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ID0310209700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Wittmann und Dr. Böhm . . . . 5485 A Fragestunde (Drucksache 1609) Frage des Abg. Schneider (Bremerhaven) : Filme antideutscher Tendenz im amerikanischen und kanadischen Fernsehen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen): Verhalten des Konsuls Karl Julius Hoffmann in New York Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5485 D, 5486 A Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5486 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Vorlage des Europäischen Übereinkommens zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten an den Bundestag Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5486 B Frau Dr. Hubert (SPD) 5486 D. Frage des Abg. Dr. Bucher: Besetzung der deutschen Botschaft in Paris Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Frage des Abg. Lohmar: Äußerung des Abg. Gradl in der außenpolitischen Debatte des Bundestages am 10. Februar Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5487 A Lohmar (SPD) . . . . . . . . . 5487 B Frage des Abg. Dr. Werber: Nichtseßhaftenfürsorge Dr. Schröder, Bundesminister 5487 C, 5488 A Dr. Werber (CDU/CSU) . . . . . 5487 D Frage des Abg. Lohmar: Verhalten des Publizisten Schlamm Dr. Schröder, Bundesminister . . 5488 A, B Lohmar (SPD) . . . . . . . . 5488 A, B Frage des Abg. Dr. Arndt: Förderung Münchens als bayerische Landeshauptstadt durch dein Bund Lücke, Bundesminister 5488 C Frage des Abg. Baier (Mosbach): Erstellung von Kinderspielplätzen Lücke, Bundesminister . . 5488 D, 5489 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5489 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Steuerfreiheit bei Abwicklung von Geschäften über Gesellschaften mit dem Sitz in Vaduz Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5489 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5489 C Frage des Abg. Dr. Ratzel: Förderung des Ausbaus eines Ferngasnetzes durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 5489 D Frage des Abg. Ludwig: Kündigung von 350 deutschen Arbeitern des französischen Militärbetriebs BRM zum Jahresende 1959 Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5490 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Vorlage des Bundeswaffengesetzes für den zivilen Bereich durch die Bundesregierung Dr. Westrick, Staatssekretät 5490 D, 5491 A Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 5491 A Frage des Abg. Dr. Bechert: Aufklärung der Käufer von Freibankfleisch Schwarz, Bundesminister . 5491 B, 5492 A Dr. Bechert (SPD) . . . 5491 C, 5492 A Frage des Abg. Seidel (Fürth): Weiterführung von Karteikarten aus der Zeit vor 1945 bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Blank, Bundesminister . . . . . 5492 B Seidel (Fürth) (SPD) 5492 C Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Veröffentlichung von Urteilen im Bundesversorgungsblatt Blank, Bundesminister . 5492 D, 5493 A Jahn (Marburg) (SPD) 5493 A Frage des Abg. Brück: Beeinträchtigung des Königsforstes durch die geplante Bundesstraße 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 B Frage des Abg. Brück: Linienführung der Umgehungsstraße von Bensberg zur B 55 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 C Frage des Abg. Schmitt (VOckenhausen): Einführung von Parkscheiben Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5493 D Frage des Abg. Baier (Mosbach) : Unfälle auf der Autobahn Frankfurt— Mannheim und Mannheim—Heidelberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5494 B Frage des Abg. Hübner: Einrichtung einer 1. Klasse im Flugverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 C Frage des Abg. Schmidt (Hamburg) : Besetzung der Radargeräte im Bereich der Bundesanstalt für Flugsicherung Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5495 D, 5496 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 5496 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der sozialen Krankenversicherung (Drucksache 1298); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz — KVNG) (Drucksache 1540) — Erste Beratung — Rohde (SPD) 5497 A Blank, Bundesminister . 5498 D, 5527 A Stingl (CDU/CSU) 5508 B Dr. Schellenberg (SPD) 5517 B Dr. Stammberger (FDP) 5527 D Frau Kalinke (DP) 5532 C Dr. Franz (CDU/CSU) 5545 A Frau Dr. Hubert (SPD) 5547 C Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) 5550 B Dr. Bärsch (SPD) . . . . . . . 5554 C Mischnick (FDP) . . . . . . . 5558 D Geiger (Aalen) (SPD) 5560 C Frau Korspeter (SPD) 5566 B Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . 5568 A Ruf (CDU/CSU) . . . . . . . 5569 B Börner (SPD) 5571 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5572 D Anlage 5573 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Februar 1960 5485 102. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Frau Albertz 29. 2. Bauereisen 19. 2. Behrisch 18. 2. Benda 19. 2. Dr. Birrenbach 19. 2. Brand 19. 2. Brüns 2. 7. Deringer 19. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Eilers (Oldenburg) 19. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Geiger (München) 19. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 19. 2. Dr. Greve 17. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 19. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 19. 2. Hellenbrock 19. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 19. 2. Hübner 19. 2. Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Illerhaus 17. 2. Jacobs 7. 3. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 19. 2. Kalbitzer 19. 2. Frau Klemmert 15. 5. Koch 19. 2. Leukert 19. 2. Dr. Lindenberg 19. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Metzger 18. 2. Mühlenberg 19. 2. Müser 20. 2. Probst (Freiburg) 17. 2. Ramms 19. 2. Scheel 17. 2. Schlick 20. 2. Schultz 17. 2. Dr. Starke 19. 2. Dr. Steinmetz 19. 2. Wehr 23. 4. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. b) Urlaubsanträge Frau Berger-Heise 27. 2. Dr. Leverkuehn 25. 2. Spitzmüller 8. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sie wissen, Herr Kollege Schmidt, daß sich die Fragen der Flugsicherung stark in der Entwicklung befinden und daß der Staat den Anforderungen nicht in dem notwendigen Maße nachzukommen vermag, wenn die entsprechenden Planstellen erst so spät bewilligt werden, später, als wir sie angefordert haben. Sie wissen weiter, daß die Bundesanstalt für Flugsicherung durch den Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung überprüft worden ist und daß wir genötigt sind, dessen Vorschläge zu berücksichtigen.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Frage ist beantwortet. Die nächsten Fragen gehören eigentlich zu der Frage, die soeben behandelt worden ist. Aber nach der Geschäftsordnung habe ich die Fragestunde jetzt zu unterbrechen. Die weiteren Fragen werden am Freitag beantwortet werden.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung.
a) Große Anfrage der Fraktion dei SPD betr. Neuregelung der sozialen Krankenversicherung (Drucksache 1298),



