Rede:
ID0310406000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Even.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 104. Sitzung Bonn, den 19. Februar 1960 Inhalt: Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schmidt (Hamburg): Zahl der sogenannten Fast-Zusammenstöße im Luftraum der Bundesrepublik Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 5621 A, C, 5622 A Schmidt (Hamburg) (SPD) 5621 B, D, 5622 A Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Flugsicherungsdienststellen Dr. Seiermann, Staatssekretär 5622 A, C, D Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 5622 C, D Frage des Abg. Kalbitzer: Entfernung der in den Hamburger Postämtern ausliegenden Adreßbücher Dr.-Ing. E. h. Herz, Staatssekretär 5623 B, C, D Berkhan (SPD) 5623 C, D Frage des Abg. Hansing: Bezahlung von Hausarbeitstagen der weiblichen Beschäftigten bei der Standortverwaltung Bremen Hopf, Staatssekretär . . . . . 5624 B Hansing (SPD) 5624 C Frage des Abg. Dr. Bucher: Verkehrsunfälle bei den Manövern in der Oberpfalz Hopf, Staatssekretär . . 5624 C, 5625 A Dr. Bucher (FDP) 5625 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Früherer Adjutant des Inspekteurs der Luftwaffe, Gliga Hopf, Staatssekretär 5625 B Frage des Abg. Dr. Bechert: Einsetzung von Mitteln im Haushalt 1960 für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet des Haltbarmachens von Lebensmitteln Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 5625 D, 5625 B, C Dr. Bechert (SPD) . . . . 5626 A, B, D Frage des Abg. Dr. Bechert: § 1 der Lebensmittelverordnung über die Behandlung von Lebensmitteln mit Elektronen-, Gamma- und Röntgenstrahlen oder ultravioletten Strahlen Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 5627 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Februar 1960 Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (Drucksache 1509) — Erste Beratung — Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5627 B Dr. Even (Düsseldorf) (CDU/CSU) . 5635 C Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 5638 D Dr. Bucher (FDP) 5643 B Wacher (CDU/CSU) 5646 C Dr. Schneider (Lollar) (DP) . . . . 5650 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5653 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . 5654 C Nächste Sitzung 5655 C Anlage 5657 Deutscher Bundestag — 3, Wahlperiode - 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Februar 1960 5621 104. Sitzung Bonn, den 19. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.05 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Dr. Atzenroth 19. 2. Bauereisen 5. 3. Benda 19. 2. Frau Berger-Heise 27. 2. Birkelbach 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Blachstein 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 19. 2. Dr. Dahlgrün 19. 2. Dehringer 19. 2. Frau Döhring (Stuttgart) 19. 2. Drachsler 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Dr. Elbrächter 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Dr. Friedensburg 19. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Fritz (Welzheim) 19. 2. Dr. Furler 19. 2. Frau Dr. Gantenberg 19. 2. Geiger (Aalen) 19. 2. Geiger (München) 19. 2. Dr. Gleissner (München) 19. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Gradl 19. 2. Dr. Greve 15. 4. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Hermsdorf 19. 2. Dr. Hesberg 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Jacobs 7. 3 Jahn (Frankfurt) 23. 4. Jaksch 19. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Killat (Unterbach) 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Knobloch 19. 2. Koch 19. 2. Leber 26. 2. Leukert 19. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lücker (München) 19. 2. Ludwig 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Mühlenberg 19. 2. Müller (Worms) 19. 2. Müser 20. 2. Odenthal 19. 2. Pietscher 26. 2. Frau Dr. Probst 19. 2. Rademacher 19. 2. Ramms 19. 2. Dr. Ratzel 19. 2. Frau Renger 19. 2. Dr. Rüdel (Kiel) 19. 2. Scheel 19. 2. Dr. Schild 19. 2. Schlick 20. 2. Schneider (Hamburg) 19. 2. Schütz (Berlin) 19. 2. Seidl (Dorfgin) 19. 2. Spitzmüller 8. 3. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Struve 19. 2. Dr. Toussaint 19. 2. Wagner 19. 2. Wehr 23. 4. Welslau 19. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Wendelborn 19. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Gehring 25. 2. Krug 23. 2. Storch 27. 2.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich habe das Wort. Ich mache einen sparsamen Gebrauch davon, da andere, die nicht das Wort haben, einen regeren Gebrauch davon machen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Deist: Das ist die Kontrolle des Parlaments durch die Minister!)

    Meine Damen und Herren, ich sagte, daß es drei Punkte sind, die wir jetzt einmal betrachten wollen.
    Das erste ist die Beschränkung auf die in Art. 21 des Grundgesetzes ausdrücklich angesprochenen Regelungsaufträge. Das Parteienrecht ist im übrigen gar nicht so ungeregelt, wie man das manchmal annimmt. Die Grundnormen stehen tatsächlich bereits in Art. 21 des Grundgesetzes, und ein großes Stück weiteren Parteienrechts befindet sich in den Wahlgesetzen. Schließlich — und darauf muß man hinweisen, weil es den wenigsten bewußt ist — findet sich in dem Gesetz über das Bundesverfassungsgericht eine ganze Menge an Parteienrecht, ja sogar prozessualem Parteienrecht.
    Ganz ausgeklammert ist hier ein Kapitel, das man „Fraktionen und Abgeordnete" überschreiben könnte. Dieses Kapitel hat in den früheren Diskussionen über das Parteiengesetz noch einen erheblichen Raum eingenommen. Es gehört aber in das Parlamentsrecht und insoweit in die Zuständigkeit des für das jeweilige Parlament zuständigen Gesetzgebers. Bestimmungen dieser Art gehören also im Grunde in die Geschäftsordnung.
    Probleme der Spannung zwischen Abgeordneten bzw. Fraktionen einerseits und Parteien andererseits sind seit Ausschaltung der totalitären Partei nicht mehr so aktuell, wie es in der Weimarer Zeit der Fall gewesen ist. Der Zusammenhang mit dem Problem einer Reform der Parlamentsarbeit und ihrer Methoden bleibt ebenfalls dem reinen Parlamentsrecht vorbehalten und gehört nach unserer Auffassung nicht in ein Parteiengesetz.
    Ferner sind ausgeklammert die Beziehungen und das Verhältnis zwischen den Parteien und den Verbänden. Über diese Beziehungen sind ebenfalls keine grundsätzlichen Regelungen in das Parteiengesetz aufgenommen. Dies ist ein Kapitel, so oft es auch draußen behandelt worden ist, das infolge seiner Vielschichtigkeit noch nicht zu gesetzlicher Regelung reif ist. So hat auch die Parteienrechtskommission sich nicht in der Lage gesehen, auf diesem Gebiet bereits eine Empfehlung für gesetzgeberische Regelungen zu geben. Ich glaube jedenfalls, daß dieses Problem „Parteien und Verbände" von der begrenzten Basis eines Parteiengesetzes aus überhaupt nicht zu lösen ist.
    Die zweite Kernfrage möchte ich überschreiben mit „Festhalten am traditionellen Charakter der Parteien". Was ist darunter zu verstehen? Darunter ist zu verstehen die Wahrung des Wesens der Parteien als frei gebildeter Vereinigungen des gesellschaftlichen Raumes außerhalb der organisierten Staatlichkeit. Das bedeutet den Verzicht auf fragwürdige Versuche, die Verfassung — ich sage das nun in Anführungszeichen — „weiterzubilden". Wir sind der Meinung, daß eine volle Staatsunabhängigkeit der Parteien gewahrt werden sollte. Dazu gehört dann selbstverständlich auch die Vermeidung aller besonderen Staatskontrollen, vor allem hinsichtlich der Einhaltung der demokratischen Ordnung und der Finanzgebarung. Es ist — ich habe das gerade in einem anderen Zusammenhang erwähnt — von der Parteienrechtskommission sehr eingehend mit Vertretern der politischen Parteien darüber gesprochen worden, welche Organisationsform sie selbst für richtig hielten, und mir ist daraus in Erinnerung geblieben, daß ein so kenntnisreicher Mann wie der frühere Alterspräsident dieses Hauses, der seinerzeitige Präsident des Reichstages Paul Löbe, sich ganz nachdrücklich auf den Standpunkt gestellt hat, daß man die Parteien nicht etwa in Korporationen öffentlich-rechtlichen Charakters oder etwa in eingetragene Vereine verwandeln sollte — obwohl sie diese Rechtsform annehmen können —, sondern daß man sie tatsächlich das sein lassen und bleiben lassen sollte, was ich gerade „Vereinigungen des gesellschaftlichen Raumes außerhalb der organisierten Staatlichkeit" genannt habe.
    Das dritte Prinzip, meine Damen und Herren, ist der Verzicht auf jede gesetzlich vorgeschriebene Idealtypik der Parteien. Das Gesetz will sich und muß sich, wie ich glaube, darauf beschränken, geordnete und gesunde Grundlagen des Parteilebens zu schaffen, auf denen die Parteien in vollem Maße ihre Entwicklung selbst zu bestimmen und ihre eigene Kraft zu bewähren haben.
    Wenn Sie das nehmen wollen als die drei leitenden Gedanken, die den Inhalt des Entwurfs bestimmen und begrenzen, kommen wir nun zu den beiden großen Hauptkapiteln. Diese beiden großen Hauptkapitel heißen: „Innere Ordnung der Parteien" und „Rechenschaftslegung der Parteien".
    Zunächst zur inneren Ordnung. Die innere Ordnung ist in den öffentlichen Diskussionen allzu sehr in den Schatten der Finanzfragen getreten. Der Sache nach bildet jedoch die innere Ordnung tatsächlich einen Schwerpunkt des Gesetzes.
    Das Grundgesetz hat, wie ich bereits andeutete, keinen Auftrag zu umfassender Regelung der inneren Ordnung gegeben, sondern nur zur Gewährleistung demokratischer Grundsätze im Organisationsgefüge der Parteien. Das Ziel ,des Entwurfs ist daher nicht der ideale, ohne Reibungsverluste funktionierende Parteiapparat, sondern die Sicherung einer von der Mitgliederbasis ausgehenden Parteiwillensbildung. Das oberste Prinzip dieser inneren Ordnung bleibt die Organisationsfreiheit. Nur sie trägt der Verschiedenartigkeit der Parteien, der natürlichen Dynamik des Parteilebens und allen



