Rede:
ID0309500800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 0
    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 95. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1960 Inhalt: Erklärung zu den antisemitischen Vorfällen Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 5231 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Dr. Gantenberg, Dr. Kreyssig, Koch, Maier (Freiburg), Fuchs, Hufnagel und Bundeskanzler Dr. Adenauer . . . 5232 A Abg. Dr. Hahne tritt als Nachfolger des Abg. Dr. Hellwig in den Bundestag ein . 5232 B Mandatsniederlegung des Abg. Walpert. Abg. Jungherz tritt als dessen Nachfolger in den Bundestag ein 5232 B Änderung der Tagesordnung 5233 B Entwurf eines Gesetzes zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen (WStrRG) (Drucksache 46); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft (Drucksache 1501) —Zweite und dritte Beratung — Dr. Winter (CDU/CSU) 5233 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 5234 C Entwurf eines Gesetzes zu den Verträgen vom 3. Oktober 1957 des Weltpostvereins (Drucksache 1332) ; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache 1482) — Zweite und dritte Beratung — 5235 C Antrag betr. Erfassung der Kriegsteilnehmer durch die Bundeswehr (SPD) (Drucksache 1280); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes (Drucksache 1423) —Erste Beratung —; und Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (Drucksache 1424) — Erste Beratung — Wienand (SPD) 5236 A Strauß, Bundesminister 5239 A Kreitmeyer (FDP) 5252 D Dr. Seffrin (CDU/CSU) 5253 C Berkhan (SPD) 5256 B Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) 5261 C Schultz (FDP) 5275 C Probst (Freiburg) (DP) 5278 D Erler (SPD) 5280 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) . 5280 C, 5281 A, C Merten (SPD) 5280 D Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . 5281 C Fragestunde (Drucksache 1536) Frage des Abg. Kalbitzer: Einreise des Ministerpräsidenten der Provisorischen Algerischen Regierung in die Bundesrepublik Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5264 C, D Kalbitzer (SPD) 5264 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 95. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1960 Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Verhalten von in den Entwicklungsländern tätigen Deutschen Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5265 A Frage des Abg. Kraft: Ausreise von Deutschen aus der Sowjetunion Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5265 C, D Kraft (CDU/CSU) . . . . . . . 5265 D Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen): Vorlage des Entwurfs eines Konsulargesetzes Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5266 A, B, C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . 5266 A, B Frage des Abg. Kalbitzer: Überwachung des Hamburger Hafens Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5266 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 5266 D Frage des Abg. Dr. Bucher: Verhalten des deutschen Vertreters anläßlich der Rede von Außenminister Pella zur Südtirolfrage vor den UN Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 5267 A, B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 5267 B Frage des Abg. Dr. Arndt: Rückerwerb während der Nazizeit aus den Berliner Sammlungen ins Ausland veräußerter Kunstwerke Dr. Schröder, Bundesminister . . 5267 C, D Dr. Arndt (SPD) . . . 5267 C, D, 5268 A Frage des Abg. Reitz: Altersversorgung für die Pioniere des deutschen Luftverkehrs Dr. Schröder, Bundesminister . . 5268 B, D Dewald (SPD) . . . . . . . . . 5268 D Frage des Abg. Dr. Bucher: Teilnehmer an der Besprechung zwischen dem Herrn Bundeskanzler und den Vertretern des Deutschen Olympischen Komitees am 25. November 1959 Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5268 D, 5269 A Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 5269 A Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Einstellungsbedingungen bei den Europäischen Gemeinschaften Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5269 B Frage des Abgeordneten Lohmar: Finanzierung einer Heilstätte für an multipler Sklerose Erkrankte Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5269 C Frage des Abg. Dr. Arndt: Bundespatentamt und Oberstes Bundesgericht Schäffer, Bundesminister . 5269 D, 5270 A Dr. Arndt (SPD) 5270 A Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Befriedigung von Unterhaltsansprüchen umgesiedelter Kinder gegen die in dem unter polnischer Verwaltung stehenden Ostgebieten zurückgebliebenen Väter Schäffer, Bundesminister 5270 A Frage des Abg. Seuffert: Zusicherung der Zahlung der Soforthilfe nach § 141 BEG an rückkehrwillige Verfolgte Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5270 C, 5271 A Seuffert (SPD) . . . . 5270 C, 5271 A Frage des Abg. Reitzner: Stand der Verhandlungen mit Osterreich betr. Ansprüche der Umsiedler und Heimatvertriebenen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . 5271 B, C Reitzner (SPD) . . . . . . . . 5271 C Frage des Abg. Spitzmüller: Munitionslager bei der Stadt Villingen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5271 D Frage des Abg. Schultz: Besatzungsfolgeschäden in der Gemeinde Drais Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 5272 A Schultz (FDP) . . . . . . . . 5272 C Frage des Abg. Brück: Zunahme der Unfälle der schweren Lastwagen Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister . 5272 C Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 95. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1960 III Frage des Abg. Dr. Brecht: Bekämpfung des Mietpreiswuchers Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister . 5273 B, D, 5274 A Dr. Brecht (SPD) 5273 C, D Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Sylvester-Anzeige des Bundeswirtschaftsministers Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 5274 A, B Ritzel (SPD) 5274 B Frage des Abg. Cramer: Berechnung von Angestelltenversicherungsrenten beim Zusammentreffen mit Unfallrenten Blank, Bundesminister 5274 B, D Cramer (SPD) 5274 D Frage des Abg. Bals: Teilnahme von Bundeswehrangehörigen an Protestkundgebungen der Kriegsopferverbände gegen die Bundesregierung Strauß, Bundesminister . . . 5275 A, B Bals (SPD) 5275 A, B Frage des Abg. Lohmar: Vorlage des Entwurfs des sogenannten Traditionserlasses für die Bundeswehr Strauß, Bundesminister . . . . . 5275 B Entwurf eines Gesetzes über Personalvertretungen im Bundesgrenzschutz (Drucksache 1458) — Erste Beratung — . . . . 5282 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten aus Anlaß der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik sowie zur Einführung der Vorschriften über die Gemeinlast und weiterer sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften im Saarland (Gesetz über Bundeszuschüsse und Gemeinlast) (Drucksache 1460) — Erste Beratung — . . . . . . 5282 B Entwurf eines Gesetzes über das Ausscheiden von nicht bergmännischen Betrieben aus der knappschaftlichen Versicherung (FDP) (Drucksache 1483) — Erste Beratung — 5282 B Entwurf eines Gesetzes über das Verbot des Schlachtens von Hunden und Katzen (Drucksache 1485) — Erste Beratung — 5282 C Entwurf eines Gesetzes über die Frist für die Anfechtung von Entscheidungen des Deutschen Patentamts (CDU/CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 1490 [neu]) — Erste Beratung — Jahn (Marburg) (SPD) 5282 D Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung von Statistiken der Bautätigkeit (BauStatGes) (Drucksache 1491) — Erste Beratung — 5283 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen . vom 12. August 1959 mit der Republik Island über den Luftverkehr (Drucksache 1507) — Erste Beratung — . . . . . . 5283 C Entwurf eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung (Getreidepreisgesetz 1960/61) (Drucksache 1508) — Erste Beratung — . . . . . 5283 D, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Drucksache 1511) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 5284 A Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Abg. Memmel, Höcherl, Schlee, Frau Pitz-Savelsberg, Dr. Leiske, Dr. Krone und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 1449) — Erste Beratung — 5284 A Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (FDP) (Drucksache 1443) — Erste Beratung — . . . 5284 B Antrag betr. Europäisches Abkommen über Weinerzeugung und Weinhandel (Abg. Jacobs, Lücker [München], Gerns u. Gen.); Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksachen 830, 1500) . . . . 5284 B Antrag betr. Bericht über die Lage der Mittelschichten (SPD) ; Schriftlicher Bericht des Mittelstandsausschusses (Drucksachen 712, 1516) 5284 C Antrag betr. Empfehlung des Europarates zur Berufsausbildung junger Flüchtlinge (Abg. Paul, Schütz [München] u. Gen.); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksachen 905, 1446, zu 1446) 5284 D IV Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 95. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1960 Entwurf einer Verordnung auf Grund des Artikels 79 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Beseitigung von Diskriminierungen auf dem Gebiet der Frachten und Beförderungsbedingungen; Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksachen 1497, 1538) . . . 5285 A Entwurf eines Gesetzes gegen Volksverhetzung (Drucksachen 1143, zu 1143) ; verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (FDP) (Drucksache 1527) — Erste Beratung — und Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (SPD) (Drucksache 1551) — Erste Beratung — . . . . . . . . 5285 B Antrag betr. junge Deutsche in der Fremdenlegion (SPD) (Drucksache 1463) . . . 5285 C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 453 [neu]) 5285 C Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Dr. Bergmeyer, Wacher, Dr. Preusker, Eberhard und Fraktionen der CDU/CSU, DP, FDP) (Drucksache 1468) — Erste Beratung — Dr. Atzenroth (FDP) 5285 D Antrag betr. Trockenheitsschäden (CDU/ CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 1552) Dr. Mommer (SPD) 5286 A Nächste Sitzung 5286 C Anlage 5287 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 95. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1960 5231 95. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
    2. folderAnlagen
      Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bauer (Wasserburg) 23. 1. Bauer (Würzburg) * 23. 1. Frau Beyer (Frankfurt) 20. 1. Fürst von Bismarck * 23. 1. Blachstein * 23. 1. Frau Blohm 22. 1. von Bodelschwingh 20. 1. Caspers 20. 1. Corterier * 23. 1. Dr. Deist 21. 1. Dopatka 23. 1. Eberhard 23. 1. Dr. Furler * 23. 1. Gerns * 23. 1. D. Dr. Gerstenmaier 22. 1. Hahn 23. 1. Dr. Harm* 23. 1. Heye * 23. 1. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 1. Hoogen 22. 1. Frau Dr. Hubert * 23. 1. Jacobs * 23. 1. Frau Klemmert 23. 1. Dr. Kopf * 23. 1. Kramel 23.1. Krammig 20. 1. Kühn (Köln) * 23. 1. Leber 22. 1. Dr. Leverkuehn * 23. 1. Lohmar 23. 1. Lulay 23. 1. Frau Dr. Maxsein * 23. 1. Dr. Mende * 23. 1. Dr. Menzel 21. 1. Dr. Meyer (Frankfurt) * 23. 1. Frau Meyer-Laule 23. 1. Müller (Erbendorf) 20. 1. Paul * 23. 1. Dr. Pferdmenges 23. 1. Dr. Pflaumbaum 23. 1. Prennel 23. 1. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Preusker 22. 1. Frau Dr. Rehling * 23. 1. Frau Renger * 23. 1. Dr. Rüdel (Kiel) 21. 1. Scheel 20. 1. Dr. Schmid (Frankfurt) * 23. 1. Schmücker 20. 1. Frau Seppi 23. 1. Dr. Serres * 23. 1. Dr. Steinmetz 22. 1. Dr. Wahl * 23. 1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) * 23. 1. Wehr 23. 1. Weinkamm 23. 1. Werner 20.1. Wienand * 23. 1. Dr. Zimmer * 23. 1. b) Urlaubsanträge Frau Albertz 29. 2. Altmaier * 29. 1. Deringer 26. 1. Dr. Dittrich 30. 1. Dowidat 6. 2. Even (Köln) 6. 2 Frau Friese-Korn 28. 1. Gaßmann 31. 1. Dr. Greve 31. 1. Dr. Gülich 16. 4. Höfler * 29. 1. Jacobi 25. 1. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Leukert 16. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Mauk 28. 1. Frau Pitz-Savelsberg 3. 2. Scharnowski 15. 2. Schneider (Bremerhaven) 8. 2. Seidl (Dorfen) * 29. 1. Dr. Starke 31. 1. Frau Welter (Aachen) 31.1. D. Willeke 1. 3. * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Karl Wienand


