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ID0309010500

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    Deutscher Bundestag 90. Sitzung Bonn, den 12. November 1959 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Frau Dr. Bleyler . . . . . . . . . 4871 A Ergänzung der Tagesordnung . . . . . 4871 A Fragestunde (Drucksache 1347) Frage des Abg. Wittrock: Gefährdung der Rheinschiffahrt durch Stromschnellen und Felsbarrieren Dr. Seiermann, Staatssekretär . 4871 B, C Wittrock (SPD) 4871 C Frage des Abg. Wittrock: Versuche, künstlich Regen zu erzeugen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4871 D, 4872 A Wittrock (SPD) . . . . . . . . 4872 A Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Behörden-Kennzeichen für Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . 4872 B, C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . 4872 B, C Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Lärmbelästigung durch Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4872 D Frage des Abg. Koch: Lärmbelästigung durch Kraftfahrzeuge Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4873 A Koch (CDU/CSU) . . . . . . . 4873 A Frage des Abg. Mischnick: Autobahnverbindung Bad Hersfeld—Würzburg Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4873 B Frage des Abg. Memmel: Schritte der Deutschen Botschaft im Falle Podola Dr. von Merkatz, Bundesminister . . 4873 C Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Ratifizierung des europäischen Abkommens über den Austausch von therapeutischen Substanzen menschlichen Ursprungs Dr. von Merkatz, Bundesminister 4873 C, D Frau Dr. Hubert (SPD) . . . . . 4873 D Frage der Abg. Frau Herklotz: Grenznaher Grundbesitz pfälzischer Familien in Frankreich Dr. von Merkatz, Bundesminister . . 4874 A Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Umwandlung des Beobachter-Status in der Belgrader Donau-Konvention in eine ordentliche Mitgliedschaft Dr. von Merkatz, Bundesminister 4874 B, C Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . . 4874 C II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959 Frage des Abg. Schmitt (Vockenhausen) : Gesetzesinitiative der Bundesregierung Lücke, Bundesminister . . . . . 4874 C Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 4874 D Frage des Abg. Ritzel: Doppelstecker Lücke, Bundesminister . . 4875 A, C Ritzel (SPD) 4875 B, C Frage des Abg. Simpfendörfer: Behördenhandel Lücke, Bundesminister . . 4875 D, 4876 A Simpfendörfer (CDU/CSU) . . . . 4876 A Frage des Abg. Dr. Brecht: Zinsverbilligungsmaßnahmen des Wohnungsbauministers „Besser und schöner wohnen" und „Junge Familien" Lücke, Bundesminister . . 4876 B, C, D Dr. Brecht (SPD) . . . . . . . . 4876 C Frage des Abg. Dr. Brecht: Einheitliche Richtlinien über die Gewährung von Zinszuschüssen für Wohnungsbaudarlehen Lücke, Bundesminister 4876 D, 4877 A, B Dr. Brecht (SPD) 4877 A, B Frage des Abg. Höhmann: Schulbauplatz der Stadt Waldkappel im Kreise Eschwege Lücke, Bundesminister . . . . . 4877 B Frage des Abg. Lohmar: Abdruck der drei Strophen des Deutschlandliedes in einem Kommentar zum Grundgesetz Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4877 D Frage des Abg. Dr. Arndt: Erlaß des BM. d. Innern vom 28. August 1959 über die Beflaggung der Dienstgebäude des Bundes Dr. Schröder, Bundesminister 4878 A, B, C Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . 4878 B, C Frage des Abg. Felder: Ausländerlager bei Zirndorf Dr. Schröder, Bundesminister . . . 4878 C, 4879 A, B Felder (SPD) 4879 A, B Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Bürgerkrieg ausländischer Terrororganisationen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Schäffer, Bundesminister . . . 4879 C, D Jahn (Marburg) (SPD) . . . . 4879 D Entwurf einer Neunten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 (Butter); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1365, 1380) 4880 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Getreidegesetzes (Drucksache 1375) — Erste Beratung — . . . . . 4880 A Entwurf eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht (Drucksache 1234) Lücke, Bundesminister . . . . . 4880 B Dr. Hesberg (CDU/CSU) . . . . . 4889 C Hauffe (SPD) . . . . . . . . . 4894 A Dr. Will (FDP) . . . . . . . . 4898 C Dr. Preusker (DP) . . 4900 D, 4904 A, 4912 A, B Frau Berger-Heise (SPD) . . . . . 4904 A Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 4905 D Dr. Brecht (SPD) . . . 4909 A, 4912 A, B, 4915 C Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 4914 D, 4915 C Dr. Czaja (CDU/CSU) . . . . . . 4918 D Jacobi (SPD) . . . . . . . . . 4921 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 4921 D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 4922 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 4922 B Redaktionelle Anpassungen betr. dritte Beratung des Entwurfs einer Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (Drucksachen 55, 1094 Anlage 1, 1321) . . . . . 4923 A Nächste Sitzung . . . . . . . . 4923 C Anlagen 4925 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959 4871 90. Sitzung Bonn, den 12. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.04 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 25. 11. Dr. Arndt 12. 11. Dr. Baade 13. 11. Dr. Bärsch 12. 11. Bauereisen 12. 11. Bausch 12. 11. Bergmann 15. 11. Fürst von Bismarck 20. 11. Blachstein 12. 11. Brüns 12. 12. Dr. Burgbacher 25. 11. Caspers 12. 11. Dr. Dittrich 12. 11. Drachsler 12. 11. Dr. Dresbach 12. 11. Eilers (Oldenburg) 12. 11. Finckh 1. 12. Gaßmann 12. 11. Gedat 12. 12. Geiger (München) 12. 11. Dr. Gradl 12. 12. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 15. 12. Günther 12. 11. Hackethal 12. 11. Hahn 28. 11. Dr. von Haniel-Niethammer 12. 11. Dr. Harm 12. 11. Dr. Hellwig 12. 11. Heye 25. 11. Hilbert 1. 12. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Kalbitzer 12. 11. Kisters 28. 11. Frau Klemmert 12. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. 11. Dr. Kohut 28. 11. Kramel 12. 11. Kreitmeyer 25. 11. Lange (Essen) 12. 11. Lulay 31. 12. Lünenstraß 12. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Mauk 13. 11. Mensing 13. 11. Meyer (Oppertshofen) 12. 11. Muckermann 12. 11. Ollenhauer 12. 11. Prennel 13. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Rademacher 12. 11. Ramms 12. 11. Dr. Ratzel 12. 11. Frau Renger 12. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Scheel 12. 11. Schmidt (Hamburg) 12. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Schneider (Bremerhaven) 12. 11. Schultz 12. 11. Spitzmüller 13. 11. Dr. Starke 12. 11. Storch 14.11. Sühler 12. 11. Theis 20. 11. Dr. Vogel 25. 11. Wagner 12. 11. Dr. Wahl 14. 11. Walpert 12. 11. Frau Welter (Aachen) 12. 11. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Höcherl zur ersten Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht (Drucksache 1234). Für meine Freunde von der CSU darf ich erklären, daß wir den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf, mit dem die stufenweise Überführung der Wohnungszwangswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft erreicht werden soll, begrüßen. Die Bundesregierung hat seit 1949 5 Millionen Wohnungen mit einem Kostenaufwand von etwa 30 Milliarden DM neu errichtet oder wiederaufgebaut. Sie hat damit eine in der ganzen Welt einmalige Aufbauleistung vollbracht und so die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der Marktwirtschaft auf dem Wohnungssektor geschaffen. Der Erfolg der vorgeschlagenen Maßnahmen und die Einhaltung des Zeitplanes hängen davon ab, daß wir die früheren Bauleistungen weiterhin erbringen können. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Zuwachsrate von jährlich J/2 Million neuer Wohnungen wird die übertriebenen Befürchtungen eines Teils der beteiligten Bevölkerungskreise entkräften. Die CSU begrüßt den stufenweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und unterstützt die Bestrebungen der Bundesregierung, auch den 5 Millionen Althausbesitzern bis zur endgültigen Freigabe der Mietpreise und Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft angemessene Erträgnisse zu geben, um so die notwendige Instandsetzung und Verbesserung im Altwohnungsbestand zu ermöglichen. Denn von den 5 Millionen Altwohnhäusern gehören 1,5 Millionen Personen, die selbst mit den Mieteinnahmen nicht einmal die Durchschnittseinkünfte der Arbeiter und der Angestellten erreichen, wie sie unserer Rentengesetzgebung zugrunde liegen. Diese 4926 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959 Verhältnisse sind in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt. Die Gleichsetzung von Hausbesitz und Wohlstand beruht auf einer überholten Auffassung. Allein die aus Notzeiten stammende Wohnungszwangswirtschaft mit ihrem Preisstopp ist für diesen Zustand verantwortlich. Es ist nach unserer Wirtschaftsauffassung völlig klar, daß der Staat nicht das Recht hat, bei ständig verbesserten allgemeinen Verhältnissen gerade die Hausbesitzer auf kurze Ration zu setzen. Deswegen soll mit dem vorliegenden Gesetz als erster Schritt diesem Personenkreis eine, wenn auch bescheidene, Verbesserung seiner materiellen Lage und damit die Anpassung an den Fortschritt unserer Gesamtwirtschaft ermöglicht werden. Eine 15prozentige Mietanhebung auf die Grundmiete für die 5 Mill. Altwohnungen und eine Erhöhung von 10 Pf pro Quadratmeter für die im sozialen Wohnungsbau von 1948 bis 1956 errichteten Neubauwohnungen halten sich in tragbarem Rahmen und sind in gerechter Abwägung der Interessen der Mieter und der Hausbesitzer durchaus zu vertreten. Sie sollen eine Annäherung der Erträge des Hausbesitzers an die Höhe bewirken, die zur Deckung der Instandhaltungskosten erforderlich ist. Es erscheint angemessen, die Großwohnungen einer schärferen Anhebung zu unterwerfen, die aber nicht mehr als weitere 20 % ausmachen darf. Voraussetzung für unsere Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf war immer, daß die einkommenschwachen und kinderreichen Mieter nicht in eine soziale Notlage gebracht werden. Das Gesetz sieht daher Mietbeihilfen vor, die keinen Fürsorgecharakter haben, sondern auf die ein Rechtsanspruch besteht. Um die zähflüssige Verwaltungsvereinfachung voranzutreiben und den Prinzipien unserer Wirtschaftsauffassung zu entsprechen, soll die Wohnungszwangswirtschaft dort abgebaut werden, wo die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Selbstverständlich muß der besonderen Entwicklung des Wohnungsbedarfs in bestimmten Brennpunkten unseres wirtschaftlichen Wachstums durch eine besondere Regelung auch auf diesem Gebiet Rechnung getragen werden. Entscheidend war für uns der Umstand, daß objektive Maßstäbe gefunden werden konnten, nach denen bei der Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft zu verfahren ist und die keinen Manipulationen unterliegen. In absehbarer Zeit wird bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Bauvolumens die Wohnungszwangswirtschaft in allen Teilen des Bundesgebietes aufgehoben werden. Wir sind der Meinung, daß das bisherige Mieterschutzrecht, das in Kriegs- und Inflationszeiten entstand, heute durch eine moderne Gesetzgebung abgelöst werden muß. Das soll durch das soziale Mietrecht geschehen, dessen Funktion es sein wird, zwar den, Grundsatz der Vertragsfreiheit wiederherzustellen, aber den anständigen Mieter vor Willkürmaßnahmen zuverlässig zu schützen. Zusammenfassend darf ich sagen, daß die CSU-Landesgruppe den vorliegenden Gesetzentwurf billigt und Herrn Minister Lücke den besonderen Dank für diesen mutigen Schritt ausspricht, vor allem auch dafür, daß er durch eine gesteigerte Bauleistung dem Gesetz die tatsächliche Grundlage gegeben hat, die allein es möglich machen wird, die einzelnen Maßnahmen durchzuführen.
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Drucksache Nr. 1234 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht mit der Stellungnahme des Bundesrates und der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates vorgelegt. Die Drucksache enthält eine eingehende Begründung des Gesetzentwurfs.. Darüber hinaus habe ich mir erlaubt, den Damen und Herren des Hohen Hauses eine Denkschrift zuzuleiten, die ebenfalls das Ziel und den Inhalt des Gesetzeswerkes im einzelnen erläutert.
    Der hier vorliegende Gesetzentwurf will eines der schwierigsten Kapitel der letzten Jahrzehnte bereinigen, und zwar die bis zur Perfektion getriebene Wohnungsnotgesetzgebung. Die über 40 Jahre andauernde Wohnungszwangswirtschaft fand Eingang in zahlreiche Gesetze und Verordnungen. Die gesetzliche Bereinigung bedurfte einer außerordentlich gründlichen Vorarbeit der beteiligten Ressorts. Wenn nun gelegentlich der Vorwurf laut wurde, die Vorlage sei zu kompliziert, ja sie sei perfektionistisch, so kann man dafür wohl nur die äußerst schwierige Materie verantwortlich machen, nicht aber die an der Vorlage beteiligten Ministerien. Auch ich hätte lieber einen Entwurf vorgelegt, der in wenigen Bestimmungen den stufenweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft vorgeschlagen hätte. Leider verbot sich dieser Weg sowohl aus rechtlichen als auch aus sozialen Gründen. Ein Sprung ins kalte Wasser würde soziale Härten und Spannungen mit sich gebracht haben. So schlägt Ihnen die Bundesregierung einen wohl abgewogenen Plan vor, der Schritt für Schritt auch auf dem Gebiete der Wohnungswirtschaft die Marktverhältnisse wiederherstellt, zugleich aber notwendige soziale Maßnahmen vorsieht.
    Zunächst stellt sich für das Hohe Haus die Frage: „Ist der Zeitpunkt schon gekommen, den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft einzuleiten?" Ich darf Ihnen hierzu einige Zahlen über das noch bestehende Wohnungsdefizit und die Wohnungsbauleistungen der letzten Jahre bekanntgeben.
    Am Ende des zweiten Weltkrieges fanden wir im Gebiete der Bundesrepublik weniger als 81/2 Millionen benutzungsfähige Wohnungen vor. Davon hatten 2 bis 21/2 Millionen leichte oder mittelschwere Schäden. Seitdem sind nicht nur die beschädigten Wohnungen wiederhergestellt, sondern außerdem etwa 5 Millionen Wohnungen gebaut worden. Ende dieses Jahres wird der Wohnungsbestand an 14 Millionen Vollwohnungen heranreichen. Der Wohnungsfehlbestand betrug 1959 noch 1,5 Millionen Wohnungen, also noch gut 10% des Wohnungsbestandes. Dazu kommt ein jährlicher Neubedarf von 150- bis 200 000 Wohnungen als Folge des natürlichen Bevölkerungszuwachses durch neue Eheschließungen und die Zuwanderung von Flüchtlingen, in 5 Jahren also ein Neubedarf von etwa 1 Million Wohnungen. Um diesen durch den Zuwachs bedingten Bedarf und das Defizit abzudecken, werden daher noch etwa 21/2 Millionen Wohnungen gebraucht, so daß in den Jahren 1959 bis 1963 jährlich etwa 500 000 Wohnungen gebaut werden müssen. Seit 1953 wurde diese Leistung regelmäßig erbracht, meist aber erheblich überschritten. In diesem Jahre wird voraussichtlich die höchste Bauleistung der letzten Jahre erzielt werden. Wahrscheinlich werden an die 580 000 Wohnungen fertiggestellt werden. Auch kann heute schon für das Baujahr 1960 dank des großen Überhangs eine Wohnungsbauleistung in