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    künftigen Entwicklungen Rechnung. Nur unter dem Prinzip der Organisationsfreiheit und ohne Hilfestellung durch gesetzlich vorgeschriebene Organisationsschemen ist sichergestellt, daß sich nur solche Parteien bilden und am Leben halten, die aus selbst aufgebrachter eigener Integrationskraft aktionsfähige politische Einheiten zu bilden vermögen. Insoweit haben die Bestimmungen über die innere Ordnung der Parteien eine doppelte Zielrichtung. Die erste geht auf eine Schutzvorkehrung gegen ein Wiedererwachen des totalitären Parteientyps. Insoweit erfüllt das Gesetz also eine Aufgabe des präventiven Verfassungsschutzes. 'Die zweite Zielrichtung der Bestimmungen geht auf Sicherung gegen Aushöhlung breit fundierter Willensbildung bei denjenigen Parteien, deren demokratischer Charakter an sich unbestritten ist, durch die Bildung übermächtiger Parteioligarchien. Ich glaube, daß das die beiden Dinge sind, .die man als die Zielrichtung der Bestimmungen über die innere Ordnung ansprechen darf.
    Ich sprach von den Parteioligarchien. Hier handelt es sich klar um die Eindämmung einer Erscheinung, die nicht nur die Parteien, sondern das gesamte moderne Verbandswesen ergriffen hat und die letzten Endes auf tiefen Strukturveränderungen der modernen Gesellschaft beruht. Die Bildung von Massenorganisationen, die Inanspruchnahme der Mitglieder durch eine Vielzahl von Pflichten und anderen Beschäftigungen, die nur eine minimale Zeit lassen, sich um den Verband zu kümmern, — all dies sind Umstände, die eine Oligarchie begünstigen. Machtkonzentrationen bei den Führungskörpern der Verbände, die auf diese Weise entstehen, sind gar nicht, wie man gelegentlich glaubt, gegen den Willen der Mitglieder erzwungen, sondern werden sogar von diesen selbst gewollt oder zumindest gebilligt. Offenbar ist es in der modernen Massengesellschaft bei ihrer Differenziertheit sehr schwierig, klare Führungsfunktionen herauszubilden, die zwar eine einwandfreie demokratische Legitimation haben, wenn sie auch nach den gegebenen Verhältnissen nicht bis in jede Führungsentscheidung hinein immer ganz demokratisiert sein können.
    Um dieser Entwicklungsrichtung, die wir für sehr schwerwiegend halten, entgegenzuarbeiten, sind hier bestimmte Vorschriften vorgesehen worden. Der Entwurf sucht durch eine ganze Reihe grundlegender Regelungen solchen Tendenzen im Bereich der Parteien entgegenzuwirken und die Verhältnisse aufzulockern. Möglichkeiten dazu finden sich in der Zuständigkeit der Mitglieder- bzw. Vertreterversammlungen für die grundlegenden Sachentscheidungen, in der verhältnismäßig kurzfristigen Wahl aller Parteiorgane, in der geheimen Wahl der Vorstände, dem Schutz der Mitglieder vor Mißbrauch der Verbandsgewalt durch unabhängige Parteischiedsgerichte usw. Dies alles dient nur dazu, einigermaßen sicherzustellen, daß sich die Entwicklung in den Parteien nicht nach jenen eben geschilderten Tendenzen der modernen Massengesellschaft zwangsläufig vollzieht.
    Welche Wirkungen von diesen Vorschriften und ihrem Appell auf Betätigung der mitgliedschaftlichen
    Rechte ausgehen, hängt davon ab, in welchem Umfang von den gesetzlich geschaffenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird und welche Bereitschaft in den breiten Kreisen der Parteimitglieder besteht, selbst aktiv zu werden und Aufgaben zu übernehmen. Der Gesetzgeber — darüber sind wir uns alle klar — kann hier nur einen Rahmen schaffen. Er kann nicht das Leben selber schaffen, sondern das Leben muß von denen geschaffen werden, die sich in den Parteien für diese Arbeit zusammenfinden.
    So ist der Entwurf im einzelnen darum bemüht, eine Synthese zwischen demokratischer Willensbildung einerseits und den Erfordernissen politischer Führung andererseits zu finden, zwischen gesicherter Aktionsfähigkeit und den Integrationsbedürfnissen der Parteien auf der anderen Seite, und gleichzeitig den Parteien weite Spielräume für eigenverantwortliches Gestalten und Handeln zu lassen.
    Über die gesetzliche Regelung der inneren Ordnung wird sich, glaube ich, hier eine Übereinstimmung ohne allzu große Schwierigkeiten finden lassen. Wenn ich die Kritik überblicke, die ich seit der Veröffentlichung des Entwurfs zur Kenntnis genommen habe, habe ich den Eindruck, daß sich — mehr oder weniger leicht — Formeln finden lassen, die von allen, jedenfalls allen in diesem Hause vertretenen politischen Parteien als praktisch anerkannt werden können.
    Nach dem Kapitel der inneren Ordnung, für das ja alle hier Anwesenden ohne Zweifel Sachverständige sind, komme ich zu dem Kapitel „Rechenschaftslegung der Parteien". Hier bestehen in der Tat, anders als bei der inneren Ordnung, grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten. Die Rechenschaftslegung hat die Diskussion um das Parteiengesetz in den letzten Jahren so sehr beherrscht, daß beide nach weitverbreiteten Vorstellungen nahezu miteinander identifiziert werden. Ich muß sagen, das gilt beinahe ganz und gar für unsere sozialdemokratischen Freunde.
    Die Notwendigkeit, die Rechenschaftslegung auf den Umfang ihrer 'sachlichen Bedeutung zurückzuführen, sehen wir ganz klar. Die Parteifinanzen sind ein wichtiges Gebiet, aber sie sind nur ein Teilstück der Parteiengesetzgebung. Das möchte ich doch ganz nachdrücklich unterstreichen.
    Die Rechenschaftslegung ihrerseits ist wieder nur ein Aspekt des Problems „Parteifinanzen". Tatsächlich und von der Sache her ist heute die Kardinalfrage: wie kommen die Parteien zu den notwendigen Mitteln, um ihre von der Verfassung gewollte Existenz zu sichern und ihre von der Verfassung gestellten Aufgaben zu erfüllen? Das ist die entscheidende Frage für die Zukunft unserer Demokratie geworden, nicht etwa die Frage nach der Herkunft ihrer Mittel.
    In richtiger Erkenntnis dieser Sachlage ist die Frage „Wie kommen die Parteien zu den notwendigen Mitteln?" in der letzten Zeit auch mehr und mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt worden. Trotzdem befaßt sich der Entwurf nicht mit dem Gesamtproblem der Parteien-



