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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 93. Sitzung Bonn, den 10. Dezember 1959 Inhalt: Nachruf auf die Opfer der Staudammkatastrophe bei Fréjus . . . . . . . 5119 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Diel und Wittmer-Eigenbrodt . . . 5119 A Begrüßung der Senatoren Johnston und Case des amerikanischen Senats . . . 5132 A Wahl des Abg. Niederalt in den Schuldenausschuß bei der Bundesschuldenverwaltung 5119 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das .Rechnungsjahr 1960 (Haushaltsgesetz 1960) (Drucksache 1400) — Erste Beratung — Etzel, Bundesminister . . 5119D, 5172 A Ritzel (SPD) 5137 D, 5172 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 5151 C Lenz (Trossingen) (FDP) . . . . 5161 D Niederalt (CDU/CSU) 5167 C Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr (Drucksache 1435) ; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1448) — Zweite und dritte Beratung — Ritzel (SPD) 5133 D Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (CDU/CSU) (Drucksache 515); Berichte des Haushaltsund des Finanzausschusses (Drucksachen 1346, 1270, zu 1270) — Zweite und dritte Beratung — Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . 5134 C, 5136 A Wieninger (CDU/CSU) 5135 C Dollinger (CDU/CSU) . . . . . 5136 B Zur Tagesordnung Rösing (CDU/CSU) . . . . . . . 5136 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland und Italiens zu den zwischen den Regierungen Belgiens, Frankreichs, Luxemburgs, der Niederlande und des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland geschlossenen und am 17. April 1950 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommen über Grenzarbeitnehmer und über Gastarbeitnehmer (Drucksache 1188); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 1447) — Zweite und dritte Beratung — 5136 D Sammelübersicht 15 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 1427) 5137 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1959 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und des Umsatzsteuergesetzes (SPD) (Drucksache 1403) — Erste Beratung — . . . . . . . . 5137 B Antrag der Abg. Wilhelm, Bach, Ritzel, Schmitt (Vockenhausen) u. Gen. betr. Abgeltungsbetrag und Härteausgleichszahlung für Arbeiter, Angestellte und Beamte des öffentlichen Dienstes im Saar land (Drucksache 1453) 5137 B Antrag des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes betr. Zustimmung zur Veräußerung einer Beteiligung an der Deutsche Wochenschau GmbH, Hamburg (Drucksache 1039); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1474) Lohmar (SPD) . . 5176 D, 5179 B Zoglmann (FDP) . . . . . . . . 5178 C Dr. Lindrath, Bundesminister . . . 5179 C Entwurf einer Zehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Vorprodukte zur Herstellung von Hormonen usw.); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1454, 1475) 5180 C Entwurf einer Elften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Zolltarifvereinbarungen mit der Schweiz usw.) ; Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1455, 1476) . . . 5180 C Entwurf einer Zwölften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Gefriergemüse usw.); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1462, 1478) Wehr (SPD) 5180 D Nächste Sitzung 5181 C Anlagen 5183 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1959 5119 93. Sitzung Bonn, den 10. Dezember 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 12. 12. Blachstein 11. 12. Brüns 12. 12. Dr. Dahlgrün 11. 12. Dr. Deist 10. 12. Dr. Dittrich 12. 12. Dopatka 11. 12. Engelbrecht-Greve 11. 12. Even (Köln) 11. 12. Gaßmann 11. 12. Gedat 12. 12. Geiger (München) 11. 12. Gewandt 12. 12. Dr. Gradl 12. 12. Dr. Greve 12. 