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ID0311101800

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    Deutscher Bundestag 111. Sitzung Bonn, den 4. Mai 1960 Inhalt: Nachruf auf die Abg. Dr. Gülich und Cillien Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 6183 A Abg. Dr. Tamblé tritt in den Bundestag ein 6183 D Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Höcker, Mensing, Pietscher und Demmelmeier 6183 D Nachrücken der Abg. Dr. Weber (Koblenz) und Dr. Dittrich als Wahlmänner nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht . . . . . . . 6183 D Begrüßung des Präsidenten Fagerholm und weiterer Abgeordneter des finnischen Reichstags . . . . . . . . . . . 6190 D Eidesleistung des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes Dr. Wilhelmi, Bundesminister . . . 6215 D Fragestunde (Drucksache 1810) Frage des Abg. Ritzel: Kapitalanlagen im Ausland Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6184 C Frage des Abg. Dr. Kohut: Mangel an Narkosefachärzten in der Bundesrepublik Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6185 A Frage des Abg. Dr. Reinhard: Schutz des Verbrauchers vor mit Antibiotica behandeltem Importgeflügel Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6185 B Frage des Abg. Dr. Arndt: Amtliche Sammlung von Fehlurteilen im Strafprozeß Schäffer, Bundesminister . . . . 6185 D Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Beschluß des 5. Gewerkschaftsjugendtages der IG Bergbau betr. Kontakte mit der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär . . . . . . 6185 D Fragen des Abg. Dr. Rutschke: Atomreaktor Karlsruhe Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . . 6186 B Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Freihandelszone (Drucksache 1305) verbunden mit Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Freihandelszone (Drucksache 1464 [neu] ) Margulies (FDP) 6186 D, 6191 A, 6243 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 6193 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6197 D Dr. Birrenbach (CDU/CSU) . . . . 6205 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 Birkelbach (SPD) . . . . . . . 6211 B Dr. Starke (FDP) . . . . . . . 6215 D von Hassel, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . 6223 D Metzger (SPD) 6227 D Dr. Löhr (CDU/CSU) 6232 D Scheel (FDP) 6234 C Lücker (München) (CDU/CSU) . . 6237 B Dr. Deist (SPD) . . . . . . . 6244 D Brand (CDU/CSU) 6247 C Dr. Mommer (SPD) 6248 A Rösing (CDU/CSU) 6248 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kaffeesteuergesetzes (SPD) (Drucksache 1441) Erste Beratung —; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Teesteuergesetzes (SPD) (Drucksache 1442) — Erste Beratung — Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . . 6248 C, 6253 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6250 A Scheel (FDP) 6251 D Metzger (SPD) 6253 B Entwürf eines Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) (Drucksache 1799) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . . 6254 A Frau Niggemeyer (CDU/CSU) . . . 6256 D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 6259 C Dr. Rutschke (FDP) 6261 B Entschließungsantrag zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 14 (FPD); Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses (Drucksache 1784, Umdruck 281) . . . 6262 B Sammelübersicht 19 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 1801) . . . . . 6262 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Süßstoffgesetzes (Drucksache 1146) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1752) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . 6262 C Entwurf eines Gesetzes über die Finanzstatistik (Drucksache 1367) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1789) — Zweite und dritte Beratung — 6262 D Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (CDU/CSU, DP) (Drucksache 1693) — Erste Beratung — 6262 D Entwurf eines Gesetzes über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfrist (SPD) (Drucksache 1738) — Erste Beratung — 6263 A Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Antrag auf Normenkontrolle bei dem Bundesverfassungsgericht wegen des Sammlungsgesetzes (Drucksache 1697) 6263 A Antrag betr. Beihilfe zur Beschaffung von Hausrat an Deutsche aus der Sowjetzone, die nicht die Voraussetzungen des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes erfüllen (SPD) (Drucksache 1698) 6263 B Antrag betr. Abkommen über die einheitliche Auslegung der europäischen Verträge (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.) (Drucksache 1731) . . . 6263 B Antrag betr. Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Abg. Dr. Wahl, Dr. Harm, Dr. Mende u. Gen.) (Drucksache 1732) 6263 C Antrag betr. Schiffbarmachung des Hochrheins (Abg. Hilbert, Dr. Furler u. Gen.) (Drucksache 1786) 6263 C Entwurf einer Zolltarif-Verordnung (Deutscher Zolltarif 1960); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1797, 1815) . . . . . . 6263 C Entwurf einer Verordnung Nr. . . . zur Durchführung einer Erhebung über die Löhne; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksachen 1809, 1818) 6263 D Nächste Sitzung 6263 D Anlagen 6265 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 6183 111. Sitzung Bonn, den 4. Mai 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.05 Uhr.
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauereisen 5. 5. Dr. Becker (Hersfeld) 31. 5. Blachstein 20. 5. Frau Brauksiepe 4. 5. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 15. 5. Bühler 4. 5. Cramer 4. 5. Frehsee 7. 5. Dr. Friedensburg 6. 5. Funk 7. 5. Dr. Furler 6. 5. Gaßmann 6. 5. Geiger (München) 6. 5. Frau Geisendörfer 6. 5. Gerns 6. 5. Dr. Görgen 20. 5. Dr. Gossel 6. 5. Häussler 4. 5. Dr. Heck (Rottweil) 6. 5. Heye 4. 5. Dr. Hoven 6. 5. Jacobs 7. 5. Keller 4. 5. Frau Kipp-Kaule 4. 5. Frau Klemmert 15. 5. Knobloch 6. 5. Köhler 6. 5. Kraft 9. 5. Krammig 4. 5. Dr. Leiske 6. 5. Müller (Worms) 7. 5. Frau Dr. Pannhoff 7. 5. Paul 6. 5. Dr. Preusker 6. 5. Pütz 4. 5. Ramms 6. 5. Rasch 20. 5. Dr. Ratzel 6. 5. Dr. Ripken 15. 5. Frau Schanzenbach 6. 5. Scharnberg 7. 5. Scheel 6. 5. Dr. Schild 4. 5. Schmücker 6. 5. Dr.-Ing. Seebohm 9. 5. Seidl (Dorfen) 6. 5. Solke 6. 5. Stahl 15. 5. Sühler 7. 5. Wehner 4. 5. Welslau 7. 5. b) Urlaubsanträge Dr. Dittrich 31. 5. Dopatka 21. 5. Erler 21. 5. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Greve 21. 5. Holla 20. 5. Hufnagel 13. 5. Jahn (Frankfurt) 2. 7. Jaksch 20. 5. Katzer 18. 6. Maier (Freiburg) 2. 7. Probst (Freiburg) 10. 5. Rasner 28. 5. Frau Dr. Rehling 12. 5. Sander 2. 7. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn a. Rh., d. 8. April 1960 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 217. Sitzung am 8. April 1960 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestag am 16. März 1960 verabschiedeten Gesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß Artikel 105 Abs. 3 und 135 Abs. 5 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat begrüßt die Absicht, die Erträge der „Stiftung Volkswagenwerk" zur Förderung von Wissenschaft und Technik in Forschung und Lehre zu verwenden. Er geht bei Erteilung seiner Zustimmung davon aus, daß die nach Anwendung des § 4 Buchst. b) des Vertrages verbleibenden Erträge den Ländern zufließen. Dabei erwartet der Bundesrat, daß im Rahmen der allgemeinen Zweckbestimmung des § 3 Abs. 1 des Vertrages die Länder frei über die Verwendung dieser Mittel entscheiden können und daß mit ihrer Zuweisung keine Auflagen verbunden werden, die die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Haushaltswirtschaft der Länder beeinträchtigen könnten. Dr. Röder Bonn, den 8. April 1960 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 18. März 1960 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Röder 6266 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jahn (Marburg) betreffend Verwendung von Fahrkarten der Bundesbahn mit Symbolen des NS-Regimes (Fragestunde der 111. Sitzung vom 4. 5. 1960, Drucksache 1810). Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, die Deutsche Bundesbahn darüber aufzuklären, daß die Verwendung von Fahrkarten mit eingeprägten Symbolen des NS-Regimes im Jahre 1960 mehr ist als eine unverantwortliche Schlamperei? Ist er bereit, darauf hinzuwirken, daß sämtliche, noch im Verkehr befindlichen Fahrkarten dieser Art unverzüglich vernichtet werden? Ich bin mit Ihnen, Herr Abgeordneter, und der Deutschen Bundesbahn darin einig, daß die einem Reisebüro unterlaufene Panne nicht hätte passieren dürfen. Es ist veranlaßt, daß sämtliche etwa noch vorhandenen Fahrkartenbestände dieser Art unverzüglich vernichtet werden. Seiermann Anlage 4 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg betreffend Errichtung eines Zementschuppens an der Autobahn bei Nikolassee (Fragestunde der 111. Sitzung vom 4. 5. 1960 Drucksache 1810). Weshalb hat die Bundesautobahn-Verwaltung bei der Errichtung eines kahlen Zementschuppens an der Einfahrt der Autobahn nach Berlin bei Nikolassee alle Regeln einer ansprechenden Architekturgestaltung und alle Regeln des Landschaftsschutzes außer acht gelassen? Weshalb hat sie das Vorbild eines daneben liegenden Gebäudes übersehen, das von der früheren Reichsautobahn-Verwaltung errichtet worden ist und das dem besonders repräsentativen Landschaftscharakter des betreffenden Standortes Rechnung trägt? Was gedenkt die Bundesautobahn-Verwaltung zu tun, um den angerichteten Schaden, der in der schönen Jahreszeit täglich für Zehntausende von naturliebenden Berlinern ein Ärgernis bieten muß, zu beseitigen oder wenigstens zu mildern? Bei dem beanstandeten Gebäude handelt es sich um eine Halle zur Aufnahme von Streugut für den Winterdienst auf der Bundesautobahn Avus, die in freitragender Binderkonstruktion aus Stahlbeton mit äußeren Sichtbetonflächen hergestellt worden ist. Die Wahl des Bauplatzes auf einem an der Bundesautobahn gelegenen Grundstück der Bundesautobahnverwaltung war zweckmäßig, weil das Gebäude den Bedürfnissen des Betriebes und der Unterhaltung der Autobahn dienen soll. Das auf dem Grundstück befindliche, vor 25 Jahren von der Reichsautobahnverwaltung errichtete Wohnhaus konnte nicht Vorbild für die Gestaltung sein, weil sich die Bauformen eines kleinen Wohnhauses nicht auf eine große stützenfreie Halle übertragen lassen. Bei der Gestaltung der Halle ist wegen ihrer Lage im Blickpunkt der Autobahnbenutzer versucht worden, eine ansprechende architektonische Gestaltung zu finden. Die Gebäudeformen sind Ausdruck der Konstruktion und entsprechen in ihrer Einfachheit der Zweckbestimmung des Gebäudes. Auch sind Klagen von anderer Seite bisher nicht bekanntgeworden. Ich darf aber bemerken, daß die Arbeiten an den Außenanlagen noch nicht abgeschlossen sind und sich deshalb dem Betrachter noch kein endgültiges und vollständiges Bild bietet. Wenn die Böschung zur Autobahn, wie vorgesehen, vollständig angelegt, befestigt und mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt ist, wird — so hoffe ich — erkennbar sein, daß auch dieses Gebäude in die Natur einwachsen und ein Bestandteil der Landschaft werden wird. Seiermann Anlage 5 Umdruck 576 Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Freihandelszone (Drucksache. 1305). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag stellt mit Bedauern fest, daß die Bemühungen um eine europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit seit Inkrafttreten des EWG-Vertrages zu einer Spaltung Europas geführt haben, daß der Beschluß der OEEC vom 13. Februar 1957 und der Beschluß des Bundestages vom 2. Oktober 1958 bisher nicht verwirklicht worden sind, daß die Fristverkürzungsvorschläge und die Vorschläge für eine gemeinsame Agrarpolitik die Tendenz der EWG zur Abspaltung von den anderen OEEC-Staaten sichtbar machen. Er ersucht die Bundesregierung, alles zu tun, um 1. die in der OEEC erzielten Fortschritte und gefaßten Beschlüsse in ihrem Bestande zu sichern. 2. gemäß Absprache des Herrn Bundeskanzlers mit dem französischen Staatschef nunmehr vor allem anderen die Verwirklichung des Beschlusses der OEEC vom 13. Februar 1957 durchzusetzen und eine Freihandelszone in Europa einzurichten, die auf multilateraler Basis den gemeinsamen Markt der Sechs und die anderen Mitgliedsländer vereinigt. Bonn, den 4. Mai 1960 Margulies Dr. Starke Lenz (Trossingen) und Fraktion
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    Rede von Robert Margulies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich wollte sagen, daß damit die wirtschaftliche Voraussetzung für den politischen Zusammenschluß Europas ebenso erreicht wird wie die unbedingt notwendige wirtschaftliche Basis für die politische Zusammenarbeit der westlichen Welt, von der aus man auch die notwendige Entwicklungshilfe mit ganz anderem Effekt betreiben könnte, als es jetzt der Fall ist.
    Das würde die natürliche Ergänzung der zusammengefaßten Politik der westlichen Welt sein, die allerdings auch gewisse Bindungen der USA mit sich brächte. Der Wirtschaftsisolationismus, die amerikanische Hochschutzzollpolitik wäre dann natürlich auch zu überprüfen. Wenn jetzt häufig von einer allgemeinen 20%igen Zollsenkung als einer Dillon-Runde die Rede ist, dann überschätzt man die Vollmachten der US-Regierung. Der Trade Agreements Act vom 20. August 1958 gibt dem Präsidenten der USA die Vollmacht, während eines Zeitraums von vier Jahren, der also am 30. Juni 1962 abläuft, im Wege der Gegenseitigkeit allmählich Zölle bis zu 20 Prozent zu ermäßigen. Von einer allgemeinen Senkung der amerikanischen Zölle um 20 Prozent kann ohne ein neues Gesetz keine Rede sein, und Kanada gehört bekanntlich zum Commonwealth-Präferenzraum.
    Auf der anderen Seite, im Ostraum, ist das gesamte Wirtschaftspotential straff zusammengefaßt. Wenn sich jetzt, wie es den Anschein hat, die Auseinandersetzung zwischen Ost und West mehr auf das wirtschaftliche Gebiet verlagert, wird es für den stärksten Faktor der westlichen Politik auch nicht mehr möglich sein, in der Wirtschaftspolitik am Rande zu bleiben. Und wenn schon jeder aus den Dillon-Reden herausliest, was ihm am besten in den Kram paßt, so möchte ich annehmen, daß die Amerikaner diese Notwendigkeit klar erkannt haben und zu einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Europa bereit sind.
