. Die Charta für das Kapital, wie sie von Herrn Abs schon vor Jahr und Tag vorgeschlagen worden ist, ist zwar gutgemeint, aber weltpolitisch gesehen nicht von besonderer Wirksamkeit.
    Der Gesetzentwurf, wie er uns heute vorliegt, wird nur als ein Instrument der Wirtschaftlichkeit aufgefaßt. Eine solche Auffassung ist zwar gut und schön. Aber sie ist zu eng, sie umfaßt nicht die gesamte Problematik. Nötig sind allgemeine Überlegungen über den Kapitalexport, auch über seine Zielrichtung und seine Ausmaße.
    Hierzu darf ich, um nicht nur meine Meinung zum besten zu geben, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums zitieren. Der Wissenchaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, dieses Gremium von Professoren, hat, veröffentlicht am 12. Februar 1960 im Bulletin, zu dieser Problematik als letztes folgendes gesagt:
    Der Beirat ist der Auffassung, daß die Bundesrepublik ihre bisherige Politik punktueller und zum Teil mehr oder weniger zufälliger Maßnahmen zur Entwicklungsförderung nicht fortsetzen sollte. Vielmehr bedarf es der Aufstellung eines längerfristigen Gesamtprogramms.
    Für dieses längerfristige Gesamtprogramm sprechen nach Ansicht des Gremiums der Professoren eine große Zahl von Notwendigkeiten, die von der Bundesregierung bisher leider mit Stillschweigen übergangen worden sind. Eine dieser Notwendigkeiten, die auch in dem Bericht erwähnt ist, möchte ich hier offen nennen.
    Wir haben seit vielen Jahren erhebliche Warenexportüberschüsse. Das galt im allgemeinen und gilt im Volk noch heute als ein besonders gutes wirtschaftliches Zeichen. Sicher haben wir uns bis zur Mitte der fünfziger Jahre über diese Exportüberschüsse nur freuen können. Aber dieses Glück wird eines Tages zu einem Elend, und in dieser Situation sind wir heute. Heute exportieren wir relativ zuviel. Wir sollten zwar immer mehr exportieren, aber der Export muß durch einen entsprechenden Import, durch einen entsprechenden Umfang an Einfuhren aus den Entwicklungsländern gedeckt werden. Mit anderen Worten: man muß den Entwicklungsländern mehr wirtschaftliche Chancen als bisher geben, damit sie das, was sie bei uns kaufen, was sie für ihren Aufbau dringend nötig haben, mit Waren bezahlen können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Beirat, den ich vorhin zitiert habe, wie heute auch der Bundeswirtschaftsminister haben die Wörter „Wirtschaftshilfe" und „Entwicklungshilfe" reichlich oft gebraucht. Ich muß sagen, daß auch ich selber bis vor einiger Zeit die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern als eine „Hilfe" bezeichnet habe. Ich muß jetzt sagen — und sage das durchaus auch als Selbstkritik —, daß die Bezeichnung „Hilfe" für die Vorgänge, die wir heute diskutieren, im besten Falle ein frommer



    Kalbitzer
    Selbstbetrug ist. Es ist keine „Hilfe", wenn wir in Wirklichkeit ebenso aus eigenem Interesse wie im fremden Interesse handeln. Es schändet niemanden, wenn er aus eigenem Interesse wirtschaftliche Zusammenarbeit will. Nur darf man diese wirtschaftliche Zusammenarbeit nicht mit der moralischen Qualität der „Hilfe" höher werten, als sie moralisch gesehen ist. Deshalb möchte ich vorschlagen, daß man in dieser Beziehung im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr das Wort „Hilfe" verwendet, sondern von „Zusammenarbeit" dort spricht, wo es sich um eine solche handelt. Das ist bei mir keine Stilfrage. Bekanntlich haben die Entwicklungsländer für die Form, in der die Zusammenarbeit — die noch viele Schwierigkeiten bereitet — erfolgt, ein sehr feines Empfinden. Die Entwicklungsländer nehmen uns die Bezeichnung „Hilfe" dort nicht ab, wo es sich eben um handfeste beiderseitige Interessen handelt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es gibt Gebiete der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern, wo das Wort „Hilfe" angebracht ist. Ich meine aber, wir sollten die Bezeichnung „Hilfe" auf die menschliche Bezirke beschränken, d.h. sie nur dort verwenden, wo es es sich darum handelt, daß Wissenschaftler, Techniker, Lehrer und andere Fachleute aus den Industrieländern, Europäer und Nordamerikaner, in die Entwicklungsgebiete gehen, wobei sie wirklich etwas Eigenes opfern und mitbringen, um in diesen Ländern dem wirtschaftlichen und dem gesellschaftlichen Aufbau zum Durchbruch zu verhelfen.
    In der Tat, es genügt nicht, daß man finanziell, mit Kapital hilft; hinzukommen muß — und das muß mehr als bisher von der deutschen Öffentlichkeit beachtet werden — die menschliche Zusammenarbeit mit diesen Ländern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es genügt nicht, daß wir nur als Techniker nach Indien oder in arabische Länder, oder wo sonst in der Welt große Projekte durchgeführt werden, gehen, uns dort nur als Fachleute betätigen, ohne menschliche Beziehungen zu der einheimischen Bevölkerung zu pflegen. Wir müssen die bisher rein technischen Beziehungen zu einer echten Begegnung auch im Menschlichen erweitern. Nur wenn es sich um solche Art der Zusammenarbeit handelt, darf man mit Recht von „Hilfe" sprechen.

    (Erneute Zustimmung bei der SPD.)

