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ID0308800000

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    Deutscher Bundestag 88. Sitzung Bonn, den 6. November 1959 Inhalt: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die Finanzlage der Rentenversicherungen (Sozialbericht 1959) (Drucksache 1255) ; in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1959 (Zweites Rentenanpassungsgesetz —2. RAG) (Drucksache 1325) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (FDP) (Drucksache 1276) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung und des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (FDP) (Drucksache 1277) Antrag betr. finanzielle Verpflichtungen des Bundes gegenüber den Trägern der Rentenversicherung (SPD) (Drucksache 1333) Blank, Bundesminister 4771 C, 4777 D Frau Friese-Korn (FDP) . . . . . 4774 B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . 4777 A Dr. Schellenberg (SPD) 4777 B, 4778 A Arndgen (CDU/CSU) . . . . . . 4777 B Horn (CDU/CSU) . . . . . . . . 4781 C Mischnick (FDP) . . . . . . . . 4784 C Frau Kalinke (DP) . . . 4777 C, 4786 D Frau Korspeter (SPD) . . . . . . 4793 A Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) . . 4794 B Killat (Unterbach) (SPD) 4796 C Stingl (CDU/CSU) . . . . . . 4798 A Dr. Starke (FDP) 4802 A Erklärung gemäß § 36 GO Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 4803 C Nächste Sitzung 4803 D Anlage 4805 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode 88. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. November 1959 4771 88. Sitzung Bonn, den 6. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 25. 11. Dr. Atzenroth 7. 11. Berberich 6. 11. Dr. Besold 6. 11. Birkelbach 6. 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Börner 7. 11. Dr. Brecht 6. 11. Dr. Bucerius 6. 11. Dr. Burgbacher 25. 11. Dr. Deist 6. 11. Dr. Dittrich 6. 11. Dr. Dollinger 6. 11. Drachsler 6. 11. Eilers (Oldenburg) 6. 11. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 6. 11. Geiger (Aalen) 6. 11. Dr. Gleissner 6. 11. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 15. 12. Haage 6. 11. Hahn 28. 11. Dr. Dr. Heinemann 6. 11. Dr. Hellwig 6. 11. Dr. Graf Henckel 6. 11. Heye 25. 11. Hilbert 1. 12. Frau Dr. Hubert 6. 11. Illerhaus 6. 11. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Junghans 7. 11. Kisters 28. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. 11. Dr. Kohut 28. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kreitmeyer 25. 11. Leber 6. 11. Dr. Leiske 6. 11. Lenz (Trossingen) 6. 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Muckermann 6. 11. Müller-Hermann 6. 11. Müser 7. 11. Pietscher 6. 11. Prennel 6. 11. Dr. Preusker 6. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Dr. Ratzel 7. 11. Richarts 6. 11. Dr. Rutschke 6. 11. Scharnowski 6. 11. Dr. Schild 6. 11. Dr. Schmidt (Wuppertal) 6. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Schneider (Hamburg) 6. 11. Schüttler 6. 11. Dr. Seffrin 7. 11. Seuffert 6. 11. Stahl 6. 11. Stierle 7. 11. Dr. Vogel 25. 1.1. Wacher 6. 11. Wagner 6. 11. Walpert 12. 11. Wehking 6. 11. Weinkamm 7. 11. Dr. Willeke 6. 11. Wittrock 6. 11. b) Urlaubsanträge Blachstein 12. 11. Finckh 1. 12. Storch 14. 11.
Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Sitzung isst eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 3. November 1959 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Betreuung der in den Sammellagern Nürnberg und Zirndorf untergebrachten Ausländer (Drucksache 1289) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1358 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat unter dem 6. November die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Friese-Korn, Mischnick und Genossen betr. Wanderversicherungsausgleich zwischen den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung (Drucksache 1315) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1359 verteilt.
Meine Damen und Herren! Ich schlage vor, daß wir zunächst Punkt 5a und b der Tagesordnung durch die Regierung begründen lassen, dann Punkt 5c, d und e durch die Fraktionen, die die Anträge gestellt haben, begründen lassen und, nachdem wir alle Begründungen gehört haben, in die allgemeine Aussprache eintreten. Ist das Haus damit einverstanden? — Dann rufe ich auf Punkt 5 der Tagesordnung:
a) Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die Finanzlage der Rentenversicherungen (Sozialbericht 1959) (Drucksache 1255),
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen aus Anlaß der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1959 (Zweites Rentenanpassungsgesetz — 2. RAG) (Drucksache 1325),
c) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs-
d) Neuregelungsgesetzes (Drucksache 1276),
e) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung der Reichsversicherungsordnung und des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (Drucksache 1277),
f) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. finanzielle Verpflichtungen des Bundes gegenüber den Trägern der Rentenversicherung (Drucksache 1333).
