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ID0309011100

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    Deutscher Bundestag 90. Sitzung Bonn, den 12. November 1959 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Dr. Bleyler . . . . . . . . . 4871 A Ergänzung der Tagesordnung . . . . . 4871 A Fragestunde (Drucksache 1347) Frage des Abg. Wittrock: Gefährdung der Rheinschiffahrt durch Stromschnellen und Felsbarrieren Dr. Seiermann, Staatssekretär . 4871 B, C Wittrock (SPD) 4871 C Frage des Abg. Wittrock: Versuche, künstlich Regen zu erzeugen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4871 D, 4872 A Wittrock (SPD) . . . . . . . . 4872 A Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Behörden-Kennzeichen für Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . 4872 B, C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . 4872 B, C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Lärmbelästigung durch Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4872 D Frage des Abg. Koch: Lärmbelästigung durch Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4873 A Koch (CDU/CSU) . . . . . . . 4873 A Frage des Abg. Mischnick: Autobahnverbindung Bad Hersfeld—Würzburg Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4873 B Frage des Abg. Memmel: Schritte der Deutschen Botschaft im Falle Podola Dr. von Merkatz, Bundesminister . . 4873 C Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Ratifizierung des europäischen Abkommens über den Austausch von therapeutischen Substanzen menschlichen Ursprungs Dr. von Merkatz, Bundesminister 4873 C, D Frau Dr. Hubert (SPD) . . . . . 4873 D Frage der Abg. Frau Herklotz: Grenznaher Grundbesitz pfälzischer Familien in Frankreich Dr. von Merkatz, Bundesminister . . 4874 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Umwandlung des Beobachter-Status in der Belgrader Donau-Konvention in eine ordentliche Mitgliedschaft Dr. von Merkatz, Bundesminister 4874 B, C Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 4874 C II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Gesetzesinitiative der Bundesregierung Lücke, Bundesminister . . . . . 4874 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 4874 D Frage des Abg. Ritzel: Doppelstecker Lücke, Bundesminister . . 4875 A, C Ritzel (SPD) 4875 B, C Frage des Abg. Simpfendörfer: Behördenhandel Lücke, Bundesminister . . 4875 D, 4876 A Simpfendörfer (CDU/CSU) . . . . 4876 A Frage des Abg. Dr. Brecht: Zinsverbilligungsmaßnahmen des Wohnungsbauministers „Besser und schöner wohnen" und „Junge Familien" Lücke, Bundesminister . . 4876 B, C, D Dr. Brecht (SPD) . . . . . . . . 4876 C Frage des Abg. Dr. Brecht: Einheitliche Richtlinien über die Gewährung von Zinszuschüssen für Wohnungsbaudarlehen Lücke, Bundesminister 4876 D, 4877 A, B Dr. Brecht (SPD) 4877 A, B Frage des Abg. Höhmann: Schulbauplatz der Stadt Waldkappel im Kreise Eschwege Lücke, Bundesminister . . . . . 4877 B Frage des Abg. Lohmar: Abdruck der drei Strophen des Deutschlandliedes in einem Kommentar zum Grundgesetz Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4877 D Frage des Abg. Dr. Arndt: Erlaß des BM. d. Innern vom 28. August 1959 über die Beflaggung der Dienstgebäude des Bundes Dr. Schröder, Bundesminister 4878 A, B, C Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . 4878 B, C Frage des Abg. Felder: Ausländerlager bei Zirndorf Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4878 C, 4879 A, B Felder (SPD) 4879 A, B Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Bürgerkrieg ausländischer Terrororganisationen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Schäffer, Bundesminister . . . 4879 C, D Jahn (Marburg) (SPD) . . . . 4879 D Entwurf einer Neunten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Butter); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1365, 1380) 4880 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (Drucksache 1375) — Erste Beratung — . . . . . 4880 A Entwurf eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht (Drucksache 1234) Lücke, Bundesminister . . . . . 4880 B Dr. Hesberg (CDU/CSU) . . . . . 4889 C Hauffe (SPD) . . . . . . . . . 4894 A Dr. Will (FDP) . . . . . . . . 4898 C Dr. Preusker (DP) . . 4900 D, 4904 A, 4912 A, B Frau Berger-Heise (SPD) . . . . . 4904 A Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 4905 D Dr. Brecht (SPD) . . . 4909 A, 4912 A, B, 4915 C Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 4914 D, 4915 C Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . . . . 4918 D Jacobi (SPD) . . . . . . . . . 4921 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 4921 D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 4922 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 4922 B Redaktionelle Anpassungen betr. dritte Beratung des Entwurfs einer Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (Drucksachen 55, 1094 Anlage 1, 1321) . . . . . 4923 A Nächste Sitzung . . . . . . . . 4923 C Anlagen 4925 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959 4871 90. Sitzung Bonn, den 12. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.04 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 25. 11. Dr. Arndt 12. 11. Dr. Baade 13. 11. Dr. Bärsch 12. 11. Bauereisen 12. 11. Bausch 12. 11. Bergmann 15. 11. Fürst von Bismarck 20. 11. Blachstein 12. 11. Brüns 12. 12. Dr. Burgbacher 25. 11. Caspers 12. 11. Dr. Dittrich 12. 11. Drachsler 12. 11. Dr. Dresbach 12. 11. Eilers (Oldenburg) 12. 11. Finckh 1. 12. Gaßmann 12. 11. Gedat 12. 12. Geiger (München) 12. 11. Dr. Gradl 12. 12. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 15. 12. Günther 12. 11. Hackethal 12. 11. Hahn 28. 11. Dr. von Haniel-Niethammer 12. 11. Dr. Harm 12. 11. Dr. Hellwig 12. 11. Heye 25. 11. Hilbert 1. 12. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Kalbitzer 12. 11. Kisters 28. 11. Frau Klemmert 12. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. 11. Dr. Kohut 28. 11. Kramel 12. 11. Kreitmeyer 25. 11. Lange (Essen) 12. 11. Lulay 31. 12. Lünenstraß 12. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Mauk 13. 11. Mensing 13. 11. Meyer (Oppertshofen) 12. 11. Muckermann 12. 11. Ollenhauer 12. 11. Prennel 13. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Rademacher 12. 11. Ramms 12. 11. Dr. Ratzel 12. 11. Frau Renger 12. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Scheel 12. 11. Schmidt (Hamburg) 12. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Schneider (Bremerhaven) 12. 11. Schultz 12. 11. Spitzmüller 13. 11. Dr. Starke 12. 11. Storch 14.11. Sühler 12. 11. Theis 20. 11. Dr. Vogel 25. 11. Wagner 12. 11. Dr. Wahl 14. 11. Walpert 12. 11. Frau Welter (Aachen) 12. 11. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Höcherl zur ersten Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht (Drucksache 1234). Für meine Freunde von der CSU darf ich erklären, daß wir den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf, mit dem die stufenweise Überführung der Wohnungszwangswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft erreicht werden soll, begrüßen. Die Bundesregierung hat seit 1949 5 Millionen Wohnungen mit einem Kostenaufwand von etwa 30 Milliarden DM neu errichtet oder wiederaufgebaut. Sie hat damit eine in der ganzen Welt einmalige Aufbauleistung vollbracht und so die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der Marktwirtschaft auf dem Wohnungssektor geschaffen. Der Erfolg der vorgeschlagenen Maßnahmen und die Einhaltung des Zeitplanes hängen davon ab, daß wir die früheren Bauleistungen weiterhin erbringen können. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Zuwachsrate von jährlich J/2 Million neuer Wohnungen wird die übertriebenen Befürchtungen eines Teils der beteiligten Bevölkerungskreise entkräften. Die CSU begrüßt den stufenweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und unterstützt die Bestrebungen der Bundesregierung, auch den 5 Millionen Althausbesitzern bis zur endgültigen Freigabe der Mietpreise und Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft angemessene Erträgnisse zu geben, um so die notwendige Instandsetzung und Verbesserung im Altwohnungsbestand zu ermöglichen. Denn von den 5 Millionen Altwohnhäusern gehören 1,5 Millionen Personen, die selbst mit den Mieteinnahmen nicht einmal die Durchschnittseinkünfte der Arbeiter und der Angestellten erreichen, wie sie unserer Rentengesetzgebung zugrunde liegen. Diese 4926 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959 Verhältnisse sind in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt. Die Gleichsetzung von Hausbesitz und Wohlstand beruht auf einer überholten Auffassung. Allein die aus Notzeiten stammende Wohnungszwangswirtschaft mit ihrem Preisstopp ist für diesen Zustand verantwortlich. Es ist nach unserer Wirtschaftsauffassung völlig klar, daß der Staat nicht das Recht hat, bei ständig verbesserten allgemeinen Verhältnissen gerade die Hausbesitzer auf kurze Ration zu setzen. Deswegen soll mit dem vorliegenden Gesetz als erster Schritt diesem Personenkreis eine, wenn auch bescheidene, Verbesserung seiner materiellen Lage und damit die Anpassung an den Fortschritt unserer Gesamtwirtschaft ermöglicht werden. Eine 15prozentige Mietanhebung auf die Grundmiete für die 5 Mill. Altwohnungen und eine Erhöhung von 10 Pf pro Quadratmeter für die im sozialen Wohnungsbau von 1948 bis 1956 errichteten Neubauwohnungen halten sich in tragbarem Rahmen und sind in gerechter Abwägung der Interessen der Mieter und der Hausbesitzer durchaus zu vertreten. Sie sollen eine Annäherung der Erträge des Hausbesitzers an die Höhe bewirken, die zur Deckung der Instandhaltungskosten erforderlich ist. Es erscheint angemessen, die Großwohnungen einer schärferen Anhebung zu unterwerfen, die aber nicht mehr als weitere 20 % ausmachen darf. Voraussetzung für unsere Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf war immer, daß die einkommenschwachen und kinderreichen Mieter nicht in eine soziale Notlage gebracht werden. Das Gesetz sieht daher Mietbeihilfen vor, die keinen Fürsorgecharakter haben, sondern auf die ein Rechtsanspruch besteht. Um die zähflüssige Verwaltungsvereinfachung voranzutreiben und den Prinzipien unserer Wirtschaftsauffassung zu entsprechen, soll die Wohnungszwangswirtschaft dort abgebaut werden, wo die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Selbstverständlich muß der besonderen Entwicklung des Wohnungsbedarfs in bestimmten Brennpunkten unseres wirtschaftlichen Wachstums durch eine besondere Regelung auch auf diesem Gebiet Rechnung getragen werden. Entscheidend war für uns der Umstand, daß objektive Maßstäbe gefunden werden konnten, nach denen bei der Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft zu verfahren ist und die keinen Manipulationen unterliegen. In absehbarer Zeit wird bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Bauvolumens die Wohnungszwangswirtschaft in allen Teilen des Bundesgebietes aufgehoben werden. Wir sind der Meinung, daß das bisherige Mieterschutzrecht, das in Kriegs- und Inflationszeiten entstand, heute durch eine moderne Gesetzgebung abgelöst werden muß. Das soll durch das soziale Mietrecht geschehen, dessen Funktion es sein wird, zwar den, Grundsatz der Vertragsfreiheit wiederherzustellen, aber den anständigen Mieter vor Willkürmaßnahmen zuverlässig zu schützen. Zusammenfassend darf ich sagen, daß die CSU-Landesgruppe den vorliegenden Gesetzentwurf billigt und Herrn Minister Lücke den besonderen Dank für diesen mutigen Schritt ausspricht, vor allem auch dafür, daß er durch eine gesteigerte Bauleistung dem Gesetz die tatsächliche Grundlage gegeben hat, die allein es möglich machen wird, die einzelnen Maßnahmen durchzuführen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Will