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

      Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits am 18. Februar 1959 hatte die SPD-Fraktion den Antrag gestellt, die Bundesregierung möge von der Erfassung und Musterung des Geburtenjahrganges 1922 Abstand nehmen. Dieser Antrag wurde in der Sitzung vom 8. April behandelt. Es zeigte sich in dieser Sitzung, daß die Regierungsmehrheit in diesem Hause nicht bereit war, unseren Antrag zu unterstützen. Wir haben deshalb der Überweisung des Antrages an den Verteidigungsausschuß zugestimmt.
      Bei der Beratung dieses Antrages im Ausschuß erweckte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums uns gegenüber den Eindruck, daß vor einer endgültigen Entscheidung über die Erfassung des Jahrganges 1922 zunächst eine Novelle zum Wehrpflichtgesetz beraten werden würde, welche unter anderem die Frage der Territorialverteidigung klären sollte. Deshalb wurde damals im Verteidigungsausschuß nach unserem Dafürhalten die weitere Behandlung unseres Antrages zurückgestellt, bis diese Novelle zum Wehrpflichtgesetz vorliegen würde.
      Die Novelle zum Wehrpflichtgesetz liegt heute vor, und sie wird wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Verteidigungsausschuß zur Beratung überwiesen werden. Die Bundesregierung hat, ohne die Erörterung im Verteidigungsausschuß im Zusammenhang mit der Novelle zum Wehrpflichtgesetz bzw. im Zusammenhang mit der angekündigten Debatte über die Territorialverteidigung abzuwarten, mit der Erfassung begonnen.
      Als wir nach Beginn der Erfassung, aus den Sommerferien zurückkehrend, im Verteidigungsausschuß erneut die Beratung unseres im Februar eingebrachten Antrages beantragten, lehnte die Regierungsmehrheit diese Beratung ab. Die SPD-Fraktion hat deshalb am 14. Oktober 1959 den Antrag Drucksache 1280, betreffend Erfassung der Kriegsteilnehmer durch die Bundeswehr, eingebracht. Er lautet:
      Der Bundestag wolle beschließen:
      Die Bundesregierung wird ersucht,
      von der Erfassung, Musterung und Einziehung der Jahrgänge, die im zweiten Weltkrieg als Soldaten gedient haben, Abstand zu nehmen und bereits eingeleitete Maßnahmen aufzuheben.
      Ich möchte hier nicht wieder die gesamte Debatte heraufbeschwören, die am 8. April stattgefunden hat. Es ist auch nicht unsere Absicht, eine Grundsatzdebatte über die Wehrpflicht zu führen. Wir möchten nur aufzeigen, welchen Weg diese Angelegenheit genommen hat, und noch einmal unser Anliegen erhärten, um heute in diesem Hause eine Mehrheit für unseren Antrag zu bekommen.
      Ich sagte schon, daß wir keinen Wert auf eine allgemeine Wehrdebatte legen, es sei denn, daß sie von der Regierungsmehrheit oder von der Regierung gewünscht wird. Wir legen aber Wert darauf, unseren Standpunkt noch einmal zu betonen und festzustellen, daß all die Schwierigkeiten — die nicht nur psychologisch bedingt sind — nicht heraufbeschworen worden wären, wenn man sich früh genug mit der von uns entwickelten Alternative auseinandergesetzt hätte und auf unsere Vorschläge eingegangen wäre, die übernommenen Verpflichtungen mit länger dienenden Freiwilligen und und Berufssoldaten zu erfüllen. Statt dessen hat man geglaubt, die Erfüllung dieser Verpflichtungen mit der allgemeinen Wehrpflicht und mit der Erfassung und eventuell der Musterung und Einberufung auch der kriegsgedienten Jahrgänge erreichen zu müssen. Man sollte also der Opposition nicht unterstellen, daß sie mit ihren Anträgen die Verteidigungskraft der Bundesrepublik lähmen wolle. Wir sind der Überzeugung, daß die — wenn auch gegen unseren Willen übernommenen — vertraglichen Verpflichtungen sehr wohl auf der Basis der Freiwilligkeit der einzuziehenden Soldaten erfüllt werden können. Darauf basieren unsere Überlegungen, die im einzelnen für meine Fraktion vorzutragen ich die Ehre habe.
      Das Wehrpflichtgesetz ist vor einigen Jahren gegen den Willen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion von der Regierungsmehrheit beschlossen warden. Wir haben schon damals in der Debatte um das Wehrpflichtgesetz um die Regelung der heute anstehenden Frage gerungen und eine Reihe von Anträgen dazu eingebracht, die alle abgelehnt worden sind. Diese Anträge zielten darauf ab, wenigstens diejenigen von der Wehrpflicht auszunehmen, die im Kriege gedient haben, insbesondere diejenigen, die gegen die Eingehung bestimmter Verpflichtungen aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden sind.
      Wir haben es, als die Erfassung des Jahrganges 1922 eingeleitet wurde, erlebt, daß sich ein Widerstand bemerkbar machte, der nach unserem Dafürhalten die Bundesregierung und auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion beeindruckt hat. Ich darf als ein immerhin günstiges Ergebnis der bisherigen Debatte festhalten, daß ein Beamter des Verteidigungsministeriums vor einigen Wochen erklärte, man wolle zunächst davon Abstand nehmen, zu sagen, was jetzt weiter geschehen solle; der Minister wolle zunächst einmal die heutige Debatte abwarten. Das scheint mir ein Beweis dafür zu sein, daß auch der Minister in den letzten Monaten etwas gelernt hat. Wir würden uns glücklich schätzen, wenn wir nach der heutigen Debatte feststellen könnten, daß noch mehr dazugelernt worden ist, damit es nicht wieder zu solch unliebsamen Auseinandersetzungen kommt.

      (Beifall bei der SPD.)

      Wer unseren Argumenten nicht zu folgen bereit ist, sollte zumindest einsehen, daß mit der Heranziehung dieses schwergeprüften Jahrganges 1922 und mit der eventuell beabsichtigten Heranziehung noch anderer kriegsgedienter Jahrgänge der Bundeswehr kein guter Dienst erwiesen worden ist bzw. erwiesen wird. Ich will nicht vom Emotionalen her all das heraufbeschwören, was fast alle Kollegen dieses Hauses in den Versammlungen, die auf Grund der Initiative der Angehörigen des Jahrgangs 1922 in den letzten Wochen und Monaten zustande gekommen sind, erlebt haben. Ich möchte es aber auch nicht verniedlichen und deshalb mit Nachdruck



      Wienand
      darauf hinweisen, daß hier gerade Gefühlsmomente mitspielen, die man nicht übersehen darf. Hier sprechen 37jährige Männer, Angehörige eines schwergeprüften Jahrganges, mit Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg, die wir ernst nehmen und nicht mit einer Handbewegung beiseite schieben sollten.
      Wir sollten es auch nicht so darstellen, wie es hier und da geschehen ist und wie es — zumindest dem Eindruck nach — auch in einer Nummer des vom Bundespresseamt herausgegebenen Bulletins versucht worden ist, das alles sei kommunistisch gesteuert. Meine Damen und Herren, ich bin bereit, zuzugeben, daß die SED und die Bolschewisten auf Grund der instinktlosen und falschen psyschologischen Haltung der Bundesregierung in dieser Frage versucht haben, ihr politisches Süppchen daran zu kochen. Das werden wir auch in sehr vielen anderen Fragen erleben. Aber damit kann man doch nicht das Anliegen qualifizieren und unter Beweis stellen, das sei alles kommunistisch gesteuert. Wer, wie ich und gewiß auch die meisten von Ihnen, an einer Reihe solcher Versammlungen im eigenen Wahlkreis — ich betone: im eigenen Wahlkreis —teilgenommen hat, der weiß um den Ernst, mit dem gerade die Angehörigen dieses Jahrganges um das Problem gerungen haben; der weiß aber auch, wie sorgfältig sie bemüht waren, sich gegen Einflußnahmen abzuschirmen, die man als kommunistisch oder bolschewistisch bezeichnen kann. Wenn es hier und da zu solchen Einflußnahmen gekommen ist, dann kann man das nicht denen anlasten, die jetzt glaubten, ihrem Gewissen verantwortlich, Initiative entwickeln zu müssen. Ich werde nachher noch ein Beispiel für viele anführen, wie ernst man sich bemüht hat, dem gerecht zu werden, was man auch als
      Auftrag auf Grund eigener Erfahrungen ansah und was man glaubte, auf Grund der Verantwortung, die man selbst mit übernehmen wollte, auch den anderen, auch der Öffentlichkeit, auch der Bundesregierung und uns hier in diesem Hause nahebringen zu müssen. Ich glaube also, daß es keine gute Sache war, wenn man versucht hat, die Dinge so darzustellen, als seien sie bolschewistisch oder kommunistisch gesteuert. Dabei will ich nicht behaupten, daß von dieser Seite, von der ich soeben sprach, nicht hier und da der Versuch unternommen worden ist, ein Süppchen daran zu kochen.
      Bei sehr vielen dieses Jahrganges und der Jahrgänge, die als die kriegsgedienten Jahrgänge in Frage kommen, stellte sich folgende Frage, um deren Beantwortung sie gerungen haben. In den Protestversammlungen wurde immer mit großem Ernst darauf aufmerksam gemacht, daß diese Kriegsteilnehmer Erklärungen gegenüber Rußland bzw. Erklärungen gegenüber den Westmächten abgegeben haben, bevor sie aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden sind. Dieser Gewissensfrage stand zwar eine Erklärung, wenn ich nicht irre, des Verteidigungsministeriums oder der Bundesregierung entgegen, nach einer völkerrechtlichen Prüfung sei festgestellt worden, daß solche unter Zwang abgegebene Erklärungen nicht bindend seien. Es gibt aber eine ganze Reihe Angehörige dieses Jahrgangs und der anderen kriegsgedienten Jahrgänge, die heute noch darauf verweisen, daß sie damals diese Erklärungen nicht unter Druck abgegeben haben, sondern weil sie wirklich der Überzeugung waren, es müsse nun damit Schluß sein, und die sagen, daß sie sich noch heute an diese Erklärungen gebunden fühlen.
      Sie werden mir doch zugeben: wenn der einzelne seine Erklärung heute noch als vor seinem Gewissen freiwillig abgegeben und für sich bindend betrachtet, dann kann man sie nicht mit völkerrechtlichen Erklärungen aus der Welt schaffen. Das Recht dazu muß man dem einzelnen einräumen, man muß diese Erklärungen ernst nehmen und darf nicht versuchen, sie pauschal abzutun.
      Wir sollten also gerade dieser Frage ein besonderes Augenmerk widmen und uns bemühen, nicht Verhärtungen auftreten zu lassen, die den einzelnen dann an der Allmacht Staat zweifeln lassen würden.
      Die Unruhe in den betroffenen Jahrgängen, bei den Männern gerade dieser Jahrgänge, ist nicht zuletzt durch die recht widerspruchsvollen Äußerungen der Bundesregierung und des Bundesverteidigungsministeriums über den Sinn der jetzt vorgesehenen Erfassung und später kommenden Musterung und über den Verwendungszweck derjenigen, die man auf diese Weise heranholen wollte, herbeigeführt worden.