Zunächst hat zur Begründung der Vorlagen unter 5a und b der Herr Arbeitsminister das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat den gesetzgebenden Körperschaften alljährlich bis zum 30. September über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen, über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie über die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen im voraufgegangenen Kalenderjahr zu berichten. Sie hat das Gutachten des Sozialbeirates vorzulegen und Vorschläge für eine etwaige Anpassung der laufenden Renten zu machen. Diese Verpflichtung hat die Bundesregierung mit der Vorlage des Sozialberichts 1959, dem das Gutachten des Sozialbeirates beigefügt ist, und dem vorgelegten Entwurf eines Zweiten Rentenanpassungsgesetzes erfüllt.
    Die Bundesregierung schlägt vor, die Renten, die auf einem Versicherungsfall im Jahre 1958 oder früher beruhen, um 5,94 v. H. zu erhöhen, also um den Prozentsatz, um den sich die allgemeine Bemessungsgrundlage von 1958 auf 1959 erhöht hat. Hierzu möchte ich ausdrücklich feststellen, daß dieser Vorschlag keine schematische Fortsetzung der Regelung des Vorjahres bedeutet, durch die die Renten ebenfalls in Höhe der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlagen angepaßt wurden. Der Vorschlag beruht vielmehr auf einer erneuten eingehenden Prüfung sämtlicher Tatsachen, die bei der Entscheidung über die Rentenanpassung zu berücksichtigen sind. Das Gesetz verlangt, daß in jedem Jahr erneut die wirtschaftliche und finanzielle Vertretbarkeit der Anpassung geprüft wird. Das Ergebnis der diesjährigen Prüfung ist im Sozialbericht 1959 niedergelegt.
    In Teil A des Berichts wird über die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik im Jahre 1958 mit einem Ausblick auf die Jahre 1959 und 1960 berichtet. Teil B enthält die Darstellung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen; mit der Beurteilung der Gesamtlage im Hinblick auf die



    Bundesarbeitsminister Blank
    Frage der Rentenanpassung, wie sie sich aus Teil A und B ergibt, schließt der Bericht in seinem Teil C. Ich darf auf folgende Einzelheiten eingehen:
    I. Im ersten Teil des Sozialberichtes ist die wirtschaftliche Entwicklung im Jahre 1958 dargestellt.
    Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Produktivität und das Volkseinkommen je Erwerbstätigen nahmen auch im Jahre 1958 zu. Allerdings zeigte sich, daß das wirtschaftliche Wachstum langsamer war als in den voraufgegangenen Jahren und, wie erkennbar wird, auch langsamer als im laufenden Jahr. Diese für das vergangene Jahr typische konjunkturelle Atempause, verbunden mit strukturellen Anpassungsvorgängen, führte in einzelnen Wirtschaftsbereichen — so besonders in der Montan- und in der Textilindustrie — zu Produktionsrückgängen, die indessen durch Produktionssteigerungen in nahezu allen anderen Bereichen mehr als aufgewogen wurden. Als besondere Merkmale der wirtschaftlichen Entwicklung des vergangenen Jahres lassen sich die Stabilität der Preise bei abermals gestiegenen Masseneinkommen und die erneute beachtliche Zunahme der privaten Spartätigkeit anführen.
    Der Sozialbericht 1959 geht im einzelnen auf die folgenden, im Zusammenhang mit der Rentenanpassung bedeutsamen wirtschaftlichen Tatbestände ein, die ich in wenigen Sätzen zusammenfassen darf:
    Die Wohnbevölkerung und die Zahl der Erwerbspersonen und der Beschäftigten nahmen 1958 nur geringfügig zu; lediglich der Anteil der beschäftigten Frauen stieg wie in den voraufgegangenen Jahren überdurchschnittlich. Die Arbeitslosigkeit hielt sich im Mittel auf dem schon 1956 und 1957 erreichten niedrigen Stand.