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen! Es passiert nicht oft, daß man als Fraktionsangehöriger der Freien Demokratischen Partei zu einem Gesetz mit einer solchen Befriedigung Stellung nehmen kann, wie bei diesem Gesetz zum Abbau der Zwangswirtschaft auf dem Gebiet des Wohnungswesens. Es handelt sich hier um eine echte Liberalisierung, um die Beseitigung eines Bodensatzes aus zwei Weltkriegen. Es ist an der Zeit, den bewährten Grundsätzen der freien Marktwirtschaft auch auf diesem wichtigen Gebiet der Boden-und der Wohnungswirtschaft Geltung zu verschaffen.
    Es liegt nahe, zu glauben — und es wird geglaubt —, daß es sich hier nur um einen Teil der zu regelnden Materie handelt. Wir sind ja nicht nur dabei, die Wohnungswirtschaft zu regeln, sondern auch ein Bundesbaugesetz zu schaffen — und zwar im Auftrage des Plenums des Deutschen Bundestages — mit dem Ziel, der Bodenspekulation entgegenzuwirken. Es handelt sich also, wenn ich mich so ausdrücken darf, um die Backen einer Zange, die wir ansetzen wollen, um die erstarrte Wirtschaft auf dem Gebiet des Wohnungswesens und des Baumarktes einmal in Bewegung zu bringen.
    Nun ist die Frage — wir sprechen heute nur von der Wohnungswirtschaft —, ob der Zeitpunkt gekommen ist, diesen wichtigen Schritt zu tun. Der Herr Bundeswohnungsbauminister ist ausgezogen, ich möchte beinahe sagen, wie ein getarnter Erzengel mit einer Lanze, um den Drachen der Zwangswirtschaft auf dem Gebiete des Wohnungswesens zu erlegen.

