Rede:
ID0310406700

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Metadaten
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  • date_rangeDatum: 19. Februar 1960

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 104. Sitzung Bonn, den 19. Februar 1960 Inhalt: Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schmidt (Hamburg): Zahl der sogenannten Fast-Zusammenstöße im Luftraum der Bundesrepublik Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 5621 A, C, 5622 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 5621 B, D, 5622 A Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Flugsicherungsdienststellen Dr. Seiermann, Staatssekretär 5622 A, C, D Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 5622 C, D Frage des Abg. Kalbitzer: Entfernung der in den Hamburger Postämtern ausliegenden Adreßbücher Dr.-Ing. E. h. Herz, Staatssekretär 5623 B, C, D Berkhan (SPD) 5623 C, D Frage des Abg. Hansing: Bezahlung von Hausarbeitstagen der weiblichen Beschäftigten bei der Standortverwaltung Bremen Hopf, Staatssekretär . . . . . 5624 B Hansing (SPD) 5624 C Frage des Abg. Dr. Bucher: Verkehrsunfälle bei den Manövern in der Oberpfalz Hopf, Staatssekretär . . 5624 C, 5625 A Dr. Bucher (FDP) 5625 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Früherer Adjutant des Inspekteurs der Luftwaffe, Gliga Hopf, Staatssekretär 5625 B Frage des Abg. Dr. Bechert: Einsetzung von Mitteln im Haushalt 1960 für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet des Haltbarmachens von Lebensmitteln Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 5625 D, 5625 B, C Dr. Bechert (SPD) . . . . 5626 A, B, D Frage des Abg. Dr. Bechert: § 1 der Lebensmittelverordnung über die Behandlung von Lebensmitteln mit Elektronen-, Gamma- und Röntgenstrahlen oder ultravioletten Strahlen Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 5627 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Februar 1960 Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (Drucksache 1509) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5627 B Dr. Even (Düsseldorf) (CDU/CSU) . 5635 C Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 5638 D Dr. Bucher (FDP) 5643 B Wacher (CDU/CSU) 5646 C Dr. Schneider (Lollar) (DP) . . . . 5650 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5653 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 5654 C Nächste Sitzung 5655 C Anlage 5657 Deutscher Bundestag — 3, Wahlperiode - 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Februar 1960 5621 104. Sitzung Bonn, den 19. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.05 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Dr. Atzenroth 19. 2. Bauereisen 5. 3. Benda 19. 2. Frau Berger-Heise 27. 2. Birkelbach 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Blachstein 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 19. 2. Dr. Dahlgrün 19. 2. Dehringer 19. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 19. 2. Drachsler 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Dr. Elbrächter 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Dr. Friedensburg 19. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Fritz (Welzheim) 19. 2. Dr. Furler 19. 2. Frau Dr. Gantenberg 19. 2. Geiger (Aalen) 19. 2. Geiger (München) 19. 2. Dr. Gleissner (München) 19. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Gradl 19. 2. Dr. Greve 15. 4. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Hermsdorf 19. 2. Dr. Hesberg 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Jacobs 7. 3 Jahn (Frankfurt) 23. 4. Jaksch 19. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Killat (Unterbach) 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Knobloch 19. 2. Koch 19. 2. Leber 26. 2. Leukert 19. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lücker (München) 19. 2. Ludwig 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Mühlenberg 19. 2. Müller (Worms) 19. 2. Müser 20. 2. Odenthal 19. 2. Pietscher 26. 2. Frau Dr. Probst 19. 2. Rademacher 19. 2. Ramms 19. 2. Dr. Ratzel 19. 2. Frau Renger 19. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 19. 2. Scheel 19. 2. Dr. Schild 19. 2. Schlick 20. 2. Schneider (Hamburg) 19. 2. Schütz (Berlin) 19. 2. Seidl (Dorfgin) 19. 2. Spitzmüller 8. 3. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Struve 19. 2. Dr. Toussaint 19. 2. Wagner 19. 2. Wehr 23. 4. Welslau 19. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Wendelborn 19. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Gehring 25. 2. Krug 23. 2. Storch 27. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gustav W. Heinemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Dr. Barzel, ich sage noch einmal, ich habe das, was von 1945 bis 1950 im Umkreis der CDU gesagt, proklamiert und an Programmatik vorgetragen worden ist, ernst genommen, und ich beklage es auf das lebhafteste, daß Sie das alles heute nicht mehr gelten lassen wollen.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Schlick: Das ist eine gemeine Beleidigung! — Abg. Dr. Kliesing [Honnef] : Wieder eine Infamie! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine Unterstellung! Wieder eine Verleumdung!)