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    finanzierung, weil nach meiner Überzeugung die Dinge hier noch nicht so weit geklärt und ausgereift sind, daß eine gesetzgeberische Regelung in allernächster Zeit in Betracht käme. Deshalb haben wir zunächst einmal den ausdrücklichen Regelungsauftrag des Art. 21 GG zu erfüllen.
    Nun werden Sie sich alle darüber klar sein — alle, die einmal selbst, sozusagen voraus, über dieses Thema nachgedacht haben —, daß der Abschnitt Rechenschaftslegung die weitaus größten Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung des Entwurfs gemacht hat. Aber es ist auch gar kein Geheimnis, daß man im Parlamentarischen Rat keine ausreichend klaren Vorstellungen über die Tragweite des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 und die Möglichkeiten seiner Verwirklichung gehabt hat.
    Die Parteienrechtskommission hat die Frage der Rechenschaftslegung sehr eingehend untersucht und das Dilemma klar erkannt. Sie hat nämlich gesagt:
    Die Ausführung des grundgesetzlichen Auftrages ist bei einer im Ziel und in den Mitteln begrenzten Gesetzgebung praktikabel, aber von geringerer Wirkung. Je strenger die Anforderungen an Ziel und Kontrolle, desto stärker auch die Auswirkungen auf Gefüge und Stellung der Parteien, die bei ihrer unterschiedlichen, vorwiegend historisch bedingten Struktur nicht gleichmäßig getroffen werden.
    Ich glaube, hier ist in sehr wohl abgewogener
    wissenschaftlicher Weise das Problem umschrieben.
    Wenn wir noch einmal einen Blick auf den Parlamentarischen Rat und diejenigen, die die Bestimmungen über die Rechenschaftslegung der Parteien vorgeschlagen haben, zurückwerfen, so glaube ich, daß ihr Bild vom geschichtlichen Ablauf — und wir haben ja gestern viel von den Bildern vom geschichtlichen Ablauf gesprochen — damals eben wirklich stärker emotional bestimmt als wissenschaftlich klar war. Die Idee, daß das Aufkommen radikaler Gruppen von mächtigen Geldmännern und Geldgebern abhängig sei, hat sich als eine in meinen Augen historisch unzutreffende Idee erwiesen.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Das ist sicher ein weites Feld, meine Damen und Herren. Es ist Ihnen unbenommen, anderer Meinung zu sein; aber Sie werden mir erlauben,

    (Zuruf von der SPD: Auch zu lachen!) zu sagen, was ich meine.

    Zu glauben, daß Bewegungen, die in die Tiefe und Breite eines Volkes gehen können, durch Geld hervorgerufen werden können, durch den Einsatz der Mittel weniger verruchter Geldgeber, ist eine Naivität, um es ganz deutlich zu sagen. Sicherlich wird auch Geld gebraucht, um eine große Propaganda entfalten zu können; aber manchmal sind die größten Geldmittel, die für Propaganda ausgegeben werden, völlig nutzlos. Wenn es nach Geldmitteln gegangen wäre, dann säße die Kommunistische Partei, die 1949 da drüben einmal etwa 15 oder 25 Sitze eingenommen hat, heute weit über die Mitte des Hauses hinaus.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Ich sage, wenn es nach dem Geld gegangen wäre;

    (anhaltende Zurufe links)

    denn sie lag in dem propagandistischen Aufwand weit vor allem, was etwa Sie aufwenden konnten, und weit vor dem bescheidenen Aufwand, den meine eigenen politischen Freunde etwa machen konnten.

    (Große Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Er lacht doch selber! — Abg. Wittrock: Über den „bescheidenen Aufwand" muß er selber lachen!)

    — Meine Damen und Herren, ich habe eigentlich die Heiterkeit schon vorweggenommen, die ich bei Ihnen erwartete. Aber Sie wissen, meine Damen und Herren, daß wir in der Tat einen ungeheuren Respekt vor Ihrem finanziellen Hintergrund haben. Das glauben Sie nur nicht.

    (Erneute Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Herr Minister, wenn Sie mal ein Darlehen brauchen, kommen Sie zu uns! — Große Heiterkeit.)

    — Ja, ich weiß nicht, Herr Kollege, ob Sie bereit sind, das im Protokoll festhalten zu lassen, daß Sie mir eine klare Darlehnszusage — wie ich annehme für politische Zwecke und, wie ich weiter annehme, ohne jede Bindung — gemacht haben.

    (Anhaltende große Heiterkeit. — Beifall in der Mitte.)

    Selbstverständlich war, gerade wenn ich von dem ausgehe, was ich über den Inhalt des Sachverständigenberichts gesagt habe, daß sich der Entwurf für das entschließen mußte, was wir im Einvernehmen mit der Kommission den praktikablen Weg nennen; denn der Gesetzgeber kann sich nicht auf Forderungen und Wünschbares beschränken, sondern er trägt die Verantwortung dafür, daß seine gesetzgeberischen Befehle auch durchführbar sind und bis in die Einzelheiten befolgt werden. Sie werden mir zustimmen, meine Damen und Herren, daß nichts schlimmer ist als gesetzliche Bestimmungen, die nur auf dem Papier stehen und über die jedermann so oder so hinweggeht. Hauptbestreben des Entwurfs ist deshalb, einen realisierbaren Weg zu finden, der dem Zweck der Vorschrift der Rechenschaftslegung wirklich so nahe wie nur irgend möglich kommt.
    Letzten Endes geht es nämlich bei der Rechenschaftslegung um einen einzigen Punkt: Rechenschaft über jede einzelne Zuwendung unter Nennung des jeweiligen Geldgebers oder nur kategorienmäßige Angabe der Geldquellen. Alles andere betrifft im Grunde nur Folgerungen, Modalitäten und Technik. Deswegen die Frage, ob wirklich jeder einzelne Geldgeber in dem veröffentlichten Rechenschaftswerk der Parteien in Erscheinung treten soll oder ob die Parteien sozusagen kategorienmäßig Rechenschaft über ihre Geldquellen geben sollen. Ich halte letzteres für den einzigen praktisch durchführbaren und wirklich befolgbaren Weg. Die Bundesregierung schlägt daher sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen — ich sage das in Übereinstimmung mit den einschlägigen Ausführungen in



