Rede:
ID0310103100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3101

  • date_rangeDatum: 12. Februar 1960

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 101. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1960 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Abg. Arndgen, Dr. Schmid [Frankfurt], Kühn [Bonn], Dr. Schneider [Lollar] u. Gen.) (Drucksache 1444) — Erste Beratung — Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 5437 B, 5448 A Dr. Kohut (FDP) 5441 C Brese (CDU/CSU) 5443 A Frau Kalinke (DP) 5444 B Eisenmann (FDP) 5446 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten aus Anlaß der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik sowie zur Einführung der Vorschriften über die Gemeinlast und weiterer sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften im Saarland (Gesetz über Bundeszuschüsse und Gemeinlast) (Drucksache 1460) ; Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1608); Mündlicher Bericht des Sozialpol. Ausschusses (Drucksache 1607) — Zweite und dritte Beratung — Baldauf (CDU/CSU) 5449 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung Wissenschaftsrat" (SPD) (Drucksache 1314) — Erste Beratung — und Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" (Drucksache 1472) Dr. Frede (SPD) . . . . . . . . 5450 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5453 D, 5482 B Dr. Heck (Rottweil) (CDU/CSU) . . 5460 B Lohmar (SPD) 5464 A, 5480 C Eilers (Oldenburg) (FDP) . . . 5469 D Dr. Knorr (CDU/CSU) . . . . . 5476 A Probst (Freiburg) (DP) 5477 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) 5479 B, 5480 D Dr. Schäfer (SPD) 5481 A Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . 5481 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5482 D Anlagen 5483 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1960 5437 101. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach 12. 2. Frau Albertz 29. 2. Bauer (Wasserburg) 12. 2. Bauereisen 15. 2. Benda 19. 2. Frau Bennemann 12. 2. Frau Berger-Heise 12. 2. Birkelbach 12. 2. Dr. Bleiß 12. 2. Brand 12. 2. Frau Brauksiepe 12. 2. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 12. 2. Dr. Dahlgrün 12. 2. Dr. Deist 29. 2. Dr. Dollinger 12. 2. Dowidat 12. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Engelbrecht-Greve 12. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Frau Dr. Gantenberg 13. 2. Geiger (München) 12. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 12. 2. Dr. Greve 12. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 12. 2. Dr. Graf Henckel 12. 2. Hilbert 12. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 12. 2. Frau Dr. Hubert 12. 2. Illerhaus 12. 2. Jacobi 13. 2. Jacobs 7. 3. Dr. Jaeger 13. 2. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 12. 2. Kalbitzer 12. 2. Dr. Kanka 12. 2. Frau Klemmert 15. 5. Könen (Düsseldorf) 12. 2. Dr. Krone 12. 2. Leber 12. 2. Dr. Leiske 12. 2. Leukert 16. 2. Dr. Leverkuehn 12. 2. Dr. Lindenberg 12. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Margulies 12. 2. Mauk 12. 2. Mengelkamp 12. 2. Merten 12. 2. Müller (Worms) 12. 2. Müser 20. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Neuburger 12. 2. Nieberg 12. 2. Ollenhauer 12. 2. Pelster 19. 2. Dr. Pflaumbaum 19. 2. Frau Pitz-Savelsberg 12. 2. Prennel 12. 2. Frau Dr. Probst 12. 2. Rademacher 12. 2. Dr. Ratzel 12. 2. Richarts 12. 2. Ritzel 12. 2. Frau Rudoll 12. 2. Ruhnke 12. 2. Dr. Rutschke 13. 2. Scharnowski 15. 2. Scheel 12. 2. Dr. Schellenberg 12. 2. Dr. Schmidt (Gellersen) 12. 2. Schmücker 12. 2. Schneider (Hamburg) 12. 2. Schütz (München) 12. 2. Dr. Starke 13. 2. Frau Dr. Steinbiß 17. 2. Dr. Steinmetz 12. 2. Storch 12. 2. Striebeck 13. 2. Frau Strobel 12. 2. Wagner 12. 2. Dr. Weber (Koblenz) 12. 2. Wehr 23. 4. Weimer 12. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. Anlage 2 Umdruck 468 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398). Der Bundestag wolle beschließen: Um die Einrichtungen der Forschung, der wissenschaftlichen Hochschulen, der Fachhochschulen und der allgemeinbildenden Schulen den Bildungs- und Ausbildungsbedürfnissen unserer Zeit anzupassen, wird die Bundesregierung ersucht, 1. die Verhandlungen mit den Ländern über die Abgrenzung der Aufgaben im kulturellen Bereich baldmöglichst zu einem Abschluß zu bringen, 2. dabei insbesondere eine Verwirklichung von Artikel 74 Nr. 13 des Grundgesetzes durch eine angemessene Beteiligung des Bundes an der Verwaltung und Etatgestaltung der überregionalen Forschungsinstitutionen anzustreben, 5484 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1950 3. im Haushaltsplan des Bundes in den folgenden 5 Jahren für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen je 200 Millionen DM vorzusehen, 4. im Einvernehmen mit den Ländern zu prüfen, inwieweit neben dem Ausbau der vorhandenen die Gründung neuer wissenschaftlicher Hochschulen notwendig ist, 5. im Einvernehmen mit den Ländern einen Plan über den Bau von Studentenwohnheimen, Studentenhäusern und über den Ausbau des Fachschulwesens aufzustellen, 6. gemeinsam mit den Ländern und dem Wissenschaftsrat die Vorschläge zur Reform der Lehrkörper an den wissenschaftlichen Hochschulen zu prüfen. Der Bundestag hält es für notwendig, die rund 700 Millionen DM, die dem Bund aus der Teilprivatisierung des Volkswagenwerks für 20 Jahre zur Nutzung zustehen, schon jetzt im Sinne der Stiftung, überwiegend zur Finanzierung der Aufgaben unter 4. und 5. unmittelbar zur Verfügung zu stellen und darüber Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen anzustreben. Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den schwebenden Verhandlungen über den Schuldendienst der Ausgleichsforderungen dahin gehend zu wirken, daß die Länder die 275 Millionen DM, die der Bund künftig übernimmt, zu einer entsprechenden Mehrleistung im kulturellen Bereich, insbesondere für Zwecke des Schulbaues verwenden, um die Voraussetzungen für die Einführung des 9. Schuljahres in allen Bundesländern baldmöglichst zu schaffen. Bonn, den 11. Februar 1960 Dr. Krone und Fraktion Anlage 3 Umdruck 469 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. die Verhandlungen mit den Ländern über die Bewältigung der Aufgaben im kulturellen Bereich bis zum 1. Juni 1960 abzuschließen und dem Bundestag unverzüglich über das Ergebnis schriftlich zu berichten; 2. die notwendigen Mittel im Haushaltsplan des Bundes für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen bereitzustellen, soweit sie nicht von den Ländern aufgebracht werden. Grundlage dafür sollen die Bedarfspläne des Wissenschaftsrates sein; 3. den Ländern die im Rahmen der Übernahme von Kriegsfolgelasten durch den Bund erforderlichen Mittel für den Schulhausbau zur Verfügung zu stellen. Bund und Länder sollen außerdem die Modernisierung der Schulen, die Einführung des 9. Schuljahres und die Beseitigung des Schichtunterrichtes berücksichtigen; 4. mit den Ländern, den Trägern der Erwachsenenbildung und den Hochschulen über einen Ausbau der Einrichtungen der politischen Bildung zu beraten und alle Bestrebungen auf diesem Gebiet nachdrücklich zu fördern; 5. die Höhe der Stipendien für Studenten und der Erziehungsbeihilfen den gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen; 6. den Anteil der geförderten Studenten zu erhöhen und eine Ausweitung des Kreises von Studierenden, deren Eltern als Arbeiter oder in der Landwirtschaft tätig sind, zu fördern; 7. im Einvernehmen mit den Ländern und den Trägern von Studentenwohnheimen dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb von fünf Jahren 30 v. H. der Studenten in Wohnheimen aufgenommen werden können. Dabei sind ausländische Studenten, die in der Bundesrepublik studieren, besonders zu berücksichtigen. Bonn, den 12. Februar 1960. Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ulrich Lohmar


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Dr. Stoltenberg, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer!

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Es sind mehrere Schwalben!)

    — Ich wäre froh, wenn ich daraus entnehmen dürfte, daß Sie meine Frage mit Ja beantworten wollen; dann erübrigt sich eine Debatte darüber.
    Zweitens wäre von der Christlich-Demokratischen Union eine Antwort auf die Frage zu erbitten, wie sie sich zur Beseitigung des Lehrermangels stellt und welche Wege dazu gegangen werden sollen. Ich darf noch einmal Herrn Professor Wenke zitieren, der unter den vorhin genannten Voraussetzungen von einem zusätzlichen Bedarf von 53 000 Lehrern spricht. In diesem Zusammenhang darf man daran erinnern, wie sehr auch jetzt große Teile der Lehrerschaft, insbesondere die Rektoren, die Schulleiter, durch Verwaltungsarbeiten überlastet sind und wie wenig Zeit sie dadurch für ihre eigentlichen pädagogischen Aufgaben finden.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Sehr richtig!)