    Ich war im Begriff, auszuführen, daß in der Diskussion der damaligen Jahre insbesondere auch die Frage eine große Rolle gespielt hat, ob und inwieweit das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat an der Finanzierung von Parteien beteiligt gewesen sei. Darüber können Sie, Herr Dr. Barzel, sehr viel in der „Rheinischen Post" jener Jahre nachlesen. Es ging um die Frage, ob pro Tonne Kohleförderung 50 Pf oder nur 5 Pf Umlage gezahlt worden seien. Man hat sich vielleicht im Endergebnis auf die 5 Pf geeinigt. Das macht aber bei 120 Millionen t Förderung immerhin auch noch 6 Millionen Mark aus. Darum ging es damals. Von daher war es uns allen ein ernstes Anliegen, daß künftig die Herkunft solcher Gelder durch die zur Pflicht gemachte öffentliche Rechenschaft aufzudecken sei, wie das der Parlamentarische Rat in Art. 21 hineingeschrieben hat.
    Die Erfahrung der Jahre nach dem Parlamentarischen Rat verläuft wieder völlig in den Linien jener Finanzierungen, wie sie zur Weimarer Zeit im Umkreis der Harzburger Front üblich geworden waren. Es gab wieder Umlagen in den Fachverbänden nach dem Umsatz, nach den Mitgliedern, nach den Lohnsummen, nach der Zahl der Arbeitnehmer und dergleichen mehr.



    Dr. Dr. Heinemann
    Unsere kardinale Frage ist: Welche Bestimmungen enthält der Entwurf, damit Entartungen politischer Finanzierung, über deren Beurteilung wir früher einig waren, jetzt wirklich begegnet werden kann? Im Hinblick hierauf haben wir eine Reihe Beanstandungen gegen den Entwurf zu erheben.
    In § 23 Abs. 2 Nr. 5 heißt es, daß Spenden lediglich nach „Mitgliederspenden" und „Fremdspenden" aufzugliedern seien. Es sollen also die Spenden, wie wir gehört haben, lediglich kategorienmäßig aufgeteilt, aber die Spender selbst — und zwar ohne jede Rücksicht auf die Höhe der Spende — im dunkeln gelassen werden. Dies, genau dies, halten wir für den kardinalen Verstoß gegen den Auftrag des Art. 21, wonach die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel öffentliche Rechenschaft geben sollen. Herkunft ist mehr als nur eine kategorienmäßige Zergliederung der Mittel einer Partei; hier geht es darum, Mann und Namen zu erfahren, mindestens bei höheren Beträgen.
    Das Verblüffendste ist — ich kann es nicht anders ausdrücken, sehr verehrte Damen und Herren —, daß Sie hier mit Art. 5 des Grundgesetzes arbeiten wollen und aus ihm das Recht herleiten, die politische Meinung zurückzuhalten. Gut, dieses Recht, die politische Meinung zurückzuhalten, anerkennen wir. Aber wer seine politische Meinung zurückhalten will, möge vor allen Dingen sein politisches Geld zurückhalten!

    (Beifall bei der SPD.)

    Wer seine politische Meinung betätigt, der hat kein Recht darauf, daß sein Name geheimgehalten wird. Es gibt kein Grundrecht auf anonymes politisches Wirken in einer freiheitlichen Demokratie!

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Wem erzählen Sie denn das? — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    Sie selber haben früher ein Recht auf anonymes politisches Wirken in der Demokratie in anderen Zusammenhängen auch nur sehr wenig gelten lassen wollen, z. B. als es darum ging, in den Wahlgesetzen die Aufstellung von Kandidaten zu regeln; da haben Sie eine große Zahl von Unterschriften für die Aufstellung des Kandidaten für nötig gehalten.

    (Abg. Dr. Even [Düsseldorf]: Das sind Freiwillige!)

    — Ja, ist die Geldspende denn nicht auch freiwillig?

    (Abg. Dr. Even [Düsseldorf]: Die sind damit einverstanden, daß sie genannt werden; da geschieht es nicht zwangsweise!)

    — Ach, lieber Herr Even, wenn ein Geldspender nicht damit einverstanden ist, daß seine Spende genannt wird, dann müßten Sie sie anstandshalber zurückweisen.

    (Lachen in der Mitte. — Zurufe von der Mitte: Sie aber auch! — Das empfehle ich Ihnen zur Praxis! — Haben Sie denn Geldspenden zurückgewiesen? —)

    — Einigen Sie sich jetzt bitte, wer einen Zwischenruf macht, ich kann nicht alle gleichzeitig verstehen.

    (Weitere Zurufe von der Mitte. — Zuruf: Das wäre ja augustinische Selbstverleugnung!)

    Als es um die Unterschriftserfordernisse für die Einreichung von Wahlvorschlägen ging, klang dieses Thema auch schon an. Aber damals scheuten Sie sich nicht, meine Damen und Herren, eine sehr hohe Zahl von Unterschriften zu fordern, was dann das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe korrigieren mußte.
    Aber im übrigen, wenn hier Art. 5 und Art. 21 gegeneinander abgewogen werden sollen, dann hat doch zweifellos Art. 21 den Vorrang, und wenn Art. 5 überhaupt Bedeutung haben soll, dann verstehe ich nicht, verehrte Damen und Herren, wie Sie sogar juristischen Personen das Grundrecht der anonymen Betätigung zubilligen wollen!

    (Beifall bei der SPD.)

    Was haben denn juristische Personen mit Art. 5 zu tun, was hat denn etwa das sogenannte „Haus Daimler-Benz" mit dem Art. 5 zu tun?

    (Beifall bei der SPD. — Lachen in der Mitte.)

