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ID0310210800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmann und Dr. Böhm . . . . 5485 A Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Filme antideutscher Tendenz im amerikanischen und kanadischen Fernsehen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen): Verhalten des Konsuls Karl Julius Hoffmann in New York Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 D, 5486 A Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5486 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Vorlage des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten an den Bundestag Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5486 B Frau Dr. Hubert (SPD) 5486 D. Frage des Abg. Dr. Bucher: Besetzung der deutschen Botschaft in Paris Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Frage des Abg. Lohmar: Äußerung des Abg. Gradl in der außenpolitischen Debatte des Bundestages am 10. Februar Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 5487 B Frage des Abg. Dr. Werber: Nichtseßhaftenfürsorge Dr. Schröder, Bundesminister 5487 C, 5488 A Dr. Werber (CDU/CSU) . . . . . 5487 D Frage des Abg. Lohmar: Verhalten des Publizisten Schlamm Dr. Schröder, Bundesminister . . 5488 A, B Lohmar (SPD) . . . . . . . . 5488 A, B Frage des Abg. Dr. Arndt: Förderung Münchens als bayerische Landeshauptstadt durch dein Bund Lücke, Bundesminister 5488 C Frage des Abg. Baier (Mosbach): Erstellung von Kinderspielplätzen Lücke, Bundesminister . . 5488 D, 5489 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5489 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Steuerfreiheit bei Abwicklung von Geschäften über Gesellschaften mit dem Sitz in Vaduz Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5489 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5489 C Frage des Abg. Dr. Ratzel: Förderung des Ausbaus eines Ferngasnetzes durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 5489 D Frage des Abg. Ludwig: Kündigung von 350 deutschen Arbeitern des französischen Militärbetriebs BRM zum Jahresende 1959 Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5490 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Vorlage des Bundeswaffengesetzes für den zivilen Bereich durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretät 5490 D, 5491 A Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 5491 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Aufklärung der Käufer von Freibankfleisch Schwarz, Bundesminister . 5491 B, 5492 A Dr. Bechert (SPD) . . . 5491 C, 5492 A Frage des Abg. Seidel (Fürth): Weiterführung von Karteikarten aus der Zeit vor 1945 bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Blank, Bundesminister . . . . . 5492 B Seidel (Fürth) (SPD) 5492 C Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Veröffentlichung von Urteilen im Bundesversorgungsblatt Blank, Bundesminister . 5492 D, 5493 A Jahn (Marburg) (SPD) 5493 A Frage des Abg. Brück: Beeinträchtigung des Königsforstes durch die geplante Bundesstraße 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 B Frage des Abg. Brück: Linienführung der Umgehungsstraße von Bensberg zur B 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 C Frage des Abg. Schmitt (VOckenhausen): Einführung von Parkscheiben Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 D Frage des Abg. Baier (Mosbach) : Unfälle auf der Autobahn Frankfurt— Mannheim und Mannheim—Heidelberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5494 B Frage des Abg. Hübner: Einrichtung einer 1. Klasse im Flugverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 C Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Besetzung der Radargeräte im Bereich der Bundesanstalt für Flugsicherung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 D, 5496 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 5496 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der sozialen Krankenversicherung (Drucksache 1298); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz — KVNG) (Drucksache 1540) — Erste Beratung — Rohde (SPD) 5497 A Blank, Bundesminister . 5498 D, 5527 A Stingl (CDU/CSU) 5508 B Dr. Schellenberg (SPD) 5517 B Dr. Stammberger (FDP) 5527 D Frau Kalinke (DP) 5532 C Dr. Franz (CDU/CSU) 5545 A Frau Dr. Hubert (SPD) 5547 C Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) 5550 B Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 5554 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 5558 D Geiger (Aalen) (SPD) 5560 C Frau Korspeter (SPD) 5566 B Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . 5568 A Ruf (CDU/CSU) . . . . . . . 5569 B Börner (SPD) 5571 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5572 D Anlage 5573 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 5485 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Bauereisen 19. 2. Behrisch 18. 2. Benda 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Deringer 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Geiger (München) 19. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Greve 17. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Illerhaus 17. 2. Jacobs 7. 3. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Koch 19. 2. Leukert 19. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Metzger 18. 2. Mühlenberg 19. 2. Müser 20. 2. Probst (Freiburg) 17. 2. Ramms 19. 2. Scheel 17. 2. Schlick 20. 2. Schultz 17. 2. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Wehr 23. 4. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Frau Berger-Heise 27. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Spitzmüller 8. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Stingl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, der Arzt muß ja auch einem Privatpatienten eine Rechnung schreiben. Sollte der Versicherte nicht insoweit dem Privatpatienten gleichgestellt sein, daß er weiß, was die Behandlung kostet?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es geht uns hier nicht entscheidend um einen eventuellen Mißbrauch, eine Gefahr, die sicherlich nicht bestritten werden kann. Es geht uns gewiß auch um eine gewisse Kontrolle, aber entscheidend geht es uns einfach darum, daß der Versicherte aus der Anonymität, aus dem Verschwinden im großen Topf herausgeholt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zu der Frage, wie die Eigenhilfe gestärkt werden soll, sind uns eine Unzahl Vorschläge zugegangen, angefangen von der Entrichtung einer Krankenscheingebühr. Ich darf dazu etwas in Parenthese anmerken. Diejenigen, die uns sagen, man dürfe den Patienten nicht vom Gang zum Arzt abhalten, müssen sich darüber klar sein, daß die Krankenscheingebühr vor dem Arztbesuch entrichtet werden muß, während die in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Beteiligung nach der Behandlung entrichtet wird. Wenn also vom Gang
    zum Arzt abgehalten wird, dann eher durch eine Krankenscheingebühr als durch eine Beteiligung.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wir werden also auch prüfen, ob eine Krankenscheingebühr das Richtige ist. Wir werden prüfen, ob eine so starre Beteiligung, wie sie die Regierung vorschlägt — —