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    dem Bericht der Parteienrechtskommission — eine kategorienmäßige Rechnungslegung nach Einnahmequellen vor.
    Lassen Sie mich einiges zu den rechtlichen Erwägungen in diesem Punkt sagen. Art. 21 Abs. 1 Satz 4 des Grundgesetzes ist als Schutznorm gegen die undemokratischen Einflüsse auf dem Finanzweg nur eine von verschiedenen demokratischen Sicherungsvorkehrungen des Art. 21 überhaupt. Er ist dazu eine nur sehr indirekte und nur bedingt wirksame Sicherungsvorkehrung. Denn mit Art. 21 ist etwas ganz anderes neu in Erscheinung getreten, etwas, was der Grundgesetzgeber zwar eingeführt hat, in seinem Systemzusammenhang nach meiner Überzeugung aber noch gar nicht wirklich übersehen konnte. Darüber wissen wir heute mehr, weil wir inzwischen zehn Jahre Parteiengeschichte und politische Wirklichkeit hinter uns haben.
    Das Grundgesetz unterscheidet sich von der Weimarer Verfassung z. B. ganz grundlegend dadurch, daß es die radikalen, die verfassungsfeindlichen Gruppen nicht getrost mitspielen läßt und sich nicht darauf verläßt — wie das manche vielleicht auch heute noch empfehlen möchten —, daß sozusagen die gesunde politische Gegenwehr, die immer neue demokratische Entscheidung des breiten Wählervolkes die radikalen Verfassungsfeinde von allein aus der Welt bringen würde oder sie jedenfalls so angenehm kleinhalten könnte, daß sie mehr oder weniger nur Randerscheinungen, manchmal etwas lauten Charakters, aber nicht wirklich umsturzfähige Gebilde werden.
    Das Grundgesetz hat sich deswegen entschlossen, den Weg des Parteienverbots zu gehen. Es hat sich entschlossen, die verfassungsfeindlichen Kräfte im demokratischen Spiel nicht mitspielen zu lassen, sondern sie auszuschalten. Dafür hat es — wir haben das gestern am Rande etwas erwähnt den gerichtlichen Weg gewählt. Es überläßt eine solche Entscheidung nicht etwa einer Parlamentsmehrheit
    — ein Parlament wäre vielleicht allzu vorbelastet
    —, und es überläßt eine solche Entscheidung auch nicht der Exekutive; dagegen hätten sich sicher auch Bedenken geltend machen lassen. Vielmehr hat es sich auf den Standpunkt gestellt: solche eigentlich nicht Mitspielberechtigte müssen durch das Bundesverfassungsgericht ausgeschlossen werden.
    Auf diese Weise sind — ich habe das gestern erwähnt und darf es heute wiederholen — in der Tat zwei angeblich demokratische Mitspieler als nichtdemokratisch entlarvt und ausgeschaltet worden. Der eine war die Kommunistische Partei, der andere die Sozialistische Reichspartei. Beide Verbote wurden etwa gleichzeitig beantragt. Für die Sozialistische Reichspartei ist es sehr schnell ergangen, in weniger als Jahresfrist. Für die Kommunistische Partei hat es fünf Jahre gedauert, kam aber schließlich doch.
    So würde es natürlich jeder anderen Gruppe gehen. Wenn sich einige verruchte Geldgeber finden sollten — meistens macht man sich von den Geldgebern ganz falsche Vorstellungen —, die auf die Idee kämen, irgendwelche Gruppen zu finan zieren in der Hoffnung, daß diese das Hohe Haus dann schon etwas aus den Angeln heben würden, nun, das wäre eben alles zu naiv, um weit zu tragen. Tun sich hier verfassungsfeindliche Gruppen auf, werden sie den Weg nach Karlsruhe geführt werden. Darüber habe ich mich gestern des längeren verbreiten können. Gerade weil das so ist, weil die verfassungsfeindlichen Gruppen überhaupt keine Gelegenheit mehr erhalten, am demokratischen Spiel teilzunehmen, hat der Gedanke „nehmt ihnen das Geld, dann können sie nicht mehr" —, der erstens in sich falsch, obsolet war, und zweitens dem Ziel, das er erreichen soll, gar nicht dient — so eine leicht „klassenkämpferische" Note — ich meine das in Anführungsstrichen, um nicht unnötig Ihre Begeisterung auszulösen — erhalten. Ich werde vielleicht Gelegenheit haben, im Laufe der Debatte darauf zurückzukommen.
    Meine Damen und Herren, das etwa ist das Wesentliche, was zu der Frage Rechenschaftslegung zu sagen ist. Ich verzichte darauf, über die Detailfragen zu sprechen: Was ist praktisch, was ist kontrollierbar, was ist umgehbar? Wir sollten uns in dem Grundsatz einig sein, daß es keinen Zweck hat, ein Gesetzgebungswerk für das Auge zu schaffen, ein Gesetz, das nur auf dem Papier steht. Was wir tun, muß den Grundlinien entsprechen, die das Grundgesetz festlegt, und muß andererseits der Wirklichkeit und der Gefahrenlage gerecht werden.
    Gestatten Sie mir noch einige Schlußbemerkungen. Ich bin mir darüber klar, daß der Entwurf, den wir dem Hause vorlegen, einen hohen Schwierigkeitsgrad hat; das wird sich herausstellen. Der Entwurf wird ja in die Hände der Spezialisten geraten. Das ist das Schicksal jedes schwierigen Gesetzes. Aber auch alle diejenigen Mitglieder des Hohen Hauses, die keinen so unmittelbaren Anteil an den Beratungen darüber nehmen, sollten sich der Tatsache bewußt sein, daß dies eine schwierige und sehr delikate Sache ist.
    Wir schmeicheln uns nicht, die ideale Lösung bereits gefunden zu haben. Wir sind also sehr diskussionsoffen, um diesen Ausdruck zu gebrauchen. Aber ich habe die Überzeugung, daß, wenn man diese beiden Probleme — innere Ordnung und Rechenschaftslegung — nüchtern und in diesem realistischen Rahmen anpackt, man durchaus in der Lage ist, in absehbarer Zeit das Parteiengesetz zu verabschieden.
    Herr Kollege Schmitt (Vockenhausen), ich sehe Sie gerade, Sie lachen mir freundlich zu.

    (Zuruf des Abg. Schmitt [Vockenhausen]).

    - Ihre Bemerkungen habe ich nicht mitbekommen. Mit den Begriffen nüchtern, klar, realistisch habe ich ungefähr die Linie angedeutet, die ich mir für die Beratung dieser Sache vorstelle.
    Dem Herrn Kollegen Mende — ich glaube, er ist im Moment nicht im Saal — habe ich auf seinen Zwischenruf zugesagt, noch einige Worte darauf zu verwenden, wie ich mir die Finanzierung der politischen Parteien vorstelle. Meine Damen und



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    Herren, ich verfüge über langjährige Erfahrungen in Fragen der Finanzierung von Gruppen oder Parteien, zumal ich früher in Bonn Vorsitzender der Hochschulgruppe der Deutschen Volkspartei war. Ich kenne also die Schwierigkeiten, weil ich schon vor 1933 und nach 1945 Einsicht in diese Verhältnisse hatte. Die Struktur der politischen Parteien ist sehr verschieden, und deswegen haben sie auch in der Gestaltung ihrer inneren und äußeren Arbeit manche Schwierigkeiten zu überwinden.
    Der erste und normale Weg einer gesunden Finanzierung ist für die politischen Parteien der Appell an diejenigen, die sich ihnen angeschlossen haben, also der Appell an die Mitglieder, der Appell an ihren Idealismus, ihnen in ihrer Arbeit zu helfen. Jeder von uns weiß, was auf diesem Gebiet getan wird, und jeder weiß auch, welche Grenzen das hat. Der erste Weg ist also der Appell an die Spendefreudigkeit der Mitglieder und an ihre Mitgliedsbeiträge.
    Das zweite Bein, wenn ich mich so ausdrücken darf, auf dem die politischen Parteien stehen sollten und könnten, ist im deutschen Parteiengebiet leider ungleich ausgebildet. Dieses zweite Bein ist — —