      ( Hause, wenn ich mich recht erinnere, das einzige Argument. Das Verteidigungsministerium sprach bis zu diesem Zeitpunkt nicht von einer Verwendung bei der Territorialverteidigung, beim Versorgungswesen und anderen Einrichtungen, wie es später der Fall war. Das Argument der Kriegserfahrung wurde nach unserem Dafürhalten aber sinnlos, als später — so in der Debatte am 8. April und auch in den Verlautbarungen des Verteidigungsministeriums im Laufe der Sommerund Herbstmonate — gesagt wurde, man benötige diese Jahrgänge für die Sicherung des Nachschubs, für das Funktionieren der Fernmeldeverbindungen, für die Aufrechterhaltung von Verkehrslinien usw. Es will mir nicht einleuchten, warum hier gerade spezielle Kriegserfahrungen des Jahrgangs 1922 oder anderer kriegsgedienter Jahrgänge erforderlich sind. Wenn ich nicht irre, erklärte in der Sitzung am 8. April der Herr Bundesverteidigungsminister, es sei nur daran gedacht, Unteroffiziere und Offiziere für eine militärische Verwendung heranzuholen. Wir haben das seinerzeit zur Kenntnis genommen. Eine Zeitschrift bezeichnete das damals folgendermaßen: der Verteidigungsminister habe uns eingewiegelt oder eingelullt. Das war nicht der Fall. Denn wir hatten uns darauf verlassen, daß es noch im Verteidigungsausschuß eine entsprechende Debatte über die Einzelheiten dieses Problems geben würde. Aber am 7. September 1959 erklärte das Verteidigungsministerium, man wolle mit Beförderungen Wienand nicht kleinlich sein, und beispielsweise könne einer, der die Gesellenprüfung habe, als Hauptgefreiter eingestuft werden. Das, meine Damen und Herren, hebt aber doch die zunächst abgegebene Erklärung wieder auf, daß man nur auf Unteroffiziere und Offiziere zurückgreifen wolle. Die Mitteilung, die von dem Herrn Minister am 8. April in diesem Hause gegeben wurde, wurde also mit der Erklärung des Verteidigungsministeriums, abgegeben am 7. September, praktisch wiederaufgehoben. Das ist natürlich in der Öffentlichkeit und gerade auch von den Betroffenen mit entsprechender Aufmerksamkeit registriert worden. Wir haben später noch weitere Erklärungen zu diesem Problemkreis gehört. Im Januar dieses Jahres wurde erklärt — und das habe ich vorhin schon als recht positiv herausgestellt —, daß über die weitere Verwendung wie Musterung usw. im Augenblick noch nichts gesagt werden könne, weil der Herr Minister zunächst die heutige Debatte abwarten wolle. Der Bundesverteidigungsminister hat jedoch meiner Erinnerung nach in einer Pressekonferenz auf dem Heuberg oder in Heuberg erklärt, die Angehörigen des Jahrgangs 1922 sollten zu keinem Waffendienst herangezogen werden. Am 7. September wurde auch diese Erklärung wieder hinfällig gemacht. Man kann also feststellen, daß die Begründungen gewechselt haben. Ich möchte nicht unterstellen, daß sie sich den jeweiligen Propagandabedürfnissen angepaßt haben; denn das wäre eine recht fatale und traurige Angelegenheit, da es hier um das Schicksal dieser kriegsgedienten Jahrgänge geht. Aber diese widersprüchlichen Erklärungen scheinen doch zu beweisen, daß man selbst noch nicht recht weiß, wozu man sie erfassen, mustern und einberufen will und welchen Verwendungszweck man jetzt gerade diesen kriegsgedienten Jahrgängen zugedacht hat. Ich sagte vorhin schon, daß hierdurch ein psychologischer Schaden entstanden ist, der gewiß höher einzuschätzen ist als der militärische Wert derjenigen Angehörigen des Jahrgangs 1922, die, wie später erklärt worden ist, zu 5 % zu einer vierwöchigen Übung eingezogen werden sollen. Diese 5 % von denen jetzt allgemein die Rede ist, hätten sich auch durch eine vernünftige, gezielte Freiwilligenwerbung erreichen lassen, zumal ja im Frühjahr des vergangenen Jahres erklärt wurde, daß eine große Anzahl von Freiwilligenmeldungen vorliege. Man hatte selbst beim Bundesverteidigungsministerium wohl den Eindruck, daß es an der Zeit sei, diese vielen Widersprüchlichkeiten aufzuklären, und so bekamen wir und bekam auch die Offentlichkeit im September des vergangenen Jahres eine Aufklärungsschrift des Verteidigungsministeriums mit dem Titel „Warum Jahrgang 1922?". Ich will mich mit dieser Schrift nicht polemisch auseinandersetzen, obwohl es schon auf der ersten Seite beanstandenswerte Dinge gibt. Dort wird recht einseitig eine politische Einflußnahme zugunsten der Bundesregierung und der von ihr vertretenen Politik versucht. Bemerkenswert ist aber, daß man mittlerweile erkannt hat, daß von den Männern des Jahrgangs 1922 und der anderen betroffenen Jahrgänge eine ganze Reihe sachlicher Fragen aufgeworfen worden sind, die einer Beantwortung harren. Eine Reihe dieser Fragen ist beantwortet worden. Im letzten Absatz ist von der sozialen Sicherung die Rede. Dem Leser fällt auf, daß man hier nur auf das Bundesversorgungsgesetz hinweist, daß man aber nicht, wie es sonst der Fall ist, die Sätze nennt, die der einzelne erhält, wenn er eine Wehrdienstbeschädigung erleidet. Ich kann das nur als eine Kaschierung des schlechten Gewissens im Hinblick auf die schlechte Kriegsopferversorgung bezeichnen; sonst hätte man diese Sätze mit aufgeführt. Das war ja auch ein Kriterium der Debatte am 8. April, und im Rahmen der Kriegsopferdebatte und der Neuregelung in den nächsten Monaten werden wir uns mit dieser Frage noch wiederholt befassen müssen. Obwohl diese Schrift eine Reihe von Fragen — aber nicht alle — beantwortet, obwohl, wie ich vielleicht einmal formulieren darf, eine kriegsstarke Kompanie, wenn nicht ein kriegsstarkes Bataillon von Beamten und Soldaten mit zur Aufklärung in Versammlungen, in denen ursprünglich Abgeordnete hatten Rede und Antwort stehen sollen, eingesetzt worden sind, ist es doch nicht gelungen, diese skeptischen, mit Recht skeptischen Jahrgänge — denn ihre Skepsis beruht auf einer Fülle von Erfahrungen — zu überzeugen. Wir haben uns heute wieder mit dem Gesamtkomplex zu befassen. Uns liegt daran, daß die Fehler, die in der jüngsten Vergangenheit gemacht worden sind, nicht wiederholt werden. Wir haben die ernste und dringende Bitte an die Regierungsmehrheit hier im Hause, unseren Argumenten zu folgen oder wenigstens zu versuchen, ihnen zu folgen. Wir haben die Bitte, von der Erfassung, Musterung und Einziehung der kriegsgedienten Jahrgänge Abstand zu nehmen. Ich will nicht im einzelnen ausführen, was zum Beispiel von dem Verband der Heimkehrer zu der Gesamtproblematik gesagt worden ist. Ich möchte aber Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, sehr herzlich bitten: nehmen Sie die Argumente, die von der Opposition und die von den Männern dieses Jahrganges und der anderen kriegsgedienten Jahrgänge vorgebracht worden sind, nicht zu leicht. Schieben Sie diese Argumente nicht beiseite, und versuchen Sie erst recht nicht, sie als kommunistisch gesteuert zu bezeichnen. Unterstellen Sie auch nicht der SPDFraktion, daß sie damit ein politisches Süpplein kochen wollte. Hier geht es wirklich um mehr, und das sollten Sie erkennen. Wir möchten, daß heute über unseren Antrag abgestimmt wird. Wir versprechen uns nichts davon, diesen Antrag noch einmal an den Verteidigungsausschuß zu überweisen. Wir bitten deshalb die Mehrheit dieses Hauses, sich heute bereit zu finden, unserem Antrag zuzustimmen. Zur Begründung der Gesetzentwürfe unter Punkt 5b und 5c hat der Herr Bundesverteidigungsminister das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter den Punkten 513 und 5c der Tagesordnung für die heutige Plenarsitzung ist die erste Lesung von zwei Novellen aufgeführt; es handelt sich dabei um eine Novelle zum Soldatengesetz und um eine Novelle zum Wehrpflichtgesetz. Ich will zuerst wenige Sätze zu dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes sagen. Angesichts des Inhaltes des Gesetzentwurfs und der schriftlichen Begründung ist eine eingehendere mündliche Begründung wohl nicht mehr notwendig. Der dem Hause vorliegende Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes will in einigen Punkten Mängel beseitigen, die sich während der dreieinhalbjährigen Handhabung des Soldatengesetzes gezeigt haben. Es handelt sich hier nicht um schwerwiegende Probleme, es handelt sich auch nicht um den Versuch, die Grundanlage, die Grundkonzeption des Gesetzes zu ändern, denn diese Konzeption hat sich bisher durchaus bewährt. Der Entwurf will vielmehr Mängel abstellen, die sich aus der allzu engen Anlehnung des Statusrechtes der Soldaten an die Formen des Beamtenrechtes ergeben. Einige Änderungen sind durch die Weiterentwicklung des Rechtes des öffentlichen Dienstes, die in der Zwischenzeit erfolgt ist, und dadurch notwendig geworden, daß sich der Aufbau der Bundeswehr über einen längeren Zeitraum erstreckt, als man bei Inkrafttreten des Soldatengesetzes im März 1956 voraussehen konnte. Außerdem dienen einige Bestimmungen der Klarstellung und Verbesserung der bisherigen Regelung. Ich bitte Sie, den Hauptgrund für die Änderung dieses Gesetzes unter dem Gesichtspunkt einer Hilfe für die Truppe und somit der Fürsorge für die Truppe im weiteren Sinne zu sehen. Der Entwurf enthält zwar keine schwerwiegenden Probleme, ist aber für die Truppe vor großer Bedeutung. Ich weise darauf hin, daß nach der derzeitigen Regelung Unteroffiziere auf Zeit, deren weiterer Verbleib in der Bundeswehr von ihnen selbst gewünscht wird und im dienstlichen Interesse als dringend notwendig bezeichnet werden muß, am 31. März 1960 nach dem jetzt geltenden Recht aus der Bundeswehr ausscheiden müßten, weil sie ihr 32. Lebensjahr vollendet haben und in der Zwischenzeit nicht als Berufssoldaten übernommen worden sind oder nicht bis dahin übernommen werden können. Ich gebe deshalb der Hoffnung Ausdruck, daß das Gesetz schnell verabschiedet werden kann, und bitte um eine möglichst rasche Beratung dieses Gesetzes. Ich darf einige Worte sagen in der Begründung zu der ersten Änderung des Wehrpflichtgesetzes, die dem Sinne nach gleichzeitig auch eine Zusammenfassung des Wehrpflichtgesetzes und des Dienstzeitdauergesetzes vornimmt; denn die Trennung dieser beiden Gegenstände und ihre Behandlung in zwei verschiedenen Gesetzen entsprach der damaligen politischen Problemstellung, der Notwendigkeit, das Wehrpflichtgesetz zwar rasch zu verabschieden, aber auch der Tatsache Rechnung zu tragen, daß man sich über die Dauer der Dienstzeit zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes noch nicht einig war. Mit der Wehrpflichtnovelle, die Ihnen die Bundesregierung vorgelegt hat, soll ein entscheidender Schritt zu einer Anpassung der Landesverteidigung an die durch die politische und technische Entwicklung eingetretenen Umstände erreicht werden. Es soll ein entscheidender Schritt zu einer modernen Form der Landesverteidigung getan werden. Es soll ein Schritt getan werden in Richtung auf die Bundesverteidigungspflicht, die von mehreren Seiten dieses Hauses — ich denke hier insbesondere an den Kollegen Dr. Erich Mende — mehrfach als Notwendigkeit erwähnt worden ist, eine Bundesverteidigungspflicht, die den zivilen Bevölkerungsschutz und seine umfassenden Aufgaben gleichrangig und gleichgewichtig neben den militärischen Schutz des Landes treten läßt, was die personelle Seite dieser Angelegenheit, die Feststellung des Kräftebedarfs und die Verteilung der vorhandenen Kräfte betrifft. Zugleich will der Gesetzentwurf, der das Ergebnis von mehr als drei Jahren Erfahrungen in der Durchführung der Wehrpflicht darstellt, die Grundlagen des staatsbürgerlichen Dienstes mit der Waffe so gestalten, daß sich die Lasten, die jedem einzelnen auferlegt werden müssen, in einen optimalen militärischen Nutzen verwandeln. Schließlich enthält das Gesetz eine Reihe von Bestimmungen, die notwendig sind, damit Vorarbeiten der Personalplanung für den Verteidigungsfall getroffen werden können. Bei diesem Gesetz geht es darum, den personellen Bedarf für die militärische Landesverteidigung, die auch nach unserer Überzeugung — wie ich nochmals betonen darf — nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtbegriff und der Gesamtaufgabe der Landesverteidigung darstellt, in einer elastischen, den tatsächlichen Bedürfnissen angepaßten Form decken zu können und für den Kräftebedarf im zivilen Bereich der Landesverteidigung Raum zu schaffen. Das geltende Recht mit seiner klassischen Konzeption der Wehrpflicht reicht nicht aus, um den unterschiedlichen Bedarf der verschiedenen militärischen Aufgabenbereiche, wie sie sich in der zweiten Phase des Aufbaus der Bundeswehr ergeben, sinnvoll zu decken. Angesichts der raschen Entwicklung in der Waffentechnik sind die in dieser Vorlage angeschnittenen Probleme fast in allen Ländern der Welt seit dem Zeitpunkt der Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes in der Bundesrepublik Gegenstand eingehender Diskussionen geworden. Ich darf hier ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit nur an die Diskussionen denken, wie sie beispielsweise in Schweden stattfinden; ich darf an die Reform der Landesverteidigung denken, wie sie die dänische Regierung im Rahmen ihrer NATO-Aufgaben jetzt vorgelegt und großenteils auch durchgesetzt hat. Ich darf erinnern an die Schweizer Armeereform, A)