    Die Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die auch 1958 konkret zu einer Wohlstandsmehrung aller Schichten der Bevölkerung führte, spiegelt sich in der Wertzunahme des Sozialprodukts um rund 6 v. H. wider. Das mengenmäßige Wachstum des Sozialprodukts betrug knapp 3 v. H. (gegenüber 5 v. H. im Jahre 1957). Nachhaltige Preisänderungen hat es 1958 nicht gegeben. Der Maßstab für den Wert, den die Mark in der Hand der Hausfrau hat, der Preisindex für die Lebenshaltung, hat am Jahresende nur eine geringe Erhöhung um einen Punkt gegenüber dem Beginn des Jahres angezeigt. Ich erwähne das besonders, weil sich die Rentenreform erst im Jahre 1958 voll ausgewirkt hat; wie sich zeigte, ohne daß die von manchen Kreisen befürchteten Störungen eintraten. Seit der Jahresmitte 1958 kam es sogar — vor allem bei gewerblichen Konsumgütern — zu spürbaren Verbilligungen, obwohl die Masseneinkommen durch Lohn- und Rentenerhöhungen um über 8 v. H. gestiegen sind. Der besonnene Verbrauch der erhöhten Einkommen, vor allem die Tatsache, daß beträchtliche Teile davon gespart wurden, bewirkten jedoch, daß Preissteigerungstendenzen nicht aufkamen. Die schon 1957 einsetzende hohe Spartätigkeit verstärkte sich; von den verfügbaren privaten Einkommen wurden 1958 nicht weniger als knapp 9 v. H. gespart. Rund ein Drittel der gesamtwirtschaftlichen Vermögensbildung wurde auf diese Weise durch private Ersparnisse finanziert, wodurch der Rückgang der Kapitalbildung durch die gesetzlichen Rentenversicherungen mehr als wettgemacht wurde.
    Die gesamtwirtschaftliche Produktivität hat sich auch 1958 erhöht, und zwar um rund 2 v. H. In der Industrie, wo die Voraussetzungen für Produktivitätserhöhungen besonders günstig sind, wurde eine Produktivitätsverbesserung von knapp 3 v. H. gemessen. Gleichzeitig wurde die Arbeitszeit in der Industrie um über 2 v. H. verkürzt. Pro Arbeitsstunde ergab sich somit eine Produktivitätserhöhung von mehr als 5 v. H. Ich sehe in dieser erfreulichen Entwicklung einen Beweis dafür, daß Möglichkeiten, die Produktion zu steigern, auch dann gegeben sind, wenn Arbeitskraftreserven nur noch sehr beschränkt zur Verfügung stehen.
    Das Volkseinkommen je Erwerbstätigen nahm 1958 um rund 41/2 v. H. zu. Die im Herbst dieses Jahres beobachteten wirtschaftlichen Daten lassen erwarten, daß die kräftige Belebung der Wirtschaftstätigkeit, die Anfang dieses Jahres eingesetzt hat, auch weiter anhalten wird. Auftragseingänge, Beschäftigung, Produktion und Außenhandel — vor allem die Einfuhr — erreichten neue Höchststände. Das mengenmäßige Wachstum des Sozialprodukts im Jahre 1959 wird auf 5 v. H. geschätzt, womit die Zunahme des Vorjahres erheblich überschritten wird. Die Produktivität wird nach vorläufigen Schätzungen um 3 1/2 v. H. steigen. Die Nachfrage der Endverbraucher hat sich dagegen bisher weiter sehr zurückhaltend entwickelt, so daß von da her keine Bedrohung des Geldwertes zu erwarten ist. Auch aus einer Rentenerhöhung würde sich keine spürbare Ausweitung des Verbrauchs ergeben. Die Verbrauchszunahme würde weniger als 1/2 v. H. des Gesamtverbrauchs ausmachen.
    Im zweiten Teil des Sozialberichts, der die Finanzlage der Rentenversicherungen behandelt, sind die Rechnungsergebnisse in den Rentenversicherungen im Jahre 1958 dargestellt und dann die Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherungen im Jahre 1959 vorausgeschätzt worden.
    Durch die Rechnungsergebnisse sind die Vorausschätzungen, die im vorjährigen Sozialbericht über die Einnahmen und Ausgaben in den Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten im Jahre 1958 enthalten waren, im wesentlichen bestätigt worden. Die Vorausschätzungen der Einnahmen und Ausgaben im Jahre 1959 im neuen Sozialbericht führen zu einem etwas günstigeren Endergebnis als die Vorausschätzungen für 1959 im vorigen Sozialbericht. Deshalb können aus dem vorjährigen Sozialbericht auch die Vorausschätzungen für den ganzen ersten Deckungsabschnitt, die sich auf die Einnahmen- und Ausgabenrechnung des Jahres 1958 stützen, grundsätzlich beibehalten werden. Es können ohne eine ins Gewicht fallende Unterschreitung des für das Ende des ersten Deckungsabschnitts — 1966 — vorgesehenen Rücklagesolls in der Rentenversicherung der Arbeiter noch drei weitere Rentenanpassungen ab



    Bundesarbeitsminister Blank
    1. Januar 1960, 1961 und 1962 erfolgen, in der Rentenversicherung der Angestellten noch die zweite Rentenanpassung ab 1. Januar 1960.
