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ID0310217200

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    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmann und Dr. Böhm . . . . 5485 A Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Filme antideutscher Tendenz im amerikanischen und kanadischen Fernsehen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen): Verhalten des Konsuls Karl Julius Hoffmann in New York Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 D, 5486 A Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5486 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Vorlage des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten an den Bundestag Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5486 B Frau Dr. Hubert (SPD) 5486 D. Frage des Abg. Dr. Bucher: Besetzung der deutschen Botschaft in Paris Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Frage des Abg. Lohmar: Äußerung des Abg. Gradl in der außenpolitischen Debatte des Bundestages am 10. Februar Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 5487 B Frage des Abg. Dr. Werber: Nichtseßhaftenfürsorge Dr. Schröder, Bundesminister 5487 C, 5488 A Dr. Werber (CDU/CSU) . . . . . 5487 D Frage des Abg. Lohmar: Verhalten des Publizisten Schlamm Dr. Schröder, Bundesminister . . 5488 A, B Lohmar (SPD) . . . . . . . . 5488 A, B Frage des Abg. Dr. Arndt: Förderung Münchens als bayerische Landeshauptstadt durch dein Bund Lücke, Bundesminister 5488 C Frage des Abg. Baier (Mosbach): Erstellung von Kinderspielplätzen Lücke, Bundesminister . . 5488 D, 5489 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5489 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Steuerfreiheit bei Abwicklung von Geschäften über Gesellschaften mit dem Sitz in Vaduz Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5489 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5489 C Frage des Abg. Dr. Ratzel: Förderung des Ausbaus eines Ferngasnetzes durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 5489 D Frage des Abg. Ludwig: Kündigung von 350 deutschen Arbeitern des französischen Militärbetriebs BRM zum Jahresende 1959 Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5490 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Vorlage des Bundeswaffengesetzes für den zivilen Bereich durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretät 5490 D, 5491 A Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 5491 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Aufklärung der Käufer von Freibankfleisch Schwarz, Bundesminister . 5491 B, 5492 A Dr. Bechert (SPD) . . . 5491 C, 5492 A Frage des Abg. Seidel (Fürth): Weiterführung von Karteikarten aus der Zeit vor 1945 bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Blank, Bundesminister . . . . . 5492 B Seidel (Fürth) (SPD) 5492 C Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Veröffentlichung von Urteilen im Bundesversorgungsblatt Blank, Bundesminister . 5492 D, 5493 A Jahn (Marburg) (SPD) 5493 A Frage des Abg. Brück: Beeinträchtigung des Königsforstes durch die geplante Bundesstraße 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 B Frage des Abg. Brück: Linienführung der Umgehungsstraße von Bensberg zur B 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 C Frage des Abg. Schmitt (VOckenhausen): Einführung von Parkscheiben Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 D Frage des Abg. Baier (Mosbach) : Unfälle auf der Autobahn Frankfurt— Mannheim und Mannheim—Heidelberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5494 B Frage des Abg. Hübner: Einrichtung einer 1. Klasse im Flugverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 C Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Besetzung der Radargeräte im Bereich der Bundesanstalt für Flugsicherung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 D, 5496 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 5496 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der sozialen Krankenversicherung (Drucksache 1298); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz — KVNG) (Drucksache 1540) — Erste Beratung — Rohde (SPD) 5497 A Blank, Bundesminister . 5498 D, 5527 A Stingl (CDU/CSU) 5508 B Dr. Schellenberg (SPD) 5517 B Dr. Stammberger (FDP) 5527 D Frau Kalinke (DP) 5532 C Dr. Franz (CDU/CSU) 5545 A Frau Dr. Hubert (SPD) 5547 C Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) 5550 B Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 5554 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 5558 D Geiger (Aalen) (SPD) 5560 C Frau Korspeter (SPD) 5566 B Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . 5568 A Ruf (CDU/CSU) . . . . . . . 5569 B Börner (SPD) 5571 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5572 D Anlage 5573 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 5485 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Bauereisen 19. 2. Behrisch 18. 2. Benda 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Deringer 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Geiger (München) 19. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Greve 17. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Illerhaus 17. 2. Jacobs 7. 3. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Koch 19. 2. Leukert 19. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Metzger 18. 2. Mühlenberg 19. 2. Müser 20. 2. Probst (Freiburg) 17. 2. Ramms 19. 2. Scheel 17. 2. Schlick 20. 2. Schultz 17. 2. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Wehr 23. 4. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Frau Berger-Heise 27. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Spitzmüller 8. 3.
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    Rede von Hans Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Aber lieber Kollege Ruf, meine berechtigte Sorge ist ja, daß ich daran keinen Zweifel haben kann!