    Auch dieser Übelstand sollte im Zuge einer vernünftigen Regelung beseitigt werden.
    In bezug auf die Aufgaben der Länder richte ich an die christlich-demokratische Fraktion die Frage, in welcher Weise sie sich eine Vertiefung des zeitgeschichtlichen Unterrichts an allen Schulen und die Förderung von Einrichtungen der politischen Bildung, z. B. von politischen Akademien, vorstellt. Ich habe die Ausführungen von Herrn Dr. Heck über die Aufgaben der Hochschulen, insbesondere in bezug auf die Bewältigung der Fragen, die uns noch aus der Zeit des Nationalsozialismus zu einer Klärung verblieben sind, dankbar begrüßt. Wir sollten uns in diesem Zusammenhang etwas eingehender mit den Gutachten beschäftigen, die der „Deutsche Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen" jetzt zur Frage des Antisemitismus und vor geraumer Zeit zur Frage der politischen Bildung ausgearbeitet hat und die, soweit ich weiß, im März dieses Jahres zur Frage der Erwachsenenbildung vorgelegt werden sollen.
    Ferner wäre eine Äußerung der CDU zu dem vom Deutschen Ausschuß vorgelegten Rahmenplan von klärender Wirkung. In welchen Teilen gedenkt die CDU den Vorschlägen dieses Rahmenplans zu folgen und inwieweit gedenkt sie die ihr angehörenden Kultusminister zu veranlassen, an der baldigen Verwirklichung dieses Rahmenplans mitzuarbeiten? Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich daran erinnere, daß die Initiative in dieser Richtung bisher von den Kultusministern ausgegangen ist, die der Sozialdemokratischen Partei angehören.
    Schließlich möchte ich der Vollständigkeit halber nach den Vorstellungen der CDU über den Ausbau des zweiten Bildungsweges fragen.
    Wenn wir einmal eine zusammenfassende Darstellung der Meinungen der CDU/CSU zu den Problemen, von denen ich eben gesprochen habe, hätten, ließe sich etwas über eine mögliche Übereinstimmung oder über Differenzen sagen, und nur so wäre es sinnvoll, den „Plan Z" zu diskutieren.
    Aber lassen Sie mich jetzt die Fragestellung ein wenig einengen und auf die Bemerkungen des Herrn Bundesministers des Innern über den Zusammenhang des Bundes mit der Kulturpolitik zurückkommen. Herr Dr. Schröder hat sich eine zweite, recht unjuristische Formulierung gestattet.

    (Bundesminister Dr. Schröder: Das klingt aber aus Ihrem Munde gut!)

    — Herr Minister, ich bin kein Jurist, aber Sie sind einer. Sie sprachen davon, daß der Bund andere Aufgaben als die im Grundgesetz vorgesehenen insoweit übernehmen solle, als sie sich aus der „Natur der Sache" ergäben. Nun ist die „Natur der Sache" sicher einer präziseren Definition zugänglich. Vielleicht könnten wir erfahren, Herr Bundes-



    Lohmar
    minister, In welcher Richtung Sir sich eine solche Präzisierung vorstellen.

    (Bundesminister Dr. Schröder: Da genügt ein normales Lehrbuch des Verfassungsund Staatsrechts; mehr brauchen Sie nicht; ein normales Lehrbuch!)

    — Dann hätte es Ihrer zusätzlichen Feststellung „andere Aufgaben, die sich aus der Natur der Sache ergeben," nicht bedurft, wenn Sie diese Definition jetzt unterlegen.
    Ich darf daran erinnern, daß wir am 3. Oktober 1958 in Berlin, als wir über den Fragenkomplex „Bewältigung kulturpolitischer Aufgaben durch Bund und Länder" zum erstenmal miteinander diskutiert haben, zwei Meinungsverschiedenheiten konstatieren mußten, die leider, so vermute ich, auch jetzt noch nicht ganz ausgeräumt sind. Die christlich-demokratische Fraktion hat in Berlin in ihrer Stellungnahme durch die verehrte Kollegin Frau Dr. Maxsein durchblicken lassen, daß ihr in erster Linie an einer Regelung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern gelegen sei. Wir haben dafür viel Verständnis, soweit das nicht den im Grundgesetz festgelegten Rahmen sprengt. In Berlin ging es uns entscheidend — und darum geht es uns auch noch heute — um die Lösung der Sachprobleme. Bei der Zuständigkeit von Bund und Ländern für die eine oder andere Frage geht es um das Bereitsein zur Zusammenarbeit. In diesem Punkt ist manches von dem zu unterstreichen, was der Herr Bundesinnenminister gesagt hat.
    Wir glauben nicht, daß ein Bundeskultusministerium eine zweckentsprechende Lösung wäre. Wir glauben das auch dann nicht, wenn wir die sehr theoretische Möglichkeit in Betracht ziehen, daß sich in diesem Hause dafür eine Zweidrittelmehrheit fände.
    Ich teile auch die Bedenken des Herrn Bundesinnenministers gegen den Begriff der Kulturhoheit, allerdings nicht nur dann, wenn er von den Ländern verwandt wird, sondern auch dann, wenn der Sache nach etwas Ähnliches in Maßnahmen des Bundes deutlich wird.
    Ich darf einige Gründe anführen, die uns dazu bewegen, bei unserem Nein gegenüber einem Bundeskultusministerium zu bleiben. Wir glauben, daß eine Begründung für den Föderalismus, also für das Nichtvorhandensein eines Bundeskultusministeriums, heute nur noch zum Teil in der sogenannten landsmannschaftlichen oder kulturellen Eigenheit der Länder gefunden werden kann. Die landsmannschaftliche oder kulturelle Eigenheit gilt bis zu einem gewissen Grade noch für Bayern oder für Städte wie Hamburg, Bremen und Berlin. Diese Begründung hat aber keine Durchschlagskraft mehr, wenn man sich Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz ansieht, Länder, die aus dem geschichtlichen Zufall nach dem zweiten Weltkrieg entstanden sind.
    Wir sind jedoch der Meinung, daß man den föderalistischen Aufbau in Fragen der Kultur aus zwei anderen Überlegungen unterstützen sollte. Einmal ist zu sagen, daß in diesem föderalistischen Aufbau in Fragen der Kulturpolitik ein erhebliches Maß an
    Sicherheit gegenüber der Versuchung zu einer Uniformierung dessen liegt, was sich im kulturellen Bereich tut. Zweitens liegt nach unserer Auffassung in dieser föderalistischen Struktur eine Sicherung gegenüber der Versuchung zur Steuerung der Kultur durch eine zwangsläufig zentralistisch agierende Bundesbürokratie; denn sie würde einer solchen Versuchung sicher nicht widerstehen.
    Es könnte jedoch nichts schaden, wenn sich der Herr Bundesminister des Innern in diesem Zusammenhang überlegte, ob es nicht an der Zeit wäre, die Leitung der Kulturabteilung im Bundesinnenministerium so zu besetzen, daß man sie qualitätsmäßig mit dem Leiter der Abteilung vergleichen könnte, die für die auswärtige Kulturpolitik zuständig ist; für diese Abteilung ist vor einiger Zeit eine angemessene Lösung gefunden worden.

    (Bundesminister Dr. Schröder: Das ehrt das Auswärtige Amt! Haben Sie einen Vorschlag für das Innenministerium?)

    — Es wäre das erstemal, Herr Bundesminister, daß Sie einen Personalvorschlag der Opposition ernsthaft in Erwägung zögen.

    (Beifall bei der SPD. — Bundesminister Dr. Schröder: Da täuschen Sie sich!)

    - Wir werden uns Gedanken machen und Ihnen einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

    (Bundesminister Dr. Schröder: Es hängt nur von der Qualität des Vorschlages ab! Das ist das einzige, was ich zu berücksichtigen bitte!)

