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ID0310216200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmann und Dr. Böhm . . . . 5485 A Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Filme antideutscher Tendenz im amerikanischen und kanadischen Fernsehen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen): Verhalten des Konsuls Karl Julius Hoffmann in New York Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 D, 5486 A Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5486 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Vorlage des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten an den Bundestag Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5486 B Frau Dr. Hubert (SPD) 5486 D. Frage des Abg. Dr. Bucher: Besetzung der deutschen Botschaft in Paris Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Frage des Abg. Lohmar: Äußerung des Abg. Gradl in der außenpolitischen Debatte des Bundestages am 10. Februar Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 5487 B Frage des Abg. Dr. Werber: Nichtseßhaftenfürsorge Dr. Schröder, Bundesminister 5487 C, 5488 A Dr. Werber (CDU/CSU) . . . . . 5487 D Frage des Abg. Lohmar: Verhalten des Publizisten Schlamm Dr. Schröder, Bundesminister . . 5488 A, B Lohmar (SPD) . . . . . . . . 5488 A, B Frage des Abg. Dr. Arndt: Förderung Münchens als bayerische Landeshauptstadt durch dein Bund Lücke, Bundesminister 5488 C Frage des Abg. Baier (Mosbach): Erstellung von Kinderspielplätzen Lücke, Bundesminister . . 5488 D, 5489 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5489 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Steuerfreiheit bei Abwicklung von Geschäften über Gesellschaften mit dem Sitz in Vaduz Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5489 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5489 C Frage des Abg. Dr. Ratzel: Förderung des Ausbaus eines Ferngasnetzes durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 5489 D Frage des Abg. Ludwig: Kündigung von 350 deutschen Arbeitern des französischen Militärbetriebs BRM zum Jahresende 1959 Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5490 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Vorlage des Bundeswaffengesetzes für den zivilen Bereich durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretät 5490 D, 5491 A Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 5491 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Aufklärung der Käufer von Freibankfleisch Schwarz, Bundesminister . 5491 B, 5492 A Dr. Bechert (SPD) . . . 5491 C, 5492 A Frage des Abg. Seidel (Fürth): Weiterführung von Karteikarten aus der Zeit vor 1945 bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Blank, Bundesminister . . . . . 5492 B Seidel (Fürth) (SPD) 5492 C Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Veröffentlichung von Urteilen im Bundesversorgungsblatt Blank, Bundesminister . 5492 D, 5493 A Jahn (Marburg) (SPD) 5493 A Frage des Abg. Brück: Beeinträchtigung des Königsforstes durch die geplante Bundesstraße 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 B Frage des Abg. Brück: Linienführung der Umgehungsstraße von Bensberg zur B 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 C Frage des Abg. Schmitt (VOckenhausen): Einführung von Parkscheiben Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 D Frage des Abg. Baier (Mosbach) : Unfälle auf der Autobahn Frankfurt— Mannheim und Mannheim—Heidelberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5494 B Frage des Abg. Hübner: Einrichtung einer 1. Klasse im Flugverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 C Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Besetzung der Radargeräte im Bereich der Bundesanstalt für Flugsicherung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 D, 5496 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 5496 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der sozialen Krankenversicherung (Drucksache 1298); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz — KVNG) (Drucksache 1540) — Erste Beratung — Rohde (SPD) 5497 A Blank, Bundesminister . 5498 D, 5527 A Stingl (CDU/CSU) 5508 B Dr. Schellenberg (SPD) 5517 B Dr. Stammberger (FDP) 5527 D Frau Kalinke (DP) 5532 C Dr. Franz (CDU/CSU) 5545 A Frau Dr. Hubert (SPD) 5547 C Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) 5550 B Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 5554 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 5558 D Geiger (Aalen) (SPD) 5560 C Frau Korspeter (SPD) 5566 B Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . 5568 A Ruf (CDU/CSU) . . . . . . . 5569 B Börner (SPD) 5571 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5572 D Anlage 5573 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 5485 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Bauereisen 19. 2. Behrisch 18. 2. Benda 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Deringer 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Geiger (München) 19. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Greve 17. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Illerhaus 17. 2. Jacobs 7. 3. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Koch 19. 2. Leukert 19. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Metzger 18. 2. Mühlenberg 19. 2. Müser 20. 2. Probst (Freiburg) 17. 2. Ramms 19. 2. Scheel 17. 2. Schlick 20. 2. Schultz 17. 2. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Wehr 23. 4. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Frau Berger-Heise 27. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Spitzmüller 8. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Siegfried Bärsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Hier werden Lebensbereiche an den Staat herangezogen, die bisher in eigener gewachsener und bewährter Selbstverwaltung von den betroffenen Bürgern und ihren Zusammenschlüssen geordnet worden sind.
    Meine Damen und Herren, diese meine Ausführungen basieren, wenn ich so sagen darf, auf einer eingehenden allgemein-ärztlichen Untersuchung des Gesetzentwurfs.