    (Abg. Jacobi: Wenn Sie das Bundesbaugesetz meinen, sagen Sie: mit einem Pappschwert! Oder mit einem Holzschwert!)

    — Das muß sich noch herausstellen. Jedenfalls hat er die Sympathie aller Fraktionen dieses Hauses, die dafür sind, daß die Zwangswirtschaft auf allen Gebieten beseitigt wird. Soeben habe ich aus dem Munde des Kollegen Hauffe gehört, daß er der gleichen Meinung ist. Das möchte ich ausdrücklich feststellen.
    Ich habe angesichts des nicht gerade übermäßig gefüllten Hauses und im Hinblick darauf, daß wir uns in der ersten Lesung auf Grundsatzbemerkungen beschränken wollen, nicht die Absicht, ins Detail zu gehen. Dazu wird in dem bewährten Ausschuß für Wohnungswesen, dessen loyale Arbeit ich hier gebührend hervorheben möchte, Gelegenheit sein.



    Dr. Will
    Aber einige grundsätzliche Bemerkungen sind vom Standpunkt der Freien Demokraten aus unbedingt erforderlich. Sie wissen, daß die Zwangswirtschaft auf dem Gebiet des Wohnungswesens eine Hydra mit drei Köpfen ist. Der eine Kopf ist, wie Sie wissen, die Bewirtschaftung durch das Wohnungsamt, der andere sind die Preisbestimmungen mit Stopppreisen und allem, was dazugehört. Das dritte sind die geltenden Mieterschutzbestimmungen. Darüber wird, glaube ich, meine Kollegin Frau Diemer aus ihrer Praxis noch etwas sagen, um das Problem aufzuhellen.
    Die Beseitigung der Wohnungszwangswirtschaft ist ein Anliegen des ganzen Hauses. Wie sollte auch eine Behörde, die sich in so ungeheurem Umfange als überflüssig erwiesen hat, nicht auf das schnellste beseitigt werden! Wir haben Jahr für Jahr für die Wohnungsämter nicht weniger als ca. 50 Millionen DM ausgegeben. Im Grunde genommen ist es praktisch doch so gewesen, daß in den Rathäusern die längsten Schlangen und die längsten Bänke mit verzweifelten Bürgern regelmäßig vor den Wohnungsämtern zu finden waren. Wenn die Leute dann in die Amtsstuben kamen, galt dort, wenn der Spruch auch nicht an der Wand hing, das Wort: Laßt alle Hoffnung fahren, die ihr eintretet. Jeder dieser Beamten, die da saßen, hatte einen Zettel: „Haben wir nicht!" Wenn er keinen Zettel hatte, auf dem das stand, hätte er jedenfalls nach Lage der Sache einen solchen haben müssen.
    Diese Bewirtschaftung durch die Wohnungsämter muß ein Ende nehmen, und zwar nach unserer Auffassung möglichst bald.

    (Beifall bei der FDP.)