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Ich befürchte, daß das, was Sie hier ausführen, etwas ganz anderes ist als das, was Sie meinen, und
    als das, was Sie letzten Endes beschließen werden.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Die Erfahrung der Vergangenheit hat uns hier doch gewitzigt; wir brauchen uns hier nichts vorzumachen.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat einen Regierungsentwurf vorgelegt. Er hat bei der Vorlage dieses Regierungsentwurfs davon gesprochen, daß er einen Freudentag habe. Herr Kollege Schellenberg hat bereits gebührend darauf hingewiesen.
    Der Herr Minister hat einen Freudentag, weil das Bundeskabinett einstimmig diesen Gesetzentwurf verabschiedet hat. Ich kann mir auch schon deshalb nicht gut vorstellen, daß Sie dem Herrn Bundesminister für Arbeit die Freude verderben wollen. Ich glaube also, Sie werden von diesen Dingen wenig abweichen.
    Mit diesem Ausdruck ist auch der Charakter dieser Gesetzesvorlage von vornherein gekennzeichnet gewesen. Das, was bei Millionen Versicherten eine tiefe Erbitterung und Trauer ausgelöst hat, das gab dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Veranlassung, von einem „Freudentag" zu sprechen. Dieser Gesetzentwurf bringt für Millionen Versicherte und ihre Familien eine untragbare Belastung; ich betone das noch einmal mit aller Deutlichkeit. Außerdem beinhaltet er nach übereinstimmendem Urteil aller Fachleute wegen der ihm innewohnenden Tendenz, den rechtzeitigen Arztbesuch zu verhindern, ernste Gefahren für die Volksgesundheit.
    Ich kann leider jetzt dem Herrn Kollegen Dr. Franz nicht beistimmen — ich hätte es gern getan, weil er so freundlich gewesen ist — und kann nicht darauf verzichten, festzustellen, daß tatsächlich die Grundlage dieses Gesetzentwurfs ein Mißbrauchdenken ist. Die Grundlage dieses Gesetzentwurfs liegt darin, daß Sie annehmen, die krankenversicherten Menschen oder die Kranken selbst würden mit ihren Krankenkassen und ihren sozialen Einrichtungen Mißbrauch treiben. Dieses Denken über den Mißbrauch belastet die gesamte krankenversicherte Arbeitnehmerschaft noch stärker, als die materielle Belastung es schon tut. Eine derartige Verdächtigung ist einfach nicht gerechtfertigt und kann nicht Grundlage eines Gesetzentwurfes sein.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dieses falsche Mißbrauchdenken war der Ausgangspunkt und die Grundlage zur Gestaltung dieses Gesetzentwurfs. Logischerweise ist bei einem solchen falschen Ausgangspunkt auch die Schlußfolgerung falsch.
    Obwohl der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung — ich muß das immer dazusagen, damit es auch in seiner ganzen Spannweite erfaßt wird — verkündet hat, er wolle Sozialpolitik für vollmündige Menschen machen — das hat er ausdrücklich erklärt —, hat er einen Gesetzentwurf vorgelegt, der wie bisher noch kein Sozialgesetz staatlichen Dirigismus enthält und mit seinem Mißtrauen die Menschen bis in ihre privateste Sphäre hinein verfolgt.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Wo denn?)

