Rede von
Dr.
Hermann
Schmitt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst eine Bemerkung vorausschicken. Der Herr Kollege Dr. Heinemann hat, als er das Beispiel der Finanzierung durch die Industrie erwähnt hat, ausdrücklich klarmachen wollen, wen die Industrie hat finanzieren wollen. Das war also keineswegs speziell an den Herrn Minister gerichtet,
sondern der Herr Kollege Heinemann hat nur ihm und dem Hause klarmachen wollen, um was es hier geht.
Warum spielt denn das Problem der Parteienfinanzierung eine so entscheidende Rolle in unserer modernen Gesellschaft? Es besteht doch — darüber darf nichts hinwegtäuschen — in der modernen Gesellschaft die Gefahr, daß die demokratische Fassade erhalten bleibt und daß der Staat dahinter ausgehöhlt und unterhöhlt wird durch die anonyme Macht großer wirtschaftlicher Verbände. Wenn Sie, meine Damen und Herren, darüber noch weitere Aufklärung brauchen, dann empfehle ich Ihnen doch sehr, einmal das Buch von Packard „Die geheimen Verführer" mit den zahlreichen Beispielen aus den Vereinigten Staaten sich vorzunehmen. Darin werden Sie mit aller Deutlichkeit feststellen können, welche Rolle die Propaganda und damit die Gefahr der Manipulation heute für Wahlkämpfe in der modernen Gesellschaft spielt. Für diese Manipulationen braucht man Riesensummen.
Es geht nun darum, daß klargestellt wird, wer für politische Zwecke den einzelnen Parteien Geld gibt. Der Herr Kollege Wacher hat dafür in einem gewissen Umfang eine Bestätigung gegeben. Er hat gesagt: Wir bekommen die Spenden, weil unsere Politik so ist! — Das ist eine Formulierung, zu der man nur sagen kann: Geld also, weil bestimmte Gesetze, z. B. bestimmte Steuergesetze, in diese oder jene Richtung gehen! Das ist doch die Konsequenz, die man aus seinen Ausführungen ableiten muß.
Der Herr Kollege Wacher hat dann von dieser Stelle einen leidenschaftlichen Appell an alle gerichtet, die Jugend und die Menschen überhaupt mehr an den Staat heranzuführen. Meine Damen und Herren, vor einer Stunde hat seine Fraktion den Antrag gestellt, die im Bundesjugendplan für politische Bildung vorgesehenen Mittel um 500 000 DM zu vermindern!
Wo bleiben hier die Konsequenzen?
— Ja, der Antrag wurde mit Mehrheit angenommen.
Herr Kollege Wacher, Sie haben von armen und reichen Parteien gesprochen. Wir sind stolz darauf, daß die SPD, eine Partei mit einer langen und großen Tradition, ein gewisses Vermögen auf Grund freiwilliger Spenden armer Menschen besitzt. Denken Sie nur an die Zeit vor dem ersten Weltkrieg und an die Gründung unserer Zeitungen! Diese vielen freiwilligen Spenden und diese gewaltigen Leistungen der deutschen Arbeiterschaft sind eine Aufforderung an Sie, endlich auch einmal etwas zu tun, damit Sie nicht nur von der Wirtschaft Geld erhalten, sondern auch echte Spenden von Ihren Mitgliedern und Förderern.