12. Dr. Gülich 15. 12. Hahn 12. 12. Hellenbrock 10. 12. Hilbert 15. 12. Jacobi 10. 12. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Kemmer 11. 12. Frau Klemmert 11. 12. Könen (Düsseldorf) 10. 12. Dr. Kopf 11. 12. Dr. Kreyssig 10. 12. Kriedemann 12. 12. Dr. Löhr 10. 12. Lulay 31. 12. Maier (Freiburg) 15. 12. Margulies 11. 12. Prennel 12. 12. Rademacher 11. 12. Rasner 11. 12. Dr. Ratzel 11. 12. Richarts 11. 12. Scheel 11. 12. Dr. Schild 11. 12. Schoettle 12. 12. Dr. Starke 12. 12. Stenger 11. 12. Frau Strobel 10. 12. Theis 12. 12. Dr. Willeke 12. 12. Wittmer-Eigenbrodt 11. 12. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Memmel betreffend Bundesmittel für die bayerischen Winzergenossenschaften (Fragestunde der 89. Sitzung vom 11. 11. 1959, Drucksache 1347) : Ich frage die Bundesregierung, welche Mittel - aufgegliedert nach verlorenen Zuschüssen und zinsverbilligten Darlehen - bisher den bayerischen Winzergenossenschaften vom Bund zugeflossen sind. In Ergänzung der in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 11. November 1959 mündlich erteilten Antwort darf ich mitteilen, daß nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bayerische Winzergenossenschaften seit dem Jahre 1954 bis zum Abschluß der Zinsverbilligungsaktion „Anschaffung von Gemeinschaftseinrichtungen und -maschinen" am 30. Juni 1959 Darlehen von insgesamt 956 500 DM in Anspruch genommen haben, die mit Bundesmitteln zinsverbilligt wurden. Schwarz Anlage 3 Erklärung zur Abstimmung gemäß § 59 der Geschäftsordnung. Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat zu Punkt 2 der Tagesordnung der 93. Sitzung des Deutschen Bundestages den Änderungsanträgen zur 2. Beratung des Entwurfs des 10. Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Umdrucke 447 und 449) zugestimmt, weil sich diese mit einem Änderungsantrag decken, den die Fraktion ,der FDP als Umdruck 450 eingebracht hat, der aber nicht mit zur Abstimmung gestellt werden konnte, weil er infolge eines eigenen technischen Versehens dem Hohen Hause zu spät vorgelegt wurde. Mauk Dr. Bucher Anlage 4 Umdruck 447 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen 515, 1270, zu 1270). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 wird die neugefaßte Ziffer 4a des § 4 wie folgt ergänzt: i. Hinter dem Wort „Früchte" wird das Wort „ , frisch, " eingefügt. 2. Hinter den Worten „Gemüse und Küchenkräuter" wird das Wort „ , frisch," eingefügt. 3. Hinter den Worten „Kaffee-Ersatzmittel und Kaffee-Ersatzmittelextrakte" wird das Wort „Kindernährmittel" neu eingefügt. Bonn, den 8. Dezember 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 449 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP zur zweiten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksachen 515, 1270, zu 1270). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 wird die neugefaßte Ziffer 4a des § 4 wie folgt ergänzt: 1. Hinter dem Wort „Früchte" wird das Wort „ , frisch," eingefügt. 2. Hinter den Worten „Gemüse und Küchenkräuter" wird das Wort „ , frisch," eingefügt. Bonn, den 9. Dezember 1959 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Franz Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich komme zur Außenfinanzpolitik. Von Jahr zu Jahr wachsen die internationalen Verpflichtungen unserer Finanzpolitik. Die großen Fortschritte des Verkehrswesens lassen unsere Welt mehr und mehr zusammenschrumpfen. Zugleich mit der Entwicklung der Verkehrstechnik, zum Teil aber auch unabhängig davon, nimmt die Verflechtung der einzelnen Volkswirtschaften zu, soweit sie nicht der Eiserne Vorhang durch eine verschiedene Wirtschaftsphilosophie trennt; Tempo und Ausmaß dieser Verflechtung sind dabei allerdings in den einzelnen Teilen der freien Welt verschieden.
