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    Deutscher Bundestag 111. Sitzung Bonn, den 4. Mai 1960 Inhalt: Nachruf auf die Abg. Dr. Gülich und Cillien Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 6183 A Abg. Dr. Tamblé tritt in den Bundestag ein 6183 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Höcker, Mensing, Pietscher und Demmelmeier 6183 D Nachrücken der Abg. Dr. Weber (Koblenz) und Dr. Dittrich als Wahlmänner nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht . . . . . . . 6183 D Begrüßung des Präsidenten Fagerholm und weiterer Abgeordneter des finnischen Reichstags . . . . . . . . . . . 6190 D Eidesleistung des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes Dr. Wilhelmi, Bundesminister . . . 6215 D Fragestunde (Drucksache 1810) Frage des Abg. Ritzel: Kapitalanlagen im Ausland Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6184 C Frage des Abg. Dr. Kohut: Mangel an Narkosefachärzten in der Bundesrepublik Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6185 A Frage des Abg. Dr. Reinhard: Schutz des Verbrauchers vor mit Antibiotica behandeltem Importgeflügel Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6185 B Frage des Abg. Dr. Arndt: Amtliche Sammlung von Fehlurteilen im Strafprozeß Schäffer, Bundesminister . . . . 6185 D Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Beschluß des 5. Gewerkschaftsjugendtages der IG Bergbau betr. Kontakte mit der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär . . . . . . 6185 D Fragen des Abg. Dr. Rutschke: Atomreaktor Karlsruhe Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . 6186 B Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Freihandelszone (Drucksache 1305) verbunden mit Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Freihandelszone (Drucksache 1464 [neu] ) Margulies (FDP) 6186 D, 6191 A, 6243 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 6193 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6197 D Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . . 6205 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 Birkelbach (SPD) . . . . . . . 6211 B Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 6215 D von Hassel, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . 6223 D Metzger (SPD) 6227 D Dr. Löhr (CDU/CSU) 6232 D Scheel (FDP) 6234 C Lücker (München) (CDU/CSU) . . 6237 B Dr. Deist (SPD) . . . . . . . 6244 D Brand (CDU/CSU) 6247 C Dr. Mommer (SPD) 6248 A Rösing (CDU/CSU) 6248 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kaffeesteuergesetzes (SPD) (Drucksache 1441) Erste Beratung —; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teesteuergesetzes (SPD) (Drucksache 1442) — Erste Beratung — Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . . 6248 C, 6253 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6250 A Scheel (FDP) 6251 D Metzger (SPD) 6253 B Entwürf eines Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) (Drucksache 1799) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6254 A Frau Niggemeyer (CDU/CSU) . . . 6256 D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 6259 C Dr. Rutschke (FDP) 6261 B Entschließungsantrag zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 14 (FPD); Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (Drucksache 1784, Umdruck 281) . . . 6262 B Sammelübersicht 19 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 1801) . . . . . 6262 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Süßstoffgesetzes (Drucksache 1146) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1752) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . 6262 C Entwurf eines Gesetzes über die Finanzstatistik (Drucksache 1367) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1789) — Zweite und dritte Beratung — 6262 D Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (CDU/CSU, DP) (Drucksache 1693) — Erste Beratung — 6262 D Entwurf eines Gesetzes über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfrist (SPD) (Drucksache 1738) — Erste Beratung — 6263 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Antrag auf Normenkontrolle bei dem Bundesverfassungsgericht wegen des Sammlungsgesetzes (Drucksache 1697) 6263 A Antrag betr. Beihilfe zur Beschaffung von Hausrat an Deutsche aus der Sowjetzone, die nicht die Voraussetzungen des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes erfüllen (SPD) (Drucksache 1698) 6263 B Antrag betr. Abkommen über die einheitliche Auslegung der europäischen Verträge (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.) (Drucksache 1731) . . . 6263 B Antrag betr. Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.) (Drucksache 1732) 6263 C Antrag betr. Schiffbarmachung des Hochrheins (Abg. Hilbert, Dr. Furler u. Gen.) (Drucksache 1786) 6263 C Entwurf einer Zolltarif-Verordnung (Deutscher Zolltarif 1960); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1797, 1815) . . . . . . 6263 C Entwurf einer Verordnung Nr. . . . zur Durchführung einer Erhebung über die Löhne; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksachen 1809, 1818) 6263 D Nächste Sitzung 6263 D Anlagen 6265 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 6183 111. Sitzung Bonn, den 4. Mai 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.05 Uhr.
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauereisen 5. 5. Dr. Becker (Hersfeld) 31. 5. Blachstein 20. 5. Frau Brauksiepe 4. 5. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 15. 5. Bühler 4. 5. Cramer 4. 5. Frehsee 7. 5. Dr. Friedensburg 6. 5. Funk 7. 5. Dr. Furler 6. 5. Gaßmann 6. 5. Geiger (München) 6. 5. Frau Geisendörfer 6. 5. Gerns 6. 5. Dr. Görgen 20. 5. Dr. Gossel 6. 5. Häussler 4. 5. Dr. Heck (Rottweil) 6. 5. Heye 4. 5. Dr. Hoven 6. 5. Jacobs 7. 5. Keller 4. 5. Frau Kipp-Kaule 4. 5. Frau Klemmert 15. 5. Knobloch 6. 5. Köhler 6. 5. Kraft 9. 5. Krammig 4. 5. Dr. Leiske 6. 5. Müller (Worms) 7. 5. Frau Dr. Pannhoff 7. 5. Paul 6. 5. Dr. Preusker 6. 5. Pütz 4. 5. Ramms 6. 5. Rasch 20. 5. Dr. Ratzel 6. 5. Dr. Ripken 15. 5. Frau Schanzenbach 6. 5. Scharnberg 7. 5. Scheel 6. 5. Dr. Schild 4. 5. Schmücker 6. 5. Dr.-Ing. Seebohm 9. 5. Seidl (Dorfen) 6. 5. Solke 6. 5. Stahl 15. 5. Sühler 7. 5. Wehner 4. 5. Welslau 7. 5. b) Urlaubsanträge Dr. Dittrich 31. 5. Dopatka 21. 5. Erler 21. 5. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Greve 21. 5. Holla 20. 5. Hufnagel 13. 5. Jahn (Frankfurt) 2. 7. Jaksch 20. 5. Katzer 18. 6. Maier (Freiburg) 2. 7. Probst (Freiburg) 10. 5. Rasner 28. 5. Frau Dr. Rehling 12. 5. Sander 2. 7. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn a. Rh., d. 8. April 1960 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 217. Sitzung am 8. April 1960 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestag am 16. März 1960 verabschiedeten Gesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß Artikel 105 Abs. 3 und 135 Abs. 5 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat begrüßt die Absicht, die Erträge der „Stiftung Volkswagenwerk" zur Förderung von Wissenschaft und Technik in Forschung und Lehre zu verwenden. Er geht bei Erteilung seiner Zustimmung davon aus, daß die nach Anwendung des § 4 Buchst. b) des Vertrages verbleibenden Erträge den Ländern zufließen. Dabei erwartet der Bundesrat, daß im Rahmen der allgemeinen Zweckbestimmung des § 3 Abs. 1 des Vertrages die Länder frei über die Verwendung dieser Mittel entscheiden können und daß mit ihrer Zuweisung keine Auflagen verbunden werden, die die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Haushaltswirtschaft der Länder beeinträchtigen könnten. Dr. Röder Bonn, den 8. April 1960 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 18. März 1960 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Röder 6266 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jahn (Marburg) betreffend Verwendung von Fahrkarten der Bundesbahn mit Symbolen des NS-Regimes (Fragestunde der 111. Sitzung vom 4. 5. 1960, Drucksache 1810). Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, die Deutsche Bundesbahn darüber aufzuklären, daß die Verwendung von Fahrkarten mit eingeprägten Symbolen des NS-Regimes im Jahre 1960 mehr ist als eine unverantwortliche Schlamperei? Ist er bereit, darauf hinzuwirken, daß sämtliche, noch im Verkehr befindlichen Fahrkarten dieser Art unverzüglich vernichtet werden? Ich bin mit Ihnen, Herr Abgeordneter, und der Deutschen Bundesbahn darin einig, daß die einem Reisebüro unterlaufene Panne nicht hätte passieren dürfen. Es ist veranlaßt, daß sämtliche etwa noch vorhandenen Fahrkartenbestände dieser Art unverzüglich vernichtet werden. Seiermann Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg betreffend Errichtung eines Zementschuppens an der Autobahn bei Nikolassee (Fragestunde der 111. Sitzung vom 4. 