    Wir haben sicher keine Veranlassung, an einen besonderen Weitblick 'der Amerikaner in Europa-Fragen zu glauben. Aber was sie jetzt vor sich sehen, muß sie doch zutiefst stören. Es ist doch eine für die die westliche Politik führende Macht überaus gefährliche Situation, nämlich eine Zersplitterung der Wirtschaftskraft ihrer Verbündeten. Auf der einen Seite die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft von sechs Staaten, die sich gerade anschickt, eine gemeinsame Agrarpolitik zu beginnen, deren Konzeption zur Nahrungsmittelautarkie führt und
    damit die nordamerikanischen Interessen empfindlich berührt; auf der anderen Seite die EFTA, die Kleine Freihandelszone der sieben europäischen Staaten, von denen man auch noch nicht weiß, ob sie, wenn weiter so erfolgreich operiert wird, ihren Brückenschlag nicht lieber zum britischen Präferenzraum vornehmen; das wäre auch noch eine Möglichkeit, über die schon gesprochen worden ist. Dann gibt es noch fünf europäische Staaten, darunter zwei besonders wichtige NATO-Mitglieder, die einstweilen ganz in der Luft hängen.
    Schließlich die sich im deutsch-englischen Verhältnis deutlich abzeichnende Gefahr, daß die wirtschaftliche Spaltung Europas, heraufbeschworen durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, zu einer politischen Entfremdung führt und damit der westlichen Verteidigung, der westlichen Politik die Grundlage entzieht. Darüber bestehen doch sicher keine Meinungsverschiedenheiten, daß die Politik des Westens, welche Ziele auch immer sie sich setzen mag, nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn sie gemeinsam betrieben wird.
    Ich sprach soeben kurz von der gemeinsamen Agrarpolitik. Die Vorschläge, die uns da vorliegen, sind ein typischer Fall, wie man den Gaul von hinten aufzäumt. Das eigentlich Entscheidende, worüber man sich hätte einigen müssen, sind schließlich die Preise. Diese werden nicht bekanntgegeben. Im Gegenteil; man weicht aus, man sagt, das mag sich in Zukunft empirisch entwickeln. Aber alle die Maßnahmen, mit denen man einen bestimmten Preis erreichen will, hat man beschlossen. Ganz deutlich ist sichtbar, daß diese Vorschläge zu einer Entwicklung führen können — ich will mich ganz vorsichtig ausdrücken —, die die Nahrungsmittelautarkie der sechs Staaten zur Folge haben wird. Es muß nicht unbedingt so kommen, aber alles, was in diesen Vorschlägen steht, sieht so aus, und während auf der ersten Seite steht, die Warenströme dürften in keiner Weise umgelenkt werden, liest man auf Seite 3 oder Seite 18, oder wo Sie wollen, in welcher Weise sie umgelenkt werden. Das ist doch für uns das Entscheidende, daß hier die Abkapselung vom übrigen Europa und von der übrigen Welt auch für uns und ganz sicher für unsere Landwirtschaft nicht ohne ganz schwere Folgen bleiben kann.
    Ich möchte nicht auf die Einzelheiten dieser Frage eingehen; ich muß aber darauf aufmerksam machen, daß die Getreidepreise um 50 % auseinanderklaffen. Wenn man unseren Bauern unter solchen Umständen eine Erhöhung des Lebensstandards verspricht, dann darf man den deutschen Getreidepreis auf gar keinen Fall antasten. Ich hoffe, daß die Brüsseler Kommission bei ihren Vorschlägen davon ausgeht und daß die Verzerrung des Wettbewerbs in der gemeinsamen Agrarpolitik im Zuge der Vorschläge beseitigt werden wird.
    Meine Damen und Herren! An Stelle fairer und akzeptabler Vorschläge der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Herstellung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit des ganzen freien Europa liegen zwei Vorschläge vor, die die Zoll- und Wirtschaftsunion der EWG ohne Rücksicht auf Dritte herstellen sollen, nämlich die Pläne für die gemein-



    Margulies
    same Agrarpolitik und die Vorschläge für die Fristverkürzung. Die letztgenannten Vorschläge stellen natürlich nicht einen Hallstein-Plan dar; ich glaube, da tut man dem Präsidenten der Wirtschaftsgemeinschaft Unrecht. Sie sind entstanden aus einer Äußerung des belgischen Außenministers, Herrn Wigny, wurden von der niederländischen Regierung aufgenommen und von Herrn Wormser in Frankreich bekräftigt. Ganz sicher hat sich die EWG-Kommission, bevor sie diese Ideen zu ihrem Vorschlag verdichtete, der grundsätzlichen Zustimmung aller sechs Regierungen, auch der der Bundesregierung, versichert.
    Während der ganzen Entstehungsgeschichte der römischen Verträge hat man faber niemals daran gedacht, im freien Europa einen isolierten Block der sechs Länder zu schaffen, wie er jetzt entsteht. Meine Damen und Herren, ich habe mir die Beschlüsse, die im Zuge der Beratungen über den EWG- und den Euratom-Vertrag gefaßt worden sind, noch einmal herausgesucht. In der Messina-Konferenz vom 1. Juni 1955 hat man beschlossen, einen gemeinsamen Markt des ganzen freien Europa zu schaffen, und bis Ende 1955 nahm England an den Beratungen teil. Sie wissen, daß es im GATT-Vertrag zwei Typen von erlaubten Diskriminierungen gibt. Das feine ist die Zollunion, das andere die Freihandelszone. Der Unterschied ist ja nur, daß die Zollunion einen gemeinsamen Außenzoll vorsieht, der bei der Freihandelszone fehlt. Im Laufe der Beratungen im Anschluß an die Messina-Konferenz hatte man sich für den fersten Typ, für die Zollunion entschieden, und damit schied Großbritannien aus den Beratungen aus. Aber man war nicht böse, sondern man war sich durchaus darüber einig, was man wollte.
    In der Konferenz von Venedig am 30. Mai 1956, in der der Bericht Spaak von den sechs Regierungen angenommen worden ist, haben die sechs Regierungen dann noch einmal beschlossen: ,,in dem Wunsche, den Aufbau Europas auf der weitest möglichen Grundlage anzustreben, daran festzuhalten, den anderen Mitgliedstaaten der OEEC die Teilnahme an den Brüsseler Verhandlungen oder den Beitritt oder die Teilnahme an den beschlossenen Verträgen zu ermöglichen . . ." Auf Grund dieser feierlichen Einladung hat der Rat der OEEC am 19. Juli 1956 beschlossen: „das Prinzip einer multilateralen Assoziation der OEEC-Länder in Form einer Freihandelszone an den gemeinsamen Markt der Sechs gutzuheißen." Dieser Beschluß war die Grundlage für OEEC-Verhandlungen, die am 13. Februar 1957, also als wir das erste Mal hier im Haus die neuen Verträge zu Gesicht bekamen, stattfinden. Die OEEC-Mitglieder, und zwar lane 17, die Franzosen, die Engländer, die Deutschen und wer alles darin ist, haben gemeinsam beschlossen: „eine Freihandelszone in Europa einzurichten, die den gemeinsamen Markt der Sechs und die anderen Mitgliedsländer auf multilateraler Basis vereinigt."