    Ich bin dankbar, daß der Bundesrat hier schon korrigierende Vorschläge unterbreitet hat, und sie sollten in der weiteren Beratung sehr ernst genommen werden.
    Wir verwahren uns auch dagegen, daß Förderergesellschaften im Anonymen bleiben. Die Herkunft des Geldes soll und darf nicht damit verschleiert werden können, daß man zwischen dem Spender und der Partei eine Förderergesellschaft einschaltet. Bezüglich dieser Förderergesellschaften erheben sich ohnehin grundsätzliche Fragen.
    Wir bemängeln ferner, daß in demselben § 23 Abs. 3 die öffentlichen Leistungen an Parteien schlechthin von der Auskunftspflicht ausgenommen werden sollen. Die dafür gegebene Begründung reicht in keiner Weise aus. Es ist gesagt worden, aus den Haushaltsplänen sei erkennbar, was an politische Parteien gezahlt wird. Nun, hier spielt eine Vielzahl von Haushaltsplänen eine Rolle, solche des Bundes und der Länder. Es muß deutlich werden, was bei den einzelnen Parteien ankommt. Man kann es nicht den Staatsbürgern auferlegen, die Haushaltspläne mit ihren Geheimnissen durchzugraben, um dahinterzukommen, was den Parteien zufließt.
    In diesem Zusammenhang ein Wort zu der öffentlichen Finanzierung der Parteien überhaupt. Verehrte Damen und Herren, wir hätten nichts dagegen, daß etwaige Sachleistungen, die in sich selbst einen klar begrenzten Charakter haben und die in sich selbst eine Gleichheit für alle Parteien ergeben, zugelassen werden, etwa die Aufstellung von Tafeln für Plakate oder von Postwurfsendungen ohne Gebührenzahlung. Dagegen aber, daß irgendeine öffentliche Finanzierung für allgemeine Parteiarbeit



    Dr. Dr. Heinemann
    und Wahlpropaganda einsetzt, haben wir schlechterdings alles.

    (Zuruf von der Mitte: Da sind wir einig!)

    Es mag zwischen diesen beiden Flügeln von klaren Sachleistungen und Finanzierung allgemeiner Parteiarbeit und Wahlarbeit noch das eine oder andere Mittelstück geben; darüber mag nachgedacht werden. Aber jetzt mögen Sie zur Kenntnis nehmen, daß wir von der NSDAP

    (Heiterkeit und Zuruf: Das war eine Fehlleistung!)

    — wir von der SPD alles dagegen haben, daß eine allgemeine Parteifinanzierung aus öffentlichen Mitteln Platz greift. Herr Dr. Schröder hat selbst davon gesprochen, daß die Parteien unabhängig sein müssen. Das setzt voraus, daß sie eigenständig sind. Die Parteien haben den Staat zu tragen, und nicht umgekehrt hat der Staat die Parteien zu tragen. Ich darf vielleicht in diesem Zusammenhang an die Erfahrungen mit dem großen Finanzierungstopf beim Bundesjugendplan erinnern. Die Erfahrungen sind nicht gerade verlockend, und sie sollten uns davor warnen, auf andere Gebiete überzugreifen.
    Ich muß nun ein Wort zu den §§ 5 und 6 des Entwurfs sagen. Da ist von Sonderorganisationen und Nebenorganisationen die Rede mit der Tendenz, gewisse Organisationen in die Auskunftspflicht hineinzubugsieren und ebenso geflissentlich andere Organisationen aus dieser Auskunftspflicht herauszuhalten. Die sogenannten Nebenorganisationen sollen nicht als Teile einer politischen Partei gelten und infolgedessen der Auskunftspflicht enthoben sein. Das ist verblüffend. Nebenorganisationen im Sinne dieses Gesetzes sind Organisationen, die die Grundsätze einer politischen Partei verbreiten, sind Organisationen, die Mitglieder für eine politische Partei werben, ja, es sind sogar Organisationen, die in den willenstragenden Organen der politischen Parteien kraft Satzung ohne Wahl aus der Mitgliederschaft der Partei sitzen und tätig sein können. Das sollen also Organisationen sein, die von der Auskunftspflicht freigestellt werden, trotz dieser umfänglichen Arbeit für eine Partei und trotz dieser von Ihnen vorgeschlagenen Beteiligung an der Willensbildung innerhalb der Partei! Wir halten das für eine glatte Umgehung dessen, was hier gefordert ist. Wir treten für die Streichung der §§ 5 und 6 ein, um es der Entwicklung — meinetwegen auch der Rechtsprechung eines Bundesverfassungsgerichts — zu überlassen, zu sagen, was Partei ist und was Mittelzufluß an eine Partei ist.
    Eine ähnliche Umgehung finden wir auch im § 24, in dem zugelassen werden soll, daß kostenlose Werbung nur dann Parteieinnahme wäre, wenn eine Partei ausdrücklich in der Werbung genannt wird. Nun, diese ausdrückliche Nennung einer Partei in der Werbung kann man sehr leicht umgehen und trotzdem in einer ganz klaren, bündigen Weise für eine bestimmte Partei werben oder gegen eine andere politische Partei arbeiten.

    (Abg. Schlick: Da ist der DGB mustergültig!)