    Dieser Sachverhalt bedeutet für uns die Verpflichtung, einen angemessenen Anteil an den gemeinsamen Aufgaben auf uns zu nehmen und nach dem bereits erwähnten Grundsatz, die Unterschiede zwischen arm und reich zu mildern, alles in unseren Kräften Stehende zu tun, um den Ländern zu helfen, die sich noch im Zustand der Entwicklung befinden.
    Zu dieser Aufgabe ist zweierlei zu bemerken. Das rasche Wachstum der Bevölkerung in diesen Ländern und der Drang ihrer Einwohner, ihren Lebensstandard zu heben, macht diese Hilfe besonders vordringlich. Außerdem haben wir Verständnis dafür, daß die Vereinigten Staaten, die so viel für die übrige Welt tun, im Hinblick auf ihre Zahlungsbilanz eine andere Verteilung der Lasten auf diesem Gebiete anstreben.
    Dieses Bekenntnis zur Übernahme internationaler Verpflichtungen darf aber nicht so verstanden werden, als ob in diesem Bereiche bei uns bisher noch nicht viel geschehen sei. Auf weltweiter Ebene haben wir unsere Beteiligung an dem Internationalen Währungsfonds und an der Weltbank erhöht, und zwar bei der letzten von knapp 1,4 Milliarden DM auf rund 4,5 Milliarden DM, d. h. im Verhältnis zu den meisten übrigen Ländern stark überproportional. In absehbarer Zukunft werden wir auch zu den Mitgliedsländern der Internationalen Entwicklungs-Vereinigung gehören, der sogenannten IDA, die in enger Anlehnung an die Weltbank den Entwicklungsländern Kredite zu Vorzugsbedingungen gewähren soll. In Europa sind wir an der Europäischen Investitionsbank und an dem Überseefonds für die überseeischen Gebiete der Mitgliedsländer der EWG mit rund 1,25 Milliarden DM und 840 Millionen DM beteiligt, ferner mit rund 200 Millionen DM an dem Kreditfonds des Europäischen Währungsabkommens, das an die Stelle der Europäischen Zahlungs-Union getreten ist. Zu welchen Leistungen wir im Rahmen des Europäischen Sozialfonds im laufenden und in den nächsten Haushaltsjahren herangezogen werden, läßt sich noch nicht abschließend übersehen.
    Soweit internationale Einrichtungen nicht tätig werden, kommen Kredite an weniger entwickelte Länder aus Mitteln von Sondervermögen, also vor allem des ERP-Sondervermögens, und aus dem Kapitalmarkt in Betracht. Kredite aus Haushaltsmitteln können für diese Zwecke grundsätzlich nicht
    1. gewährt werden.
    Was das ERP-Sondervermögen anlangt, so prüfen wir zur Zeit, ob die Entwicklung des Kapitalmarktes es gestattet, einige seiner bisherigen Aufgaben dort wegfallen zu lassen und die frei werdenden Mittel im verstärkten Maße für die Förderung von Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen. Eine unmittelbare Inanspruchnahme des Kapitalmarktes durch die Entwicklungsländer würde, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit einer deutschen Kapitalausfuhr, den klassischen Vorstellungen entsprechen. Bei der immer noch labilen Lage dieses Marktes und der regen Nachfrage der öffentlichen Hand, der privaten Wirtschaft und des Wohnungsbaues nach langfristigen Finanzierungsmitteln wird jedoch für größere Anleihen der Entwicklungsländer auf dem deutschen Kapitalmarkt zunächst wenig Raum sein. Um so mehr ist es er-
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1959 5133
    Bundesfinanzminister Etzel
    forderlich, die Kapitalausfuhr auf sonstige Weise, vor allem also durch Übernahme von Bürgschaften und ähnlichen Gewährleistungen, zu fördern.
    Allerdings kann ich nicht verhehlen, daß mir die Höhe dieser Bürgschaften gewisse Sorgen bereitet und daß die Grundsätze, nach denen diese Hilfe gewährt wird, einer ständigen Beobachtung und Überprüfung bedürfen.