    Das ist nun nicht sehr auslegungsfähig. Was multilateral im Gegensatz zu bilateral heißt, brauche ich Ihnen nicht zu erklären; das wissen wir alle. Was die Freihandelszone ist, steht im GATT-Vertrag; da kann man es nachlesen. Und was hier gemeint ist, nämlich die Vereinigung des gemeinsamen Marktes der Sechs mit den anderen Mitgliedsländern der OEEC, ist auch nicht sehr auslegungsfähig. Dieser Beschluß muß verwirklicht werden. Man hat dafür Vorsorge getroffen. In der Präambel der römischen Verträge steht: Die Repräsentanten der sechs Länder
    in dem festen Willen, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluß der europäischen Völker zu schaffen, entschlossen, durch gemeinsames Handeln den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt ihrer Länder zu sichern, indem sie die Europa trennenden Schranken beseitigen ...,
    und in der Abschlußerklärung haben sie gesagt:
    Die Regierungen erklären sich bereit, alsbald nach Inkrafttreten dieser Verträge mit den anderen Ländern, insbesondere im Rahmen der internationalen Organisationen, denen sie angehören, Abkommen zu schließen, um diese im gemeinsamen Interesse liegenden Ziele zu erreichen und die harmonische Entwicklung des gesamten Handelsverkehrs zu gewährleisten.
    Meine Damen und Herren, das sind die Fakten. Der Ministerrat der Kommission hat auch am 3. Dezember 1958 der EWG-Kommission den Auftrag erteilt, die Schaffung einer multilateralen Assoziation zwischen der EWG und den übrigen OEEC-Ländern zu prüfen. Das war der Auftrag. Er geht wohl zurück auf die Vereinbarung, die der Herr Bundeskanzler bei seiner Konferenz in Bad Kreuznach mit dem französischen Staatschef getroffen hat. Am 26. November 1958 kamen dort die beiden Herren zusammen.
    In dem Bulletin der Bundesregierung heißt es:
    Die beiden Regierungschefs sind der Ansicht, daß die Bemühungen um die Schaffung einer multilateralen Assoziation zwischen der EWG und den übrigen OEEC-Ländern fortgesetzt werden sollen.
    Staatschef de Gaulle erbat nur eine Frist von ein bis eineinhalb Jahren.
    Meine Damen und Herren, die eineinhalb Jahre sind gerade herum. Es wäre also höchste Zeit, diesen Beschluß der beiden Staatsmänner nunmehr schleunigst in die Wirklichkeit umzusetzen.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal sagen: wir Freien Demokraten nehmen die römischen Verträge als gegebene Tatsache hin. Wir halten die Vertragstreue der Bundesrepublik für selbstverständlich. Daran darf überhaupt kein Zweifel entstehen. Wir sind zur Mitarbeit an der Erfüllung dieser gegen unseren Willen zustande gekommenen Verträge bereit. Wir erwarten aber ebenso, daß die Regierungen ihre Zusagen erfüllen, die sie selbst und die Sprecher der CDU/CSU hier im Hause bei der Ratifizierung der Verträge gegeben haben.
    Wir haben diese Große Anfrage nicht gestellt, um jetzt ausführlich zu hören, wie dieses oder jenes Ministerium mit den Schwierigkeiten fertig zu werden hofft, die ohne die Verträge überhaupt nicht entstanden wären, oder gar, um zu erfahren, daß

    Margulies
    die Regierung bei dem Versuch, schädliche Folgen abzuwenden, eben leider gescheitert ist. Das sind Dinge, die wir hier vor drei Jahren aufs gründlichste besprochen haben. Da wurden alle Möglichkeiten herüber- und hinübererörtert; dahinter kann sich jetzt niemand mehr verstecken. Aber wir möchten, daß die Bundesregierung uns heute sagt, wie sie die soeben vorgetragenen Beschlüsse der 17 europäischen Staaten verwirklichen und ihre eigenen Versprechungen erfüllen will, was sie unternehmen will, um ihre Vertragspartner dazu zu veranlassen, ihren feierlichen Proklamationen und Aufträgen zu entsprechen und um. vor allem — als nächstliegendes und wichtigstes — mit der EFTA zu Vereinbarungen zu kommen, die die eingetretene Spaltung Europas vermeiden und die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit aller freien Staaten Europas sicherstellen.
    Die Vorschläge der EWG-Kommission haben sichtbar gemacht, daß sie ausschließlich das Ziel verfolgt, die EWG auch isoliert in — wie Herr Hallstein sagt — friedlicher Koexistenz mit den anderen vorhandenen Wirtschaftsunionen zu verwirklichen. Daher der Sturm der Entrüstung in Deutschland. Wir wollen das nicht. Ich hoffe, wie früher im Namen des ganzen Hauses sagen zu dürfen: wir wollen die Zusammenarbeit des ganzen freien Europa.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur Begründung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Freihandelszone hat das Wort der Herr- Abgeordnete Kalbitzer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hellmut Kalbitzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der SPD — Drucksache 1464 - stammt schon aus dem Dezember vorigen Jahres. Ihre Behandlung war inzwischen nicht möglich gewesen, insbesondere wegen der zu bedauernden Erkrankung unseres Herrn Professor Erhard, über dessen Gesundung ich hier meine Freude zum Ausdruck bringen darf. Die Debatte mußte also fünf Monate verschoben werden.
    Seitdem hat die europäische Bürokratie nicht stillgestanden. Dennoch zeigt sich bei Überprüfung dieser Anfrage, daß die Fragen auch nach dieser langen Zeit noch aktuell sind. Das ist mir ein Zeichen dafür, daß es sich hier um die wesentlichen Fragen der europäischen Zusammenarbeit handelt, auf die unsere Große Anfrage eingeht und um deren Beantwortung wir heute bitten.
    Die erste Frage lautet:
    Welche Gründe waren für das Scheitern der
    Verhandlungen über die Bildung einer Europäischen Freihandelszone maßgebend, und was hat die' Bundesregierung getan, um durch möglichst enge Zusammenarbeit mit allen Mitgliedsländern des Europäischen Wirtschaftsrates (OEEC) dem Ziel der Bildung einer Europäischen Freihandelszone näherzukommen?
    Diese Frage möchte ich Ihnen etwas näher erläutern
    und mit einem Ausspruch des Präsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Hallstein, beginnen. Er sagte:
    Wenn man die Freihandelszone politisch gewollt hätte, wäre sie möglich gewesen.
    Da sie nicht gekommen ist, ist die Frage: Hat man sie politisch nicht gewollt, oder welche Gegenkräfte waren stärker gegenüber der einstimmigen Meinung des Bundestages, wie sie mein Vorredner, Herr Margulies, schon zitiert hat? Wir haben in diesem Hause 1957 und zweimal im Jahre 1958 einer einmütigen Meinung dahin Ausdruck gegeben, daß wir die Freihandelszone als den Rahmen haben wollten, in dem die EWG überhaupt nur wirksam sein könnte.
    Insbesondere meine Partei hat bei der Ratifikation im Juli 1957 ausdrücklich gesagt, daß wir „das Zustandekommen der Freihandelszone für eine entscheidende Voraussetzung für ein gutes Funktionieren der EWG halten". Dies war für uns die Bedingung zur Ratifizierung des EWG-Vertrages. Das ist durch Jahre hindurch der einmütige Standpunkt unseres Hauses — also über unsere Partei hinaus des ganzen Hauses — gewesen. Auch der Entschließungsantrag der CDU spricht noch davon, daß man die „Errichtung der Freihandelszone nachdrücklich betreiben" sollte. Warum also — das ist hier die Frage - wurde nichts erreicht? Weshalb hat die Bundesregierung die gesamteuropäische Zusammenarbeit nicht gewollt?