    (Abg. Ruf: Das war eine rechtliche Untersuchung, keine ärztliche!)

    Die fachärztliche Untersuchung im Ausschuß wird sicherlich noch viele andere Probleme aufwerfen, die ich hier bewußt nicht berührt habe, weil ich meine, es hat keinen Zweck, daß wir immer wieder dasselbe von einer anderen Seite her wiederholen. Allerdings achte ich diese andere Seite deshalb nicht für geringer und unbedeutender.
    Ich darf von diesen Problemen lediglich kursorisch und als Beispiel anführen die heute so viel erörterte Inanspruchnahmegebühr oder das Problem der Kostenbeteiligung überhaupt, die Zulassungsordnung, über die man auch noch einiges zu sagen haben wird, die Gebührenordnung, die noch nicht vorliegt und zu der wir infolgedessen auch noch nicht Stellung nehmen können, die Schweigepflicht — hier soll nach dem Entwurf keine Änderung eintreten; man hat also den bisherigen Zustand einer mehr oder weniger durchlöcherten Schweigepflicht in den Entwurf übernommen —, die Frage des Verwaltungsaufwandes, die Frage der zusätzlichen Verwaltungsarbeit beim Arzt.
    Es bleibt eine sehr wesentliche Frage, über die ich noch einige Sätze verlieren möchte; ich meine den sogenannten Beratungsärztlichen Dienst. Sicherlich ist eine Verbesserung des bestehenden vertrauensärztlichen Dienstes möglich. Man sollte sich dabei allerdings vor Augen halten, daß das bestehende vertrauensärztliche System im großen und ganzen seine Aufgabe erfüllt. Wenn man also ,auf diesem Gebiet eine Verbesserung schaffen will, kann sie nur in der Schaffung eines unabhängigen Status der Vertrauensärzte gesehen werden, unabhängig gegenüber dem Versicherten, unabhängig gegenüber den Kassen, unabhängig auch gegenüber den behandelnden Ärzten

    (Abg. Ruf: Genau das will die Regierung!)

    — die Frage für uns wird sein, ob das mit dem Entwurf erreichbar ist —, und in einer zuverlässigen Sicherung des Versicherten gegen da und dort vorkommende Taktlosigkeiten, die in der Unzulänglichkeit der menschlichen Natur oder auch in einer mangelhaften ärztlichen Haltung begründet sein können.



    Dr. Bärsch
    Der Entwurf ändert trotz der Schaffung öffentlich-rechtlicher Anstalten des Beratungsärztlichen Dienstes nichts am Status der Vertrauens- bzw. Beratungsärzte. Die wesentlichen Elemente dieser Paragraphen bestehen in einer Verschärfung und in der Ausweitung der vertrauensärztlichen Kontrolle auf jeden Fall von Arbeitsunfähigkeit. Zu diesem Punkt darf ich aus der Praxis eine kurze Bemerkung machen, die Ihnen vor Augen führen wird, daß diese Vorschrift nicht richtig durchdacht ist.
    In der Begründung zu dem Entwurf steht, der Versicherte habe innerhalb von 48 Stunden nach Krankschreibung dem Vertrauensärztlichen Dienst die Krankmeldung anzuzeigen, der Vertrauensarzt habe der Versicherung schleunigst ein Gutachten abzugeben, ob wirklich Arbeitsunfähigkeit vorliege. Weiter steht in der Begründung, es sei in das Ermessen des Vertrauensarztes gestellt, ob er den Patienten vorladen wolle — soweit er kommen kann — oder besuchen wolle — wenn er nicht kommen kann —,

    (Abg. Ruf: Das ist aber gut!)

    oder ob er sich einfach auf die Aussage des behandelnden Arztes verlassen wolle. Nun, ich finde, entweder genügt die Aussage eines behandelnden Arztes; dann sollte man nicht von dem jetzt bewährten System der Stichkontrollen abgehen.