    Bundesminister Lücke
    Höhe von 500- bis 550 000 erwartet werden. Selbst wenn in den nächsten 4 bis 5 Jahren jährlich im Durchschnitt nur etwa 500 000 Wohnungen gebaut würden, wäre bis dahin das Wohnungsdefizit beseitigt. Natürlich wird es auch dann noch örtliche Bedarfsschwerpunkte geben; sie haben in der Vorlage entsprechende Berücksichtigung gefunden. Bei der Darstellung dieser Zahlen ist nicht berücksichtigt, daß nach Wegfall der Wohnraumbewirtschaftung aus dem Altwohnungsbestand Wohnungen auf den Markt kommen. Diese Zahlen machen eindringlich deutlich, daß der Zeitpunkt überfällig ist, die ersten Schritte zum Abbau der Wohnungszwangswirtschaft zu tun.
    Die zweite Frage schließt sich hier an: „Ist der Wohnungsbau in den nächsten Jahren finanziell gesichert?" Zunächst darf ich auf das Wohnungsbau-und Familienheimgesetz verweisen, das bis 1962 den Bau von jährlich möglichst 300 000 Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues vorsieht. In diesem Jahr wird diese Leistung erheblich überschritten. Entsprechend der im Gesetz festgelegten Degression der Bundeshaushaltsmittel läuft dann 1967 der mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungsbau nach diesem Gesetz aus. Der frei finanzierte und steuerbegünstigte Wohnungsbau, also der Wohnungsbau ohne öffentliche Mittel, nimmt erfreulicherweise ständig zu und beträgt derzeit etwa die Hälfte des gesamten Wohnungsbauvolumens. Die Degression der Bundeshaushaltsmittel wird durch die fortschreitend stärkere Heranziehung der Kapitalmarktmittel zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues mehr als ausgeglichen. Die günstige Kapitalmarktlage erlaubt es, daß immer mehr öffentliche Mittel durch Mittel des Kapitalmarktes ersetzt werden können. Die Bundesregierung fördert mit Nachdruck diese Entwicklung. Alle Maßnahmen der Bundesregierung, ob es sich nun um „Besser und schöner wohnen" oder um „Junge Familien" oder um die Bemühungen handelt, die Länder zu einer stärkeren Aktivierung der Aufwendungsbeihilfen zu veranlassen, haben zum Ziel, im Wohnungsbau allmählich zu einer Marktsituation überzuleiten. In Kürze werde ich die neuen Bürgschaftsrichtlinien des Bundes herausgeben. So wird auch im Wohnungsbau immer stärker die marktgerechte Finanzierung, und zwar auch im sozialen Wohnungsbau, zum Tragen kommen. Der Grundsatz „Nur soviel Staatshilfe wie notwendig" wird damit immer mehr auch auf diesem Gebiet zur Geltung gelangen.
    Dennoch sind die vom Bund direkt bereitgestellten Wohnungsbaumittel wesentlich größer, als es allgemein angenommen wird. Der immer wiederholte Hinweis auf die Degression der Bundeshaushaltsmittel, die für das Baujahr 1960 noch 490 Millionen DM ausmachen, ist einfach irreführend. Der Bund hat für die verschiedenen Programme für den Wohnungsbau 1957 rund 2 Milliarden DM, 1958 rund 2,5 Milliarden DM, 1959 rund 2,5 Milliarden DM, also ein Vielfaches der Bundesmittel, die nach dem Wohnungsbau- und Familienheimgesetz bereitgestellt werden müssen, ausgezahlt. Die vom Bundesrat erhobene Forderung auf Wegfall der Degression kann unter diesen Umständen nicht mehr aufrechterhalten werden. In diesem Jahre wurden die
    Grenzen der Baukapazität erreicht. Auch im kommenden Jahr ist eine wesentliche Ausweitung der Bauprogramme nicht möglich. Die Anwendung der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Finanzierungsmethoden auch im sozialen Wohnungsbau sichert die finanzielle Durchführung der Wohnungsbauprogramme bis 1963.
    Wie Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus diesen Darlegungen entnehmen, hat sich also im Rahmen der Förderung des Wohnungsbaues schon eine sehr viel stärkere Anpassung an die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten vollzogen, als das im allgemeinen angenommen wird. Diese Anpassung ist bisher reibungslos verlaufen und soll noch verstärkt werden. Mögen auch die öffentlichen Mittel in diesem oder jenem Bereich allmählich zurückgehen, so wird durch diese Entwicklung der Ausfall durch Verstärkung der Kapitalmarktmittel mehr als wettgemacht.
    Alle diese Maßnahmen — das darf ich an dieser Stelle mit Nachdruck zum Ausdruck bringen — würden aber nicht zum Erfolg führen, wenn nicht die zwangswirtschaftlichen Bindungen, die dem Altwohnungsbaubestand noch auferlegt sind, fielen. Darum ist die baldige Verabschiedung der Ihnen vorliegenden Gesetzesvorlage auch aus diesen Gründen so dringend.
    Ich darf nun zur Begründung und Erläuterung der Regierungsvorlage kommen.
    Die Bundesregierung geht bei dieser Vorlage von drei Grundvoraussetzungen aus:
    1. In dem Maße, in dem der Wohnungsmangel beseitigt wird, kann die Wohnungszwangswirtschaft schrittweise fallen.
    2. Soziale Härten und Spannungen sollen während der Übergangszeit durch ein modernisiertes Mieterschutzgesetz und die Neugestaltung des Räumungs- und Vollstreckungsschutzes vermieden werden.
    3. Ein soziales Mietrecht soll jeder Familie der Bundesrepublik ausreichenden Wohnraum wirtschaftlich und rechtlich sichern.
    Die Erfüllung dieser Forderungen ist sinnvoll nur im Rahmen einer Gesamtkonzeption möglich. Die Vorwegnahme von Teillösungen wird daher mit Nachdruck abgelehnt. In dieser Forderung wurde die Bundesregierung durch die Beschlüsse des Bundesrates bestärkt. Auch die Ergebnisse der von der Bundesregierung gewünschten breiten Diskussion dieser schwierigen Frage in der Öffentlichkeit drücken sich in zahlreichen zustimmenden Entschließungen vor allem der an der Lösung dieser Fragen besonders interessierten Verbände aus. Besonders kommt es der Bundesregierung darauf an, durch Festlegung eines Schlußtermins im Rahmen des Stufenplans das Ende der zwangswirtschaftlichen Eingriffe festzulegen.
    Ich darf nun auf die Einzelbestimmungen der Vorlage eingehen. Von dem Mietstopp sind vor allem die 5 Millionen Altbauwohnungen betroffen. Die Auswirkungen des Mietstopps haben in der Vorstellung der Bevölkerung den Wert des Gutes
    4882 Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959
    Bundesminister Lücke
    Wohnung" stark getrübt. Man hat sich daran gewöhnt, nur wenige Prozent des Einkommens für die Wohnung auszugeben. Im Gesamtdurchschnitt betragen die Ausgaben der Arbeitnehmerfamilie für die Miete heute etwa 9 v. H. der Gesamtausgaben, bei allen Haushalten der Bundesrepublik nach den nunmehr vorliegenden Ergebnissen der amtlichen Interviewerhebung von 1957 nur rund 10 v. H. des Nettoeinkommens der Haushalte. Dabei sind in diesem Gesamtdurchschnitt auch die zum Teil wesentlich höheren Mieten der Neubauwohnungen der letzten Jahre mit enthalten. Die verhältnismäßig geringen Ausgaben für das Gut „Wohnung" sind längst in die Einkommensverwendung der Einzelhaushalte einkalkuliert worden, so daß jeder sich verständlicherweise gegen eine Mieterhöhung wehrt.
    Es widerspricht aber dem Grundsatz des sozialen Rechtsstaates, dem Althausbesitz eine kostendeckende Miete vorzuenthalten und die Lasten einseitig dem Hauseigentümer aufzubürden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das erstarrte Mietpreisgefüge hat auch zu einem unhaltbaren sozialen Unrecht gegenüber den Althausbesitzern geführt. Ihnen wird eine erhebliche Einkommensschmälerung, wenn nicht ein Substanzverlust, zugemutet. Längst nicht alle Hauseigentümer sind, wie das gelegentlich draußen verlautet, „Kapitalisten", und längst nicht alle Mieter sind „arme Leute".