    — Sehr schön!
    Lassen Sie mich nach dieser, wie ich meine, deutlichen Abgrenzung gegenüber dem Vorschlag zur Schaffung eines Bundeskultusministeriums einiges zu der augenblicklichen Situation sagen, die wir keineswegs als befriedigend betrachten. Gegenüber dem Kulturföderalismus beklagen die Menschen heute zwei Dinge. Sie beklagen die Unübersichtlichkeit des Geschehens im kulturellen Bereich und eine von ihnen vermutete — sicherlich nur zum Teil vorhandene, sachlich nicht begründbare — Zersplitterung.
    Vielleicht darf man in diesem Bundestag eine Bitte an die Kultusminister äußern: sich einmal zu überlegen, ob es in den vergangenen Jahren immer gelungen ist, die Einheitlichkeit der deutschen Kulturpolitik — nicht im Sinne der Uniformität, sondern im Sinne der Gemeinsamkeit — so sichtbar zu machen, wie die Kultusminister angesichts der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik das tun müssen, wenn der Föderalismus in der Meinungsbildung der Deutschen eine glaubwürdige Chance haben oder gewinnen soll. Föderalismus ist, glaube ich, mehr, als nur gegen Bonn sein. Manchmal hat man bei Äußerungen des einen oder anderen Kultusministers den Eindruck, daß alle Vorschläge, die aus Bonn kommen, a priori als ein Verstoß gegen den Föderalismus betrachtet werden. Ich halte das für falsch, solange nicht die Kultusminister die eben von mir zurückhaltend angedeutete Aufgabe überzeugender — sachlich und optisch überzeugender — lösen als bisher.
    Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1960 5467
    lohmar
    Nun wird man nicht verkennen dürfen, daß die Praxis dei Zusammenarbeit der Kultusminister in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gerade in dieser Richtung erkennen läßt.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Aber vielleicht wäre es nützlich, wenn sich die Kultusminister einmal Gedanken darüber machten, in welcher Weise eine engere Zusammenarbeit zwischen der Kultusministerkonferenz auf der einen Seite und dem Wissenschaftsrat und dem Deutschen Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen auf der anderen Seite erreicht werden könnte.
    Bei der Eigenart von Bürokratien, sich auseinanderzubewegen, sollte man auch überlegen, oh nicht eine institutionelle Verbindung zwischen diesen drei Einrichtungen geschaffen werden kann, die es ihnen unmöglich macht, aneinander vorbeizugehen, und sie dazu nötigt, aufeinander einzugehen. Aber das ist in der Form eine Frage, die man überlegen kann. Ich meine nur, daß hier in der Sache eine engere Zusammenarbeit erreicht werden muß.
    Dann darf vielleicht — gerade weil man bei einem föderalistischen Staatsaufbau bleiben will - eine letzte Bitte an die Kultusminister geäußert werden. Sie bezieht sich auf die Notwendigkeit der Aufstellung von Bedarfsplänen für das Bildungswesen überhaupt. Wir haben jetzt durch den Wissenschaftsrat die Möglichkeit geschaffen, eine solche Einschätzung des Bedarfs für Wissenschaft und Forschung aufzustellen. Genauso notwendig aber ist eine Übersicht über den Bedarf in den anderen Bereichen unseres Bildungswesens, die nicht nur nach Meinung der Kultusminister in ihre Zuständigkeit fallen. Man sollte zu solchen Bedarfsplänen kommen, die nicht starr sein müssen, nicht bis auf das letzte Komma fertig sein müssen, aber Hinweise für Schwerpunkte der Kulturpolitik geben.
    Lassen Sie mich auf die Frage 5 unserer Großen Anfrage zurückkommen, auf die sowohl der Herr Bundesminister wie auch Herr Kollege Dr. Heck dankenswerterweise so ausführlich eingegangen sind.
    Ich möchte zunächst ein paar Bemerkungen zu der Denkschrift und ihrem Inhalt machen. Sicher war es eine gute Idee, eine solche Denkschrift überhaupt zu verfassen und damit in den Teich einen Stein zu werfen, der auch von anderer Seite lange vorher hätte in den Teich geworfen werden können, was Herrn Dr. Scheidemann einige Irrtümer und viel öffentliche Kritik erspart hätte. Von einigen nach meiner Meinung in der Denkschrift vorhandenen Irrtümern möchte ich kurz sprechen.
    Herr Dr. Scheidemann spricht in seiner Denkschrift von einem Bedarf von 208 000 Studenten. Der Herr Bundesminister des Innern hat vorsichtig angedeutet, man solle erst einmal die Bedarfsrechnung des Wissenschaftsrates abwarten, bevor man sich hier endgültig festlege. Ich möchte nachdrücklich unterstreichen, daß die hier hypothetisch eingesetzte Zahl von 208 000 keineswegs als so gesichert angesehen werden kann, daß man darauf eine entsprechende Politik gründen könnte.
    Ein anderer Denkfehler in der Schrift scheint mir zu sein, daß Herr Dr. Scheidemann auf die seiner Meinung nach gegebene Alternative hinweist, entweder das Chaos, das wir heute an den Hochschulen lieben, in Kauf zu nehmen oder aber sich zu einer Berufslenkung zu entschließen. Diese Schlußfolgerung ist insoweit falsch, als die Alternative von Chaos nicht Lenkung, nicht Planung ist, sondern z. B. akademische Berufsberatung, die sehr viel weiter ausgebaut werden könnte. Allerdings müßte auch einer solchen Beratung eine Bedarfseinschätzung zugrunde liegen.
    Schließlich hätten wir uns gewünscht, daß in der Denkschrift nicht nur mit einem lapidaren Satz ohne jede Stellungnahme davon die Rede gewesen wäre, man könne noch nicht abschätzen, welcher Bedarf an Akademikern für die Förderung der Entwicklungsländer besteht. Der Bundesminister des Innern oder Herr Dr. Scheidemann als Verfasser dieser Denkschrift hätten sich ein Verdienst erwerben können, wenn sie diese Möglichkeit nicht nur registriert hätten, sondern auf die Notwendigkeit einer Berücksichtigung von akademisch ausgebildeten jungen Deutschen bei der Förderung der Entwicklungsländer hingewiesen hätten.
    Schließlich darf ich der Vollständigkeit halber einen demagogischen Nebeneffekt der Denkschrift zurückweisen. Ich glaube, man hätte sie nicht mit „Überfüllung der Hochschulen" überschreiben sollen; denn darum handelt es sich nicht. Es handelt sich sachlich um eine mangelnde Kapazität der Hochschulen, und das ist etwas anderes. Es sind zwei verschiedene Akzente, die damit gesetzt werden. Vielleicht kann man das im nachhinein noch korrigieren.
    Nun haben wir ebenso wie die Fraktion der CDU/ CSU diesem Hohen Hause einen Entschließungsantrag vorgelegt, der unter anderem in bezug auf die Hochschulpolitik eine Anpassung des sogenannten Honnefer Modells an die Entwicklung fordert und die Frage der Studentenwohnheime behandelt. Ich will dazu ganz wenige Bemerkungen machen.
    Wir meinen, daß die Stipendien in ihrer Höhe den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepaßt werden müßten, und zwar nicht nur beim Honnefer Modell, sondern auch bei der Studienstiftung und bei den vier Hochbegabtenförderungseinrichtungen.
    Zweitens sollte eine Ausweitung des Kreises der aus dem Honnefer Modell geförderten Studenten gefordert werden. Der Herr Bundesminister des Innern hat die Frage der Begabungsreserve angesprochen, die sicherlich einer eingehenden Untersuchung bedarf. Aber in Anbetracht dessen, daß heute nur ein Fünftel der Studenten aus dem Honnefer Modell gefördert wird, und in Anbetracht der Maßstäbe, die dieses Modell anlegt, ist durchaus eine Ausweitung des Kreises der zu Fördernden vertretbar und wünschenswert.
    Bei den Studentenwohnheimen haben wir es heute mit einer Situation zu tun, die durch drei Zahlen gekennzeichnet ist: Wir haben für 9 % der Studenten gleich 16 000 in 240 Wohnheimen Raum



    Lohmar
    geschaffen. Nach den Erhebungen, die das Deutsche Studentenwerk angestellt hat, benötigen wir für 30 % gleich 51 000 Studenten solche Wohnheime, so daß uns heute 35 000 Plätze fehlen. Professor Hallenmann hat auf Grund seiner Erhebungen erklärt, daß man bei den jetzigen Möglichkeiten etwa 60 Millionen DM pro Jahr verbauen könne. Das würde bedeuten, daß diese Ausweitung der Studentenwohnheimplätze in fünf Jahren erreicht werden könnte, wenn die Finanzierungsgrundlagen dafür geschaffen werden könnten.
    Ich halte den Ausbau der Studentenwohnheime auch aus einem Grunde für wesentlich, den man bei dieser Gelegenheit nennen darf, ohne der Debatte über die auswärtige Kulturpolitik vorzugreifen. Für ausländische Studenten in Deutschland, insbesondere für Studenten ohne Sprachkenntnisse, ist es eine sehr große Erleichterung, wenn man ihnen einen Platz in einem Studentenwohnheim geben kann, weil sie auf diese Weise sehr viel leichter Kontakt zu ihren deutschen Kommilitonen finden können, als wenn sie den oft recht eigenwilligen Vorstellungen und Verhaltensweisen deutscher Wirtinnen und Vermieter ausgeliefert werden.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Herr Lohmar, möchten Sie in einem solchen Studentenwohnheim wohnen?)

    — Es käme auf die Einrichtung an, Herr Dr. Dresbach.

    (Abg. Dr. Menzel: Besser als in einem Bunker!)