    — Ich komme im Verlauf meiner Ausführungen noch darauf und werde mir erlauben, Sie dann darauf aufmerksam zu machen.

    (Abg. Ruf: Da bin ich aber gespannt, Herr Kollege Geiger; das gelingt Ihnen nicht, das werden Sie nicht nachweisen können!)

    — Vielleicht gelingt es mir doch. Ich fürchte, daß es mir gelingt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Fürchte"?)


    Geiger (Aalen)

    Ja; es wäre mir sehr viel lieber, ich müßte das nicht nachweisen, Herr Kollege Ruf, und der Gesetzentwurf hätte eine andere Grundlage. Ich komme aber noch darauf; ich weise es Ihnen nach.
    Der Gesetzentwurf geht in seiner Gestaltung von der Annahme aus, daß die kranken oder krankenversicherten Menschen unberechtigterweise ärztliche Leistungen in Anspruch nähmen und daß das verhindert werden müsse. Das ist das erklärte Ziel dieses Gesetzentwurfs, das ist auch das erklärte Ziel der Sozialpolitik neuen Stils, von der so viel gesprochen wird.

    (Abg. Ruf: Fragen Sie einmal Carlo Schmid, Ihren Fraktionskollegen; der versteht etwas davon!)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter Ruf, Sie stehen auf der Rednerliste.

(Abg. Ruf: Wunderbar!)

Ich würde Ihnen und den anderen Kollegen vorschlagen, Zwischenrufe zu unterlassen, um auf diese Weise eine Beschleunigung der Beratung zu erreichen.

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    Rede von Hans Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Es wird etwas temperamentvoller, Herr Präsident. —
    Die erklärte Zielsetzung ist das doch tatsächlich. Wenn man so etwas erreichen will, Herr Kollege Ruf, dann ist es nicht nötig, durch drakonische Selbstbeteiligungssummen

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Drakonisch"?)

    — ich werde auch das nachweisen! — den Arztbesuch zu verhindern. Wenn man das will, ist es notwendig, gesundheitspolitische Maßnahmen zu ergreifen und möglichst die Krankheiten zu verhindern. Es gibt eine ganze Fülle von Maßnahmen für diesen Zweck.

    (Abg. Stingl: Das wird der beste Sozialplan nicht schaffen, die Krankheiten abzuschaffen!)

    — Wenn es so einfach wäre, hätten Sie es schon längst erfunden!

    (Abg. Stingl: Da sind wir viel zu sicher, daß die Welt die Welt ist. Bei Ihnen ist das Paradies auf Erden in Aussicht!)

    — Schön wäre es. Sie verkünden es; wir haben es noch nie verkündet. — Meine Damen und Herren, solche gesundheitspolitischen Maßnahmen, die eingeleitet werden könnten, um die Notwendigkeit des Arztbesuches geringer zu machen, gibt es eine ganze Fülle. Sie wollen dieses Ziel dadurch erreichen, daß Sie einfach dem kranken Menschen, dem Versicherten eine finanzielle Last auferlegen, die ihn daran hindert, den Arzt aufzusuchen — das ist doch eine Tatsache —, und haben für diesen Zweck die Selbstbeteiligung an den Kosten der ärztlichen Behandlung erfunden, in der Klausur erfunden, darf ich noch dazu sagen; denn so etwas kann nur weltfremd und von der Wirklichkeit entfernt ausgebrütet werden.

    (Zuruf des Abg. Stingl.)