    (Zurufe und Lachen von links)

    — Ich komme auf insgesamt vier Beine, nicht daß Sie glauben, meine Damen und Herren, ich spräche von einem Menschen, ich spreche lieber von einem Gebäude. Ich sage also vielleicht besser: die zweite Säule. Sie ist bei unseren sozialdemokratischen Freunden sehr stark ausgebildet. Es handelt sich um den Bereich eigener Vermögenswerte und eigener wirtschaftlicher Unternehmungen publizistischer Art usw.; das brauchen wir hier nicht im einzelnen zu erörtern, darauf kommen wir vielleicht im Laufe der Debatte zurück. Es gibt aber einen Bereich einer gewissen Eigenbetätigung auf publizistischem oder sonstigem Gebiet, in dem die Parteien möglicherweise ihre Finanzkraft etwas verstärken können. Es wird bei der einen oder anderen verschieden sein.
    Das dritte Feld, meine Damen und Herren, ist der Appell an die Bereitschaft weiterer Kreise, zu spenden, jener Kreise, die vielleicht die Mitgliedschaft — —(Abg. Metzger: Der Fall kommt kaum vor!)

    — Das will ich nicht sagen. Was wir von Fall zu Fall machen müssen und woran wir nicht vorbeikommen, ist, an die Bereitschaft weiter Kreise zu appellieren, Spenden zu geben.

    (Abg. Bausch: Leider!)

    — Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb, hätte ich beinahe gesagt, Herr Kollege Bausch.

    (Heiterkeit.)

    Diese Kreise sind sicherlich sehr differenziert. Aber es muß ihnen möglich sein — das möchte ich mit allem Nachdruck sagen, und wir werden darüber noch ausführlicher sprechen —, die Arbeit der politischen Parteien, welche ein staatstragendes Element ,darstellen, zu fördern. Es muß ihnen auch
    möglich sein, das mit steuerlichem Nutzeffekt zu tun. Die Meinungen darüber gehen bei uns offenbar gar nicht mehr so weit auseinander. Ich lese in Ihren Publikationen, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, daß Sie in der Tat auch dafür sind, daß diese Mitgliedsbeiträge und vielleicht auch weitere Spenden — es wird bei Ihnen irgendeine Höhe vorgeschlagen — steuerlich abzugsfähig werden. Ich bin in der Tat der Meinung, daß wir in Verbindung mit der Prüfung der Parteien auf ihre Gemeinnützigkeit diese Überlegungen stärker als bisher berücksichtigen müssen. Auf diesem Gebiet gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerchts. Auch darüber werden wir sprechen müssen. Wir kommen aber nicht daran vorbei, verbindlich zu der Frage Stellung zu nehmen: Ist die Unterstützung der politischen Parteien etwas vom Staat her weniger Positives ,als die Unterstützung des Baues einer Turnhalle, idle Unterstützung eines Kindergartens, die Hilfe für irgendeinen karitativen Zweck und die Unterstützung für irgendeine andere Einrichtung gemeinnützigen Charakters? Für uns, meine Damen und Herren, gehört selbstverständlich die Unterstützung der Parteien in eine ebenso förderungswürdige Kategorie wie die Unterstützung für die gerade aufgeführten Zwecke.

    (Abg. Wittrock: Darf man eigentlich öffentlich dazu aufrufen, Spenden zu leisten?)

    — Sie ,denken offenbar an das Sammlungsgesetz. Das ist ein weites Feld, Herr Kollege Wittrock. Bei dem Sammlungsgesetz handelt es sich ja, unter uns gesagt, um ein Stück Tragödie. Da stellt man von einer bestimmten Materie fest, sie sei Landesrecht: praktisch wird sie dadurch unbeweglich. Alle fordern eine generelle Regelung oder eine generelle Aufhebung, jedoch man bringt sie nicht zustande. Aber damit wird sich das Hohe Haus noch beschäftigen. Ich habe jedenfalls durchaus Sympathie für die Aufhebung des Sammlungsgesetzes. Ich weiß nicht, wie das von der Mehrzahl meiner eigenen politischen Freunde beurteilt wird. Ich hätte nichts dagegen, daß das Gesetz aufgehoben wird, mindestens aber in einen Rahmen gebracht wird, der nicht gerade den politischen Parteien auch noch Schwierigkeiten macht. Es wäre geradezu grotesk, wenn wir den Spendenaufruf politischer Parteien an die vorherige Genehmigung einer Landesregierung knüpfen müßten.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Bei Ihnen weniger durch Aufrufe als durch intensive 'Gespräche hinter verschlossenen Türen!)

    — Aber Herr Kollege Schmitt (Vockenhausen), ich will Ihnen hier eine verbindliche Erklärung abgeben: wenn die Sozialdemokratische Partei demnächst einen öffentlichen Spendenaufruf macht und auf die steuerliche Begünstigung dieser Spenden hinweist, sind wir gern bereit, das sehr richtig zu finden. Wir werden selbstverständlich ähnliche Aufrufe veröffentlichen. Die dritte Säule sind also steuerbegünstigte Spenden in einer Form, über die im einzelnen zu sprechen sein wird.
    Schließlich komme ich zu ,dem vierten Punkt, nämlich zu der Frage, was vom Staat her — von einem sich etwas distanziert stellenden Gesamtwillen her



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    - gegenüber den politischen Parteien an finanzieller Unterstützung vertretbar ist. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die politischen Parteien sehr wohl einen Anspruch darauf haben, in ihrer politischen Bildungsarbeit genauso wie viele andere, oft sehr viel weniger ansehnliche Gruppen öffentlich unterstützt zu werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Sehen Sie sich einmal an, was manchmal alles für öffentliche Bildungsarbeit unterstützt wird. Ich muß sagen, das, was z. B. meine Freunde an politischer Bildungsarbeit leisten, geht auch in der Qualität weit über das hinaus, was diese oder jene Gruppe zu leisten imstande ist.
    Ich wiederhole: dies sind die vier Säulen, die ich mir als Grundlage für die Finanzierung der politischen Parteien denke, nämlich: Mitgliedsbeiträge und -spenden, möglicherweise eigene wirtschaftliche Betätigung publizistischer und sonstiger Art, steuerbegünstigte Spenden und schließlich öffentliche Zuwendungen für politische Bildungsarbeit. Wenn wir dazu kommen, haben wir ein gesundes System. Wir haben dann vor allem ein ehrliches System.
    Das Schlimme ist nämlich, daß durch undurchsichtige Gestaltung auf diesem Gebiet, infolge der Notwendigkeit und des Zwanges, manchmal häßliche Umgehungswege zu beschreiten, die Parteienfinanzierung in ein Zwielicht zu geraten droht und in der Vergangenheit auch gelegentlich in ein Zwielicht geraten ist. Ich denke da nicht nur an Herrn Agartz, das Buch über Herrn Agartz und was dort geschrieben ist.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Bei Herrn Bach sehen Sie vieles besser!)

    — Ich dachte gerade lieber an Herrn Agartz. Warum sollte ich an Herrn Bach denken?

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Ich wollte nur Ihre Beispielsammlung erweitern!)