    Ich meine, die Erfahrungen, die die Einrichtungen gesammelt haben, die sich mit der Betreuung ausländischer Studenten befassen, erlauben den Schluß, daß wir eine bessere Lösung finden würden, wenn wir diesen Weg gingen.
    Lassen Sie mich mit wenigen Worten noch zu unserem Gesetzentwurf Stellung nehmen, nach dem der Wissenschaftsrat die Form einer Stiftung bekommen soll. Wir sind dazu nicht nur aus unserer Abneigung gegen ein Bundeskultusministerium gekommen, sondern wir möchten das, was sich der eine oder andere bei der Anregung, ein Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zu schaffen, gedacht hat, in dieser Form des Wissenschaftsrates verwirklichen, weil wir meinen, daß es darum geht, zwar eine Zentrale für die Bearbeitung der Fragen von Forschung und Wissenschaft zu schaffen, sie aber so einzurichten, daß ein Maximum an Selbstverwaltung und Selbstverantwortung bei den sachlich dafür Zuständigen vorhanden ist. Wir glauben, daß dies am ehesten dadurch zu erreichen ist, daß man den Wissenschaftsrat in eine weitgehend selbständige Stiftung umwandelt und ihm das Recht einräumt, der Bundesregierung und dem Bundestag die jeweiligen Bedarfspläne vorzulegen, die selbstverständlich der Kritik der Bundesregierung und der Abänderung durch die Bundesregierung oder durch den Bundestag zugänglich bleiben. Ich meine, wir würden auch dem Ansehen des Wissenschaftsrates sehr viel besser gerecht, wenn wir ihm diese Stellung einer Stiftung gäben.
    Lassen Sie mich abschließend einige ,Bemerkungen zu den beiden Entschließungsanträgen der Fraktion der CDU/CSU und meiner Fraktion machen. Ich darf vorweg vorschlagen, beide Anträge den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zu überweisen, weil ich glaube, daß sich bei einer gründlichen Diskussion über die eine oder andere Frage eine weitergehende Übereinstimmung wird erzielen lassen, als dies aus der Formulierung beider Anträge zunächst ersichtlich sein mag.
    Ich möchte Ihnen nicht verhehlen, weshalb sich meine Fraktion dazu entschlossen hat, einen eigenen Antragsentwurf vorzulegen. Um diese unsere Reserve deutlich zu machen, darf ich mir einige Bemerkungen zu dem Antrag der CDU/CSU gestatten. In Punkt 1 wird die Bundesregierung aufgefordert, die Verhandlungen mit den Ländern baldmöglichst zum Abschluß zu bringen. Das halten wir bei allem Wohlwollen, das man der Bundesregierung von Ihrer Seite entgegenbringen mag, für eine zu dehnbare Aufforderung angesichts der Tatsache, daß die Bundesregierung sehr wenig getan hat, um die Verhandlungen — wir wissen natürlich, daß Meinungsverschiedenheiten bestanden — schneller zum Abschluß zu bringen. Seit anderthalb Jahren warten wir auf einen Abschluß der Verhandlungen. Deshalb sollte man, so meinen wir, einen Termin setzen, sollte die Bundesregierung ersuchen, bis zum 1. Juni dieses Jahres die Verhandlungen zum Abschluß zu bringen und dem Bundestag einen schriftlichen Bericht über das Ergebnis vorzulegen, wie es in Nr. 1 unseres Antrages zu lesen ist.
    Zu Nr. 2 des Antrags der Fraktion der CDU/CSU ist kritisch wenig zu sagen, falls sich Bund und Länder darüber einigen können. Wir haben deshalb darauf verzichtet, diesen Punkt in unseren Antrag zu übernehmen.
    Was Nr. 3 des Antrags der Fraktion der CDU/CSU anbelangt, so darf ich bemerken, daß ich es für wenig sinnvoll halte, sich auf 200 Millionen DM für fünf Jahre festzulegen, da man den vom Wissenschaftsrat berechneten Bedarf noch nicht kennt. Warum wollen wir nicht die Bedarfsrechnung des Wissenschaftsrates abwarten, bevor wir uns auf eine Summe festlegen? Wir haben eine Anregung in dieser Richtung in unseren Antrag aufgenommen.
    Nach Nr. 4 des Antrags der Fraktion der CDU/CSU soll im Einvernehmen mit den Ländern geprüft werden, inwieweit neben dem Ausbau der vorhandenen die Gründung neuer wissenschaftlicher Hochschulen notwendig ist. Sosehr wir dieses Anliegen sachlich unterstützen, sind wir doch der Meinung, daß sich darum die Länder zu kümmern haben, aber nicht die Bundesregierung.
    Zu dem Ersuchen in Nr. 5 des Antrags der Fraktion der CDU/CSU, im Einvernehmen mit den Ländern einen Plan über den Bau von Studentenwohnheimen und Studentenhäusern aufzustellen, ist nichts Kritisches zu bemerken. Ich meine nur, daß man eine präzisere Fassung wählen und die Regierung ersuchen sollte, Verhandlungen mit dem Ziele zu führen, daß binnen fünf Jahren für 30 v. H. der Studenten Plätze in Wohnheimen zur Verfügung gestellt werden.



    Lohmar
    Nr. 6 des Antrags der Fraktion der CDU/CSU bezieht sich auf die Reform der Lehrkörper an den wissenschaftlichen Hochschulen. Wir möchten dazu bemerken, daß das eine Länderangelegenheit ist. Verhandlungen der Bundesregierung mit den Ländern darüber halten wir deswegen für überflüssig.
    Gefreut habe ich mich über den Vorschlag in dem Antrag der CDU/CSU, einen Teil der Mittel aus der Stiftung Volkswagenwerk für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung zu stellen. Wir erblicken darin immerhin eine gewisse Einsicht der CDU/CSU, daß die Anregung der sozialdemokratischen Fraktion gut war, das Volkswagenwerk im ganzen für diese Zwecke in eine Stiftung umzuwandeln. Wären Sie, meine Damen und Herren, unserem Plan gefolgt, könnten Sie jetzt in dieser Frage sehr viel großzügigere Vorschläge machen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir meinen aber, daß man jetzt nicht um der Optik willen oder um einer teilweise sachlichen Lösung willen vergessen sollte, daß man die Finanzierung der hier aufgezählten kulturpolitischen Aufgaben, soweit sie nicht Ländersache sind, nicht allein auf die Stiftung Volkswagenwerk abschieben kann; es muß mit aller Deutlichekit betont werden, daß die Verantwortung des Bundes dafür bestehenbleibt. Deswegen sollte man die Einbeziehung des Volkswagenwerks nicht eigens erwähnen.
    Der letzte Punkt des Antrages der Fraktion der CDU/CSU, der sich auf die Übernahme des Schuldendienstes der Ausgleichsforderungen in Höhe von 275 Millionen DM bezieht, ist, wie ich mir habe sagen lassen, gestern Gegenstand einer Konferenz der Finanzminister gewesen. Wir müssen das Ergebnis abwarten. Deshalb möchte ich mich im Augenblick nicht näher dazu äußern.
    Ich darf Ihre Aufmerksamkeit noch auf die Anregung in dem Antrag der Fraktion der SPD lenken, mit den Ländern, den Trägern der Erwachsenenbildung und den Hochschulen über einen Ausbau der Einrichtungen der politischen Bildung zu beraten und alle Bestrebungen auf diesem Gebiet nachdrücklich zu fördern. Sicher werden wir über Inhalt und Form einer solchen gemeinsamen Arbeit noch eingehend miteinander sprechen müssen. Aber ich müßte sowohl den Bundesminister des Innern wie Herrn Dr Heck falsch verstanden haben, wenn ich eine prinzipielle Opposition von seiten der Mehrheitsparteien gegenüber dieser unserer Anregung annehmen wollte.
    In den Verhandlungen mit den Ländern, die, so hoffe ich, jetzt ernsthaft aufgenommen werden, ist daran zu denken, daß wir vor nicht allzu langer Zeit in der sogenannten DDR einen Vorgang erlebt haben, der uns zu denken geben sollte. In der sowjetischen Besatzungszone ist ein umfassender Bildungsplan vorgelegt worden, dessen einzelne Teile nur als eine Herausforderung an die Bundesrepublik auf dem Sektor der Kulturpolitik und der Bildung verstanden werden können. Wir werden sehr viel größere Anstrengungen machen müssen als bisher, um der Herausforderung auf diesem entscheidenden Gebiet gewachsen zu sein und ihr langfristig zu begegnen.
    Vielleicht überlegen Sie einmal in diesem Sinne, was Herr von Knoeringen mit seiner Anregung gemeint hat, eine große Koalition der Bildung in unserem Volk zu erwägen und zu versuchen. Wir meinen damit nicht eine Verteilung von Ministersesseln oder die Bildung einer Regierungskoalition in diesem Hause. Wir meinen vielmehr die gemeinsame Bereitschaft und die gemeinsame Verpflichtung aller Fraktionen dieses Bundestages, zusammen mit den Ländern dafür Sorge zu tragen, daß wir unsere Bildungseinrichtungen auf der Höhe der Zeit halten oder sie auf die Höhe der Zeit bringen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, es wird Sie interessieren, daß es in diesem Hause statistisch veranlagte Kollegen gibt, die in gewissen zeitlichen Abständen einmal feststellen, wie stark alle Fraktionen noch anwesend sind. Es soll Momente geben, in denen eine Fraktion alle anderen überstimmen kann.

(Zuruf von der SPD: Verschweigen Sie es lieber!)

Nur könnte das den Erfolg haben, daß nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung die Abstimmung dann wirkungslos sein dürfte.
Als nächster von noch sechs Rednern hat der Abgeordnete Eilers das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jan Eilers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorhin wurde schon zum Ausdruck gebracht, daß Kulturdebatten im Bundestag einen gewissen Seltenheitswert hätten. Ich glaube, diesen Seltenheitswert teilen die Kulturdebatten mit den Beratungen über den Haushaltsplan des Bundes in diesem Hohen Hause. In den Haushaltsberatungen pflegt es um „nur" 40 bis 42 Milliarden DM zu gehen und darum, wie man diese hohe Summe am besten und ehesten verwendet. Ich meine, daß das Vertrauen dieses Hohen Hauses alle jene Damen und Herren dieses gleichen Hauses ehrt, die eine solche Debatte zu führen und zu tragen haben. Wir dürfen uns beim Hohen Haus für dieses Vertrauen herzlich bedanken.
    Meine Damen und Herren! Wieder einmal hat es unser Herr Bundesinnenminister verstanden, die Gemüter zu bewegen, diesmal mit der in seinem Ministerium verfaßten Schrift zur Überfüllung der Hochschulen. Ich darf insbesondere dazu und noch zu einigen anderen, aber tragenden Problemen Stellung nehmen. In der Denkschrift des Bundesinnenministeriums hat der Herr Bundesinnenminister dem deutschen Volke — wenigstens indirekt — den Vorschlag unterbreitet, es möge jeden vierten Studenten aus seinen Hochschulen herausprüfen — um nicht zu sagen: davonjagen —, damit für die anderen Luft geschaffen werde.
    Die Fähigkeit, überall anzustoßen, hat unser hochverehrter Herr Bundesminister des Innern schon so oft bewiesen, daß einige Menschen, wie ich hörte, hierin eine seiner charakterlich bedingten Unge-



