Rede von
Siegfried
Zoglmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der teilweisen Privatisierung der Wochenschau können wir nur dann objektiv beurteilen, wenn wir uns an die vor 8 oder 10 Jahren gegebene Situation erinnern. Damals wurden sämtliche Wochenschauen in Deutschland unmittelbar von den Alliierten betrieben. Als im Zuge bestimmter Umwandlungen im Jahre 1950/51 die Möglichkeit bestand, die Wochenschau aus dem unmittelbaren Einflußbereich der Alliierten herauszulösen, trat nach Lage der Dinge der Bund als Treuhänder auf. Der Bund war eigentlich niemals dafür vorgesehen, die Wochenschauen auf lange Sicht zu betreiben. Die Aufgabe des Bundes war treuhänderisch. Sie erlischt klar mit dem Tag, an dem diese Situation nicht mehr besteht; und diese Situation ist heute gegeben. Nach unserem Dafürhalten ist also die Frage entschieden, ob der Bund hier eine vorübergehend von ihm wahrgenommene Aufgabe nun wieder in private Hände zurücklegen soll. Das ist der eine Komplex.
Die zweite Frage lautet: Ist die Wochenschau so miserabel, wie hier vom Kollegen Lohmar gesagt wurde, oder — wie es im Ausschuß hieß — ist sogar zu erwarten, daß die Wochenschau, wenn die UFA sie in die Hände bekommt, wieder sehr zweifelhafte politische Wege gehen wird? Dazu ist zu sagen, daß, wenn die Wochenschau heute miserabel wäre, der Beirat, der heute besteht, daran sicher nicht unschuldig wäre. Es genügt nicht, zu sagen, in diesem Beirat seien vier Abgeordnete der CDU und nur ein Abgeordneter der SPD. Man muß ergänzend hinzufügen, daß der Vorsitzende dieses Beirats ein Mitglied der SPD ist, und zwar der Hamburger Kultursenator Landahl. Wenn der Beirat
nicht funktioniert, ist das sicher mit auf den Vorsitzenden zurückzuführen. Der Beirat hat nämlich bisher überhaupt kaum eine Funktion wahrgenommen. Es war so, daß im Verlaufe von drei oder vier Monaten diese Herren einmal mehr oder weniger zu einem Frühstück zusammengekommen und dann wieder auseinandergegangen sind. Das ist doch das Kriterium. Was soll so ein Beirat, wenn er nichts tut? Er muß also etwas tun, er soll etwas tun. Er ist heute schon so zusammengesetzt, daß die SPD eigentlich keine Veranlassung hat, sich zu beschweren. Eher müßte schon meine Fraktion sagen: Was ist denn mit uns? Denn die Fraktion der Freien Demokraten wird in diesem Beirat durch den ehemaligen Bundesminister Hermann Schäfer vertreten, der
Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1959 5179
Zoglmann
seit Jahren nacht mehr unserer Fraktion angehört. Welchen Wert dieser Beirat hat, welchen Wert man diesem Beirat zumißt, mögen Sie allein daran erkennen, daß er praktisch kaum existent ist.
Also, Herr Kollege Lohmar, Sie müssen sich selber mit an die Brust klopfen und müssen Ihren Kollegen Landahl etwas mehr auf Trab bringen, damit der Beirat mehr tut, als er bisher getan hat.
Bezüglich der zukünftigen Regelung möchte ich sagen, daß der Beirat eine tatsächliche Zuständigkeit bekommen muß, wenn er einen Sinn haben soll. Aber man darf nicht vergessen, daß der Beirat niemals das wirtschaftliche Risiko, die Verantwortung übernehmen kann und daß Sie daher immer das Ganze in einem bestimmten Verhältnis zu den tatsächlichen Gegebenheiten lassen müssen, die dann entstehen, wenn Sie diese Wochenschau in private Hände überführen.
Und ein Weiteres! Mir ist eines nicht ganz klar, das habe ich auch schon im Ausschuß gesagt. Die SPD will im Grunde genommen — wie sich das bei der Abstimmung ergeben wird, kann ich nicht übersehen — darauf hinaus, die Wochenschau im staatlichen Bereich zu halten, und zwar unter Hinweis darauf, daß man ein so wichtiges Instrument der Information über Zeitgeschehen usw. im staatlichen Bereich handhaben müsse. Von der gleichen Stelle wird aber für das Fernsehen genau gegenteilig argumentiert. Wir haben keine Veranlassung, hier für die Fernsehpläne der Regierung einzutreten. Aber hier wird dann gesagt: Wenn der Bund das Fernsehen übernimmt, ist das höchst gefährlich. Ich kann nicht einsehen, weshalb etwas gefährlich sein sollte, wenn es über die Glasscheibe des Bildschirms geht, und ungefährlich, wenn es über die Leinwand der Filmtheater läuft. Da reicht mein Verstand nicht aus.