    — Agartz liegt mir näher, schon des Alphabets wegen. Da bin ich sehr formal eingestellt.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir dazu kommen, die Erörterungen über das Parteiengesetz auch mit einer gesunden, anständigen, öffentlich vertretbaren Regelung der Parteienfinanzierung abzuschließen, haben wir in der Tat eine bedeutende Leistung vollbracht. Die Bundesregierung kann dazu nur einen bescheidenen Beitrag in dem Gesetzentwurf leisten, der sich auf zwei Kapitel beschränkt. Aber die Bundesregierung wird sicherlich sehr gern bereit sein, bei all den Beratungen, die nun einsetzen werden, auch an jenen Wünschen gesetzgeberischer Gestaltung, die über das hinausgehen, was jetzt im Entwurf steht, mitzuarbeiten. Ich hoffe, daß wir, sagen wir einmal, übers Jahr — so lange werden die Beratungen wohl dauern — hier ein gesundes, gutes Parteiengesetz werden verabschieden können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Even.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Bert Even


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Recht hat der Herr Bundesminister des Innern darauf hingewiesen, daß wir mit der Regierungsvorlage gesetzgeberisches Neuland betreten. In der Tat ist eine solche Regelung des Parteienwesens, von dem Ausnahmefall des argentinischen Gesetzes abgesehen, ohne jedes Beispiel in der deutschen und ausländischen demokratischen Verfassungsgeschichte.
    Den Parteien wird in Art. 21 des Grundgesetzes eine zentrale Funktion bei der politischen Willensbildung eingeräumt. Sie werden dadurch in ihrer Rechtsstellung weit über das hinausgehoben, was sie jemals in der deutschen Verfassungsgeschichte und insbesondere in der Weimarer Verfassung besessen haben. Nun steht allerdings auf der anderen Seite bereits jetzt fest — und dafür ist die Regierungsvorlage ein unfreiwilliger Beweis —, daß die Parteien ihre ehrenvolle Erwähnung im Grundgesetz mit einer Bürde von Pflichten zu bezahlen haben, von Pflichten, die teilweise mit nicht unerheblichen neuen finanziellen Belastungen verknüpft sind. Ich bin daher dem Herrn Bundesinnenminister besonders dankbar für die Ausführungen, die er zuletzt gemacht hat, über die Arten und Möglichkeiten einer Finanzierung der politischen Parteien und gewisse Förderungsmöglichkeiten seitens der öffentlichen Hand.
    Nun glaube ich freilich, daß wir Bedeutung und Sinn des Parteiengesetzes nach dem Willen des Grundgesetzes nur dann richtig ermessen können, wenn wir es in den Zusammenhang der verfassungspolitischen Überlegungen stellen, die zur Formulierung des Art. 21 geführt haben. Offensichtlich ist nach Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Stellung des Art. 21 eine verfassungsrechtliche Sicherung unserer freiheitlichen Grundordnung beabsichtigt. Hinter diesem Art. 21 steht die Vorsicht politisch gebrannter Kinder, hinter Art. 21 stehen lebendig die grausamen Erfahrungen der gerade überwundenen tyrannischen Barbarei, unter deren Eindruck der Parlamentarische Rat gestanden hat. Es war die nicht unberechtigte Furcht, es könnte unter Umständen zu einem erneuten Rückfall in unsagbare Barbarei kommen, wenn man sich nicht bessere Sicherungen, wirksamere Kautelen schaffte, als sie der Weimarer Verfassung zur Verfügung standen. Aber es war daneben auch die lodernde Drohung der kommunistischen Expansion, die am östlichen Horizont aufzuflackern begann und den Parlamentarischen Rat ,dazu veranlaßt hat, das Problem der Abwehr totalitärer Parteien als besonders aktuell und wesentlich zu betrachten. Infolgedessen ist Art. 21 eine Schutzvorschrift unseres Rechtsstaates gegenüber einem Rückfall in Einparteienherrschaft und Diktatur. Das Hauptziel ist die Abwehr totalitärer Bestrebungen jeder Art.
    Daher darf Art. 21 kein Instrument dafür sein— ich betone dies mit besonderer Deutlichkeit —, die demokratischen freiheitlichen Parteien gegeneinander auszuspielen. Art. 21 enthält keine Rechtsgrundlage



    Dr. Even (Düsseldorf)

    zur Diskriminierung einer oder mehrerer der staatsbejahenden Parteien. Bei aller Verschiedenheit ihrer politischen Vorstellungen darf das Gemeinsame aller staatsbejahenden Kräfte nicht übersehen werden, die gemeinsame Basis des Grundgesetzes, auf die alle staatstragenden Parteien getreten sind. Infolgedessen zielt die Stoßrichtung des zu erlassenden Parteiengesetzes vielmehr auf die Staatsfeinde, die Antidemokraten. Die Feinde der Freiheit sollen daran gehindert werden, den Rechtsstaat erneut zur Knebelung der Freiheit zu mißbrauchen.
    Diese Erkenntnis erscheint um so wesentlicher, wenn man zum Vergleich die gewaltigen Anstrengungen und Aufwendungen betrachtet, die von antidemokratischer Seite in der Bundesrepublik unternommen werden. So wies der Vorsitzende des DGB, Willi Richter, kürzlich darauf hin, daß die kommunistische SED jährlich rund 100 Millionen DM zur Zersetzung der Grundordnung in der Bundesrepublik aufwende. Diese Zahl erscheint um so beklemmender, wenn man sie mit den laufenden Aufwendungen für die Organisation und die Tätigkeit der demokratischen Parteien zusammengenommen vergleicht. Denn es steht fest, daß alle demokratischen Parteien zusammengenommen nicht einmal einen Bruchteil der gewaltigen Geldmittel haben, die den Freiheitsfeinden jährlich zur Verfügung stehen.
    Der verfassungspolitische Wille sieht aber nun nicht nur negative Abwehrmaßnahmen vor, sondern er gebietet auch positive Sachverhalte. Daraus ergeben sich die fünf Kernsätze des Art. 21 des Grundgesetzes. Erstens: die Berufung der Parteien zur Mitwirkung bei der politischen Willensbildung. Zweitens: die Gewährleistung ihrer Gründungsfreiheit. Drittens: das Gebot ihrer inneren demokratischen Ordnung. Viertens: die öffentliche Rechenschaftslegung über die Herkunft ihrer Mittel. Fünftens: der Zwang zur Verfassungsmäßigkeit ihrer Ziele. Sie wissen, daß das Verfahren zur Verwirklichung des letzten Punktes im wesentlichen bereits durch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt ist und daß sich eine festgefügte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts daran angeschlossen hat. Insoweit hat die Regierungsvorlage auch nur einige wenige Ergänzungen vorzunehmen. Die übrigen Punkte bedürfen aber näherer Ausgestaltung, sie nehmen daher im Regierungsentwurf auch den breitesten Raum ein.
    Ich darf vorausschicken, daß sich die CDU/CSU-Fraktion hinter alle Grundsätze der Regierungsvorlage stellt, daß sie aber eine Reihe von Bestimmungen für verbesserungsfähig hält.
    Was zunächst die Mitwirkung der Parteien bei der politischen Willensbildung betrifft, so wird die Frage nach der Stellung der Parteien im Rechtsstaat gestellt. Das Grundgesetz weist den Parteien bei der politischen Willensbildung eine offensichtlich herausragende Stellung zu. Man kann geradezu von einer zentralen verfassungsrechtlichen Funktion sprechen, die das Grundgesetz den Parteien zuweist. Es wird ihnen das Recht, aber auch die Pflicht zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung verfassungsrechtlich verbrieft.
    Was ist nun darunter zu verstehen? Zunächst einmal werden die Parteien in ihrer Existenz und in ihrer Wirksamkeit garantiert. Das bedeutet praktisch die Gewährleistung des Mehrparteienstaates. Hier wird die Sorge deutlich, die aus dem Wissen darum entspringt, daß die Entwicklung nach 1933 bald zu einem Einparteienstaat geführt hat. Hier wird aber auch der Alpdruck deutlich, der angesichts der Entwicklung zum Einparteienstaat in Mitteldeutschland besteht. Demgegenüber garantiert das Grundgesetz ausdrücklich den Mehrparteienstaat. Es garantiert die Möglichkeit mindestens einer Oppositionspartei. Damit wird eine scharfe Grenzlinie gezogen gegenüber jedweder Form der Diktatur, deren Wesenszug bekanntlich die Ausschaltung jeder Opposition ist.
    Durch diese zentrale verfassungsrechtliche Stellung werden die Parteien allerdings nicht zu Staatsorganen, nicht zu Gliedern der Staatsorganisation, wohl aber werden sie zu unabdingbaren Bestandteilen des Verfassungslebens. Wenn man die Verfassungswirklichkeit dem gegenüberstellt, wird man zu dem Ergebnis kommen, daß sie eher noch weitergeht, als es im Grundgesetz seinen Niederschlag gefunden hat. Wir begrüßen es, daß der Regierungsentwurf am freien gesellschaftlichen Grundcharakter der Parteien festhält, daß er es den Parteien überläßt, die geeignete Rechtsform des zivilen Rechtes selbst auszuwählen, etwa in Gestalt eines nichteingetragenen Vereins oder eines eingetragenen Vereins oder einer sonstigen geeigneten Rechtsform, und daß damit den Parteien der notwendige Spielraum gegeben ist, innerhalb dessen sie sich frei entfalten können.
    Andererseits erfüllen die Parteien nach dem Wortlaut und Sinn des Art. 21 öffentliche Aufgaben, dienen gemeinnützigen Zwecken und sind dem Wohl des deutschen Volkes verpflichtet. Es wäre wahrscheinlich noch zu prüfen, ob man nicht im Katalog der Aufgaben der Parteien, wie er in der Regierungsvorlage vorgesehen ist, noch etwas stärker die eigenschöpferische Arbeit und Wirkungsmöglichkeit der Parteien herausstellen sollte, als das bisher der Fall ist. Jedenfalls ist als wesentlich festzuhalten, daß die Parteien eine öffentliche Funktion ausüben, damit auch gemeinnützigen Zwecken dienen und der Gesamtheit verpflichtet sind.
    Alle Parteien stehen in einem diametralen Gegensatz zu den verschiedenen Gruppen- und Verbandsinteressen. Sie alle wissen, daß in jeder politischen Partei verschiedene Gruppeninteressen zum Zuge kommen. Das ist natürlich und ein Spiegelbild der Verhältnisse unserer Industriegesellschaft. Aber hier setzt die wesentliche staatspolitische Aufgabe der Parteien ein, die verschiedenen Gruppeninteressen innerhalb ihrer Organisationen mit dem Maßstab ihres Programms am Gemeinwohl zu orientieren und dadurch zu einem Ausgleich zu kommen. Die staatspolitische Aufgabe der Parteien liegt also auch darin, gewissermaßen als Interessenfilter wirksam zu werden, durch den die extremen Gruppenegoismen ausgeglichen werden und ein Kompromiß, ein Mittelweg gefunden wird, der es ermöglicht,