    Man sollte dieses Ungeheuer — natürlich nicht die Beamten, sondern die Wohnungsämter als solche — erschlagen. Es ist ein beschwerlicher Weg, die Wohnungsämter nur in Etappen abzubauen, aber wir sehen ein, daß ein gewisser Übergang erforderlich ist. Wir glauben jedoch nicht, Herr Bundeswohnungsbauminister, daß wir die vorgesehenen drei Etappen werden mitmachen können. Wir sollten nach einem Weg suchen, um das zu vereinfachen. Mir sind aus Großstädten Zahlen bekanntgeworden, die einen Hinweis dafür geben, daß, wenn diese Regelung einmal in Gang gekommen ist, die Wohnungsbewirtschaftung wahrscheinlich nicht mehr zu halten ist. Ich hörte beispielsweise aus München, daß dort nicht nur 23 %, sondern 76 % der Wohnungen zur Kategorie eins gehören. Wenn hier eine Freigabe, d. h. eine Loslösung von der Bewirtschaftung und von der Bindung erfolgen sollte, wird die behördliche Kontrolle überhaupt nicht mehr zu halten sein. Über diese Details werden wir uns noch unterhalten müssen; ich will das jetzt nicht vertiefen. Ich bin sicher, daß wir auch über die zeitliche Abstufung zu einer Einigung kommen werden.
    Die Wohnungsämter sollten also — das ist unsere Meinung — möglichst schnell verschwinden; denn noch nie hat ein Wohnungsamt eine Wohnung geschaffen. Die Wohnungsämter haben eigentlich nicht die Wohnungen, sondern lediglich den Wohnungsmangel verwaltet. Eine solche Einrichtung sollten wir schnellstens aus unserer Verwaltung entfernen.
    Das zweite Problem ist die Mietpreisbindung. Das ist ein, wie ich zugebe, nicht einfaches Thema, mit dem wir uns zu befassen haben. Aber es ist uns doch schließlich allen klar, daß ein ausgesprochenes Unrecht beseitigt werden muß. Es ist einfach nicht möglich, daß z. B. in einer Firma mehrere Angestellte in vergleichbarer Situation, mit vergleichbarem Einkommen absolut unterschiedliche Mieten zahlen; der eine zahlt 45, der andere 145 DM. Solche Beispiele haben wir doch heute gehört. Das ist ein Unrecht, das auf die Dauer nicht erträglich ist.
    Hinzu kommt, wie wir gehört haben, der drohende Verfall des Althausbesitzes. Ich darf in Erinnerung bringen, daß wir jetzt immerhin 14 Millionen Wohnungen im Bundesgebiet haben, von denen 5 Millionen Neubauwohnungen sind. Von den übrigen 9 Millionen sind etwas mehr als die Hälfte Wohnungen des Mietwohnungsbestandes, der Rest sind eigengenutzte Wohnungen. Es kann und muß erwartet werden, daß die Wohnungen des Althausbesitzes instand gesetzt werden; denn die Eigentümer müssen mit ihren Wohnungen konkurrenzfähig sein, wenn in einigen Jahren das Angebot an Neubauwohnungen so groß ist, daß eine veraltete Wohnung ohne Komfort nicht mehr vermietet werden kann. Ich gehöre noch der Generation an, die sich ganz dunkel der Zeiten erinnern kann, in denen in den Großstädten an den Fenstern vieler Wohnungen der berühmte gelbe Zettel hing: „Zu vermieten." Das ist schon sehr lange her; es ist eine dunkle Erinnerung aus der Kindheit. Aber ich kann mir denken, daß, nachdem die Zwangswirtschaft über 40 Jahre bestanden hat, die Wiederkehr eines solchen Zustandes nur verhindert werden kann, wenn ein erheblicher Teil des Altwohnungsbestandes weitgehend modernisiert und den Lebensgewohnheiten, die wir heute entwickelt haben, angepaßt wird.
    Das ist in der Tat ein Grund, den Eigentümern von Altwohnungen zu einer Instandsetzung der Wohnungen zu verhelfen, damit sie sich dem Marktgeschehen anpassen können und konkurrenzfähig bleiben, wenn über kurz oder lang Neubauwohnungen in großem Umfang angeboten werden. Schon wohnt, wie wir ja alle wissen, jeder vierte Deutsche in einer Neubauwohnung. Wenn die Entwicklung so fortschreitet, wird es in wenigen Jahren bereits jeder dritte sein.
    Daß das sich natürlich sehr stark auf die Existenz des Altwohnungsbaues auswirken muß, bedarf keiner Frage. Wir sind deshalb grundsätzlich der Meinung, daß das Mietniveau angehoben werden muß, natürlich unter Berücksichtigung des Wohnwertes. Aber diese Berücksichtigung ergibt sich schon daraus, daß auf einem freien Wohnungsmarkt Wohnungen mit geringem Wohnwert überhaupt keine Mieter mehr finden werden. Das wird sich einspielen.
    Wir glauben auch nicht, daß die Freigabe zu Luxuspreisen führen wird. Nach den Beispielen, die Sie alle kennen — ich brauche nicht gerade an Neuß zu erinnern; wir haben diese Denkschrift