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Eigentümer des Althausbesitzes sind im allgemeinen keineswegs jene Schicht unseres Volkes, bei der sich seit der Währungsreform wieder das meiste Vermögen angesammelt hat. Es ist weithin nicht bekannt, daß nicht weniger als 1,5 Millionen Wohngebäude mit eigengenutzten und vermieteten Wohnungen im Eigentum von Arbeitern und Rentnern stehen, mehr als 0,5 Millionen Wohngebäude im Eigentum berufsloser Personen oder solcher ohne nähere Berufsangabe, also meist von Bevölkerungschichten, die für die Instandsetzung und Erhaltung der Mietshäuser im wesentlichen auf den Mietertrag angewiesen sind.
    Die sich über mehr als vier Jahrzehnte erstrekkende Wohnungszwangswirtschaft hat aber nicht nur für die Vermieter, sondern auch für die Mieter zu sozialen Ungerechtigkeiten großen Umfangs geführt. Aus dem Mietrecht ist ein Mietunrecht geworden. Die Mieter zerfallen heute hinsichtlich des Preises, den sie für die Wohnungen zahlen müssen, in mehrere Klassen.
    Es hat zwar schon immer Mietunterschiede je nach den Gemeindegrößen, der Ausstattung und der Lage der Wohnungen gegeben. Die Zwangswirtschaft hat aber diese Unterschiede grotesk vergrößert und Verhältnisse herbeigeführt, die auf die Dauer auch sozial nicht mehr vertreten werden können. Die umfassende amtliche Wohnungserhebung vom Herbst 1956 hat z. B. festgestellt, daß die durchschnittliche Monatsmiete für eine Wohnung mit drei Zimmern und Küche zwischen rund 30 DM und mehr als 100 DM schwankt. Nach den mir vorliegenden Unterlagen, die sich auf Erhebungen der
    Preisbehörden gründen, beträgt beispielsweise in der Stadt Essen im Ruhrgebiet die Miete für eine vor dem ersten Weltkrieg gebaute Wohnung im Schnitt 0,70 DM je qm. Eine 65 qm große Wohnung kostet demnach zur Zeit in Essen 45 DM. Eine gleichgroße und gleichausgestattete Wohnung des .sozialen Wohnungsbaus, für die in Essen eine Richtsatzmiete von 1,10 DM je qm festgelegt worden ist, kostet im Monat 72 DM, und eine in jüngster Zeit unter dem Geltungsbereich des Zweiten Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes erbaute Wohnung kostet je Quadratmeter 1,65 DM Miete im sozialen Wohnungsbau. Diese Familie zahlt 107 DM. Drei gleiche Familien! Die eine zahlt 45 DM, die andere 72 DM und die dritte 107 DM für die Wohnung. Das bedeutet also, daß eine vierköpfige Arbeitnehmerfamilie, deren Monatslohn 600 DM beträgt, für die Altraumwohnung 7 1/2 %, für die unter dem Geltungsbereich des Ersten Wohnungsbaugesetzes geförderte gleichgroße Wohnung 12% und für die öffentlich geförderte Wohnung neuesten Datums 18 % ihres Nettofamilieneinkommens für die Miete aufzubringen hat. Es entscheidet hier ein reiner Zufall. Die Mieten im frei finanzierten und steuerbegünstigten Wohnungsbau sind in diesen Vergleich nicht einbezogen. Nun ist es ja meistens so, daß die billigen Wohnungen von Familien bewohnt werden, deren Haushaltung von dem Krieg und seinen Folgen weitgehend verschont geblieben ist. Die Ausgebombten dagegen, die Flüchtlinge, die Vertriebenen, aber nicht zuletzt die uns am Herzen liegenden jungen Familien, die finanziell oft am schlechtesten dastehen, können in der Regel nur zu Neubauwohnungen kommen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Sie müssen die höhere Miete zahlen. Von den Altbaumietern werden also praktisch Renten erzielt, während dem Vermieter diese Beträge für die Erhaltung der Wohnung fehlen.
    Die künstlich niedrig gehaltenen Mieten für Mietwohnungen haben zusammen mit dem starren Mieterschutz dazu geführt, daß der Wohnungsmarkt völlig erstarrt ist. Es findet keine Bewegung auf dem Wohnungsmarkt statt, die sich nach den Mieten bzw. Einkommensverhältnissen richtet. Das hat zur Folge, daß kleinere Haushalte vielfach in großen Wohnungen verbleiben, weil der Preis in der Wohnungswirtschaft noch nicht die regulierende Funktion zurückerhalten hat. Damit hat die Wohnungszwangswirtschaft die Wohnungsverhältnisse völlig versteinert.
    Besonders unbefriedigend ist der Zustand, daß heute in hohem Maße größere Wohnungen von Alleinstehenden blockiert werden, die auf diese Wohnungen nicht angewiesen sind und sie auch nicht behalten würden, wenn für die Wohnung eine kostendeckende Miete gefordert werden könnte. Die Wohnungszählung 1956 hat gezeigt, daß über 700 000 alleinstehende Personen im Rahmen der 5 Millionen Altbauwohnungen größere Altbauwohnungen innehaben, die nicht mit Untermietern belegt sind. Es liegt auf der Hand, daß ein erheblicher Teil dieser alleinstehenden Personen den Wohnraum hortet, ganz einfach, weil er billig ist. Erst



    Bundesminister Lücke
    wenn der Mietpreis schrittweise wieder seine regulierende Funktion erhält und das Ende der Zwangswirtschaft für jedermann erkennbar geworden ist, wird ein großer Teil dieser Wohnungen wieder auf den Markt kommen und damit der Verminderung des vorhandenen Wohnungsfehlbestandes dienen.
    Eine allmähliche Anhebung der niedrigen Stoppmieten entspricht auch einer volkswirtschaftlichen Notwendigkeit. Die zur Zeit im Bundesgebiet vorhandenen rund 14 Millionen Wohnungen stellen einen Vermögenswert — Zeitwert — von 170 bis 180 Milliarden DM dar. Davon stammen 9 Millionen Wohnungen aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg. Infolge der niedrig gehaltenen Mieten waren die Eigentümer und Vermieter dieser älteren Wohngebäude seit Jahren nicht in der Lage, die notwendigen Reparaturen und Modernisierungen an ihren Häusern vorzunehmen. Auch die seit Kriegsende zugelassene pauschale Mieterhöhung hat die Situation nicht wesentlich verändert. Denn während sich das allgemeine Preisniveau in der Bundesrepublik im Zusammenhang mit den Kosten- und Lohnsteigerungen, gemessen an dem Preisindex der Lebenshaltung, gegenüber der Vorkriegszeit — Stichjahr 1938 — um 86 v. H., die Bau- und Reparaturkosten sogar um 170 v. H. erhöhten, liegen die Altbaumieten gegenwärtig nur um durchschnittlich 28 v. H. höher als 1938.
    Die aufgestauten Instandhaltungskosten wurden 1957 von dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin bei den über 9 Millionen Wohnungen des Althausbestandes aus der Zeit vor der Währungsreform auf insgesamt 13 bis 14 Milliarden DM beziffert — gemessen an den Preisen von 1955. Wie dringend aber gerade die Modernisierung ist, dafür einige Zahlen. Nur 20 v. H. aller Altbauwohnungen verfügen über ein eigenes Bad,

    (Abg. Rösing: Hört! Hört!)

    während eine derartige Ausstattung heute bei über 90 v. H. aller neu errichteten Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues vorhanden ist. Eine ganz große Anzahl von Wohnungen hat noch nicht einmal eine Toilette mit Wasserspülung. Im Bundesgebiet sind es ein Drittel aller Wohnungen, in den kleinen Gemeinden — sage und schreibe! — drei Viertel aller Wohnungen. Ja es gibt — und ich spreche von Deutschland und nicht von einem fernen Erdteil! — noch immer Wohnungen, die nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen sind.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Ich glaube, meine Damen und Herren, es verbietet sich, noch ein weiteres Wort darüber zu verlieren, wie notwendig die Modernisierung ist. An der Modernisierung sind aber die Mieter ebenso interessiert wie die Vermieter. Bei den jetzigen unzulänglichen Mieten kann man es keinem Hausbesitzer verdenken, wenn er etwaige Ersparnisse aus seinem sonstigen Einkommen lieber auf die Sparkasse trägt.
    Die Bundesregierung hat nun zwar in den vergangenen Jahren viel getan, um Härten, die sich aus den Preisbindungen für den Hausbesitz ergeben, nach Möglichkeit zu lindern. So sind z. B.
    im Lastenausgleichsrecht beträchtliche Erleichterungen geschaffen worden, um die Durchführung notwendiger Reparaturen zu ermöglichen. Auch im Steuerrecht werden Reparaturen und neuerdings auch Modernisierungen begünstigt. Außerdem hat der Bund seit 1952 320 Millionen DM für Instandsetzungs- und Modernisierungsdarlehen zur Verfügung gestellt. Sie sind namentlich Hauseigentümern in bedrängter wirtschaftlicher Lage zugute gekommen. Auch die Länder dürften inzwischen Darlehnsmittel in einer Größenordnung von etwa 200 Millionen DM zur Verfügung gestellt haben. Darüber hinaus haben Bund und Länder Zinszuschüsse gezahlt für Darlehen, die der Hausbesitzer am Kapitalmarkt aufgenommen hat. Hierdurch sind Reparaturen im Umfange von einer halben Milliarde DM gefördert worden. Aber das alles ist und bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Letzten Endes kann der Hausbesitz nur wieder aus sich selbst gesunden. Das setzt unabdingbar voraus, daß man ihm eine kostendeckende Miete nicht länger vorenthält.
    Natürlich ist es ausgeschlossen, heim Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in die Verhältnisse von vor 1914 zurückzufallen. Niemals sollte die Zeit wiederkehren, in der Grundstücks- und Bodenspekulanten uns jene trostlosen Mietskasernen mit den Hinterhöfen des Elends bescherten, die heute noch, soweit sie erhalten geblieben sind, wie eine Anklage gegen die damalige Zeit wirken.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Niemals darf die Zeit wiederkehren, in der Menschen in sogenannte Tuberkulosewohnungen gezwängt wurden. Ebenso wie wir in der Wirtschaft von einer „sozialen Marktwirtschaft" sprechen, ebenso kann der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft nur in einem neuen „sozialen Mietrecht" ausmünden. Es bedeutet aber, daß der Staat bei aller zu erwartenden Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit die Menschen und die Dinge auf dem Gebiete des Wohnungswesens nicht völlig dem freien Spiel der Kräfte überlassen kann.
    Aus diesem Grunde trägt der von der Bundesregierung verabschiedete Gesetzentwurf den zweiten Titel „Gesetz über ein soziales Mietrecht". Zu dem Begriff „soziales Mietrecht" darf ich vielleicht schon jetzt anregen, bei den künftigen Beratungen im zuständigen Ausschuß diese Bezeichnung durch „soziales Miet- und Wohnrecht" zu ersetzen. Seit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung ist diese Anregung von verschiedenen Seiten an mich herangetragen worden. Man hat mich darauf hingewiesen, daß der Begriff „soziales Mietrecht" zu eng sei, weil das Gesetz nicht nur den Mieter, sondern genauso auch den Eigentümer und Kleinsiedler vor einem unverschuldeten Verlust seiner Wohnung im eigenen Hause schützen will. Das Gesetz will schlechthin das Recht jedes Menschen in der Bundesrepublik auf eine angemessene Wohnung sichern.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)