    (Abg. Dr. Schellenberg meldet sich zu einer Zwischenfrage und beginnt sie.)

    — Ich kann Sie gar nicht verstehen.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter Schellenberg, so geht es nicht. Das Wort hat der Abgeordnete Stingl. Ich bitte Sie, sich doch etwas zu beruhigen. Wir haben noch einen ganzen Tag Zeit, darüber zu diskutieren. Wir sind erst in der ersten Lesung, von der zweiten und dritten gar nicht zu reden.

(Abg. Killat [Unterbach] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Stingl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich gestatte im Augenblick keine Zwischenfrage, Herr Kollege Killat. Wir wollen unsere Kollegen nicht mehr dadurch strapazieren, daß wir uns zu Zwiegesprächen zusammenfinden.
    Meine Damen und Herren, wir werden überlegen müssen, ob der Vorschlag, eine Krankenscheingebühr einzuführen, vernünftig ist. Wir werden prüfen müssen, ob es ein vernünftiger Vorschlag ist, die freiwillig Weiterversicherten anders zu behandeln als die Pflichtversicherten. Wir werden prüfen müssen, ob Herr Köhrer einen vernünftigen Weg weist, wenn er vorschlägt, die erste Behandlung ohne Gebühren durchzuführen, bei den anderen aber Gebühren zu erheben. Wir haben an Material einen Zeiss-Plan vorliegen. Wir kennen das Kostendeckungsprinzip und eine prozentuale Beteiligung. Meine Damen und Herren, wer kann es uns verwehren, ja wer entbindet uns überhaupt von der Verpflichtung, alle diese Pläne gewissenhaft zu prüfen? Die Regierung hat sich für einen Vorschlag entschieden. Wir werden alle Vorschläge prüfen müssen, und derjenige der Regierung wird einer unter vielen sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber wir werden die Inanspruchnahmegebühr oder eine sonstige Beteiligung des Versicherten an den Kosten der Wiederherstellung der Gesundheit so gestalten, daß für keinen Versicherten auch nur der Schein des Arguments bestehenbleibt, er habe aus wirtschaftlichen Gründen den Arzt nicht aufsuchen können, ihm sei der Gang zum Arzt aus zwingenden Erwägungen verwehrt gewesen.
    Auch dabei werden wir zu denken haben, daß die Belastung verschiedene Wirkung hat je nachdem, ob der Lohn- oder Gehaltsempfänger oder der Empfänger einer Erziehungsbeihilfe nur für sich zu sorgen beziehungsweise noch gar nicht zu sorgen hat, weil er, wie etwa ein Lehrling, eventuell noch zu Hause lebt, oder ob Ehefrau und Kinder mit auf das