    Dr. Will
    in unseren Unterlagen, die zeigt, welche Entwicklung dort eingetreten ist —, bin ich überzeugt, daß ein erheblicher Wohnungstausch stattfinden wird. In der Stadt Neuß sind in einigen Jahren 80 % der Einwohner umgezogen, weil sie sich mit ihrem Wohnbedürfnis nach den Gegebenheiten gerichtet haben, die sich teilweise durch den Neubau, natürlich aber auch durch die eingetretene Preisentwicklung einstellten. Das ist ein Beispiel für viele andere. Wir haben immerhin zur Kenntnis genommen, daß jede Wohnung, die gewechselt wurde, nicht ein oder zwei, sondern sogar drei Wohnungsuchenden auf die Dauer zu einer anderen Wohnung verholfen hat. Diese Vorgänge, die wir von den Geschäftsraummieten und überhaupt aus der freien Marktwirtschaft kennen, werden sich hier wiederholen, allerdings unter der Voraussetzung, daß wir den Wohnungsbau noch auf eine Reihe von Jahren in der Größenordnung wie bisher betreiben können.
    Bisher haben wir über 5 Millionen Wohnungen bauen können. Man spricht in diesem Jahr von einer Maximalleistung von beinahe 600 000 Wohnungen. Sollte das noch zwei oder drei Jahre fortgesetzt werden können — und alles spricht dafür —, so glauben wir in der Tat, daß es an der Zeit ist, diesen Zustand zu berücksichtigen, damit wir nicht immer hinterher, wenn es zu spät ist, daran denken, daß etwas geschehen muß.
    Wir werden uns im Ausschuß über die Frage der Mietpreisbindung im Sinne dies Vorschlags der Bundesregierung ausführlich zu unterhalten haben. Ich glaube, daß wir auch hier einen Kompromiß finden werden. Dabei wird es uns selbstverständlich obliegen, weder die Interessen der Vermieter noch die Interessen der Mieter einseitig zu vertreten, sondern — das ist die Aufgabe des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten — ohne Ansehen der Person das Bestmögliche für die Gesamtheit der beiden Parteien herauszuholen. Dies jedenfalls bewegt uns und wahrscheinlich Sie alle.
    In dieser Einstellung werden wir, wie ich hoffe, zu einer Lösung kommen, die vermutlich den Vorschlägen, die die Bundesregierung in ihrer Vorlage dem Hause gemacht hat, sehr nahe kommen wird.
    Nun wäre noch ein Wort über die Veränderungen bzw. die Beseitigung der Mieterschutzgesetzgebung in der gegenwärtigen Form zu sagen. Daß auf dem Gebiete der Wohnungswirtschaft eine gewisse soziale Verpflichtung besteht, wird vermutlich von niemandem bestritten. Das kann aber nicht dazu führen, daß etwa ein Renditedenken, d. h. ein wirtschaftliches Denken, im Wohnungsbau ausgeschlossen ist; denn dann würden auf diesem Gebiet natürlich überhaupt keine Investitionen mehr vorgenommen. Dann würde die öffentliche Hand von der Subventionierung des Wohnungsbaues niemals herunterkommen. Es kann auf die Dauer nicht die Aufgabe des Staates sein, Wohnungen zu bauen. Seine Aufgaben sind andere. Immer ist es die Aufgabe der Wirtschaft gewesen, für die Bedürfnisse der Bürger von sich aus auf dem freien Markt zu sorgen, und das ist ihr auf allen anderen Gebieten gelungen.
    Daß bei diesen Überlegungen auch die Interessen der Mieter nicht zu kurz kommen dürfen, ist Allgemeingut und auch unsere Auffassung. Die Bundesregierung hat die Bedeutung dieses Problems erkannt, indem sie Mietbeihilfen und Lastenbeihilfen für Wohnungseigentümer eingeführt hat. Herr Kollege Hauffe und andere haben Beispiele für eine 30%ige Belastung gebracht. Sie wissen aber, daß eine Familie mit zwei Kindern für ihre Wohnung nur 15% ihres Familieneinkommens zahlen darf, nicht 200 DM oder noch mehr. Natürlich ist auch hier eine Ausschuß-Beratung erforderlich. Man wird die Zahlen gegeneinander abwägen müssen. Aber an dem System, das sich im übrigen schon an anderer Stelle bewährt hat, wird nichts geändert werden können und geändert zu werden brauchen. Was hier angestrebt wird, nämlich jedem Bürger bei einer für ihn tragbaren Miete zu einem modernen, gesunden und ausreichenden Heim zu verhelfen, ist doch letzten Endes auch das Ziel dieses Gesetzes, dem ich infolgedessen von meinem liberalen Standpunkt aus durchaus zustimmen kann.
    Ich möchte von mir aus zu dem ganzen Fragenkomplex im Augenblick nicht mehr sehr viel hinzufügen; denn es hat sich bei der ersten Lesung nur darum gehandelt, eine grundsätzliche Stellungnahme auch der Freien Demokratischen Partei abzugeben. Ich möchte glauben, daß der Entwurf notwendig war. Wir sollten ihm eine baldige Verabschiedung in diesem Hause wünschen. Für den Herrn Wohnungsbauminister, dessen Verdienste ich hier — ich kann das tun, da ich seiner Partei nicht .angehöre — durchaus hervorheben möchte, wäre es kein schlechtes Geburtstagsgeschenk — er hat nämlich morgen Geburtstag, wenn ich richtig unterrichtet bin —, wenn das Haus den Vorschlägen in diesem Sinne zustimmte.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich bedauere, daß sich die heutige Debatte vor einem so schwach besetzten Hause abspielt. Hier wird doch eine der in der Öffentlichkeit am meisten diskutierten Fragen behandelt. Wahrscheinlich würden sehr viele ein sehr erstauntes Gesicht machen, wenn sie sähen, von wie wenigen Abgeordneten diese Debatte bis zum Schluß verfolgt wird. Andererseits begrüße ich eis um so mehr, daß diese Diskussion bis jetzt auf allen Seiten in einer Atmosphäre der Sachlichkeit geführt werden konnte. Ich möchte wünschen, daß sie bis zur Verabschiedung dieses Gesetzes anhält; denn nur dann wird die ganze Schwierigkeit und die ganze Tragweite dieser Angelegenheit vollauf begriffen werden können.
    Etwas anderes noch ist als ein Fortschritt herauszustellen. Alle Sprecher haben erklärt, sie betrachteten eine Wohnungszwangswirtschaft keineswegs als ein Ideal, auch nicht als einen notwendigen Dauerzustand. Alle haben erklärt, sie hielten die



    Dr. Preusker
    Zwangswirtschaft für etwas, was man so schnell wie möglich beseitigen sollte. Aber die Unterschiede in der Auffassung über den Zeitpunkt, zu dem man diese Aufhebung der Zwangswirtschaft für möglich hält, und verständlicherweise auch darüber, was man dann als Dauerzustand etwa erreicht haben möchte, und auch über die Methoden, wie man den Übergang vollziehen könnte, sind natürlich sofort in Erscheinung getreten.
    Nun muß ich aber eine These wieder in den Vordergrund rücken. Der Kollege Hauffe hat das auch getan. Er sagte: Bei den Wohnungen handelt es sich nicht um eine „Kiste" — ich darf das einmal vereinfachend so sagen --, sondern immerhin um ein Gut höherer Ordnung, bei dessen Behandlung eine besondere soziale Verpflichtung vorliegt. Ich glaube, daß dieser These auf allen Seiten des Hauses in vollem Umfange zugestimmt werden kann.
    Ich darf ihr eine andere These entgegenstellen. Herr Kollege Hauffe, wenn man die Dinge ganz gerecht darstellen will, muß man sagen, daß nicht nur das Eigentum — in besonderem Maße das Eigentum am Haus, am Mehrfamilienhaus — verpflichtet, sondern daß auch bei der Nutzung fremden Eigentums die Verpflichtung um so größer wird, je höher das Gut in der Rangordnung der sozialen Verpflichtungen eingestuft wird.
    Diese beiden Thesen müssen sich entsprechen. Sonst gehen wir nämlich an wesentlichen Tatbeständen vorbei.
    Im Hinblick auf den Hausbesitzer, den Sie den gewerbsmäßigen Hausbesitzer genannt haben, also den Hausbesitzer, der Wohnungen für andere baut, möchte ich einmal folgendes sagen. Die Anlage von Mitteln in einem Haus im eigenen Lande soll ein wesentlich geringeres Risiko darstellen als etwa die Anlage des gleichen Kapitals in Aktien einer Goldmine von Südafrika; ich will als Extrem einmal eine rein spekulative Eigentumsanlage herausgreifen. Das Haus muß dem Besitzer doch wenigstens so viele Chancen bieten, daß er nicht in die eben genannte andere, volkswirtschaftlich viel weniger dringliche, spekulativere Kapitalanlage abgedrängt wird. Davon hätte gerade derjenige nicht das mindeste, der sich nicht selber eine Wohnung bauen will, der sich nicht ein Eigenheim schaffen will, sondern der eine Wohnung zur Miete bewohnen möchte, die ein anderer baut; dann würde es nämlich den anderen, der ihm Wohnungen baut, einfach nicht mehr- geben.
    Wir müssen versuchen, einen Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen zu finden, bei dem die beiderseitigen Interessen abgewogen und bei dem den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten beider Seiten Rechnung getragen wird. Bei aller „Sozialpflichtigkeit" muß der Anreiz bestehen bleiben, daß Menschen für andere Menschen Wohnungen schaffen. Es dürfen denen, die Wohnungen schaffen wollen, nicht solche Fesseln angelegt werden, daß sie diese Art der Kapitalanlage für unzumutbar und für unmöglich halten.