    Bundesminister Lücke
    Deshalb ist für die mehrjährige Übergangszeit die Gewährung von Miet- und Lastenbeihilfen vorgesehen. Sie sollen für leistungsschwache Mieter einen sozialen Schutz gewähren und das elastische Instrument des Gesetzes sein, im Einzelfall notwendige soziale Korrekturen zu ermöglichen. Durch die Beihilfen wird garantiert, daß die vorgesehenen Mieterhöhungen in keinem Fall — ich wiederhole: in keinem Fall — zu untragbaren Härten führen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Hilfe wird all denen zugute kommen. die ihrer bedürfen. Entsprechend diesem Grundsatz geht der Entwurf davon aus, daß jeder Mieter zunächst einen bestimmten Anteil seines Einkommens für die Miete aufwenden muß, bevor er vom Staat eine Hilfe verlangen kann. Die Höhe der dem Mieter zugemuteten Eigenleistung richtet sich nach der Zahl der Familienangehörigen. Die Prozentsätze schwanken zwischen 8 v. H. und 18 v. H. des Familieneinkommens; z. B. werden für eine Familie mit 2 Familienmitgliedern, ein Ehepaar also, 18 v. H., für eine Familie mit 5 Familienmitgliedern 15 v. H. als tragbar angesehen. Die Mieterhöhung wird von Bund und Ländern übernommen, soweit sie über die tragbare Miete hinausgeht. Berücksichtigt wird der Wohnraum, der für die angemessene Unterbringung der Familie notwendig ist, also der Größe der Familie entsprechenden Raum bietet. Die Mietbeihilfen haben keinerlei Wohlfahrts- und Fürsorgecharakter.
    Außer den Mietbeihilfen sieht — wie ich schon andeutete — der Gesetzentwurf auch Lastenbeihilfen für jene Familien vor, welche ihre Wohnungsversorgung durch Erwerb eines Familienheims oder einer Eigentumswohnung selbst auf sich genommen haben. Die soziale Sicherstellung der Wohnraumversorgung kann nicht auf den Mieter beschränkt bleiben, sondern muß in gleicher Weise dem Eigentümer eines Eigenheims und der Eigentumswohnung gewährleistet sein.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich muß immer noch an die unheilvolle Entwicklung der dreißiger Jahre, 1929, 1930 und die folgenden, zurückdenken. Damals wurden zahllose Familien durch die Arbeitslosigkeit aus ihrer Wohnung getrieben, weil sie die Miete oder die Lasten des Eigenheims nicht mehr bezahlen konnten. Sie zogen in vorstädtische Wohnlauben und Baracken und kamen damit in das soziale Gefälle. Sie werden mir, glaube ich, voll darin zustimmen, daß sich co etwas nie mehr wiederholen darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das kann sich die Bundesrepublik in ihrer politischen Lage zwischen Ost und West überhaupt nicht leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deshalb sind die Bestimmungen über die Beihilfen
    von ausschlaggebender Bedeutung für die Bundesregierung, weil sie sicherstellen, daß jeder Familie
    ich betone: jeder Familie — angemessener
    Wohnraum wirtschaftlich und rechtlich gesichert wird. Hinzu kommt das Bemühen der Bundesregierung, möglichst vielen Familien zu Haus und Boden zu verhelfen, um sie krisenfest und immun gegen das zerstörerische Gift der kommunistischen Unheilslehre zu machen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Die Bedeutung dieses Gedankens ist klar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß seit der Währungsumstellung eine ganze Million Familien ein Familienheim gebaut oder erworben hat und daß über 40 v. H. aller Bausparer, die dieses Ziel verfolgen, Arbeiter sind.
    Die Miet- und Lastenbeihilfen sind in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Form zunächst für die Übergangszeit vorgesehen. Sie sollen jedoch zu einem wichtigen Pfeiler der Sozialpolitik ausgebaut und fortentwickelt werden. Der Übergangsregelung wird eine endgültige gesetzliche Dauerregelung folgen. Die endgültige Regelung muß jeder Familie das ihr zukommende Mindestmaß an Wohnraum und Eigentum sichern. ,Dabei ist im besonderen Maße der kinderreichen Familien gedacht, die aus wirtschaftlichen Gründen und auch aus einer falschen Einstellung der Vermieter zu den kinderreichen Familien — das ist kein Ruhmesblatt für die Wohnungsverhältnisse — oft nicht die Wohnung bekommen und beziehen können, die sie zur Entfaltung eines gesunden Familienlebens benötigen. Im Jahre 1950 hatten von den über 15 Millionen Familien der Bundesrepublik über 1 Million drei und mehr Kinder unter 15 Jahren. Es ist vornehmste Aufgabe des sozialen Miet- und Wohnungsrechts, daß künftig in Deutschland der noch hier und da bestehende unwürdige Zustand beseitigt wird, der es kinderreichen Familien erschwert, ja oft unmöglich macht, den erforderlichen Mindestwohnraum zu bekommen und, wenn sie ihn bekommen haben, ihn wirtschaftlich sich zu erhalten und ihn rechtlich sich zu sichern. Kindergeschrei in einer Wohnung darf kein Kündigungsgrund sein.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf des Abg. Dr. Mommer.)

    — Ich komme darauf zurück, Herr Kollege.
    Neben dieser wirtschaftlichen Sicherung soll das soziale Miet- und Wohnrecht aber auch so ausgestaltet werden, daß es das Heim für die Familie in rechtlicher Hinsicht schützt. Allerdings kann das Gesetz dem Mieter nicht ein unentziehbares Dauerrecht gewährleisten wie etwa das Wohnungseigentum. Damit würden die Unterschiede zum echten Eigentum gänzlich verwischt werden. Der oft angestellte Vergleich mit dem Schutz des Arbeitsplatzes ist insofern nicht überzeugend, als sich im Arbeitsrecht im Laufe der Jahre der Grundsatz herausgebildet hat, ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsverhältnisses sei die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Im Wohnungsrecht gibt es einen Grundsatz, daß den Vermieter eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Mieter treffe, nicht. Wohl aber muß vom Vermieter ein soziales Verhalten gegenüber dem Mieter verlangt und der Ausschluß der Willkür, Herr Kollege Mommer, gesetzlich gesichert werden.



    Bundesminister Lücke
    Ich darf in diesem Zusammenhang kurz darauf eingehen, welche Lösungen der Entwurf für den Mieterschutz vorsieht. Während der Übergangszeit soll der Mieterschutz grundsätzlich bestehenbleiben, wenn auch nicht in der bisherigen überholten, star- ren und unbrauchbaren Form. Die Bundesregierung schlägt deshalb eine neue Fassung des Mieterschutzgesetzes vor, die Verbesserungen gegenüber der bisherigen Rechtslage enthält. Bisher konnten Mietverhältnisse nur durch Urteil aufgehoben werden. Nach dem Entwurf soll der Vermieter wieder das Recht zurückerhalten, das Mietverhältnis zu kündigen, wenn er einen bestimmten Grund hierfür hat. Dem Mieter wird aber das Recht eingeräumt, der Kündigung zu widersprechen. Stellt das Gericht dann im Räumungsprozeß fest, daß der Widerspruch des Mieters gerechtfertigt ist, so z. B. weil der Mieter innerhalb einer bestimmten Frist keine angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen erhalten kann, so ist die Kündigung unwirksam, und die Klage muß abgewiesen werden.
    Vielfach hat man befürchtet, daß diese Regelung Lawinen von Räumungsklagen auslösen wird. Das Gegenteil wird der Fall sein. Diese Änderung des Mieterschutzgesetzes ist eher eine Verstärkung des Mieterschutzes während der Übergangszeit. Wir brauchen während der Übergangszeit Ruhe. Die Neuregelung wird dazu führen, daß die Räumungsklagen in den Gebieten, in denen noch ein stärkeres Wohnungsdefizit vorhanden ist, zurückgehen. Denn nach dem alten Mieterschutzgesetz durfte das Gericht die Frage des Vorhandenseins einer Ersatzwohnung nicht prüfen. Das führte zwangsläufig dazu, daß sich in einzelnen Orten mit besonders schwierigen Wohnungsverhältnissen die nicht vollstreckbaren Urteile häuften. In Zukunft wird in solchen Orten die Klage abzuweisen sein. Das wird die Vermieter von selbst davon abhalten, den Klageweg zu beschreiten. Entspannt sich — das ist der Sinn des Plans — schrittweise die Lage am Wohnungsmarkt in diesen Gebieten, so werden es umgekehrt die Mieter in vielen Fällen nicht auf eine Räumungsklage ankommen lassen, sondern sich veranlaßt sehen, eigene Initiative zur Beschaffung einer Ersatzwohnung zu entfalten, Kommt es aber während der Übergangszeit zu einem Räumungsurteil, so werden Härten durch mehrere Schutzbestimmungen, die im Entwurf vorgesehen sind, gemildert.
    Nach der Übergangszeit, also nach Beseitigung der Wohnungsnot, soll das soziale Mietrecht im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches fortgelten. Insbesondere soll eine Sozialklausel für Kündigungsfälle in das BGB eingefügt werden. Danach wird der Vermieter zwar wieder frei kündigen können, ohne die Kündigung begründen zu müssen; aber dem Mieter — das ist hier neu — ist für alle Zukunft ein Widerspruchsrecht eingeräumt, wenn die Kündigung für den Mieter oder für seine Familie eine unbillige Härte darstellt. Wenn dieser Widerspruch begründet ist, bleibt das Mietverhältnis bestehen. Im übrigen bleibt bei einer Verurteilung zur Räumung auch hier die Möglichkeit zur Gewährung von Schutzfristen. Diese Bestimmung wird ergänzt durch eine Reihe von weiteren Schutzvorschriften für den
    Mieter, die im Mietvertrag nicht mehr abbedungen werden können. Dadurch soll vor allem verhindert werden, daß in den sogenannten Formularverträgen der Inhalt des Mietvertrages einseitig von der Vermieterseite diktiert wird.
    Während der Mieterschutz in der Übergangszeit in verbesserter Form bestehenbleibt, kann mit dem Abbau der Wohnraumbewirtschaftung sofort begonnen werden. Von der Wohnraumbewirtschaftung werden nicht nur die 5 Millionen Altbauwohnungen, sondern alle Wohnungen außer den frei finanzierten und steuerbegünstigten Wohnungen der Nachkriegszeit betroffen. Gerade auch bei den Eigentümerwohnungen wirkt sich die Aufrechterhaltung der Wohnraumbewirtschaftung besonders schädlich aus. Die Wohnraumbewirtschaftung hält das Angebot vom Markte fern. Mancher Eigentümer eines ländlichen Anwesens würde diesen und jenen Raum mehr vermieten, wenn er nicht befürchten müßte, daß er sich dadurch dem Zugriff des Wohnungsamtes aussetzt. Auch die Mieter sind es überdrüssig, sich vom Wohnungsamt nachmessen zu lassen, ob sie einen oder zwei Quadratmeter Wohnfläche zuviel haben.
    In weiten Kreisen der Bevölkerung ist wohl einhellig die Meinung, daß es an der Zeit ist, die Wohnungsämter aufzulösen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Die Wohnungsämter haben — das möchte ich hier ausdrücklich erklären — anerkennenswerte Leistungen in der schweren Notzeit in der Vergangenheit vollbracht. Aber dort, wo es nichts mehr zu bewirtschaften gibt, sollten sie aufgelöst werden.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Der Regierungsentwurf sieht deshalb vor, daß die Wohnraumbewirtschaftung bei Inkrafttreten des Gesetzes in allen Landkreisen und kreisfreien Städten entfällt, in denen der Wohnungsfehlbestand am 31. Dezember 1958 weniger als 3% betragen hat. 52 Land- und Stadtkreise von den insgesamt 557 Kreisen der Bundesrepublik haben erfreulicherweise dieses Ziel bereits erreicht. In den übrigen Kreisen soll die Wohnraumbewirtschaftung zunächst für die größeren und teureren Wohnungen, dann für die mittleren und schließlich für die billigen Kleinwohnungen aufgehoben werden.
    Ich bin der Meinung, daß dieses Abbautempo jetzt noch verstärkt werden kann, nachdem die im Regierungsentwurf vorgesehenen Termine zeitlich überholt sind und sich obendrein zwischenzeitlich der Wohnungsbestand um weitere 580 000 Wohnungen vergrößert hat. Ich möchte deshalb dem Hohen Hause vorschlagen, bei den Ausschußberatungen die Regierungsvorlage in diesem Punkte weiter auszubauen. Durch diese zeitliche Entwicklung ist es möglich, alle Kreise und kreisfreien Städte von der Wohnraumbewirtschaftung auszunehmen und die Wohnungsämter aufzulösen, wo das Wohnungsdefizit am 31. Dezember 1959 weniger als 3% beträgt. Dadurch würde sich die Zahl der frei werdenden Kreise von 52 im Jahre 1958 auf über 100 erhöhen.
    4886 Deutscher Bundestag 3. Wahlperiode — 90. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1959
    Bundesminister Lücke
    In den folgenden Jahren könnten dann in Fortführung dieses Systems jeweils am 1. Juli diejenigen Kreise von der Wohnraumbewirtschaftung ausgenommen werden, in denen am 31. Dezember des Vorjahres der Wohnungsfehlbestand die 3 %-Grenze unterschritten hat. Das würde bedeuten, daß auch 1961 und 1962 etwa je 100 Kreise aus der Wohnraumbewirtschaftung herausfallen.
    Für die endgültige Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung — das gleiche gilt für den Mieterschutz — sollte der 31. Dezember 1965 als Schlußtermin beibehalten werden, der sich auf Grund des späteren Inkrafttretens des Gesetzes und im Hinblick auf die Ermächtigung zur Hinausschiebung der Termine schon aus der Regierungsvorlage ergibt.
    Bei der Feststellung des Defizits — es wird immer gefragt, wie diese Zahlen ermittelt werden — werden die Zahlen über die Wohnparteien der amtlichen Bevölkerungsstatistik entnommen. Als Wohnparteien rechnen dabei alle Mehrpersonenhaushalte und die Hälfte aller Einpersonenhaushalte, die in diesen Kreisen ansässig sind. Der Berechnung der Normalwohnungen werden die Zahlen der amtlichen Baustatistik, die schon seit über 30 Jahren in allen Bundesländern geführt wird, und der fortzuschreibenden Wohnungsstatistik von 1956 zugrunde gelegt. Zu den Normalwohnungen gehören nicht die Wohnungen in Notgebäuden, Baracken, Nissenhütten, Behelfsheimen, Wohnlauben, Bunkern oder Wohnungen in Kellergeschossen.
    Wie Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht die Feststellung des Wohnungsfehlbestandes keine praktischen Schwierigkeiten, vor allem ist sie objektiv. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die Statistiken einen viel höheren Bedarf ausweisen, als er in Wirklichkeit besteht. Das liegt u. a. daran, daß von der Statistik Haushalte 'erfaßt werden, die nie einen selbständigen Haushalt zu führen gedenken. Ich darf beispielsweise auf die Bauernhäuser verweisen, in denen oft mehrere Familien im Familienverband wohnen. Sie gelten im Sinne der Statistik als verschiedene Wohnparteien. Es wird also ein Defizit ausgewiesen, obwohl die Wohnparteien — namentlich die alten Leute gar nicht daran denken, jemals mit einem Wohnbedarf an den Markt zu treten.
    Nun ist vom Bundesrat — auch aus Kreisen der SPD — vorgeschlagen worden, die Freigabe von der Wohnraumbewirtschaftung den Gemeinden zu überlassen, da sie hierfür am geeignetsten seien. Diesen Vorschlag halte ich für undurchführbar.
    Im Bundesgebiet gibt es nahezu 25 000 Gemeinden aller Größen. Schon rein verwaltungsmäßig ist es unmöglich, den schrittweisen Abbau der Wohnraumbewirtschaftung bis in die einzelnen Dörfer und kleinen Marktflecken hinunter zu atomisieren.
    Wenn man bei dem Vorschlag vielleicht nur an die größeren Gemeinden gedacht hat, so ist es natürlich denkbar, daß man diese Gemeinden beim Abbau der Wohnraumbewirtschaftung als selbständige Einheiten behandelt, auch wenn sie kreisangehörig sind. Das läßt aber schon der Regierungsentwurf in gewissem Umfange zu. Denn alle Großstädte der Bundesrepublik sind selbständige kreis-
    freie Städte, auch der weitaus überwiegende Teil der größeren Mittelstädte mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern. Auch ein maßgebender Teil der Städte mit weniger als 50 000 Einwohnern sind kreisfreie Städte, so daß hier für ,die Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung nach dem Kreisprinzip die besonderen Verhältnisse der einzelnen Stadt durchaus zum Tragen kommen.