    (Abg. Ruf: Die Stichkontrollen sind viel zu schematisch!)

    — Aber wenn die Stichkontrolle nicht genügt, ist es
    ein Nonsens, dem Vertrauensarzt das Ermessen einzuräumen, den Patienten zu bestellen oder zu besuchen oder einfach das nachzuschreiben, was der behandelnde Arzt vorgeschrieben hat.

    (Abg. Ruf: Individuelle Kontrolle statt schematischer Kontrolle!)

    Ich finde sogar, man kann es dem Vertrauensarzt billigerweise nicht zumuten, mit seiner vollen Verantwortung etwas zu unterschreiben, wovon er sich nicht durch Augenschein überzeugt hat.

    (Abg. Ruf: Dem Vertrauensarzt wohl, nicht der Kasse!)

    Bei dem vertrauensärztlichen Dienst scheint mir der beachtenswerteste und zugleich der schlimmste Punkt zu sein, daß hier die gesetzliche Grundlage für eine Ausweitung der vertrauensärztlichen Kontrolle über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit hinaus auf andere Gebiete geschaffen wird, die zum Teil zu keiner Beanstandung Anlaß geben, wie z. B. die Begutachtung von Kuranträgen — kein Mensch wird etwas daran finden —, die aber zum Teil auch sehr gefährliche Tendenzen in sich bergen.
    Man muß in diesem Zusammenhang die bisherige gesetzliche Regelung des vertrauensärztlichen Dienstes in der RVO, in der die Aufgabe des Vertrauensarztes ausschließlich auf die rechtzeitige Nachprüfung der Arbeitsunfähigkeit beschränkt ist, mit der Regelung des § 399 des Entwurfs vergleichen, der wörtlich heißt:
    Der beratungsärztliche Dienst berät die Kassen
    bei der Durchführung von Maßnahmen der allgemeinen Krankheitsverhütung und unterstützt sie bei der Ermittlung und Feststellung der Voraussetzungen für die Leistungspflicht und den Leistungsumfang und bei der Leistungsgewährung.
    Ein solcher Aufgabenbereich ist keineswegs mehr an die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gebunden. Hier wird vielmehr generell von Leistungspflicht, von Leistungsgewährung gesprochen. Es steht also sehr viel mehr darin. Im Hinblick auf die geplante erhebliche Ausweitung des vertrauensärztlichen Dienstes werden hier Zeichen sichtbar, die uns schrecken, die uns Ärzte schrecken und die auch die Versicherten schrecken werden, wenn sie sich über den Umfang und die Bedeutung dessen, was hier steht, klargeworden sind.
    Wenn Sie mich nun am Ende fragen, ob denn das alles wirklich so ist, was ich Ihnen jetzt erzählt habe — es mag Ihnen vielleicht zu phantastisch erscheinen; ich will es hoffen —, so muß ich nach bestem Wissen und Gewissen mit Ja antworten. Ich erkläre mich bereit, das, was ich hier gesagt habe — es wird ja im Protokoll stehen —, schwarz auf weiß im Ausschuß an Hand der Vorlage nachzuweisen. Ich hoffe, daß wir auf diese Weise zu einem fruchtbaren Gespräch kommen werden.
    Die einzige Erklärung, die ich für diese verunglückte Vorlage finden kann, wenn man überhaupt eine Erklärung suchen will, dürfte meines Erachtens darin liegen, daß die Schöpfer dieses Entwurfs bei ihrer Schöpfung, wie das Kaninchen auf die Schlange, auf die Inanspruchnahmegebühr gestarrt und die ganze Vorlage in dieses Prokrustes-Bett hineingezwängt haben.
    Meine Damen und Herren, ich wünsche uns allen einen freien und vorurteilslosen Blick bei der Beratung dieser Vorlage.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, die Zahl der Redner ist noch groß. Im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit und auch auf die Tatsache, daß wir eine erste Beratung haben, die sich nur mit den Grundsätzen befassen soll, darf ich die Redner bitten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Einzelfragen dem Ausschuß oder der zweiten Lesung zu überlassen.