    (Beifall bei der DP.)

    Sonst käme es zwangsläufig dahin, daß Wohnungen für andere, d. h. Mietwohnungen, ausschließlich der Staat zu schaffen hätte. Wenn wir einmal von der genannten Zahl von 21/2 Millionen Wohnungen ausgehen und wenn wir die durchschnittlichen Baukosten nur mit 20 000 DM pro Wohnung ansetzen
    das ist heutzutage schon viel zu niedrig; besser ist es, von 30 000 DM auszugehen —, dann kommen wir zu einem Betrag von 75 Milliarden DM, die der Staat innerhalb von fünf Jahren aufbringen müßte; das wären 15 Milliarden DM pro Jahr. Sie sehen daran, daß das gar nicht möglich ist.
    Die verschiedensten Überlegungen also führen dahin, daß auch das Häuserbauen für andere, das Wohnungenbauen für andere eine lukrative und attraktive Angelegenheit sowohl für das Sparkapital der Hypothekenbanken, Versicherungen und Sparkassen wie auch für den individuellen eigentumswilligen Kapitalanleger bleiben oder wieder werden muß. Das möchte ich als die eine These hier voraus-stellen. Wir müssen bei der Betrachtung dieses Problems darauf sehen, die Bindungen, die dem Eigentum auferlegt werden, mit den Anforderungen, die wir an die Wohnungsnutzer stellen, in eine möglichst harmonische Übereinstimmung zu bringen.
    Es geht auf die Dauer nicht an, Lasten infolge sozialer Notstände, wie sie nach zwei verlorenen Kriegen in unserem Volke übriggeblieben sind, einer bestimmten Wirtschaftsgruppe allein aufzuerlegen. Es muß vielmehr eine Aufgabe des Staates sein, diese sozialen Notstände auszuräumen.
    Man wird ja auch nicht sagen können oder sagen wollen: „Weil es noch soundso viele Menschen gibt, denen es nicht gut geht, müssen die Mieten von den Hausbesitzern niedrig gehalten werden; weil aber die Mieten niedrig gehalten werden müssen, müssen auch die Löhne der Bauarbeiter besonders niedrig gehalten werden, denn sonst können die Häuser nicht gebaut werden." Meine Damen und Herren, wenn Sie diesen nächsten Schritt in der Überlegung tun, erkennen Sie, daß das volkswirtschaftlich gar nicht geht. Selbstverständlich würden die Bauarbeiter in andere Bereiche der Wirtschaft überwechseln, und es würden einfach keine Häuser gebaut werden können, schon weil es keine Bauarbeiter mehr dafür gäbe. Naturnotwendig müssen die in der volkswirtschaftlichen Rangordnung der einzelnen Wirtschaftsgruppen notwendigen Löhne genauso gut wie alle anderen Kosten für die Produktion von Häusern aufgebracht werden. Das bedeutet, daß es ganz bestimmte kostendeckende Preise auch hier geben muß; werden sie nicht zugestanden, wird kein Haus gebaut.
    Nun sagen Sie — ich darf das vielleicht einmal herausgreifen —: „Man wird bei den bestehenden Einkommensverhältnissen auf längere Sicht gar nicht darum herumkommen, doch eine Verbilligung der Wohnungen vorzunehmen." Wenn Sie auch das Mittel der — von uns bejahten — individuellen Miet- und Lastenbeihilfen als weniger angenehm empfinden, so möchte ich doch sagen: Wenn man um solche individuellen Hilfen herumkommen könnte, würde auch ich das begrüßen. Die Verbilligung der Wohnungen aber auf die Dauer nur



    Dr. Preusker
    mittels Verbilligung der Baukosten durch unrentierliche Landesbaudarlehen zu bewerkstelligen, meine Damen und Herren, ist volkswirtschaftlich gesehen eine ungerechtfertigte Ausweitung von Staats- und Steuermitteln, die Sie in diese Aufgabe hineinstecken. Es ist hier von allen Seiten gesagt worden: Man kann gar nicht ausschließen, daß in Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues Leute bleiben, die ursprünglich einmal ihrem Einkommen nach hineingepaßt haben, nachher aber herausgewachsen sind. Wie soll man sie wieder herausbekommen? Ich kenne aus meiner früheren Amtszeit Fälle, in denen in solche Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues bei den besonderen Verhältnissen von Bonn sogar Staatssekretäre hineingeraten sind.

    (Zuruf von der SPD: Hallstein!)