    Eilers (Oldenburg)

    schicklichkeiten zu erblicken meinen. Ich kann mich allerdings dieser Auffassung keineswegs anschließen. Im Gegenteil, ich halte den Herrn Minister für viel zu klug, als daß er z, B. nicht vorher gewußt hätte, welche Erregung er mit einem solchen Vorhaben hervorrufen würde und daß eine solche Maßnahme technisch undurchführbar, für die Hochschulen unzumutbar und denkbar ungeeignet ist, die Überfüllung der Hochschulen zu beseitigen. Ich habe auch den Verdacht, sehr verehrter Herr Minister, daß Sie absichtlich den Advocatus diaboli spielen wollten, um sich auf diese Weise von der Welle des Unmutes in der Bevölkerung hochtragen zu lassen und um dann in diesem Hause eine größere Geneigtheit für Ihre weitreichenden Vorschläge zu finden.
    Wenn Sie, Herr Minister, durch den von Ihnen hervorgerufenen Sturm unter anderem auch bezweckt haben sollten, die Herzen Ihrer nahen und nächsten Parteifreunde aufzuschließen, damit die Mittel für die Zwecke der Forschung, Lehre und Wissenschaft in Zukunft reichlicher fließen als bisher, dann können Sie gewiß sein, daß die große Mehrheit dieses Hauses und auch der Freien Demokraten Ihnen Dank und Anerkennung nicht versagen wird.
    Es scheint mir aber wesentlich zu sein, einmal herauszubekommen, was der Herr Bundesinnenminister tatsächlich geplant hat. Deshalb habe ich mir gestattet, nicht nur sein Vorwort, sondern selbstverständlich den gesamten Inhalt dieser Schrift zu studieren. Ich sage das, da Sie es vorhin bei Ihren Ausführungen beklagten, Herr Bundesinnenminister, daß offensichtlich manche, die über diese Schrift sprächen, sie wenig gelesen zu haben schienen. Aber was Sie im Vorwort gesagt haben, haben Sie zweifellos selbst gewollt. Dort sagten Sie erstens, Sie hätten einen Diskussions-Beitrag leisten wollen. Nun, das ist Ihnen gelungen. Sie haben nicht nur eine Diskussion, Sie haben einen Sturm entfacht. Sie hegten zweitens die Hoffnung, daß durch diese Schrift auch Taten ausgelöst würden. Sie haben allerdings in Ihrem Vorwort leider verschwiegen, welche Taten Sie nun erwarten; denn daß Sie im Ernst das „Herausprüfen" als eine Tat ansehen, kann ich von Ihnen nicht erwarten. Wenn der Herr Bundesinnenminister — soweit kennen wir ihn doch, glaube ich, alle — bescheiden wird wie in diesem Vorwort, dann wird es entweder gefährlich oder wahrhaftig. Ich glaube, daß die SPD sich deshalb den letzten Punkt ihrer Großen Anfrage in dieser Form hätte sparen und selbst beantworten können, nämlich dergestalt: Die Bundesregierung will die übergeordneten Gesichtspunkte zum Tragen bringen; sie will, auch wenn sie sich dessen vielleicht noch nicht so ganz bewußt war, in allen ihren Teilen damit das Bundeskultusministerium oder wenigstens ein Bundesministerium für Erziehung und Wissenschaft.
    Wir Freien Demokraten haben ein solches Ministerium immer gewollt, wir sehen in diesem Ministerium den Kern des ganzen Problems und den einzigen Schlüssel zu seiner Lösung.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen]: Ach!)

    — Ja, sehr verehrte Frau Kollegin Wessel.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Aachen]: Wie heiße ich? Sie wissen meinen Namen nicht?)

    — Sehr verehrte Frau Kollegin Weber! Ich habe mich versprochen. Das kann schon einmal passieren. Ich habe gar keinen Grund, eine Änderung Ihres Namens beim Standesamt zu beantragen.

    (Heiterkeit. — Abg. Schröter [Berlin]: Alles Helenen!)

    — Ja, es sind beides Helenen! Also ich glaube, diese Bekräftigung ist immerhin interessant.
    Meine Damen und Herren, es wurde hier davon gesprochen, daß von der SPD, und zwar von Herrn von Knoeringen, die „große Koalition der Bildung" gefordert worden sei. Das, was der Herr Bundesinnenminister mit „übergeordneten Gesichtspunkten" bezeichnet, das, was Herr von Knoeringen die große Koalition der Bildung nennt, und das, was wir mit der Forderung nach Schaffung eines Bundesministeriums für Erziehung und Wissenschaft bezeichnen möchten, ist nämlich das gleiche. Wenn Sie anderer Meinung sind, Herr Kollege Frede, können Sie es ja zum Ausdruck bringen. Wir sind bereit, mit allen Parteien dieses Hohen Hauses gemeinsam das heiße Eisen anzupacken und zu schmieden. Wir sind auch bereit — und was ich hier sage, ist wohl beachtlich —, jeden sonst leider nur zu berechtigten Argwohn gegenüber der Bundesregierung hintanzustellen und angesichts dieser staatspolitischen Aufgabe auch die Fragen der Parteitaktik zurückzustellen. Wir können nämlich nicht gut der Bundesregierung die Verantwortung aufbürden und ihr gleichzeitig das einzige Instrument vorenthalten, mit dem sie der uns bedrohenden Not wirksam zu Leibe gehen und dem wahren Föderalismus eine ebenso echte und dauernde Ergänzung und Stützung geben könnte, nämlich eine wirksame Bundesinstanz für das gesamtdeutsche Erziehungs- und Bildungswesen.
    Es bleibt uns im Interesse unserer Jugend keine Zeit, zu warten, bis einmal eine spätere und anders zusammengesetzte Bundesregierung an die Arbeit gehen kann. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat den Notstand für die deutschen Hochschulen ausgerufen. Wir dürfen das nicht überhören. Der Notstand ist da. Ich darf auf das verweisen, was Herr Professor Coing, der Präsident des Wissenschaftsrates, gestern oder vorgestern noch einmal in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben hat.
    Ich appelliere an die Bundesregierung, an die Regierungsparteien und an die Männer und Frauen der Opposition in diesem Hause: Lassen Sie uns heute und hier freimütig und in vertrauender Großzügigkeit die große Koalition der Bildung verwirklichen! Das Volk fordert von uns, daß wir ihm in seiner Not helfen. Die übergeordneten Gesichtspunkte des Herrn Bundesinnenministers — ich darf es wiederholen —, die große Koalition der Bildung und das, was wir Freien Demokraten wollen, sind, wenn auch mit unterschiedlichen Worten dargestellt, im Grunde das gleiche Wollen, resultiert aus der Beachtung der gleichen Sorge und der gleichen Not.



    Eilers (Oldenburg)

    Sollten wir uns hier nicht zu einer entscheidenden Tat aufraffen können, dann befürchte ich allerdings, daß wir noch einmal über diese Frage nicht mehr werden miteinander sprechen können. Dann wird das Bildungsniveau unseres Volkes weiter steil nach unten fallen. Wir aber tragen dann auch die Schuld, denn wir in diesem Hause sind die einzigen, die in der Lage wären, übergeordneten Gesichtspunkten — und um diese allein geht es bei unserem Problem — zum Durchbruch und zur Geltung zu verhelfen.
    Ist es nicht betrüblich, daß gestern, offensichtlich in der Sitzung der Konferenz der Länderkultusminister, der Berliner Senator für das Bildungswesen, Herr Senator Tiburtius, sein Amt zur Verfügung gestellt hat, weil er im Kreise seiner Kollegen, nämlich der Länderkultusminister, der einzige war, der es wagte, für eine Bundesinstanz — er nannte es das Bundeskultusministerium — einzutreten! Mir scheint, in dieser Tatsache liegt die eigentliche Ursache all unserer Sorgen und Befürchtungen: daß wir uns nicht durchzuringen bemühen.
    Auf dem Gebiet des Erziehungs- und Bildungswesens fehlt uns der gemeinsame Weg, fehlen uns die gemeinsamen Richtlinien und Begriffe, fehlt uns ein gemeinsam anzustrebendes Ziel. Das hat mit Gleichmacherei absolut nichts zu tun. Aber es muß doch möglich sein, in unserer Bundesrepublik eine tragende Richtlinie für das Wesentliche zu finden, nach der wir einigermaßen einheitlich arbeiten könnten.
    Lassen Sie mich an dieser Stelle wenigstens ein kurzes Wort des Dankes an den Beamten einfügen, der diese Schrift des Bundesinnenministeriums erarbeitet hat und dafür nach meiner Meinung völlig zu Unrecht Prügel bezogen hat. Er hat seine Arbeit redlich getan und Lösungen angeboten, die wir — und darüber können wir uns nicht täuschen — annehmen müssen, wenn wir nicht bereit sind, über den diesem Beamten vorgeschriebenen Rahmen unseres Verfassungslebens hinauszugehen. Das Erscheinen dieser Schrift ist leider ihr einziges Verdienst. Der Minister aber irrt, wenn er meint, daß sie übergeordnete Gesichtspunkte zum Ausdruck bringe. Ich bin mit Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, der Meinung, daß schon die Themenstellung falsch ist. Es dürfte nicht heißen „Überfüllung der Hochschulen", nein, es müßte vielmehr heißen „Unterentwicklung und Vernachlässigung der Hochschulen". Das wäre das richtige Thema gewesen, und seine Behandlung hätte uns auch zu richtigen Schlußfolgerungen geführt.
    Meine Damen und Herren, damit soll durchaus nicht verkannt werden, daß die Länder in einem ganz erheblichen Umfang Leistungen auch finanzieller Art erbracht haben. Herr Professor Coing hat darauf hingewiesen, daß allein in den zehn Jahren 1,2 Milliarden DM von den Ländern dafür investiert worden sind. Das ist zweifellos eine Leistung. Aber alle diese Leistungen genügen nicht, weil die Folgen der Geburtenlawine der Jahre 1934 bis 1941, wie wir alle wissen, auf die Universitäten zukommen. Wir hätten es längst wissen müssen, wenn wir uns einigermaßen rechtzeitig mit dieser Frage befaßt hätten.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)