(Zustimmung.)

Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns entschlossen, zu diesem Thema mit zwei Rednern zu sprechen, weil wir meinen, zwei Redner mit insgesamt 40 Minuten Redezeit seien besser als einer allein mit 80 Minuten.

    (Heiterkeit.)

    Sie brauchen keine Sorgen zu haben.

    (Zuruf.)

    — Das ist nicht dasselbe: zwei Redner mit 40 Minuten sind weniger als einer mit 80 Minuten Redezeit,

    Mischnick
    wenn die zwei zusammen 40 Minuten reden, wie wir das tun.
    Herr Kollege Stammberger hat zu den wesentlichen Fragen der Selbstbeteiligung eingehend Stellung genommen. Ich darf ergänzend zu einigen Gebieten sprechen, die er bewußt ausgelassen hat.
    Zunächst kann ich den Kollegen Dr. Bärsch beruhigen: es ist nur auf einen Druckfehler zurückzuführen, daß es heißt „Universitäts- und Polikliniken", wie Herr Staatssekretär Claussen auf eine Rückfrage bestätigt hat und wie der Herr Minister, wenn ich richtig informiert bin, bereits auf einer Pressekonferenz gesagt hat.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wo ist eigentlich der Herr Minister?)

    — Die Frage müssen Sie an die Regierung richten, nicht an mich.
    Wir sollten bei der Beratung im Ausschuß all die Fragen der Selbstverwaltung, die hier, sei es durch den Kollegen Dr. Bärsch, sei es durch den Kollegen Schneider, erörtert worden sind, sehr eingehend behandeln. Auch wir haben die Sorge, daß das Prinzip der Selbstverwaltung durch den Gesetzentwurf an manchen Stellen ungebührlich eingeschränkt wird. Wir möchten nicht, daß die Selbstverwaltung zu einer Farce wird.
    Insbesondere sollte die Bestimmung, die vorsieht, daß keinerlei Ersatzkassen mehr gegründet werden dürfen, geändert werden — ich hoffe, daß dies die gemeinsame Auffassung ist —, um die Möglichkeit der Ersatzkassengründung auch für die Zukunft bestehen zu lassen.
    Darüber hinaus wünschen wir, daß bei der Beratung eine Bestimmung eingebaut wird, die den Betriebskrankenkassen die Möglichkeit läßt, ihren eigenen Intentionen gemäß Regelungen zu entwikkeln — natürlich im Gesamtrahmen des Gesetzes —, wie sie sie für richtig halten. Kollege Stingl hat mit Recht auf das Beispiel der Zeiss'schen Vorschläge hingewiesen. Ich glaube nicht, daß man diese Vorschläge als allgemeine Grundlage nehmen kann; aber man sollte überlegen, wieweit man Bestimmungen einbauen sollte, durch die die Möglichkeit solcher Einzelregelungen offengelassen wird.
    Noch ein Wort zur Organisationsfrage insgesamt! Wir meinen, daß das Satzungsrecht der Kassen nicht eingeschränkt werden sollte. Wir sollten im Gegenteil versuchen, den Kassen noch mehr Möglichkeiten zur Eigengestaltung der Satzung zu geben als bisher. Wir halten z. B. die Bestimmung über die Einschränkung des Sterbegeldes nicht für richtig.
    Wir lehnen die Selbstbeteiligung bei der Krankenhausbehandlung ab, da sie eine Schlechterstellung für die Angestellten bedeutet. Wir glauben, daß die Begründung zu § 194 nicht ganz richtig ist. Man hat bei den verschiedenen Überlegungen, die hierzu heute angestellt worden sind, nicht berücksichtigt, daß der Angestellte, dem weiter Gehalt gezahlt wird, und auch der Arbeiter gleichzeitig weiterhin die Beiträge abgezogen bekommen und daß auch die Zuzahlung des Arbeitgebers erfolgt.
    Es ist also während der Krankenhausbehandlung zumindest für die ersten sechs Wochen von der Beitragsseite her ein Aufkommen vorhanden. Denn wenn das Gehalt weiterläuft, wird auch der Beitrag an die Krankenversicherung weitergezahlt, wahrend das im anderen Falle nicht geschieht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nur kriegt er kein ganzes Krankengeld!)