      (Zustimmung bei der SPD)


      (Beifall bei der SPD.)





    Rede von Dr. Carlo Schmid
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Dr. Franz Josef Strauß


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)




      die tiefgreifende und einschneidende Änderungen gegenüber den früheren Formen mit sich gebracht hat. Es handelt sich hier um eine Planung, die, wie bei dem großen Umfang solcher Planungen natürlich, erst im Laufe einiger Jahre in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Ich darf an die Diskussion in Frankreich erinnern, wo damals der gegenwärtige Staatspräsident, wenn ich mich nicht irre, noch als Ministerpräsident, als Präsident des Rates, einen Entwurf über eine umfassende Änderung der Landesverteidigung im Sinne eines Zusammenwirkens aller Faktoren der Landesverteidigung vorgelegt hat, der dann in Kraft gesetzt worden ist. Ich darf ferner an die Diskussion über die im britischen Weißbuch der verschiedenen Jahre gestellten Probleme erinnern. Ich darf auch an die Diskussion anknüpfen, die, ebenso wie in Großbritannien, in den Vereinigten Staaten von Amerika unter anderem über die militärisch-geographischen Verhältnisse seit geraumer Zeit im Gange ist.
      Die Bundesregierung legt einen Entwurf vor, der auf die besondere politische, militärische, wirtschaftliche und geographische Situation der Bundesrepublik sowie auf die Erfordernisse unserer Bündnisverpflichtungen abgestellt ist.
      Der Staatsbürger kann die Gewißheit haben, daß erstens die Bundesregierung für die Sicherung des Staates, für die Bewahrung von Frieden und Freiheit das Notwendige tut, daß zweitens dem Bürger nicht mehr Lasten im Rahmen der Gefahrengemeinschaft aller aufgebürdet werden, als erforderlich sind, daß drittens die Wirtschaft, die den fortschreitenden Wohlstand aller gewährleistet, keine unzumutbaren Belastungen erfährt.
      In den wenigen Jahren des Bundeswehraufbaus, die hinter uns liegen, hat sich die Pflicht der Verteidigung des Landes als Prinzip unserer Wehrverfassung bewährt. Nur auf der Grundlage dieser i Verpflichtung konnten die Aufgaben, die wir im Rahmen des für die gesamte Gemeinschaft lebensnotwendigen Bündnisses übernehmen mußten, bisher unter Ausnutzung aller uns zu Gebote stehenden Möglichkeiten erfüllt werden.
      Die zur Ableistung der Verteidigungspflicht aufgerufenen jungen Männer haben dafür Verständnis gezeigt und haben die Aufgaben, die ihnen gestellt worden sind, verantwortungsbewußt übernommen. Sie haben sie besser ausgeführt, als vorher von manchen Seiten, zum Teil nicht ohne einen gewissen Zweckoptimismus bzw. -pessimismus, vorausgesagt worden ist. Sie leisten ihren Dienst in einer Weise, der Anerkennung und Dank gezollt werden muß.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Die klassische Vorstellung, daß nahezu alle tauglichen und verfügbaren Wehrpflichtigen in den Streitkräften dienen, wie sie Auffassungen des 19. Jahrhunderts entsprach, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch in allen Staaten die Regel war, ist allmählich einem Wandel unterworfen worden, der auf die durch die Entwicklung der Waffentechnik notwendig gewordenen Änderungen zurückgeht.
      Der Gesetzentwurf trägt dieser Tatsache Rechnung. Er legt für die Wehrdienstzeiten einen Rahmen fest, der es ermöglicht, den Bedürfnissen der Truppe entsprechend Wehrpflichtige zur Dienstleistung von verschiedener Dauer heranzuziehen. Dabei ist die Gesamtdauer des Wehrdienstes, den jemand zu leisten hat, für gleiche Kategorien einheitlich festgelegt. Eine Veränderung der Gesamtdauer des Wehrdienstes gegenüber dem geltenden Gesetz ist nicht vorgesehen.
      Schließlich sieht der Entwurf weitere Änderungen vor, die sich bei der Handhabung des Wehrpflichtgesetzes als zweckmäßig erwiesen haben.
      Die bisher im Dienstzeitdauergesetz niedergelegten Bestimmungen sind in das Wehrpflichtgesetz übernommen worden.
      Ich bemerke nunmehr im einzelnen zu den wesentlichen Bestimmungen des Ihnen vorliegenden Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes folgendes:
      Zunächst ein Wort zum Wehrpflichtalter und zum Grundwchrdienstpflichtalter. § 5 Abs. 2 Satz 1 des geltenden Gesetzes ist gestrichen worden, so daß das Einberufungsalter zur Ableistung des Grundwehrdienstes nunmehr mit dem gesetzlich festgelegten Wehrpflichtalter, nämlich dem vollendeten 18. Lebensjahr, übereinstimmt. Hierdurch soll nicht die Absicht ausgedrückt werden, alle jungen Männer, sobald sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, gleichgültig, in welchem Berufsverhältnis oder welchem Stadium ihres Ausbildungsganges sie sich befinden, einzuziehen, sondern es soll nur die rechtliche Voraussetzung dafür geschaffen werden, daß die Wehrpflichtigen nach Abschluß eines bestimmten Abschnittes ihres Ausbildungsganges und vor Beginn eines weiteren wesentlichen Abschnittes einberufen werden können. Es handelt sich hierbei nicht nur um das Problem der Abiturienten und Studenten; es handelt sich hier genauso gut auch um die Lehrlinge, die in eine Facharbeiter- oder Gehilfenausbildung eintreten, und um die Besucher aller möglichen Schulen für technische oder nichttechnische Berufe. Es handelt sich auch darum, daß man denjenigen, die ein Arbeitsverhältnis auf längere Zeit begründen wollen — was wiederum den Wünschen der Wirtschaft weitgehend entspricht –, die Möglichkeit gibt, ihren Wehrdienst vor Beginn dieses Arbeitsverhältnisses abzuleisten, damit sie dann für eine längere Zeit ungestört ihrem Beruf nachgehen und sich ihrer Weiterbildung widmen können und andererseits auch die Wirtschaft die Gewißheit hat, daß ihr nicht Facharbeiter und sonstige wertvolle Arbeitskräfte — Arbeiter, Angestellte usw. — nach kurzer Einarbeitung im Betrieb wieder für die Ableistung des Wehrdienstes herausgezogen werden.
      Ich darf dazu einige Überlegungen anführen. Zur Zeit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht waren die Abiturienten im allgemeinen zwischen 12 und 20 Jahre alt. Ein erheblicher Teil wurde somit erst mit Abschluß der Ausbildung an den höheren Schulen und Übergang zu den Universitäten grundwehrdienstpflichtig. In der Zwischenzeit haben sich die Verhältnisse geändert, ich möchte sagen: nor-