    Lassen Sie mich zu der zweiten Frage übergehen:
    Wie steht die Bundesregierung zu den Bestrebungen der kleinen Europäischen Freihandelszone,
    - das ist die gestern ratifizierte sogenannte EFTA der Länder Skandinaviens, Englands, der Schweiz, Osterreichs und Portugals —
    mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) über einen einheitlichen Abbau der Handelsschranken zu verhandeln? Welche Initiative gedenkt die Bundesregierung auf diesem Gebiet zu ergreifen, um den Schaden abzuwenden, der für die Bundesrepublik und ihre Nachbarn durch das Scheitern der Europäischen Freihandelszone zu entstehen droht?
    Ich möchte Ihnen sagen, daß das europäische Gewissen gebietet, nicht nur auf die bundesdeutschen Interessen in dieser Frage Rücksicht zu nehmen, sondern auch zu überlegen — und darauf möchte ich dann näher eingehen —, was das wirtschaftliche und schließlich das politische Schicksal unserer kleinen Nachbarn in Skandinavien und im Süden sein wird, wenn es nicht zu dieser Zusammenarbeit kommt.

    (die Große Anfrage, wie gesagt, bisher schmorte, war die Europäische Kommission tätig und faßte einen Plan, der die Beschleunigung der Fristen des EWG-Vertrages vorsieht. Was man für diese Beschleunigung anführt, ist typisch für den politischen Geist, der in der Hallstein-Kommission existiert. Man argumentiert nämlich ausschließlich damit, die Sechs befänden sich gegenwärtig in einer so günstigen ökonomischen Position, daß man jetzt beschleunigen könne. Das wäre zweifellos richtig, 6194 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Mai 1960 Kalbitzer wenn die EWG ein Ding an sich, ein Selbstzweck wäre, wenn sie von der übrigen Politik in Europa und in der Welt isoliert wäre; dann wäre die Beschleunigung richtig, durchaus logisch, sinnvoll, zweckmäßig; jeder müßte sie unterstützen. Aber in Wirklichkeit ist eben weder die Bundesrepublik Deutschland noch sind die. Sechs allein auf der Welt. Damit entsteht das Problem: Wie soll das Verhältnis zur Umwelt aussehen? Der Beschleunigungsvorschlag an sich wäre also sinnvoll, wenn die EWG allein auf der Welt wäre. Aber so, wie die Wirklichkeit ist, bedeutet die Beschleunigung eine Sabotage der Zusammenarbeit des freiheitlichen Europas. Die EFTA hat als nachträgliche Gegenkonstruktion zur EWG die Termine für die eigenen Maßnahmen mit den vorn EWG-Vertrag vorgesehenen Terminen synchronisiert, sich also darauf eingerichtet, sich nicht weiter von der EWG zu entfernen. Die Partner der EFTA haben eben ,,nachgeklappt". In demselben Augenblick versucht die EWG, sich von der EFTA zu distanzieren, also den entstandenen Graben zu vertiefen. Die politische Logik würde es dagegen erfordern, daß man den Graben, der bedauerlicherweise entstanden ist, möglichst zuschaufelt. In den letzten Tagen hat man gehört, die Bundesregierung wolle die Beschleunigung, deren Beginn auf den 1. Juli 1960 angesetzt ist, um einige Monate verzögern. Nun, das würde der Bundesregierung die Möglichkeit geben, in der so gewonnenen Zeitspanne aktiv zu werden und der Forderung nach Zusammenarbeit zur Erfüllung zu verhelfen. Meine Frage, die sich aus dein Gang der Dinge der letzten Monate ergibt, lautet deshalb: Ist die Bundesregierung bereit, die Beschleunigung, wie sie von der Hallstein, Kommission vorgeschlagen ist, nicht in dieser Form mitzumachen? Sieht sie einen späteren Zeitpunkt vor? Welche Initiative gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um in der Zwischenzeit politisch aktiv zu werden und sich mit der EFTA zusammenzuraufen? Id' darf Ihnen einige Beispiele dafür bringen, um welche Punkte es bei dem Verhältnis zu dritten Ländern geht. Der eine ist in der Presse schon einmal kurz erwähnt worden. Wenn der Beschleunigungsplan von Herrn Hallstein in Kraft tritt und in der Zwischenzeit kein Arrangement mit der EFTA zustande kommt, dann wird ein Auto mit einem Wert von beispielsweise 10 000 DM, welches aus Schweden eingeführt wird, in der ersten Phase gleich mit 690 DM Zoll mehr belastet als ein gleichwertiges Auto aus, sagen wir, Frankreich oder Italien. In einer späteren Phase, etwa 1970, wird ein gleichwertiges Auto, das aus Schweden importiert wird, 2900 DM mehr Zollbelastung haben als ein Auto des gleichen Wertes aus Italien oder Frankreich. Das bedeutet, daß der Handel — in diesem Beispiel mit Schweden — aufs allerschwerste geschädigt, in wesentlichen Punkten einfach unmöglich gemacht wird. Durch die nun heraufkommenden Zölle auf Apfelsinen, die wir als ein selbstverständliches und notwendiges Volksnahrungsmittel betrachten, werden die Länder, aus denen wir traditionsgemäß Apfelsinen bezogen haben und die ihrerseits von dem Apfelsinenexport nach Zentraleuropa leben und die eine schwerere wirtschaftliche eine schwerere politische Existenz haben als wir, erheblich benachteiligt. Lassen Sie mich die Länder nennen, um die es sich handelt. Es handelt sich um Marokko, und es handelt sich um Israel, die auf diese Weise gegenüber der Apfelsinenlieferung aus Italien benachteiligt werden, Ich frage Sie: welches ist Ihre politische Überlegung, die Länder Israel und Marokko schlechter zu behandeln als z. B. Italien? Zu welchen, ich muß sagen, überspannten Vorstellungen dieses Auseinanderfallen zwischen EWG und EFTA bei Teilen der EWG-Länder bereits geführt hat, zeigt nichts besser als eine Kleine Anfrage, die dieser Tage den Mitgliedern des Europäischen Parlaments in Straßburg auf den Tisch gelegt wurde. In dieser Anfrage ist auf die Handelsverhandlungen zwischen uns und den Dänen Bezug genommen. Die Dänen, die einen wesentlichen Teil ihrer Agrarprodukte an uns, den großen industriellen Nachbarn, absetzen, haben in ihrer schwierigen Lage versucht — und die Bundesregierung ist, so hoffe ich wenigstens, auch einigermaßen positiv darauf eingegangen —, sich trotz dieser Spaltung Agrarlieferungen nach Deutschland zu sichern. Da. heißt es in der Anfrage aus Holland: „Stimmt es, daß kürzlich Besprechungen zwischen Vertretern der deutschen und der dänischen Regierung über die Ausfuhr dänischer Agrarprodukte in die deutsche Bundesrepublik stattgefunden haben?" Dann geht es weiter: „Stimmt es, daß, wie es heißt, Westdeutschland Dänemark derartige Zusagen über die Abnahme von Agrarprodukten gemacht hat, daß dadurch die Erfüllung von Verpflichtungen, die der genannte Mitgliedsstaat gegenüber den anderen Mitgliedsstaaten übernommen hat, erschwert wird? — Zum Schluß heißt es: „Sollte die Bundesrepublik Deutschland der dänischen Regierung diese Zusagen tatsächlich gemacht haben — wir vermuten, daß es geschehen ist — ohne irgendwelche Vorbesprechungen? Kann die