    Es gibt für uns keinerlei Entschuldigung. Wir sollten uns darauf einrichten, endlich das anzufangen, was wir bisher leider zu tun versäumt haben.
    Die einzelnen Länder haben vieles, oft ihr Möglichstes getan, ohne Zweifel. Aber für größere Aufgaben reichten ihre einzelnen Kräfte und ihre Mittel zweifellos nicht aus. An der eifersüchtig bewachten Kulturhoheit — so wird es ja leider immer wieder zum Ausdruck gebracht — der Länder wird der Föderalismus eines Tages zugrunde gehen, wenn der Bund nicht treuhänderisch für seine Glieder handelt, wenn der Bund ihnen nicht aus dieser Verfassungsnot hilft. Darum handelt es sich doch im Grunde.
    Der Bund hat durch den Bundesinnenminister gesprochen. Was ist dabei herausgekommen? Der numerus clausus, das Herausprüfen! Ich darf den Herrn Minister fragen, ob er einmal darüber nachgedacht hat, wen dieses Herausprüfen trifft. Ich mache ihm keinen Vorwurf; denn er hat sich nicht mit all den Maßnahmen, die in der Schrift aufgezeigt wurden, identifiziert. Aber lassen Sie uns das selbst einmal sagen: Die Generation, um die es jetzt geht, hat in ihren ersten Kinderjahren den Krieg und die Bombennächte erlebt. In der Nachkriegszeit hatten wie diesen heranwachsenden Menschen nichts anderes zu bieten als Hunger, Wohnungselend, Schwarzmarkt und leider auch Unmoral.

    (Abg. Dr. Frede: Und überfüllte Klassen!)

    — Darauf komme ich gleich noch, Herr Frede. Wir haben an ihnen erzieherisch herumexperimentiert, wir haben sie als Versuchskaninchen betrachtet und haben sie noch durch den Schichtunterricht gejagt. Schließlich, als es uns wieder besser ging, haben wir sie verwöhnt und leider viel zuviel allein gelassen. Jetzt stellen wir uns hin und machen sie für das verantwortlich, was wir, die ältere Generation, allein verschuldet haben. Jetzt erklären wir: Ihr seid nicht reif und würdig für die Universität, wir werden die Tore zur Bildung vor euch verschließen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    vor euch, unseren Kindern!
    Meine Damen und Herren, wir sind nicht bereit, das zu tun. Bitte, betrachten Sie das nicht parteipolitisch, sondern als eine Frage, die uns alle miteinander angeht, auch unseren guten Freund Stoltenberg, der vor einiger Zeit meinte, wir hätten keinen Schichtunterricht mehr in der Bundesrepublik.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Dann müssen Sie meine Ausführungen erst nachlesen, bevor Sie falsch zitieren, Herr Kollege!)

    — Sie kommen ja nachher noch heran und können das richtigstellen, wenn Sie inzwischen anderer Meinung geworden sein sollten.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Zitieren Sie etwas sorgfältiger!)

    — Ja, das tue ich.
    In der ganzen Entwicklung unseres gemeinsamen Erziehungs- und Bildungswesens nach dem Kriege spiegelt sich nach meiner Auffassung die Tragik



    Eilers (Oldenburg)

    eines überspitzten und völlig mißverstandenen Föderalismus wider. Man spürt wohl mit ungutem Gewissen die Notwendigkeit einer Gemeinsamkeit. Aber dem gemeinsamen Bund das Vertrauen und damit die Aufgaben zu übertragen, dazu konnte man sich bisher nicht aufraffen. So blieb alles Stückwerk, blieb fast alles auf der Strecke.
    Die Not führte die Rektoren der westdeutschen Universitäten und Hochschulen zur Rektorenkonferenz zusammen. Machtlos, handlungsunfähig kann diese Konferenz leider nur mahnen und bitten und muß sich auf die Vertretung der Interessen ihrer angeschlossenen Hochschulen beschränken.
    Vor kurzem hat man nach vielem Hin und Her den Wissenschaftsrat gebildet. Ich hoffe nicht nur, sondern bin auch überzeugt davon, daß wenigstens er zu übergeordneten Gesichtspunkten kommt. Aber, meine Damen und Herren, das frage ich Sie: Wenn ja, wer ist dann da, um sie auszuführen oder für ihre einheitliche Befolgung zu sorgen, nämlich für das, was als Erkenntnisse und Vorschläge des Wissenschaftsrates auf den Bund und die Länder zukommen wird?

    (Zuruf: Bund und Länder!)

    — Ja, ja, da ist die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder, meine Damen und Herren.

    (Abg. Dr. Frede: Bauen Sie die aus!)

    — Sehr verehrter Herr Kollege Frede, nennen Sie mir eine einzige große Tat, eine einzige bahnbrechende Handlung, zu der diese Konferenz bisher fähig gewesen ist!

    (Beifall bei ,der FDP.)

    Ich kenne keine. Daß sich diese hochachtbaren Herren Kultusminister darum bemühen, wissen wir. Wenn sie aber nach Hause kommen und der gesamten Landesregierung berichten, wird ihren Vorschlägen nur teilweise gefolgt.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen]: Das wird der Arbeit nicht gerecht, Herr Kollege!)

    — Doch! (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Nein!)

    Ich anerkenne durchaus, daß sie sich in Teilfragen außerordentlich stark bemüht haben. Aber eine wirklich bahnbrechende, eine tragende Handlung haben sie nach meiner Auffassung bisher nicht aufzuweisen vermocht.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, Sie haben die Möglichkeit, Ihre Auffassung nachher zum besten zu geben.
    So, wie die Lage sich zeigt, haben wir bisher im Leerraum eines nicht existenten Bundeskultusministeriums herumexperimentiert. Hoffentlich werden Bildung, Forschung und Lehre nicht auch in der Zukunft weiter so zerwaltet und heruntergewirtschaftet, bis von dem einstigen Glanz und der einstigen Größe deutscher Bildung nicht mehr viel vorhanden sein wird.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Lassen Sie mich das hier ruhig einmal ansprechen. Wir haben in diesem Hohen Hause so selten eine Kulturdebatte. Das muß einmal gesagt werden.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Essen] : Aber nicht so!)

    Die Misere beginnt bei uns ja bereits in der Grundschule. Unser Volk der Dichter und Denker hat noch nicht einmal eine einheitliche Grundschule. Wir sind uns nicht einig über das Erziehungssystem, wir sind uns auch nicht einig über die Dauer einer solchen Schule, die für alle und alles die Grundlage bilden soll.

    (Zurufe von der CDU/CSU und von der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, wenn unsere deutsche Muttersprache nicht so übermächtig wäre, würden sich, glaube ich, heute schon die Erziehungsprodukte einer solchen Zerrissenheit und Zerfahrenheit nicht mehr der gleichen Sprache bedienen.

    (Lachen und Zurufe von der SPD.)

    — Ja, Sie meinen, das habe mit der Überfüllung der Hochschulen wenig zu schaffen.

    (Zuruf des Abg. Schmitt [Vockenhausen].)

    — Lieber Herr Schmitt, Sie pflegen, wenn Sie Gemälde zeichnen, mit scharfen Konturen zu arbeiten. Mir geht es heute genauso. Ich freue mich immer, wenn Sie so scharf und deutlich zeichnen.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Schärfe ist Ihnen wichtiger als Genauigkeit, scheint mir!)

    — Die Genauigkeit ist durchaus darin, lieber Herr Stoltenberg. Es ist doch in der Tat so, daß unsere Grundschule heute je nach den wechselnden Mehrheiten unserer Landesregierungen vier oder sechs Jahre dauert.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Die Aussage ist doch in dieser Form nicht richtig! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist doch albern! — Lebhafte Zurufe von der SPD und der CDU/CSU.)

    — Meine Damen und Herren, es ist Tatsache, daß wir in Hamburg noch bis vor einigen Jahren die sechsjährige Grundschule hatten.

    (Zuruf: Hamburg, Bremen, Berlin!)

    — In Bremen haben wir jetzt noch die sechsjährige Grundschule. Wir leisten es uns, in Bayern im Herbst einzuschulen, in allen anderen Ländern dagegen im Frühjahr.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch etwas ganz anderes! — Abg. Dr. Heck [Rottweil] : Herr Kollege, Sie sind hier in erstaunlichem Umfang einfach nicht orientiert!)

    — Herr Heck, was ich sagte, trifft schon zu!
    Wir wissen alle, daß die Eltern, die einmal den Wohnort wechseln müssen, die größten Sorgen wegen der Nöte ihrer Kinder haben.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch eine Langspielplatte! — Abg. Dr. Frede: Es kommt auf den Geist an, den die Kinder haben! Die Begabung müssen sie mitbringen!)