      Bundesverteidigungsminister Strauß
      malisiert. Did Reifeprüfung wird heute großenteils in einem Alter zwischen 18 und 19 Jahren, großenteils auch im Alter zwischen 19 und 20 Jahren abgelegt. Nach den geltenden Verwaltungsvorschriften für die Musterung und Einberufung ungedienter Wehrpflichtiger gilt bei Besuch einer Hochschule ein Ausbildungsabschnitt schon nach Abschluß von zwei Semestern als „weitgehend gefördert" im Sinne des § 12 Abs. 4 Nr. 3 des Wehrpflichtgesetzes. Die Abiturienten haben die Möglichkeit, in der Regel schon vor der Vollendung des 20. Lebensjahres manchmal ein Semester, häufig zwei oder mehr Semester zu absolvieren. Das hat zur Folge, daß sie bis zum Abschluß des Studiums zum Wehrdienst nicht herangezogen werden. Diese Wehrpflichtigen würden somit entweder erst als fertig ausgebildete Akademiker einberufen werden, was weder im Interesse der Bundeswehr noch in ihrem eigenen Interesse liegt, oder es würde für diese Schicht ein Privileg geschaffen werden, das naturgemäß mit Recht von anderer Seite kritisiert würde.
      Andererseits kann nicht verkannt werden und ist nie verkannt worden. daß der Wunsch der Abiturienten, ein begonnenes Studium nicht durch Einberufung zur Bundeswehr unterbrechen zu müssen, berechtigt und verständlich ist — aus Gründen, die hier nicht im einzelnen erläutert zu werden brauchen, Dem kann aber nicht dadurch Rechnung getragen werden, daß den Abiturienten, die nach dem Abitur eine Hochschule besuchen wollen, ein besonderes Vorrecht eingeräumt wird, nämlich frei
      zu bestimmen, wann sie den Grundwehrdienst ableisten wollen, ob sie ihn im Alter von 19 oder 20 Jahren oder im Alter von 25 Jahren ableisten wollen.
      Die Frage des freien Wahlrechts der Studenten ist schon vor Erlaß des Wehrpflichtgesetzes eingehend geprüft worden, und die Forderungen und Wünsche, die hier auftraten, sind damals sowohl bei den Verhandlungen des Ministeriums mit den beteiligten Hochschulgremien als auch bei den Beratungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht aufgenommen worden. Aus diesem Grunde ist das Einberufungsalter so herabgesetzt worden, daß im Normalfall die Abiturienten nach Ablegung der Reifeprüfung einberufen werden können.
      Da aber nach meiner Auffassung nicht nur zwei Semester, sondern auch bereits ein Semester, das nach dem Abitur vor der Ableistung des Grundwehrdienstes absolviert würde, praktisch eine verlorene Zeit und damit einen verlorenen Aufwand an Geld und auch an allen möglichen Leistungen und Anstrengungen, die die Familien für das Studium der Söhne aufbringen und unternehmen, bedeuten würde, wenn sich daran ein Wehrdienst von 12 Monaten, oder bei Reserveoffiziersanwärtern mit ihrem Einverständnis von 18 Monaten, anschließt, sollen diejenigen, die aus Gründen mangelnden Bedarfs nicht unmittelbar nach dem Abitur einberufen werden können und mit dem Hochschulstudium begonnen haben, gleichgültig, ob es sich um den Beginn des ersten oder eines weiteren Semesters handelt, überhaupt nicht mehr vor dem
      normalen Abschluß ihres Studiums zur Ableistung des Wehrdienstes herangezogen werden.
      Ich halte diese Regelung gegenüber der bisherigen Regelung, daß erst die Absolvierung von zwei Semestern als weitgehende Förderung eines Berufsausbildungsabschnitts gilt, für wesentlich besser. Denn wer das Studium an einer Hochschule oder einer gleichwertigen Anstalt oder einen gleichwertigen Ausbildungsgang begonnen hat, kann und wird bis zum normalen Ende dieses Studiums nicht mehr herangezogen werden — das kann natürlich nur für die Friedenszeit gelten —, so daß er seine persönlichen Dispositionen und all das, was damit zusammenhängt — oft von großer persönlicher Tragweite—, mit voller Sicherheit treffen kann. — Ich habe gesagt, daß das nur für den normalen Abschluß eines Studiums gilt. Denn der verschwindend kleine Prozentsatz derer, die die Zahl der Semester, gleichgültig aus welchen Gründen, verdoppeln, braucht hier nicht besonders in Rechnung gestellt zu werden.
      Im übrigen werden die Abiturienten des Bundesgebietes mit Ausnahme Bayerns jeweils nur zu April eines jeden Jahres einberufen, die bayerischen Abiturienten jeweils zu Oktober; abgesehen natürlich von solchen, die zu anderen Terminen einberufen werden wollen.
      Damit ist den Interessen der Abiturienten und Studenten, soweit überhaupt noch vertretbar, Rechnung getragen.
      Der Beschluß der 43. Ordentlichen Delegiertenkonferenz des Verbandes Deutscher Studentenschaften, die vom 3. bis 6. Dezember 1959 in Berlin stattfand, und die Stellungnahme des Vorstandes des Verbandes vom 10. Dezember 1959 veranlassen mich zu einer Erklärung. Es ist mir unverständlich, daß dieser Verband erklärt, der gesamte Fragenkomplex Studium und Wehrdienst erfahre nicht die weitschauende und allseits verantwortliche Behandlung, die ihm gebühre. Die Hochschulen und Studentenschaften sowie die Kultusbehörden würden bedauerlicherweise nicht zu Zeitpunkten mit Plänen und Forderungen des Bundesministeriums für Verteidigung bekanntgemacht, an denen noch erfahrungsreiche Empfehlungen zu unterbreiten wären, sondern stets mit Besetz- oder verordnunggebenden Maßnahmen konfrontiert.
      Ich tue nichts anderes, als der Wahrheit die Ehre zu geben, wenn ich diese Vorwürfe entschieden zurückweise und hier offiziell erkläre, daß sie unzutreffend sind. Mindestens ein Jahr vor der Behandlung des Wehrpflichtgesetzes in diesem Hohen Hause und mindestens ein halbes Jahr vor der Vorlage dieses Gesetzes durch das Verteidigungsministerium an das Kabinett haben die dafür zuständigen Stellen meines Hauses, die Abteilung für Verwaltung und Recht im besonderen, und in einigen besonderen Fällen auch ich persönlich und der Staatssekretär mit den hier genannten und in Betracht kommenden Persönlichkeiten gesprochen. Wenn ich auch nicht persönlich mit allen gesprochen habe, so habe ich doch eine ausführliche Unterredung mit dem Präsidenten der Rektorenkonferenz gehabt, ich habe drei oder vier Kultusminister, die