Europäische Kommission dann den politischen Mut aufbringen" es geht also darum, ob Herr Hallstein den Mut aufbringen kann -, „unumwunden ihre Mißbilligung über diese deutsche Verfahrensweise auszusprechen?" Ich muß meinerseits sagen, es gehört Mut dazu, daß ein Holländer an uns die Forderung stellt, wir sollten unsere traditionellen und notwendigen freundschaftlichen Beziehungen zu Dänemark aufgeben, um die bekannten und zum Glück ebenso freundschaftlichen Beziehungen zu Holland noch mehr zu intensivieren. Das ist und das kann politisch nicht der Sinn dieses Vertrages sein, daß man sich Feinde schafft, um denen, mit denen man sowieso befreundet ist, noch mehr in den Hals zu stecken. Aber ich darf Sie auf die prekäre Situation auch anderer kleiner Nachbarländer Deutschlands hinweisen. Österreich ist politisch von den EWG-Staaten sozusagen eingeklemmt: das wirtschaftlich Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, cien 4. Mai 1960 6195 Kalbitzer große Italien im Süden, die Bundesrepublik Deutschland im Norden; im Osten aber liegt der Gürtel der sowjetisch beeinflußten Zone. Österreich hat bisher etwa 50 % seines Außenhandels mit den EWG-Staaten gehabt. Es wird nun durch die EWG wirtschaftlich auf das schwerste benachteiligt. Aber was das Besondere ist: Die politische Lage Österreichs gestattet es ihm nicht, sich seinerseits der EWG anzuschließen. Einerlei, was die österreichische Koalitionsregierung denkt, ob sie möchte oder nicht möchte, sie kann laut ihrem Staatsvertrag, der eine Folge des schrecklichen und verlorenen Krieges ist, diesen Anschluß nicht vollziehen. Österreich ist auch in dieser Beziehung ein direktes Opfer des Krieges und wird nun von uns nochmals gestraft. Es wird von der EWG abgestoßen, es wird fortgedrängt und der sowjetischen Einflußsphäre, an der es mit breiter Grenze liegt, wirtschaftlich in die Arme getrieben. Noch schwieriger liegt der Fall Finnlands. Meine Damen und Herren. Sie haben dem finnischen Volk gerade vor wenigen Minuten durch Ihren Beifall eine so warme Sympathie bezeugt. Hier ist ein Fall, wo man der Sympathie für Finnland in der Sache und nicht im Applaus Ausdruck geben kann. Auch Finnland gehört zu den Ländern, die nach dem verlorenen Krieg das Schwerste haben auf sich nehmen müssen. Es grenzt in breitester Front direkt an die Sowjetunion und ist in große innere Schwierigkeiten verstrickt. Dieses Land hat allmählich etwa 30 % seines Außenhandels — das ist der Anteil im Jahre 1959 — mit den westeuropäischen EWG-Staaten aufgebaut. Die Tendenz der Zusammenarbeit besonders mit der Bundesrepublik ist weiterhin steigend. Die Bundesrepublik ist inzwischen der stärkste Handelspartner Finnlands geworden, vor der Sowjetunion und vor England! Alles, ehe der Vertrag über die EWG in Kraft trat. Wenn man nun Finnland isoliert, wenn man es nur EFTA-Ländern überläßt, d. h. in diesem Falle Schweden, das sich, wie jeder weiß, als direkter Nachbar für Finnlands Schicksal mitverantwortlich fühlt, wenn man die EFTA-Länder gegenüber unseren EWG-Partnern diskriminiert, dann heißt es, daß man Finnland die kalte Schulter weist, daß man Finnlands Handel mit uns erschwert und daß man ihn den Russen geradezu aufnötigt. Ich habe oft das politische Argument gehört, daß die EWG ein Mittel zur politischen Stabilisierung des europäischen Westens gegen kommunistische Infiltration sei. Meine Damen und Herren, der Vertrag bewirkt für diese Länder — Österreich und Finnland — das genaue Gegenteil, er läuft darauf hinaus, diese Länder wirtschaftlich an den Ostblock heranzutreiben. Das kann und darf nicht sein. Wir haben mit den Herren der Europäischen Kommission, in ,diesem Punkt insbesondere mit Herrn Marjolin, über die Sondersituation zum Beispiel Österreichs gesprochen. Darauf wurde uns die Antwort, selbstverständlich könne die EWG mit Österreich Sonderabmachungen treffen, um diese anerkannten — von Herrn Marjolin wenigstens anerkannten — Schwierigkeiten zu überwinden. Aber auf die Nachfrage: Bereiten Sie denn solche Sonderabmachungen mit Österreich zum Beispiel vor?, war betretenes Schweigen. In Wirklichkeit werden diese von Herrn Marjolin zugesagten Möglichkeiten nicht ausgenutzt. Das heißt, man versucht nicht, mit Osterreich ins reine zu kommen, wenn man von dem Husarenritt des Herrn Hallstein absieht, der es vor einiger Zeit für witzig hielt, nicht mit der österreichischen Regierung, sondern mit dem österreichischen Industriellenverband zu verhandeln. Dier österreichische Industriellenverband in allen Ehren! Er ist aber nicht der Partner für ,die EWG. Das kann nur, da es sich hier um Staatsverträge handelt, die österreichische Regierung sein. Ich frage also zu diesem Punkt abschließend: Will die Bundesregierung sich für Verhandlungen dieser Art zwischen EWG und EFTA ,einsetzen, und will die Bundesregierung insbesondere die politisch außerordentlich komplizierte Lage z. B. Österreichs und Finnlands in Rechnung stellen und sich daran klarmachen, daß es hier um mehr als Wirtschaftspolitik, daß es hier um ,große Politik geht? Ich darf nun zu der dritten Frage kommen. Sie lautet: Unterstützt die Bundesregierung Bestrebungen, die EWG zu einem politischen Block zu machen? Ist sich die Bundesregierung der Gefahr bewußt, ,daß es hierdurch zu einer Spaltung der freien Welt kommen kann? Das von meinem Vorredner wie von mir wiederholt festgestellte Fehlen einer Initiative oder, ich will mich ganz vorsichtig ausdrücken, daß bisher nichts bekanntgeworden ist über eine Initiative der Bundesregierung zur Überbrückung der Gegensätze — trotz ,der ewigen Forderungen dieses Hauses, zwischen EWG und EFTA nicht die Spaltung eintreten zu lassen — hat uns aus England und aus anderen Ländern im Laufe der ersten Monate dieses Jahres bereits eine solche Menge von Unfreundlichkeiten eingetragen, daß man von einer an Isolierung grenzenden Situation unserer Politik, z. B. gegenüber unserem westlichen Verbündeten Großbritannien, sprechen muß. Die Bundesregierung hat in der englisch-französischen Eifersüchtelei über die erste Rolle in Westeuropa für Frankreich und gegen England Partei ergriffen. Wir Sozialdemokraten lehnen eine solche Alternative ab. Wir sind nicht für eine Politik, die uns zwischen der Freundschaft mit England und einer Freundschaft mit Frankreich wählen läßt. Wir lehnen es ,ab, den einen zu kujonieren, dem einen alle seine Schwächen vorzuhalten und bei idem anderen stets durch die Finger zu sehen. Wir lehnen es auch ab, den einen besonders herauszuheben und uns dem anderen gegenüber in eine kühle Reserve zu vergraben. Denn einmal ist Europa, das westliche Europa als Ganzes, überhaupt zu klein für eine solche Blockbildung innerhalb Westeuropas, das ja nur ein kleiner Zipfel unserer Landkarte ist. Zum anderen können im Hinblick auf unsere Situation nach dem Kriege, auf unsere Beziehungen zum Kalbitzer Westen, unsere Bemühungen nur darauf hinauslaufen, daß man mit allen westlichen Verbündeten gleiche freundschaftliche Beziehungen herstellt und, wenn man sie hergestellt hat, sie zu dem einen nicht nachträglich wieder zerstört, um mit dem anderen zu einem bündnisähnlichen Sonderstatus zu kommen. Ich würde es ,ebenso ablehnen — das sage ich, um von den Vertretern ,der Regierung nicht mißverstanden zu werden —, daß man sich einseitig an England anschlösse und dann gegenüber Frankreich die kalte Schulter zeigte. In diesem Zusammenhang darf ich auch eine politisch noch delikatere Frage anschneiden, nämlich die der demokratischen Stabilität innerhalb EWG und EFTA. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich nach dem Kriege mit guten Erfolgen für die parlamentarische Demokratie entschieden. Aber jeder von uns — links wie rechts — wird selber kritisch eingestehen, daß diese Erfolge Anfangserfolge sind, die es für uns jeden Tag zu untermauern, jeden Tag zu stabilisieren gilt. Unsere großen Partner innerhalb der EWG, Italien und Frankreich, sind in parlamentarisch-demokratischer Hinsicht in außerordentlich prekären politischen Situationen. Das wissen wir alle, das bedauern wir alle; niemand empfindet darüber Schadenfreude, jeder nur Bedauern. Von den EWG-Mitgliedern sind es nur die kleineren Länder — Holland, Belgien und Luxemburg —, bei denen man von einer parlamentarisch-demokratischen Stabilität schlechthin sprechen kann. Eine wesentlich größere Stabilität zeigen die Mitgliedsländer .der Freihandelszone der EFTA. England, die skandinavischen Staaten, die Schweiz sind ,die klassischen demokratischen Länder und auch die stabilisiertesten auf unserem Kontinent. Aus diesem Grunde halte ich es für sehr nachteilig und geradezu gefährlich, sich durch eine Blockbildung in Europa — und das heißt: Spaltung — von den klassischen europäischen Demokratien entfernen zu lassen. Der frühere bundesdeutsche Staatssekretär Hallstein hat bisher die naturgemäß sehr viel schwieriger herzustellenden Beziehungen zu unseren unmittelbaren östlichen Nachbarn zu verhindern gewußt. Diese Politik Hallsteins gilt heute in der Welt als Hallstein-Doktrin. Außerhalb der CDU wird sie heute nur bedauert. Aber wir wollen darüber nicht zuviel rechten. Es zeigt sich jetzt, daß wir in Verfolg der Hallstein-Doktrin außer zu einer solierung gegenüber unseren östlichen Nachbarn auch zu einer Verkrüppelung unserer Politik gegenüber den westlichen Nachbarn kommen. Der Aufbau der EWG ohne Rücksicht auf ,die übrigen westlichen Länder bedeutet die zweite Hallstein-Doktrin, bedeutet, daß man nun, nachdem man gar nicht erst ernstlich das Gespräch mit ,dem Osten aufgenommen hat, auch seine Freundschaften im Westen selber aufspaltet. Die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten bestehen für Bundesdeutschland in viel stärkerem Maße als für die übrigen EWG-Nachbarn. Die EWG ist zwar nach außen hin eine Einheit, aber Länder wie Frankreich, Holland, Belgien haben viel tiefergehende Wurzeln der Freundschaft zu den übrigen westlichen Mächten als wir Bundesdeutsche. Das ergibt sich aus der Geschichte. Wir werden erst auf unsere Zuverlässigkeit, auf unseren westlichen Freiheitswillen getestet; wir sind sehr viel mehr dem Mißtrauen und dem Mißverstehen der übrigen Welt ausgesetzt. Ich komme zur vierten Frage. Sie lautet: Ist die Bundesregierung bereit, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um in Abstimmung mit den Partnern in der EWG und insbesondere durch entsprechende Einwirkung auf die französische Regierung zu erreichen, daß der EWG-Außenzolltarif das Niveau des deutschen Zolltarifs nicht übersteigt? Mit anderen Worten: Wird sich die Regierung dafür einsetzen — inzwischen müßte man wohl auch sagen: hat sich die Regierung dafür eingesetzt —, daß die faktisch bei uns in der letzten Zeit erhobenen Zölle nicht erhöht werden, daß also die EWG nicht zu einer Erhöhung unserer Zölle gegenüber England und den skandinavischen Ländern führt? In bezug auf die Vertragszölle und die Nichterhöhung der bestehenden deutschen Zölle muß die Frage nach der Haltung der Bundesregierung bis heute — wenn Sie, Herr Minister, uns hier nicht über neue Tatsachen berichten können — leider negativ beantwortet werden. Wir müssen das — ich will mich hier kurz fassen — auf das tiefste bedauern. Wir halten es für wirtschaftlich unklug und politisch verfehlt, deutsche Zölle gegenüber dritten Ländern zu erhöhen, anstatt die Märkte weltweit zu öffnen und die Zölle abzubauen. Lassen Sie mich zur fünften Frage übergehen. Sie lautet: Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß den assoziierten Gebieten der EWG durch die wirtschaftliche Unterstützung der Gemeinschaft die politische Entscheidungsfreiheit auch hinsichtlich ihrer Beziehungen zur EWG ermöglicht wird? Das ist — konkret gesprochen — die Frage nach den Beziehungen der EWG zu Ländern wie z. B. Marokko, Tunesien oder Guinea. Diese Länder gehören oder gehörten zur Franc-Zone — darüber ist die Welt nicht ganz genau informiert —, als der Vertrag 1957 geschlossen wurde. Damals glaubte Frankreich, auf diese Länder ganz oder jedenfalls großenteils noch einen nachhaltigen politischen Einfluß weiter ausüben oder eine direkte Kolonialherrschaft aufrechterhalten zu können. In der Entwicklung Afrikas ist in den letzten Jahren und in den letzten Monaten ein so rapider Trend zu verzeichnen — in diesem Jahre müssen wir sagen: pro Monat ein neues freies Land in Afrika —, daß der Vertrag in bezug auf die Beziehungen zu diesen Ländern einfach überholt ist. Heute kann es politisch nicht mehr hingenommen werden, daß die französische Regierung diese Länder durch ihre Unterschrift von 1957 bindet oder sagt: Wenn diese Länder die Zwangsbindungen nicht akzeptieren, ist der Trennungsstrich endgültig. Wir wollen — ich hoffe, das Haus will es auch —, daß diese Länder Afrikas — es werden weitere folgen, wie z. B. die neue Föderation Mali — aus freier, völlig unabhängiger Initiative sich entschei Kalbitzer den können, ob sie sich mit der EWG assoziieren wollen oder nicht. Wir halten es bei einer antikolonialen Politik nicht für tragbar — ich hoffe, auch diese Regierung nicht —, daß frei gewordene frühere französische Kolonien oder Halbkolonien in Afrika vor die Entscheidung gestellt werden: Friß Vogel oder stirb, sondern wir fordern für diese Länder die Möglichkeit, aus Eigenem zu