    Stingl
    Einkommen angewiesen sind. Welche Art der
    Selbstbeteiligung immer Gesetz wird, es müssen
    auch die familiengerechten Folgerungen aus einer
    Beteiligung gezogen werden. Für alle muß bei jedweder Regelung der Grundsatz gelten, daß durch
    das Gesetz eine Höchstbeteiligung festgelegt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir können die Festsetzung dieser Höchstbeteiligung nicht der Satzung überlassen. Man wird erwägen müssen, ob das Maß der Höchstbeteiligung in einer Beziehung zum Lohn oder zum Gehalt des Versicherten gefunden werden kann, und wiederum wird man hier den Familienstand des Versicherten berücksichtigen müssen.
    Meine Damen und Herren, somit wird für diese Frage alles offen bleiben.

    (Abg. Dr. Schellenberg: „Alles offen bleiben" ist das Rezept!)

    Die Eigenhilfe soll gestärkt und gefördert werden.
    Anders liegt die Frage bei der Beteiligung an den Arzneimittelkosten. Dazu haben wir schon früher Vorschläge gemacht, die eine stufenweise Steigerung der Beteiligung vorsehen. Auch der, Regierungsentwurf schlägt diese stufenweise Steigerung vor. Die Apotheker suchen uns zu bewegen, eine einheitliche und starre Beteiligung einzuführen. Wir werden den Vorschlag der Apotheker prüfen, wenn ich auch sagen will, daß die Ausdehnung der Arzneimittelanpreisung es doch wohl geraten erscheinen läßt, die Inanspruchnahme angeblich besserer und gewünschter Arzneimittel auch am Geldbeutel spürbar zu machen. Es scheint mir noch nicht so, daß das auf jeden Fall so kommen wird; ich will es aber als ein wesentliches Argument erwähnen.
    Nun zur Frage der Beteiligung des Patienten an den Kosten bei einem Krankenhausaufenthalt. Vorweg noch eine kleine Bemerkung. Wir sind dankbar, daß die Regierung hier eine Verbesserung des Krankengeldes während des Aufenthalts im Krankenhaus vorgesehen hat; die bisher „Hausgeld" genannte Leistung wird wesentlich verbessert. Nun aber zur Frage, wie der Patient, der in das Krankenhaus eingeliefert wird, an den Kosten beteiligt werden soll.
    Wir wissen, daß da die Krankenhausgesellschaften uns Vorschläge unterbreiten, die die angeblich entstehende Mehrverwaltung ein bißchen eindämmen sollen. Wir wollen uns aber klar darüber sein, meine Damen und Herren, daß die Selbstbeteiligung an den Kosten des Krankenhausaufenthalts für den, der weiter Lohn oder Gehalt erhält, durchaus vertretbar ist. Wir kennen das in unserer Versicherung. Ich wiederhole das, was der Herr Minister gesagt hat. Der Arbeiter, der nur Krankengeld bekommt, wird effektiv an den Kosten des Krankenhausaufenthaltes beteiligt. Wir kennen es bei einem Kreis, der sicherlich nicht zu den Begüterten unseres Volkes gehört, wir kennen es bei den Unterhaltshilfeempfängern aus dem Lastenausgleich. Wenn jemand, der 140 DM Unterhaltshilfe aus dem Lastenausgleich erhält, einen vollen Monat im Krankenhaus gewesen ist, werden ihm 40 Mark abgezogen. Ich glaube, hier kann ich darauf hinweisen, daß diese
    Bestimmung seinerzeit einmütig vom Hause verabschiedet worden ist und es, wie gesagt, nicht gerade die Reichsten getroffen hat. — Wir werden uns also damit befassen müssen, ob der, der vollen Lohn oder volles Entgelt weiterbezieht, zu den Kosten, die im Krankenhaus entstehen, beiträgt.
    Allerdings müssen wir auch beachten, daß es doch wesentlich darauf ankommt, den familienpolitischen Belangen gerecht zu werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es ist ein Unterschied, ob der Mann des Hauses oder die Frau ins Krankenhaus geht. Eine Frau wird ohne den Mann mit dem Haushalt sicherlich fertig werden; aber der Mann wird sich schwer tun und wird in den meisten Fällen darauf angewiesen sein, sich eine zusätzliche Hilfe zu beschaffen. Wir können es also, glaube ich, nicht verantworten, ihn zusätzlich zu den erhöhten Kosten der Haushaltsführung auch noch an den Krankenhauskosten zu beteiligen. — Wir werden also — ich wiederhole — auch die Frage der Kostenbeteiligung bei Krankenhausaufenthalt nach familienpolitischen Gesichtspunkten untersuchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich habe vorhin davon gesprochen, daß wir dem Versicherten vor Augen führen wollen, was denn die Wiederherstellung seiner Gesundheit kostet. Das kann man natürlich nur im Zusammenhang damit sehen, daß auch der Arzt aus der Anonymität seiner Berechnung herausgeführt werden muß. Auch für den Arzt erscheint es uns von Vorteil, wenn er den Versicherten gegenüber klarmachen kann, welche wirkliche Leistung er erbracht hat.
    Dazu allerdings, meine Damen und Herren, muß man dafür eintreten, daß es eine vernünftige Gebührenordnung gibt. Die jetzige Form mit der unzureichenden Honorierung der Einzelleistung fördert — ich wiederhole, was ich vorhin sagte —da.s Streben nach der Quantität und läßt die Qualität doch ein bißchen im Hintergrund versinken. Hier werden wir auf jeden Fall prüfen müssen, wie die Einzelhonorierung ihren Niederschlag in einer vernünftigen Gebührenordnung zu finden hat.
    Wir wissen uns hier aber völlig darin einig, daß wir die Selbstverwaltung durch eine Gebührenordnung nicht aushöhlen wollen. Wir werden die Überlegungen, die sich daran knüpfen, daß wir ja schließlich und endlich ein Gesetz über die Beziehungen der Ärzte zu den Krankenkassen vor nicht allzulanger Zeit geschaffen haben, erneut anstellen. Es erscheint uns problematisch, die Geldansätze für die Gebührenordnung einheitlich für das ganze Bundesgebiet festzulegen. Wir möchten, daß hier auch weiterhin der Selbstverwaltung größerer Spielraum bleibt; denn weder kann man die regionalen Unterschiede noch kann man die Unterschiede der Kassenarten ohne weiteres beseitigen.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Dr. Stammberger: Der Wert, aber nicht die Ansätze!)