    Dr. Even (Düsseldorf)

    eine Politik zu betreiben, die auch die Gemeinschaft, das Gemeinwohl berücksichtigt.
    Die verschiedenen Merkmale des Parteienbegriffs sind nach unserer Auffassung im Entwurf zutreffend definiert. Man mag darüber streiten, ob die Formulierung im einzelnen zu verbessern ist. Wesentlich ist aber die notwendige Abgrenzung gegenüber Interessenverbänden, Wählervereinigungen und bloßen Rathausparteien.
    Was die letzte Frage anlangt, bin ich allerdings der Auffassung, daß in den kommenden Beratungen geprüft werden muß, ob nicht entsprechend dem Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit bei Kommunalwahlen eine Angleichung der bloßen Rathausparteien, die nicht Parteien im Sinne des Gesetzes sind, an die den im Gesetz festgelegten Pflichten unterworfenen Parteien notwendig erscheint; denn andernfalls besteht die Möglichkeit, daß diese von dem Parteiengesetz und damit von den Pflichten, die das Gesetz auferlegt, ausgenommenen Rathausparteien auf gewissen Gebieten einen Vorsprung gegenüber den eigentlichen Parteien gewinnen, die an das Parteiengesetz gebunden sind.
    Es dürfte auch zu überlegen sein, ob nicht eine rein klarstellende Registrierung der Parteien ins Auge zu fassen ist, wie sie etwa der Bundesrat bereits vorgeschlagen hat. Wir wenden uns zwar gegen eine Registrierung der Parteien mit rechtsbegründender Wirkung, weil verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen und zu befürchten ist, daß dadurch der Grundsatz der Gründungsfreiheit verletzt werden könnte. Aber eine rein klarstellende Registrierung würde dem nicht entgegenstehen. Als Fortschritt gegenüber der bisherigen Rechtslage der Parteien ist auch die Verbesserung ihres Namensschutzes anzusehen und daher zu begrüßen.
    Was nun die innere Ordnung der Parteien angeht, so hat der Herr Bundesminister bereits darauf hingewiesen, daß es wahrscheinlich in diesem Hohen Hause verhältnismäßig leicht zu einer Übereinstimmung in diesen Fragen kommen kann, vor allen Dingen in den Grundsätzen, daß die Satzung und die Parteiprogramme veröffenlicht werden müssen, daß jedes Parteimitglied vor dem Mißbrauch der Verbandsgewalt zu schützen ist, daß die Führungsgremien echte Spitzenorgane der demokratischen Repräsentation sein müssen, daß alle Mandate zeitlich zu befristen sind, daß für die Vorstandswahlen geheime Abstimmung vorzusehen ist, daß alle Mitglieder gleiches Stimmrecht haben und dergleichen mehr.
    Man wird, so glauben wir, freilich zu prüfen haben, ob hinsichtlich der Schlußfolgerungen, die im Gesetzentwurf aus diesen Grundsätzen gezogen worden sind, alles in jeder Hinsicht notwendig und zweckmäßig ist. Aber »das Wesentliche dieser Bestimmung liegt doch darin, daß die totalitären, antidemokratischen Parteien, gegen die sich ja auch der Zwang zu einer inneren demokratischen Ordnung in erster Linie richtet, in aller Regel nicht nur ihrer Zielsetzung nach, sondern auch ihrer inneren Organisationsgewalt nach diktatorisch verfahren.
    Damit komme ich zu dem etwas strittigeren Problem der Rechenschaftslegung über die Herkunft der Mittel. Namens der CDU/CSU-Fraktion begrüße ich die öffentliche Rechenschaftslegung. Wir begrüßen sie nicht nur, weil dadurch ein Verfassungsauftrag erfüllt wird, sondern wir begrüßen sie vor allem auch deshalb, weil durch eine solche Finanztransparenz dazu beigetragen wird, eine Reihe von Legenden zu zerstören. Zum Beispiel wird sich dann das Märchen von der angeblich reichen CDU und der 'angeblich armen SPD verflüchtigen. In aller Öffentlichkeit wird klargestellt werden, daß keine der bestehenden Parteien ihre Aufgaben allein mit Eigenmitteln finanzieren kann und daß auch die Linke auf erhebliche Fremdmittel der verschiedensten Herkunft angewiesen ist.
    Durch die öffentliche Rechenschaftslegung wird aber auch die Legende von der Chancenungleichheit zugunsten der nichtsozialistischen Parteien zerrrinnen. Es wird sich zeigen, daß gerade das Gegenteil richtig ist. So ist beispielsweise die Sozialdemokratische Partei kraft ihres gewaltigen Parteivermögens gegenüber anderen Parteien finanziell im Vorteil.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Ich stelle fest, daß Sie selber nicht wissen, wie vermögend Sie sind. Wir machen Ihnen das nicht zum Vorwurf. Wir machen Ihnen höchstens zum Vorwurf, daß Sie den Anschein erwecken, als wären Sie arm und nur die anderen reich.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    — Wir können das noch konkretisieren, wenn Sie es wünschen. — Daher begrüßen wir, daß der oberste Parteivorstand für die gesamte Partei und nicht nur für die Bundesorganisation Rechenschaft legen muß.