    Deshalb meinen wir, daß eine unterschiedliche Behandlung durchaus berechtigt ist und daß mit dieser Bestimmung im Gesetzentwurf die Angestellten einseitig getroffen würden.
    Wir begrüßen es, daß die Frist bis zur Aussteuerung auf 78 Wochen ausgedehnt wird. Wir meinen sogar, man kann die 78-Wochen-Grenze fallenlassen. Denn es handelt sich in jenen Fällen praktisch um den Übergang in die Pflegebehandlung. Wir sollten darüber noch sprechen.
    Zur Frage des Krankengeldes und der Lohnfortzahlung! Wir begrüßen es, daß fast auf den Tag genau zwei Jahre, nämlich zwei Jahre fünf Tage, nachdem unser Gesetzentwurf zur Änderung des Lohnfortzahlungsgesetzes eingebracht worden ist, nunmehr im Regierungsentwurf eine Änderung ders jetzigen gesetzlichen Zustandes vorgesehen ist und damit zugegeben wird, daß sich die jetzige Lösung nicht bewährt hat. Ganz gleich, zu welchem endgültigen Ergebnis man kommt, ob man nun für die zwei Tage nicht zahlt oder ob man unserem Vorschlag folgt, eines wird heute zugegeben — was wir bereits vor zwei Jahren gesagt haben —: daß die bestehende gesetzliche Lösung auf jeden Fall nicht gut ist und leider zu manchen Anständen Anlaß gegeben hat.
    In diesem Zusammenhang ein Wort zu dem Vorschlag, das Krankengeld in Zukunft durch den Arbeitgeber zahlen zu lassen, wie es in verschiedenen Diskussionsbeiträgen zum Ausdruck gebracht wurde, und dafür praktisch den Arbeitgeranteil an den Krankenversicherungsbeiträgen wegfallen zu lassen. Wir sollten, wenn wir diese Frage behandeln, einmal grundsätzlich an das Problem herangehen, ob und inwieweit man bereit ist, die Sozialversicherungsbeiträge insgesamt als echten Lohn- und Gehaltsbestandteil zu betrachten, sie zum Lohn und Gehalt zuzuschlagen und damit praktisch den Arbeitnehmern die Beiträge nach dem entsprechend erhöhten Gehalt oder Lohn allein zahlen zu lassen.
    Dann würde auch das Problem entfallen, das Herr Kollege Schneider angeschnitten hat, nämlich bei den freiwillig Weiterversicherten mit einem höheren Einkommen als 660 DM, sei es durch freiwillige Vereinbarung, sei es durch Gesetz, einen Zuschuß zu zahlen. Wir kämen zu einer klareren Scheidung, als es bisher der Fall ist. Wir werden im Ausschuß auch diese Frage noch im einzelnen behandeln.
    Zur Mutterschaftshilfe ist schon von den verschiedensten Seiten gesagt worden, daß die Aufwendungen, zumindest die Baraufwendungen, in Zukunft aus Haushaltsmitteln gezahlt werden sollen. Wir schließen uns dieser Überlegung an, wie wir überhaupt meinen, daß wir bei der Gesamtfinanzierung