    Zusammenarbeit bedeutet natürlich nicht, daß wir Kredite und Kapitalien für die Entwicklungsländer gewissermaßen „blind" geben sollten; wir haben nicht nur ein Recht, sondern — auch im Interesse der empfangenden Länder selbst — die Pflicht, dauernd zu kontrollieren, daß dieser Kapitalstrom, der sich jetzt erst entwickeln muß, auch in die richtigen Kanäle des Aufbaues geleitet wird und sich nicht etwa in irgendwelche korrumpierten Seitenkanäle verflüchtigt. Die Kapitalien, die wir hergeben müssen, und die engere Zusammenarbeit, auf die wir es anlegen müssen, geben wir zur Entwicklung dieser Völker, und wir geben sie an die Regierungen dieser Völker, weil sie die legitimen Vertreter dieser Völker sind. Insofern muß die Zusammenarbeit natürlich über die Regierungen gehen. Das schließt nicht aus, daß private Initiative der Zusammenarbeit mehr als bisher Tatsache werden müßte.
    Aber auch wo es sich um Beziehungen von Regierung zu Regierung handelt, sollten wir die Beziehung zu einer Regierung, mit der wir diese Zusammenarbeit pflegen, nicht etwa im Interesse eines einzelnen dieser Staatsmänner oder etwa deshalb fördern, weil uns eine aktuelle Politik dieser speziellen Regierung besonders interessiert; vielmehr müssen wir stets den objektiven Zweck der Entwicklung im Auge behalten. Es darf deshalb z.B. nicht so sein, wie es vor einiger Zeit mit der Türkei gegangen ist. Ich war für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Türkei in der Vergangenheit, bin es heute und hoffe es auch in Zukunft bleiben zu können. Aber der Herr Bundeskanzler hat, als ihn die Fachleute bereits in bezug auf das Schicksal der Regierung Menderes gewarnt haben, noch kurz vor deren Ende die Gewährung eines erheblichen Kredits an diese — inzwischen gestürzte und dem Vergessen anheimgegebene — Regierung befohlen, geradezu gegen die deutschen Dienststellen, die diese Kredite normalerweise zu übermitteln hatten; und das macht den Eindruck, als ob der deutsche Regierungschef nicht so sehr Interesse an der Zusammenarbeit mit der Türkei als speziell Interesse an der Zusammenarbeit mit Herrn Menderes gehabt habe. Es würde mich freuen, wenn ich in diesem Punkt falsch liegen sollte und wenn das dementiert werden könnte; aber ich möchte auf die Gefahren, die es in dieser Richtung immer wieder gibt, ausdrücklich hinweisen.

    (Mg. Schmitt-Vockenhausen: Wie steht es mit dem Haushaltsrecht?)

    — Die Frage des Haushaltsrechts werden wir, denke ich, wenn die Sache in der Etatberatung zur Sprache kommt, natürlich nochmals aufrollen.
    Unsere Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern leidet noch unter einer anderen politischen Schwäche, nämlich darunter, daß sich die deutsche Bundesregierung in mehreren Fällen nicht im direkten Interesse und in direkten Beziehungen mit diesen zum großen Teil ja neu entstehenden, aus dem Kolonialismus sich befreienden Ländern zusammenfindet, sondern daß wir in den Beziehungen zu diesen neuen Ländern Rücksicht nehmen auf die Länder in Europa, die sich früher mit Unrecht Mutterländer genannt haben und sich heute noch anmaßen, in den jetzt :unabhängig gewordenen Ländern Vorrechte zu haben. Darunter haben z. B. unsere Beziehungen zu Ländern wie Guinea gelitten. Darunter leiden unsere Beziehungen zu Indonesien und Togo, worüber noch ein besonderes Wort zu sagen sein wird.
    Wir dürfen das Ziel unserer Bemühungen bei dieser Zusammenarbeit nicht aus dem Auge verlieren. Es gilt, die Freiheit der neu entstehenden, sich neu formierenden, neu in die Weltpolitik eintretenden Länder und Mächte zu entwickeln. Ohne eine Hebung ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage kann es in diesem Teil der Welt auf die Dauer keine Freiheit geben. Hieraus ergibt sich das



    Kalbitzer
    ungeheure finanzielle Ausmaß unserer Verpflichtung. Das gilt für alle Teile der Welt. Ich möchte offen sagen, daß wir Sozialdemokraten uns freuen, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der arabischen Welt, mit Indien und allen anderen Ländern Asiens sowie mit Lateinamerika ein Steinchen ist, um diesen Ländern ihre Freiheit und also ihren wirtschaftlichen Aufbau zu garantieren.
    Wir sollten auch klarmachen, daß wir mit unserer finanziellen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit keinerlei imperialistische Eroberungen oder auch, wie die moderne Methode wäre, indirekte Infiltrationen wollen. Wir wollen diese Zusammenarbeit, damit die Länder sich aus freien Stücken entscheiden können, welchen Weg sie und ihr Volk gehen wollen. Wir wollen nicht, wie es die Kommunisten und wie es die Sowjets wollen, etwa ideologisch-politische Eroberungen. Wir lehnen diesen Weg ab, weil wir glauben, daß jedes Volk, wenn es soviel wirtschaftliche Bewegungsfreiheit hat, daß es auch seine Politik selber bestimmen kann, der Freiheit die Chance geben wird.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Preusker.)

    Deshalb glauben wir, wir können mit der Bundesregierung den vorliegenden Gesetzentwurf zusammen umformen, damit er — nachdem das, was wir in den vergangenen fünf, sechs Jahren gemacht haben, nur Flickwerk oder „punktuelle Einzelmaßnahmen" waren — ein wirklicher Anfang, ein, wirklicher Start wird für eine Gesamtstruktur einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der gesamten Welt.

    (Beifall bei der .SPD.)