    (Abg. Jacobi: Aber doch nicht bei den kreisangehörigen Städten!)

    Warten wir, Herr Kollege Jacobi!
    Der Ausschuß wird prüfen können, ob man den Kreis dieser Städte vielleicht noch etwas erweitern sollte. Ich weiß, daß es Fälle geben kann, insbesondere bei Großkreisen mit bestimmten städtischen Entwicklungstendenzen, bei denen es sich vielleicht empfiehlt, die eine oder andere kreisangehörige Stadt gesondert zu behandeln und gegebenenfalls, ,getrennt vom übrigen Kreisgebiet, etwas später von der Wohnraumbewirtschaftung freizustellen. Hierbei wäre freilich Voraussetzung, daß das errechnete Defizit für diese kreisangehörige Stadt erheblich von dem Defizit des übrigen Kreisgebietes abweicht. Doch diese Überlegungen werden sicherlich den Ausschuß beschäftigen. Ich kann mich auf den Hinweis beschränken, daß die Regierungsvorlage bereits solche Ansatzpunkte enthält.
    Der Bundesrat hat nun weiter mit Mehrheit vorgeschlagen, die Wohnraumbewirtschaftung nur dort aufzuheben, wo die Unterversorgung 0 % beträgt. Das ist praktisch nicht durchführbar and würde zu einer Verewigung der Wohnraumbewirtschaftung führen. Die Bundesregierung hält daher an ihrer Forderung fest, die Wohnraumbewirtschaftung dort aufzuheben, wo die Unterversorgung 3 % erreicht hat.
    Mit dem Abbau der Wohnraumbewirtschaftung hängt ein anderes, sehr ,ernstes Problem zusammen. Wir müssen im Laufe der nächsten Jahre zu einer Auflockerung der Ballungsräume kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Sog, den die Großstädte und Ballungszentren auf die jüngeren nachwachsenden und einströmenden Arbeitskräfte ausüben, läßt in diesen Gebieten durch Zuwanderung immer wieder neuen zusätzlichen Wohnungsbedarf entstehen. Die Bemühungen, eine ausgeglichene Wohnungsversorgung auch in den Großstädten und Ballungszentren schrittweise zu erreichen, werden dadurch wesentlich erschwert, wenn nicht gar vereitelt. Dieses Problem. kann auf die Dauer nur dadurch gelöst werden, daß der Ballungstendenz entgegengewirkt wird. Hierzu wird es sicher einer wesentlichen Aktivierung der regionalen Wirtschaftspolitik und der Raumordnung bedürfen, um mit marktkonformen Mitteln der gewerblichen Wirtschaft, vor allem in kleineren und mittleren Städten, größere Entwicklungsimpulse zu geben. Auch bei der Verteilung der staatlichen Wohnungsbaumittel wird eine bedeutungsvolle Lenkungsaufgabe zu erfüllen sein. Das Zweite Wohnungsbaugesetz — Familienheimgesetz — gilt auch in den sogenannten weißen Kreisen weiter,



    Bundesminister Lücke
    in denen die Wohnraumbewirtschaftung entfallen ist.
    Es ist möglich und notwendig, der weiteren Konzentration der Bevölkerung in den Großstädten und Ballungszentren auch dadurch entgegenzuwirken, daß der Wohnungsbau mehr und mehr in die Randgebiete und in das Umland gelenkt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Einen gegenüber den übrigen Gebieten anteilig höheren Wohnungsbau in den Großstädten und Ballungszentren würde ich als eine Fehlleitung größten Ausmaßes ansehen. Der Wohnungsbau darf nicht noch dazu dienen, die Landflucht zu fördern, sondern soll ihr möglichst entgegenwirken.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren! Auch nach der Übergangszeit — 1963 — sollen und müssen die nach Kriegsende mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues — in diesen Bereich sind his zur Stunde rund 30 Milliarden DM öffentliche Mittel investiert worden — ihrer Zweckbestimmung erhalten bleiben. Diese Wohnungen müssen auch nach Auflösung der Wohnungsbehörden sozial schutzwürdigen Bevölkerungskreisen, vornehmlich eben den Einkommensschwachen, zu tragbaren Mieten vorbehalten bleiben. Deshalb müssen die früheren Bindungen auf privatrechtlicher Grundlage aufrechterhalten werden. Auch die Belegungsbindungen, vor allem auch die zugunsten der Lastenausgleichsberechtigten und der Neuflüchtlinge, müssen vorerst bestehenbleiben, wenn auch I die Austauschbarkeit unter den verschiedenen begünstigten Personengruppen erleichtert wird. Diese Wohnungen werden zusammen mit dem übrigen Wohnungsbestand der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in der Zeit nach Abbau der Wohnungszwangswirtschaft — dann werden es immerhin etwa 1/3 aller Mietwohnungen sein! — eine wichtige soziale Funktion zu erfüllen haben.
    Ich komme zu dem letzten Zweig der Zwangswirtschaft, zu dem schwierigsten Kapitel: der Mietpreisbindung. Hier muß ich zunächst einige Mißverständnisse richtigstellen. In der Öffentlichkeit ist vielfach die Besorgnis entstanden, daß mit Inkrafttreten des Gesetzes die Mieten in einer unvertretbaren Weise hochgehen würden. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Nach der Regierungsvorlage bleiben die Mieten für die 5 Millionen vermieteten Altbauwohnungen bis zum Jahre 1963 gebunden. Die Freigabe der Mieten ist erst für 1963 vorgesehen, und zwar nur für den Fall, daß die Vollversorgung mit Wohnraum erreicht ist. Bis dahin werden noch mehr als 31/2 Jahre ins Land gehen. Innerhalb dieser Zeit werden etwa 2 Millionen neue Wohnungen gebaut werden. Sicherlich werden sich nach der Freigabe der Mieten manche Änderungen vollziehen. Wohnungen in besonders bevorzugter Lage werden sicher auch in der Zukunft teuer sein. Auf der anderen Seite werden Wohnungen an Verkehrsstraßen, die Tag und Nacht durch den Verkehrslärm gestört sind, bei einer Neuvermietung nicht mehr die bisherige Miete erzielen, möglicherweise für Wohnzwecke überhaupt ungeeignet sein. Für die künftigen Mieten wird im übrigen sehr viel davon abhängen, was die Eigentümer der älteren Wohngebäude in den nächsten Jahren für die Instandsetzung und Modernisierung ihrer Häuser tatsächlich tun. Ich darf das hier mit allem Nachdruck betonen.
    Es kommt eins hinzu. Ein wesentlicher Teil der Wohnungen bleibt auch nach 1963 kostengebunden. Dies gilt vor allem für die schon von mir erwähnten Sozialwohnungen, die unter dem Ersten und Zweiten Wohnungsbaugesetz errichtet worden sind und die in den kommenden Jahren noch gebaut werden. Hierher gehören ferner die zwischen den beiden Kriegen von den gemeinnützigen Unternehmen errichteten Mietwohnungen. Im Jahre 1963, also zu dem Zeitpunkt, für den die Mietfreigabe vorgesehen ist, wird es in der Bundesrepublik über 31/2 Millionen solcher neuer Wohnungen bzw. Sozialwohnungen geben bei einem Gesamtbestand von gut 10 Millionen Mietwohnungen. Im Jahre 1963 wird also jede dritte Mietwohnung eine Sozialwohnung mit reiner Kostenmiete sein. In den Großstädten werden diese kostengebundenen Wohnungen nach dem Ersten und Zweiten Wohnungsbaugesetz vielfach sogar schon die Hälfte des gesamten Mietwohnungsbestandes ausmachen. Meine Damen und Herren, dieser Block gut ausgestatteter Wohnungen wird zweifellos preisregulierend auch auf die übrigen Mietwohnungen wirken. Diese Wohnungen sind besser ausgestattet als die alten Wohnungen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, und der Althausbesitz wird Mühe haben, konkurrenzfähig zu bleiben.
    Allerdings muß bis dahin noch ein Problem gelöst werden. Die preisdämpfende Funktion der Sozialwohnungen kann nur zur Auswirkung kommen, wenn ständig ein Teil dieser kostengebundenen Wohnungen frei wird und an den Markt kommt. Nun wohnen in den im letzten Jahrzehnt errichteten Sozialwohnungen heute zum Teil Mieter, die auf Grund ihres gestiegenen Einkommens nicht mehr in diese Wohnungen gehören.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Es werden geeignete Mittel und Wege gefunden werden müssen, um zu erreichen, daß die Bewohner der öffentlich geförderten Sozialwohnungen, die nach der Höhe ihres Einkommens nicht mehr zu diesem Personenkreis zählen, veranlaßt werden, sich um eine andere Wohnung zu bemühen. Diese Wohnungen sind vorzugsweise für Einkommensschwache gebaut worden; sonst könnte man die Milliardenbeträge nicht rechtfertigen, die vom Bund, von den Ländern und den Gemeinden zinslos zur Verfügung gestellt worden sind.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Während der Übergangszeit sind in gewissem Umfange Mieterhöhungen vorgesehen, vor allem auch unter Berücksichtigung der Wohnwerte der Wohnungen, um den späteren Übergang zu der Marktmiete vorzubereiten. Hier darf kein Sprung ins kalte Wasser erfolgen. Diese Mieterhöhungen halten sich aber in einem engen Rahmen und können überhaupt nicht in Vergleich gesetzt werden zu den zum Teil harten Maßnahmen, die in anderen euro-