    Herr Dr. Schröder, wir geben zu, daß die Materie, die hier zur Debatte steht, ihre sachlichen Schwierigkeiten hat. Wir beklagen es aber, daß Sie sich in dem Entwurf nicht bemüht haben, diesen Schwierigkeiten bis zum äußersten Maße gerecht zu werden. Der Entwurf legt es in mancherlei Richtung darauf an, einfach das zu legalisieren, was gegenwärtig an unguter politischer Finanzierung im Gange ist. Da es sich um eine schwierige und komplexe Materie handelt, wird es letzten Endes darauf ankommen, daß das Problem von den verschiedensten Seiten her gesetzgeberisch angegangen wird, und daß hier ein Zusammenspiel und ein Ineinandergreifen von Bestimmungen verschiedener Art stattfinden wird. Da müßte also z. B. das Steuerrecht wieder in Erinnerung gebracht werden. Herr Dr. Schröder, die SPD steht auf dem Standpunkt, daß wohl Mitgliedsbeiträge steuerfrei gestellt werden können, nicht aber Spenden, keinesfalls also die Wiederherstellung jener Verordnung in Betracht kommt, die das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt hat. Wir befürchten, daß Sie — es ist nachher in Ihren Äußerungen auch ziemlich deutlich geworden — mit diesem § 2, wo mit viel Umkleidung von der Gemeinnützigkeit der Parteien die Rede ist, eben das wieder anpeilen, was das Bundesverfassungsgericht abgelehnt hat. Wir vertreten den Standpunkt jenes Karlsruher Urteils und werden uns dagegen wehren, daß Parteispenden wieder steuerfrei gestellt werden.
    Eine weitere Ergänzung in bezug auf unsere Materie ist vom Handelsrecht her anzugehen. In den handelsrechtlichen Gesellschaften sind Parteispenden nicht Kosten, sondern Gewinnverwendung. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß ein jeder Gesellschafter, insbesondere auch jeder Aktionär gegenüber der Geschäftsführung, gegenüber dem Vorstand einer Aktiengesellschaft das Recht auf Auskunft hat, ob aus den Mitteln einer Aktiengesellschaft politische Spenden gewährt worden sind.
    Wir wollen ferner noch einmal die Möglichkeiten zur Diskussion stellen, die sich vom Wahlrecht her anbieten, etwa unter dem Gesichtspunkt, die Ausgaben für Wahlwerbung zu begrenzen. Ich denke, wir hätten alle miteinander ein Interesse daran, die Wahlschlachten nicht zu Materialschlachten entarten zu lassen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es gibt Erfahrungen in anderen Ländern dafür, wie man die Ausgaben für politische Arbeit in den Wahlen begrenzen kann, und zwar so, daß alle Beteiligten dabei ihr gutes und gleiches Recht finden.
    So werden wir also in die Beratung über dieses Parteiengesetz die hiermit angedeuteten steuerrechtlichen, handelsrechtlichen und schließlich auch wahlrechtlichen Gesichtspunkte mit hineinbringen, um dem Auftrag, den der Artikel 21 enthält, in dem höchstmöglichen Maß gerecht zu werden. Auch wir wissen, daß letzten Endes die geistige Haltung entscheidend sein wird, aus der dieses alles angefaßt wird und von der unser Parteileben überhaupt getragen sein wird.