5. 1960 Drucksache 1810). Weshalb hat die Bundesautobahn-Verwaltung bei der Errichtung eines kahlen Zementschuppens an der Einfahrt der Autobahn nach Berlin bei Nikolassee alle Regeln einer ansprechenden Architekturgestaltung und alle Regeln des Landschaftsschutzes außer acht gelassen? Weshalb hat sie das Vorbild eines daneben liegenden Gebäudes übersehen, das von der früheren Reichsautobahn-Verwaltung errichtet worden ist und das dem besonders repräsentativen Landschaftscharakter des betreffenden Standortes Rechnung trägt? Was gedenkt die Bundesautobahn-Verwaltung zu tun, um den angerichteten Schaden, der in der schönen Jahreszeit täglich für Zehntausende von naturliebenden Berlinern ein Ärgernis bieten muß, zu beseitigen oder wenigstens zu mildern? Bei dem beanstandeten Gebäude handelt es sich um eine Halle zur Aufnahme von Streugut für den Winterdienst auf der Bundesautobahn Avus, die in freitragender Binderkonstruktion aus Stahlbeton mit äußeren Sichtbetonflächen hergestellt worden ist. Die Wahl des Bauplatzes auf einem an der Bundesautobahn gelegenen Grundstück der Bundesautobahnverwaltung war zweckmäßig, weil das Gebäude den Bedürfnissen des Betriebes und der Unterhaltung der Autobahn dienen soll. Das auf dem Grundstück befindliche, vor 25 Jahren von der Reichsautobahnverwaltung errichtete Wohnhaus konnte nicht Vorbild für die Gestaltung sein, weil sich die Bauformen eines kleinen Wohnhauses nicht auf eine große stützenfreie Halle übertragen lassen. Bei der Gestaltung der Halle ist wegen ihrer Lage im Blickpunkt der Autobahnbenutzer versucht worden, eine ansprechende architektonische Gestaltung zu finden. Die Gebäudeformen sind Ausdruck der Konstruktion und entsprechen in ihrer Einfachheit der Zweckbestimmung des Gebäudes. Auch sind Klagen von anderer Seite bisher nicht bekanntgeworden. Ich darf aber bemerken, daß die Arbeiten an den Außenanlagen noch nicht abgeschlossen sind und sich deshalb dem Betrachter noch kein endgültiges und vollständiges Bild bietet. Wenn die Böschung zur Autobahn, wie vorgesehen, vollständig angelegt, befestigt und mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt ist, wird — so hoffe ich — erkennbar sein, daß auch dieses Gebäude in die Natur einwachsen und ein Bestandteil der Landschaft werden wird. Seiermann Anlage 5 Umdruck 576 Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Freihandelszone (Drucksache. 1305). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag stellt mit Bedauern fest, daß die Bemühungen um eine europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit seit Inkrafttreten des EWG-Vertrages zu einer Spaltung Europas geführt haben, daß der Beschluß der OEEC vom 13. Februar 1957 und der Beschluß des Bundestages vom 2. Oktober 1958 bisher nicht verwirklicht worden sind, daß die Fristverkürzungsvorschläge und die Vorschläge für eine gemeinsame Agrarpolitik die Tendenz der EWG zur Abspaltung von den anderen OEEC-Staaten sichtbar machen. Er ersucht die Bundesregierung, alles zu tun, um 1. die in der OEEC erzielten Fortschritte und gefaßten Beschlüsse in ihrem Bestande zu sichern. 2. gemäß Absprache des Herrn Bundeskanzlers mit dem französischen Staatschef nunmehr vor allem anderen die Verwirklichung des Beschlusses der OEEC vom 13. Februar 1957 durchzusetzen und eine Freihandelszone in Europa einzurichten, die auf multilateraler Basis den gemeinsamen Markt der Sechs und die anderen Mitgliedsländer vereinigt. Bonn, den 4. Mai 1960 Margulies Dr. Starke Lenz (Trossingen) und Fraktion
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    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das Wort als Vertreter des Bundesrates hat Herr Ministerpräsident von Hassel.
    von Hassel, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Behandlung der beiden Großen Anfragen ist heute im Deutschen Bundestag die Auffassung der Bundesregierung dargelegt worden, und der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sein Bekenntnis zur EWG und der darin verkörperten Zielsetzung mit dem ihm am Herzen liegenden Bestreben verbunden, alle denkbaren



    von Hassel
    und erreichbaren Möglichkeiten zur Beseitigung der Störungsmomente zwischen den EWG- und EFTA-Ländern auszuschöpfen.
    Sie haben, Herr Bundeswirtschaftsminister, als Ziel die gesamteuropäische Integration herausgestellt, Sie haben aber sehr deutlich die Aufrechterhaltung der bestehenden Verbindungen proklamiert, Sie haben gesprochen von der Wiederaufnahme der Gespräche mit den Handelspartnern außerhalb der EWG. Sie haben Ihre Auffassung über die multilateralen Bestrebungen dargelegt. Sie haben miteinander verbunden die europäischen Aspekte und die weltweiten und atlantischen Entwicklungen. Sie haben von den Kontaktmöglichkeiten gesprochen, und Sie haben einen sehr deutlichen Satz gesagt, daß nämlich die Isolierung eine schlechte Politik wäre.
    Für uns in den deutschen Bundesländern sind zwei Schlußfolgerungen besonders erfreulich, daß nämlich der sich abzeichnende Weg ersprießlich und hoffnungsvoll sei und daß die Möglichkeiten einer Verständigung in guter Atmosphäre gegeben seien. Die betroffenen Bundesländer und ihre Wirtschaft werden Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, für diese Ihre Einstellung Dank wissen.
    Meine Damen und Herren, wenn ein Ministerpräsident im Deutschen Bundestag im Auftrag einer Reihe seiner Kollegen, nämlich der Ministerpräsidenten und der Bürgermeister der Küstenländer, das Wort erbittet, so ist das sicher ein Zeichen dafür, daß es sich um Sorgen besonderer Art handelt, für die er hier im Auftrage seiner Kollegen und der deutschen Länder — ich glaube, das wird die Aussprache im deutschen Bundesrat übermorgen auch zeigen: für alle deutschen Länder — einmal Ihre Zeit für eine halbe Stunde in Anspruch nimmt.
    Das uns allen vorschwebende große Ziel, die Einheit und die wirtschaftliche Fundierung des freien Europas, sollte angestrebt werden durch ein Aneinander-Gewöhnen, durch rücksichtsvolles Miteinander und durch ein behutsames Vorgehen, das Überkommenes und Gewachsenes im politischen, im kulturellen, im wirtschaftlichen Bereich nicht überrennt. So wird man gewiß am ehesten mit den Lasten und den Ressentiments aus der hinter uns liegenden Zeit fertig werden.
    Wenn man das von uns allen angestrebte Ziel erreichen will, muß man also auch die Schicksale und die Sorgen einzelner und einzelner Wirtschaftsräume wichtig nehmen, wenn die Einheitlichkeit von Wohlstand und Lebenshaltung nicht gefährdet werden soll. Das veranlaßt mich, als Ministerpräsident des nördlichsten Bundeslandes und, wie ich schon sagte, aus dieser Sicht auch für alle anderen Küstenländer zu sprechen, deren Sorgen sich mit den unsrigen decken. Diese Länder liegen zwar peripher zu den Zentren der industriellen Produktion in der Bundesrepublik, aber auch sie haben ihre Bedeutung im wirtschaftlichen Geschehen nach dem Zusammenbruch neu beweisen können. Hamburg und Bremen sind Handels- und Hafenplätze mit Ansehen und Geltung geblieben. Niedersachsen hat sich in den Hannoverschen Messen — gestern ist gerade wieder eine zu Ende gegangen — an die
    gesamte Welt gewandt, um für die Leistung des Gewerbefleißes der Bundesrepublik, den fortschrittlichen Geist ihrer Wirtschaft zu werben und ihn zu empfehlen. Schleswig-Holstein als natürliche Brücke zum Norden, zu den Volkswirtschaften des skandinavischen Raumes hat diese traditionelle Rolle auch nach dem Zusammenbruch mit beachtlichen Ergebnissen ausgefüllt.
    In diesen Ländern sind die Verflechtungen mit denjenigen Nationen und Volkswirtschaften, die heute in der EFTA zusammengeschlossen sind, besonders stark, viel weitergehend, als es für den Durchschnitt der Bundesrepublik erkennbar ist. Diese Küstenländer befürchten, in eine Randlage zu geraten, in der sich an die Stelle des Verbindenden das Trennende in den Vordergrund schiebt. Daß diese Bundesländer — das gilt nicht nur für die Küstenländer — ohnehin durch die Zonengrenze besonders hart getroffen und in ihrer Entfaltungsmöglichkeit beeinträchtigt sind, verschlimmert ihre Lage. Daraus ergibt sich für mich die Verpflichtung, den Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers einige Akzente hinzuzufügen.
    Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen. Als die Verträge von Rom anfingen, Gestalt anzunehmen, haben die deutschen Bundesländer im Bundesrat mit den Vertretern der Bundesregierung, mit Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, mit dem Herrn Außenminister, dem Herrn Verkehrsminister die Bestimmungen behandelt, die auf die Länder, insonderheit auf die peripheren Länder, Einfluß haben können. Damals haben wir — etwa auf dem Gebiete der Verkehrspolitik oder zu den Fragen der Zonenrandgebiete oder den übrigen Problemen entlang der nassen und der trockenen Grenzen — Lösungen finden können, die verhindern, daß durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft neue Sorgen und Schwierigkeiten auf die Rand- oder die Küstenländer zukommen. Wir haben im Grundsatz erreichen können, daß von den Verträgen her die Bundesrepublik Deutschland keine Notstandsräume, keine strukturellen Schwächen nachzubehalten brauchte. Die gemeinsamen Vorberatungen im Bundesrat haben sich als sehr wesentliche Beiträge für die Endformulierung der Verträge erwiesen. Ich hoffe, daß auch in der Zukunft der deutsche Bundesrat bei den Fragen der Weiterentwicklung, der Ausgestaltung dieser Verträge eingeschaltet bleibt.
    Als die ersten Nachrichten über die Bildung der EFTA die politische Öffentlichkeit in Europa beschäftigten, haben wir in den Ländern, die an die EFTA-Räume angrenzen, sehr schnell reagiert. Wir haben unsere Sorgen dahingehend geäußert, daß ein Wirksamwerden dieses Zusammenschlusses zu einer Entfremdung zwischen Wirtschaftspartnern von gestern und heute führen könne.
    Erklärungen maßgeblicher Politiker und Regierungsstellen aus allen Ländern des EFTA-Bereiches ließen erkennen, daß es zu dieser Form des Zusammenschlusses erst gekommen sei, nachdem die Aussichtslosigkeit von Bemühungen um einen als richtig anerkannten größeren Zusammenschluß deutlich geworden sei. Vorgeschwebt hat hierbei offensichtlich eine Zusammenarbeit, wie sie sich für alle in



    von Hassel
    der OEEC verbundenen westeuropäischen Volkswirtschaften segensreich ausgewirkt hat. Enttäuscht war man insbesondere darüber, daß die bei der Einführung der römischen Verträge bekräftigte Absicht — viele sehen sie sogar mindestens als eine starke moralische Verpflichtung — für absehbare Zeit nicht Wirklichkeit zu werden schien. Vorbehalte in weiten Kreisen der einheimischen Wirtschaft steigerten sich zu einem ausgesprochenen Unbehagen, als in den Auslassungen über die EFTA das Wort „Kampf" gebraucht wurde und sich abzuzeichnen begann, daß ernsthafte Störungen alter Wirtschaftsbeziehungen nicht ausgeschlossen erschienen. In den Reden und den Veröffentlichungen mancher europäischer Staatsmänner werden wir immer wieder daran erinnert, wie stark sich die Sorge um nachteilige Auswirkungen der bestehenden EWG-EFTA-
    Situation über die Verantwortung der einzelnen Nationen hinaus zu einer Sorge um das freie Europa, seine Leistung und seine Widerstandskraft verdichtet.
    Meine Damen und Herren, als Sprecher für die Küstenländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen und als Vermittler der Gedanken, die die Wirtschaft dieses Bereiches bewegen, muß ich vorausstellen, daß wir es für äußerst bedenklich ansehen würden, wenn wir die neuen Formen der Zusammenarbeit, die in der EWG ihre Bewährung finden sollen, .durch Nachteile und Mißerfolge im Wirtschaftsleben 'der Randgebiete belasteten. Diese Gefahren und deren Folgen sind von allen, 'die Verantwortung zu tragen haben, sehr sorgsam zu bedenken.
    In der Zusammenarbeit in der EWG soll jenes Maß von gegenseitiger Toleranz und Rücksichtnahme der sechs Nationen, die sich hiermit auf einer Vorstufe zu einer weitergehenden politischen Integration befinden, vorgelebt werden, das auch denjenigen Nationen und Volkswirtschaften nicht versagt werden darf, die bisher als traditionelle und zuverlässige Handelspartner, ja, als wohlmeinende Freunde unsere Achtung und Dankbarkeit verdient haben.
    Wie intensiv die Handelsverflechtungen der norddeutschen Küstenländer z. B. mit Skandinavien sind, darf ich in Ergänzung dessen, was schon in der Aussprache des Vormittags von anderer Seite angeführt worden ist, mit wenigen Zahlen verdeutlichen. Der Anteil der Exporte von in diesen Ländern hergestellten Industriewaren in die EFTA-Länder betrug im Jahre 1959 über 31 % gegenüber einer Ausfuhr von nur 16 % in die EWG-Staaten. Die Zahlen für die einzelnen Länder sind eindrucksvoller. Bremen z. B. exportierte rund 40 % seiner Waren in die EFTA-Länder und 16 % in die EWG-Länder, Hamburg rund 29 % in die EFTA-Länder und nur 15 % in die EWG-Länder, Niedersachsen rund 26 % in die EFTA-Länder und rund 16 % in die EWG-Länder, Schleswig-Holstein schließlich rund 51 % in die EFTA-Länder und nur etwa 17 % in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.
    Ich könnte diese Zahlen noch ergänzen um Angaben über die Auswirkungen der Zollveränderungen, die sich durch die Beschleunigungsvorgänge
    ergeben würden. Ich hoffe aber, daß diese Vorschläge sorgfältig geprüft werden, und bin dankbar dafür, daß, wie aus dem Kabinettsbeschluß vom 22. April dieses Jahres sichtbar wird, diese Frage einer ganz besonders sorgfältigen weiteren Behandlung vorbehalten bleibt.
    In den vorerwähnten Zahlen kommt auch nicht zum Ausdruck, welche entscheidende Bedeutung diese Handelsbeziehungen für einzelne strukturbestimmte Wirtschaftszweige haben. Sogar auf die Termine des Vertrages sich einzustellen, wird für weite Teile 'dieser Wirtschaft schon erhebliche Anstrengungen bedingen.
    Meine Damen und Herren, die Konferenz der Wirtschaftsminister der Länder mit dem Bundeswirtschaftsminister am 12. Januar dieses Jahres gab eine erste Gelegenheit eines Ländervergleichs der voraussichtlichen Auswirkungen einer handelspolitischen Trennung in Europa. Es ergab sich, daß zwar für 'das Bundesgebiet der EWG-Raum und der EFTA-Raum ungefähr den gleichen Außenhandelsanteil beanspruchen, daß aber für die zahlreichen Teilräume der Bundesrepublik stark unterschiedliche Verhältnisse vorliegen. Ich habe dargelegt, daß nicht selten ein Obergewicht des Außenhandels mit den EFTA-Ländern in Erscheinung tritt, dessen Begrenzung zu sehr ernsthaften Störungen des Wirtschaftslebens in diesen Bundesländern führen muß. Das gilt vornehmlich für die Länder in der Randlage, wo die gemeinsame Grenze mit einzelnen EFTA-Staaten den Warenaustausch von jeher günstig beeinflußt hat.
    Von diesen Sorgen getragen hat der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates in der vergangenen Woche einstimmig eine Entschließung der vier Küstenländer angenommen, die im übrigen übermorgen dem Bundesrat vorliegen wird. Es besteht kein Zweifel darüber, daß im Bundesrat die gleiche Auffassung aller Länder erreicht wird.
    In dieser Entschließung heißt es, daß es der Bundesrat anläßlich der Zustimmung zu den römischen Verträgen damals, am 3. Mai 1957, für erforderlich gehalten hat, daß die Bundesregierung im Sinne der gemeinsamen Erklärung der EWG-Mitgliedstaaten mit größter Beschleunigung alle notwendigen Schritte unternimmt, die zu einer europäischen Gesamtlösung führen.