    Bundesminister Lücke
    päischen Ländern getroffen worden sind. In England beispielsweise hat man die Mieten teilweise um mehr als 100 °/o angehoben, und die Bevölkerung hat dies als wirtschaftlich richtig und notwendig erkannt und auch bestätigt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Ich werde mir erlauben, Ihnen in Kürze einen Überblick über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in den anderen europäischen Ländern zur Verfügung zu stellen, eine durchaus lesenswerte und interessante Schrift.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Nach der Regierungsvorlage ist eine pauschale Mieterhöhung bis zu 15 % für 5 Millionen Altbauwohnungen möglich, der sich eine weitere Mieterhöhung im Rahmen der freigegebenen Gruppen bis zur Wohnwertmiete anschließen kann. Im Höchstfalle können also bis 1963 beide Mieterhöhungen zusammen, wenn die Wohnung besonders gut ausgestattet ist, auf 38% kommen. Im Durchschnitt werden die Mieterhöhungen für diese Gruppen 25 % nicht übersteigen. Dabei weiß ich noch nicht einmal, ob alle Vermieter diese gesetzlichen Möglichkeiten voll ausschöpfen werden. Das ist bisher beim Bundesmietengesetz auch nicht der Fall gewesen. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß mancher Eigentümer älterer Wohngebäude alles Interesse daran haben wird, gute Mieter zu halten. Er muß mit ihnen sprechen, auch über die Höhe der Mieten.
    Nun noch ein Wort zu dem Stufenplan für die Mieterhöhungen, der etwas anders gestaltet ist als derjenige bei dem Abbau der Wohnraumbewirtschaftung. Sie wissen, daß die zugelassenen Mieterhöhungen, abgesehen von dem generellen 15prozentigen Zuschlag zunächst für die großen und besonders gut ausgestatteten Wohnungen — das sind 25% der vermieteten Altbauwohnungen —, dann für die mittleren Wohnungen — das sind 30 % der vermieteten Altbauwohnungen — und erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, und zwar etwa 21/2 Jahre später, für die kleineren und meist einfacher ausgestatteten Wohnungen vorgesehen sind. Für diese Maßnahmen waren sowohl volkswirtschaftliche als auch soziale Überlegungen maßgebend. An den großen und älteren Wohnungen mit 6, 7 und mehr Räumen besteht heute kaum noch ein Mangel mehr. Bei dem Zug nach „draußen", bei dem vielfachen Wunsch nach moderner Ausstattung und ruhiger Lage sind diese Wohnungen nicht mehr so gefragt, trotz ihrer meist soliden Bauweise und trotz des Umstandes, daß diese Wohnungen weniger hellhörig sind als die neu gebauten Wohnungen. Hier könnten die zwangswirtschaftlichen Bindungen am ehesten entbehrt werden. Daß an diesen größeren alten Wohnungen kein solcher Mangel mehr besteht, kann man auch daran erkennen, daß sich die Wohnungsämter um diese Wohnungen nicht mehr gekümmert haben.
    Neben diesen Überlegungen war bei der Festlegung der Stufen und Schritte auch der soziale Gesichtspunkt maßgebend. Gerade in den kleineren Altwohnungen mit den bescheidenen Mieten und
    entsprechender Ausstattung lebt die Mehrzahl der einkommensschwachen Bevölkerung, soweit sie zur Miete wohnt. Deshalb erschien es nicht vertretbar, für diese Wohnungsinhaber alsbald eine weitere Mieterhöhung schon jetzt zuzulassen, wenn auch bei der Gesetzesvorbereitung wiederholt darauf hingewiesen wurde, daß gerade bei diesen alten Wohngebäuden mit den kleinen und einfachen Wohnungen eine Mieterhöhung besonders notwendig wäre, um die erforderliche Instandsetzung und Modernisierung zu erleichtern.
    Der vorliegende Gesetzentwurf über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft will die Initiative der Hausbesitzer und der Mieter wieder beleben und mit der staatlichen Bevormundung und dem behördlichen Dirigismus endlich Schluß machen. Letzten Endes hat sich immer wieder gezeigt, daß der freie Bürger in seinem Interessen- und Lebensbereich seine Sache am besten bestellt,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    nicht der Bürger, der dem Staat seine Versorgung überläßt.
    Das Gesetz über ein soziales Mietrecht, wie sein zweiter Titel heißt, ist aus der Grundüberlegung der Bundesregierung erwachsen, daß die Wohnung keine Ware ist, sondern ein Gut besonderer Art, weil in ihr Menschen und Familien leben, von deren Wohl und Wehe die Gemeinschaft, der Staat schlechthin, abhängt.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das Gesetz wird nicht nur der Gesundung des Hausbesitzes dienen, sondern ebenso im wohlverstandenen Interesse der Mieter liegen.
    Der Gesetzentwurf stellt deshalb ab auf eine Synthese der verschiedenen wirtschaftlichen Interessen und der sozialen Belange, auf eine sinnvolle und behutsame Einfügung der Wohnungszwangswirtschaft, deren Abbau überfällig ist, in unsere so erfolgreiche Marktwirtschaft und auf eine Fortentwicklung des überalterten Mietrechts in das soziale Miet- und Wohnungsrecht der Zukunft.
    Ich darf an dieser Stelle zugleich an den Bundesrat appellieren, der Vorlage seine Zustimmung nicht zu verweigern. Der Bundesrat hat in 107 Punkten Abänderungsanträge gestellt. Hierüber war vielleicht mancher von Ihnen, meine Damen und Herren, im ersten Augenblick erschrocken. Aber bei Lichte besehen betrifft der allergrößte Teil der Anträge des Bundesrats nur redaktionelle Dinge und kleine sachliche Verbesserungen. Die Bundesregierung hat sie schon beim Rücklauf der Vorlage fast vollständig übernommen. Es bleiben einige wenige Grundsatzfragen offen. Ich bin der festen Überzeugung, daß hier Lösungen zu finden sind, die auch für den Bundesrat annehmbar sind. Mit neuen Vorschlägen über eine Beschleunigung des Abbaues der Wohnraumbewirtschaftung unter stärkerer Abstellung auf die objektive Wohnungsmarktlage habe ich schon eine Möglichkeit aufzuzeigen versucht. Diese Möglichkeit wird dem Bundesrat, soweit ich weiß, entgegenkommen. Ich nehme auch an, daß das vom Bundesrat geforderte nullprozentige Woh-



    Bundesminister Lücke
    nungsdefizit nur eine Maximalforderung war und der Bundesrat sie bei nochmaliger Überprüfung nicht aufrechterhalten wird, weil sie einfach unrealistisch ist. Ich glaube, daß wir auch in den anderen wenigen offenen Fragen mit dem Bundesrat zu einer Verständigung kommen werden. Vielleicht ist es zweckmäßig, daß der Bundestagsausschuß nach dem bewährten Verfahren der Vergangenheit vor der endgültigen Beschlußfassung eine gemeinsame Sitzung mit dem Ausschuß des Bundesrates abhält.
    Ich bitte Sie, mir zu glauben, daß in den jahrelangen Vorbereitungen alle Probleme sorgfältig durchleuchtet worden sind. Unterstützt durch die Bundesregierung, erkläre ich Ihnen: das Gesetz muß kommen, und es muß so bald wie möglich kommen. Beseitigen Sie durch eine baldige Entscheidung die Ungewißheit in der Bevölkerung darüber, was das Hohe Haus auf diesem Gebiet beschließen wird. Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Überleitung der Wohnungswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft vor sich gehen soll. Die Bevölkerung ist in den letzten Monaten zum Teil durch unverantwortliche Falschmeldungen über den Inhalt der Regierungsvorlage geradezu eingenebelt worden.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! — Sehr richtig!)

    Ihre Entscheidung, meine Damen und Herren, wird auch hier die wünschenswerte und notwendige Klarheit schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ihre Entscheidung wird aber auch die letzte Insel der Zwangswirtschaft zum Wohle aller Bürger beseitigen. Eine neue Epoche des deutschen Wohnungswesens kann dann eingeleitet werden.
    Ich erinnere an die so erfolgreiche Wohnungsbaupolitik der letzten zehn Jahre — es ist ein Erfolg, 5 Millionen Wohnungen gebaut zu haben —

    (Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der FDP)

    und an die wichtigen, durch dieses Hohe Haus zum Teil einstimmig verabschiedeten Gesetze, die die Grundlage für diese Politik bildeten. Ich möchte den Wunsch aussprechen, daß Sie auch diesem Gesetz im Hinblick auf seine Bedeutung Ihre gemeinsame Zustimmung geben.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien. — Beifall bei Abgeordneten der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sie haben die Einbringung des Gesetzentwurfs gehört. Ich eröffne die allgemeine Aussprache.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hesberg.

(Bundeskanzler Dr. Adenauer verläßt durch den Mittelgang den Saal. — Einige Tribünenbesucher klatschen Beifall.)

— Ich höre Beifall von den Tribünen. Das ist in diesem Hause nicht gestattet.
Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carl Hesberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Vorlage, die der Herr Bundeswohnungsbauminister soeben begründet hat, macht die Bundesregierung nach Auffassung der CDU/CSU, für die zu sprechen ich die Ehre habe, einen entscheidenden Schritt zum Abbau des Staatseinflusses in der Wohnungswirtschaft. Nachdem wir in der zweiten Legislaturperiode das Familienheimgesetz geschaffen haben, das eine auf die Marktwirtschaft überleitende Methode für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus und gleichzeitig auch kostendeckende Mieten gewährleistet hat, soll nunmehr etappenweise der pseudosoziale Dirigismus im Altwohnungsbestand abgebaut und eine den Gegebenheiten der Wohnungswirtschaft gemäße soziale Marktwirtschaft verwirklicht werden.
    Aber nicht allein deswegen, weil der Entwurf der grundsätzlichen Einstellung der CDU entspricht, begrüßen wir die Initiative des Herrn Wohnungsbauministers Lücke. Wir sind auch der Meinung, daß die Gesamtkonzeption der von ihm und den anderen beteiligten Ministerien erarbeiteten Vorlage geeignet ist, eine möglichst reibungslose Überleitung in die Marktwirtschaft zu gewährleisten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    In dieser Auffassung werden wir namentlich durch die eingehende Prüfung der teilweise überlaut vorgebrachten kritischen Einwendungen bezüglich der wohnungswirtschaftlichen, der volkswirtschaftlichen und auch der sozialen Gegebenheiten bestärkt.
    Zur positiven Beurteilung gaben besonders die günstigen Erfahrungen Anlaß, die beim Abbau der' Wohnungszwangswirtschaft zwischen den beiden Weltkriegen gemacht worden sind, ferner auch die Erfahrungen, die in den europäischen Ländern in den letzten Jahren gesammelt werden konnten.
    Es ist nicht uninteressant, daß auch in den anderen Ländern bei den Regierungen und von den Verbrauchern das Verlangen nach freiheitlicher Ordnung in der Wohnungswirtschaft laut wurde, und es ist weiterhin interessant, daß dort weitaus drastischere Korrekturen des erstarrten Mietgefüges durchgeführt worden sind, als sie für Deutschland jetzt vorgesehen sind. Schließlich ist bemerkenswert, daß diese Maßnahmen nach anfänglicher Kritik der Verbraucher akzeptiert worden sind. Den schlagendsten Beweis dafür haben die Wahlen in England erbracht, wo bekanntlich die Mieterhöhungen der Regierung Macmillan arg kritisiert und teils als Wahlschlager herausgestellt worden sind. Aber diese Kritik ist nicht honoriert worden.
    Meine Damen und Herren, in diesen Ländern wird es ebenso sein wie bei uns. In der Öffentlichkeit kommt doch meist nur die Kritik der am Preisstopp und an den Bindungen Interessierten zum Ausdruck. Die Stimmen der zur Marktwirtschaft neigenden Verbraucher kommen weniger zur Geltung. Es verdienen daher Meinungsumfragen vermerkt zu werden, bei denen fast die Hälfte der Befragten gegen die Bevormundung durch die Wohnungsämter votiert hat. Sie hat sich für die Selbstverantwortung in der Wohnungsversorgung ausgesprochen. Man erblickt in der Wohnungsbewirtschaftung eine Be-



    Dr. Hesberg
    schränkung der Freizügigkeit, und nicht selten ist auf die im Grundgesetz garantierte Freizügigkeit hingewiesen worden.
    Die nach dem Wohnraumbewirtschaftungsgesetz möglichen Zwangseinweisungen schaffen in der Regel von vornherein Spannungen, die für den Mieter das Wohnen nicht angenehm machen. Bei kleinsten Differenzen, die nach solchen Reibungen aus Anlaß des Bezugs der Wohnung auftreten, finden dann Explosionen statt. Die Zahl der Räumungsklagen wäre geringer, wenn das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter nicht so oft von Anfang an durch den Eingriff des Wohnungsamtes belastet wäre.

    (Beifall hei der CDU/CSU.)