Vizepräsident Dr. Schmid
b) Erste Bereitung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (KrankenversicherungsNeuregelungsgesetz — KVNG) (Drucksache 1540).
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß zunächst die Große Anfrage — durch den Abgeordneten Rohde — begründet wird, daß die Bundesregierung dann antwortet und unmittelbar anschließend den Gesetzentwurf unter Punkt 2 b begründet und daß alsdann die allgemeine Aussprache über die beiden Punkte a und b eröffnet wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Rohde.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Rohde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich brauche zu der Großen Anfrage der SPD, die sich mit der Neuregelung der sozialen Krankenversicherung beschäftigt, hier keine sehr lange Begründung mehr zu geben. Diese Große Anfrage hat, wie Sie wissen, schon vor ihrer heutigen Behandlung im Parlament ihr Ziel erreicht. Sie hat die Regierung veranlaßt und gezwungen,

    (Abg. Stingl: Gezwungen?)

    in der Öffentlichkeit darzulegen, was sie unter einer
    Reform der Krankenversicherung eigentlich versteht und mit welchem Reformkonzept sie antritt.
    Nachdem der Regierungsentwurf zur Neuregelung der Krankenversicherung nunmehr vorgelegt ist, wissen wir, woran die Bundesregierung und die ihr applaudierende CDU gedacht haben, als der Bundeskanzler 1953 eine Reform der Krankenversicherung in Aussicht stellte und der Bundesarbeitsminister, von dem Bundeskanzler neu gewählt, wenige Wochen später erklärte, diese Reform solle im Zeichen einer Sozialpolitik neuen Stils erfolgen. Jetzt ist klargestellt, ob die Regierung bei dieser Reform von den großen und beeindruckenden Möglichkeiten ausgehen will, die die Entwicklung der modernen Medizin dem Gesetzgeber an die Hand gibt, oder ob sie nur eine Art Finanzreform auf dem Boden der Krankenversicherung machen will, ergänzt und verbrämt mit sozialpädagogischen Experimenten.
    Wir wollten — ich sage das ganz freimütig — mit dieser Großen Anfrage auch herausbekommen, wieweit die Regierung als Ganzes hinter den Reformplänen steht, die im vergangenen Jahr unter dem Titel „Referentenentwurf" vom Bundesarbeitsministerium vorgelegt worden sind. Handelte es sich hierbei, wie uns vielfach gesagt und wie auch geschrieben wurde, nur um eine ministerielle Stilübung, oder stand dahinter schon der Wille dieser Regierung? Als wir Minister Blank im Juni vergangenen Jahres bei den Haushaltsberatungen darauf ansprachen, sagte er uns ärgerlich, wie das zumeist bei seiner Art der Fall ist: „Wie oft muß ich Sie eigentlich noch darauf hinweisen, daß ich hier nur einen Referentenentwurf vorgelegt habe?" und wörtlich: „Warten Sie doch erst einmal ab, bis ich meinen Entwurf hier vorlegen werde!" Minister Blank hat nicht nur in diesem Hause, sondern auch in der Öffentlichkeit immer mit dem Hinweis kokettiert, als handle es sich bei diesem Referentenentwurf nur um eine unverbindliche Diskussionsgrundlage und als wolle er zusammen mit der Regierung aus all dem, was in der Diskussion von den Ärzten, von den Versicherten und von den Sozialpolitikern ganz allgemein gesagt werde, letztlich das große politische Resümee ziehen.
    Heute wissen wir, daß das nicht stimmt. Wir wissen jetzt, daß die Regierung in allen entscheidenden Grundzügen dem umstrittenen Referentenentwurf gefolgt ist.