    Der Bundesrat fährt in seiner Entschließung fort:
    Er unterstützt daher alle Bemühungen der Bundesregierung zur Bildung des Gemeinsamen Marktes im Sinne der im Vertrag vorgesehenen Zielsetzung. Der Bundesrat stellt mit Sorge fest, daß ohne einen Ausgleich mit den EFTA-Staaten für die Bundesländer ernsthafte außenwirtschaftliche Schwierigkeiten zu erwarten sein werden.
    Schließlich heißt es:
    Der Bundesrat bittet daher unter Bezugnahme auf den Beschluß der Wirtschaftsministerkonferenz vom 12. Januar 1960 die Bundesregierung, alles zu tun, um eine europäische Gesamtlösung noch vor der ersten Angleichung an den ge-

    von Hassel
    meinsamen Zolltarif der EWG zu finden. Er bittet insbesondere darum, daß die Bundesregierung im Ministerrat der EWG die geeigneten Schritte unternimmt, um die Aufnahme von gemeinsamen Verhandlungen mit den EFTA-Staaten zu erwirken.
    Meine Damen und Herren, wenn ich hier auf die Gefahren aufmerksam mache, die aus den wirtschaftlichen Störungen auch für die politische Situation in diesen Randgebieten entstehen können, so brauche ich nicht zu betonen, daß ich weit entfernt davon hin, dabei die entscheidende Bedeutung der EWG für den mittel- und westeuropäischen Raum wie auch für die Notwendigkeit ,des europäischen Zusammenschlusses irgendwie abzuschwächen. Vor allem wurden und werden die politischen Gesichtspunkte, die zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geführt haben, nach wie vor auch von den Küstenländern voll gebilligt und unterstützt.
    Der Wert, der in der Beseitigung des jahrhundertealten Gegensatzes zwischen Frankreich und Deutschland liegt, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Vertrauen und Zusammengehörigkeitsbewußtsein der beiden Völker in freiheitlichem europäischem Geist erwecken Hoffnungen und setzen weite Ziele, die erstmals in der Form der EWG möglich wurden. Die dauerhafte deutsch-französische Verständigung ist die Grundlage für die Wiedergeburt Europas aus den Trümmern des letzten Krieges und für die Sicherung von Freiheit und Frieden.
    Wir wissen, daß die wirtschaftlichen Vorgänge im EWG-Bereich und des Außenhandels der EWG- Länder heute schon eine eindrucksvolle Wirtschaftskraft entfalten, ohne daß wesentliche Eingriffe oder Maßnahmen, die die Verträge vorschreiben, bereits zum Anlaufen gekommen sind. Die Auswirkungen dieses Zusammenschlusses auf das wirtschaftliche Hand-in-Hand der EWG-Partner sprechen in den Statistiken über das abgelaufene Jahr bereits eine sehr deutliche und sehr erfreuliche Sprache. Die Zuwachsraten der Grundstofferzeugung und der wichtigsten Zweige der Industrieproduktion liegen über denen vieler westlicher Länder. Das Ausmaß der Leistungen - ich denke z. B. an Rohstahlerzeugung, Zementerzeugung, Beispiele, die noch erweitert werden können — liegt zwischen den vergleichbaren Leistungen der Vereinigten Staaten und denen der Sowjetunion. Diese Entwicklung im EWG-Raum zu fördern muß angesichts der forcierten Produktionsausweitung im Ostblock, mit der wir rechnen müssen und die häufig Anlaß zu Debatten im Außenpolitischen Ausschuß auch des Bundesrates gewesen ist, als besondere Pflicht vor uns und von uns anerkannt werden.
    Wir dürfen hierbei nicht einen Augenblick außer acht lassen, daß die Auseinandersetzungen in der Welt auch von der Kraft und den Leistungen der Wirtschaft mitbestimmt werden. Diese sind mitbestimmend für die Sicherung unserer Freiheit und die Begründung eines angemessenen Wohlstandes, in dem die Freiheit eine zuverlässige Heimstatt haben kann in den vielen Völkern und Gemeinschaften, die heute Gegenstand besonderer und betonter Fürsorge der westlichen Welt sind.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber erneut betonen: Wir in ,den Küstenländern sehen Gefahren für die Gemeinschaft, die sich aus der noch nicht wirksam gewordenen Annäherung zwischen EWG und EFTA, d. h. der Schaffung eines größeren europäischen wirtschaftlichen Zusammenschlusses ergeben könnten. Wir haben die Sorge, daß das Ziel der Gemeinschaft in Frage gestellt werden könnte, zu dem sich die betreffenden und die betroffenen Länder — auch wir, die Küstenländer — ohne Zwang von außen bekannt haben.
    Wir wissen und betonen es auch hier, daß der politische Wert dieser Gemeinschaft über den rein wirtschaftlichen Effekt hinausgeht und daß wir das bei der Betrachtung und bei der Bewertung einzelner unvermeidbarer Verzichte nicht vergessen dürfen. Ich betone also noch einmal das Bekenntnis der Küstenländer zur EWG.
    Aber die Küstenländer vermögen in ihrer besonderen Situation nicht einzusehen, daß die Ausgestaltung und die Stärkung der Gemeinschaft eine Vernachlässigung oder gar eine Abkehr von den Handelspartnern bedingen soll, die uns in langjähriger Zusammenarbeit zu geachteten Freunden geworden sind. Es ist für uns und die Wirtschaft der Bundesrepublik schon unerhört schwierig, sich mit einer sinnlosen Willkürgrenze quer durch Deutschland immer wieder auseinandersetzen zu müssen. Neue Trennungslinien mit neuen Schwierigkeiten müssen wir Deutschen daher angesichts unseres Schicksals unter allen Umständen vermeiden.
    Wie denken wir uns nun die Beziehungen zur EFTA? Wir möchten die Warenströme von und nach den EFTA-Ländern erhalten und sie entsprechend dem Wachstum des Sozialprodukts in der EWG ausgestalten und steigern. Dazu sind Aufgeschlossenheit und Fairneß gegenüber allen unseren Handelspartnern erforderlich. Wenn gesagt wird, daß die derzeitige freundliche Konjunktur eine Eile gestatte, die beim Abschluß der Verträge nicht vorauszusehen war, so ist dem entgegenzuhalten, daß eine gleiche Konjunktur auch den EFTA-Ländern und deren Absichten auf Umlenkung der Warenströme förderlich sein könnte.
    Eine nachteilige Beeinflussung unserer Handelsbeziehungen könnte auch von den stellenweise zu hohen Zöllen des gemeinsamen Tarifes ausgehen, der in der Betrachtungsweise zahlreicher Wirtschaftskreise im In- und Ausland, auch in einigen EFTA-Ländern, noch als zu proktektionistisch angesehen wird. Die bisher vorgesehene Kürzung des gemeinsamen Tarifs sollte daher und aus vielen anderen Gründen Bestandteil des Programms zur Kürzung der in der EWG vorgesehenen Übergangszeiten bleiben. Ich bin dankbar dafür, daß diese Frage auch in dem Kabinettsbeschluß, der heute morgen von Herrn Professor Erhard behandelt wurde, Gegenstandgewesen ist und in ihn Aufnahme gefunden hat.
    Bei einer Erhöhung der protektonistischen Wirkung des gemeinsamen Zolltarifs und der von ihm unter Umständen hervorgerufenen Gegenwirkungen würden wir in Norddeutschland auf eine Reihe von



    von Hassel
    Konsequenzen gefaßt sein müssen wie auf wirtschaftliche Ausfälle bis zu ,dem Ausmaß einer Teildepression, wenn der hohe Anteil der Ausfuhr in die EFTA-Länder kurzfristig abgebaut werden müßte. Oder wir würden auf die Verlagerungen beträchtlicher Teile des Außenhandels und des Hafenumschlags zuungunsten unserer Handels- und Hafenstädte gefaßt sein müssen. Unsere Partner und unsere Freunde in der EWG mögen sich darüber im klaren sein, daß es auch nicht in ihrem eigenen Interesse liegt, wenn eine Überkonzentration in ihren Häfen stattfindet und damit unsere Häfen veröden. Wirtschaftliche Verödung führt zu unübersehbaren politischen Entwicklungen, die weiter reichen würden als nur bis 'zu den innerdeutschen Ländergrenzen. Nicht zuletzt müßten wir auf Rückschläge in den Beziehungen zu den Ländern gefaßt sein, denen im Krieg durch uns Nachteile widerfahren sind.