    Meine Freunde und ich bekennen sich daher zur möglichst beschleunigten Überleitung zu einer freiheitlichen Ordnung,

    (Beifall bei den Regierungsparteien und der FDP)

    zur Selbstverantwortung des Bürgers auf dem Gebiet der Wohnungsversorgung. Wir erblicken in der Vorlage die Voraussetzung für eine schrittweise Verwirklichung unserer Grundsätze und glauben, daß das Verhältnis zwischen Eigenverantwortung und Hilfe der Gemeinschaft, wie sie in den Miet-und Lastenbeihilfen zum Ausdruck kommt, wohlabgewogen ist.
    Kritiker, meine sehr verehrten Damen und Herren, fragen: Kann die freie Konsumwahl denn jetzt schon angebahnt werden, oder liegt sie überhaupt im Bereich des Möglichen? Bei dieser Frage wird dann auf den ungedeckten Bedarf an Wohnungen hingewiesen, der vom Herrn Wohnungsbauminister eingehend dargelegt worden ist. Demgegenüber kann nur hervorgehoben werden, Grundsatz der Vorlage ist, daß der Abbau nach Maßgabe der Beseitigung des Wohnungsdefizits erfolgt. Der Minister hat dargelegt, daß dies in den Übergangsiahren fortschreitend erreicht wird, daß sich hier sehr bald Teilmärkte bilden werden und die Auslösung des Marktmechanismus eine bessere Verteilung gewährleisten wird. Wir teilen diese Auffassung ides Herrn Wohnungsbauministers. Auch wir halten nichts von den Übertreibungen der Statistiken über den ungedeckten Bedarf an Wohnungen.
    Heute ist es wie 1927 nach der damaligen Wohnungszählung. Seinerzeit legten die einen die Statistik so aus, daß eine Überversorgung von über 100 000 Wohnungen vorhanden sei, andere rechneten mit einer Unterversorgung von 1 Million. Genauso wird heute mit den Millionen jongliert.
    Interview-Erhebungen haben aber ergeben, wie der ungedeckte Bedarf, namentlich der Wohnungsbedarf derjenigen zu werten ist, die als Einzelpersonen oder Familien zur Untermiete wohnen. Sie haben ergeben, daß die Zahlungsbereitschaft nicht immer so groß ist, daß die Wünsche der Untermieter in vollem Umfang als Wohnungsnachfrage angesetzt werden könnten. Der ermittelte ungedeckte Bedarf ist eher geringer, als er sich aus den Berechnungen des Wohnungsbauministeriums ergibt und als in der Vorlage unterstellt worden ist.
    Denken Sie, meine Damen und Herren, etwa an die Wohnhäuser in landwirtschaftlichen Gebieten. Darin wohnen häufig Altenteiler, und zwar mit der Hauptfamilie in einem Wohnhause, mit der sie praktisch einen Haushalt bilden. Aber in diesem Falle sind in der Statistik zwei Familien in einer Wohnung gezählt worden, so daß eine Wohnung als ungedeckter Bedarf in der Statistik erscheint. Das ist ein sehr erheblicher Prozentsatz von Wohnungen gerade in den Gebieten mit landwirtschaftlicher Struktur. Wir können andere Beispiele anführen, die die Annahme, die ich soeben vorgetragen habe, belegen.
    Für die Beurteilung des ungedeckten Bedarfs an Wohnungen ist sehr beachtlich, daß die Belegungsdichte, die bei der Wohnungszählung ermittelt worden ist, annähernd die gleiche wie in der Vorkriegszeit, also vor dem zweiten Weltkrieg, ist. Natürlich ergibt die Änderung der Bevölkerungsstruktur heute einen höheren Bedarf pro Familie, einen höheren Bedarf für die Einpersonenhaushaltungen als in der Vorkriegszeit. Dieses Mehr an Wohnungen werden wir mit berücksichtigen müssen, und die Vorlage hat dieses Mehr anscheinend richtig getroffen.
    Somit kann wohl gesagt werden, daß der vorhandene Bedarf durch die erwarteten Umbauten und teilweise durch den Bestand gedeckt werden kann, es kann wohl erwartet werden, daß die erhöhten Mieten und die Wiedereinsetzung des Eigentümers in sein Verfügungsrecht mit dazu beitragen werden, daß die Vermieter ihre Wohnungen daraufhin überprüfen, inwieweit sie heute noch unterbelegte Wohnungen der Nutzung zuführen können. Es ist hier auch die Frage aufzuwerfen, ob man nicht etwa gerade bei den großen Wohnungen, von denen der Herr Minister gesprochen hat, die so unterbelegt im Sinne des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes sind, durch Wohnungsteilung ähnlich wie zwischen den beiden Weltkriegen neue selbständige Einheiten schaffen und damit zu einer besseren Versorgung in der Wohnungswirtschaft kommen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Alles in allem sind die Vorschläge zum Abbau der Wohnraumbewirtschaftung zu billigen. Auch in der Weimarer Republik erfolgte zunächst der Abbau der Wohnraumbewirtschaftung. Damit wurde frühzeitig in den Gemeinden ohne Wohnungsmangel begonnen, dann bezog man die großen und mittleren Wohnungen in diesen Abbau ein, und schließlich bezog man auch die Mietpreise und den Mieterschutz mit in diese Abbaumaßnahmen ein. Man hat damals günstige Erfahrungen mit einer Methodik gemacht, wie sie heute in ähnlicher Weise zur Anwendung kommen soll. Ich empfehle allen denjenigen, die mit diesen Dingen nicht so vertraut sind, einmal die Berichte nachzulesen, die zu den einzelnen Abbauverordnungen beispielsweise vom damaligen preußischen Volkswohlfahrtsminister Hirtsiefer herausgegeben worden sind.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Schmid.)

    Nun ist die Empfehlung ausgesprochen worden, wegen der Diskonterhöhung den Beginn des Ab-



    Dr. Hesberg
    baus der Wohnungszwangswirtschaft hinauszuschieben. Meines Erachtens ist eigentlich kein Grund ersichtlich, warum die Zahlen im Wohnungsbau, deren Erreichung sich die Bundesregierung I zum Ziel gesetzt hat, nicht erreicht werden sollten. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß diese Zahl neuer Wohnungen — sie ist im Gesetz vorgeschrieben und entspricht im übrigen auch dem, was im Schnitt der vergangenen Jahre erzielt worden ist — erreicht wird, daß also die zur Abdekkung des Fehlbedarfs erforderlichen Neubauwohnungen erstellt werden.
    Ich erinnere an die Besorgnisse, die 1955, 1956 bei den Beratungen des Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes wegen der Entwicklung des Wohnungsbaus und wegen mangelnder Finanzierung geäußert worden sind; sie haben sich alle als gegenstandslos erwiesen. Wir haben höhere Zahlen erreicht, als wir bei den Beratungen zugrunde gelegt haben. Die Totenglocken des sozialen Wohnungsbaus, von denen so viel geredet worden ist, haben nicht geläutet. Die Bundesregierung ist, unterstützt von den Ländern, noch immer mit den Problemen, mit den vorübergehenden Engpässen fertig geworden.
    Erinnern wir uns an die Verknappungen auf dem Kapitalmarkt und die Besorgnisse, die uns alle, die wir auf diesem Gebiete zu arbeiten pflegten, erfüllten, als sich vor zwei Jahren plötzlich eine Verknappung der Wohnungsbaumittel auf dem Realkreditmarkt bemerkbar machte. Auch damals setzte sofort eine unmittelbare Initiative ein; sie ist erfolgreich gewesen, so daß wir den damaligen Engpaß überwinden konnten. Das wird Ihnen allen noch in Erinnerung sein.
    Die Situation auf dem Kapitalmarkt ermöglicht es unseres Erachtens sogar, die Finanzierung durch die Mittel des Kapitalmarktes noch auszuweiten. Wir begrüßen, daß entsprechende Bürgschaftsrichtlinien des Bundes herauskommen sollen. Wir kommen dadurch zu einer marktwirtschaftlichen Orientierung der Wohnungsbaufinanzierung und durch marktkonforme Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Wohnungsbaugesetz zu weiteren Fortschritten. Wir begrüßen dies um so mehr, meine Damen und Herren, weil wir der Überzeugung sind, daß die Maßnahmen auf dem Gebiete der Wohnungsbewirtschaftung und des Mietpreisrechtes, die wir heute besprechen, geeignet sind, neue Initiative zum Bau von Familienheimen und eventuell auch von Mietwohnungen auszulösen.

    (Zuruf des Abg. Jacobi.)

    —Ja, ich glaube daran, Herr Jacobi. Nach zwei Jahren werden wir uns wieder sprechen; Ihr Pessimismus hat sich noch immer als unbegründet herausgestellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man wird mir vielleicht entgegenhalten, daß wir es beim Bauland mit einem Engpaß zu tun haben und daß vielleicht dadurch die Wohnungsbauzahlen nicht erreicht werden können. Ich kann daher nur einen Appell aussprechen, die Verabschiedung des Bundesbaugesetzes zu beschleunigen, damit all die
    Maßnahmen wirksam werden, mit deren Hilfe wir uns eine Auflockerung des Baulandmarktes versprechen.
    Abschließend darf ich erklären: wir halten den Abbaurhythmus und die Endtermine der Wohnraumbewirtschaftung für realistisch, vielleicht sogar für zu vorsichtig angesetzt. Wir billigen die vorgeschlagenen Methoden. Ich darf noch hinzufügen, daß der Abbauplan der Bundesregierung eine bemerkenswerte Bestätigung durch wissenschaftliche Untersuchungen erfährt, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung veranlaßt hat und deren Ergebnis es 1955 herausgegeben hat. Es ist eine Arbeit von Arndt, die zu dem Ergebnis kommt, daß sämtliche Normen der Zwangswirtschaft 1962 entbehrlich sein dürften. Diese Zeitangabe kommt dem Termin des Planes der Bundesregierung also sehr nahe.
    Zu den Mietpreisbestimmungen des Entwurfs, meine Damen und Herren, sei zunächst folgendes bemerkt. Von einer Mietpreisfreigabe in den Übergangsjahren, von der in der Öffentlichkeit so oft gesprochen und in großer Aufmachung in manchen Zeitungen auch geschrieben worden ist, kann nicht die Rede sein. Das hat auch der Herr Bundeswohnungsbauminister soeben herausgestellt. Die Aufhebung der Mietpreisbindungen steht vielmehr erst am Ende der Überleitungsjahre.
    Irrtümlich wird auch immer berichtet, die Mieten für Wohnungen des Vorkriegsbestandes würden um 15 bzw. 38 v. H. der derzeitigen Mieten steigen. Diese Sätze beziehen sich aber wohlgemerkt auf die Grundmiete im Sinne der Altbaumietenverordnung. Danach besteht nämlich die preisgebundene Miete aus einer unveränderlichen Grundmiete und aus den Umlagen für Wassergeld, Mehrbelastung aus Steuern, Gebühren usw., aus Untermietzuschlägen und aus Zuschlägen für gewerbliche Nutzung. Die Umlagen sind aber unterschiedlich hoch; sie betragen in der Bundesrepublik mindestens 5% und erreichen im Schnitt 8 bis 10%. Wenn jedoch beispielsweise Umlagen für Heizung und Warmwasserversorgung in der Miete enthalten sind, ist der Anteil der Umlagen an der Gesamtmiete wesentlich höher. Berücksichtigt man diese Umlagen bei der Berechnung, dann kommt man bei 5% Umlagen, die in der Gesamtmiete enthalten sind, zu einem Höchstsatz von 36% und bei einer 10%igen Umlage zu einer Mehrbelastung von 35 % der Gesamtmiete.
    Die Höchstsätze — und das ist das Wichtige, was immer herausgehoben werden muß — werden aber nur erreicht, wenn ein erheblicher Abstand der derzeit geltenden Miete oder der in der ersten Stufe um 15% erhöhten Miete vom Mietenplafond besteht. Nach der allgemeinen Mieterhöhung von 15 % der Grundmiete erfolgen nämlich keine schematischen Mieterhöhungen. Die Heranführung an das Mietgefüge des sozialen Wohnungsbaues hat bekanntlich zum Inhalt, daß die Mieten nach den Wohnwerten, nach der Ausstattung der Wohnungen, abgestuft sind. Über den Mietsatz, der sich aus der Tabelle ergibt, hinaus kann der Vermieter Vereinbarungen mit dem Mieter treffen. Aber die