    Stingl
    Genau das hatte ich gesagt, Herr Kollege Stammberger. Es handelt sich dabei um den Wert. Die Positionen werden wohl insgesamt für das ganze Bundesgebiet gleich sein müssen. Ich wage gleich hinzuzufügen — ich sage es jedenfalls gleich dazu —: sie werden auch für die freiwillig Weiterversicherten gelten müssen, auch wenn man etwa zu einem Prinzip, wie Sie von der FDP es vorschlagen, kommt. Man kann dann natürlich nicht schrankenlos alles auch für diesen Kreis freigeben.
    Die Selbstverwaltung muß hier — wir können es uns nicht anders vorstellen — einen großen Spielraum haben, nicht nur wegen der Unterschiede, sondern auch deshalb, weil wir nicht wollen, daß die Ärzte zwar nicht Angestellte des Staates, aber Angestellte einer Bundesselbstverwaltung werden.

    (Beifall in der Mitte.)

    Auch dies ist zu beachten, meine Damen und Herren. Wir wollen hier keine übermäßige Bürokratisierung einführen. Die Argumente, die uns da gegenüber dem Regierungsentwurf entgegengehalten werden, werden wir gewissenhaft überlegen. Ich glaube sagen zu können: Wir werden in vielen Punkten — weil es ein Gesetz ist, unter dem unsere Partei angetreten ist — die Verantwortung auf eine möglichst tiefe Ebene verlagern. Wir sind überhaupt immer der Auffassung, daß alles in der kleinstmöglichen Einheit geregelt werden muß, wo immer es noch geregelt werden kann, ohne daß das Ganze Schaden erleidet.
    Wenn das Gesetz den freien Arzt will, dann darf es den freien Arzt nicht über eine Bundesselbstverwaltung zum unfreien machen. Wenn das Gesetz den freien Arzt will, dann muß es sich auch dem anschließen, was die Regierung in bezug auf die Zulassung der approbierten Ärzte, der ins Arztregister eingetragenen Ärzte vorschlägt. Wer könnte aber so töricht sein, hier eine völlige Liberalisierung zu fordern? Der Gesetzgeber muß die Verantwortung dafür spüren, daß alle Gebiete unseres Vaterlandes eine ausreichende ärztliche Versorgung erhalten. Es muß bestimmte Kautelen dafür geben, daß Ärzte auch an einen Kassenarztsitz eingewiesen werden können.
    Es ist sicher nicht verwunderlich, wenn der Sprecher der christlich-demokratischen Fraktion seine Genugtuung darüber zum Ausdruck bringt, daß dieses Gesetz die Gliederung der Krankenkassen beibehält. Es ist für uns ein großes und erstrebenswertes Ziel, die Kassenarten, soweit es nur irgend möglich ist, überschaubar zu halten. Soweit es vertretbar ist, wollen wir die gegliederte Krankenkasse. Die überschaubaren Größen nämlich fördern in der Tat die Eigenhilfe; denn wenn ich den kenne, der mit mir in der Versicherung ist, und wenn es nicht irgendeiner irgendwo ist, mit dem ich dieses Risiko teile, dann bin ich eher geneigt, meine Verantwortung zu spüren und sie mit dem anderen gemeinsam zu tragen. Wir wollen also überschaubare Größen in der Krankenversicherung. Wir wollen bei den einzelnen, die in diese Versicherung gehören, die Solidarität sichtbar werden lassen.