    Dr. Dr. Heinemann
    Verehrte Damen und Herren, mit einer nur for malen Erfüllung des Art. 21 ist uns, ist der Demokratie nicht gedient. Dann würden wir es vorziehen, daß das offene Ärgernis eines nicht erfüllten Auftrages bestehenbleibt. Das ist besser als die verhüllte, nur formale Erledigung eines Auftrages unter Verfälschung seines Kerns.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, während der letzten Rede sind zwei scharfe Worte gefallen: aus dem Hause das Wort „Infamie", von ,der Ministerbank das Wort „Gemeinheit". Beide Ausdrücke können noch als Werturteile gewertet werden, obwohl sie sehr scharf an die Grenze von etwas Stärkerem herangehen. Ich muß sie rügen.
Ich kann einem Abgeordneten einen Ordnungsruf erteilen, einem Minister nicht. Aber auch die Minister unterstehen nach § 45 der Geschäftsordnung der Ordnungsgewalt des Präsidenten. Ich glaube, daß es der Würde des Amtes des Ministers und dem Würde ausstrahlenden Chorgestühl, auf dem sich die Herren befinden, doch entspricht, wenn Zurufe von idort unterbleiben. Dafür hat der Minister ja als Äquivalent nach der Geschäftsordnung die Möglichkeit, jederzeit das Wort erteilt zu bekommen.
Wir fahren fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ewald Bucher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister des Innern hat zu Beginn seiner Begründung heute früh darauf hingewiesen, daß dieses Gesetz nicht wie unsere gestrige Debatte auf das allgemeine Interesse stößt und daß es in erster Linie die Parteien betrifft. Ich meine aber, es betrifft nicht nur die Parteien. Er wollte sicher auch nicht sagen, daß es nur sie betreffe. Es ist ein Gesetz von einer sehr grundsätzlichen Bedeutung. Daß das Grundgesetz die Parteien sozusagen endlich salonfähig gemacht hat, war eine ganz wesentliche Entscheidung.
    Das Grundgesetz hat damit verderbliche Lehren aufgegeben, die lange Zeit das deutsche politische Leben bestimmt haben und deren Wirkungen auch heute noch nicht überwunden sind. So hat Hegel den Staat als ein sittliches Ganzes, als die verkörperte Vernunft bezeichnet, und Treitschke hat einmal gesagt, eine Partei sei „einseitig und kurzlebig im Vergleich zur Universalität und Dauer des Staates", und ihr schönstes Schicksal sei, „unterzugehen, nachdem sie ihr Ziel erreicht habe". Eine solche Auffassung, nach der also ,auf der einen Seite in großer Erhabenheit Thron und Altar standen — Altar natürlich durchaus in dienender Rolle gedacht — und auf der anderen Seite die Parteien an der wüsten Stätte des Parlaments ihren Zank ausbreiteten, hat die Parteien von vornherein mit einem üblen Odium belastet. Demgegenüber hat sich das Grundgesetz die angelsächsische Auffassung von den Parteien zu eigen gemacht, daß sie Glieder eines politischen Systems sind, Teile, die dem Ganzen zu dienen haben. Das Gesetz, das uns hier vorgelegt
    wird und das diesen Auftrag des Grundgesetzes ausführen soll, ist deshalb — ich habe mich gefreut, das aus dem Munde des Herrn Innenministers zu hören - materielles Verfassungsrecht, genauso wie das Wahlrecht; ich habe mich besonders gefreut, auch dies von ihm zu hören.
    In der Debatte über dieses Gesetz in der Öffentlichkeit und auch heute hier im Hause ist nun naturgemäß die Rechnungslegung ganz in den Vordergrund getreten. Aber auch hierin folge ich dem Herrn Innenminister: der Sache nach ist dies natürlich nicht der zentrale Punkt, sondern der Sache nach ist der zentrale Punkt die innere Ordnung der Parteien.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Selbstverständlich haben wir alle insbesondere zur Rechnungslegung etwas zu sagen. Aber ich möchte einige wenige Worte auch zu der inneren Ordnung sagen.
    Im wesentlichen halten wir den Entwurf in diesem Punkt für gut. Das ergibt sich schon daraus, daß er im großen und ganzen unserer bereits bestehenden Parteisatzung entspricht, wir sie also gar nicht zu ändern haben werden. Aber ich glaube, daß es im Hinblick auf manche andere politische Gruppe durchaus notwendig war, hierzu im Parteiengesetz einiges klarzustellen, So sind insbesondere die Bestimmungen über die Wahl der Parteivorstände von großer Bedeutung. Die Wahl soll durch die Mitgliederversammlung der Partei erfolgen, nicht etwa durch einen Ausschuß, wie das, so habe ich mir sagen lassen, nach der bisherigen Satzung z. B. der CDU/CSU für einen Teil ihres Bundesvorstandes möglich war. Auch muß eine Wahl erfolgen. Der Herr Innenminister hat von geheimer Wahl gesprochen. Ich finde allerdings im Gesetzentwurf nicht expressis verbis gesagt, daß es eine geheime Wahl sein soll. Ich weiß nicht, ob das als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Wir würden es aber begrüßen, wenn dieser Punkt ausdrücklich klargestellt würde, nachdem offenbar bisher gerade der Bundesvorsitzende der CDU mehrmals durch Akklamation gewählt worden ist. Wir halten es für zweckmäßig, ganz klar die geheime Wahl vorzuschreiben.
    Zu § 13 haben wir das Bedenken, ob die mögliche Zahl der zugelassenen Mitglieder kraft Amtes mit einem Drittel des Gesamtvorstandes nicht doch etwas groß ist. Wir sollten darauf achten, daß dieses Gesetz den Parteimitgliedern möglichst viel Einwirkungsmöglichkeiten gibt, daß es dadurch das politische Interesse, in einer Partei tätig zu sein, stärkt.
    Ähnliches gilt für die Bestimmungen über die Aufstellung von Wahlbewerbern, deren Vorhandensein in diesem Gesetzentwurf wir besonders begrüßen. Auch hier ist es bisher möglich gewesen, daß ein verhältnismäßig sehr kleines Gremium, ein Parteivorstand von nur 20 Köpfen, vielleicht eine Landesliste aufgestellt hat, also, wenn es sich dabei um eine große Partei handelt, praktisch bestimmt hat, wer in den Bundestag einzieht, jedenfalls soweit es sich um die vorderen Stellen dieser Landesliste handelt. Hier sieht der Gesetzentwurf Mindest-