    Skandinavien und der norddeutsche Raum ergänzen sich in vielem. Wir möchten daher, daß die Produktion insbesondere Norddeutschlands und die der Wirtschaft der benachbarten Nationen im gemeinsamen Interesse und im Sinne einer fortschreitenden Produktivitätssteigerung noch enger miteinander verflochten werden. In dieser Hinsicht ist vielleicht eine Zusammenarbeit mit dem Nordischen Rat angezeigt, dessen wirtschaftliche Organe sich gelegentlich einer Tagung vor einigen Wochen eine Koordinierung der Ausbaupolitik der Wirtschaft in den skandinavischen Ländern als Aufgabe gestellt haben.
    Wir möchten in unseren Häfen — das sagte ich bereits —, aber auch auf unseren Werften jene Impulse weiter wirken lassen, die von den Freunden und den Handelspartnern ausgingen und ausgehen, die uns in der schwersten Zeit unseres Vaterlandes so sehr geholfen haben.
    Ich befürchte, daß ohne den Ausgleich zwischen der EWG und der EFTA eine Desintegration der Handelspolitik der beiden Blöcke droht, die früher oder später den Handelsverkehr der Bundesrepublik mit diesen Ländern, den wir beibehalten und gefördert wissen möchten, zwangsläufig drosseln wird.
    Die internationale Arbeitsteilung in Europa sollte im Zuge der Integration nicht eingeschränkt, sondern verfeinert werden. Ein allgemeines handelspolitisches Abkommen zwischen den Räumen der EWG und der EFTA muß deshalb mit Nachdruck angestrebt werden. Ein solches Abkommen könnte besonderen, Vereinbarungen über einzelne Erzeugungsgruppen und Länder Raum geben. Diese Vereinbarungen, die uns politisch vordringlich erscheinen, müssen auch wirtschaftspolitisch realisierbar sein.
    Ich möchte an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck geben, daß auch die EFTA-Länder nunmehr konkretere Vorschläge für ihre Zusammenarbeit mit der EWG erbringen. Denn der von ihnen geäußerte Wunsch auf Angleichung der Termine der Zollermäßigung und der Kontingentbeseitigung in den beiden Bereichen kann lediglich als eine abwartende Stellungnahme gewertet werden. Die EFTA-
    Länder werden sicher illusionslos erkannt haben, daß die EWG eine Realität ist und daß sie sich auf diese Realität einstellen müssen.
    Kritische Stimmen in den Küstenländern berechtigen nicht zu der Hoffnung, daß etwa Chancen bestehen, daß die Gemeinschaft eines Tages wieder abgebaut werden könnte. Die Küstenländer ihrerseits lassen sicher keine Möglichkeit aus, ihre Freunde draußen in der Welt zu bitten, ihrerseits alles zu tun, was das Verhandlungsklima zwischen EWG und EFTA mit vorbereitet, so wie auch wir in den Küstenländern uns bei unseren Freunden darum bemühen.
    Verschiedene Gremien sind in der letzten Zeit gebildet worden, die Ansatz- und Kristallisationspunkte für Ideen und Gespräche zur Behebung der sich abzeichnenden Spannungen ergeben könnten. Ich bin der Ansicht, daß z. B. der von der Kommission der EWG angeregte Kontaktausschuß eine wertvolle Arbeit zu leisten vermag, wenn er bei aller Fürsorge für den störenden Einzelfall eine Konzeption entwickelt, die allgemeine Vereinbarungen ermöglicht.
    In diesen Tagen sind die Berichte der Wirtschaftskommission der UN für Europa, der ECE, für. das abgelaufene Jahr veröffentlicht worden. Sie lassen erkennen, daß das westliche Europa Verantwortungsbewußtsein für das Ganze bewiesen und einem wirtschaftlichen Aufschwung den Weg gebahnt hat, der in der Welt einmalig dasteht. Eine freiwillige, disziplinierte, aufgeschlossene und rücksichtsvolle Zusammenarbeit hat sich segensreich für alle beteiligten Nationen und für die Lebenshaltung ihrer Menschen ausgewirkt. Es sollte also auch möglich sein, Störungsmomente zwischen der EWG und der EFTA auszuschalten, wenn wir alle Kraft für ein gemeinsames Europa einsetzen.
    Die Küstenländer unterstützen daher die Bundesregierung in dem Bemühen, Wege zu erschließen, auf denen es möglich sein wird, der Wirtschaft weiter Teile der Bundesrepublik Nachteile und Enttäuschungen sowie der jungen EWG schmerzliche Belastungen zu ersparen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der FDP.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ludwig Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neben der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands sind es zwei Punkte gewesen, die meine Fraktion seinerzeit dazu bewogen haben, Wünsche und Forderungen geltend zu machen, als wir dem EWG-Vertrag zustimmten. Das ist auf der einen Seite die Freihandelszone, auf der anderen Seite die Frage der assoziierten Gebiete, also die Sorge, daß die Bundesrepublik in einen neuen Kolonialismus verstrickt werden könnte.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat uns heute Willenserklärungen vorgetragen, die wir gern zur Kenntnis genommen haben. Wir haben nur den Wunsch, daß das, was als Willen dokumentiert



    Metzger
    worden ist, auch in der Praxis durchgehalten wird, und unsere Kritik soll nicht zuletzt dazu dienen, der Bundesregierung und ihrem Bundeswirtschaftsminister in diesem Kampf um das Durchhalten des eigenen Willens den Rücken zu stärken.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat gesagt, daß die Regierung der Trennung Europas keinen j Vorschub leisten wolle. Wir glauben ihm das aufs Wort, aber es kommt auch darauf an, daß man gewisse Dinge, die, ob sie gewollt sind oder nicht, in diese Richtung gehen könnten, nicht gewähren läßt. Es genügt nicht, daß man keinen Vorschub leistet, sondern man muß unter Umständen auch durch sein eigenes Tun unglückselige Entwicklungen verhindern. Wir wünschen, daß die Bundesregierung, insbesondere ihr Bundeswirtschaftsminister, dafür sorgt, daß solche Entwicklungen verhindert werden.
    Wir wissen, wie viele einander zuwiderlaufende Kräfte in der EWG vorhanden sind. Man darf nicht einfach einem Kräftestrom widerstandslos gegenüberstehen, sondern man muß sich ihm so entgegenstellen, daß man die eigene Gegenkraft entwickelt. Wir wünschen, daß diese Gegenkräfte entwickelt werden.
    Ich möchte mich zunächst dem Punkt der Assoziierung zuwenden. Der Herr Bundeswirtschaftsminister vertritt, wie ich mit Freuden gehört habe, die Auffassung — ich nehme an, daß es auch die Auffassung der Regierung ist —, deß die der EWG assoziierten überseeischen Gebiete auch dann das Recht behalten, in der Assoziierung zu bleiben, wenn sie ihre Souveränität erlangen. Das ist ein großes Wort, das keineswegs selbstverständlich ist. Wir haben im Europäischen Parlament erlebt, wie sehr man über diese Frage streitet und wie man auch nach Argumenten sucht, um eine gegenteilige Auffassung zu vertreten. Der EWG-Vertrag bestimmt in seinem Art. 131, daß die überseeischen Gebiete, die besondere Beziehungen zu vier Mitgliedstaaten unterhalten, der EWG assoziiert werden. An diesem Begriff der „besonderen Beziehungen" wird es sich in Zukunft entscheiden, ob in der EWG noch neokolonialistische Auffassungen vorhanden sind oder nicht. Es wird nämlich manchmal der Standpunkt vertreten — wir haben ihn gerade von französischen Abgeordneten gehört —, daß das Bestehen der „besonderen Beziehungen" Voraussetzung dafür ist, daß die assoziierten Gebiete weiterhin assoziiert bleiben. Mit anderen Worten: wenn ein Gebiet keine „besonderen Beziehungen" mehr hat, wenn es souverän wird, scheidet es damit automatisch aus der Assoziation aus.
    Man versucht ein Pflästerchen zu geben, indem man sagt: Wenn dieses Gebiet ausscheidet, dann hat es ja nach Art. 238 die Möglichkeit, erneut die Assoziation zu beantragen. Dabei wird aber bewußt übersehen, daß ,diese neue Beantragung und der Erfolg, der daran geknüpft werden soll, voraussetzen, daß alle Mitgliedstaaten zustimmen. Es wäre sehr wohl möglich, daß bei einem neuen Assoziierungsverfahren gerade das ehemalige Kolonialland Bedingungen stellt, die für das souverän gewordene Land unannehmbar sind, und da würde es sich zeigen, daß man doch gewillt ist, einen gewissen Druck auszuüben. In Wirklichkeit kann es gar keinen Zweifel darüber geben, daß das Merkmal der „besonderen Beziehungen" nur ein Merkmal für die Aufnahme in die Assoziierung war, daß es aber kein konstitutives Merkmal für 'die Dauer ist und kein Merkmal dafür, daß die Länder nur unter diesen Bedingungen assoziierte Mitglieder sein können; denn der Art. 131 sieht vor, daß die EWG diesen Ländern und Hoheitsgebieten helfen soll, daß sie wirtschaftlich, sozial und kulturell gefördert werden sollen. Im Abs. 3 des Art. 131 ist ausdrücklich auf die Präambel Bezug genommen, und in der Präambel ist auf die Charta der UNO Bezug genommen, in der das Selbstbestimmungsrecht der Völker verankert ist. Damit ist in den Vertrag der Gedanke des Selbstbestimmungsrechts der Völker aufgenommen, so daß nicht nur eine Förderung in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Beziehung, sondern auch in staatspolitischer Beziehung in Frage kommt.