    Wir begrüßen es, daß der Entwurf auch die Ersatzkassen besonders erwähnt. Wir richten unser besonderes Augenmerk darauf, daß die seinerzeit ohne gesetzlichen Zwang in dem Willen, sich gegenseitig zu helfen, entstandene Kassenart weiterhin eine besondere Pflege erfährt. Die Ersatzkassen können, wie es vorgesehen ist, in weitem Maße in ihrer Selbstverwaltung die Verantwortung für ihre Versicherten in besonderer Weise tragen.
    Wir wissen, daß auch zur Organisation Vorschläge kommen werden. Beispielsweise werden uns die Innungskrankenkassen Vorschläge über den Bereich der jeweiligen Kassen machen, Vorschläge hinsichtlich der Übereinstimmung ihres Gebiets mit dem der Handwerkskammern. Hier sollten nicht die größten Schwierigkeiten des Entwurfs liegen. Auch hier werden wir mit den Sachverständigen und uns zu Rate gehen, um schließlich und endlich zu brauchbaren Lösungen zu kommen.
    Die Regelung des Verhältnisses der Kassen zu den Ärzten, des Verhältnisses der Kassen zu den Krankenhäusern, des Verhältnisses der Kassen zu den Apotheken und des Verhältnisses der Kassen zu den sonstigen in Heilberufen Tätigen werden wir dabei so weit wie irgend möglich der Gestaltung durch die Selbstverwaltung überlassen. Nur die unbedingt notwendigen Normen werden hierbei durch Gesetz — aber dann auch wirklich durch Gesetz — festgelegt werden müssen.
    Meine Damen und Herren, schon die Aufzählung dieser verschiedenen Beziehungen der Kassen zeigt Ihnen — wieder an einer anderen Stelle — sehr deutlich, warum diese Gesetzesmaterie so überaus schwierig ist. Sie ist schwierig, weil es nämlich nicht wie bei der Rentenversicherung letztlich bloß darum geht, den Rentenversicherten mit seinem Rentenversicherungsträger in ein gesundes Verhältnis zu bringen, sondern weil hier die Spannungen untereinander weit größer sind. Der Versicherte sieht sich seiner Kasse, seinem Arzt, seiner Apotheke und dem beratungsärztlichen Dienst, zu dem ich gleich noch etwas sagen will, gegenüber.
    Bei der Kasse gibt es die vielen Spannungsmomente, die ich vorhin aufgezeigt habe. Das ist es, was so sehr schwer geregelt werden kann. Sicherlich bin ich richtig beraten, wenn ich sage, daß uns keiner derjenigen, die mit dem Gesetz nichts zu tun haben, darum beneiden wird, wenn wir versuchen, eine vernünftige, tragbare, der Eigenhilfe, der Gemeinschaftshilfe angemessene Lösung zu finden.
    Wir werden diese Lösung auch hinsichtlich des beratungs- oder vertrauensärztlichen Dienstes finden müssen. Meine Damen und Herren, der beratungsärztliche Dienst, den die Regierungsvorlage vorsieht, wird draußen ja so falsch interpretiert! Es werden Dinge hineingelegt, die im Regierungsentwurf überhaupt nicht enthalten sind. Obwohl ich dies feststelle, werden wir selbstverständlich noch einmal überlegen, ob es denn wirklich sinnvoll ist, daß bereits nach 48 Stunden eine Meldung an den beratungsärztlichen Dienst, der ja nicht die Diagnose zu stellen hat, abgeschickt werden muß.