    Dr. Bucher
    voraussetzungen für solche Vertreterversammlungen vor. Damit wird die Mitwirkung der einfachen Parteimitglieder verstärkt. Gerade wenn wir es beklagen, daß bei uns die Wählerparteien überwiegen, d. h. daß der Mitgliederbestand der Parteien im Vergleich zu ihren Wählern verhältnismäßig gering ist, müssen wir besonders auf Bestimmungen achten, die es dem Wähler interessant machen, einer Partei beizutreten.
    Schließlich sind auch die Bestimmungen zum Parteienverbot sehr notwendig. Unsere Demokratie hat sich ja bewußt nicht auf den formalen Standpunkt einer relativen Demokratie gestellt, sondern sie duldet die Feinde der Freiheit nicht, wie das auch in der gestrigen Debatte mehrmals deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Wir haben also in diesem Sinne eine streitbare Demokratie, die schon präventiv den Schutz der Verfassung vorsieht, und das ist zu begrüßen.
    Nun zum Hauptproblem, zur Rechenschaftslegung. Für das, was den Anlaß dafür gegeben hat, daß eine solche Bestimmung geschaffen wurde, bitte ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten drei Sätze zitieren zu dürfen, die mein Freund Leverenz, Justizminister von Schleswig-Holstein, vor einiger Zeit dazu gesagt hat:
    Schon zu Römerzeiten hat die Macht des Geldes dafür gesorgt, daß man nicht kritisch auf den Erwerb des Geldes schaute. Der Reichtum als solcher sollte Bewunderung erwecken und Macht verleihen. In einer freiheitlichen und sozialen Demokratie aber wird nicht nur die Freiheit, sondern auch der demokratische Gedanke auf das schwerste Schaden erleiden, wenn in ihr der Leitsatz „pecunia non olet — Geld stinkt nicht" Gültigkeit bekommt.
    Anlaß zu einer solchen Bestimmung des Grundgesetzes haben weiter sicher die Erfahrungen gegeben, die mit 'der Finanzierung der NSDAP gemacht worden sind, sowie Möglichkeiten, die sich bei uns, wenn vielleicht nicht gerade so wie in Sizilien, aber auch schon gezeigt haben, daß kleinere politische Gruppen aufgekauft werden können.
    Ziel dieser Bestimmungen kann eigentlich nur sein und ist auch die Wahrung der Chancengleichheit zwischen den einzelnen Parteien. Das ist sicher auch die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das z. B. in einem Urteil vom Februar 1957 einer Klage der damaligen Gesamtdeutschen Volkspartei stattgegeben hat, die sich darüber beklagte, daß die seinerzeitige Steuerbegünstigung für nicht in Parlamenten vertretene Parteien nicht zugelassen war. Auch das spätere Urteil von Karlsruhe, das dann die Steuerbegünstigung von Spenden überhaupt für verfassungswidrig erklärte, wurde mit diesem Prinzip der Chancengleichheit begründet. Aber wenn man sich nun die Bestimmungen des Grundgesetzes und dieses Gesetzes ansieht, so muß natürlich eine gewisse Kritik daran laut werden. Denn was nützt unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit eine Offenlegung in jeder Form, wenn eben nur offengelegt wird, daß die Chancen nicht gleich sind? Ich will hier keine Kritik am Grundgesetz
    üben; es ist mir durchaus verständlich, daß diese Bestimmung damals geschaffen wurde. Aber — ich will gleich darauf zu sprechen kommen — es gäbe wohl noch zweckmäßigere Möglichkeiten, das Ziel zu erreichen.
    Chancengleichheit bedeutet doch, daß alle Parteien dieselbe Wirkungsmöglichkeit auf den Wähler haben sollen. Die Offenlegung der Parteifinanzen kann natürlich in gewissem Umfang den Wähler beeinflussen. Er bekommt dadurch ein gewisses Bild von einer Partei, er bekommt vielleicht Respekt vor ihr. Andererseits leidet das Prestige der Partei darunter vielleicht. Es ist nun die Frage, wodurch das Prestige der Partei mehr leidet: dadurch, daß sich herausstellt, wie reich sie ist, wie sehr sie durch Spenden gefördert wird, oder dadurch, daß sich etwa ihre Armut herausstellt? In der Zeit unseres Wirtschaftswunders neige ich eigentlich mehr zu der Ansicht, daß das letzte der Fall ist. Wenn sich nämlich herausstellt, daß eine Partei gar nicht so viel Spenden bekommt, dann wird eben mancher sagen: Na ja, die Armut kommt von der Powerteh. Sachlich hat die finanzielle Situation einer Partei nichts mit ihrem Wert und mit der Qualitiät ihres Programms und ihrer Argumente zu tun.
    Das Grundgesetz ermächtigt, kurz gesagt, nur zu einer Regelung, nach der die Finanzen offengelegt werden müssen, aber nicht zur Untersagung oder Beschränkung bestimmter Einnahmen. Das ist wohl auch nicht möglich.
    Wir von der Freien Demokratischen Partei halten es deshalb für besser, daß eine ähnliche Regelung getroffen wird, wie sie in den angelsächsischen Staaten besteht, nämlich eine Beschränkung der Parteiausgaben. Ich bin mir dabei darüber klar, daß hierzu eine Verfassungsänderung notwendig ist. Aber der Gedanke scheint uns doch der Beachtung wert zu sein. Ich darf auf die ausführlichen Darlegungen im Parteiengutachten verweisen, das sich mit dieser Frage sehr eingehend beschäftigt.
    Natürlich sind auch bei einer Ausgabenbeschränkung Umgehungen möglich. Natürlich kann man auch sehr raffinierte Aktionen unternehmen, wie wir sie ja schon öfters erlebt haben, z. B. daß ein Minister unter einem bestimmten Tierkreiszeichen eine Politik propagiert — ich denke an 6 + 7 + 4
    1 —, die zu betreiben ihm sein Regierungschef gar nicht einmal erlaubt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Wir können auch sehr infame Dinge erleben, etwa
    jene anonyme Aktion mit dem „Trojanischen Pferd".

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen]: Sehr richtig!)