    Eilers (Oldenburg)

    — Hochverehrter Herr Frede, Sie wissen ganz genau, daß die Freizügigkeit, die im Grundgesetz verankert ist, durch die Verschiedenheit der einzelnen Schulsysteme weitgehend aufgehoben wird. Sie können einer Familie mit vier oder sechs Kindern gar nicht zumuten, von Bayern nach Bremen und von Bremen etwa nach Niedersachsen umzusiedeln.
    Der Rahmenplan ist zwar gestaltet worden. Ich will darüber nicht sprechen. Wir werden über diesen Rahmenplan in Deutschland noch sehr viel zu reden haben. Ich hoffe nur, daß nach Verabschiebung eines solchen Planes endlich das Herumexperimentieren mit unseren Kindern aufhört, und ich bin davon überzeugt, daß das möglich ist. Wir sehen, daß in der Grundschule und auch in der Oberschule verschiedene Systeme in Deutschland herrschen. Dann stellen wir überrascht fest, daß 25% unserer Studenten nicht die Universitätsreife haben. Anstatt ihnen zu helfen und die an ihnen begangenen Fehler wiedergutzumachen, weiß die Studie des Bundesinnenministeriums nichts anderes anzubieten als die vorübergehende Einführung eines Numerus clausus oder ein Herausprüfen. Bei diesem Herausprüfen kann es sich doch nur um ein Prüfen auf Quantität und nicht auf Qualität handeln. Denn wer an den Universitäten sollte angesichts der Überlastung, die wir an den Universitäten heute schon haben, solche Prüfungen durchführen.
    Es wird behauptet, daß die deutsche Wissenschaft, die seit 1935 mehr und mehr vom Ausland isoliert war, wieder den Anschluß an den internationalen Standard gefunden hat. Ich möchte diese Behauptung nicht in Bausch und Bogen gelten lassen. Das Ergebnis ist aber sicherlich nicht auf Grund einer glänzenden Verwaltungsleistung von Regierung und Parlamenten erreicht worden, sondern nur deshalb, weil die Elite der deutschen Wissenschaftler jede freie Minute, die ihr ein solcher Massenbetrieb noch läßt, mit geradezu übermenschlicher Kraft ihrer Forschung widmet. Noch erhalten die deutschen Wissenschaftler sich die Höhe ihrer geistigen Leistung — ich betone das „noch" —, aber auch die Wissenschaftler sind in ihren eigenen Ordnungen befangen, in Ordnungen, die ihre Wurzel in der Vergangenheit und ihre heutige Berechtigung oft auch im wesentlichen in der Tradition haben.
    Ich will Gesagtes nicht wiederholen, auch mit Rücksicht auf diese Stunde und diesen Tag. Aber lassen Sie mich sagen, daß das Gebot der Stunde nach meiner Auffassung lautet: Raum und Freiheit für Wissenschaft, Forschung und Lehre. Die Vergleichszahlen aus dem Ausland sind bereits vorgetragen worden, ich will auch sie nicht wiederholen.
    Ich muß noch einmal das sagen, was Professor Coing ausgeführt hat: daß eine große Zahl, nämlich 15 %, unserer Hochschulprofessoren in der Zeit von 1933 his 1937 Deutschland verlassen mußten und daß bis zum Jahre 1939 45 % aller Lehrstühle an den Hochschulen und Universitäten umbesetzt wurden. Der Verlust an geistiger Substanz, Lehrfähigkeit und Forschung ist überhaupt nicht in Zahlen auszudrücken.
    Lassen Sie mich noch etwas, was heute nicht angesprochen wurde, in unser Gedächtnis zurückrufen; es Ist in diesem Zusammenhang durchaus interessant und wichtig. Der Ausschuß für Fragen der wissenschaftlichen und technischen Forschung des Europarates hat zur Gründung einer europäischen Universität aufgerufen. Er hat folgendes gesagt — ich darf das zitieren —:
    Es ist allgemein bekannt, daß die bestehenden Landesuniversitäten wegen Überfüllung schon den bisherigen Forschungs- und Lehraufgaben, vor allem als Forschungsanstalten nicht gerecht werden können. Es wird allgemein beklagt, daß viele Landesuniversitäten unter dem Zwang der Verhältnisse ihre Anstrengungen auf Lehrtätigkeit beschränken müssen. Die gegenwärtigen Schwierigkeiten können durch Vergrößerung des Lehrkörpers allein nicht überwunden werden. Die Gründung neuer Universitäten ist daher dringend erforderlich.
    Was ist aber festzustellen? Ausgerechnet die deutschen Vertreter im Europarat haben die Gründung einer solchen Universität abgelehnt.
    Ohne den Qualitätsunterschied zu leugnen, halte ich es doch für etwas wenig Schönes in unserer westdeutschen Kultur, daß in einer Zeit, in der in der sowjetischen Besatzungszone 28 neue Hochschulen eröffnet wurden, in der Bundesrepublik nur 4 Neugründungen erfolgten. Was soll man dazu sagen, daß sich dann in derselben Zeit die freie Welt weigert, eine solche europäische Universität ins Leben zu rufen? Das scheint mir nicht miteinander zusammenzuklingen.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Essen] : Dazu kann man allerlei sagen!)

    — Ja, dazu kann man allerlei sagen, sehr verehrte Frau Kollegin Weber. — Man sollte im Zusammenwirken der freien Völker Europas versuchen, eine gemeinsame geistige Grundlage zu finden.
    Das graue Bild, das ich Ihnen hier zeichnen mußte, läßt noch manche schwarze Farbflecke vermissen, die man eigentlich hätte hinzufügen sollen. Die Überwindung dieser grauen Situation

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Grauen Theorie!)

    ist nur möglich, wenn wir in der Tat versuchen, aus den uns alle verbindenden Zielen die Folgerungen zu ziehen, und bereit sind, die notwendige Organisationsform für ,ein deutsches Erziehungs- und Bildungswesen zu schaffen.

    (Abg. Dr. Frede: Und in Oldenburg eine Universität!)

    — Warum nicht, lieber Herr Frede? Ich nehme an, daß Sie das unterstützen werden, zumal der nordwestdeutsche Raum seit Jahrhunderten einen solchen weißen Fleck — keinen schwarzen — aufzuweisen hat, und ich würde es durchaus begrüßen, wenn ich dabei Ihre Unterstützung fände.

    (Beifall bei der FDP.)

    Der Herr Bundesinnenminister ließ es zu, daß in der Denkschrift davon gesprochen wurde, wir hätten zu viele Studierende. Ich behaupte: wir haben



    Eilers (Oldenburg)

    zu wenig Studenten. Ich kann nur mit Besorgnis in die Zukunft blicken, wenn ich an die auf uns zukommende geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus, an die Weiterentwicklung der Industriegesellschaft, an die immer näher auf uns zukommende und fortschreitende Automation denke. Gewiß, viele der heutigen Studierenden studieren zuviel, und viele studieren falsch. Aber über eines sollten wir uns nicht täuschen: Der Osten verwirklicht das, von dem wir immer behaupten, es sei unser Ziel, nämlich die Mobilisierung des letzten Bildungspotentials. Während dort die Menschen zu Hunderttausenden in mittlere und höhere Fachschulen gehen, während dort auch Unterbegabte durch Training und Schulung dazu gebracht werden, daß sie einen gehobenen oder teilweise gehobenen Beruf ausfüllen, während dort über die Hälfte des intellektuellen Nachwuchses aus der breiten Schicht der Arbeitnehmer gewonnen wird, erklärt das Bundesinnenministerium in seiner Studie, man dürfe das vorhandene Bildungspotential nicht überschätzen. Herr Bundesinnenminister, woher wissen Sie, daß das Bildungspotential in unserem Volk bereits erfaßt ist?

    (Bundesinnenminister Dr. Schröder: Auf Grund vieler wissenschaftlicher Untersuchungen!)

    — Schön, ich komme darauf noch zu sprechen. Ich möchte auch sehr gern einmal eine Schrift darüber vom Bundesinnenministerium erhalten.
    Es geht aber nicht darum, was heute ist, sondern wir müssen uns fragen, was wir in 10, 20 oder 30 Jahren an Führungskräften benötigen. Wir dürfen nicht vergessen, daß es in unserer heutigen Zeit um den Kampf zweier Gesellschaftsstrukturen geht, daß seit 40 Jahren eine eigentumslose Funktionärsgesellschaft des Bolschewismus gegen unsere gegliederte Eigentumsgesellschaft mit der Freiheit und Würde des Menschen anrennt. Dieses Problem ist nicht mit Atombomben zu meistern, sondern dazu bedarf es eines geistigen Bewußtseins der Freiheit, das jeder Angehörige unserer Gesellschaft haben muß.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)

    Wissen wir eigentlich alle, daß auf jeden ausgebildeten deutschen Techniker acht ausgebildete Techniker in den Vereinigten Staaten und 28 in der Sowjetunion entfallen. Man komme mir bitte nicht mit dem alten Lied des Leistungs- und Qualitätsunterschiedes. Sind wir so sicher, daß der so groß ist — ich meine das im technischen, nicht im humanen Sinne —? Wer hat sich einmal Gedanken darüber gemacht, auf welche Leistungshöhe dieser eine deutsche Techniker noch gehoben werden müßte, um gegenüber den 28 bestehen zu können? So viele Fragen und, wie ich befürchte, so wenig Antworten.

    (Abg. Dr. Frede: Eine ganz andere Bevölkerungsrelation!)