    Diese Feststellung könnte hinsichtlich der Rentenversicherung der Angestellten noch verbessert werden, wenn man den Saldo aus Mehreinnahmen und Mehrausgaben der Versicherungsträger berücksichtigte, die für die Zukunft zu erwarten wären, wenn das im Entwurf vorliegende Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz und die in Arbeit befindliche Verordnung über die Feststellung von Rentenleistungen bei verlorengegangenen Versicherungsunterlagen geregelt, die Erstattungen des Bundes nach dem ehemaligen § 90 des Bundesversorgungsgesetzes für die Zeit bis zum 31. Dezember 1956 endgültig abgerechnet und der Finanzausgleich in der Wanderversicherung zwischen der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten abschließend geregelt sein werden. Unter diesen Voraussetzungen könnte in der Rentenversicherung der Angestellten noch eine dritte Rentenanpassung ab 1961 ohne eine ins Gewicht fallende Unterschreitung des Rücklagesolls durchgeführt werden.
    Nach dem Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung, wie sie in Teil A des Sozialberichts 1959 dargelegt ist, läßt sich nach Auffassung der Bundesregierung eine Anpassung in Höhe von 5,94 v. H. verantworten, ohne daß dadurch eine Störung der wirtschaftlichen Entwicklung zu befürchten wäre. Die zusätzlichen Ausgaben für die Anpassung in Höhe von 770 Millionen DM jährlich fallen zwar in die Zeit einer gegenüber dem Vorjahr beschleunigten konjunkturellen Entwicklung. Anders als im Vorjahr kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, daß eine zusätzliche Nachfrage auf nicht ausgelastete Kapazitäten mit freien Arbeitskraftreserven stoßen würde. Die gegenüber dem Vorjahr geänderten konjunkturellen Bedingungen sind aber nach Auffassung der Bundesregierung, die sich mit der Auffassung des Sozialbeirats deckt, nicht so zu werten, daß die Anpassung um 5,94 v. H. nicht verantwortet werden könnte. Die 770 Millionen DM Mehrausgaben stellen 0,3 v. H. des für das Jahr 1960 zu erwartenden Brutto-Sozialprodukts von 250 Milliarden DM dar. Im Jahre 1957, als das Sozialprodukt niedriger war als heute und unter einem stärkeren Nachfragedruck stand, haben die Mehraufwendungen aus der Rentenreform in Höhe von mehr als 4 Milliarden DM zu keiner feststellbaren Veränderung der Angebots- und Nachfragerelationen und zu keinem Preisdruck geführt.
    Die finanzielle Seite der Anpassung bereitet demgegenüber größere Sorge. Aber auch hier steht fest: die vorgeschlagene Anpassung ist möglich, ohne daß das bis zum 31. Dezember 1966 vorgeschriebene Rücklagesoll unterschritten wird. Ich betone: die vorgeschlagene Anpassung; eine darüber hinausgehende Anpassung, insbesondere eine rückwirkende auch für das Jahr 1959 geltende Anpassung, ist im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Finanzlage der Rentenversicherungen nach Auffassung der Bundesregierung nicht vertretbar.

    (Abg. Arndgen: Sehr richtig!)

    Die Vorausberechnungen des Vorjahres, denen nur die Rechnungsergebnisse für das Jahr 1957 und für einen Teil des Jahres 1958 zugrunde gelegt werden konnten, sind — wie ich bereits erwähnte — durch die endgültigen Rechnungsergebnisse bestätigt worden. Die Vorausberechnungen im Sozialbericht 1959 bauen bereits auf einer breiteren Basis gesicherter Daten auf. Ich erwähne das, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, der Vorschlag der Bundesregierung stünde auf einem finanziell ungesicherten Boden. Die zukünftige Finanzlage der Rentenversicherungen, der unser besonderes Augenmerk gelten muß, wird aber entscheidend davon abhängen, welche Mehrbelastung die bevorstehende Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und die in Vorbereitung befindliche Verordnung über die Feststellung von Leistungen bei in Verlust geratenen Versicherungsunterlagen bringen werden, ferner davon, welche Einnahmen die Versicherungsträger aus der noch durchzuführenden Abrechnung der Erstattungsforderungen — u. a. nach § 90 BVG — zu erwarten haben, und schließlich davon, wie zwischen Arbeiterrenten- und Angestelltenversicherung der Ausgleich wegen der Wanderversicherung geregelt wird. Ihre volle Berücksichtigung werden diese im Teil B des Sozialberichts berührten Probleme nach Ergehen der notwendigen Rechtsvorschriften allerdings erst in der versicherungstechnischen Bilanz zum Stichtag 1. Januar 1959 finden. Die versicherungstechnische Bilanz wird auch insofern ein sicheres Urteil über die. zukünftige Finanzlage zulassen, als sie auf den Ergebnissen besonderer statistischer Erhebungen wird aufbauen können, die zu diesem Zweck durchgeführt worden sind und noch durchgeführt werden.