    Stingl
    Wir werden prufen, oh es richtig ist, daß er schon zu einem so frühen Zeitpunkt der Krankenkasse gegenüber Stellung beziehen soll oder kann. Wir werden überlegen, ob hier in dem Verhältnis zwischen Arzt und Patient ein Störungsfaktor eingebaut ist, den wir gar nicht wollen. Ich habe vorhin in Übereinstimmung mit dem Minister ausgeführt, daß es uns um die Verbesserung des Verhältnisses vom Versicherten zum Arzt zu einem echten Partnerverhältnis geht. Wir können dieses Verhältnis echter Partnerschaft nicht ohne weiteres dadurch stören, daß wir eine dritte Instanz gerade dann einschalten, wenn der Versicherte arbeitsunfähig krank wird.
    Aber, meine Damen und Herren, so hat es der Regierungsentwurf auch gar nicht vorgesehen. Trotzdem werden meine Fraktionsfreunde und ich dies prüfen. Wir werden überlegen, ob wir nicht überhaupt einen großen Schritt weiterkommen, wenn wir die Krankschreibung durch den behandelnden Arzt in Form eines Gutachtens anfordern. Diese Tätigkeit der gutachtlichen Äußerung — in einer Festlegung auch der voraussichtlichen Krankheitszeit — müßte dann durchaus eine gebührenpflichtige Leistung des Arztes sein.
    Es ist unbestreitbar, daß dieser Gesetzentwurf fällig war, und das er eine Fülle von Verbesserungen bringt. Auch das, was heute noch als Verschlechterung verschrien wird, wird eines Tages als das erkannt werden, was es wirklich ist: eine Verbesserung im Sinne einer besseren Persönlichkeitswertung,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    weil es den Menschen wieder aus dem Trend herausgehoben haben wird, immer mehr im Anonymen zu versinken.
    Es ist unbestreitbar, daß diese Verbesserungen Geld kosten. Wer aber annehmen sollte, daß unsere Fraktion der Meinung sei, man müsse die Selbstbeteiligung oder das Kostenerstattungsprinzip oder was immer Sie sagen wollen deshalb einführen, weil man neue Leistungen finanzieren müsse, wäre falsch beraten. Wir werden, wenn dieser oder ein anderer Vorschlag der Eigenhilfe Gesetz werden sollte, prüfen, ob es gerechtfertigt ist, die Kosten dafür einseitig dem Kranken aufzuerlegen. Wir werden prüfen, ob man dann einen Ausgleich an anderer Stelle finden kann.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wir wissen, daß die Beitragshöhe nach wie vor durch die Satzung festgelegt wird. Wir werden uns auch noch über die Finanzierung aus Beiträgen unterhalten müssen. Unsere Fraktion wird sehr genau prüfen, ob es noch angeht, daß die Fremdleistungen, die Auftragsleistungen, die aus der Unfallversicherung, aus der Kriegsopferversorgung entstehen, von der Versichertengemeinschaft, der Krankenversicherung, getragen wird.

    (Abg. Dr. Stammberger: Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren, dabei stört es uns durchaus nicht, daß wir jetzt etwa das Verhältnis der Unfallversicherung zur Krankenversicherung in
    dem Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz regeln, wenn das auch den Absichten der Regierung zuwiderläuft, die diese Regelung nicht in dem Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz, sondern in dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz haben möchte. Ich glaube, wir werden diese Materie da regeln, wo wir ihr zuerst begegnen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Welche Grenze dabei zu ziehen ist, muß sehr eingehend überlegt werden, insbesondere, ob man den Versicherten bei der Neuregelung einseitig neu belasten kann. Sollten wir die Selbstbeteiligung einführen, wie es die Regierung vorschlägt, so werden wir natürlich prüfen müssen, ob das dann für den Unfallversicherten und für die Kriegsopfer gelten soll.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wissen Sie denn immer noch nicht, was Sie tun wollen?)

