Rede von
Herbert
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Erler, anständige Beziehungen mit beiden Seiten, einverstanden!, ein Bündnis nur insoweit, als die Frage: Diktatur oder nicht? nicht subjektiv bestimmt wird, wie es mir hier der Fall zu sein scheint.
— Meine Damen und Herren, lassen Sie mich doch einmal meine Rede halten! Sie kaufen mir meinen Schneid doch nicht ab.
Meine Damen und Herren, die Darstellung des Kollegen Schmidt zumindest ist nach meiner und meiner Freunde Auffassung sehr einseitig gewesen. Selbst wenn es mit Spanien so wäre, wie er es dargestellt hat, würde die Tatsache, daß er es den Spaniern hier aufs Butterbrot schmiert, bedeuten, daß er den Spaniern das Recht auf politischen Irrtum aberkennt. Da wäre allerdings eine konsequente Verfolgung der sozialdemokratischen Politik der letzten Jahre.
Es ist aber nicht so, wie es der Kollege Schmidt dargestellt hat. Geschichtliche Tatsache, die nicht bestritten werden kann — Herr Kollege Schmidt, vielleicht darf ich Ihnen zum Dank für Ihre Geschichtslektion jetzt auch meinerseits eine kleine, kürzere geben —, ist doch, daß 1936 in Spanien die Anarchie herrschte. Das wird niemand bestreiten. Tatsache ist weiter, daß zumindest die Legion Condor erst eingriff, als die roten Truppen in Barcelona gelandet waren, unter denen sich bekanntlich auch russische Angehörige befanden. Das kann nicht bestritten werden.
— Nicht aus dem „Vorwärts" und nicht aus der „Welt der Arbeit".
— Meine Damen und Herren, ich habe ja auch nicht gesagt, daß diese Zeitungen dumm sind. Aber ich vermag einfach den Darstellungen, die sie oftmals geben, nicht zu folgen, Herr Kollege Menzel, und das ist doch mein gutes Recht.
— Herr Kollege Wienand, halten Sie doch am besten anschließend ebenfalls eine Rede hier und widerlegen Sie mich!
— Na gut, dann bombardieren Sie mich nicht dauernd mit Zwischenrufen.
Ich sage auch folgendes und werde auch damit Ihren Protest hervorrufen; aber ich sage es. Schließlich bin ich ja ein Politiker der Rechten und nicht der Linken. Hitler mag über seine Intervention in Spanien gedacht haben, was er will. Er mag seine Meinung später darüber geändert haben oder nicht. Für meine Freunde ist ausschließlich das Faktum ausschlaggebend, daß heute nicht die Kommunisten in Spanien das Heft in der Hand haben. Ich glaube, dazu können wir uns alle nur gratulieren. Denn die Folgen für die Freiheit Europas und für die Freiheit überhaupt, die Herr Schmidt heute morgen hier so beschworen hat, wären unübersehbar, wenn die Kommunisten heute in Spanien das Sagen hätten.
Schneider
Es kann außerdem nicht bestritten werden: Selbst wenn man bereit wäre, hier und da diktatorische Züge des spanischen Regimes zuzugeben
— ich habe ja gesagt: selbst wenn man bereit wäre; Sie müssen auch auf den hinteren Bänken genau zuhören, ich spreche doch klar genug —, könnte doch niemandem verborgen geblieben sein — wenn man sich den nötigen freien Blick bewahrt hat —, daß sich in den letzten Jahren in Spanien mehr und mehr zumindest eine freiheitlichere Auffassung in sehr vielen entscheidenden Fragen angebahnt hat.
Aber ich pflichte im übrigen durchaus dem Herrn Bundesaußenminister bei, der hier erklärt hat, daß es letzten Endes sogar eine Ungehörigkeit ist, wenn man sich in die inneren Angelegenheiten eines befreundeten Landes — und ich betrachte Spanien als ein uns befreundetes Land — einmischt.
— Ich habe doch gesagt: uns befreundetes Land, verehrter Herr Kollege. Ich bin doch nicht Mitglied der Roten Brigade gewesen. — Spanien hat immerhin inzwischen die Menschenrechte anerkannt.
Spanien ist Mitglied der OEEC. Meine Freunde betrachten Spanien schon heute als einen Verbündeten der NATO,
und meine Freunde betrachten die deutsch-spanische Freundschaft als einen wesentlichen Bestandteil der europäischen Freundschaft überhaupt.
Wir fordern im Gegensatz zu Ihnen die Bundesregierung sogar auf, alles zu tun, um diese Freundschaft zu Spanien mit allen Mitteln zu fördern.
Meine Damen und Herren, alle diejenigen, die die Indiskretionen begangen haben, welche zu der Veröffentlichung und zu den anschließenden unfreundlichen Reaktionen im In- und Ausland geführt haben, müssen sich darüber im klaren sein, daß sie damit praktisch Vorspanndienste für den Kommunismus geleistet haben.
— Was heißt hier „schon wieder mal"? Darauf können wir nicht oft genug hinweisen, Herr Kollege.
— Ja, ich sehe das von da. Ich sitze ja auch nicht bei Ihnen und werde dort auch nie sitzen.
Der Herr Kollege Erler hat — und das hat mich etwas betrübt — gesagt, wir sollten uns mit den
politischen Reaktionen in Pankow nicht weiter beschäftigen; so ähnlich, nicht im Wortlaut. Er hat gesagt: Natürlich hat das eine unfreundliche Reaktion gegeben, aber damit wollen wir uns hier nicht weiter beschäftigen. — Da sind meine Freunde von der Deutschen Partei genau entgegengesetzter Auffassung. Wir stehen im Gegenteil auf dem Standpunkt, daß wir bei allem, was wir tun und lassen, sehr viel mehr als bisher darauf Bedacht nehmen sollten, ob wir damit drüben etwa erneute Reaktionen hervorrufen, die doch immer demselben Ziel dienen, nämlich die Bundesrepublik vor allem im Ausland zu diffamieren und die Vertrauensbasis, die wir uns mühselig in zehnjähriger Arbeit aufgebaut haben, wieder zu zerstören.
Deswegen ist für uns in dieser Frage allein entscheidend, ob wir eine Möglichkeit für die Bundeswehr finden, weil, wie ich vorhin eindeutig bekannt habe, wir es für notwendig halten, uns auf der Iberischen Halbinsel zu engagieren — natürlich sofern die Spanier zustimmen; das wäre die Voraussetzung dafür. Bei der Frage des Fingerspitzengefühls muß natürlich auch bedacht werden, daß dieses sich auch dort zu bewähren hat, wo es um eine der Lebensfragen der Nation, nämlich um die Verteidigung dieses Raumes, geht.
Meine Damen und Herren und sehr geehrter Herr Kollege Erler! Ich möchte abschließend sagen: Bei der Größe der Bedrohung aus dem Osten sind wir bereit, uns mit allen zu verbünden, soweit sie im Grunde freiheitlich gesinnt sind,
auch mit den Spaniern. Wir sind aber auch bereit, uns zur Verteidigung der Freiheit mit dem Teufel zu verbünden.