      Bundesverteidigungsminister Strauß
      auf Beschluß der Kultusministerkonferenz, speziell mit der Bearbeitung dieser Aufgabe beauftragt, bei mir gewesen sind, empfangen und mich mit ihnen stundenlang über die Zweckmäßigkeit oder Nichtzweckmäßigkeit der einen oder anderen Bestimmung unterhalten. Die Unterredungen mit diesen beiden Gremien, die ich persönlich geführt habe, weil sie um eine persönliche Unterredung mit mir nachgesucht hatten, haben dazu geführt, daß die Vorschläge von dieser Seite in dem einen oder anderen Punkt auch berücksichtigt wurden, allerdings nicht in allen Punkten.
      Ich darf sagen, daß der Einberufung von Abiturienten besondere Beachtung geschenkt wird. Der die Abiturienten und Studenten berührende Fragenkomplex wurde bereits im Jahre 1955 bei der Vorbereitung des Wehrpflichtgesetzes mit den zuständigen Stellen erörtert. Der Bundestag hat bei der Beratung des Wehrpflichtgesetzes diese Fragen selber geprüft. Durch die geltenden Verwaltungsbestimmungen ist vielen Wünschen Rechnung getragen worden. Ich habe noch veranlaßt, daß — über die Verwaltungsbestimmungen hinaus — nicht erst zwei Semester, sondern bereits ein abgeschlossenes Semester als weitgehende Förderung eines Studienabschnittes zu betrachten ist und daß Wehrpflichtige, die ein Semester oder einen ähnlichen Ausbildungsteil hinter sich gebracht hatten, nicht mehr zum Grundwehrdienst herangezogen wurden. Ich habe in Einzelfällen, wo eine untere Verwaltungsbehörde diese Vorschrift aus irgendeinem Grund nicht beachtet hat, eingegriffen und die Nichteinberufung oder Wiederentlassung in den ersten Tagen verfügt. Ich darf aber bemerken, daß sich das nur in verschwindend wenigen Einzelfällen überhaupt zugetragen hat.
      Der Gedankenaustausch über diese Fragen ist im Jahre 1958 fortgesetzt worden und hat außer zu den erwähnten Besprechungen zu einem ausgedehnten Schriftwechsel und zu Verhandlungen mit dem Präsidenten der Westdeutschen Rektorenkonferenz, dem Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder und dem Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Studentenschaften geführt. Diese Verhandlungen habe ich aus reinen Zeitgründen nicht persönlich geführt.
      Auch die Frage der Herabsetzung des Grundwehrdienstpflichtalters auf das vollendete 18. Lebensjahr ist eingehend erörtert worden. Ich darf aus der Erörterung mal ein bestimmtes Problem herausgreifen, um darzulegen, wie die Unterhaltung mit dem Präsidenten der Rektorenkonferenz, Professor Dr. Jahrreiß, den ursprünglichen Entwurf beeinflußt hat. Wir hatten zuerst keine Änderung des Einberufungsalters vorgesehen, hatten also ursprünglich nicht beabsichtigt, den vorhin erwähnten Passus zu streichen, sondern die Abiturienten zu einer freiwilligen Ableistung des Grundwehrdienstes aufzurufen, uns dabei allerdings nicht zu verpflichten, diejenigen, die dieser Aufforderung zur freiwilligen Ableistung nicht Folge leisten, nicht während der Dauer ihres Studiums einzuberufen. Professor Dr. Jahrreiß hat diese Regelung mit einer halben Freiwilligkeit und einer gleichzeitigen Ankündigung möglicher unangenehmer
      Folgen als unbefriedigend abgelehnt und erklärt, er setze sich zwar nicht für eine fakultative Lösung ein, daß sich der Student entscheiden könne, ob er den Wehrdienst vor oder nach dem Studium ableisten wolle, aber für eine einwandfreie rechtliche Regelung; entweder werde der Wehrpflichtige nach dem Abitur herangezogen das sei sein persönlicher Vorschlag und der des Gremiums — oder er solle, wenn er nicht herangezogen werden könne, im Frieden die Garantie haben, daß er sein Studium — für die Dauer eines normalen Studiums — nicht zu unterbrechen brauche.
      Wir haben diesen Vorschlag der Rektorenkonferenz nach Überprüfung unseres eigenen Standpunktes für besser befunden und in den Gesetzentwurf eingebaut. Daß gegen diesen Vorschlag dann wieder von anderer Seite Bedenken erhoben wurden und noch andere Varianten kamen, ist nicht zu bestreiten. An der Gestaltung dieses Gesetzes sind natürlich sehr viele interessiert, und die Interessen sind so verschieden, mögen sie auch alle berechtigt sein — staatliche Interessen, wissenschaftliche Interessen, schulische Interessen, persönliche Interessen —, daß unmöglich alle Wünsche und Vorschläge auf einen Nenner gebracht und berücksichtigt werden können. Eine Entscheidung muß gerade bei einem solchen Gesetz für diese oder jene Lösung immer getroffen werden.
      Es ist eine Tatsache, daß sich ein nicht unerheblicher Teil der Abiturienten zur vorzeitigen Ableistung des Grundwehrdienstes meldet. Diese Tatsache wird von denen als Argument benutzt, die sagen, man brauchte überhaupt keine Änderung des Einberufungsalters vorzusehen, denn es meldeten sich ohnehin genügend Abiturienten. Es ist erfreulich, daß sich im Jahre 1959 tatsächlich eine große Zahl von Abiturienten gemeldet hat und daß bisher für das Jahr 1960 bereits eine große Zahl von Meldungen von Abiturienten vorliegt. Ich tue denjenigen, die sich freiwillig melden, sicherlich nicht zu wenig Ehre an, wenn ich sage, daß eines der Motive, warum sie sich melden, durchaus gesund und berechtigt ist. Sie wollen ihren Wehrdienst zwischen Abitur und Studium ableisten, weil sie wissen, daß sie ihn eines Tages ableisten müssen. Sie haben aber den berechtigten Wunsch, daß ihr Studium dann nicht mehr unterbrochen werde. Ich möchte jedoch hier nicht auf weitere Argumente eingehen.
      Es ist deshalb für uns aus sachlichen Gründen nicht verständlich, warum sich der Verband Deutscher Studentenschaften gegen die Herabsetzung des Grundwehrdienstpflichtalters wendet und für seinen Personenkreis ein besonderes Privileg verlangt. Ich gebe mich keinem Zweifel darüber hin, daß, wenn für diesen Personenkreis aus wie im einzelnen auch immer gearteten durchaus triftigen Gründen ein besonderes Privileg verlangt wird, dann mit genauso triftigen Gründen für einen anderen, in seiner Daseinsberechtigung und seinen Ausbildungswünschen nicht minder ernst zu nehmenden Personenkreis dasselbe Privileg verlangt wird, so daß es zum Schluß nur noch Privilegien gäbe.



      Bundesverteidigungsminister Strauß
      Ich darf hier aber in aller Deutlichkeit feststellen, daß die von uns vorgeschlagene Regelung eine Besserung gegenüber dem geltenden Recht darstellt, weil allein der Beginn des Studiums oder einer gleichwertigen Ausbildung genügt, um für den normalen Ablauf dieses Ausbildungsganges eine Heranziehung zum Wehrdienst im Frieden zu verhindern und bis zum Abschluß hinauszuschieben.
      Was für die Abiturienten gesagt ist, gilt mutatis mutandis für andere Ausbildungen einschließlich der Facharbeiter und derer, die eine Lehrlings- oder sonstige Berufsausbildung erhalten. Diese Wehrpflichtigen beenden heute im allgemeinen ihre Lehrlingszeit etwa um das 18. Lebensjahr. Wenn sie ihrer Wehrpflicht genügen müssen, ist es für sie und auch für die Wirtschaft zweckmäßiger, wenn sie ihren Wehrdienst unmittelbar nach Beendigung ihrer Lehrlingsausbildung ableisten können, statt erst ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen und dann im zweiten oder dritten Jahr aus diesem wieder herausgerissen zu werden. Ich hoffe, daß sich auch der Rhythmus der Musterungen und der Einberufungen bei den jungen Jahrgängen in absehbarer Zeit an diesen sowohl von der Wirtschaft wie von den Betroffenen wie von uns gewünschten Zustand anpassen kann.
      Zahlreiche Zuschriften von Wehrpflichtigen, die zum Teil auch an mich persönlich gerichtet sind, zeigen, daß sie nach Beendigung ihrer Lehrzeit erst dann einen Arbeitsplatz, ihn zumindest aber leichter finden können, wenn sie den Grundwehrdienst abgeleistet haben. Es ist auch für die Wirtschaft unangenehm, wenn ausgebildete Lehrlinge, die vielleicht im zweiten Jahr als Facharbeiter tätig sind, dem Betrieb wieder entzogen werden. Wir haben in all diesen Fällen bisher versucht, eine individuelle Lösung zu finden, insbesondere um bei den kleinen und mittleren Betrieben eine gleichzeitige Herauslösung mehrerer Facharbeiter eines und desselben .Jahrganges zu verhindern.
      Nur um jeden Zweifel auszuschließen, möchte ich erwähnen, daß schon nach den jetzigen Bestimmungen der Verwaltungsvorschriften bei Wehrpflichtigen, die noch die höhere Schule besuchen oder noch in der Lehre stehen, die Voraussetzungen für eine Zurückstellung nach § 12 Abs. 4 Nr. 3 des Wehrpflichtgesetzes immer ipso facto als gegeben anzusehen sind, so daß auf keinen Fall diese Ausbildungsabschnitte durch Einberufung zum Wehrdienst unterbrochen werden.
      Ich mache diese eigentlich entweder selbstverständliche oder überflüssige Bemerkung deshalb, weil auch das Bedenken und der Vorwurf oder der Verdacht damit verbunden worden ist, daß man die Herabsetzung des Einberufungsalters dann sinnvollerweise dazu benutzen wolle, um Wehrpflichtige mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, auch wenn sie kurz vor dem Abitur stünden, aus der Schule herauszuholen und ihren Wehrdienst ableisten zu lassen. Ich bitte Sie, ein etwas hartes, aber harmlos gemeintes Wort nicht übelzunehmen. Dieses Gesetz ist ja nicht in böswilliger Weise und von völlig unverständigen Menschen gemacht worden und soll huch weder in maliziöser Weise angewendet noch sinnlos durchgeführt werden.
      Lockere Aufteilung der Dienstzeiten: Das ist ein besonderes Problem dieses Gesetzes. In Frage kommen die §§ 5 und 6. Ausgehend von der Absicht, die Dauer des Grundwehrdienstes im Interesse des Wehrpflichtigen so kurz wie möglich zu halten, sie im übrigen aber mehr, als es das bisherige Recht zuläßt, auf die unbedingten Erfordernisse zur Erfüllung der verschiedenartigen militärischen Aufgaben abzustellen, wurde für die Ausbildung innerhalb der NATO-Verbände an der zwölfmonatigen Dauer des Grundwehrdienstes festgehalten. Ich möchte nur nebenbei bemerken, daß die Dauer des Grundwehrdienstes von 12 Monaten für die hohen Anforderungen einer modernen vollmotorisierten und volltechnischen Truppe in vielen Funktionen nicht ausreichend ist. Der Ausgleich kann nur dadurch gefunden werden, daß der Anteil der längerdienenden Freiwilligen erhöht wird. Wir werden insbesondere im Zusammenhang mit der Beratung des Soldatengesetzes dafür auch noch einen besonderen Vorschlag vorlegen.
      Für den Bereich der territorialen Verteidigung, der Basisorganisation -- zweier unerläßlicher militärischer Aufgabengebiete, die für die Verwendungsfähigkeit, für die Mobilmachungsfähigkeit der Bundeswehr unerläßlich sind, deren Aufbau aber naturgemäß bei der Zuteilung der Prioritäten zunächst etwas zurückgestellt worden ist —, ferner für den Bereich des Sanitätsdienstes und des sonstigen Versorgungsdienstes ergeben sich Möglichkeiten, selbst von dem bisher festgelegten sechsmonatigen verkürzten Grundwehrdienst abzuweichen und hier eine noch weitere Auflockerung hinsichtlich der Länge des Wehrdienstes zu finden. Der Entwurf trägt dem Rechnung, indem er eine Benachteiligung für den längerdienenden Wehrpflichtigen beseitigt. Dem Wehrpflichtigen, der den verlängerten Grundwehrdienst von 18 Monaten ableistet, werden nunmehr die gesamten 6 Monate zusätzlicher Dienstzeit auf die Wehrübungen angerechnet.
      Für die vorher erwähnten Einheiten der rückwärtigen •Dienste jedoch können in der Mehrheit kurz ausgebildete Soldaten vorgesehen werden, weil ihre zivilberuflichen Fähigkeiten für eine besondere Funktion auch besonders nutzbringend verwendet werden können. Die militärische Ausbildung kann für diese Wehrpflichtigen auf ein einfaches Maß und auf eine kurze Zeit bemessen werden. Die ersten Erfahrungen mit einer Kurzausbildung sind im letzten Jahre gesammelt worden. Weitere Kurzausbildungskompanien werden in den nächsten Monaten aufgestellt. Der Ihnen vorliegende Entwurf sieht vor, daß eine solche Kurzausbildung im Rahmen des verkürzten Grundwehrdienstes nun nicht starr 6 Monate zu dauern braucht, sondern je nach den Bedürfnissen der Ausbildung von 1 Monat bis zu 6 Monaten dauern kann.
      Einige Bemerkungen zum Grundwehrdienst. Vollen Grundwehrdienst leisten Wehrpflichtige, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und nach dem 30. Juni 1937 geboren sind. Verlängerten Grundwehrdienst leisten Wehrpflichtige auf Grund