    Wenn man dieses dynamische Element in dem Vertrag betrachtet, wird es klar, daß das statische Element der „besonderen Beziehungen" nicht ausschlaggebend sein kann, wenn diese besonderen Beziehungen wegfallen und wenn ein assoziiertes Gebiet souverän geworden ist. Es wird von dem Willen des souverän gewordenen Landes abhängen, ob es weiterhin die Vorteile der Assoziierung und die daraus resultierenden Rechte wahrnehmen oder ob es aus der Assoziierung ausscheiden will.
    Ein zweiter Punkt, der zunächst juristisch erscheint, ist von größter politischer Tragweite. Wir müssen nämlich darauf achten, daß die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete mit der EWG assoziiert sind; sie sind nicht etwa mit dem ehemaligen Heimatland, sondern sie sind mit der neuen völkerrechtlichen Gemeinschaft, der EWG, die ja etwas .anderes als die sechs Länder ist, assoziiert. Daraus ergeben sich erhebliche praktische Konsequenzen, die sich in praktischen Beispielen darbieten. Wenn z. B. aus dem Entwicklungsfonds Gelder gegeben werden, sei es auf Beschluß der Kommission, sei es auf Beschluß des Ministerrats — je nach den Bestimmungen des Vertrages —, dann hat die EWG selbst die Entscheidung zu treffen, denn die EWG selbst hat die Beziehungen zu diesen assoziierten Gebieten.
    Wie sehen die Dinge in Wirklichkeit aus? Wir wissen, daß bei der Frage der Bewilligung von Mitteln aus dem Entwicklungsfonds an überseeische Gebiete die Heimatländer, also die ehemaligen Kolonialländer versuchen, ihren Einfluß geltend zu machen. Frankreich z. B. verlangt bei der Gewährung solcher Mittel, daß man die Durchführung der Arbeiten in die Hände von französischen Unternehmungen legt. Wenn Unternehmer aus den übrigen EWG-Ländern mitwirken wollen, müssen sie sich mit einem französischen Unternehmer assoziieren. Es besteht gar kein Zweifel, daß dieses Verfahren dem Vertrag widerspricht. Trotzdem wird es im Augenblick praktiziert. Ich weiß, daß bei den französischen Behörden eine ganze Reihe von Objekten, die für die assoziierten Gebiete seit Monaten bewilligt werden sollen, nur deshalb verzögert werden, weil man sich über diese Frage nicht einigen kann, weil Frankreich versucht, seinen Einfluß als ehemaliges



    Metzger
    Heimatland geltend zu machen, während in Wirklichkeit die EWG zuständig ist. Es kann gar keinen Zweifel darüber geben, daß dieses Verfahren verhängnisvolle Folgen haben kann; denn in diesen überseeischen Gebieten werden ja Hoffnungen erweckt, Hoffnungen, die erfüllt werden sollten, wenn irgendwie die sachlichen Voraussetzungen gegeben sind. In vielen Fällen sind die sachlichen Voraussetzungen gegeben, trotzdem warten diese Länder Monate um Monate und müssen von der EWG vertröstet werden, weil bei irgendeiner bürokratischen Stelle, an sehr hoher Stelle, Anträge liegen, die nicht weiterbearbeitet werden, weil man sich über diesen Punkt nicht einigen kann.
    Es ist für unsere Regierung wichtig, zu sehen, daß hier ein Problem liegt, und darauf zu drängen, daß man von der juristisch richtigen Auffassung ausgeht; diese überseeischen Gebiete sind der EWG direkt assoziiert; die EWG selbst hat die Kompetenz, sei es die Kommission, sei es der Ministerrat. Diese Kompetenz sollte sie sich auch nicht nehmen lassen.
    Das dritte Problem, das ja im Europäischen Parlament eine große Rolle gespielt hat, besteht darin, daß die Assoziierung allmählich aus einem einseitigen zu einem zweiseitigen Verhältnis wird. Als die Assoziierung erfolgte, waren all diese überseeischen Gebiete noch durch ihre Heimatländer vertreten. Diese Heimatländer haben also gewissermaßen mit sich selbst den Assoziierungsvertrag abgeschlossen. Inzwischen hat sich in dieser Beziehung vieles gewandelt. Ich brauche nur an die Mitgliedstaaten der französischen Gemeinschaft zu erinnern. Ich brauche an die Länder zu erinnern, die selbständig geworden sind, Guinea, Kamerun usw., oder an Belgisch-Kongo, das am 1. Juli selbständig wird, oder an Ruanda-Urundi. Da sieht man, welche Wandlung sich vollzogen hat und daß die Entwicklung dahin drängt, daß die assoziierten Gebiete nicht einfach ein Appendix der EWG bleiben, daß sie nicht einfach von der EWG gegängelt werden, sondern daß als Vertragspartner auf der einen Seite die EWG und auf der anderen Seite der geschlossene Block der assoziierten Gebiete steht. Beide Seiten müssen ihre Organe haben, die dann auf gleicher Ebene mit gleichem Recht miteinander verhandeln.
    Deswegen hat das Europäische Parlament vorgeschlagen, sobald wie möglich solche Verhandlungen auf Regierungsebene und auf parlamentarischer Ebene durchzuführen. Wir haben den Wunsch an unsere Regierung, dabei zu helfen, daß diese Forderung des Europäischen Parlaments nach möglichst baldigen Verhandlungen auf gleicher Ebene, die von den Abgeordneten aller Fraktionen unterstützt worden ist, verwirklicht wird.
    Es gibt da eine große Zahl von Verhandlungspunkten. Ich denke an die Frage der Assoziierung selbst, ich denke an die Frage des Entwicklungsfonds und an all die Dinge, bei denen die überseeischen Gebiete als gleichberechtigte Partner mitreden müssen. Das künftige Schicksal Europas — darüber kann es keinen Zweifel geben — hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie das Verhältnis
    zwischen Europa und Afrika sowie den überseeischen Gebieten gestaltet wird. Die Frage ist, ob es uns gelingen kann, ein Freundschaftsverhältnis zu den überseeischen Gebieten zu schaffen, oder ob wir diese überseeischen Gebiete und ihre Völker in eine Opposition gegen uns oder sogar in noch mehr hineintreiben.
    Daß wir auf diesem Gebiet nicht immer sehr gut verfahren sind und daß auch die Bundesregierung keineswegs überall das getan hat, was sie hätte tun sollen — der Herr Bundeswirtschaftsminister hat hier heute morgen das Gegenteil behauptet —, kann gar nicht zweifelhaft sein. Wir haben den Probefall bei Guinea erlebt. Guinea ist auf Grund der Abstimmung, die ihm von Frankreich gewährt worden ist, souverän geworden. Frankreich hat sich zurückgezogen und hat den letzten Federhalter aus Guinea herausgeholt. Die EWG hat sich nun nicht etwa ihrer Verpflichtung erinnert, den Leuten von Guinea zu sagen, sie blieben weiterhin Mitglied des Assoziierungsverhältnisses. Man hat Guinea mehr oder weniger allein gelassen und sich dann gewundert, als alle möglichen Folgen eintraten, die niemand von uns wünschen kann, die aber letzten Endes eingetreten sind, weil auf europäischer Seite ein erhebliches Maß von Schuld vorliegt. Wir sollten dafür sorgen — und die Regierung sollte sich dafür stark machen —, daß solche Schuldkonten in Zukunft nicht mehr entstehen können. Gerade wir als Bundesrepublik sollten hier eine Vermittlerrolle übernehmen und dafür sorgen, daß der Vertrag nicht nur vernünftig ausgelegt, sondern auch in der richtigen Weise gehandhabt und ausgeführt wird.