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

    In dieser Hinsicht hat der Bundesrat eine zutreffende Bemerkung gemacht. Die gesamte Haftungssumme aus Bundesbürgschaften dieser Art hat inzwischen bereits 10 Milliarden DM überschritten. Das darin liegende Risiko, für das es keine Rückstellungen gibt, ist groß und kann in Zukunft noch größer werden. Bisher schon mußten wir 370 Millionen DM zur Ablösung unserer Bürgschaftsverpflichtungen aus dem Haushalt aufbringen.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Sie erkennen aus diesem Überblick, daß der Bund auf dem Gebiete der Außenfinanzpolitik keineswegs müßig ist. Neben den materiellen Leistungen, die wir in Zukunft voraussichtlich in verstärktem Maße zu erbringen haben werden, erscheint es mir jedoch dringend geboten, daß die Hilfe für die Entwicklungsländer nach klaren und eindeutigen Grundsätzen erfolgt und daß die hochindustrialisierten Länder nicht neben- und unabhängig voneinander vorgehen, sondern ihre Maßnahmen koordinieren. Vor der Schaffung neuer größerer oder kleinerer Fonds muß dringend gewarnt werden: es gilt auch hier der lateinische Satz: „Non multa, sed multum", nicht vielerlei, sondern viel! In Zusammenarbeit mit dem Kollegen Erhard bin ich um eine Ordnung und Straffung auf diesem Gebiete bemüht. Die Auffassung der Bundesregierung hierzu wird dem Hohen Hause zu gegebener Zeit noch dargelegt werden.
    Bei aller Anerkennung der Notwendigkeit, den Entwicklungsländern zu helfen, soll im übrigen die finanzielle Förderung zur strukturellen Verbesserung zurückgebliebener Landesteile in unserem eigenen Lande keineswegs vergessen werden.

    (Zustimmung in der Mitte. — Hört! Hört! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Damit habe ich Ihnen einen Überblick über den Stand der Bundesfinanzen und über die Hauptprobleme unserer Finanzpolitik gegeben. Sie wollen daraus bitte die Überzeugung gewinnen, daß die Finanzen des Bundes geordnet sind und auch künftig in Ordnung gehalten werden können.

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr gut!)

    Wir verfügen zwar nicht mehr über die hohen Kassenrücklagen früherer Jahre, in denen auch sehr erhebliche Gefahren steckten. Unsere Finanzpolitik wird nunmehr natürlich schwieriger. Wir haben aber klare Vorstellungen über unsere finanzpolitischen Möglichkeiten und ihre Grenzen. Unsere größte Sorge ist es, das weitere unaufhaltsame Wachstum der öffentlichen Ausgaben zu bremsen. Wir müssen dies nicht nur tun, um den Bundeshaushalt in Ordnung zu halten. Bei der gegenwärtigen
    Konjunkturentwicklung müssen wir die Ausgaben aller öffentlichen Körperschaften auch niedrig halten, um die Konjunktur im Gleichgewicht zu behalten.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wir wollen auch die Steuerlasten nicht ohne zwingenden Grund wieder wachsen lassen, nachdem wir sie in den letzten Jahren so wesentlich vermindert haben. Zu diesem Ziele sollten beide Häuser des Parlaments, die Bundesregierung und nicht zuletzt auch eine breite öffentliche Meinung ihre Bemühungen vereinigen.