    Ich gebe zu, daß sich das auch durch eine Ausgabebeschränkung nicht ändern läßt. Man kann eben — und das ist unser Einwand gegen das, was Kollege Heinemann vorgetragen hat — all diese unerfreulichen Erscheinungen der anonymen Parteifinanzierung überhaupt nicht durch Gesetze beseitigen.
    Mich hat der schlichte Satz in dem Parteiengutachten sehr beeindruckt, daß in Großbritannien die



    Dr. Bucher
    Bestimmungen über die Ausgabenbeschränkung nicht oder kaum umgangen werden. Weshalb? — Infolge der langen Tradition dieses Landes, und das ist das, was uns fehlt. Wir können nur sagen: Glückliches Großbritannien!
    Selbstverständlich sollte — das ist ja der Sinn einer Ausgabenbeschränkung — bei der Tätigkeit einer Partei im Wahlkampf die Überzeugungskraft ihrer Argumente gelten und nicht der Aufwand riesiger Mittel, wie er von irgendeinem wirtschaftlichen Unternehmen betrieben wird. Der Herr Bundesinnenminister hat davon gesprochen, daß seine Partei bei der letzten Wahl einen bescheidenen Aufwand getrieben habe. Nun, es war sicher bescheiden, zu sagen: „Keine Experimente!", doch die Mittel, mit denen dieses Schlagwort in die unterschwellige Psychose gebracht wurde, waren keineswegs bescheiden.
    Aber zurück zum Auftrag des Grundgesetzes, an den wir uns zu halten haben, und zu der Frage, ob eine weitergehende Aufgliederung der Einkünfte der Parteien, als sie im Entwurf vorgesehen ist, notwendig ist. Der Standpunkt, den die SPD dazu vertritt, scheint auf den ersten Blick freilich logisch zu sein. Rechenschaftslegung über Herkunft der Mittel der Parteien scheint zu erfordern, daß jeder einzelne Spender — cum grano salis — genannt wird. Ich vertrete auch nicht das Argument dagegen, das in der Begründung steht und das Herr Kollege Dr. Even vorgetragen hat: daß eine solche ganz genaue Aufgliederung der Meinungsfreiheit widersprechen würde. Ich gebe dem recht, was Herr Kollege Heinemann gesagt hat: Freilich hat jeder das Recht, seine Meinung zu äußern, und auch das Recht, sie nicht zu äußern. Leider Gottes wird bei uns in der Bundesrepublik offenbar mehr vom letzteren Recht Gebrauch gemacht. Aber es ist ja niemand gezwungen und gehalten, einer Partei etwas zu geben und dadurch seine Meinung zu decouvrieren. Das ist völlig richtig. Es gibt andere Argumente, die es richtig erscheinen lassen, es ungefähr so zu machen, wie es der Regierungsentwurf vorsieht, wobei man natürlich immer noch über einzelne Modifikationen sprechen kann.
    Einmal bin ich nicht überzeugt, daß etwa das Bundesverfassungsgericht die Lösung, die hier vorgeschlagen ist, unzulänglich finden würde; denn man kann mit Recht anführen, daß die Stellung der Parteien, wie sie hier festgelegt ist, ein Ausgleich ist zwischen der Freiheit der Parteigründung, der Freiheit des Parteilebens entsprechend Art. 9 des Grundgesetzes einerseits und dem Parteienprivileg andererseits, das der Art. 21 vorsieht. Deshalb läßt sich durchaus die Ansicht vertreten — und ich vertrete sie —, daß die Vermutung dafür spricht, daß die Parteien in der Gestaltung ihres Lebens frei und nicht zu sehr eingeschränkt sein sollen. Von diesem Standpunkt aus halte ich den hier gemachten Vorschlag für richtig.
    Außerdem würde eine Aufgliederung, wie sie die SPD verlangt, meiner Ansicht nach die Chancengleichheit zwischen den Parteien nicht nur nicht fördern, sondern sie würde diese Chancengleichheit
    verschieben. Auch das Gutachten spricht hier von einem Eingriff in die Struktur der Parteien.
    Sprechen wir es doch ganz offen aus — es ist ja kein Geheimnis —: es gibt bis zu einem gewissen Grade zweierlei Parteien bei uns in der Bundesrepublik, es gibt Mitgliederparteien, und es gibt Wählerparteien. Zu den ersteren zählt zweifellos die SPD. Bei ihr ist die Relation zwischen Mitgliedern und Wählern größer als bei den anderen hier im Hause vertretenen Parteien. Allerdings ist der Unterschied nicht so weltbewegend, daß man daraus zwei Kategorien machen könnte. In England liegt der Prozentsatz der Mitglieder bei beiden großen englischen Parteien — von der liberalen Partei habe ich keine Zahlen zur Verfügung — noch um ein Wesentliches höher als selbst bei unserer Sozialdemokratischen Partei. Deshalb möchte ich nur mit Einschränkung von diesem Unterschied sprechen. Aber es gibt ihn natürlich.
    Ich glaube, es wäre nicht zu verantworten — von uns als einer kleinen Partei aus betrachtet —, in der Weise in die Struktur einer Partei einzugreifen, daß man ihr sagt: Du hast dich von heute auf morgen zur Wählerpartei zu entwickeln. Das ist selbstverständlich ein erstrebenswertes Ziel für jede Partei — das stehe ich gar nicht an zu sagen —, und die SPD hat uns hier etwas voraus; das wollen wir ganz offen zugeben. Aber dieses erstrebenswerte Ziel kann eine sogenannte Wählerpartei ja nicht dadurch erreichen, und das kann man ihr nicht dadurch eröffnen, daß man ihr von heute auf morgen die Mittel abschneidet. Man muß vielmehr die Entwicklung weitergehen lassen und kann später vielleicht einmal daran denken, eine solche ins einzelne gehende Öffenlegungspflicht festzulegen. Heute jedenfalls wäre sie ungerecht.
    In diesem Zusammenhang freut es uns, daß der Vorschlag, den ich vor einiger Zeit schon in einem Rundfunkgespräch gemacht habe, nämlich die Mitgliedsbeiträge für die Parteien steuerlich zu begünstigen, Zustimmung eigentlich im ganzen Hause zu finden scheint. Natürlich müßte das begrenzt sein, etwa nach den Grundsätzen, nach denen die Sonderausgaben im Einkommensteuerrecht begrenzt sind. Aber diese Steuerfreiheit von Mitgliedsbeiträgen würde doch einen Reiz bieten in der Richtung, daß der Wähler mehr an die Parteien herangeführt wird. Das wäre eine Möglichkeit, den bisherigen Wählerparteien den Weg zur Mitgliederpartei zu erleichtern. Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen bestimmt nicht zu äußern; denn jede Partei hat ja nach der Zahl ihrer Wähler die gleiche Möglichkeit, steuerbegünstigte Beiträge zu bekommen.
    Vor allem spricht gegen die genaue Aufgliederung die Möglichkeit von Umgehungen. Man verfolge etwa, wie es in den Vereinigten Staaten ist. Ein Beispiel: Bei der Präsidentenwahl von 1944 hat die Familie Dupont 109 000 Dollar, in 31 Beiträge aufgegliedert, an 58 verschiedene Organisationen gegeben. Damit ist schon angedeutet, welche ungeheuren Möglichkeiten der Umgehung vorliegen. Manipulationen können gemacht werden mit Organisationen außerhalb der Partei, ob nun der § 6 mit diesen Nebenorganisationen im Gesetz steht