      Bundesverteidigungsminister Strauß
      freiwilliger Verpflichtung. Verkürzten Grundwehrdienst leisten ungediente Wehrpflichtige, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, vor dem 1. Juli 1937 geboren und noch nicht 35 Jahre alt sind, sowie solche Wehrpflichtige, die zwar für den vollen Grundwehrdienst zur Verfügung stehen, jedoch auf Grund der Einberufungsanordnungen des Bundesministeriums für Verteidigung hierzu nicht herangezogen werden.
      Nach Vorschlag des Bundesrates, dem die Bundesregierung zugestimmt hat, können zum verkürzten Grundwehrdienst auch Wehrpflichtige herangezogen werden, deren Einberufung zum vollen Grundwehrdienst aus einem der in S 12 Abs. 4 Nr. la und 2 angegebenen Gründe eine besondere Härte bedeuten würde, eine Härte, die aber voraussichtlich durch eine Rückstellung nicht behoben werden könnte. Durch diese Regelung sollen Vor allem Bauern und Bauernsöhne, von deren Arbeitskraft die Bewirtschaftung eines Hofes abhängig ist, ihrer Wehrpflicht in einer Weise genügen können, die den Bedürfnissen der Landwirtschaft gerecht wird. Dieselbe Möglichkeit gilt für andere Berufsstände, wo sich eine solche Notlage zeigt.
      Wehrpflichtige, die in der früheren Wehrmacht Wehrdienst geleistet oder außerhalb der früheren Wehrmacht eine militärische Grundausbildung erhalten haben, leisten keinen Grundwehrdienst.
      Nach Vollendung des 35. Lebensjahres erlischt die Verpflichtung, im Frieden Grundwehrdienst zu leisten.
      Einige Bemerkungen zu den Wehrübungen. Für Wehrpflichtige bis zum 25. Lebensjahr beträgt die Gesamtdauer der Wehrübungen bei Mannschaften und Unteroffizieren höchstens 9 Monate, bei Offizieren höchstens 18 Monate. Vom 25. bis zum 35. Lebensjahr beträgt die Gesamtdauer der Wehrübungen bei Mannschaften und Unteroffizieren höchstens 6 Monate, bei Offizieren höchstens 15 Monate. Nach Vollendung des 35. Lebensjahres dürfen Mannschaften und Unteroffiziere sowie ungediente Wehrpflichtige nur noch zu Wehrübungen von insgesamt 3 Monaten herangezogen werden.
      Bei verkürztem Grundwehrdienst sowie bei Wehrpflichtigen, die für den vollen oder verkürzten Grundwehrdienst zur Verfügung stehen und auf Grund der Einberufungsanordnung des Bundesministeriums für Verteidigung nicht zum Grundwehrdienst herangezogen werden können, sondern nur Wehrübungen abzuleisten brauchen, verlängert sich die Gesamtdauer der Wehrübungen um die durch die Verkürzung gewonnene Zeit.
      Einige Sätze zur Einführung eines Auswahlverfahrens bei der Einberufung von Wehrpflichtigen. Nach dem Entwurf wird die Reihenfolge in den Einberufungslisten durch das Los bestimmt. Eine Freilosung ist nicht vorgesehen. Das Losverfahren stellt keine Neuheit dar. Schon früher wandte man es in westeuropäischen Ländern, unter anderem in Frankreich, an, auch in den Vereinigten Staaten von Amerika. In Preußen wurde dieses Verfahren seit 1825 gehandhabt und im Deutschen Reich durch § 13 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 eingeführt. Näheres regelten die §§ 66 bis 68 der Wehrordnung vom 22. Juli 1901. Das durch die Novelle vorgeschlagene Losverfahren wird durch die Berücksichtigung der Berufszugehörigkeit der Wehrpflichtigen nach sachlichen Gesichtspunkten modifiziert. Außerdem ist unabhängig vom Los eine bevorzugte Einberufung dienstbereiter Wehrpflichtiger vorgesehen. Das Losverfahren hat den Vorzug, daß es an die Stelle eines außerordentlich breiten Ermessensspielraums, der dem Leiter jedes Kreiswehrersatzamtes zufallen würde, ein Verfahren setzt, das Parteilichkeit und Mißbrauch des Ermessens weitgehend ausschließt.
      Ein Wort zur Unabkömmlichkeitsstellung. § 13 bleibt in seiner Grundkonzeption unverändert. Die bisherige Forderung, daß eine Unabkömmlichkeitsstellung in der Regel erst nach dem Grundwehrdienst geschehen soll, ist fallengelassen worden. Es ist ferner eine Uk-Stellung mit zeitlicher Einschränkung sowie zur Vermeidung zeitraubender und umständlicher Einzel-Uk-Verfahren durch Rechtsverordnung die Uk-Stellung ganzer Gruppen, z. B. der Angehörigen der Binnenschiffahrt, vorgesehen.
      Einige Ausführungen zur Berücksichtigung der Belange des zivilen Bevölkerungsschutzes. Die von den zuständigen Behörden für die Dienstleistung im zivilen Bevölkerungschutz, insbesondere für den Luftschutz und allgemein für die Aufgaben des Katastrophenschutzes vorgesehenen Wehrpflichtigen werden vom Wehrdienst freigestellt. Der in Frage kommende Personenkreis ist durch Rechtsverordnung abzugrenzen. In dieser Rechtsverordnung ist auf Alter, berufliche Tätigkeit, militärischen Ausbildungsstand, Tauglichkeitsgrad sowie Ausbildung und vorgesehene Verwendung im zivilen Bevölkerungsschutz abzustellen. Es könnte etwa an folgende Abgrenzung gedacht werden:
      Zum zivilen Bevölkerungsschutz dürfen nicht eingeteilt werden: Wehrpflichtige, die in der Bundeswehr den Grundwehrdienst oder eine Wehrübung besonderen Charakters abgeleistet haben, weil das, gemessen an dem Aufwand, der für diesen Zweck gemacht worden ist, nicht sinnvoll wäre; ferner ungediente Wehrpflichtige unter 25 Jahren, aber mit Ausnahme von Spezialisten im Brandschutzdienst, im Bergungsdienst, von Spezialisten, die im Luftschutzdienst ausgebildet sind oder eine entsprechende Berufsausbildung — z. B. Feuerwehr — haben, gleichgültig, ob berufsmäßig oder freiwillig, sowie beschränkt Taugliche, sofern sie in der Bundeswehr eine Wehrübung abgeleistet haben.
      Es sollen nicht herangezogen werden wehrpflichtige Arbeiter, Angestellte und Beamte, die zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verteidigung gehören oder bei Dienststellen der Stationierungs- oder NATO-Streitkräfte beschäftigt sind.
      Der gleiche Maßstab könnte auch in den zu erlassenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Grundsätze der Unabkömmlichstellung angewendet werden.
      Ferner ist noch zu erwähnen, daß die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrats, nicht nur Wehrpflichtige, die dem Vollzugsdienst von Polizei-