    (Sehr wahr! bei der SPD. — Abg. Cillien: Warten Sie doch ab, was noch kommt!)

    Dabei ist es für uns ohne Belang, wer hier der Getriebene und wer der Treiber ist. Die politische Verantwortung liegt bei der Regierung.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der Aufforderung des Ministers, abzuwarten, bis er seinen Entwurf vorlege, hätte man nur dann folgen können, wenn er und sein Haus sich gegenüber denen, die er zu einer Meinungsäußerung über die Zukunft der Krankenversicherung der Bundesrepublik aufgerufen hat, loyal verhalten hätten.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    Was aber ist geschehen? Während noch der Minister eine unruhig gewordene Öffentlichkeit tröstete, wurde unter der Überschrift „Wer soll das bezahlen?" eine Broschüre verbreitet, die unter Mitarbeit des Bundespresseamts entstanden, von den Beamten des Arbeitsministeriums inspiriert und von den Arbeitgeberorganisationen vertrieben worden ist. In dieser Broschüre wird der Referentenentwurf bis auf Punkt und Komma gerechtfertigt, und seine Kritiker und Gegner werden dem Spott und der Verdächtigung ausgesetzt.
    Ein Zweites. Als die Ärzte die Frage stellten: Was will das Ministerium denn nun mit unseren Änderungsvorschlägen machen, die es uns Anfang 1959 innerhalb von drei Wochen -abverlangt hat?, -da antwortete ihnen das Haus Blank: Wir hab-en ganze Aktenschränke voll Änderungsanträge erhalten, haben sie alle in Ordner abgelegt; wir haben unsere Pflicht getan, nämlich die Auffassungen zur Kenntnis zu nehmen, im übrigen bleibt alles so, wie es ist.
    Diese beiden Beispiele ließen sich noch durch manches Zeugnis der Illoyalität, ja der Arroganz vermehren. Sie haben dazu beigetragen, daß die Diskussion um die Zukunft der Krankenversicherung sowohl in der Sache als auch im Ton verschärft worden ist. Ich empfehle all denjenigen, deren heutiges Redekonzept eine Anklage oder eine Ermahnung an die Kreise, die protestiert haben, enthält und die sich vielleicht wieder auf die Vokabel „staatsabträglich" versteifen wollen, sich doch erst einmal selbst zu fragen: Was haben wir denn getan, daß es zu solchen Aktionen erst kommen mußte?

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Macht der Parlamentsmehrheit bedeutet eben nicht automatisch die politische Ohnmacht aller