    Ihre Begründung, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum eine solche Selbstbeteiligung des Versicherten notwendig ist, ist je nach dem Zuhörerkreis und je nach dem Vortragenden immer eine andere. Ich will wegen der vorgeschrittenen Zeit darauf verzichten, Ihre Ausführungen, Herr Kollege Stingl, mit denen des Herrn Ministers oder gar mit denen des Herrn Staatssekretärs zu konfrontieren. Aber jeder hat gemäß seinem Standpunkt eine andere Begründung für die Notwendigkeit der Selbstbeteiligung.
    Auf keinen Fall wollen Sie nach Ihren Erklärungen die Versicherten noch stärker belasten und die Krankenkassen entlasten, sondern Sie wollen sie erziehen in der Vollmündigkeit. Weil Sie vollmündig sind und weil Sie Sozialpolitik für vollmündige Menschen machen, stellen Sie sich vor, 25 Millionen Versicherte erziehen zu müssen.
    Aber nicht nur das. Sie wollen mit der Kostenbeteiligung, mit den finanziellen Aufwendungen des Versicherten das Vertrauen zwischen Arzt und Patient stärken. Das ist auch ein erklärtes Ziel in der Begründung des Regierungsentwurfs. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie Sie das tun wollen mit der Gesetzesvorschrift, daß zur Stärkung des Vertrauens zwischen Arzt und Patient etwa die Kassenärztliche Vereinigung das Recht erhalten soll, die Zuzahlungsbeträge zu pfänden und von dem Krankenversicherten einzuziehen.

    (Abg. Stingl: Sie unterstellen aber, daß keiner bezahlt!)

    — Nicht alle! Viele werden es leider nicht können, also nicht etwa: nicht wollen, nein, nicht können!

    (Abg. Stingl: Wenn Sie in dieser ganzen Zeit die Politik geführt hätten, dann hätten wir solche Verhältnisse!)

    — Herr Kollege Stingl, was glauben Sie, wie das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt und dem Patienten gestärkt wird, wenn er das nächste Mal mit der Lohnpfändungsverfügung bei seinem Arzt anrückt! Das wird doch wirklich eine gute Sache!

    (Abg. Sting: So wenig vertrauen Sie den Arbeitnehmern?)

    — Nein, ihrer Leistungsfähigkeit, nicht ihrem Willen, Herr Stingl!

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie haben ja auch im Regierungsentwurf immer wieder — —

    (Abg. Stingl: Ich empfehle Ihnen, dazu meine Ausführungen nachzulesen!)

    Sie prüfen nur; ich hoffe, daß die Prüfung ein gutes Ergebnis hat.

    (Abg. Stingl: Ich habe sehr klar etwas dazu gesagt; Sie haben nur nicht zugehört! Lesen Sie es nach!)

    - Entschuldigung, es ist im Laufe dieses Tages soviel anders begründet worden, als es früher von Ihnen begründet wurde, und da ist es sehr schwer, diese Argumente alle so zu behalten.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)


    Geiger (Aalen)

    In der Begründung des Regierungsentwurfs wird von einer zumutbaren Kostenbeteiligung gesprochen. Was dabei zumutbar ist, ergeben die Beispiele aus der Praxis. Meine Kollegin Dr. Hubert hat bereits einige solche Beispiele genannt, und ich habe eine Fülle parat, die ich Ihnen auch nennen kann. Ich weiß, was Sie darauf sagen: „Bis jetzt können Sie das ja noch gar nicht sagen; es gibt noch keine Gebührenordnung!"

    (Abg. Ruf: Na also!)

    - Aber diese Dinge werden sich auch klären, Herr Kollege Ruf, wenn die neue „Blango" da ist. Der Herr Kollege Stammberger sagte: „Blago"; aber „Blango" ist wahrscheinlich etwas richtiger, nur nicht mehr ganz original. Leider haben wir die neue „Blango" doch gar nicht, und es ist allein schon ein Unding, über ein solches Gesetz zu beraten, dessen Eckpfeiler geradezu die Gebührenordnung ist, ohne daß sie vorliegt und ohne daß jemand weiß, was daraus entsteht. Aber ich habe die Dinge nach der alten Gebührenordnung untersucht, und es sind enorme Beträge, die dabei herauskommen,

    (Zurufe von der Mitte)

    so große Beträge, daß sie zusammen mit dem Verlust durch die Karenztage und mit den Ausgaben für die Arzneien für den größten Teil der Familien und den größten Teil der krankenversicherten Menschen untragbar sind.

    (Abg. Ruf: Nach der alten Gebührenordnung?! - Weitere Zurufe von der Mitte.)