    In dem Punkt 6 unserer Großen Anfrage machen wir deutlich, daß es uns nicht nur darum gehen kann, den assoziierten Gebieten über die EWG in einer besonderen Weise Hilfe zu leisten, sondern daß wir als Europäer die Aufgabe haben, uns um die unterentwickelten Gebiete insgesamt zu kümmern, daß da also kein Unterschied gemacht werden kann. Diese Frage einer Hilfe für die unterentwickelten Gebiete insgesamt wird sehr viel leichter gelöst werden können, wenn die andere Frage, über die wir jetzt bereits den ganzen Tag gesprochen haben, mitgelöst wird, wenn also die EWG sich nicht in sich selbst abkapselt, sondern wenn es zu einer Freihandelszone kommt, in der all die europäischen Gebiete mit dabei sind, die die Verbindungen nach den anderen überseeischen Gebieten haben. Gerade von daher könnten solche Fragen in einer besseren Weise gelöst werden.
    Ich will noch einmal kurz, nicht um der Geschichte willen, sondern aus psychologischen Gründen und um die Willensströmungen, die dahinterstehen, deutlich zu machen, auf einiges eingehen, das sich in der Vergangenheit ereignet hat. Nicht nur meine Fraktion hat sich für die Freihandelszone ausgesprochen. Wir wissen, daß Entschließungen vorliegen. Der Bundestag und das Europäische Parlament haben sich dafür ausgesprochen. Auch der EWG-Vertrag geht davon aus; das wird oft völlig vergessen. Dem EWG-Vertrag ist eine Absichtserklärung beigefügt, in der deutlich gesagt wird, daß



    Metzger
    sich die vertragschließenden Teile, nämlich die sechs EWG-Staaten, bereit erklären, alsbald nach Inkrafttreten der Verträge mit anderen Ländern, insbesondere im Rahmen der internationalen Organisationen, denen sie angehören, Abkommen zu schließen, um diese im gemeinsamen Interesse liegenden Ziele zu erreichen und die harmonische Entwicklung des gesamten Handelsverkehrs zu gewährleisten. Der Gedanke ist also bereits in der Absichtserklärung festgelegt, und er ist absolut nichts Neues.
    Auch die Europäische Kommission hat bis vor kurzem in bezug auf die Freihandelszone absolut eindeutige Erklärungen abgegeben. Erst in der neuesten Zeit ist sie von diesen eindeutigen Erklärungen abgerückt. Es ist interessant, daß in dem ersten Memorandum der Kommission, das vom 26. Februar 1959 stammt — ich lege Wert auf dieses Datum; ich werde Ihnen gleich sagen, warum —, gesagt worden ist: Die europäische Wirtschaftsassoziation, also die Freihandelszone, müsse geschaffen werden; die Sechs hätten ihre Gemeinschaft niemals als einen geschlossenen Kreis angesehen; das angestrebte allgemeine Abkommen müsse soweit wie möglich multilateral sein; über diesen Punkt könnten weder Zweifel noch Unklarheiten mehr bestehen; das Ziel müsse innerhalb der OEEC erreicht werden.
    Warum lege ich auf das Datum 26. Februar 1959 so großen Wert? Die EWG-Kommission kann sich nicht darauf berufen, daß sich die Verhältnisse durch die Entwicklung geändert hätten, seitdem sie das gesagt habe. Der 26. Februar lag nach dem Zeitpunkt des ersten Scheiterns der Verhandlungen zwischen den Partnern der OEEC. Im Bewußtsein des Scheiterns dieser Verhandlungen hat die Kommission diese Forderung eindeutig mit absolut klaren Worten aufgestellt.
    In einer Sitzung des Politischen Ausschusses haben wir dann zu unserer großen Überraschung erlebt, daß Herr Hallstein Rückzieher macht und daß er auf Amerika hinweist. Auf dieses Problem ist heute schon hingewiesen worden. Man kann sich in der Tat des Eindrucks nicht erwehren, daß man die Vereinigten Staaten vorschützt, um eigene 'Wünsche zu rechtfertigen. Wir wissen ja, daß bei Amerika ganz andere Dinge eine Rolle spielen. Die entscheidende Rolle spielt die Frage der Wirtschaftshilfe für unterentwickelte Gebiete und die Mithilfe der europäischen Staaten. Daß mit Amerika zu reden ist, haben die Verhandlungen im Januar dieses Jahres in Paris gezeigt. Amerika kann also nicht der ausschlaggebende Grund sein, der hier angegeben wird.
    Man muß sich fragen: Warum hat man noch am 26. Februar so eindeutig Stellung bezogen, und warum hat man dann so schnell die Sache über den Haufen geworfen? Ich nehme doch an, daß die Erklärung vom 26. Februar ehrlich gewesen ist. Was spielt denn sonst noch eine Rolle?
    Es kommt etwas anderes hinzu. Schade, daß Herr Birrenbach nicht da ist. Ich kann ihm die Frage, die er Herrn Starke gestellt hat, mindestens teilweise beantworten.
    Im Politischen Ausschuß des Europäischen Parlaments hat uns Herr Hallstein vorgetragen, warum er für die Beschleunigung ist. Ich habe ihm dabei gesagt: „Die Beschleunigung ist schön und gut; man kann im Prinzip dafür sein. Aber wie ist es mit den Ländern der EFTA? Haben Sie mit den Ländern der EFTA verhandelt, oder haben Sie die Absicht, mit den Ländern der EFTA zu verhandeln? Diese Länder haben ja ihren Vertrag so abgeschlossen, daß ihre Zollsenkungen mit den Zollsenkungen der EWG synchronisiert werden; sie haben also gezeigt, daß sie irgendwelche Vereinbarungen mit der EWG wollen."

    (Abg. Dr. Löhr: Das ist ein Irrtum!)

    Darauf hat Herr Hallstein geantwortet: „Wir haben mit der EFTA nicht verhandelt. Ich halte es auch nicht für richtig, mit der EFTA zu verhandeln, denn wir würden uns damit in die Abhängigkeit der EFTA begeben." Das ist die Haltung, die so außerordentlich bedenklich ist. Ich muß Ihnen sagen, meine Damen und Herren, daß ich damals erschrokken bin, als ich diese Antwort hörte. Herr Hallstein hat in einer späteren Sitzung zwar versucht, diese Außerung, die ihm entschlüpft ist, ein bißchen zu beschönigen; aber sie ist gefallen, und im Grunde genommen ist das die Meinung: „Wir wollen zunächst einmal stark werden, wir wollen die EWG aufbauen, und in fünf oder mehr Jahren" — von dieser Zahl hat Herr Hallstein auch gesprochen — „werden wir mit den anderen darüber verhandeln, in welcher Weise wir dann vielleicht eine Assoziation schaffen können." Daß in diesen fünf oder noch mehr Jahren die Dinge sich verhärtet haben werden und das, was man angeblich will, nicht mehr in dieser Weise verwirklicht werden kann, liegt klar auf der Hand.
    Nachdem wir das erlebt haben, sind wir - wir machen kein Hehl daraus — in bezug auf den Willen jedenfalls der Kommission, die Wirtschaftsassoziation, die Freihandelszone anzustreben, sehr skeptisch geworden, und wir möchten auch der Regierung sagen: Seien Sie nicht einfach gutgläubig; sehen Sie, was hier gespielt wird — und Sie wissen es ja auch—, und sorgen Sie dafür, daß die Gegenkräfte auch von Ihnen entwickelt werden können.
    Der Ministerrat hat am 24. November 1959 auf Vorschlag der EWG-Kommission seinen bekannten Beschluß gefaßt. Darin ist von einem Kontaktausausschuß die Rede. Herr Hallstein ist auf diesen Kontaktausschuß sehr stolz und spricht bei jeder Gelegenheit von ihm. Wenn wir uns aber einmal ansehen, welche Befugnisse dieser Kontaktausschuß hat, müssen wir feststellen: auch da kann man skeptisch werden, ob wirklich der. gute Wille dahintersteckt, zu einer Vereinbarung zu kommen, die zu einer Freihandelszone, zu einer Assoziation führt. Es ist gesagt, daß dieser Ausschuß die Sektoren ermitteln soll, in denen infolge der Entwicklungen des Handels Schwierigkeiten auftreten; es sollen konkrete Lösungen zur Behebung der Schwierigkeiten vorgeschlagen und Abkommen zwischen den Parteien angeregt werden, es sollen Vorbesprechungen geführt werden usw. Alles Dinge, ,die doch nur



    Metzger
    dazu angetan sind, Pflästerchen auf augenblickliche Notlagen zu kleben,. aber doch keine Dinge, die dazu führen sollen, daß man zu einer Assoziation kommt; das ist offensichtlich nicht als Aufgabe dieses Kontaktausschusses gemeint. Im Gegenteil, die Formulierungen verführen geradezu zu der Meinung, daß man gar keine multilateralen Vereinbarungen haben, sondern sich die einzelnen OEEC-Länder herauspicken und mit ihnen bilaterale Vereinbarungen schließen will. Da kann man viel besser die Politik der Stärke machen, als wenn man die EFTA-Länder oder sämtliche OEEC-Länder zusammen hat. Auch hieraus ergibt sich ein außerordentlich großes Bedenken. Wir wissen — es ist uns oft genug gesagt worden —, daß man sehr gern bereit ist, mit einzelnen Ländern bilaterale Vereinbarungen zu schließen, sie einzeln zu assoziieren, sie also nicht insgesamt als eine Gemeinschaft zu haben, mit der man natürlich in einer ganz anderen Weise reden muß, als man mit einem einzelnen reden kann.