    Dr. Hesberg
    höchstmögliche Mieterhöhung ist nur 20 °/e, wenn die 15%ige Mieterhöhung erfolgt ist.
    Im Gegensatz zum Bundesrat halten meine Freunde und ich die Absicht der Bundesregierung, in den weiteren Stufen individuell zu verfahren, für richtig, weil dadurch das Mietgefüge entzerrt wird und eine Anpassung der Mieten an den Wohnwert erfolgt. Damit kommt man auch der in etwa zu erwartenden marktwirtschaftlichen Preisbildung entgegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Durch diese Regelung werden die ungewöhnlichen Spannen gemildert. Wir schließen uns der Argumentation in der Stellungnahme des Deutschen Volksheimstättenwerks an, die Ihnen allen zugegangen ist und in der ausgeführt wird, daß schematische Mieterhöhungen die bestehende Verzerrung des Mietengefüges nur vergrößern würden und die daraus resultierenden sozialen Ungerechtigkeiten nur erhöhen dürften. In etwa, wenn auch vergröbert, ist das Prinzip, das dieser individuellen Mietenerhöhung zugrunde liegt, bereits im Ersten Bundesmietengesetz zu erkennen, nach dem die Zuschläge, die damals auf die Grundmiete gewährt wurden, mit 10, 15 und 20 vom Hundert bemessen waren.
    Überwiegend wird der Höchstsatz der Mieterhöhung von 38 % der Grundmiete nicht erreicht. Durchschnittlich kommt die Heranführung der Mieten an die Plafondmiete zu einer Mieterhöhung von etwa 23 % bei den Komfort- und Großwohnungen, von 25% bei der zweiten Gruppe der mittelgroßen
    Wohnungen und von 30 % bei der dritten Gruppe der Kleinwohnungen. Diese Unterschiede sind darauf zurückzuführen, daß in den beiden ersten Gruppen, den Groß- und Komfortwohnungen, die höheren Mietzuschläge von 15 und 20% im Jahre 1955 gewährt sind und damit schon seinerzeit die Rentabilität stärker verbessert worden ist.
    In der Diskussion wird immer wieder gesagt, es bleibe nicht allein bei diesen allgemeinen und den individuellen Mieterhöhungen, sondern durch höhere Grundsteuern kämen noch sehr beträchtliche Mehrbelastungen für die Mieter, sei es als Folge einer neuen Einheitsbewertung, sei es als Folge einer Erhöhung der Grundsteuer-Meßzahlen, wie sie die Gemeinden fordern und wie sie auch kürzlich in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium empfohlen worden sind. Im Verlauf der Übergangsjahre werden wir aber nicht mit einer neuen Einheitsbewertung zu rechnen haben. Daher werden auch keine steuerlichen Auswirkungen von der Einheitsbewertung zu erwarten sein. Meine Freunde und ich stehen im übrigen aber einer Gemeindepersonensteuer, die die Grundsteuer als Verteilungsmaßstab, zugrunde legt, ablehnend gegenüber.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist bekanntlich der Inhalt des Vorschlags des Wissenschaftlichen Beirats und der Gemeindeverbände.
    Wenn man die breiten Kreise der Bevölkerung zur Finanzierung der Gemeindeaufgaben heranziehen will, indem man die Grundsteuer erhöht und diese Grundsteuer auf die Mieter umlegt, dann schafft man damit praktisch eine Mieten- oder Wohnraumsteuer. Diese ist auf jeden Fall als unsozial abzulehnen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    weil sie denjenigen stärker trifft, der mit großer Familie und geringem Einkommen eine größere Wohnung nötig hat, und denjenigen begünstigt, der mit kleiner Familie unter Umständen auch nur eine kleine Wohnung bewohnt. Eine solche Maßnahme müssen wir unter allen Umständen als der Wohnungswirtschaft nicht gemäß ablehnen. Wir können daher die genannten Ziffern, die ich als Durchschnittswerte für die Gesamtmehrbelastung der Mieter angegeben habe, als Obergrenze ansehen.
    Im übrigen sind wir in Übereinstimmung mit Herrn Wohnungsbauminister Lücke nach den Erfahrungen mit dem Ersten Bundesmietengesetz der Auffassung, daß zahlreiche Vermieter die Höchstgrenzen nicht ausschöpfen werden, und zwar aus den verschiedensten Gründen, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat.
    Wir sind also der Meinung, daß das Ausmaß der Mieterhöhung im Vergleich zu England und Dänemark maßvoll ist. Übersehen wir nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir gerade beim Altwohnraumbestand eine Angleichung an das Mietniveau der Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus vollziehen und daß es sich bei diesen Mieten des sozialen Wohnungsbaus um ein Mietenniveau handelt, das durch den Einsatz öffentlicher Mittel gedrückt ist, daß also hier mit Hilfe der Steuergelder eine Mietverbilligung eingetreten ist.
    Die Rendite, die aus den Altbauten erzielt wird, ist deswegen auch nach Durchführung des Zweiten Bundesmietengesetzes bescheiden. In Anlehnung an Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung auf der Basis des Zeitwertes von 1949 kommt man zu einer Rendite von 4 bis 5 °/o, wobei zu bemerken ist, daß hierin die Bodenwerte nicht einbezogen sind und daß es sich um Werte des Jahres 1949 handelt. Man kann rechnen, daß die Rendite, auf diese Zeitwerte von 1949 bezogen, sich unter Berücksichtigung des Bodenwerts daher bestenfalls auf 31/2 bis 41/2% stellt.
    Wenn wir uns der Ausführungen des Herrn Bundeswohnungsbauministers zur sozialen Lage der Vermieter erinnern und davon ausgehen, daß Aufgabe der Mieterhöhung nicht nur die Wiederherstellung der Rentabilität ist, sondern auch die Deckung des aufgestauten Instandsetzungsbedarfs, und daß diese zusätzlichen Gelder mit zur erforderlichen Modernisierung dienen sollen, dann wird einem klar, daß von großen Geschenken an die Vermieter, die der Regierungsvorlage unterstellt werden, nicht die Rede sein kann.
    Die Mietenkonzeption kann im übrigen um so mehr gutgeheißen werden, weil die Miet- und Lastenbeihilfen nicht tragbare Mehrbelastungen auffangen. In Fortführung des Ersten Bundesmietengesetzes und des Familienheimgesetzes wird durch diese Konzeption der Vorlage jeder Familie eine



    Dr. Hesberg
    angemessene Wohnung gewährleistet. Das charakterisiert in der Tat diese Vorlage als Maßnahme in der sozialen Marktwirtschaft, als sozialen Fortschritt von größter Bedeutung und als einen wichtigen Beitrag zur Familienpolitik unserer Bundesregierung und unserer Partei.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Miet- und Lastenbeihilfen verhindern, daß Familien, die unverschuldet in wirtschaftliche Notlage geraten, unter einen bestimmten Wohnungsstandard heruntersinken. Sie bewirken, daß sie nicht ihr Heim — sei es nun Mietwohnung oder Einfamilienhaus verlassen und in Bunker und Nissenhütten ausweichen müssen.
    Bedauerlich ist es, wenn angesichts solch wohlabgewogener Gesamtkonzeption von „sozialer Demontage" geredet und geschrieben worden ist. Die Entschließung des Deutschen Volksheimstättenwerkes, die ich schon erwähnte, trifft das Richtige, wenn darin ausgeführt wird:
    Indem versucht wird, durch Mietbeihilfen und folgerichtig auch durch ihnen entsprechende ebenso notwendige Lastenbeihilfen jeder Familie eine angemessene Wohnung zu gewährleisten, dient der Gesetzentwurf dem Gedanken des sozialen Rechtsstaates, dessen Schaffung dem Gesetzgeber durch Art. 20 unseres Grundgesetzes aufgegeben ist.
    In der Entschließung, die auch die Vorschläge zur Mietanhebung billigt, werden im übrigen folgende bemerkenswerten Feststellungen getroffen:
    Die Verwirklichung beider Ziele setzt die Einsicht voraus, daß für das lebensnotwendige Gut Wohnung auch ein angemessener Preis gezahlt werden muß. Millionen Familienheim- und Bausparer, deren Interessen das Deutsche Volksheimstättenwerk vertritt, haben eindeutig bewiesen, daß breite Schichten unseres Volkes hierzu bereit und in der Lage sind. Die finanzielle Belastung, die diese Familien für das Eigenheim auf sich genommen haben, steht vielfach in krassem Mißverhältnis zu den Mieten, die selbst wohlhabende Bevölkerungsschichten für gleichgroße und gleich ausgestattete Altbau- und öffentliche geförderte Sozialwohnungen zu zahlen haben. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen erscheinen geeignet, diese Diskrepanz zu mindern und damit den Willen zum Eigenheim in zusätzlichen Bevölkerungsschichten zu wecken.
    Nun wende ich mich dem Mieterschutz zu. Zunächst möchte ich feststellen, daß der wirksamste Bestandsschutz in den Miet- und Lastenbeihilfen liegt. Sie machen zahllose Wohnungswechsel entbehrlich, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen und vor dem ersten Weltkrieg üblich waren, und ersparen einen großen Teil der Mietaufhebungsklagen wegen Mietrückstandes.
    Daß der Mieterschutz für die Dauer der Übergangsjahre aufrechterhalten bleibt, wenn auch mit gewissen Modifikationen, wird in den Berichten über diese Vorlage vielfach unterschlagen. Vielleicht, meine Damen und Herren, trägt dazu das Kündigungsrecht der neuen Prägung bei. Oberflächliche Berichterstatter und demagogische Kommentatoren verschweigen, daß dem Mieter ein Widerspruchsrecht gegeben ist und daß damit dann im Gefolge der Fortbestand der bisherigen Normen gewährleistet ist.

    (Abg. Jacobi: Aber mit einer Beweislastverschiebung!)

    Vor allen Dingen wird viel zuwenig beachtet, daß nach der Aufhebung des Mieterschutzes, nach den Übergangsjahren das soziale Mietrecht an die Stelle des Mieterschutzes tritt. Wer das Mieterschutzgesetz und seine Methoden als Dauerrecht will, verkennt, daß es in der bisher gültigen Form nur in ,außergewöhnlichen Zeiten vertretbar ist, daß es die normalen Beziehungen zwischen Vermieter und Mieter vielfach wesentlich beeinträchtigt hat und daß es sich nicht zuletzt auch zuungunsten der Mieter auswirken kann. Es verengt den Wohnungsmarkt.
    Immer lauter werden die Klagen, von denen eben schon Herr Minister Lücke gesprochen hat, daß Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues für die Schichten blockiert sind, die da hineingehören, weil man wegen dies Mieterschutzes jene nicht herausbekommen kann, die nach der Entwicklung ihrer Einkommensverhältnisse nicht mehr in diese Wohnungen gehören. Es wird daher gefordert, diesen Zustand abzustellen. Es wird zu prüfen sein, wie man garantieren kann, daß der Block der Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues den Kreisen vorbehalten bleibt, denen sie seinerzeit zugedacht gewesen sind und denen sie nach dem Gesetz ausschließlich dienen sollen.
    Mit der Beseitigung der Notstände wird im Interesse der Normalisierung der Verhältnisse von Vermieter und Mieter ein an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientiertes und von sozialer Verantwortung getragenes Recht an die Stelle des Mieterschutzes treten müssen. Es ist uns daher beim sozialen Mietrecht die Aufgabe gestellt, eine Regelung für einen auch in normalen Zeiten anzuerkennenden Schutz des Mieters zu finden. Dieser ist eine Konsequenz der sozialen Bindung des Eigentums. Es muß aber andererseits mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 des Grundgesetzes im Einklang stehen.
    Abschließend darf ich namens meiner Freunde
    feststellen, daß wir in dem Entwurf der Bundesre
    ein geschlossenes System zur Überleitung
    der Wohnungswirtschaft in eine freiheitliche Ordnung erblicken. Es ist eine Regelung, die den wohnungswirtschaftlichen und sozialen Belangen weitestgehend gerecht zu werden versucht, eine Grundlage, die gleichermaßen den volkswirtschaftlichen
    Belangen und unserem wohnungspolitischen Wollen gerecht wird, nämlich der Erhaltung bedeutender volkswirtschaftlicher Werte sowie der Hebung
    des Wohnungsstandards. Mit der Verwirklichung
    der Zielsetzungen dieses Entwurfs sollte unverzüglich begonnen werden. Mit Herrn Minister Lücke
    und mit der erwähnten Entschließung des Volksheimstättenwerkes stimmen wir überein, daß eine



    Dr. Hesberg
    Verzögerung die uns gestellte Aufgabe nur erschweren und die Gefahr von Fehlinvestitionen im Wohnungsbau erhöhen würde. Ich darf daher an das Hohe Haus appellieren, die sorgfältige, aber auch beschleunigte Beratung des Entwurfs tatkräftig zu fördern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)