    — Nein, wir werden noch immer die Vorschläge prüfen, Herr Kollege Schellenberg. Der Bogen ist wirklich sehr weit gespannt. Ich habe am Anfang gesagt: Wir gehen nicht so in eine erste Lesung hinein, daß uns keiner mehr etwas sagen kann, so daß Sie uns dann den Vorwurf machen könnten: „Ihr habt ja nur eure kompakte Majorität eingesetzt."

    (Beifall in der Mitte.)

    Herr Kollege Schellenberg, gerade Sie wären der erste, der uns vorhalten würde, daß ich heute gesagt hätte: „Ich erhalte jede einzelne Bestimmung aufrecht." Sie wären der erste, der sagen würde: Dann haben wir eine Beratung gar nicht mehr nötig. Sie wollen ja auch noch gehört werden,

    (Beifall in der Mitte)

    und Sie haben die Chance, Herr Kollege Schellenberg, in dien Ausschußberatungen so sinnvolle Vorschläge zu machen, daß sie von uns einmütig übernommen werden.

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Seien Sie sicher: wenn die Vorschläge sachgerecht sind, wenn sie mit dem vereinbar sind, was wir als Prinzip aufstellen, daß neben der Gemeinschaftshilfe die Eigenhilfe steht, und wenn der Gedanke der Förderung des Persönlichkeitswerts dahintersteckt, dann werden sie, auch wenn sie von Ihrer Seite im Ausschuß kommen, berücksichtigt werden.
    Als Berliner freue ich mich natürlich darüber, daß die Berlin-Klausel in den Gesetzentwurf aufgenommen worden ist. Es ist sicherlich etwas Selbstverständliches. Meine Freude hängt damit zusammen, daß in Berlin in der Zukunft einige Neuerungen erfolgen müssen, daß wir dann nicht mehr Zuschüsse aus der Bundeskasse dazu gewähren, daß manche der Leistungen, die wir im Bundesgebiet jetzt einführen, in Berlin schon aus den Steuergroschen des Bundesbürgers bezahlt werden. Wir werden auch hier eine sinnvolle Übergangslösung finden müssen. — Das hat der Kollege Schellenberg sicherlich mit Genugtuung vernommen.

    (Heiterkeit.)




    Stingl
    Meine Damen und Herren, ich habe am Anfang meiner Ausführungen gesagt, daß ich keine Lösungen vorschlagen werde und daß nicht jeder, der hier gesessen hat, vom Rathaus — wie man so sagt — klüger weggeht. Ich habe gesagt, daß ich zeigen wollte, wo unabdingbare Forderungen der ChristlichDemokratischen Union liegen. Sie liegen in der Stärkung des Persönlichkeitsbewußtseins und in der sinnvollen Übereinstimmung von Eigen- und Gemeinschaftshilfe, in der Wahrung der Selbstverwaltung, weil wir das Subsidiaritätsprinzip von unten nach oben aufbauend, gesichert wissen wollen. Ich habe aber nicht gesagt, daß ich mit der Gewißheit über die endgültige Form des Gesetzes von hier weggehen werde. Die erste Lesung ist keine Ausschußberatung. Ich habe den Bogen der Meinungen gespannt, die wir auch in unserer Fraktion nachdrücklich zu erörtern gedenken. Ich habe im Rahmen unserer Grundeinstellung das zu zeigen versucht, was uns insbesondere bewegt. Ich betone noch einmal, daß uns jeder Rat willkommen ist. Die Verantwortung aber für die Entscheidung müssen wir alle selbst vor unserem Gewissen und vor unserem Volk tragen. Uns wird dabei das tiefe Empfinden für eine auf Recht und Gerechtigkeit sich gründende Sozialordnung bestimmen. Die CDU/CSU-Fraktion wird alles daransetzen, ein fortschrittliches und modernes Krankenversicherungsgesetz zu schaffen, ein Krankenversicherungsgesetz, das in die von uns geschaffene freiheitliche Ordnung dieses Staatswesens sich sinnvoll einfügt. Das wollen wir zum Wohle der Versicherten, zum Wohle der Ärzte, zum Wohle aller Betroffenen, und deshalb auch zum Wohle unseres ganzen Volkes.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)