    — Das ist richtig, aber dennoch dürfen wir dann
    nicht sagen, unser Bildungspotential sei erfaßt und
    wir könnten auf eine weitere Erfassung verzichten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Ich möchte an den Herrn Bundesinnenminister die Bitte richten, uns doch einmal eine Schrift etwa gleicher Ausführung und gleichen Umfanges wie die Denkschrift zu unterbreiten, in der auf diese Fragen Auskunft gegeben wird. Wir wollen und müssen nämlich auf diese Fragen eine Antwort haben. Der Bedarf an geistigen Führungskräften kann nicht so bemessen werden wie der Stellenplan einer deutschen Verwaltungsbehörde; er richtet sich vielmehr nach der politischen Situation unseres Volkes von morgen.
    Die Bundesrepublik gibt für die militärische Aufrüstung jährlich 10, 11 oder vielleicht 12 Milliarden DM aus. Der Ausbau und die Neugründung von Universitäten entsprechend den Vorschlägen des Wissenschaftsrates würde schätzungsweise in den nächsten fünf Jahren den einmaligen Betrag von 21/2, 3 oder 4 Milliarden DM erfordern, je nachdem, ob wir die Studentenwohnheime einrechnen oder nicht. 13 Milliarden DM geben wir für Subventionen aus; der Herr Bundesfinanzminister hat erklärt, diese Subventionen seien der Krebsschaden unseres Haushalts. Angesichts dieser Zahlen sollten wir auch bereit sein, in den nächsten fünf Jahren einmal den Betrag von 21/2, 3 oder 4 Milliarden DM aufzuwenden.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Die Freien Demokraten schlagen Ihnen vor, aus unserer Mitte eine Kommission von etwa acht bis zehn Köpfen zu bilden, die im Sonderauftrag und in Zusammenarbeit von Bundestag, Bundesregierung und Wissenschaftsrat uns die Vorschläge unterbreiten, auf die wir uns dann in diesem Hohen Hause einigen können.
    Wir sollten auch bereit sein — ich komme damit auf meine anfängliche Anregung zurück—, sofort eine Bundesinstanz zu schaffen. Ich bin mir klar, daß mit der Organisation allein noch nichts getan ist. Aber wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit wir überhaupt handeln können.
    Wenn wir uns schon nicht entschließen können, sofort ein eigenes Bundesministerium für Erziehung und Wissenschaft aus der Taufe zu heben, dann sollten wir wenigstens ein bereits bestehendes Ministerium befristet bevollmächtigen, für die allgemeine Durchsetzung von übergeordneten Gesichtspunkten tätig zu werden. Dabei denke ich allerdings nicht an das Bundesinnenministerium. Mit Herrn Professor Schmid teile ich die Abneigung, kulturelle Fragen in die Nähe von Verwaltung und Polizei zu rücken.

    (Bundesinnenminister Dr. Schröder: So viel Polizei haben wir doch wirklich nicht!)

    — Aber in diesem Falle langt es!
    Wenn wir jedoch nicht sogleich ein neues Ministerium schaffen wollen, dann bietet sich das Bundesratsministerium geradezu an.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Was kostet das die Verwaltung? — Weitere Zurufe von der Mitte.)




    Eilers (Oldenburg)

    - Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, sich diesen Gedanken einmal anzuhören. Ich glaube, er kommt auch Ihren Intentionen entgegen.
    Der Minister für Angelegenheiten des Bundesrates hat sicherlich Erfahrung im Koordinieren und im behutsamen Ausgleich. Wir können, glaube ich, sicher sein, daß er nicht die — in Anführungsstrichen gesprochen — „blühende Fülle" unserer Länder in ein „trostloses Einerlei" verwandelt, sondern daß er mit ruhiger Hand auf der einen Seite Bewährtes bewahrt und auf der anderen Seite Störendes entfernt. Wir sollten bereit sein, das zu tun, und in diesem Ministerium auch die Mittel zusammenfassen, die aus der von der SPD vorgeschlagenen Stiftung „Wissenschaftsrat" und aus der Stiftung „Volkswagenwerk" fließen, damit sie einheitlich eingesetzt werden können.
    In diesem Hause sind wir uns wohl alle einig, daß ein Zurückdämmen der Bildungswelle einfach nicht gestattet werden kann. Die bestehenden Hochschulen müssen schnellstmöglich ausgebaut und auf eine optimale Größe ausgeweitet werden. Ich bin da mit Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU und von der SPD einer Auffassung. Ich glaube wie Sie, daß jede Hochschule irgendwo eine Fassungsgrenze hat, die nicht überschritten werden darf, wenn sie Hochschule bleiben soll. Nicht jede Hochschule kann soweit ausgebaut werden, daß sie beliebig viele Studenten aufnehmen könnte. Ist aber eine Hochschule bis zu ihrer optimalen Grenze ausgebaut, müssen wir dann, wenn sie voll belegt ist, für sie den Numerus clausus verhängen. Das ware berechtigt und würde, glaube ich, auch verstanden werden.
    Darüber hinaus aber kommt auf die Bundesregierung als Aufgabe die wesentliche finanzielle Unterstützung der Neugründung von Universitäten zu. Ich stimme da durchaus mit dem Kollegen Heck überein.
    Ich meine auch, wir sollten alles tun, um der Wohnungsnot unserer Studenten zuleibe zu gehen, Mittel dafür planvoll einsetzen. Meine Damen und Herren, ist es nicht bedauerlich, daß wir zwar Jahr für Jahr eine halbe Million Wohnungen errichten, es aber bisher nicht fertiggebracht haben, hunderttausend Studentenzimmer zu schaffen? Ein Bauplan dafür wäre mit Hilfe des Deutschen Studentenwerks sicherlich schon in absehbarer Zeit zu erlangen, so daß wir uns insoweit auf eine gute Vorarbeit des Studentenwerks stützen könnten.
    Schließlich und endlich sollten auch die Universitäten aus ihrer Trägheit herauskommen und dem Neuen den Platz einräumen, der ihm gebührt, das heißt, daß nicht nur die alten Disziplinen, sondern auch junge, denen die Jugend besonders zustrebt, hinreichend mit Lehrkräften ausgestaltet werden. Hier wäre für die akademische Selbstverwaltung ohne Zweifel noch ein weites Feld.
    Ich teile auch die Auffassung, die sowohl von der SPD als von der CDU hier ausgesprochen wurde, daß das Fachschulstudium weiter auszubauen wäre, daß mehr Fachhochschulen als bisher zu errichten und von den eigentlichen Universitäten zu trennen wären.
    Ich will über anderes, was hier schon erörtert worden ist, nicht mehr sprechen, auch nicht über den „Zweiten Bildungsweg", möchte nur auf ein Letztes und meiner Ansicht nach Wichtiges zu sprechen kommen. Meine Damen und Herren, wir kennen alle die Namen Krupp, Bosch und Zeiß, auch in Verbindung mit Stiftungen. Diese sind natürlich geringeren Umfangs als etwa die Rockefeller-Stiftung oder die Ford Foundation, oder auch als etwa die Stiftung Volkswagenwerk, die uns ja nun einige Mittel geben wird. Wenn auch nicht verkannt werden darf, daß die Beiträge der Wirtschaft zur Forschungsgemeinschaft einen echten Beitrag darstellen, so sind doch Stiftungen der Wirtschaftsführer leider in unserem Wirtschaftswunderland bisher weitgehend unbekannt.

    (Zuruf: Na, Na! Stifterverband!)

    Nichts aber hindert die Inhaber großer Vermögenskonzentrationen, durch Stiftungen, die ihren Namen tragen, das gesamte Volk zum Miteigentümer dieser Vermögen zu machen. Diese Mahnung richte ich an die Öffentlichkeit, da gegenwärtig einzelne Unternehmen 12 bis 16 % Dividende verteilen. Eine noch schönere Form des Miteigentums als ein Schule, eine Universität, eine Akademie oder eine Bibliothek vermag ich mir schlechthin nicht vorzustellen. Ein solches Miteigentum würde auch noch den Enkeln und Urenkeln dienen und den Namen derer wachhalten, die die Stiftung veranlaßten.
    Meine Damen und Herren, ich habe versucht, auf einiges hinzuweisen, was nach meiner Auffassung falsch verstandener und überspitzter Föderalismus war. Ich habe auch Fehler aufzuzeigen versucht. Ich habe bei Ihnen nicht immer den vollen Beifall finden können. Darüber bin ich mir von vornherein klar gewesen. Wohin kämen wir, wenn wir stets von vornherein einer Meinung wären, wenn wir nicht mehr in der Lage wären, eine sachliche, harte Auseinandersetzung zu führen. Die Besorgnis aber, daß wir etwas falsch machen könnten, darf uns nicht Begründung dafür sein, überhaupt nichts zu tun.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Voraussetzung allerdings ist, daß wir nicht nur im Politischen, sondern im Staatsmännischen denken. Im Erziehungs- und Bildungswesen geht es nach meiner Überzeugung nicht um politische Momente allein, es geht um die kommenden Generationen. Denken wir daran: „Geld in Schulen angelegt stets die besten Zinsen trägt!"

    (Abg. Schröter [Berlin] : So steht es in den Rathäusern. Aber die Herren handeln nicht danach! Seit 50 Jahren!)

    — Vielleicht wird danach doch noch gehandelt.
    Meine Damen und Herren! Die FDP hatte vor, wie die CDU/CSU und die SPD Ihnen einen Antrag vorzulegen. Da aber wahrscheinlich Zweifel über die Beschlußfähigkeit auftauchen würden, werden wir uns erlauben, Ihnen den Antrag dann zu überreichen, wenn das Haus beschlußfähig ist.

    (Beifall bei der FDP.)