    — Selbst dann, wenn Sie in Ihrer neuen Gebührenordnung — —

    (Zuruf des Abg. Winkelheide.)

    - Ich kann ja nicht darüber diskutieren, Herr Kollege Winkelheide. Ihre Aufregung mir gegenüber ist fehl am Platz. Sie hätten sich dort stärker machen müssen, wo die Gebührenordnung ausgearbeitet wird. Dann hätten wir heute diskutieren können, dann wäre es möglich gewesen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Aber so bleibt doch nichts anderes übrig, als mit den gegebenen Fakten zu rechnen und mit den spärlichen Mitteilungen des Bundesministers für Arbeit bei der Pressekonferenz — aber wirklich spärlichen Mitteilungen. Ich will von der einzelnen Ekzembehandlung gar nicht sprechen, die so außerhalb des Rahmens liegt, daß das gar nicht sein kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber es entstehen immerhin nach der alten Gebührenordnung Ausgaben von bis zu 46 % der Kosten für die ärztliche Behandlung. Selbst dann, wenn Sie sich stark genug machen und durchsetzen können, daß diese Gebührenordnung verändert wird, werden 30 % der Kosten für die Behandlung des Arztes noch ein Betrag sein, der mehr als spürbar und für viele unerschwinglich ist. Ich will also nicht näher auf diese Dinge eingehen, sonst hätte ich Ihnen diese Beispiele verlesen. Ich hoffe, daß Sie in der Vergangenheit selbst Kenntnis davon genommen haben.

    (Unruhe und Zurufe von der Mitte.)

    Die neue Gebührenordnung, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann schon deshalb nicht viel anders als die alte aussehen, weil immerhin auch das Arbeitsministerium damit rechnet, daß ein Betrag von 225 his zu 310 Millionen DM an Kosten für die Arztbehandlung von den Versicherten zusätzlich zu ihren 8,5 % Beitrag aufgebracht werden sollen. Für den Zahnersatz sind es darüber hinaus nach den vorsichtigen Schätzungen der Bundesregierung 59 bis 81 Millionen DM. Sind Sie mir dabei böse, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich von den „untragbaren Belastungen" spreche? Es ist doch eine Tatsache, die verzeichnet werden muß und die auch in der Kritik bisher überall zum Ausdruck gekommen ist. Wollen Sie denn damit festlegen, daß nicht der körperliche Zustand des Versicherten und des Kranken ausschlaggebend für das Aufsuchen des Arztes sein soll, sondern der Geldbeutel oder der Inhalt der Lohntüte am Monatsletzten? Ich muß das mit dieser Deutlichket sagen, weil auch Sie mit dieser Deutlichkeit die Versicherten überall verdächtigt haben, daß sie mit diesen Leistungen Mißbrauch betreiben.

    (Lebhafter Widerspruch in der Mitte.)

    Aber in diesem Gesetzentwurf wird darüber hinaus noch der Selbstverwaltung gnädigst ein Recht belassen. Damit die Belastung nicht allzu untragbar wird, soll die Selbstverwaltung künftig das Recht erhalten, zu beschließen, daß solche Versicherte und Kranke von der Beteiligung an den ärztlichen Kosten ausgenommen werden können, deren Einkommen unter 200 DM im Monat liegt. Die Selbstverwaltung kann dann etwa für die Mitglieder der Ortskrankenkassen einen solchen Beschluß nicht fassen, kann aber bei solchen Krankenkassen — und sie wünschen eine solche differenzierte Leistung —, die nicht durch Lohnfortzahlung belastet sind, unter Umständen einen solchen Beschluß fassen und wiederum zweierlei Patienten schaffen. 200 DM ist ein Satz, der fast geringer als der Fürsorgerichtsatz ist. Schon die Höhe des Anteils derjenigen Versicherten, die um 200 DM herum oder weniger verdienen, sollte Ihnen Anlaß geben, über diese Dinge nachzudenken.

    (Abg. Stingl: An der Stelle haben Sie wieder nicht zugehört!)