sagen, ob und in welcher Form sie die Assoziation mit uns aufrechterhalten wollen. Der Vertrag selber enthält eine entscheidende Klausel. Sie hat bei der Ratifikation schon eine Rolle gespielt, ich meine die Klausel, die sich auch in der Grundsatzerklärung der Vereinten Nationen findet, nach der die Politik der früheren Kolonialund Industriestaaten in Europa und Nordamerika gegenüber diesen neuen Staaten darauf abzielen muß, ihnen die Unabhängigkeit zu geben und nicht neue Bänder und neue gewaltsame Schlingen auszulegen, um sie entweder an uns zu ketten oder sie in ihrer neu errungenen Unabhängigkeit dem Elend preiszugeben. Wir bitten auch, im Ministerrat dahingehend zu intervenieren, den Ländern Afrikas die Möglichkeit zuzubilligen, frei und unabhängig zu erklären, ob und wie sie mit uns assoziiert sein wollen. Ich darf nun zur sechsten und letzten Frage übergehen. Sie lautet: Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die wirtschaftlichen und finanziellen Hilfen für die assoziierten Gebiete der EWG nicht zu einer Diskriminierung der übrigen Entwicklungsländer in Afrika, Asien und Amerika werden zu lassen? Hierbei handelt es sich darum, daß laut Vertrag die Kolonien oder früheren Kolonien vor allem von Frankreich — weniger von Holland und Belgien — nicht in einer Form mit uns assoziiert werden, daß man die Gebiete, die sich ökonomisch und gesellschaftlich im Entwicklungsstadium befinden, diskriminiert. Mit anderen Worten: wir halten die interessante Methode der Assoziierung in dem Augenblick für verfehlt, in dem wir Gebiete wie z. B. Madagaskar — Sie können auch FranzösischKamerun oder sonst ein Gebiet nehmen, das jetzt unabhängig wird — in einer Weise handelsund zollpolitisch bevorzugen, daß andere Gebiete, die außerhalb liegen, nehmen wir Kenia, Tanganjika oder das größte dieser Länder, Indien, geschädigt werden. Was indem Assoziierungsvertrag an finanziellen und wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen ist, um diese Associés aufzubauen, ist gut. Es wäre schlecht, wenn sich dieser Aufbau dadurch zum Schaden der anderen auswirkte, daß wir Kaffee oder Tee künftig nur noch aus dem Kongo oder aus anderen früheren französischen Kolonialgebieten beziehen könnten und damit der Handel zwischen Indien und uns erschwert oder gar verteuert würde. Ich bin bereit, Besonderes für die Associés zu tun. Ich hielte es für außerordentlich verfehlt, diese Unterstützung auf der anderen Seite damit zu quittieren, daß wir Länder, die uns politisch ebenso am Herzen liegen — ich denke insbesondere an Indien —, nun vor den Kopf stoßen, indem wir sie zollmäßig, handelsmäßig benachteiligen und damit natürlich früher oder später auch politisch von uns forttreiben. Es ist — und damit möchte ich zum Schluß kommen — nicht möglich, eine wirtschaftliche Spaltung, wie sie sich zwischen EWG und EFTA aufgetan hat, auf die Dauer aufrechtzuerhalten, ohne daß sie politische Folgen hat. Im ersten Augenblick und nach dem ersten Anschein mögen Sie sich damit beruhigen, daß sich diese Spaltung der Wirtschaft außerhalb des Niveaus der Politik abspielt. Das kann für einige Zeit gehen, solange nämlich die Geschädigten glauben, daß bei uns der ernsthafte, nachdrückliche gute Wille vorhanden ist, diese Spaltung wieder zu überwinden. Wenn die Länder, die geschädigt werden, diesen Glauben eines Tages nicht mehr haben, wird es zu einer verhängnisvollen politischen Spaltung im freien Europa und im freien Westen kommen. Das zu verhindern, ist, muß ich sagen, des Schweißes der Edlen wert, und darauf müßte die Hauptaktivität unserer Bundesregierung gerichtet sein. Eine solche Spaltung ist nicht nur wirtschaftlich widersinnig, sondern auch politisch für uns von erheblichem Nachteil, und es wäre eine sträfliche Leichtfertigkeit, ihr nicht entgegenzuwirken. Man kann sich auch nicht darauf berufen, meine Damen und Herren, daß die einmal vollzogene Unterschrift unter den EWG-Vertrag alle weiteren Aktionen notwendig mache und daß wir nicht aus dem Vertrag heraus könnten. Zu dem Vertrag, den wir hier ratifiziert haben, steht sicher, wie es auch die FDP schon erklärt hat, dieses Haus einmütig. Aber dieser EWG-Vertrag ist wie so viele Verträge, die unter politischen Aspekten geschlossen worden sind, natürlich auslegungsfähig. Neben Paragraphen, die eine Diskriminierung dritter Länder zum Inhalt haben, wie ich sie Ihnen vorgeführt habe, stehen andere Paragraphen, die eine solche Diskriminierung geradezu verbieten. Es kommt also hier in der Tat auf die politische Aktion der Regierung an. Es besteht keine zwangsläufige Notwendigkeit, die Politik Hallsteins.. zu führen. Hallsteins Politik ist eine Möglichkeit des Vertrages, sie ist die falsche Möglichkeit des Vertrages. Für die Regierung kommt es darauf an, die anderen, positiven Möglichkeiten des Vertrages zum Tragen zu bringen und damit der Zusammenarbeit des freien Westens Möglichkeiten zu geben und zu erhalten und es nicht zu dem Desaster kommen zu lassen, daß wir uns in dem zu kleinen Europa schließlich noch in zwei Blöcke zerspalten. Zur Beantwortung der Großen Anfragen der FDP und der SPD hat das Wort der Herr Bundeswirtschaftsminister. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß ,die Beantwortung der beiden Großen Anfragen der FDP und der SPD sich so Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard lange verzögert hat. Ich danke zugleich im Namen der Regierung -, daß Sie den Vertagungswünschen entsprochen haben. Ich habe besonderen Grund zu danken, weil ich ja in dieser Beziehung unschuldig schuldig geworden bin. Ich werde in dem ersten Teil meiner Ausführungen für die Bundesregierung die Fragen im einzelnen beantworten und mich im weiteren Verlauf und damit gleichzeitig in die Debatte eingreifend mit der Frage beschäftigen: Was hat die Bundesregierung getan, um das Ziel einer gesamteuropäischen Integration zu erreichen? Ich glaube, daß es nicht fruchtbar wäre, die historische Entwicklung, die auch hier wieder angeklungen ist, noch einmal aufzuzeigen. Die Bundesregierung hat den Ablauf bereits schriftlich dargestellt. Sie ist auch weiter bereit, in einem detaillierten Bericht im Anschluß an ihren vorigen Bericht — Drucksache 958 — über den weiteren Verlauf der Verhandlungen alsbald schriftlich zu berichten. Nun möchte ich zu der Großen Anfrage der Fraktion der FDP — Drucksache 1305 — Stellung nehmen. Die Frage 1 dieser Großen Anfrage lautet: Was hat die Bundesregierung auf Grund der einstimmig gefaßten Entschließung des Deutschen Bundestages vom 2. Oktober 1958 unternommen, um a)


    (Beifall bei der SPD und der FDP.)





    (Beifall bei der SPD.)