    Lassen wir unser junges Staatswesen, an dessen kraftvollem Aufbau und dessen wachsender Autorität wir Schritt für Schritt bauen, nicht in einen kraftlosen Gefälligkeitsstaat abgleiten. Der Staat kann keine Geschenke machen. Alle Leistungen des Staates an seine Bürger müssen von eben diesen Bürgern, sei es unmittelbar oder mittelbar, durch Steuern wieder hereingebracht werden. Wer nach zusätzlichen Staatsleistungen ruft, sollte ihre Rechtfertigung daran prüfen, ob er entsprechende Hilfen auch unmittelbar von seinem Nachbarn verlangen würde. Um der Demokratie willen sollten wir uns rechtzeitig genug gegen die Anfälligkeit der modernen Massendemokratie in Finanzfragen schützen. Hier liegt die wichtigste Zukunftsaufgabe unserer Finanzpolitik.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, wir sind übereingekommen, nicht jetzt, sondern erst heute nachmittag um 15 Uhr in die Beratung in erster Lesung einzutreten.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr (Drucksache 1435) ;
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) (Drucksache 1448)

(Erste Beratung 91. Sitzung).

Das Wort als Berichterstatter hat der Herr Abgeordnete Ritzel.

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    Rede von Heinrich Georg Ritzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die Drucksache 1435 und die Drucksache 1448 (neu) stehen in einem unlösbaren Zusammenhang mit dem, was wir eben als Auftakt zum Jahreshaushalt 1960 gehört haben; denn der Jahreshaushalt 1960 bezieht sich bereits, vorausgesetzt, daß der vorliegende Gesetzentwurf angenommen wird, auf die Änderung des Rechnungsjahres und seine Gleichstellung mit dem Kalenderjahr. In gründlichen Beratungen sind im Haushaltsausschuß die Probleme, die damit zusammenhängen, erörtert worden. Der jetzt im Entwurf vorliegende Haushaltsplan 1960 soll nur noch für neun Zwölftel, also für drei Vierteljahre, nämlich für die Zeit vom 1. April 1960 bis zum 31. Dezember 1960 gelten. Dann soll das neue
    5134 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1'0. Dezember 1959
    Ritzel
    Rechnungsjahr 1961 gleichgesetzt mit dem Kalenderjahr beginnen.
    Damit wird eine jahrzehntealte Übung zu Grabe getragen, nach der das Rechnungsjahr am 1. April begann und am 31. März des nächsten Jahres endete. Die Rechnungsführung in der Bundesrepublik Deutschland wird damit der in anderen Ländern gleichgesetzt. Ich nenne Belgien, Holland und Frankreich. Im ganzen haben etwa 32 Länder in der ganzen Welt das Kalenderjahr als Rechnungsjahr. Auch ein deutsches Land, das Saarland, das bisher in seiner Rechnungsführung Frankreich angegliedert war, führt die Rechnung für das Kalenderjahr durch.
    Für die Angleichung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr lassen sich erhebliche Argumente anführen. Ich will auf ihre Wiedergabe im einzelnen verzichten und nur darauf hinweisen, daß sowohl in der Wirtschaft als auch im Privatleben das Kalenderjahr der maßgebliche Zeitraum ist. Der Begriff des Rechnungsjahres wurde vor Jahrzehnten in Deutschland im damaligen Deutschen Reich eingeführt. Dieser Zeitraum ist aber dem natürlichen Ablauf, dem natürlichen Rhythmus wesensfremd, der sich in der Wirtschaft und auch in der Steuergesetzgebung — ich erwähne die Steuertermine — ergeben hat.
    Auf manchen Gebieten werden wir es nach dieser Änderung erheblich leichter haben. Die Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden wird es mindestens in der Übergangszeit erheblich schwerer haben. Auch für dieses Hohe Haus und seine Ausschüsse wird die Bewältigung der sich stellenden Aufgabe nicht leichter werden. Im kommenden Kalenderjahr 1960 werden wir es sogar ganz besonders schwer haben; wir werden nämlich gezwungen sein, in einem Kalenderjahr zwei Haushalte zu beraten und zu verabschieden.
    Trotz allem waren wir im Haushaltsausschuß der Auffassung, daß es richtig sei, die vom Parlament angeregte Regierungsvorlage — Drucksache 1435 — mit den aus Drucksache 1448 (neu) ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Ich empfehle Ihnen daher im Namen des Ausschusses die Annahme dieser Vorlage.