    - Ja, Sie prüfen, Sie machen gewisse Vorschläge, aber ich werde sehen, wie Sie abstimmen, Herr Kollege Stingl.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich bin gern bereit, Ihnen nach Verabschiedung dieses Gesetzes zu bestätigen, daß Sie entsprechend Ihrer Vorstellung auch Erfolg gehabt haben, so vorsichtig will ich es sagen.

    (Abg. Stingl: Sie werden trotzdem weiter schimpfen! Das sage ich Ihnen jetzt schon voraus!)

    — Aber lieber Herr Kollege Stingl, ich bin im Gegensatz zu den beiden Vorrednern kein Wilder.

    (Abg. Sting!: Darum wundert es mich heute!)




    Geiger (Aalen)

    Aber ich bin erregt über diese Zumutung und diese Belastungen, und auf mich hat sich die Erregung von Hunderttausenden von Menschen übertragen, für die ich in diesem Zusammenhang spreche

    (lebhafter Beifall bei der SPD)

    — das darf ich Ihnen sagen —, um dieses Mißtrauen und den Mißbrauch zu verhindern.

    (Abg. Stingl: Also ein echter Circulus vitiosus!)

    Wenn Sie so wollen, nenne ich Ihnen das Beispiel der Kriegsbeschädigten, die durch solche Demonstrationen immerhin zu einem Teilerfolg gekommen sind. Auch das sollten Sie sich bei der Festlegung Ihrer Gesetzentwürfe merken und sollten auch einmal mit Ihrem Ministerium darüber sprechen, damit von vornherein auskalkuliert wird, was möglich ist, und nicht darauf gewartet werden muß, daß der Bundeskanzler sagt: Jetzt ist es politisch aber höchste Zeit, daß wir die Dinge anders machen!

    (Lebhafter Beifall und Heiterkeit bei der SPD.)

    Um dieses Mißtrauen voll zu machen, sollen die Versicherten noch stärker als bisher an den Kosten für die Arzneimittel beteiligt werden. Anstatt daß man bei einer echten Reform die Brüningsche Notverordnung beseitigt hätte, die die heute zuzahlenden 50 Pf festgelegt hat, belastet man die Versicherten und auch hier wieder die Familien in einem Maß, das einfach nicht tragbar ist.
    235 Millionen DM sollen die Versicherten zu den Kosten für die Arzneimittel zusätzlich aufbringen. Das sind 145 Millionen DM mehr als bisher. Wenn das, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Familien und insbesondere für alte Menschen, die auf die Arzneien besonders stark angewiesen sind — mehr als der junge Mensch, der seine volle Arbeitskraft hat —, keine Belastung ist, dann habe ich unrecht.
    Eine solche Belastung ist nicht gerechtfertigt, schon im Interesse der alten Menschen nicht, die ein Leben lang gearbeitet und dadurch in ihren gesunden Tagen die Grundlage und die Voraussetzungen für den Weiterbestand unserer gesamten Volkswirtschaft und die Grundlage für unser heutiges Wirtschaftsergebnis geschaffen haben. Daß man sie dafür noch mit einer stärkeren Beteiligung an den Kosten für Arzneimittel und insbesondere für den Krankenhausaufenthalt bestraft, ist in keiner Weise gerechtfertigt; denn auch das tun Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren. Um der mißbräuchlichen Inanspruchnahme der Krankenversicherung zu steuern, soll der Versicherte beim Krankenhausaufenthalt bis zu 3,30 DM täglich zahlen.

    (Abg. Stingl: Wer von uns hat gesagt, daß jemand mißbräuchlich ins Krankenhaus geht?! Haben Sie das irgendwo gehört?)

    — O ja, sehr oft sogar! 0,5 % des Einkommens — bis zu 3,30 DM — sollen gezahlt werden. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Krankenhaus beträgt gegenwärtig etwa 23 Tage. Das bringt eine Mehrbelastung von 83 Millionen DM mit sich, die die Versicherten erbringen müssen.