    Auch die waren gar nicht so leicht herauszubekommen. Ich kenne doch nun diese menschlichen Dinge zur Genüge: Wenn jemand in den Genuß einer besonders vorteilhaften und billigen Sache gekommen ist, wird er sich immer mit Händen und Füßen dagegen wehren, daß man ihm den Genuß dieser Dinge irgendwie verkürzt. Aber kollektiv für Millionen über den tatsächlichen Bedarf hinaus Wohnungen zu verbilligen, wird eben viel teurer, als wenn man auf die individuellen Möglichkeiten abstellt. Man wird auch hier sehen müssen, wie man den Goldenen Schnitt vornehmen kann. Es gibt Tatbestände, bei denen man weiß, daß sie eine dauernde Belastung für kleine Einkommen darstellen werden. Denken Sie an Rentner und ähnliche Gruppen. Andererseits gibt es Gruppen wie etwa die Sowjetzonenflüchtlinge, die als junge Menschen herüberkommen, nach zwei oder drei Jahren mitten im Produktionsprozeß stehen und gut verdienen, so daß sie gar nicht allgemein subventioniert zu werden brauchen, sondern durchaus in der Lage sind, die volle Miete zu zahlen. Ich möchte also sagen: man sollte nicht unter allen Umständen das eine oder das andere als nur möglich oder auch als auf die Dauer notwendig bezeichnen.
    Nun haben Sie, Herr Kollege Hauffe — und da gestatten Sie mir, einmal eine Korrektur anzubringen —, hier zumindest möglicherweise den Eindruck erweckt, alles, was jetzt mit diesem Gesetzentwurf zur Überleitung der Wohnungszwangswirtschaft in die Marktwirtschaft geschehen soll, treffe gewissermaßen die ganze deutsche Bevölkerung und müsse bei der ganzen Bevölkerung bestimmte Konsequenzen hinsichtlich des Lohnniveaus bzw. des Preisniveaus usw. auslösen. Sie haben die Formulierung gebraucht, man sollte überlegen, ob die Folgen nicht schlimmer seien, wenn man die Löhne in ein angemessenes Verhältnis zu den gestiegenen Mieten bringen müßte, als wenn man die Mieten in einem angemessenen Verhältnis zum Lohnniveau beließe. Man wird auch hier die Dinge wieder ganz nüchtern so betrachten müssen, wie sie sind. Die Bundesregierung hat das Zahlenmaterial ja auf den Tisch gelegt, und davon werden wir jetzt ausgehen können: 14 Millionen Wohnungen. Davon werden durch dieses Gesetz 5 Millionen Wohnungen des Altwohnungsbestandes unmittelbar betroffen. Das ist praktisch nicht mehr als ein Drittel. Diese Wohnungen stehen
    in preispolitischer und bewirtschaftungsmäßiger Hinsicht zur Debatte. Auf der andern Seite handelt es sich um 5 Millionen Neubauwohnungen, von denen rund 21/2 Millionen soziale Wohnungen sind mit einem im Durchschnitt immerhin gegenwärtig wesentlich höheren Mietniveau, als wir es bei preisgebundenen Altbauwohnungen haben. Die rest- lichen 4 Millionen sind eigengenutzte Wohnungen, Eigenheime, Bauernhäuser und alles, was hierzu gehört. Diese Zahlen kennen Sie genausogut wie ich; aber ich glaube, man muß es immer wieder sagen: es handelt sich eben nicht um ein Problem, das die Gesamtheit betrifft, sondern um eine Frage, die tatsächlich nur einen Teil berührt.

    (Abg. Frau Berger-Heise: Aber einen ziemlich großen Teil!)

    — Immerhin einen ziemlich großen Teil.
    Jetzt komme ich zu der anderen Seite. Die Bundesregierung hat in ihrem Plan ausdrücklich vorgesehen, daß die Bindungen des sozialen Wohnungsbaues bestehenbleiben sollen. Sie werden zwar in der Form gewandelt; sie werden von der bisherigen gesetzlichen Ebene auf die vertragliche Ebene übergeführt. Über die Frage, ob das bindungsmäßig ausreicht, kann man sich unterhalten. Aber ich bejahe vorbehaltlos die Notwendigkeit, daß Wohnungen, die mit so erheblichen öffentlichen Mitteln gebaut und als soziale Wohnungen für die breiten Schichten der Bevölkerung bestimmt worden sind, so lange in dieser Bindung zu bleiben haben, wie diese Mittel einen wesentlichen Teil der Finanzierung darstellen.
    Wir haben nach dem Ersten, Wohnungsbaugesetz 1,8 Millionen Wohnungen gebaut und werden nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz bis 1962 — ich glaube, daran zweifelt in der Sache niemand —
    weitere 1,8 Millionen Wohnungen gebaut haben, zusammen also 3,6 Millionen Wohnungen. Dann haben wir aus der Zeit zwischen den beiden Kriegen rund 200 000 Wohnungen, die in der gleichen Kategorie gebaut worden sind, die sogenannten Arbeiterwohnstätten, die ,ebenfalls in dieser Bindung bleiben sollen. Das macht 3,8 Millionen Wohnungen, also rund 25 % des normalen Gesamtbestandes, wenn ich ihn einmal nach dem äußersten Bedarf auf 16 Millionen Wohnungen schätzen darf.
    Wenn man das gegenüberstellt, dann wird man doch wohl hoffen können, daß in den Jahren 1962 und 1963, um die es hier geht, über 25 % unserer Bevölkerung nicht mehr als ausgesprochen einkommensschwach bezeichnet werden müssen, und für einen so hohen Prozentsatz ist dann also bis dahin vorgesorgt.
    Sicher lassen sich dabei einige Zahlen hin und her austauschen. Es wohnen eben schon jetzt Leute in diesen Wohnungen, die eigentlich nicht mehr hineingehören. Aber ich bejahe auf der anderen Seite auch das fortdauernde Regulativ des sozialen Wohnungsbaues. Die Mittel fließen ja immer wieder, auch in den späteren Jahren, in Größenordnungen von über 100 Millionen DM pro Jahr zum Bund zurück. Hinzu kommen die Mittel, die zu den Ländern und Gemeinden zurückfließen. Ich bejahe



    Dr. Preusker
    mit diesem Regulativ insbesondere auch den Einsatz auf dem Sektor des gemeinnützigen Wohnungsbaues, der besondere Knappheitsmieten verhindert.
    Man wird also bei nüchterner Betrachtung der Zahlen beim besten Willen nicht sagen können, daß hier irgendein Risiko entsteht, daß etwa für die Gesamtheit der Bevölkerung oder auch nur für den Teil der Bevölkerung, der weiterhin in Verhältnissen leben könnte, die besonders zu berücksichtigen sind, später eine kritische Lage entsteht. Im Gegenteil, es wird sich erweisen, daß für keine Seite die Bäume in den Himmel wachsen.
    Lassen Sie mich noch einmal an die Erfahrungen erinnern, die wir alle in den letzten Jahren seit 1948 mit dem Übergang von der Zwangswirtschaft zur Marktwirtschaft bei den Nahrungsmitteln, bei der Bekleidung und bei den übrigen Wirtschaftsgütern gemacht haben.

    (Abg. Frau Berger-Heise: Sie sagen doch, Wohnungen seien keine Kisten!)