    (Abg. Dr. Menzel: Das war bei uns schon immer so!)

    — Das ist eben nicht der Fall. Sie sind offenbar nicht orientiert, daß die Rechenschaftslegung der SPD nur eine Teilrechenschaftslegung ist und daß sie nach einem bekannten Wort eines deutschen Journalisten vergleichbar ist mit einem Schleiertanz, bei dem die attraktivsten und interessantesten Stellen verdeckt bleiben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir fordern weiterhin eine Vervollständigung

    (Abg. Schröter [Berlin] : Sie kleiner Schäker! Haben Sie schon einmal unsere Berichte aus den Bezirken gesehen, die jedes Jahr gedruckt werden?)

    Wir fordern, daß grundsätzlich Rechenschaft über alle Mittel abzulegen ist,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Menzel: Auch aus den Geheimfonds!)

    einschließlich der direkt oder indirekt beherrschten Geschäftsbetriebe und Unternehmen.
    Daher halten wir eine Vervollständigung des Herkunftskatalogs über den Entwurf der Regierung



    Dr. Even (Düsseldorf)

    hinaus dahin für erforderlich, daß auch die Parteivermögen einzubeziehen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Regierungsvorlage sieht die Rechenschaftslegung nach Einnahmearten, nach den verschiedenen Kategorien vor. Die Namensnennung der einzelnen Beitragszahler, Spender und Förderer ist nicht vorgesehen. Damit entspricht die Vorlage dem Gutachten der Parteienrechtskommission. Auch der Bundesrat hat sich in diesem Punkt hinter die Regierungsvorlage gestellt; wie wir überzeugt sind, mit Recht. In dem Wortlaut des Art. 21 ist keine individuelle Namensnennung vorgesehen. Auch die Diskussion im Parlamentarischen Rat weist nicht in diese Richtung. Die Entstehungsgeschichte zeigt vielmehr, daß man den einzelnen Spender nicht hat treffen wollen.

    (Abg. Dr. Menzel: Das stimmt gerade nicht!)

    Eine zwangsweise, gegen den Willen der Betroffenen verfügte Namensnennung in der Öffentlichkeit wäre ein schwerer Eingriff in die Rechte der freien Persönlichkeit und der freien Meinungsäußerung. Jeder Staatsbürger hat ein Recht darauf, daß sein Name in der Öffentlichkeit, jedenfalls von Amts wegen, ungenannt bleibt, wenn er Mitglied einer bestimmten Organisation ist oder sie unterstützt. Natürlich kann er freiwillig auf dieses Recht verzichten, und mitunter geschieht dies. Niemand darf ihn jedoch dazu zwingen. Wenn der Grundgesetzgeber eine so weitgehende Einengung des Persönlichkeitsrechts gewollt hätte, hätte er das ausdrücklich sagen müssen, etwa durch die Worte: „unter namentlicher Nennung der Geber". Das hätte leicht geschehen können. Es ist aber nicht geschehen. Daher fehlt es an einer Rechtsgrundlage für eine solche Regelung.
    Aber selbst wenn dieses verfassungsrechtliche Hindernis nicht bestände, wäre keine Möglichkeit gegeben, die Forderung nach Namensnennung der Geber praktisch zu verwirklichen. Zunächst müßte man konsequenterweise alle Geber, einschließlich der Mitglieder, die Beiträge zahlen, namentlich nennen. Das bedeutet die jährliche Veröffentlichung von weit über einer Million Namen. Soweit ich sehe, hat das bisher noch niemand gefordert. Lehnt man dies jedoch ab und nimmt irgendeine Begrenzung vor, so muß diese Begrenzung notwendigerweise willkürlich sein. Denn klare sachliche Merkmale für die Grenze zwischen Beiträgen und Spenden, zwischen Zuwendungen, deren Geber namentlich zu veröffentlichen sind, und solchen Zuwendungen, bei denen das nicht zu geschehen braucht, lassen sich nicht aufstellen. Wo soll die Grenze liegen? Bei 100 Mark? Bei 1000, bei 5000, bei 10 000 Mark oder wo? Bei der Beantwortung dieser Frage würden keine sachlichen Erwägungen, sondern parteipolitische Nützlichkeitsgedanken unvermeidlich die Hauptrolle spielen.
    Eine Begrenzung, wie immer sie ausfallen mag, würde darüber hinaus praktisch nicht vollziehbar sein. Der Gesetzgeber müßte von vornherein damit rechnen, daß sein Gesetz nicht verwirklicht würde, weil es allzu leicht umgehbar wäre. Würde man
    beispielsweise die Grenze bei 1000 DM festlegen, könnte eine natürliche oder eine juristische Person oder eine Personenvereinigung leicht fünf Strohmänner vorschieben, die jeweils nur 1000 DM oder 1000 DM minus einen Pfennig geben würden, oder man würde eine große Zahl von Zwischenorganisationen gründen, unter denen sich der Staatsbürger nichts mehr vorstellen kann. Diese Lösung würde daher im Ergebnis mehr der Verschleierung als der Klärung dienen und damit im Widerspruch zum Sinn und Geist des Art. 21 stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es bleibt daher nur der Weg der Regierungsvorlage, nämlich nach den verschiedenen Einnahmegruppen Rechenschaft zu legen. Das ist die einzig verfassungsmäßige, saubere und durchführbare Lösung. Über Einzelheiten wird man gewiß diskutieren können; am Grundsatz selbst wird man jedoch nicht zu rütteln vermögen.
    Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassend betonen, daß nach dem Willen des Grundgesetzes das Parteiengesetz die Stellung der demokratischen Parteien stärken und die Abwehr totalitärer Kräfte erleichtern soll. Von dieser Grunderkenntnis muß man ausgehen, wenn das Parteiengesetz in der richtigen Richtung entwickelt werden soll. Keinesfalls ist es der Wille des Grundgesetzgebers gewesen, etwa einer demokratischen Selbstzerfleischung Vorschub zu leisten, etwa den Kampf zwischen den freiheitlichen Parteien zu verschärfen. Ich glaube, wir sollten gerade angesichts der Lage, in der wir heute stehen, uns dieser Erkenntnis bewußt sein. Wenn man dagegen jede sich bietende Gelegenheit dazu benutzt, dem eigenen Volke und der Welt das peinliche Schauspiel gegenseitiger Beschimpfung zu bieten, nimmt nicht die jeweilige Gegenpartei Schaden, sondern der Rechtsstaat und die Demokratie insgesamt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir erblicken daher in dem Entwurf der Bundesregierung einen Beitrag zur inneren Festigung der Demokratie. Allerdings glauben wir — und das betone ich —, daß letzten Endes Paragraphen und Gesetze nicht entscheidend sein können. Entscheidend für die Erhaltung des Rechtsstaates sind vielmehr der Wille und die Tatbereitschaft aller Staatsbürger, für die Sicherung der freiheitlichen Grundordnung einzustehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der DP.)