    In den Verhandlungen in Paris im Januar ist auch ein Ausschuß, der „Ausschuß der vier Weisen" beschlossen worden. Es wäre durchaus denkbar, daß da Ansatzpunkte vorhanden sind. Es ist davon die Rede gewesen, daß man in einer modifizierten OEEC zu einer europäischen Vereinbarung kommen sollte. In der Tat geht es nicht nur darum, daß die EWG mit der EFTA ins Reine kommt, sondern auch darum, daß die anderen Länder der OEEC, die ja noch viel schwächer sind, mit einbegriffen werden, daß man sie nicht einfach beiseiteschiebt und unter den Tisch fallen läßt. Deswegen ist der Gedanke, im Rahmen der OEEC zu Vereinbarungen zu kommen, die zu einer Assoziation führen, ein durchaus richtiger und guter Gedanke. Dabei ist die andere Erwägung, mit den USA und Kanada ins Reine zu kommen, gerade auch in bezug auf die Frage der Wirtschaftshilfe für unterentwickelte Gebiete und andere Fragen, durchaus ein Gedanke, der positiv zu beurteilen ist.
    Aber, meine Damen und Herren, wir sollten uns sehr davor hüten, andere Träger für eine europäische Vereinbarung zu suchen. Es ist von der NATO die Rede gewesen, es ist von der WEU die Rede gewesen. Es liegt mir gerade ein Schriftchen eines deutsch-französischen Kreises vor: „Die politische Zusammenarbeit im Rahmen der NATO" von Dr. Schwarz-Liebermann, stellvertretendem Direktor der Politischen Abteilung der NATO. Da heißt es ganz frank und frei:
    Und deshalb würde ich nicht unter dem Gesichtspunkt der Rüstungspolitik, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt der Politik im allgemeinen sagen, daß die Schaffung eines ultramodernen Waffenproduktionszentrums in Europa eine absolute Notwendigkeit ist.
    Und nun kommt des Pudels Kern:
    Das Minimum, das erforderlich ist, ist die Kapazität des Gemeinsamen Marktes, und auch hier wieder sehen Sie, wie die deutsch-französischen Beziehungen als Kernfrage der Beziehungen der Sechs in Wirklichkeit Schlüsselbedeutung weit über die Sechs, ja, weit über Europa hinaus gewinnen.
    Ober es ist von der WEU die Rede, die nicht leben und nicht sterben kann und die dauernd bemüht ist, neue Kompetenzen an sich heranzuziehen. Man meint, es wäre sehr schön, wenn man jetzt noch dazu überginge, der WEU etwa die Aufgabe zu übertragen, sich darum zu kümmern, daß Europa wirtschaftlich geeinigt wird. Es wäre außerordentlich schlecht und gefährlich, wenn der Gemeinsame Markt und nicht nur dieser, sondern überhaupt die Wirtschaftsassoziation Europas unter der Flagge vollzogen würde, daß man dafür sorgen will, möglichst viel für die Rüstung und für kriegerische Zwecke zu tun. Damit würden wir genau das Gegenteil von dem erreichen, was wir erreichen müssen. Die überseeischen Gebiete, die jetzt Beziehungen zu uns haben und die hoffentlich weitere Beziehungen zu uns anknüpfen werden, müßten notwendigerweise vor den Kopf gestoßen werden und zu dem Ergebnis kommen: Hier sollen wir zu etwas mißbraucht werden, was nicht unsere Sache ist. Ich warne deswegen sehr davor, daß man auf der Basis der WEU oder gar der NATO versucht, die Probleme zu lösen. Wenn es eine Basis gibt, dann ist die der OEEC — einer modifizierten OEEC — das, was sich ohne weiteres anbietet. Das wäre doch durchaus eine Möglichkeit.
    Es ist interessant, daß jetzt gerade die EFTA ihren Vertrag paraphiert hat. Dabei haben sich die zuständigen Minister und Ministerpräsidenten noch einmal eindeutig geäußert. Hiermit wird es klar, daß die mißtrauische Behauptung, die gerade auch von Herrn Hallstein kommt, daß wir zunächst einmal bestrebt sein müßten, stark zu werden, um die anderen überhaupt dazu zu bewegen mitzumachen, und daß die anderen nicht so recht den guten Willen hätten, falsch ist. Der britische Schatzkanzler Amory z. B. hat es als Ziel bezeichnet, einen weiteren Schritt zu dem endgültigen Ziel einer größeren Assoziation zu machen, die alle Mitglieder der OEEC umfaßt. Der dänische Außenminister Krag — ich wähle nur einige Ausführungen aus diesen Erklärungen — sagt, daß die baldige Schaffung eines mehrseitigen Zusammenschlusses zur Beseitigung der Handelsschranken und zur Förderung einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der OEEC, hierunter die EWG, erleichtert werden soll. Und — um eine letzte Äußerung zu zitieren — der österreichische Bundeskanzler Raab sagt: Die EFTA ist nicht Selbstzweck, sie soll kein sich selbst genügender Block werden; sie soll ein Mittel zur Herbeiführung der großen europäischen Integration sein.
    Also den Worten nach ist auf dieser Seite guter Wille vorhanden, und ich glaube, wir können es uns nicht leisten, wie in bezug auf Rußland zu sagen: Die erklären das zwar, aber sie meinen nicht das, was sie sagen. Hier handelt es sich schließlich um westeuropäische Länder und ihre Vertreter. Es geht nicht an, zu sagen: Die sagen das zwar, aber sie meinen etwas anderes. Wir müssen schon einmal davon ausgehen, daß sie das, was sie erklären, wirklich so meinen; und wenn das so ist, dann bedeutet das, daß wir daraus Konsequenzen zu ziehen haben, Herr Hallstein mit seiner Kommission



    Metzger
    sowohl als auch die einzelnen Mitgliedstaaten mit ihren Regierungen.
    Daß die hier vorgetragenen Sorgen nicht ganz von der Hand zu weisen sind und daß das nicht lediglich Sorgen der deutschen Opposition sind, Herr Birrenbach, ergibt sich aus vielerlei Äußerungen. Z. B. hat der französische Abgeordnete Poher, der Vorsitzender der christlich-demokratischen Gruppe im Europäischen Parlament ist, im französischen Parlament erklärt: Deutschland und Frankreich dürfen Europa nicht ihren Willen aufzwingen. Da ist also durchaus auch die Befürchtung vorhanden, daß ein Hegemoniestreben bestehen könnte, das gefährlich ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das sagen also nicht nur Sozialdemokraten, das sagen nicht nur Liberaldemokraten, das sagt auch ein christlich-demokratischer Franzose, und zwar der Fraktionsvorsitzende der christlich-demokratischen Gruppe im europäischen Parlament. Europa, sagt er weiter, stehe allen Ländern offen. Sicher werde auch Großbritannien bereit sein, daran teilzunehmen. Ich habe gerade zitiert, was Amory gesagt hat. Ich könnte zitieren, was Maudling bei der Paraphierung des EFTA-Vertrages gesagt hat. Wir haben also die positiven Äußerungen. Wir haben die Ansatzpunkte dafür, neue Verhandlungen zu beginnen. Man muß sie nur wollen. Es geht aber nicht, daß man nur in einem Kontaktausschuß hier mal ein Pflästerchen und dort mal ein Pflästerchen aufklebt; man muß die Dinge einmal vom Grunde her anpacken. So ist es ja nicht, meine Damen und Herren, daß man gar keine Angst davor zu haben braucht, daß Europa auseinandermanövriert wird.

    (Abg. Dr. Birrenbach meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Bitte schön, Herr Birrenbach!