    Rohde
    übrigen. Darüber muß die Mehrheit, wenn es not tut, belehrt werden.
    Angesichts der Vorgeschichte und des Verlaufes der Reformdiskussion haben wir es für richtig gehalten, mit unserer Großen Anfrage endlich das Parlament zum Zuge zu bringen, damit es sich aus seiner Verantwortung der Neuregelung der sozialen Krankenversicherung annimmt.
    Das wollte ich zu der politischen Atmosphäre sagen, die zu dieser Großen Anfrage geführt hat. Zu den Sachfragen der Anfrage will ich im einzelnen nicht Stellung nehmen; denn heute werden wir uns nicht mehr über Fragen, sondern, über die Antworten zu unterhalten haben, die die Bundesregierung in ihrem Entwurf gegeben hat.
    Ich möchte nur eine Ausnahme machen. Sie betrifft die Frage 4, in der die Bundesregierung um Auskunft darüber ersucht wird, wie die wirtschaftliche Benachteiligung der Arbeiter und bestimmter Gruppen von Angestellten im Krankheitsfalle beseitigt werden soll. Es geht dabei um die wirkliche Lohnfortzahlung, um die sozialrechtliche Gleichstellung der Arbeiter bei der wirtschaftlichen Sicherung im Krankheitsfall.
    Diese sozialrechtliche Gleichstellung will die Bundesregierung nicht im Rahmen der Krankenversicherungsreform vornehmen. Das veranlaßt mich, Herr Minister, zwei ganz einfache Fragen an Sie zu richten:
    Welche sozialen oder soziologischen Wandlungen müssen nach Ihrer Meinung in der Bundesrepublik noch erfolgen, bis der Arbeiter durch eine wirkliche Lohnfortzahlung gleichgestellt wird? Noch konkreter: Welche Voraussetzungen muß der deutsche Arbeiter nach Auffassung dieser Regierung eigentlich noch erfüllen, bis ihm das gleiche Recht gegeben werden kann?
    Zum zweiten frage ich den Herrn Minister unter Hinweis auf Ziffer 4 a unserer Großen Anfrage, ob er sich mit den Grundgedanken identifiziert, die von einem hohen Beamten seines Hauses am 24. November 1959 im Bulletin der Bundesregierung zur Lohnfortzahlung veröffentlicht worden sind. Darin heißt es, daß im Regierungsentwurf zur Krankenversicherung nicht mehr von „Arbeitern" und „Angestellten", sondern von „Arbeitnehmern" gesprochen werden soll. Was sich hier so lapidar anhört, ist nicht nur sprachlich von Bedeutung, sondern daran wird eine konkrete sozialpolitische Konsequenz geknüpft. Es heißt nämlich — und ich bitte, das mit der Aufmerksamkeit, die dieser Satz verdient, zu hören —:
    Die Bestimmung erleichtert es auch, einer lohnpolitischen Entwicklungsmöglichkeit Raum zu geben, die in dem Bestreben gesehen werden muß, auch den Arbeitern im Krankheitsfall den Arbeitslohn für eine bestimmte Zeit fortzuzahlen.
    Was heißt dieser Satz, über den es sich so schlicht dahinliest, für die sozial- und wirtschaftspolitische Praxis? Mit diesem Satz wird das Problem der sozialrechtlichen Gleichstellung, das den Arbeiter nicht nur in seiner materiellen Existenz,
    sondern auch in seiner Selbstachtung und in seiner gesellschaftlichen Stellung berührt, in den lohnpolitischen Raum abgeschoben.
    Herr Minister, ist das auch Ihre Auffassung, daß die Entscheidung über diese sozialrechtliche Gleichstellung der Arbeiter im Krankheitsfall in der Lohnpolitik fallen muß und damit zwangsläufig im Arbeitskampf und nicht, wie man das wohl in einem sozialen Rechtsstaat erwarten könnte, hier im Parlament? Diese Sache hat, wie Sie sehen, ihr Gewicht. Ich möchte den Minister bitten, ihr bei seiner Antwort die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
    Eine zweite kurze Frage habe ich anzufügen: Wann wird der Herr Bundesarbeitsminister den Abgeordneten dieses Hauses, vor allen Dingen den Sozialpolitikern, die Gebührenordnung zugehen lassen, von der er selbst sagt, daß sie ausschlaggebend sei für das Ausmaß der Kostenbeteiligung? Der Bundesrat mußte schon, ohne diese Gebührenordnung zu kennen, über den Regierungsentwurf beraten, und wir, die wir heute mit der ersten Lesung beginnen, haben sie auch nicht in der Hand, sondern kennen nur einige allgemeine Andeutungen aus der Presse. Das ist schlecht für die Beratung und zeigt das Ausmaß der Hochachtung, das dieses Ministerium vor den gesetzgebenden Körperschaften hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Mehr Fragen will ich vorerst nicht stellen. Jetzt will ich diesen Platz frei machen für den Minister zur Begründung seines Entwurfs, von dem ein namhafter Kollege seiner Fraktion gesagt hat, er gehöre zu dem Besten, „was wir" — in diesem Falle wahrscheinlich Regierung und CDU — „bisher geschaffen" haben und zu dessen schneller Verabschiedung von „der Macht der Mehrheit notfalls" — was hier wohl „notfalls" heißt? — „Gebrauch gemacht werden soll."

    (Beifall bei der SPD.)