    — Das hat damit nichts zu tun; das liegt auf einem ganz anderen Gebiet. Eine Wohnung ist keine „Kiste", aber sie ist ein Wirtschaftsgut, das ohne Zweifel immer so lange produziert werden wird, wie ein Bedarf dafür vorhanden ist und eine Kostendeckung gefunden werden kann. Das wird sich auf dem Wohnungsgebiet genauso vollziehen wie bei den Nahrungsmitteln und bei den Kleidungsgegenständen, die auch keine Kisten oder keine Säcke zu sein haben.
    Wir haben das alles seit 1948 erlebt und können wirklich in einem erheblichen Maße auf unsere Erfahrungen vertrauen. Wir stehen doch heute schon vor der Situation, daß die Lieferfristen für Autos länger geworden sind als die Bauzeiten für eine Wohnung. Hier hat sich doch eine Umkehrung vollzogen, die wohl nicht ganz uninteressant ist.
    Gestatten Sie mir, Herr Kollege Hauffe — nur damit es bei Ihnen keine falschen Rückerinnerungen gibt —, noch ein Wort zur Frage der Wohnwertmiete. Sie haben gesagt, ich hätte das damals beim Ersten Bundesmietengesetz zurückgewiesen. Ich sage Ihnen: jawohl, aber ich habe die individuelle Wohnwertmiete zurückgewiesen, die auf jede einzelne Wohnung angewendet werden sollte. Ich habe davor gewarnt, etwa ein ganzes Heer von Wohnwertschätzern durch die deutschen Lande zu schikken, die sich dann noch darüber streiten könnten, ob hohe Fenster wertvoller seien als niedrige Fenster, weil niedrige Fenster im Sommer weniger Licht und im Winter weniger Kälte hereinlassen. Darum geht es nicht. Die Kategorien, wie sie heute vorgesehen sind, hatte ich damals genauso vorgesehen. Das fing bei den Bruchbuden an und ging über die normalen Wohnungen zu den Wohnungen mit einfacher und gehobener Mehrausstattung, bei denen eine Erhöhung um 15 bzw. 20 0/o zulässig war. Derselbe Weg wird auch hier gegangen.
    Vom Standpunkt unserer Fraktion aus bedauern wir sogar, daß man diesen Weg etwas zu zaghaft geht. Jedenfalls halte ich diesen Weg keineswegs für ungangbar. Es handelt sich nicht um individuelle
    Wohnwertbestimmungen — wozu in der Tat erst Behörden geschaffen werden müßten —, sondern um die Einteilung nach Kategorien, die man leicht übersehen kann.
    Ich darf nunmehr auf die wesentlichen Wünsche eingehen, die unsere Fraktion zu dem vorliegenden Gesetzentwurf vorzutragen hat. Wir erkennen an, daß man angesichts der politischen Realitäten nicht darum herumkommen wird, stufenweise vorzugehen. Wir bedauern allerdings, daß man die Fristen zum Teil etwas zu weit gesteckt hat. Eine Erstreckung der Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 1965 werden wir hoffentlich gar nicht mehr nötig haben.
    Einen durchaus gangbaren Weg sehen wir in der Regelung, daß eine Herausnahme aus der Zwangsbewirtschaftung erfolgen soll, wenn in dem betreffenden Kreis das Wohnungsdefizit unter 3 % gesunken ist. Nun ist in Zweifel gezogen worden, ob die Festlegung der Grenze auf 3 % zweckmäßig sei. Auf der einen Seite hält man es für erforderlich, die Grenze niedriger anzusetzen, auf der anderen Seite glaubt man, man könne sie vielleicht sogar auf 5% festlegen. Wir wollen uns doch einmal vor Augen halten, wie vergänglich angesichts der lebhaften Dynamik auf dem wirtschaftlichen Gebiet im allgemeinen und auf dem Wohnungssektor im besonderen, die wir selber in den letzten Jahren erlebt haben, ein solcher Streit um 1 oder 2 % ist. Ich zitiere hier nur die beiden Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts, die angeben, wie sich in den 557 Kreisen vom 25. September 1956 über den 31. Dezember 1957 bis zum 31. Dezember 1958 das Wohnungsdefizit entwickelt hat. 1956 lag das Defizit nur in 80 Kreisen unter 10%, 1957 schon in 163 Kreisen und 1958 in 261 Kreisen. Wenn man diese Entwicklung sieht und weiß, daß in diesem Jahr nochmals zwischen 580- und 600 000 Wohnungen hinzukommen, dann kann man sagen, daß 1 °/o mehr oder weniger wirklich keine entscheidende Rolle spielen.
    Abwegig wäre es jedoch, ein Absinken des Defizits auf null Prozent zu verlangen, weil die Zahl von null Prozent statistisch nicht nachweisbar ist, ehe nicht eine völlige Umkehr der Dinge eingetreten ist. Ich darf auf das Beispiel der Kohle verweisen. Das Beispiel der Kohle hat Ihnen gezeigt, wie bei einem verspäteten Herauslassen aus allen möglichen Preisbindungen — Fixierungen auf Preisen, die nicht ausreichend waren; man mußte die Investitionshilfe erfinden, um zusätzliche Investitionen zu ermöglichen — aus einer Mangellage auf einmal eine vollendete Kohlenhaldenlage entstanden ist. Wir werden genauso in die „Wohnungshaldenlage" kommen.

    (Abg. Jacobi: Das ist aber ein schiefes Beispiel!)

    — Nein! Hören Sie bitte zu, ich will Ihnen das Beispiel ganz exakt bilden. Wenn Sie erst freigeben und den Anreiz zum Bauen von Wohnungen erst dann schaffen wollen, wenn null Prozent erreicht sind, dann baut doch kein Mensch mehr. Wofür denn? Wenn wir aber die Freigabe bei diesen 3% vornehmen, von denen wir alle wissen, daß sie mehr oder weniger praktisch null Prozent



    Dr. Preusker
    bedeuten, dann entsteht ein solcher Anreiz zu zusätzlicher privater Bautätigkeit, weil dann noch ein Bedarf wirklich marktmäßig gedeckt werden kann, wodurch sehr schnell die null Prozent erreicht werden.