    Dr. Bucher
    oder nicht, Manipulationen mit Vereinigungen, die schon in sich die Einkünfte und die Ausgaben saldieren, also das aufführen können, was Herr Kollege Heinemann hier den Schleiertanz genannt hat.
    Interessant ist auch, was das Gutachten hierzu sagt. Es heißt an einer Stelle:
    In vielen Fällen konnten Parteivorstände oder -schatzmeister beim besten Willen keine Auskunft über die eigentlichen Geldquellen erteilen, sondern nur über ihre Mittelsmänner.
    Schließlich gibt es noch eine große Lücke im Gesetz, nämlich die Spenden an Abgeordnete. Nachdem kein Steuerprivileg mehr für Spenden an Parteien besteht, macht es ja dem Betreffenden, der spenden will, nichts aus, ob er die Spende einer Partei direkt oder einem Abgeordneten gibt. Daß darauf ausgewichen würde, wäre das Unerfreulichste.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Im 1. Bundestag gab es einen Unterausschuß — den sogenannten „Spiegel-Ausschuß" —, der damals mit Mehrheit festgestellt hat, daß der Abgeordnete Spenden, die er bekommt, nicht zu nennen braucht. Der Ausschuß hat sich dabei auf Art. 47 des Grundgesetzes berufen, wonach der Abgeordnete ihm anvertraute Tatsachen nicht zu offenbaren hat. Und anvertraute Gelder sind ja offenbar besonders „harte" Tatsachen.
    Der Umgehungsmöglichkeiten wäre also Legion, und, kurz gesagt, die Moral davon bleibt eben immer: „Die im Dunkeln sieht man nicht". Deshalb sollten wir uns, glaube ich, hüten, hier ein zu perfektionistisches Gesetz zu machen, das nachher in dieser Beziehung Makulatur wäre, weil es nicht durchgeführt werden könnte.
    Schließlich ist noch zu fragen, wie die Sanktionen aussehen sollen, die für die Versäumung oder Verletzung der Offenlegungspflicht vorzusehen wären.
    Zusammenfassend möchte ich zu diesem Punkt sagen:
    Erstens. Da die Vermutung dafür spricht, daß die Parteien entsprechend dem Art. 9 des Grundgesetzes frei sind, sind wir durchaus in die Lage versetzt, praktische rechtspolitische Bedenken bei dieser Sache zu berücksichtigen.
    Zweitens. Auch die restlose Offenlegung der Parteifinanzen verhindert nicht, daß einzelne Parteien als Kehrseite der wirtschaftlichen Machtkonzentration konzentriert unterstützt werden.
    Drittens. Besser erschiene es uns, die Ausgaben der Parteien zu begrenzen. Denn die Hauptaufgabe dieses Gesetzes ist doch — und wir hoffen, daß es in seiner endgültigen Gestaltung dazu beitragen wird, sie zu erfüllen —, die Sauberkeit im politischen Leben zu gewährleisten.

    (Beifall bei der FDP.)