      Bundesverteidigungsminister Strauß
      verbänden, sondern auch Wehrpflichtige, die dem Einzelvollzugsdienst der Polizei angehören, nicht zum Wehrdienst heranzuziehen, zugestimmt hat. Hierdurch wird die Erfüllung polizeilicher Aufgaben sichergestellt.
      Ein Wort zur Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen auf dem personellen Sektor hinsichtlich der Einsatzbereitschaft! Das Wehrpflichtgesetz gibt in seiner geltenden Fassung nicht ausreichend die Möglichkeit einer Vorbereitung der Einsatzbereitschaft der gesamten Verteidigungskräfte für Spannungszeiten und den Verteidigungsfall. Durch Einführung des Bereitstellungsbescheids wird ermöglicht, Wehrpflichtige, die im Frieden zum Wehrdienst nicht einberufen werden können, bei Eintritt des Verteidigungsfalles in Anspruch zu nehmen, ohne daß noch besondere Ladungen nötig sind.
      Die in § 47a vorgesehene Bestandsmusterung, von der ein sehr sparsamer Gebrauch gemacht werden soll, dient dazu, die ungedienten Wehrpflichtigen, die vor dem 1. 7. 1937 geboren sind, in einem vereinfachten Verfahren hinsichtlich ihrer voraussichtlichen Verwendbarkeit im Verteidigungsfalle zu prüfen und ihnen gegebenenfalls einen Bereitstellungsbescheid zu erteilen.
      In diesem Zusammenhang darf ich bemerken, daß die Jahrgänge, die weder bei der früheren Wehrmacht gedient noch auf Grund des neuen Wehrpflichtgesetzes den vollen Grundwehrdienst abgeleistet haben — d. h. also die Jahrgänge von 1928 mit erster Hälfte von 1937 —, bevorzugt für die Ausbildung und Verwendung im zivilen Bevölkerungsschutz in Betracht kommen können. Hierdurch wird keine investierte Ausbildungskapazität ungenutzt gelassen. Auf der anderen Seite sollen gerade beim zivilen Bevölkerungsschutz auch Lebenserfahrung, Berufserfahrung und Berufskönnen angewendet werden; das ist nötig und muß eine besondere Rolle spielen. Schließlich sind die Zahlen, die uns von einigen Landesbehörden für die Notwendigkeiten im zivilen Bevölkerungsschutz allein für Teilaufgaben genannt worden sind, erschreckend hoch. Ich wäre sehr interessiert zu erfahren, wie diese Anforderungen auf dem Wege der völligen Freiwilligkeit erfüllt werden sollen, wenn allein eine deutsche Großstadt, deren verwaltungsmäßige Leitung nicht meiner politischen Partei nahesteht, für den Katastrophenschutz eine Mindestzahl von 24 000 ausgebildeten Helfern — eine Mindestzahl von 24 000 ausgebildeten Helfern! — angefordert hat, um alle die Aufgaben wenigstens einigermaßen zufriedenstellend erfüllen zu können, mit denen leider in einem solchen Falle gerechnet werden müßte.
      Noch ein Wort zur Erfassung und Musterung von Wehrpflichtigen für bestimmte Aufgaben! Nach der bisherigen Rechtslage besteht die Wehrpflicht bis zum 45. Lebensjahre, für Unteroffiziere und Offiziere bis zum 60. Lebensjahre, im Verteidigungsfalle generell bis zum 60. Lebensjahre. Im Verband der Streitkräfte der Bundeswehr ist eine steigende Anzahl von Zivilbediensteten beschäftigt. In der deutschen Bundeswehr sind viele Funktionen in der Hand von Zivilbediensteten, die in anderen Ländern auch im Frieden von Soldaten wahrgenommen werden.
      Wenn ich mich recht erinnere, war seinerzeit in diesem Hohen Hause bei der Beratung und Verabschiedung der Wehrgesetze der Grundsatz maßgebend, daß möglichst viele Funktionen von Zivilisten ausgeübt werden sollten, auch im Rahmen der Streitkräfte, und daß im Frieden nur derjenige den soldatischen Status bekommen sollte, der ihn unbedingt aus der Aufgabenstellung schon im Frieden haben müßte. Niemand wird sich aber der Einsicht verschließen, daß im Verteidigungsfall auch Stellen, die im Frieden mit Zivilbediensteten besetzt sind, mit Soldaten besetzt werden müssen. Wesentliche Einheiten der Bundeswehr hängen in ihrer Verwendungsfähigkeit davon ab, daß das bei ihnen tätige männliche Zivilpersonal auch in Spannungszeiten und im Verteidigungsfall zur Verfügung steht. Ich erwähne nur eine allen, die sich mit dem Aufbau der Bundeswehr beschäftigt haben, und auch darüber hinaus wohl weit bekannte Tatsache, wenn ich sage, daß unsere gesamte Luftwaffe, unser gesamtes Instandsetzungswesen, unser gesamtes Depotwesen, unser gesamtes Versorgungswesen von der Arbeitsleistung von Tausenden und aber Tausenden Zivilisten abhängt, deren Stärke und deren Einstufung ja dem jeweiligen Haushaltsplan zu entnehmen ist.
      Wenn diese zivilen Bediensteten im Spannungsfalle aus irgendeinem Grunde ihre Tätigkeit einstellten, sei es ganz, sei es teilweise, dann wären beträchtliche, vielleicht gerade für die abschrekkende Wirkung, für die Kriegsverhinderung wesentliche Einheiten der Bundeswehr von vornherein lahmgelegt, wenn nicht die gesamte Bundeswehr in ihrer Aktionsfähigkeit einfach stillgelegt. Die Verwendungsfähigkeit eines modernen militarischen Apparates, dessen Aufgabe -- wie hier zum tausendsten Male gesagt und eigentlich nicht mehr wiederholt zu werden braucht -- darin besteht, einen Krieg verhindern zu helfen, beruht ja heute nicht mehr, wie in dem absolutistischen Zeitalter oder in den Anfängen des 19. Jahrhunderts, auf der bewaffneten Streitmacht, also auf denen, die die Uniform tragen, sondern beruht auf dem Zusammenwirken der vielen Komponenten, die jetzt eine so hochkomplizierte und überaus komplexe moderne Streitmacht überhaupt ausmachen; von deren Zusammenwirken hängt die Verwendungsfähigkeit überhaupt ab. Wenn dieses Zusammenwirken bei unseren Bündnispartnern nicht glaubhaft erscheint oder bei all denen, die eventuell böse Absichten gegen uns haben, nicht als sicher unterstellt werden kann, dann wäre es besser gewesen — ich sage das ganz laut und offen und deutlich —, überhaupt keinen Pfennig für die Bundeswehr auszugeben, weil die Bundeswehr dann einen reinen Parade-, Manöver- oder Musikkapellencharakter bekommen hätte, aber keinen ernsthaften Wert für den praktischen Zweck, für den sie zur Verfügung gestellt werden soll.
      Der § 47c räumt deshalb die Möglichkeit ein, diese Personen bis zum vollendeten 60. Lebensjahr zu Soldaten zu machen, soweit sie im Verband der Streitkräfte tätig sind, und zwar auch, was nicht zu übersehen ist, zu ihrem eigenen völkerrechtlichen Schutz. Diese Männer sollen jedoch nicht als



      Bundesverteidigungsminister Strauß
      Infanteristen, Panzerjäger oder Panzerschützen Dienst tun, sondern sie sollen in Spannungszeiten und im Verteidigungsfall lediglich an der Stelle bleiben, an der sie jetzt tätig sind. Sie sollen nichts anderes tun als die Arbeit fortsetzen, die sie als Zivilbedienstete jahrelang ausgeübt haben.
      Das Verteidigungsministerium hat seinerzeit — es war noch unter meinem Vorgänger — und auch in der folgenden Zeit den Wunsch des Parlaments respektiert, in Friedenszeiten nur diejenigen zu Soldaten zu machen, die auf Grund ihrer Funktion in jedem Falle Soldaten sein müssen. Aber es kann nicht darauf verzichten — ich darf das in allem Ernst und im vollen Bewußtsein der uns auferlegten Verantwortung sagen —, die volle Arbeitsfähigkeit und die weitere Dienstleistung der Zivilbediensteten im Rahmen der Streitkräfte für den Verteidigungsfall ,sicherzustellen, weil sonst die gesamte Bundeswehr wertlos wäre. Es muß die Möglichkeit geschaffen werden, diesen Personenkreis gezielt zu erfassen — das geschieht schon automatisch, weil man weiß, wer bei der Bundeswehr, den NATO- oder Stationierungsstreitkräften arbeitet —, gezielt zu mustern und gezielt einzuberufen.
      Um darüber hinaus aber Lücken in den Streitkräften auf dem Gebiet der Technik, des Fernmeldewesens, der Instandsetzung und des Nachschubs zu füllen — nicht um neue Einheiten, neue Kampfeinheiten aufzustellen, etwa Reservebrigaden oder Reservedivisionen, was mit den heutigen Möglichkeiten und Notwendigkeiten nicht mehr vereinbar wäre —, muß die Bundeswehr im Verteidigungsfall und in der vorhergehenden Phase des Bereitschaftsfalles zusätzlich Kräfte für die genannten technischen Gebiete heranziehen. Sie benötigt Spezialisten. Die Zahl der Spezialisten, die zur Auffüllung der schon im Frieden vorhandenen, aber auf Grund der Arbeitsmarktlage nicht voll besetzbaren Planstellen in Betracht kommt, ist außerordentlich gering.
      Ich darf ein praktisches Beispiel dazu sagen. Zur Zeit dauert die Wartung eines Flugzeugs, das von einem Flug zurückgekehrt ist und für den nächsten Flug startklar gemacht werden soll, wegen des Mangels an technischem Personal, das aus Gründen, die Ihnen sehr wohl bekannt sind, nur langsam aufgefüllt werden kann — der Staat kann mit der Wirtschaft nicht konkurrieren; bei der Gott sei Dank gegebenen Voll- bis Überbeschäftigung sind die Schwierigkeiten für uns naturgemäß doppelt so groß; aber lieber Voll- oder Überbeschäftigung als eine auch nur partielle Arbeitslosigkeit; darum müssen wir uns mit diesen Dingen selbstverständlich abfinden, müssen aber auf die Gefahren hinweisen, die hier entstehen —, dauert die Instandsetzung oder Wartung eines Flugzeugs von einem Flug zum andern eben eine wesentlich längere Zeit, weil die notwendige Zahl der — ich darf den Ausdruck einmal gebrauchen — Mann-Stunden auf weniger Kräfte verteilt werden muß. Deshalb erfordern die Wartung und die Startklarmachung längere Zeit. Im Spannungs- oder Ernstfall müßte diese Zeit auf das optimale technische Minimum verkürzt werden. Deshalb soll die Möglichkeit vorgesehen werden, bis unsere Planstellen voll aufgefüllt sind, für diesen kleineren, zahlenmäßig außerordentlich begrenzten Bereich noch eine zusätzliche Einberufung von Spezialisten — in dem Falle würde es sich um die Einberufung von Spezialisten aus der Flugzeug-, aus der Motoren- oder elektronischen Industrie handeln vorzusehen, durch die die Flugzeuge gepflegt, gewartet, repariert und wieder betriebsklar gemacht werden müssen.
      Diese Spezialisten können für die genannten technischen Aufgaben ohne Erfassung und Musterung ganzer Jahrgänge einberufen werden — ein sehr schwerfälliges, ein sehr kostspieliges und überflüssiges Verfahren —, aber nur dann, wenn eine Bestimmung dieser oder ähnlicher Art geschaffen wird. Um jedoch alle Sicherheit zu geben — wir haben diese Frage im Bundesratsausschuß für Verteidigung ja eingehend diskutiert —, daß die zivile Verwaltung, die Wirtschaft, insbesondere der zivile Bevölkerungsschutz wegen ihrer besonderen Interessen nicht einseitig diese Last zu tragen haben, daß eine Abstimmung in der Verwendung stattfindet, bedarf es einer Rechtsverordnung, in der das Nähere geregelt werden soll. Vor Erlaß dieser Rechtsverordnung, die zudem noch der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ist bei diesem Personenkreis nicht einmal die Erfassung ohne Jahrgangsaufruf möglich.
      Ich hoffe, daß es gelingen wird, hinsichtlich aller Probleme des Entwurfs, die eine sorgfältige und gewissenhafte Erörterung im Gesetzgebungsverfahren erforderlich machen, durch gemeinsame Bemühungen zu gemeinsamen Auffassungen zu gelangen. Auch dieser Gesetzentwurf dient dem Ziele, die Freiheit und rechtsstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zusammen mit den freien Völkern der Welt und besonders mit den Partnern unserer Bündnisgemeinschaft zu bewahren und weiterhin zu sichern.
      Es ist wohl anzunehmen, Herr Präsident, daß zu dem Antrag der SPD und zu den Ausführungen, die Herr Kollege Wienand zur Begründung des Antrags gemacht hat, die zuständige Stelle der Bundesregierung eine Stellungnahme abgibt. Ich weiß nicht, ob ich als Regierungsvertreter jetzt zur Diskussion sprechen kann.