    Mischnick
    der Krankenversicherung überprüfen müßten. was alles eigentlich Auftragsleistungen sind und inwieweit dafür Ersatz erfolgen muß. Das gilt allerdings nicht nur für die Krankenversicherung, sondern auch für die Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung, die knappschaftliche Versicherung, die Unfallversicherung usw. Wir halten die Reform der Krankenversicherung für einen guten Zeitpunkt, im Zusammenhang mit der Reform der Unfallversicherung eine klare Trennung herbeizuführen.
    Wir sollten auch daran denken, einmal die Ortskrankenkassen usw. über ihren heutigen Verwaltungsaufwand zu befragen, wenn wir von dem erhöhten Verwaltungsaufwand sprechen, den der Regierungsentwurf in der jetzigen Fassung nach übereinstimmender Meinung der Fachleute verursacht. Ich sage das deshalb, weil sich z. B. im Lande Hessen vor einigen Jahren, als ich im Landtag eine entsprechende Anfrage einbrachte, herausgestellt hat, daß im Lande Hessen pro Versicherten 3,60 DM mehr als im Bundesdurchschnitt für Verwaltungskosten ausgegeben wurden. Das ist bei einer Ausgabe von 15, 14 DM pro Versicherten für Verwaltungskosten immerhin ein so erheblicher Betrag, daß es sich durchaus lohnt, auch über die Verwaltungskosten des jetzigen Systems eingehend zu sprechen und zu überlegen, wo wir noch Einsparungsmöglichkeiten haben, und daran zu denken, daß Mehrleistungen nicht allein aus der Selbstbeteiligung, sondern vielleicht auch aus Einsparungen bei dem jetzt bestehenden Verwaltungszustand aufgebracht werden.
    Ein Wort noch zu den Fragen, die im Zusammenhang mit den Ausführungen meines Freundes Stammberger aufgetaucht sind. Frau Kollegin Kalinke hat gesagt, es sei nicht deutlich genug zum Ausdruck gekommen, ob nach unserem Vorschlag für Pflicht- und freiwillig Versicherte eine unterschiedliche Gebührenordnung zugrunde gelegt werden solle. Selbstverständlich gehen wir von dem Gedanken aus, daß die Gebührenordnung sowohl für Pflichtversicherte wie für freiwillig Versicherte die gleiche sein muß und daß hier keine Unterscheidung getroffen werden darf. Die Bedenken, die gegen unseren Vorschlag vorgebracht worden sind, werden wir im Ausschuß im einzelnen behandeln. Die Tatsache, daß die Kollegen von der CSU heute schon in manchen Punkten deutlich werden ließen, daß sie unseren Vorschlägen nähertreten, zeigt doch, daß die von den freien Demokraten ausgearbeiteten Vorschläge nicht ganz so falsch sein können. Hier bietet sich vielleicht eine Basis, sich auf eine vernünftige Selbstbeteiligung zu einigen.
    Eines lassen Sie mich zum Abschluß mit aller Deutlichkeit feststellen: wir Freien Demokraten werden auf keinen Fall einer Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze über 660 DM hinaus zustimmen. Wir sind der Meinung, daß heute bereits mit 80 bis 85 % der Bevölkerung ein zu hoher Prozentsatz in der Krankenversicherung pflichtversichert ist. Diesen Personen wird durch Gesetz praktisch die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden, wie sie sich gegen den Krankheitsfall schützen wollen. Wir werden deshalb allen Versuchen widersprechen,
    eine Erhöhung oder gar eine Bindung an die entsprechenden Beträge der Rentenversicherung vorzunehmen.
    Wir bitten unsere Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, einmal das, was sie im Godesberger Grundsatzprogramm mit den Worten„ Das System sozialer Sicherung muß der Würde selbstverantwortlicher Menschen entsprechen" niedergelegt haben, bei der Frage der Selbstbeteiligung Wirklichkeit werden zu lassen. Jede Zwangsversicherung ist ein Eingriff in die Selbstverantwortlichkeit, in die Würde des Menschen. Dieser Eingriff sollte im Interesse der Freiheit des einzelnen so wenig wie möglich erfolgen und nur dort, wo es zum sozialen Schutz des Bedürftigen notwendig ist, aber er darf niemals dazu führen, daß unser Volk ein Volk von Zwangsversicherten wird.

    (Beifall bei der FDP. — Zuruf von der Mitte: Es gibt auch Zwangsbesteuerte!)