    Der den gesetzgebenden Körperschaften zugleich mit dem Sozialbericht zugeleitete Entwurf des 2. Rentenanpassungsgesetzes bestimmt, daß an der Anpassung alle Bezieher von Versicherten- und Hinterbliebenenrenten teilnehmen, deren Rente nicht nach der allgemeinen Bemessungsgrundlage des Jahres 1959 berechnet ist. Dazu zählen vor allem sämtliche Renten, die auf Versicherungsfällen des Jahres 1958 und früher beruhen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um umgestellte Renten alten Rechts oder um Renten handelt, die schon nach neuem Recht berechnet sind.
    Mit der Erhöhung der allgemeinen Bemessungsgrundlage von 1958 auf 1959 war ab 1. Januar 1959 auch eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze von 9000 auf 9600 DM jährlich verbunden. Als Folge dieser Erhöhung hat sich eine Erhöhung der Rentenhöchstbeträge ergeben, und deshalb sind diesmal in die Anpassung auch die Renten der Arbeiter- und Angestelltenversicherung einbezogen, die infolge des Erreichens oder Überschreitens der Rentenhöchstbeträge von der 1. Rentenanpassung ausgeschlossen waren. Das Gesagte gilt jedoch für die Renten aus der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht, weil in diesem Versicherungszweig die



    Bundesarbeitsminister Blank
    Beitragsbemessungsgrenze unverändert geblieben ist. Sie beträgt nach wie vor 12 000 DM jährlich oder 1000 DM monatlich.
    Die für die Rentenanpassung gewählte Technik stellt sicher, daß die Masse der anzupassenden Renten von den Rechnungsstellen der Bundespost mit Hilfe elektronischer Rechenautomaten umgerechnet werden kann, ohne daß die Versicherungsträger dabei eingeschaltet zu werden brauchen. Dem Berechtigten wird mit der Auszahlung der Rente für den" Monat März eine schriftliche Mitteilung über die Anpassung gegeben. Wenn das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet und im Bundesgesetzblatt verkündet wird, wird die Post in der Lage sein, die Erhöhungsbeträge für die Monate Januar, Februar und März im Laufe des Monats März 1960 auszuzahlen. Die laufende Auszahlung des neuen Rentenzahlbetrages kann dann ab April 1960 erfolgen.
    Ich darf zum Schluß noch mit einigen Worten auf die Arbeit des Sozialbeirats eingehen. Der Vorschlag der Bundesregierung deckt sich mit dem Vorschlag des Sozialbeirates. Der Beirat spricht sich ebenfalls für eine Anpassung um 5,94 v. H. mit Wirkung vom 1 Januar 1960 aus. Im Vorjahre hatte der Beirat zwar einen Vorschlag zur Anpassung gemacht, konnte sich aber nicht auf eine Begründung des Vorschlags einigen. Die Bedenken, die sich daraus gegen ihn und seine Aufgabe ergaben, können jedoch durch das Ergebnis seiner diesjährigen Beratungen als ausgeräumt gelten. Meine Zuversicht, daß die Mitglieder des Sozialbeirates sachlich und methodisch aus ihrer vorjährigen Zusammenarbeit so wertvolle Erfahrungen gewonnen hätten, daß sie bei Fortsetzung ihrer Tätigkeit in diesem Jahr nicht nur zu einem Beratungsergebnis, sondern auch zu einer gemeinsam erarbeiteten Begründung komme würden, hat sich zu unser aller Genugtuung bestatigt. Ich glaube auch im Sinne dieses Hohen Hauses zu handeln, wenn ich den Mitgliedern des Beirates für die geleistete verantwortungsvolle Arbeit danke.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)