— Wie ich mir das erkläre? Weder der Handel noch die GEG wollten diese Kartoffeln haben, weil sie, wie sie sagten, keinen Absatz dafür hätten.
Noch ein Wort betreffend das Obst. Man könnte sagen, daß beim Obst durch die Dürre kein Schaden entstanden ist. Es sollte sich aber doch auch herumgesprochen haben, daß im vergangenen Jahre ein Spätfrost weite Gebiete, und zwar bevorzugte Gebiete, der Apfelproduktion restlos vernichtet hat, so beispielsweise in weiten Teilen des Bodenseegebiets. Diese Dinge muß man doch wirklich berücksichtigen.
Der Hauptvorwurf, der heute erhoben wird, ist der, daß nicht rechtzeitig die Grenze für Butterimporte geöffnet worden sei. Meine Damen und Herren, ich möchte dem Hohen Hause doch empfehlen: Lesen Sie einmal nach, was verschiedene Zeitungen im Mai und noch Anfang Juni dieses Jahres gebracht haben. Da saßen wir auf der Anklagebank und standen unter dem Vorwurf, wir nähmen Butter aus dem Markt und lagerten sie ein. Gleichermaßen saß das Ernährungsministerium auf der Anklagebank; man hielt ihm vor, es wäre gescheiter gewesen, die Butter auf den Markt gehen zu lassen, um die Preise zu senken. Meine Damen und Herren, was wäre dann entstanden? Dann hätten
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959 5225
Bauknecht
auch noch diese 20 000 t gefehlt, und sie wären auf dem Weltmarkt nicht zu haben gewesen, da, wie sich herausstellte, die Dürre so groß war.
Ich darf noch ein Wort zur augenblicklichen Situation sagen. Herr Bundesernährungsminister, Sie sind sicher in einer keineswegs beneidenswerten Lage. Denn nun ist der Stiel völlig umgedreht; man müßte eigentlich die Frage erheben: Was gedenkt die Bundesregierung zum Schutz der Landwirtschaft zu tun, damit die Butterpreise nicht endlos weiter absinken? Im Augenblick hat man nur die Möglichkeit, einzulagern. Meine Damen und Herren, dann wird eben der Zustand eintreten, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle im Dezember genötigt sein wird, einzulagern, und daß man dann im Frühjahr Winterbutter, gelagerte Butter, wieder ausgeben muß.
Die einheimische Butterproduktion liegt im Augenblick um 4,8 % über der Vorjahresproduktion. Es wäre keinerlei Veranlassung gewesen, in einer überstürzten Weise den Butterzoll aufzuheben und die Importe nicht zu befristen. — Schade, Frau Strobel ist nicht mehr da; sonst müßte ich ihr jetzt einiges antworten in bezug auf die Politik drüben in Holland. Es ist richtig, dort hat man eine Marktpolitik, aber den absoluten Schutz des Staates für den Erzeuger dahinter. Für den holländischen Bauern ist es völlig uninteressant, was sein Käse oder seine Butter kosten — Herr Köhler oder Herr Logemann hat bereits darauf hingewiesen —; der bekommt den garantierten Milchpreis von 31 Pf. Frage an das Hohe Haus: Ist etwa die Bundesregierung oder das Hohe Haus gewillt, entsprechende Subventionen zu zahlen, damit unsere Landwirtschaft hier keine Einbuße erleidet? Ich glaube nicht. Nach dem, was man gestern in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers gehört hat, was die allgemeine Auffassung ist, will man von den Subventionen herunterkommen. Und nun weiß ich nicht, wie man, wenn man dem Erzeuger nicht den Preis zugestehen will, bei dem auch er auf seine Kosten kommt, diese Dinge ordnen will.
Auf dem Sektor Vieh und Fleisch sind die Verhältnisse ganz ähnlich. Sicherlich ist zuzugeben, daß die Preise im Vorsommer und im Sommer des vergangenen Jahres angezogen haben. Meine Damen und Herren, was hat denn diese arme Bundesregierung getan? Sie hat nicht eine Politik einseitig zugunsten des Erzeugers gemacht, sondern den dreifachen Auftrag dieses Hohen Hauses zu realisieren versucht, der bei der Verabschiedung der letzten drei Grünen Pläne erteilt worden ist und dahin ging, nicht mit Subventionen des Bundes allein, d. h. nicht allein mit Mitteln aus dem Grünen Plan auf Grund der §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes eine bessere Agrarpolitik zu machen, sondern auch nach § 1, das heißt, mit Mitteln der Handelspolitik. Das hat sie getan; und jetzt wird sie dafür vor diesem Hohen Hause angeklagt.
Meine Damen und Herren, wenn heute die Preise so sind, daß sie in dieser Woche bei den Rindern um 5 DM, bei den Kälbern um 12 DM und bei den Schweinen um 6 DM niedriger liegen als vor einem Jahr, dann muß ich mich fragen, wie angesichts der gestiegenen Produktionskosten in der Landwirtschaft nun eine vernünftige Agrarpolitik in Zukunft betrieben werden soll. Diese Dinge dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren.
Die Landwirtschaft hat leider nicht die Möglichkeit, über eine Rationalisierung ihre Produktionskosten zu senken. Was erreicht die jetzt so stark in Gang gekommene Mechanisierung? Eine Erleichterung der Arbeit und in gewissem Maße eine Verkürzung der Arbeitszeit, leider aber keine Verbilligung der Produktion. Woher soll die Landwirtschaft die erforderlichen Mittel nehmen, wenn man ihr andere Wege versperrt? Dann muß sie doch versuchen, auf dem Markt für bessere Einkommensverhältnisse zu sorgen.
Frau Keilhack, ich glaube, Sie sind mit mir einig, wenn ich sage, daß die 1,2 Millionen kleinbäuerlichen Betriebe wirklich keinen adäquaten Lebensstandard haben und daß man hier noch einiges zur Verbesserung der Verhältnisse tun sollte. Ich möchte daher die Bundesregierung bitten, auch diese Dinge nicht aus dem Auge zu lassen. Wenn schon keine Möglichkeit besteht — um es noch einmal zu sagen —, durch Verbilligung der Produktionsmittel etwas zu erreichen, bleibt uns eben gar nichts anderes übrig als der Weg, gestiegene Kasten über den Markt auszugleichen. Das kann man uns nicht verwehren, wenn man wirklich eine Politik treiben will, die dem Verbraucher und dem Erzeuger gleichermaßen gerecht wird.